Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen von vier Mitgliedem des Hohen Hauses, und zwar der Abgeordneten Corterier, Dr. Kather und Wiedeck sowie im eigenen Namen habe ich die Ehre, eine tatsächliche Erklärung zu den Bemerkungen des Bundesrech-
nungshofs zur Bundeshaushaltsrechnung für das Jahr 1952 nach der Bundestagsdrucksache 1892 abzugeben. Die Erklärung bezieht sich auf die Ziffern 91 und 92 sowie 240 bis 242 und betrifft die Lastenausgleichsbank.
Auf Grund des Gesetzes über die Lastenausgleichsbank vom 28. Oktober 1954 hat der Bundestag fünf sachverständige Mitglieder in das Überwachungsorgan dieses Kreditinstituts, [den Verwaltungsrat, gewählt, darunter außer mir die beiden Abgeordneten Corterier und Wiedeck, in deren Namen ich diese Ausführungen mache. Das gleiche gilt aber auch für den Abgeordneten Dr. Kather, der aus anderen Gründen ebenfalls Mitglied dieses Verwaltungsrats ist.
Die bankmäßige Durchführung wirtschaftlicher Förderungsmaßnahmen des Bundes für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Sachgeschädigtenbetriebe ist in weitem Umfang der Lastenausgleichsbank übertragen worden. Die Lastenausgleichsbank ist ein Kreditinstitut und auch als solches gegründet. Sie hat sich in ihrer bisherigen Arbeit bewährt, da sie sich als Bank den wechselnden Anforderungen aus den ihr übertragenen Aufgaben leichter anpassen konnte, als dies etwa eine Verwaltungsbehörde hätte tun können. Es erscheint daher im Interesse einer schnellen, reibungslosen und wirtschaftsnahen Durchführung künftiger wirtschaftlicher Förderungsmaßnahmen für Geschädigtenbetriebe sehr bedenklich, wenn der Charakter der Bank als Kreditinstitut dadurch verwischt wird, daß sie in ein fiskalisch-wirtschaftliches Schema hineingepreßt wird, das den Erfordernissen einer bankmäßig-kaufmännischen Geschäftsführung widerspricht, und daß ihre finanzielle Beweglichkeit unbillig eingeengt wird. Um die Gesamtheit der ihr durch das Gesetz übertragenen Aufgaben erfüllen zu können, muß die Lastenausgleichsbank wie alle Kreditinstitute die Möglichkeit haben, erstens auf Grund ihrer allgemeinen Ertragslage im übergeordneten Geschäftsinteresse auch solche Geschäfte zu übernehmen, deren Erträge aus sachlichen Gründen die entstehenden Kosten nicht decken; zweitens muß sie die Möglichkeit haben, zur Erfüllung auf sie zukommender Aufgaben aus ihren Erträgen gewisse Reserven anzusammeln, und drittens muß sie die Möglichkeit haben, Einnahmen und Ausgaben in längerer Vorausschau in Übereinstimmung zu halten. Diese Erfordernisse für eine auch in Zukunft erfolgreiche Arbeit der Lastenausgleichsbank werden vor allem vom Bundesrechnungshof nicht berücksichtigt.
In den Bemerkungen zur Bundeshaushaltsrechnung 1952 nach der Bundestagsdrucksache 1892 sind Ausführungen über die Lastenausgleichsbank enthalten, die in der mit den tatsächlichen Zusammenhängen nicht vertrauten Öffentlichkeit zu einer unberechtigten Kritik an der Geschäftsführung der Bank geführt haben. In namhaften Zeitungen sind auf Grund der Bemerkungen des Bundesrechnungshofs Ausführungen erschienen, die das Ansehen der Lastenausgleichsbank stark in Mitleidenschaft zu ziehen geeignet waren. Die Ausführungen des Bundesrechnungshofs können schon deshalb kein vollständiges Bild geben, weil sich seine diesem Bericht zugrunde liegende Prüfung nur auf die Tätigkeit der Lastenausgleichs-. bank für das Bundesausgleichsamt, nicht aber auf die zahlreichen anderen Geschäfte der Bank bezogen. Der Bundesrechnungshof führt in Ziffer 241 aus:
Die Prüfung durch den Bundesrechnungshof im Dezember 1953 hat ergeben, daß die der Bank vom Bundesausgleichsamt eingeräumten Bedingungen nicht immer in angemessenem Verhältnis zu dem Umfang ihrer Tätigkeit und der hiermit verbundenen Verantwortung standen. Anlaß zu Beanstandungen hat insbesondere die Höhe der Gebühren gegeben, die das Bundesausgleichsamt der Bank für die Verwaltung der Eingliederungsdarlehen zugebilligt hatte. Diese Gebühren überschritten die persönlichen und sächlichen Aufwendungen in erheblichem Umfange. Der der Bank verbleibende Nutzen war unangemessen hoch.
Soweit der Bundesrechnungshof.
Hierzu ist festzustellen: Die beanstandeten Vergütungssätze beruhten auf vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Hauptamt für Soforthilfe bzw. später dem Bundesausgleichsamt und der Lastenausgleichsbank. Ihre Höhe liegt mit 0,375 % vom jeweiligen Darlehensbestand wesentlich unter den üblichen Entgelten für vergleichbare Bankleistungen. Da die Gebühren auf den jeweiligen, durch Tilgung laufend absinkenden Darlehensstand berechnet werden, fallen bei zehnjähriger Laufzeit eines Darlehens rund 75 % der Gesamtgebühren in der ersten nur nur 25 % in der zweiten Hälfte der Laufzeit an. Die Kosten der Darlehensverwaltung bleiben demgegenüber während der gesamten Laufzeit etwa gleich. Während der ersten Hälfte der Laufzeit eines Darlehens ergeben sich daher gewisse Gebührenüberschüsse, die aber zur Deckung der Fehlbeträge während der zweiten Hälfte der Laufzeit benötigt werden. Auf den Ursprungsbetrag des Darlehens berechnet, entspricht die vereinbarte Gebühr von 0,375 % des durch Tilgung fallenden jeweiligen Darlehensstandes einem Durchschnittssatz von 0,22 %, den der Bundesrechnungshof auch für angemessen erklärt hat.
Im Grunde ist die Beanstandung des Bundesrechnungshofes also darauf zurückzuführen, daß die Lastenausgleichsbank und das Bundesausgleichsamt bei ihren Vereinbarungen in banküblicher Weise die gesamte Laufzeit der Darlehen im Auge hatten, während der Bundesrechnungshof die Festsetzung der Gebühren auf der Basis einer Kostenrechnung für ein einzelnes Jahr nach Art der Etatrechnung einer Verwaltungsbehörde verlangt. Ein solches Verfahren, das sich nur auf ein einzelnes Jahr und darüber hinaus nur auf eine einzelne Geschäftssparte bezieht, entspricht für ein Kreditinstitut, das auch auf längere Sicht rentabel arbeiten muß, nicht den bankmäßigen Erfordernissen sorgfältiger Geschäftsführung.
Weiter führt der Bundesrechnungshof in der gleichen Ziffer dann aus:
Hinzu kam, daß das Hauptamt für Soforthilfe und später das Bundesausgleichsamt der Lastenausgleichsbank laufend höhere Beträge zur Erfüllung ihrer Aufgaben zugewiesen haben, als sie tatsächlich benötigte . Die auf diesen Zuweisungen beruhende Geldflüssigkeit der Bank hat es ihr zeitweilig gestattet, etwa 80 Millionen DM zu günstigen Bedingungen zinsbringend anzulegen.
Hierzu ist festzustellen: Die an sich richtige Bemerkung hat zu falschen Schlüssen in der Öffentlichkeitgeführt, da der Bericht des Bundesrech-
nungshofes einige wichtige Zusammenhänge und Tatsachen nicht erwähnt. Die Lastenausgleichsbank ist vom Bundesausgleichsamt nur während der Zeit mit Mitteln bevorratet worden, in der der Ausgleichsfonds wegen des langsamen Anlaufens der Ausgleichsleistungen über große Guthaben bei der Bank deutscher Länder verfügte, die mit 3 % verzinst wurden. Die Lastenausgleichsbank konnte für den Fonds einen höheren Zinssatz erwirtschaften. Dem Bundesausgleichsamt ist aus dieser zwischenzeitlichen Anlage daher kein Schaden, sondern gerade ein zusätzlicher Gewinn von 1,7 Millionen DM entstanden. Die Bank hat die zwischenzeitliche Anlage der Gelder darüber hinaus nach Richtlinien vorgenommen, die eine Förderung der Geschädigtenbetriebe zum Ziel hatten. Seit 1954 wird die Lastenausgleichsbank wegen der veränderten Kassenlage des Bundesausgleichsamts nicht mehr bevorratet.
Schließlich und letztlich führt der Bundesrechnungshof in Ziffer 242 aus:
Der Bundesrechnungshof hat den Präsidenten des Bundesausgleichsamts gebeten, die Geschäftsbeziehungen zur Lastenausgleichsbank neu zu regeln. Er hat insbesondere verlangt, daß die Gebühren ermäßigt und auf der Grundlage einer Kostenrechnung festgesetzt werden. Dabei hat er darauf hingewiesen, daß bei Zahlung von Gebühren aus dem Ausgleichsfonds eine besonders sorgfältige Prüfung erforderlich ist, da jeder Betrag, der über das angemessene Maß hinaus hierfür verwendet wird, dem Ausgleichsfonds für Leistungen an Geschädigte verlorengeht.
Zu diesen Ausführungen des Bundesrechnungshofes muß folgendes gesagt werden. Das Kapital der Bank ist voll im Besitz des Bundes und gehört zu 22/25 dem Sondervermögen Ausgleichsfonds. Ihre Aufgaben erstrecken sich im wesentlichen auf den gleichen Personenkreis wie die des Ausgleichsfonds. Die zeitweilige Ansammlung gewisser Überschüsse bei der Bank, wie sie sich aus dem vereinbarten Verfahren der Gebührenberechnung zwangsläufig ergab, war daher völlig unbedenklich, um so mehr, als die vom Bundesrechnungshof verlangten Maßnahmen ja zu keiner Verminderung der Gebührenzahlungen des Ausgleichsfonds, sondern lediglich zu einer anderen zeitlichen Verteilung führten.
Die Ansammlung gewisser freier Mittel bei der Bank ist aber nicht nur in ihrem Gründungsgesetz verankert, sondern hat sich z. B. auch im Zusammenhang mit den Problemen der Kurspflege für die Anleihen als unbedingt erforderlich erwiesen.
Da die Lastenausgleichsbank auf Drängen des Bundesrechnungshofs trotz erheblicher Bedenken ihrer Organe dem Bundesausgleichsamt für 1953 den Betrag von 1 Million DM erstatten und für 1954 auf ihr vertraglich zustehende Gebührenforderungen in Höhe von 2 Millionen DM verzichten mußte, verfügt sie nicht über genügend freie Mittel, da die Einzahlung des Kapitalanteils des Ausgleichsfonds seinerzeit auch nicht in Form liquider Mittel, sondern durch Umwandlung von Liquiditätskrediten, die bereits längere Zeit für von ihr verbürgte Betriebsmittelkredite ausgeliehen waren, erfolgte.
Schon an diesem Beispiel ist ersichtlich, welche Auswirkungen die Mißachtung des Charakters der Lastenausgleichsbank als Kreditinstitut für ihre Möglichkeit zur Erfüllung der ihr vom Parlament gestellten Aufgaben haben muß.
Der Bundesrechnungshof hat ohne Zweifel die Aufgabe und damit auch die Pflicht, im Rahmen seines Aufgabengebietes formelle und materielle Prüfungen, Ordnungsprüfungen sowie Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchzuführen und dazu Bemerkungen zu machen, Beanstandungen zu erheben und unseres Erachtens auch Empfehlungen zu geben. Mitgestaltend in die Aufgaben der Verwaltungsbehörden und anderer Verwaltungsstellen privater und öffentlicher Art einzugreifen, steht ihm indessen nicht zu. Hierfür kann er auch eine echte Verantwortung nicht übernehmen.
Es ist daher nicht zu billigen, wenn der Bundesrechnungshof gemäß Ziffer 242 insbesondere „verlangt" — also fordert —, „daß die Gebühren ermäßigt und auf der Grundlage einer Kostenrechnung festgesetzt werden".
Der Bundesrechnungshof überschreitet auch seine Befugnisse, wenn autorisierte Vertreter dieser Behörde vor einem Ausschuß dieses Parlaments, wie protokollarisch nachweisbar, erklärt haben:
Die Höhe der Gebühren wird der Bundesrechnungshof
— der Bundesrechnungshof! —
künftig in der Weise regeln lassen, daß die Lastenausgleichsbank entsprechend der allgemeinen Übung eine ordnungsgemäße Kostenrechnung aufzustellen hat. Diese Berechnung hat die Grundlage für die Festsetzung der Verwaltungskostenentschädigung zu bilden.
Diese Erklärung, die ich namens der vier Mitglieder des Verwaltungsrats abgegeben habe, bezweckt:
Erstens. Die ungünstigen Auswirkungen der mißverständlichen Bemerkungen in der Drucksache 1892 sollen im Interesse der Lastenausgleichsbank nach Möglichkeit paralysiert werden.
Zweitens. Die Mitglieder des Bundestages im Verwaltungsrat der Lastenausgleichsbank fordern im Bereich ihrer gesetzmäßigen Verantwortung die Anerkennung der Lastenausgleichsbank auch im Rahmen einer Prüfung als echtes Kreditinstitut mit allen sich hieraus ergebenden Folgen.
Drittens und letztens. Der Bundesrechnungshof möge sich im Rahmen seiner Prüfungsaufgaben halten und Eingriffe exekutiver Art in die gesetzlichen Zuständigkeiten anderer Institutionen unterlassen.