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ID0218807200

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 188. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1957 10639 188. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1957. Glückwünsche zum Geburtstag des Bundespräsidenten Prof. Dr. Heuss . . . . 10639 D Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg. Raestrup und Schneider (Hamburg) . 10639 D Änderungen der Tagesordnung 10639 D, 10740 C, D Geschäftliche Mitteilungen 10651 C Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . . 10640 A Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 300, 315 und 316 (Drucksachen 2872, 3144; 3046, 3134; 3045, 3135) . . . 10640 A Mitteilung über Vorlage eines Zwischenberichts des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte über die Evakuiertenrückführung (Drucksache 3079) 10640 A Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung (außenpolitische Lage, Wiedervereinigung Deutschlands, Sicherheitssysteme) 10640 A Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen . . . . 10640 B, 10674 C, 10707 C, 10708 A, D, 10709 A, D, 10710 A, 10733 B Unterbrechung der Sitzung . . 10651 D Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung 10651 D Kiesinger (CDU/CSU) . . 10651 D, 10653 A, C, 10654 A, B, 10660 B, C, 10661 A, 10662 B, 10671 B, 10675 A, 10686 B, 10701 C Dr. Mommer (SPD') . . . . 10653 A, 10727 C, 10730 D, 10732 C Erler (SPD) .. . 10653 C, 10662 B, 10698 B, 10716 D, 10727 D, 10730 B, 10730 D Mellies (SPD) 10654 A, 10735 A Unterbrechung der Sitzung . . 10664 A Ollenhauer (SPD) 10664 A, 10671 B, 10685 A Dr. Arndt (SPD) 10675 A, 10736 D, 10739 A, C Lenz (Trossingen) (FDP) 10677 B Dr. Lenz (Godesberg) (CDU/CSU) . 10682 A Feller (GB/BHE) 10687 A Dr. von Merkatz (DP) 10690 D Dr. Schäfer (Hamburg) (FVP) . . . 10695 D, 10698 C Wehner (SPD) . . 10700 B, 10701 C, 10705 D, 10706 B, 10708 A, D, 10709 A, D, 10710 A Rasner (CDU/CSU) . . . . 10705 D, 10706 B Dr. Furler (CDU/CSU) 10710 B Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 10715 D Strauß, Bundesminister für Verteidigung . . . . 10726 A, 10727 C, D, 10729 B, 10730 B, D, 10731 D, 10732 B, D, 10739 A, C Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 10729 B Mattick (SPD) 10732 A Dr. Gille (GB/BHE) 10734 A Zur Geschäftsordnung betr. Weiterberatung der Tagesordnung: Brandt (Berlin) (SPD) 10740 B Rasner (CDU/CSU) 10740 D Nächste Sitzung 10741 C Berichtigungen zum Stenographischen Be- richt der 184. Sitzung 10741 Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 10741 B Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
  • folderAnlagen
    Berichtigungen zum Stenographischen Bericht der 184. Sitzung Es ist zu lesen: Seite 10178 A letzte Zeile unten „Dr. Schellenberg (SPD), zur Sache" statt „10243 B": 10234 B; Seite 10182 D Zeile 21 von unten statt „angenommen": abgelehnt; Seite 10297 Zeile 12 von unten in den Abstimmungen 5, 6 und 7: Scheel: beurlaubt; Seite 10297 Zeile 3 von unten in Abstimmung 7: Dr. Schneider (Saarbrücken): enthalten; Seite 10231 sind die vorletzte Zeile von A und die zweite Zeile von B auszutauschen. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Arnholz 15.2. Dr. Bärsch 1.2. Berendsen 1. 2. Dr. Berg 31.1. Dr. Brühler 2. 2. Dr. Bürkel 31.1. Cillien 2.3. Corterier 1.2. Dr. Dehler 28. 2. Dr. Franz 31.1. Freidhof 1.2. Gedat 1.2. Geiger (München) 1. 2. Gockeln 2. 3. Dr. Gülich 1.2. Haasler 31.1. Dr. Hesberg 31.1. Heye 31.1. Dr. Köhler 2.3. Dr. Kreyssig 1.2. Dr. Mocker 31.1. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 31.1. Neumayer 16.3. Odenthal 15.2. Dr. Oesterle 1. 2. Op den Orth 31.1. Richter 31.1. Dr. Schmid (Frankfurt) 2. 3. Dr. Schmidt (Gellersen) 31.1. Schneider (Hamburg) 1.2. Frau Schroeder (Berlin) 15.4. Dr. Vogel 2.2. b) Urlaubsanträge bis einschließlich Frau Brauksiepe 16.2. Höfler 28.2. Diedrichsen 9.2. Meyer-Ronnenberg 23.2.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Verehrter Herr Rasner! Ich kenne nicht ganz so genau, wie Sie es wohl zu tun scheinen, die inneren Verhältnisse, die hierarchischen Verhältnisse sozusagen, bei Ihnen. Wenn also irgendwo in einer Zeitung, die sich politisch zu Ihnen rechnet, etwas steht, —

    (Abg. Rasner: Ich rede von der Zeitung der „Falken"!)

    — Sofort! Ich wollte ja ,auch nur, da ich etwas umständlich im Antworten bin, zeigen, wie ich an diese Sache herangehe.

    (Zuruf von CDU/CSU: Es ist schade!)

    — Es ist schade; aber manchem fliegt es so zu wie Ihren Herren, und mancher muß sich eben mühselig da heranarbeiten.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Ich weiß nicht so genau, wie das mit der hierarchischen Unterordnung bei Ihnen ist. Ich habe jedenfalls nichts zu sagen über irgendeine Zeitung irgendeines sozialistischen Jugendverbandes oder einer sozialistischen Jugendorganisation, und ich


    (Wehner)

    weiß, daß auch der Vorstand der SPD als Ganzes nichts über sie und ihren Inhalt zu sagen hat.

    (Abg. Dr. Hellwig: Billigen Sie diesen Satz? Das ist doch die Frage! — Abg. Rasner: Keine Distanzierung, Hem Wehner?)

    — Ich will Ihnen einmal etwas sagen. Wenn es Sie danach gelüstet, könnte ich Ihnen ganze Artikel vorlesen, in denen ich selbst in den schwierigsten Abschnitten dieser Krise nach beiden Seiten gesagt habe — und ich gebe zu, manchmal sehr mahnend und beschwörend, weil mir vor Augen stand, was es bedeutet, wenn man in dieser Frage Fehler macht —, wie verhängnisvoll diese Sache wird, wenn es zum militärischen Eingreifen, zur militärischen Intervention kommt.

    (Abg. Rasner: Immer noch keine Distanzierung!)

    — Hören Sie mal, Ihre Rolle in diesem Zirkus wird Sie doch am Ende nicht freuen!

    (Zurufe von der CDU/CSU: Was heißt „Zirkus"!)

    Ich sage Ihnen in aller Redlichkeit, ich bin und meine Partei ist gegen die militärische Intervention in Ungarn, gegen die erste und gegen die zweite, und wir haben nichts daran zu deuteln und nichts daran zu beschönigen. Aber wenn man weiß, wie die Sowjets solche inneren Veränderungen in gewissen Grenzen halten wollen, und wenn man weiß, daß man militärisch unter keinen Umständen eingreifen kann, kommt man dahin, sich zu überlegen, in welchen Grenzen sich oder Versuch einer Einwirkung auf dieses Geschehen in osteuropäischen Ländern, einer Einwirkung, die keine Einmischung sein kann, bewegen muß und nur bewegen kann.

    (Abg. Rasner: Sie haben sich immer noch nicht ,an meine Frage herangearbeitet! — Zurufe von der SPD.)

    — Dann darf ich vielleicht die Sache noch einmal klar und deutlich mit Ja und Nein beantworten, wenn Sie sie mir noch einmal wiederholen. Ich habe jedenfalls den Versuch ,gemacht, mich heranzuarbeiten; nicht heranzurobben, aber heranzuarbeiten.


Rede von Will Rasner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich will sie gern wiederholen. Herr Kollege Wehner, ich habe Sie gefragt: „Kennen Sie den Satz:
Niemand in der Welt kann von Rußland verlangen, daß es freiwillig ein Land preisgibt, das ein Adenauer-Regime bekommen soll.

(Zuruf von der CDU/CSU: Pfui!)

Wissen Sie, daß dieser Satz" — und jetzt füge ich das Wort ,schamlos hinzu — „in der Januar-Nummer 1957 der „Jungen Gemeinschaft", der Zeitung der sozialistischen Jugend „Falken", steht, und billigen Sie und billigt Ihre Fraktion diesen Satz?"

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sie haben zuerst gefragt, ob ich ihn kenne. Da muß ich sagen: ich kenne ihn nicht. Ich habe ihn jetzt durch Ihre Freundlichkeit kennengelernt, und ich sage: ich billige ihn nicht, ich lehne ihn ab. Ich kann ihn ja nicht billigen, weil wir für das Selbstbestimmungsrecht jedes Volkes und jedes Staates sind

    (Beifall bei der SPD und beim GB/BHE)

    und weil ich für die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten jedes anderen Staates eintrete und es ernst damit meine, kann ich ihn nicht billigen.

    (Abg. Rasner: Sehr befriedigt!)

    — Ja, wollen Sie noch mehr hören? Vielleicht ist es dann schon wieder zuviel.

    (Abg. Kunze [Bethel] : Wir wollen wissen, wie Ihre Fraktion dazu steht!)

    — Sie haben mich gefragt und nicht den Fraktionsvorsitzenden. Bei uns ist es nicht so, daß jeder so daherlabert, und wenn Sie es von ihm noch hören wollen, er wird es Ihnen, nehme ich an, auch noch geben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich glaube, meine Damen ,und Herren, hier liegt der schwierige Punkt. Man kann, wenn man sich über die Grenzen klar ist, in denen eine Einwirkung auf jenes komplizierte Geschehen in osteuropäischen Ländern vor sich geht, nicht sorgfältig genug nachdenken und herauszufinden versuchen, in welcher Weise man das, was dann positiv sein kann — positiv sowohl für die Völker selbst als auch für das Verhältnis der Völker zu uns und von uns zu ihnen —, fördern und anbringen kann.
    Nun, meine Damen und Herren, wollte ich zum Schluß noch eine Bemerkung zu den Fragen machen, die die westeuropäische Zusammenarbeit betreffen. Einer der Kollegen, die hier gesprochen haben — wenn ich mich nicht täusche, war es Herr Kollege Dr. Lenz, der ja solche Dinge genau kennen muß —, wunderte sich über unser jetziges Interesse an diesen Fragen. Daher möchte ich, weil ja wohl einige unter uns sind, die über die Rolle der Sozialdemokraten in diesen Dingen nicht im einzelnen informiert sind — ich kann es mir wenigstens vorstellen —, sagen, daß wir zu den Gründungsmitgliedern des von Präsident Monnet geführten Komitees für die Vereinigten Staaten von Europa gehören und daß wir dort in den verschiedenen Zeitläuften des Auf und Ab der Vorschläge um eine europäische Gemeinschaft für die ausschließlich friedliche Nutzung der Atomenergie und für einen gemeinsamen Markt, soweit es uns zukam, unsern Mann gestanden haben.

    (Abg. Kiesinger: Ich habe es nicht verschwiegen, Herr Wehner!)

    — Ja, aber hier werden wir behandelt, als sollten wir uns mit irgendeiner lapidaren Formel abgeben. So einfach geht das nicht. Wenn es der französischen Kammer erlaubt ist, zu fragen, was denn drin ist, obwohl die Verträge noch nicht vorliegen, und sich auf der Basis ausführlicher Berichte und Gutachten ihres Staatssekretärs usw. ein Bild zu machen, warum sollte es uns dann nicht auch erlaubt sein? Warum sollte es nicht schon längst zumindest in den Ausschüssen möglich gewesen sein? Bei der Beratung des Saarvertrages ist es doch auch gegangen, meine Damen und Herren,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    als es um so viel Geld ging! Wir haben uns dieser informellen Methode der Mitarbeit gar nicht versagt, aus nationalpolitischen Gründen nicht versagt und nicht versagen wollen. Warum hier plötzlich diese Art, uns vor Tatsachen zu stellen, von denen Sie wissen müssen, daß sie unangenehm sind!? Sie werden auch für Sie nicht angenehm sein, wenn sie einmal in die Kreide gehen.


    (Wehner)

    Zu einer Atomgemeinschaft, die ihrer wesentlichen Kerngedanken völlig entblößt ist, ja zu sagen, wird schwer sein. Ich könnte dann nur unter großen Bedenken ja sagen, wenn ich wüßte, daß mit dem Torso immerhin so viele Zwangsläufigkeiten in Gang gebracht würden, daß man sich sagen könnte: Es wird nun zwar viel länger dauern, als es sonst der Fall gewesen wäre; aber es wird kein Schaden dabei erwachsen. Wir mußten uns das holen, in Brüssel selbst und in Luxemburg, und wir mußten zu unseren sozialistischen Kollegen der anderen Länder gehen, um zu erfahren, was eigentlich darin steht; denn hier im Hause kriegt man ja keine Informationen über diese Fragen; wir werden dann ja wie Unmündige behandelt. Unter diesen Umständen muß ich sagen, daß die Bedenken auch beim Gemeinsamen Markt sehr groß sind. Wir sind ja für den Gemeinsamen Markt, weil wir meinen, daß das so anfällige und in mancher Beziehung auch fragwürdige Gebilde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl überhaupt nur dann eine Zukunftsmöglichkeit hat, wenn sie in den allgemeinen gemeinsamen Markt eingebettet werden kann, in eine in Übereinstimmung zu bringende Konjunkturpolitik und alles, was dazu gehört.
    Aus dieser Einstellung heraus sind wir für diese Einrichtungen. Aber, meine Damen und Herren, nützen Sie doch die Gelegenheit, hier über das, was dort wirklich geschieht, zu sprechen, damit sich auch dieser Bundestag noch in der letzten Phase der Verhandlungen Gehör verschaffen kann, ebenso wie andere es versucht haben! Es ist auch keine Kleinigkeit, sozusagen über Nacht — noch ist die Gefahr nicht gebannt — auf diesem Umweg in eine im Konkurs befindliche französische Nordafrika-Politik einbezogen zu werden.

    (Beifall bei der SPD, dem GB/BHE und der FDP.)

    Wer kann denn das wollen? Das kann doch keiner wollen! Darüber muß man doch sachlich reden können. Wir können uns doch nicht in eine solche Lage gegenüber Tunis und Marokko versetzen lassen, von Algerien gar nicht zu reden, weil man denen in dieser Beziehung gar nicht helfen kann, denn die werden als Franzosen muselmanischen Glaubens reklamiert.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Aber die beiden inzwischen selbständig gewordenen Länder Tunis und Marokko sollen auch so mit eingebürgert werden, weil sie zum Frankenwährungsblock gehören.
    Also darüber muß man reden. Wir können uns doch denen gegenüber nicht ,als Leute präsentieren, die sich einfach an die Seite eines Koloniallandes stellen und sagen: Jetzt sind wir Teilhaber; wir haben euch einige Dinge in Aussicht zu stellen, vieleicht werdet ihr in kürzerer Zeit die eine oder andere Vergünstigung haben. — Aber das löst doch nicht das verwickelter werdende politische Problem.
    Aus all diesen Gründen sage ich noch einmal: Wir müssen hier ein Bild von dem bekommen, was in den Verträgen steht, bevor sie unabänderlich geworden sind. Denn wir möchten, daß es zum Gemeinsamen Markt kommt, und wir möchten, daß es zur Europäischen Gemeinschaft für die friedliche Nutzung der Atomenergie kommt, und weil wir das möchten, wünschen wir, vorher noch Gelegenheit zu haben, uns zu äußern, ehe es zu spät ist und man unter Umständen an Dingen nichts mehr
    ändern kann, die noch zu ändern gewesen wären.

    (Beifall bei der SPD, dem GB/BHE und der FDP.)