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    177. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 6. Dezember 1956. Beschlußfassung über eine redaktionelle Änderung zu § 11 des Landbeschaffungsgesetzes (Drucksache 2909) 9801 C Zur Tagesordnung: Vizepräsident Dr. Jaeger . . 9801 D, 9807 A Kurlbaum (SPD) 9811 A, B Schoettle (SPD) 9811 B Vizepräsident Dr. Schneider . . . 9832 A Vizepräsident Dr. Becker . 9851 D, 9852 D, 9853 C Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Barlage 9807 A Fragestunde (Drucksache 2898): 1. Frage des Abg. Dr. Bucher (FDP) betr. Hinweisschilder an Bundesstraßen: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 9801 D 2. Frage des Abg. Frenzel (SPD) betr. Äußerung des Bundesverteidigungsministers beim Betrachten eines Lichtbildes des Professors Dr. Bechert: Strauß, Bundesminister für Verteidigung 9802 A 3. Frage des Abg. Dr. Bucher (FDP) betr Wiedereinführung von Festzeitgesprächen bei der Deutschen Bundespost: Dr. Dr. Gladenbeck, Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen 9802 C, D Dr. Bucher (FDP) 9802 D 4. Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) (SPD) betr. Anredeform „Ihr" und „Euch" in Tagesbefehlen des Bundesverteidigungsministers: Strauß, Bundesminister für Verteidigung 9803 A, D Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . 9803 D, D Vizepräsident Dr. Jaeger . . 9803 A, 9804 A 5. Frage des Abg. Pohle (Eckernförde) (SPD) betr. Zurverfügungstellung von Tageszeitungen verschiedener politischer Richtungen und der Protokolle der Plenarsitzungen des Bundestages an Angehörige der Bundeswehr in ihren Gemeinschaftsräumen: Strauß, Bundesminister für Verteidigung 9804 A 6. Frage des Abg. Pohle (Eckernförde) (SPD) betr. Mittel für die Kapitalisierung der Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz: Storch, Bundesminister für Arbeit . 9804 B 7. Frage des Abg. Pohle (Eckernförde) (SPD) betr. Beseitigung der Trümmer der ehemaligen Wehrmachtliegenschaften in der Ostsee im Raum der Gemeinde Schwedeneck: Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 9804 C, D, 9805 A Pohle (Eckernförde) (SPD) 9804 D 8. Frage des Abg. Dr. Schellenberg (SPD) betr. Begünstigung von Arbeitnehmern, die über die Altersgrenze hinaus berufstätig sind: Storch, Bundesminister für Arbeit 9805 A, B Dr. Schellenberg (SPD) 9805 B 9. Frage des Abg. Dr. Schellenberg (SPD) betr. Frage der Richtigkeit des Gutachtens von Dr. Heubeck über die finanziellen Auswirkungen der Rentenreform: Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 9805 C, D, 9806 A Dr. Schellenberg (SPD) 9805 D 10. Frage des Abg. Dr. Schellenberg (SPD) betr. Mitteilungen des Bundesarbeitsministeriums an Rentner über zu erwartende Rentenzahlungen vom 1. Januar 1957 an: Storch, Bundesminister für Arbeit 9806 A, B Dr. Schellenberg (SPD) 9806 B 11. Frage des Abg. Kirchhoff (CDU/CSU) betr. Zulassungsordnung für Ärzte und Zahnärzte: Storch, Bundesminister für Arbeit . 9806 C 12. Frage des Abg. Wienand (SPD) betr. Wohnungsverhältnisse ausländischer Diplomaten im Bonner Raum: Zurückgestellt 9806 D, 9807 A 13. Frage des Abg. Dr. Arndt (SPD) betr. „Sammlungsgesetz": Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 9807 A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Petitionen über seine Tätigkeit gemäß § 113 der Geschäftsordnung (Drucksache 2890) 9807 B Körner (FVP), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9853 D Beschlußfassung 9807 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, FVP, DP eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) (Drucksache 2877) 9807 B Überweisung an den Ausschuß für Finanz-und Steuerfragen und an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen 9807 C Erste Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Genossenschaftskasse (Drucksache 2889) 9807 C Überweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 9807 C Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur gleichmäßigen Besteuerung des Sparverkehrs (Drucksache 2857) 9807 C Überweisung an die Ausschüsse für Finanz- und Steuerfragen, für Geld und Kredit und für Kommunalpolitik . . . 9807 C Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs (Drucksache 2862) 9807 D Überweisung an den Ausschuß für Finanz-und Steuerfragen und an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 9807 D Erste Beratung des von den Abg. Dr. Eckhardt, Goldhagen, Dr. Wellhausen, Dr. Miessner, Eickhoff u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache 2895) 9807 D Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 9807 D Erste Beratung des von den Fraktionen der FDP, CDU/CSU, SPD, GB/BHE, FVP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache 2910 [neu]) 9807 D Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 9807 D Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, FVP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache 2763); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksachen 2934, zu 2934) 9808 A Peters (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9857 D Beschlußfassung 9808 A Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Elften Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksachen 2930, 2678) 9808 B Diekmann (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9858 D Beschlußfassung 9808 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Ergänzung von Vorschriften des Umstellungsrechts (Zweites Umstellungsergänzungsgesetz) (Drucksache 2912) 9808 B Überweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit 9808 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Beschränkung des Niederlassungsbereichs von Kreditinstituten (Drucksache 2657); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (Drucksache 2899) . . . 9808 C Kirchhoff (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) . 9858 D Beschlußfassung 9808 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen vom 5. März 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, Kanada, Australien, Neuseeland, der Südafrikanischen Union, Indien und Pakistan sowie der Französischen Republik über Militärfriedhöfe, Kriegsgräber und Gedenkstätten des Britischen Commonwealth und über das Abkommen vom 5. März 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, Kanada, Australiens Neuseeland, der Südafrikanischen Union, Indien und Pakistan über Kriegsgräber, Militärfriedhöfe und Gedenkstätten des Britischen Commonwealth im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 2939) 9808 D Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten 9808 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 14. April 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über den Luftverkehr (Drucksache 2865) 9808 D Bender (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 9809 A Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen und an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 9809 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. Mai 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (Drucksache 2866) 9809 A Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen und an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 9809 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. Juni 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland über den Luftverkehr (Drucksache 2867) 9809 B Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen und an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 9809 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik des Schiffs- und Güterverkehrs auf den Binnenwasserstraßen und die Fortschreibung des Schiffsbestandes der Binnenflotte (Drucksache 2924) . 9809 B Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen 9809 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Abkommen vom 21. Mai 1954 über die Arbeitsbedingungen der Rheinschiffer (Drucksache 2875) 9809 C Überweisung an den Ausschuß für Arbeit 9809 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Fünften Berichtigungs- und Änderungsprotokoll vom 3. Dezember 1955 zum Wortlaut der dem Allgemeinen Zoll-und Handelsabkommen beigefügten Zollzugeständnislisten (Drucksache 2876) . . 9809 C Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 9809 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 30. Juli 1955 über die Gewährung der Meistbegünstigung und über gewerbliche Schutzrechte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Paraguay (Drucksache 2592); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2929) 9809 C Albrecht (Hamburg) (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9859 C Beschlußfassung 9809 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Protokoll vom 10. Mai 1948 zur Änderung des Abkommens vom 22. November 1928 über Internationale Ausstellungen (Drucksache 2755); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2931) 9809 D Unertl (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9859 D Beschlußfassung 9810 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das deutschösterreichische Protokoll vom 1. Dezember 1955 über die Verlängerung des deutschen Zollzugeständnisses für Loden (Drucksache 2757); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2932) 9810 B Unertl (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9860 A Beschlußfassung 9810 B Zweite und dritte Beratung des von den Abg. Lücke, Heiland u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Anordnung über die Zulässigkeit von Konzessionsabgaben der Unternehmen und Betriebe zur Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser an Gemeinden und Gemeindeverbände (Drucksache 2097); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kommunalpolitik (Drucksache 2935) 9810 C Lahr (FVP), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9860 A Beschlußfassung 9810 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Merkblatt für Reisende aus der Sowjetzone (Drucksachen 2880, 2562) . 9810 D Beschlußfassung 9810 D Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP, FVP betr. Gutachten zur Reform der Rentenversicherung (Drucksachen 2886, 2802) 9810 D Bals (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9860 Ç Beschlußfassung 9811 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Sicherstellung der Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft (Drucksache 794); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (Drucksache 2943) 9811 A Kurlbaum (SPD) (zur Geschäftsordnung) 9811 A, B Schoettle (SPD) (zur Geschäftsordnung) 9811 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Osthandel (Drucksache 2736) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Errichtung einer ständigen Wirtschaftsdelegation in Peking (Drucksache 2734) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Errichtung von Handelsmissionen (Drucksache 2937) 9811 C Kalbitzer (SPD), Antragsteller . . . 9811 C, 9826 C Schwann (FDP), Antragsteller . . . . 9813 C Rademacher (FDP), Antragsteller . 9815 C, 9830 B Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen 9818 A Dr. Leverkuehn (CDU/CSU) 9823 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 9824 D Dr. Gille (GB/BHE) 9825 A Dr. Elbrächter (DP) 9828 A Dr. Rinke (CDU/CSU) 9831 A Überweisung der Anträge Drucksachen 2734 und 2937 an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und an den Ausschuß für Außenhandelsfragen . . 9831 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Drucksache 1594); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der öffentlichen Fürsorge (Drucksache 2885, Umdrucke 856, 857, 863 [neu], 873) 9832 A Frau Niggemeyer (CDU/CSU) : als Berichterstatterin 9832 B Schriftlicher Bericht 9861 B als Abgeordnete . 9832 C, 9833 B, 9838 A, 9840 B, 9842 D, 9345 B, 9848 C, 9850 B Dr. Bärsch (SPD) . . 9832 C, 9833 D, 9842 C, 9843 A, 9845 C, 9850 A, B Dr. Hammer (FDP) . 9833 C, 9840 A, 9842 A Dr. Moerchel (CDU/CSU) 9835 C Dr. Reichstein (GB/BHE) . . 9836 C, 9847 A, 9848 B Könen (Düsseldorf) (SPD) . . 9836 D, 9840 D, 9847 D, 9848 D Frau Dr. Hubert (SPD) . . . 9839 C, 9844 C Frau Dr. Steinbiß (CDU/CSU) . . 9839 D Becker (Hamburg) (DP) 9841 C Hansing (Bremen) (SPD) 9844 A Varelmann (CDU/CSU) 9845 D Prennel (SPD) 9846 D Frau Nadig (SPD) 9848 A Abstimmungen 9833 B, 9842 B, 9843 D, 9844 A, 9846 B, 9847 B, D, 9848 C, 9849 A, 9850 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (Drucksache 2637); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (Drucksache 2888), Umdrucke 861, 862) in Verbindung mit der Zweiten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (Drucksache 1837); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (18. Ausschuß) (Drucksache 2940) 9850 D Hermsdorf (SPD): als Berichterstatter 9851 A als Abgeordneter 9852 A Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . 9852 B Abstimmungen 9852 C Nächste Sitzung 9853 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 9853 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Petitionen über seine Tätigkeit gemäß § 113 der Geschäftsordnung (zu Drucksache 2890) 9853 D Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den von den Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, FVP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache zu 2934) 9857 D Anlage 4: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Elften Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 2930) 9858 C Anlage 5: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit über den Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Beschränkung des Niederlassungsbereichs von Kreditinstituten (Drucksache 2899) 9858 D Anlage 6: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 30. Juli 1955 über die Gewährung der Meistbegünstigung und über gewerbliche Schutzrechte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Paraguay (Drucksache 2929) . . 9859 C Anlage 7: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Protokoll vom 10. Mai 1948 zur An- derung des Abkommens vom 22. November 1928 über Internationale Ausstellungen (Drucksache 2931) 9859 D Anlage 8: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf eines Gesetzes über das deutschösterreichische Protokoll vom 1. Dezember 1955 über die Verlängerung des deutschen Zollzugeständnisses für Loden (Drucksache 2932) 9860 A Anlage 9: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kommunalpolitik über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Anordnung über die Zulässigkeit von Konzessionsabgaben der Unternehmen und Betriebe zur Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser an Gemeinden und Gemeindeverbände (Drucksache 2935) 9860 A Anlage 10: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP, FVP betr. Gutachten zur Reform der Rentenversicherung (Drucksache 2886) . . . . 9860 C Anlage 11: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der öffentlichen Fürsorge über den Entwurf eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Drucksache 2885) . . . 9861 B Anlage 12: Änderungsantrag der Abg. Dr. Moerchel, Frau Dr. Steinbiß, Frau Dr. h. c. Weber (Aachen), Fraktionen der FVP, DP u. Gen. zum Entwurf eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Umdruck 856) 9864 A Anlage 13: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Umdruck 857) 9864 C Anlage 14: Änderungsantrag der Fraktion der FDP zum Entwurf eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Umdruck 863 [neu]) . . 9865 C Anlage 15: Änderungsantrag der Fraktion des GB/BHE zum Entwurf eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Umdruck 873) 9866 A Anlage 16: Schriftliche Erklärung des Abg Dr. Reichstein (GB/BHE) zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Drucksache 1594) 9866 C Anlage 17: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, FVP, DP zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (Umdruck 861) 9867 A Anlage 18: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (Umdruck 862) 9867 C Die Sitzung wird um 14 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 15.12. Frau Albertz 6.12. Arnholz 6.12. Baier (Buchen) 6. 12. Dr. Bartram 7. 12. Baur (Augsburg) 7.12. Bettgenhäuser 6. 12. Frau Dr. Bleyler 15.12. Böhm (Düsseldorf) 7. 12. Brand (Remscheid) 7.12. Frau Brauksiepe 6.12. Cillien 15.12. Frau Dietz 13.12. Dr. Dittrich 22. 12. Dr. Dresbach 30. 12. Eberhard 8.12. Eckstein 6. 12. Engelbrecht-Greve 13.12. Franzen 13.12. Frau Friese-Korn 7. 12. Gefeller 6. 12. Geiger (München) 7. 12. Frau Geisendörfer 15.12. Glüsing 7.12. Grantze 22.12. Herold 13.12. Höfler 7.12. Hörauf 15.12. Jacobi 7.12. Jahn (Frankfurt) 7.12. Jahn (Stuttgart) 14.12. Kahn 6. 12. Karpf 7. 12. Keuning 6.12. Dr. Köhler 15.12. Könen (Düsseldorf) 7.12. Dr. Königswarter 6.12. Majonica 15.12. Massoth 13.12. Frau Dr. Maxsein 6. 12. Mensing 7. 12. Merten 7. 12 Dr. Miessner 6.12. Dr. Mocker 6.12. Morgenthaler 31.12. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 6.12. Neumayer 6.12. Niederalt 6. 12. Odenthal 31.12. Dr. Oesterle 7. 12. 011enhauer 15.12. Frau Pitz 7.12. Pöhler 13.12. Frau Praetorius 6.12. Raestrup 22. 12. Rasch 6. 12. Frau Dr. Rehling 15.12. Rehs 7. 12. Reitzner 7.12. Richter 6.12. Scharnberg 6. 12. Scheel 22.12. Dr. Schöne 7. 12. Seiboth 6. 12. Srock 7. 12. Dr. Starke 31.12. Stauch 7.12. Stücklen 6. 12. Voß 7. 12. Dr. Welskop 6. 12. Frau Welter (Aachen) 7. 12. Dr. Will 6. 12. Wolf (Stuttgart) 7. 12. Dr. Zimmermann 7.12. Anlage 2 Drucksache zu 2890 (Vgl. S. 9807 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Petitionen (3. Ausschuß) über seine Tätigkeit gemäß § 113 der Geschäftsordnung. Berichterstatter: Abgeordneter Körner. Bevor ich gemäß § 113 zur Geschäftsordnung über die Arbeit des Petitionsausschusses berichte, möchte ich zunächst einige grundsätzliche Feststellungen über die Abgabe von Stellungnahmen durch die Länderminister gegenüber der Bundesregierung und dem Bundestag treffen. Mit Recht wird der Standpunkt vertreten, daß jeder Petent einen Anspruch auf sachliche Prüfung seiner Eingabe hat. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem subjekti- (Körner) yen Rechtscharakter des Art. 17 GG. Darüber hinaus hat aber der Petent auch einen Anspruch darauf, daß seine Petition beantwortet wird. Diese Gründe erfordern geradezu, daß eine Beantwortung erfolgen muß, die nicht nur die bloße Bestätigung des Eingangs der Petition, sondern auch die Art ihrer Erledigung enthält. Bereits in der 1. Wahlperiode in der 280. Sitzung vom 3. Juli 1953 hat sich die Vorsitzende des Ausschusses gegen die gegenteilige Auffassung des Bundesverfassungsgerichts gewandt. Eine solche Praxis kann aber nur dann erreicht werden, wenn die sachliche Prüfung die Anforderung einer Stellungnahme der Bundesregierung u n d der Länder nötig macht. Diese Stellungnahmen dienen dazu, die Petition behandlungsreif zu machen und dem Bundestag einen Entscheidungsvorschlag unterbreiten zu können. Hierzu gehört auch das Recht, unmittelbar die Stellungnahme der Verwaltungsbehörden, und zwar nicht nur der bundeseigenen Verwaltungsbehörden einzuholen, wenn die Würdigung einer Eingabe eine besondere Anfrage zur Ergänzung des Tatbestandes erforderlich macht. Der Petitions-Ausschuß hat sich mit diesem Fragenkomplex eingehend in seiner 122. Sitzung vom 12. September 1956 befaßt und dabei nochmals an die Vorgänge aus den Jahren 1950 und 1951 erinnert. Damals haben sich genauso wie heute einige Länderminister geweigert, dem Petitions-Ausschuß des Bundestages eine Stellungnahme zu einer Petition abzugeben, insbesondere in Fällen, zu denen sich die Vorgänge nicht auf bundeseigene Verwaltungen beziehen. Schon damals hat sich aber der Petitionsausschuß auf den Standpunkt gestellt, daß die sachgemäße Behandlung einer Petition die Pflicht in sich schließt, den in der Petition dargestellten Sachverhalt auf seine Richtigkeit zu prüfen und daß eine Anfrage bei anderen als Bundesbehörden keinen Eingriff in ihre Kompetenz bedeutet. Das Urteil über die Zuständigkeit oder Unzuständigkeit des Bundestages kann nicht allein auf den Ausführungen des Petenten oder auf reinen Vermutungen basieren, sondern kann häufig nur durch Erhebungen, also durch eine Stellungnahme der Länder gewonnen werden. Der Petitions-Ausschuß hält damals so wie auch heute daran fest, daß solche Eingaben der Bundesregierung bzw. auch den Länderregierungen zur Stellungnahme überwiesen werden, wenn sich die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen des Petenten nicht klar überblicken lassen und eine Darlegung durch die Länderregierungen erforderlich erscheint. Die Einholung von Erkundigungen ergibt sich aus dein Informationsrecht des Petitionsausschusses gegenüber der Exekutive. Dieses Recht der Bundesregierung gegenüber den Ländern ergibt sich aus Art. 85 Abs. 4 Satz 2 des Grundgesetzes, denn hier ist ausdrücklich ein Recht auf Berichterstattung und schriftliche Befragung eingeräumt. Das ergibt sich auch aus der Überlegung, daß zu einer Kontrolle eine Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse unentbehrlich ist. Schon aus dem Wesen der Aufsicht ergibt sich das Recht auf Erkundigung. Im übrigen darf ich auf die Ausführungen des Kollegen Dr. Stammberger in der Berichterstattung des Ausschusses in der 79. Sitzung des Plenums vom 7. Mai 1955 verweisen. Er hat damals ausgeführt: Die Bitten des Petitionsausschusses um Unterrichtung über das Ergebnis von Nachprüfungen von Dinzeleingaben bezwecken neben der praktischen Hilfe für den einzelnen ..., vor allem die Auswirkungen der derzeitigen Gesetze auf die Praxis kennenzulernen. Daß das Parlament einer derartigen Unterrichtung durch die Bundesregierung und durch die Länder bedarf, um die Erfahrungen der Praxis bei der Entscheidung über die künftige Gestaltung des Bundesrechts berücksichtigen zu können, kann nicht bestritten werden. Von Bund und den Ländern wird und muß dem Petitionsausschuß zugestanden werden, daß sie aus den genannten Gründen Auskunft darüber erteilen, wie Einzelfälle erledigt worden sind. Mit seiner Auffassung befindet sich der Petitionsausschuß in Übereinstimmung mit dem Ausschuß für Fragen der Wiedergutmachung. Auch diesen Ausschuß, der sich über die Auswirkungen des Bundesentschädigungsgesetzes bei den Ländern durch die Anforderung von Stellungnahmen zu den Petitionen unterrichten lassen wollte, hat das bayerische Staatsministerium der Finanzen abgewiesen und betont, daß damit in die Staatshoheit der Länder eingegriffen werde, weil das Bundesentschädigungsgesetz von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt wird. Dieser Auffassung hat sich auch der Ausschuß für Fragen der Wiedergutmachung nicht anschließen können. Er hat in einem Schreiben an die Minister der Länder die bereits in dem Bericht vom 4. Mai 1955 zum Ausdruck gebrachte Ansicht geäußert, daß die Länder das Bundesentschädigungsgesetz zwar als eigene Angelegenheit ausführen, die Bundesregierung aber nach Art. 84 Abs. 3 des Grundgesetzes die Aufsicht über die rechtmäßige Ausführung eines Gesetzes und nach Art. 84 Abs. 4 GG die Möglichkeit der Mängelrüge habe. Diese Mängelrüge könne auch der Deutsche Bundestag über die Bundesregierung ausüben. Die Auslösung einer solchen Mängelrüge durch den Bundestag über die Bundesregierung wäre aber unmöglich gemacht, wenn der Bundestag für die Nachprüfung von Petitionen in Angelegenheiten, in denen Bundesgesetze von den Ländern in eigener Verwaltungszuständigkeit ausgeführt werden, unzuständig wäre. Die Länder sind auch aus dem Gesichtspunkt der Amtshilfepflicht gezwungen, auf ein Ersuchen um Stellungnahme zu antworten. Der Petitionsausschuß hat jetzt etwa 30 Petitionen gesammelt, in denen der niedersächsische Sozialminister es einfach ablehnte, eine Antwort zu erteilen bzw. eine Stellungnahme abzugeben. Der Ausschuß kann ein solches Verhalten nicht billigen. Falls die Länder es weiterhin ablehnen, in Angelegenheiten der Sozialversicherung oder der Kriegsopferversorgung eine Stellungnahme abzugeben, bittet der Ausschuß, die gesetzgeberischen Arbeiten für eine einheitliche bundeseigene Verwaltung in der Sozialversicherung, der Kriegsopferversorgung und der Soldatenversorgung zu beschleunigen. Auf diesen Gebieten muß eine gleiche Regelung wie auf dem Sektor des Lastenausgleichs erreicht werden. Bei dem augenblicklichen Verfahren der einzelnen Länderministerien ergibt sich das groteske Ergebnis, daß beispielsweise die Länderminister wohl an die Abgeordneten der Länderparlamente berichten, aber nicht an die Abgeordneten des Bundestags. Man könnte sagen: Damit werden die Abgeordneten des Bundestages gegenüber den Abgeordneten der Länder bei böswilliger Auslegung als „zweitrangig" (Körner) angesehen. Hierauf hat bereits der Kollege Dr. Strosche in seiner Berichterstattung in der 114. Sitzung vom 1. Dezember 1955 hingewiesen. Außerdem hält es der Ausschuß aus verwaltungstechnischen Gründen für unmöglich, daß auf ein Ersuchen des Petitionsausschusses um Stellungnahme der zuständige Fachminister des Landes die Eingabe wieder zurückschickt mit der Bitte, sie an den Petitionsausschuß des Landes abzugeben. Wieviel einfacher wäre es, wenn der betreffende Landesminister sich sachlich gegenüber dem Petitionsausschuß äußern und der Petent einen abschließenden Bescheid vom Petitionsausschuß erbalten würde! Statt dessen läuft die Sache beispielsweise so: Der Petitionsausschuß bittet den Bundesminister des Innern um eine Stellungnahme. Der Bundesminister des Innern wendet sich an den bayerischen Staatsminister des Innern, dieser schickt die Akte über den Bundesminister des Innern an den Petitionsausschuß zurück mit der Feststellung, daß er sich zu der Angelegenheit nicht äußere, weil es sich um eine Sache handele, die nicht zur bundeseigenen Verwaltung gehöre; er bittet weiterhin um die Abgabe an den Eingaben- und Beschwerdeausschuß des Bayerischen Landtags. Der Petitionsausschuß beschließt jetzt, den Vorgang an den Bayerischen Landtag abzugeben. Der Bayerische Landtag wendet sich abermals an den bayerischen Staatsminister des Innern mit der Bitte um Stellungnahme. Nunmehr äußert sich der bayerische Innenminister auch sachlich zu der Petition gegenüber dem Landtag. Erst jetzt erhält der Petent einen Bescheid vom Landtag, der sicherlich genauso aussehen wird wie der Bescheid des Petitionsausschusses des Bundestags ausgesehen haben würde, wenn sich der bayerische Staatsminister des Innern unmittelbar gegenüber dem Petitionsausschuß geäußert hätte. Es besteht nur der Unterschied, daß inzwischen mindestens ein halbes Jahr vergangen sein wird. Die moderne Bedeutung des Petitionsrechts sollte darin liegen, die aktive Teilnahme des Volkes am politischen Leben zu fördern. Eine unmittelbare Teilnahme an der Gesetzgebung durch Volksbegehren oder Volksentscheid, wie sie in der Weimarer Reichsverfassung vorgesehen war, kennt das Grundgesetz nicht. Dadurch ist die gesamte politische Willensbildung und die Gesetzgebung allein in die Hand der Parlamente gelegt worden. Die einzelnen — das Volk — können, abgesehen von Wahlen, nur noch durch Petitionen eine ständige Einflußnahme auf die Legislative ausüben. Darin liegt die besondere gegenwärtige Funktion des Petitionsrechts, die Mitwirkung des Volkes an der Gesetzgebung zu ermöglichen. Der Schwerpunkt des Petitionsverfahrens liegt naturgemäß wie bisher beim Petitionsausschuß. Hier zeigt sich am deutlichsten, in welchem Maße der Staatsbürger von dem Petitionsrecht Gebrauch macht. Die Ihnen in der Anlage 1 und 2 der Drucksache 2890 vorliegenden statistischen Übersichten schließen mit .dem 3. Kalendervierteljahr d. J., d. h. mit dem 30. September 1956, ab. Da inzwischen zwei Monate vergangen sind, bitte ich Sie, zu berücksichtigen, daß augenblicklich die Endsumme der beim Bundestag und beim Petitionsausschuß in der 2. Wahlperiode eingegangenen Petitionen 27 350 beträgt. In dieser Zahl sind zum Teil diejenigen Petitionen nicht enthalten, die unmittelbar an den Präsidenten des Deutschen Bundestags oder an die Vorsitzenden der einzelnen Fachausschüsse gerichtet sind. Eine Übernahme aller dieser Petitionen ist wegen der zahlenmäßig zu schwachen personellen Besetzung des Petitionsbüros nicht möglich. Im gleichen Zeitraum der ersten Wahlperiode waren es 20 300 Petitionen, das sind also 35 °/o mehr in der zweiten Wahlperiode. Zusammen mit den 27 200 Petitionen der 1. Wahlperiode ist die Gesamtzahl der bis zum heutigen Tage eingegangenen Petitionen auf 54 550 angewachsen. Ich bitte Sie, aus der statistischen Übersicht der Anlage 1 zu Drucksache 2890, die, wie ich bereits erwähnte, mit dem 30. September 1956 abschließt, zu entnehmen, daß in 3 Jahren der 2. Wahlperiode 25 500 Petitionen eingegangen sind. In der gleichen Zeit der 1. Wahlperiode waren es lediglich 19 000, das sind 35 0/o mehr in der 2. Wahlperiode. Von diesen 25 500 konnten bis zum 30. September 1956 23 734, das sind 93 %, erledigt werden. Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 84 Eingaben = 0,33 % an die Bundesregierung zur Berücksichtigung, Erwägung oder als Material; 5087 Eingaben = 19,95 % wurden durch eine Erklärung der Bundesregierung als erledigt angesehen; 7645 Eingaben = 29,98 % wurden an die Bundesregierung zur Kenntnisnahme und zur weiteren Veranlassung gesandt; 5323 Eingaben = 20,87 % wurden durch einen Beschluß über einen anderen Gegenstand als erledigt angesehen; 4210 Eingaben = 16,51 % wurden zuständigkeitshalber an die Landtage zur Kenntnisnahme und zur weiteren Veranlassung überwiesen; 1160 Eingaben = 4,55 % wurden gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung an die Fachausschüsse im Hause überwiesen; 1558 Eingaben = 6,11 % konnten bisher im Petitionsausschuß noch nicht abschließend behandelt werden, weil sie sich zum Teil bei der Bundesregierung oder anderen Stellen zur Überprüfung befinden; 433 Eingaben = 0,33 % wurden wegen Anonymität, verworrenen oder beleidigenden Inhalts als unbehandelbar bzw. als nicht geeignet zur Behandlung im Bundestag angesehen. Außerdem finden sich in der Anlage 1 Angaben darüber, aus welchen Ländern seit Oktober 1954 bis Ende September 1956 die insgesamt 16 960 Petitionen eingegangen sind. An erster Stelle steht (Körner) hier das Land Nordrhein-Westfalen mit 28,64 %, dann folgen Niedersachsen mit 16,33 %, Bayern mit 12,20 %. Es folgen schließlich Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Berlin, Hessen, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Bremen, das Ausland und die sowjetische Besatzungszone. Von diesen 16 960 sind 78,13 % von Männern, 29,56 % von Frauen und 1,95 % von Organisationen oder Verbänden eingebracht worden. Aus ,der Anlage 2 Drucksache 2890 ergibt sich der wesentlichste Inhalt der beim Bundestag in der 2. Wahlperiode eingegangenen und behandelten Petitionen. An erster Stelle stehen hier nach wie vor die Ansprüche aus der Sozialgesetzgebung, den privaten und sonstigen Versicherungen. Dann folgen wie bisher die Ansprüche aus dem Lastenausgleichsgesetz, der Kriegsopferversorgung, aus dem Bau- und Wohnungswesen, dem öffentlichen Dienst und schließlich diejenigen aus dem Zivilrecht und den Ansprüchen der Vertriebenen und Flüchtlinge. Der wesentliche Inhalt der übrigen Petitionen ist der Struktur zu entnehmen. Aus den vielfältigen Materien sind einige Fälle besonders hervorzuheben. Diese Hervorhebung erhebt aber keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit. Bei der Vielzahl der Eingaben ist es einfach unmöglich, nur einen kleinen Teil der wichtigsten Petitionen zu erwähnen. Zunächst der Fall des Erich May, der in der vorliegenden Drucksache zusammengefaßt dargelegt ist. Zu dieser Petition stellt der Ausschuß den Antrag, die Bundesregierung wird aufgefordert, die Eingabe in der Weise zu berücksichtigen, daß sie im Bundeshaushalt einen angemessenen Betrag für Entschädigungen in Fällen ungerechtfertigter Beschlagnahme von Waren durch die sowjetzonalen Dienststellen bereitstellt und aus diesen Mitteln den Petenten für die am 15. Juni 1955 erfolgte Warenbeschlagnahme entschädigt. Der Sachverhalt ist folgender: Der Petent, der in Twistringen eine Versandschlachterei betreibt, führte seit 1954 ständig Fleischtransporte nach West-Berlin durch. Am 15. Juni 1955 wurde an der Zonengrenze Marienborn die Ladung eines seiner Lastwagen im Werte von über 15 000 DM von den sowjetzonalen Grenzbehörden beschlagnahmt und außerdem eine Ordnungsstrafe von 5250 DM gegen den Petenten verhängt. Infolge eines Versehens hatte ein Angestellter des Petenten einen Warenbegleitschein ausgefertigt, dessen Gültigkeit bereits um 5 Tage überschritten war. Dem Petenten standen jedoch, wie von der Warenbegleitscheinstelle beim Regierungspräsidenten in Hannover bestätigt wurde, gültige Warenbegleitscheine in genügender Anzahl zur Verfügung. Die vom Petenten unter Hinweis darauf, daß es sich nur um ein Versehen handele, eingelegte Beschwerde wurde vom sowjetzonalen Minister für Außenhandel und innerdeutschen Handel am 26. September 1955 zurückgewiesen. Dem Petenten drohte infolge der sowjetzonalen Maßnahmen der Verlust seiner Existenz. Sein Versuch, beim Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen eine Entschädigung zu erhalten, blieb erfolglos. Der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen vertrat ebenso wie der vom Ausschuß um eine Stellungnahme gebetene Bundesminister für Wirtschaft den Standpunkt, der Warenverkehr über die Zonengrenze sei infolge des allgemein bekannten Verhaltens der sowjetzonalen Dienststellen mit außergewöhnlichen Risiken belastet, die von der an diesem Warenverkehr beteiligten Wirtschaft berücksichtigt werden müßten. Aus Bundesmitteln könne eine Entschädigung nicht gewährt werden. Die Mitglieder des Ausschusses waren in der Sitzung vom 30. April 1956 übereinstimmend der Ansicht, es liege hier ein Willkürakt der sowjetzonalen Dienststellen vor, für den eine Entschädigung im Sinne des obigen Antrages gewährt werden sollte. In einem weiteren Fall der Kriegerwitwe Emma Wiedemann, der ebenfalls in der Drucksache tatbestandmäßig zusammengefaßt ist, stellt der Ausschuß den Antrag: Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Eingabe in der Weise zu berücksichtigen, daß der Landesregierung von Schleswig-Holstein empf ohlen wird, sie möge in der Rentensache der Petentin das Gutachten des Prof. Dr. Glatzel, Schleswig, zur Grundlage ihrer Entscheidung machen. Der Sachverhalt ist folgender: Der Ehemann der Petentin erlitt als Soldat im ersten Weltkrieg einen Bauchschuß. Im Jahre 1937 traten bei ihm Magen- und Darmgeschwüre auf. Trotzdem wurde er 1943 zur Wehrmacht einberufen. Wegen andauernder Magenbeschwerden mußte er im Oktober 1944 in ein Lazarett eingewiesen werden. Am 17. März 1945 verstarb er dort nach einer Bauchoperation. Im Krankenbericht des behandelnden Arztes wurde eine Wehrdienstbeschädigung bejaht. Der Petentin wurde vom Versorgungsamt Lübeck die Zahlung einer Witwenrente verweigert, da der zuständige Vertrauensarzt den ursächlichen Zusammenhang der erst 1937 aufgetretenen Magengeschwüre mit der Verwundung aus dem ersten Weltkrieg verneinte. In ihrer Eingabe vom 27. Juli 1954 macht die Petentin geltend, ihr Mann habe wegen seiner Krankheit im zweiten Weltkrieg nicht eingezogen werden dürfen. In den vom Petitions-Ausschuß erbetenen schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen vertrat der Bundesminister für Arbeit den Standpunkt, nicht der Wehrdienst, sondern allein die besondere Veranlagung des Ehemannes der Petentin sei die Ursache für die Verschlimmerung des Leidens gewesen. Da diese Ausführungen die Mitglieder des Ausschusses nicht zu überzeugen vermochten, schlug der Regierungsvertreter in der Sitzung vom 10. Oktober 1955 vor, es solle ein Obergutachten des Prof. Dr. Glatzel, Schleswig, eingeholt werden. Prof. Dr. Glatzel sei ein in Fachkreisen anerkannter Spezialist auf diesem Gebiet. Der Ausschuß beschloß die Einholung des Obergutachtens. In seinem Gutachten bejahte Prof. Dr. Glatzel die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Wehrdienst und der Verschlimmerung des Leidens. Jetzt erklärte jedoch der Bundesminister für Arbeit, er könne sich dem Gutachten nicht anschließen. Prof. Dr. Glatzel vertrete eine Arbeitshypothese, die in medizinisch-wissenschaftlichen Fachkreisen abgelehnt werde. Mit Rücksicht darauf, daß der Bundesminister für Arbeit selbst Prof. Dr. Glatzel als Gutachter (Körner) empfohlen hatte, hielt es der Ausschuß für unvertretbar, daß das Gutachten unberücksichtigt bleiben soll, nur weil es zu einem für die Petentin günstigen Ergebnis gekommen ist. In einem anderen Fall erhob sich die Frage, ob nach dem alten Reichstumultschadengesetz Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können. Ein solcher Anspruch wurde in dem besonderen Fall von dem Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen abgelehnt. Die Mitglieder des Ausschusses waren von den rechtlichen Ausführungen der maßgeblichen Behörden nicht überzeugt. Da jedoch für solche Ansprüche eine bundesgesetzliche Regelung nicht besteht, blieb dem Ausschuß nichts anderes übrig, als die Sache der Entscheidung des Landes Nordrhein-Westfalen zu überlassen. Es wäre jedoch zweckmäßig, das Reichstumultschadengesetz vom 12. Mai 1922, das als Landesrecht weitergilt, einmal zu überprüfen und einer bundesgesetzlichen Regelung zuzuführen. Ein Sonderfall bei der Arbeit des Petitionsausschusses stellt eine Petition von Bundesbediensteten dar, die eine Siedlung in Niederdollendorf bewohnen und um Hilfe des Bundes aus dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Staates für seine Bediensteten nachsuchen. Es wird vom Ausschuß noch geprüft, inwieweit durch die Errichtung eines in der Nachbarschaft gelegenen Walzwerkes und einer Gießerei mit starken Belästigungen Maßnahmen des Bundesministers für Wohnungsbau zum Schutz des ungestörten Wohnens in der seinerzeit in ruhiger Lage errichteten Siedlung geboten erscheinen. Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Der Fall erscheint deshalb besonders bemerkenswert, weil der Ersteller der Industrieanlagen und der Eigentümer der Bundessiedlung, der hierzu Bundesmittel erhalten hat, identisch zu sein scheint. Auf die zahlreichen Petitionen, die sich mit dem Kriegsfolgenschlußgesetz befassen, hat die Vorsitzende des Ausschusses bereits in der letzten Berichterstattung hingewiesen. Neben den schon genannten Fällen ist noch der des Landwirts Engelbert Siepmann-Beckmann aus Wickrath (Rheydt) zu erwähnen. Der Petent war Eigentümer eines Gutes von rd. 25 ha. Im April 1939 mußte er es an das Unternehmen Reichsautobahnen für einen Kaufpreis von 300 000 RM verkaufen. Mit dem Verkaufserlös hat er im Mai 1939 vorn Deutschen Reich das Gut Spiersfelde bei Rheydt in Größe von 83 ha zum Kaufpreis von 270 000 RM erworben. Ureigentümer des Gutes Spiersfelde war Herr Viktor Spier, dessen Erben gegen Herrn Siepmann-Beckmann Ansprüche auf Rückerstattung des Gutes Spiersfelde geltend machen, da das Gut seinerzeit Herrn Viktor Spier vom Deutschen Reich aus Verfolgungsgründen im Sinne des Rückerstattungsgesetzes ungerechtfertigt entzogen worden sei. Der Rückerstattungsanspruch ist bereits in zwei Instanzen dem Grunde nach anerkannt worden. Der Petent befürchtet seinen Existenzverlust, zumindest wird für ihn ein beträchtlicher Schaden entstehen. Wegen eines solchen Schadens würden ihm nach § 10 des Entwurfs des Kriegsfolgenschlußgesetzes voraussichtlich 10 % des Wertes des Gutes Spiersfelde, also 27 000 DM zustehen. Der Ausschuß konnte sich mit einer solchen Lösung nicht einverstanden erklären. Er brachte sein Erstaunen darüber zum Ausdruck, daß in dem Ge-. setz mit keinem Wort etwas über Existenzvernichtungen von natürlichen Personen gesagt wird. Der Ausschuß hat daher dem federführenden Ausschuß empfohlen, dem Änderungsvorschlag des Bundesrats zu § 10 des Entwurfs des Kriegsfolgenschlußgesetzes zuzustimmen. Außerdem verdient noch der Fall der Lilly Thies wegen Gewährung von Witwenrente (Bräuteversorgung) im Härteausgleich nach dem Bundesversorgungsgesetz Erwähnung. Hier ist der bisher einmalige Fall eingetreten, daß das Land Schleswig-Holstein die Gewährung einer Witwenrente im Wege des Härteausgleichs nach § 89 Bundesversorgungsgesetz befürwortet, der Bundesminister für Arbeit aber einen gegenteiligen Standpunkt eingenommen hat. Das Land Schleswig-Holstein sagt, daß unter den gegebenen Umständen angenommen werden könne, daß die Genehmigung zur nachträglichen Eheschließung erteilt worden wäre, wenn Frau Thies einen entsprechenden Antrag gestellt hätte. Außerdem liege ein Bedürfnis vor, da Frau Thies lediglich geringe Einkünfte zuständen. Der Ausschuß hat beschlossen, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Er ist dabei von der Erwägung ausgegangen, daß sich beim Arbeitsministerium die Praxis herausgebildet habe, eine Bräuteversorgung im Wege des Härteausgleichs zu gewähren. Es liege kein Hindernis vor, daß die Bundesregierung nicht auch im vorliegenden Fall den günstigen Standpunkt des Landes Schleswig-Holstein einnehmen könnte. Im Ergebnis kann wohl festgestellt werden, daß von dem Recht der Meinungsäußerung als einem Mittel zur Einflußnahme auf Gesetzgebung und Verwaltung mehr als bisher Gebrauch gemacht wurde. Abschließend schlägt der Ausschuß vor, den Anträgen des Petitionsausschusses in der Übersicht 19 entsprechend der Drucksache 2890 die Zustimmung zu geben. Bonn, den 6. Dezember 1956 Körner Berichterstatter Anlage 3 zu Drucksache 2934 (Vgl. S. 9808 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, FVP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache 2763). Berichterstatter: Abgeordneter Peters I. Allgemeines Die Gestehungskosten für Zigarren sind seit der letzten Festsetzung der Tabaksteuersätze erheblich gestiegen. Dies hat seinen Grund vor allem im Ansteigen der Rohtabakpreise und der Löhne. Bei der Lohnaufwendigkeit der Zigarre bilden die Löhne einen besonders wichtigen Kostenfaktor. Eine auf Veranlassung des Bundesministeriums der Finanzen in der Zigarrenindustrie durchgeführte (Peters) Betriebsprüfung hat ergeben, daß die Industrie die Kostensteigerungen überwiegend nicht mehr auffangen kann. Eine Erhöhung des verhältnismäßig niedrigen Lohnniveaus der Zigarrenindustrie war seit langem dringend geworden. Sie wurde mit Wirkung vorn 1. Oktober und einer Nachzahlungsverpflichtung ab 1. Juni 1956 tariflich vereinbart. Der Ausschuß hält eine Senkung der Tabaksteuer für Zigarren für erforderlich. Hinsichtlich der vorgeschlagenen Steuersenkung von 4 v. H. der Kleinverkaufspreise hat sich der Ausschuß dem Initiativantrag angeschlossen. Er hält jedoch eine gleichzeitige Anpassung der Vomhundertsätze und der Grenzen der Steuererleichterung an die neuen Steuersätze für erforderlich und ist außerdem der Ansicht, daß die Steuersenkung ab 1. Oktober bis zum Inkrafttreten des Gesetzes den Herstellern in der Form einer Vergütung der Steuer gewährt werden muß, um sie nur diesen zur Verbesserung ihrer Kalkulation zukommen zu lassen. In den Gesetzentwurf sind noch einige kleinere Änderungen des Tabaksteuergesetzes aufgenommen worden, die sich bei der Anwendung dieses Gesetzes als notwendig erwiesen haben. II. Im einzelnen Zu Artikel 1 Nr. 1 enthält die neuen Steuersätze, die sich bei einer Steuersenkung um 4 v. H. der Kleinverkaufspreise ergeben. Bei den Nrn. 2 bis 4, 5 Buchstaben a und c handelt es sich um eine Anpassung der Vomhundertsätze und Grenzen der Steuererleichterung an die neuen Steuersätze. Nr. 5 Buchstaben b und d: § 86 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 2 Nr. 5 sind durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Tabaksteuergesetzes vom 15. November 1955 in das Tabaksteuergesetz neu eingefügt worden. Es hat sich herausgestellt, daß diese Vorschrift zu Härten führt, die nicht im Sinn des Zweiten Änderungsgesetzes gelegen haben. Bei der Streichung der Vorschriften handelt es sich um die Wiederherstellung des rechtlichen Zustandes, wie er vor dem Zweiten Änderungsgesetz bestanden hat. Nr. 6: Die Ermächtigung des § 89 Nr. 1 ist durch die Neufestsetzung der Vomhundertsätze und der Grenzen der Steuerleichterung für Zigarren entbehrlich geworden. Nr. 7: Nach § 81 Abs. 7 des Tabaksteuergesetzes ist der Anspruch auf die Steuererleichterung nicht abtretbar und nicht pfändbar. Die Anwendung dieser Vorschrift auf die einmalige zusätzliche Steuererleichterung hat zu nicht erwünschten Benachteiligungen der Gläubiger stillegender Herstellungsbetriebe geführt. Diese Auswirkungen sollen durch die neu eingefügte Vorschrift beseitigt werden. Zu Artikel 2 Die Steuersenkung soll es den Zigarrenherstellern ermöglichen, die Kostensteigerungen, die durch die Erhöhung der Löhne und der Preise für Rohtabak usw. eingetreten sind, weitgehend aufzufangen. Die Vorschrift stellt sicher, daß die steuerliche Vergünstigung für die Zeit ab 1. Oktober 1956 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes nur Hersteller von Zigarren erhalten. Die Höhe der Vergütung entspricht einer Steuersenkung von 4 v. H. der Kleinverkaufspreise. Zur Vereinfachung der Berechnung ist die Vergütung auf den Steuerwert und nicht auf den Kleinverkaufswert der Zigarren abgestellt worden. Die Ermächtigung des Absatzes 2 dient der Durchführung der Steuervergütung. Zu Artikel 3 Diese Vorschrift paßt für die Berechnung der Steuererleichterung die ihr zugrunde zu legenden Steuerbeträge dem neuen Steuersatz von 19 v. H. an, da die Grenzen und die Vomhundertsätze der Steuererleichterung bereits ab 1. Oktober 1956 auf den neuen Steuersatz umgestellt werden und den Herstellern für die Zeit vom 1. Oktober 1956 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes eine Steuervergütung in Höhe der Steuersenkung gewährt wird. Zu Artikel 5 Die Vorschriften über die Steuererleichterung müssen bereits mit Wirkung vom 1. Oktober 1956 in Kraft treten, weil die Hersteller bereits von diesem Zeitpunkt an durch die Vergütung in den Genuß der 4 %igen Steuersenkung kommen. Bonn, den 3. Dezember 1956 Peters Berichterstatter Anlage 4 Drucksache 2930 (Vgl. S. 9808 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf einer Elften Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 2678). Berichterstatter: Abgeordneter Diekmann Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 28. November 1956 mit dem Entwurf einer Elften Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl — Drucksache 2678 — befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Verordnungsentwurf zugestimmt. Bonn, den 28. November 1956 Diekmann Berichterstatter Anlage 5 Drucksache 2899 (Vgl. S. 9808 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (22. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Beschränkung des Niederlassungsbereichs von Kreditinstituten (Drucksache 2657). Berichterstatter: Abgeordneter Kirchhoff Durch Gesetz bzw. Verordnungen der Militärregierungen war nach Beendigung des Krieges den Banken, die das kurzfristige Kreditgeschäft betrieben, die Unterhaltung von Niederlassungen außer- (Kirchhoff) halb der Grenzen eines Landes untersagt. Diese Beschränkung des Niederlassungsbereichs der Kreditinstitute führte in der Folgezeit zu rechtlichen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Eine Milderung wurde durch das Gesetz über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten vom 29. März 1952 (BGBl. I S. 217) erreicht: es wurden drei Bankbezirke geschaffen, und die Kreditinstitute konnten nun innerhalb dieser Bezirke — aber nicht außerhalb, d. h. in mehreren Bezirken — Niederlassungen unterhalten. Die Bundesrepublik hat inzwischen ihre volle Handlungsfreiheit zurückerlangt; damit ist die Möglichkeit gegeben, die Niederlassungsbeschränkungen aufzuheben. Eine Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung dieser Beschränkungen liegt nicht vor; vielmehr ist im Interesse der Leistungskraft und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Banken die Niederlassungsfreiheit wünschenswert. Der Ausschuß für Geld und Kredit hat daher bei der Beratung des Gesetzentwurfs in seinen Sitzungen am 25. Oktober und 9. November 1956 dem Regierungsentwurf zugestimmt, in dem diese Niederlassungsfreiheit und gleichzeitig in § 3 eine Gebührenermäßigung für die Vereinigung der Nachfolgeinstitute der drei Großbanken — denn diese sind in erster Linie von der Niederlassungsbeschränkung betroffen gewesen — vorgesehen ist. Darüber hinaus hat er, einer Anregung des Deutschen Gewerkschaftsbundes folgend, beschlossen, die Vergünstigungen auch für den Fall der Vereinigung der Gemeinwirtschaftsbanken vorzusehen. Im einzelnen hat der Ausschuß folgendes beschlossen: zu §1 dem Regierungsentwurf unverändert zuzustimmen; zu §2 im Hinblick auf die Einbeziehung der Gemeinwirtschaftsbanken die hierzu notwendige Änderung der Fassung zu treffen und auch die vom Bundesrat vorgeschlagenen Ergänzungen vorzunehmen, mit denen sich die Bundesregierung einverstanden erklärt hat; zu §3 dem Regierungsentwurf und der Anfügung eines Absatzes 5 nach dem Vorschlag des Bundesrates zuzustimmen, wobei für den Absatz 5 die von der Bundesregierung vorgeschlagene Fassung gewählt wurde; zu § 4 in Satz 1 anstelle von „Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften" die Überschrift des im Bundesgesetzblatt I S. 844 vom 12. November 1956 verkündeten „Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften" zu setzen und im übrigen dem Regierungsentwurf zuzustimmen; zu §§ 5 und 6 dem Regierungsentwurf unverändert zuzustimmen. Der Ausschuß hat in der Frage der Zustimmungsbedürftigkeit die Auffassung vertreten, daß das Gesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die Beschlußfassung erfolgte einstimmig. Ich bitte das Hohe Haus, dem Gesetz in der Ausschußfassung zuzustimmen. Bonn, den 22. November 1956 Kirchhoff Berichterstatter Anlage 6 Drucksache 2929 (Vgl. S. 9809 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 30. Juli 1955 über die Gewährung der Meistbegünstigung und über gewerbliche Schutzrechte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Paraguay (Drucksache 2592). Berichterstatter: Abgeordneter Albrecht (Hamburg) Der mitbeteiligte Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht hat in seiner Sitzung vom 10. Oktober 1956 den Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 30. Juli 1955 über die Gewährung der Meistbegünstigung und über gewerbliche Schutzrechte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Paraguay — Drucksache 2592 — beraten und dem Ausschuß für Außenhandelsfragen empfohlen, die Gesetzesvorlage anzunehmen. Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich mit dieser Vorlage am 28. November 1956 befaßt; nachdem ihm berichtet worden ist, daß ungeklärte Fragen des deutschen Eigentums in Paraguay nicht bestehen, hat er sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Gesetzentwurf zugestimmt. Bonn, den 28. November 1956 Albrecht (Hamburg) Berichterstatter Anlage 7 Drucksache 2931 (Vgl. S. 9810 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Protokoll vom 10. Mai 1948 zur Änderung des Abkommens vom 22. November 1928 über Internationale Ausstellungen (Drucksache 2755). Berichterstatter: Abgeordneter Unertl Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 28. November 1956 mit dem Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Protokoll vom 10. Mai 1948 zur Änderung des Abkommens vom 22. November 1928 über Internationale Ausstellungen — Drucksache 2755 — befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Gesetzentwurf zugestimmt. Bonn, den 28. November 1956 Unertl Berichterstatter Anlage 8 Drucksache 2932 (Vgl. S. 9810 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über das deutsch-österreichische Protokoll vom 1. Dezember 1955 über die Verlängerung des deutschen Zollzugeständnisses für Loden (Drucksache 2757). Berichterstatter: Abgeordneter Unertl Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 28. November 1956 mit dem Entwurf eines Gesetzes über das deutschösterreichische Protokoll vom 1. Dezember 1955 über die Verlängerung des deutschen Zollzugeständnisses für Loden — Drucksache 2757 — befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Gesetzentwurf zugestimmt. Bonn, den 28. November 1956 Unertl Berichterstatter Anlage 9 Drucksache 2935 (Vgl. S. 9810 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kommunalpolitik (12. Ausschuß) über den von den Abgeordneten Lücke, Heiland und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Anordnung über die Zulässigkeit von Konzessionsabgaben der Unternehmen und Betriebe zur Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser an Gemeinden und Gemeindeverbände (Drucksache 2097). Berichterstatter: Abgeordneter Lahr Der Deutsche Bundestag hat in seiner 139. Sitzung am 12. April 1956 den oben bezeichneten Gesetzentwurf dem Ausschuß für Kommunalpolitik — federführend —und dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik — mitberatend — überwiesen. Der Ausschuß für Kommunalpolitik hat sich in seiner 55., 56. und 67. Sitzung vom 1. und 4. Juni und 12. November 1956 mit der Drucksache 2097 befaßt. Der Ausschuß war der Auffassung, daß es Ziel des Antrags — Drucksache 2097 — sei, die durch die Anordnung über Konzessionsabgaben der Unternehmen und Betriebe zur Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser der Gemeinden und Gemeindeverbände vom 4. März 1941 herbeigeführte ungleiche Behandlung der Gemeinden aufzuheben. Dieser Zielsetzung stimmte der Ausschuß einstimmig zu. Aufgekommenen Bedenken, ob im vorliegenden Fall die formelle Zuständigkeit des Bundestags gegeben sei, da eine Verordnung durch ein Gesetz geändert werde, konnte sich der Ausschuß nicht anschließen. Ebensowenig konnte der Ausschuß der durch den Antrag Drucksache 2097 gegebenen Möglichkeit der Neueinführung von Abgaben zustimmen. Diese Möglichkeit war durch die in Artikel 1 Nr. 1 Buchstabe a beantragte Streichung der Worte „neu eingeführt oder" gegeben. Der Ausschuß begrüßte zwar die Auffassung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik, daß die ungleiche Behandlung der Gemeinden aufgehoben werden solle, konnte sich im übrigen aber den Bedenken des Ausschusses für Wirtschaftspolitik nicht anschließen. Die durch Weiterzahlung der Abgaben an Gemeinden unter 3000 Einwohnern erforderliche Summe ist so ge- ring, daß dadurch eine Preiserhöhung bei Stromabnehmern und eine Beeinträchtigung der erforderlichen Investitionen nicht gegeben erscheint. Aus diesem Grunde und aus der Tatsache heraus, daß die Aufhebung der ungleichen Behandlung der Gemeinden unter 3000 Einwohnern dringend ist, konnte der Ausschuß eine Hinausschiebung dieser Beseitigung der ungleichen Behandlung bis zu einer generellen Neuregelung des gesamten Konzessionsabgabewesens nicht vertreten, zumal gerade die kleinen Gemeinden durch die Neuregelung des Gewerbesteuergesetzes am schwersten getroffen werden. Zur Beseitigung der ungleichen Behandlung der Gemeinden stellt er daher den Antrag, den Gesetzentwurf in der Fassung der Ausschußbeschlüsse anzunehmen. Bonn, den 29. November 1956 Lahr Berichterstatter Anlage 10 Drucksache 2886 (Vgl. S. 9811 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP, FVP betreffend Gutachten zur Reform der Rentenversicherung (Drucksache 2802). Berichterstatter: Abgeordneter Bals Der Deutsche Bundestag hat in seiner 165. Sitzung am 24. Oktober 1956 dem Ausschuß für Sozialpolitik neben dem obenbezeichneten Antrag die Anträge der Fraktion der FDP betr. Gutachten zur Rentenreform — Drucksache 2791 — und der Fraktion der SPD betr. Unterlagen zur Rentenreform — Drucksache 2804 — zur Behandlung überwiesen. Bei der Beratung im Ausschuß bestand die Fraktion der FDP auf ihrer Forderung. Der Antrag der Fraktion der SPD wurde von den Regierungsparteien als zu ungenau bezeichnet. Es konnte eine Einigung im Ausschuß dahingehend erzielt werden, daß die Bundesregierung aufgefordert wurde, die in der Anlage A ersichtlichen Unterlagen den Ausschußmitgliedern zugänglich zu machen. Daraufhin war eine Behandlung des Antrages der Fraktion der SPD nicht mehr notwendig. Bonn, den 12. November 1956 Bals Berichterstatter Anlage A Zu den versicherungstechnischen und volkswirtschaftlichen Unterlagen über die Rentenreform gehören neben dem Memorandum der Bank deutscher Länder vom Februar und der Denkschrift vom September 1956 zur Rentenreform sowie dem Gutachten des Versicherungsmathematikers Dr. Heubeck und der Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit hierzu: 1. Gegliederte Zahlenangaben über die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben sowie des Vermögens der Rentenversicherungen der Arbeiter, der Angestellten, der knappschaftlichen Rentenversicherung für die Jahre 1953, 1954 und 1955; ferner die Voranschläge der Rentenversicherungen für das Jahr 1956; (Bals) 2. Unterlagen des Statistischen Bundesamtes über die Entwicklung der Durchschnittsverdienste der Arbeitnehmer; 3. Berechnungsunterlagen für Teil C (Finanzieller Teil) der Begründung zum Regierungsentwurf, und zwar a) Berechnungsunterlagen über die Zahl der Renten, die den Aufwandsberechnungen zugrunde liegen, b) Berechnungsunterlagen über die Entwicklung der Durchschnittsbeträge der Renten für 1956, 1957 sowie die Zeiträume, für die laut Begründung eine Vorausberechnung durchgeführt wurde, c) Berechnungsunterlagen über die Zahl der Versicherten, Gestaltung der Beitragseinnahmen und der Bundesmittel; 4. Testberechnungen der Träger der Rentenversicherungen über die Auswirkungen der Umstellungstabellen zum Regierungsentwurf. Das Material muß auch Angaben darüber enthalten, nach welchen Gesichtspunkten die Auswahl der umgerechneten Renten erfolgte, z. B. Alter, Geschlecht, Beruf, Versicherungsdauer; 5. Unterlagen zur Rentenreform, die dem Beirat zur Neuordnung der sozialen Leistungen vom Bundesarbeitsministerium zur Verfügung gestellt wurden; 6. Berechnungen über Auswirkungen der Rentenreform auf andere Titel des Bundeshaushalts, z. B. Kriegsopferversorgung, Arbeitslosenhilfe, Kriegsfolgenhilfe; Berechnungen über Auswirkungen auf die Ausgaben der Fürsorge und nach dem Lastenausgleichsgesetz; Berechnungen über Erhöhung der Steuereinnahmen durch den erhöhten Rentenaufwand einschließlich Umsatzsteuer, Verbrauchsteuer und Bundesanteil an der Einkommensteuer; 7. Berechnungen des voraussichtlichen Aufwandes bei einer entsprechenden Neuregelung der knappschaftlichen Rentenversicherung. Anlage 11 Drucksache 2885 (Vgl. S. 9832 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der öffentlichen Fürsorge (13. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Drucksache 1594). Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Niggemeyer I. Allgemeines Der Entwurf eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen — Drucksache 1594 — wurde in erster Lesung am 13. Juli 1953 im Plenum des Bundestags behandelt und ohne Begründung und Debatte dem Ausschuß für Fragen der öffentlichen Fürsorge (13. Ausschuß) federführend und dem Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens (14. Ausschuß) mitberatend überwiesen. Mit der Vorlage des Gesetzes trug die Bundesregierung einem bereits am 4. April 1951 einstimmig gefaßten Beschluß des Bundestags Rechnung, der sie ersuchte, einen dem Antrag — Drucksache 1869 — entsprechenden Entwurf vorzulegen. Der federführende Ausschuß beschäftigte sich in 26 Sitzungen mit dem Gesetzentwurf. In ihrer schriftlichen Begründung betont die Bundesregierung, daß der Gesetzentwurf umfangreiche und komplizierte teils auf medizinischem, teils auf sozialrechtlichem Gebiet liegende Fragenbereiche berühre, die bedingt hätten, zeitraubende Abstimmungen mit den verschiedenen Ressorts herbeizuführen und sich über die Materie mit interessierten Fachverbänden auseinanderzusetzen. Diese Tatsache veranlaßte den federführenden Ausschuß zu einer gründlichen Vorbereitung auf die Beratung des Gesetzentwurfs im einzelnen, d. h. zu einer Einführung in die verschiedenartigen Probleme der Materie. Dazu dienten Filmvorführungen über Heilmethoden an Körperbehinderten, über die Arbeitstherapie und die Rehabilitation. Besichtigungen von Anstalten für Körperbehinderte verschiedener Träger vertieften die schon gewonnenen Erkenntnisse. Durch Anhören von Sachverständigen aller am Gesetz interessierten Gruppen und Verbände gewann der Ausschuß einen Überblick sowohl über verschiedenartige Auffassungen zum Gesamtproblem wie über etwaige Ergänzungs- und Verbesserungswünsche. An Anstalten wurden besichtigt: Das Oskar-Helene-Heim in Berlin, die Orthopädische Heil-, Lehr-und Pflegeanstalt in Volmarstein (Ruhr), die Heime der Josefsgesellschaft in Bigge und Erwitte, das Versorgungskrankenhaus und die Landes-Versehrten-Berufsfachschule Bad Pyrmont. Das Sprachheilheim Großburgwedel konnte im Rahmen der Besichtigungsfahrt nicht aufgesucht werden. Die Leiterin des Heimes, Frau Craney, führte aber im Versorgungskrankenhaus in Bad Pyrmont einige Kinder vor und demonstrierte, welche Fortschritte bei Seelentauben und Hörstummen bei längerer, eingehender Behandlung möglich sind. Die verschiedenen Besichtigungen führten die beteiligten Mitglieder des Ausschusses zu den Kernfragen des Gesetzes, überzeugten sie von der Notwendigkeit einer neuen gesetzlichen Regelung der Fürsorge für Körperbehinderte, die weitgehend die rechtzeitigen und umfassenden medizinischen Maßnahmen sichert, die notwendige schulische Ausbildung, das Hinführen zu einem Beruf durch Lehrausbildung oder Umschulung, und so weit wie möglich die Eingliederung in das Erwerbsleben gewährleistet. Gleichzeitig erkannten sie die Bedeutung einer im Gesetz zu verankernden Siechenpflege, also die Sorge um jene Behinderte, bei denen eine Eingliederung nicht möglich ist, weil sie dauernd an die Anstalt gebunden sind, und ferner, daß es Pflicht des Gesetzgebers und der mit der Durchführung betrauten Stellen sei, diesen Betroffenen ihr Leiden durch Gewährung angemessener Bildung und Pflege zu erleichtern. Als Sachverständige zum Gesetz wurden in verschiedenen Sitzungen gehört: Die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, Landkreistag und Städtetag, die Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Landesfürsorgeverbände, als Vertreter der Versehrtenverbände der Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands (VdK) und der Reichsbund der Kriegs-und Zivilbeschädigten, Sozialrentner und Hinterbliebenen, außerdem die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Als (Frau Niggemeyer) Vertreter der Ärzteschaft wurden die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung gehört. Der Ausschuß hat in seinen Beratungen zu den von den verschiedenen Sachverständigen vorgetragenen Gedanken bzw. Änderungswünschen Stellung genommen. In einer umfangreichen Grundsatzdebatte ergab sich im Ausschuß Einstimmigkeit über folgende Fragen: Die Notwendigkeit der Schaffung eines Gesetzes für Körperbehinderte ist bedingt durch die Uneinheitlichkeit der rechtlichen Bestimmungen über die Fürsorge für Körperbehinderte in den verschiedenen Bundesländern. Der Ausschuß folgte in seiner Entschlußbildung der dem Gesetz beigefügten Begründung der Bundesregierung und anerkannte die Vordringlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung vor der Durchführung einer allgemeinen Sozialreform. Der Ausschuß sieht einmütig im vorliegenden Gesetz ein Teilstück der Sozialreform wegen seines umfassenden Ziels, das unter Mitbeteiligung aller berufenen Stellen bei Festlegung des Heil- und Eingliederungsplans angestrebt wird. So kann der vorliegende Entwurf als eine Art Modellgesetz für alle noch folgenden Gesetze gelten, die sich mit der Rehabilitation oder Eingliederung befassen. Um die materiellen Grundlagen des Heil- und Eingliederungsplans zu schaffen, bestand im Ausschuß keine Meinungsverschiedenheit darüber, daß es notwendig sei, die Maßstäbe der Bedürftigkeit entgegen den bisher im Fürsorgerecht geltenden Bestimmungen — vor allem bei stationärer Behandlung des Behinderten — wesentlich zu ändern. Er glaubte, der allgemeinen Reform des Fürsorgerechtes hier Wegbereiter zu sein. Allerdings sah sich der Ausschuß außerstande, die Bemessungsgrundlage der Bedürftigkeit, die bei stationärer Behandlung gilt, auch für die ambulante Behandlung festzulegen. Er sah in der Tatsache, daß durch die Anhebung der Bedürftigkeitsgrenze bei stationärer Behandlung auf die Versicherungspflichtgrenze der Krankenversicherung der Angestellten ein bedeutend größerer Personenkreis in die Betreuung nach diesem Gesetz einbezogen wird, eine wesentliche Verbesserung der Fürsorge für Körperbehinderte. Versorgungsrechtliche Bestimmungen für Behinderte glaubte der Ausschuß nicht einbauen zu können, weder eine dem Grade der Behinderung entsprechende Rente, noch ein in seiner Höhe festgelegtes Pflegegeld. Er sieht es als gegeben an, daß einem individuell jeweils verschiedenen Bedarf oder Mehrbedarf an Pflege fürsorgerechtlich Rechnung zu tragen ist und getragen werden kann. Dem von verschiedenen Stellen vorgebrachten Anliegen stattzugeben, hinsichtlich der Beschaffung eines Arbeitsplatzes eine Gleichstellung der Körperbehinderten mit den Schwerbeschädigten durch Unfall oder Krieg in diesem Gesetz zu verankern, sah sich der Ausschuß trotz der Bedeutung dieser Frage außerstande, da diese Frage nicht in einem Fürsorgegesetz, sondern im Schwerbeschädigtengesetz geregelt werden müßte. Auch dem in einer Eingabe des Deutschen Gewerkschaftsbundes vorgetragenen Wunsch nach Festlegung eines Sonderurlaubs für Körperbehinderte im Sinne dieses Gesetzes konnte der Ausschuß nicht Rechnung tragen, weil in einem Fürsorgegesetz keine arbeitsrechtlichen Bestimmungen verankert werden können. Der Ausschuß für Fragen der öffentlichen Fürsorge sah neben der materiellen Sicherung der Ziele des Gesetzes als ein Kernstück die Verankerung der Meldepflicht verschiedener Personenkreise zur frühzeitigen Erfassung von Körperbehinderten oder von einer Körperbehinderung bedrohten Personen an und sprach sich dementsprechend für eine Meldepflicht aus. Der Ausschuß schloß seine zweite Lesung am 13. September ab. Sämtliche Paragraphen wurden in der in der ersten und zweiten Lesung erarbeiteten Fassung einstimmig angenommen mit Ausnahme des § 14, bei dem zwei Mitglieder sich wegen des nicht erfolgten Einbaues eines Pflegegeldes der Stimme enthielten. Die dritte Lesung wurde zurückgestellt, bis die Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens vorlag. Der 14. Ausschuß hat sich in fünf Sitzungen mit dem Gesetzentwurf befaßt, insbesondere mit den §§ 3, 4 und 5, also den Fragen der Meldepflicht, der Organisation und der Aufgabe der ärztlichen Stellen. Seine dem federführenden Ausschuß vorgelegte Stellungnahme sah in diesen drei Paragraphen Änderungen vor. Die Bedenken des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens bezüglich des § 3 waren vor allem aus der Befürchtung entstanden, eine ohne Einverständnis des Patienten erfolgte Meldung könne das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient stören. Der federführende Ausschuß hat in echter Sorge auch um dieses Problem den Änderungsvorschlägen des mitberatenden Ausschusses weitgehend Rechnung getragen. Er erkennt an, daß in dem Voranstellen der Pflichten der Eltern, Pfleger und Vormünder im Absatz 1 eine Verbesserung der Fassung des § 3 zu sehen ist. Bezüglich des § 3 Abs. 3 nahm der Ausschuß zur klareren Herausstellung der Aufgaben der Ärzte eine Aufgliederung vor. Er sah sich aber veranlaßt, den vom Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens gestrichenen Absatz 6 des § 3 wieder einzufügen, der festlegt, wann von einer Meldung abgesehen werden kann. Die Ausnahmebestimmung wurde jedoch auf die Ärzte beschränkt. Der federführende Ausschuß konnte sich nicht entschließen, der vom mitberatenden Ausschuß gewählten Überschrift des § 3 zuzustimmen, die lautete: „Einleitung ärztlicher und fürsorgerischer Maßnahmen". Er sah in dieser Formulierung eine Vorwegnahme der organisatorischen Fragen, die in den §§ 4 ff. behandelt werden. Er beschloß, die vorgeschlagene Überschrift durch das Wort „Meldepflicht" zu ersetzen. In der dritten Lesung des Gesetzes erfolgte die einstimmige Annahme aller Paragraphen und des Gesamtgesetzes. H. Die Bestimmungen im einzelnen Zu den beschlossenen Änderungen ist im einzelnen folgendes zu bemerken: Die Änderung der Überschrift des Gesetzes durch Hinzufügen des Wortes „(Körperbehindertengesetz)" erfolgte, um im allgemeinen Sprachgebrauch eine Vereinfachung herbeizuführen. (Frau Niggemeyer) Zu §1 Die Absätze 1 und 2 enthalten die Begriffsbestimmung des Körperbehindertseins für das Wirksamwerden der Hilfsmöglichkeiten dieses Gesetzes und unterscheiden Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen. Die Änderung im Absatz 1 ist nur redaktioneller Art. Absatz 3 schließt zwei Personengruppen Behinderter aus, denen durch sozialrechtliche Träger Hilfe zuteil wird. Zu § 2 Der Ausschuß entschloß sich, dem Wunsche des Bundesrates zu Absatz 1 Rechnung zu tragen und im Satz 1 nach dem Wort „beseitigen" das Wort „insbesondere" einzufügen. Der Bundesrat hatte die Streichung des Absatzes 2 gewünscht; die Bundesregierung schlägt in ihrer Stellungnahme die Änderung des Wortes „gemeinsame Aufgaben" in „gemeinsames Anliegen" vor (siehe Drucksache 1594 Anlage 3 Nr. 3 Buchstabe b). Der Ausschuß war sich darin einig, nur die mögliche Deutung des Wortes „Aufgaben" als Verwaltungsaufgaben könne ihn bewegen, auf die ursprüngliche Regierungsfassung zu verzichten. Zu § 3 Der Absatz 1 des Regierungsentwurfs entfällt. Der vom Ausschuß beschlossene neue Absatz 1 a entspricht dem Absatz 5 der Regierungsvorlage, der damit entfällt. Absatz 2 enthält eine Zusammenstellung des Personenkreises — außer Ärzten —, der verpflichtet ist, Eltern, Pfleger oder Vormünder zur Verpflichtung nach Absatz 1 a anzuhalten und gegebenenfalls selbst Meldung zu erstatten. Entgegen der Regierungsvorlage sind Fürsorgepersonen der freien Wohlfahrtsverbände von der Verpflichtung nach § 3 ausgenommen. Diese Änderung, der die Bundesregierung zugestimmt hat, erfolgte auf Wunsch des Bundesrates. Absatz 3 regelt in den Buchstaben a bis e die Aufgaben der Ärzte im Rahmen der Meldepflicht. Der Absatz 4 wurde gestrichen. Zu den Absätzen 5 und 6 siehe das oben Gesagte. Zu §4 Beide beteiligten Ausschüsse beschlossen, in Absatz 1 festzulegen, daß der Landesarzt über besondere Erfahrungen auf dem Gebiete der Körperbehindertenfürsorge verfügen soll. Der Absatz 2 entspricht in seiner Fassung dem Vorschlag des Bundesrates. Zu § 5 Absatz 1 Buchstabe a erfuhr nur eine redaktionelle Änderung. In Absatz 2 erfolgte eine Umstellung der Festlegung der Aufgaben der ärztlichen Beratungsstellen. Buchstabe b wurde Buchstabe a, umgekehrt Buchstabe a zu Buchstaben b1 und cl, weil eine Erfassung der Körperbehinderten an den Sprechtagen der Einleitung ärztlicher Maßnahmen vorangehen muß. Die Unterscheidung der verschiedenen Heilverfahren (stationär oder ambulant) in Buchstabe b1 für Personen, die wegen ihres Leidens noch nicht in ärztlicher Behandlung stehen, sowie die Unterscheidung von den Personen in Buchstabe cl, die schon behandelt wurden und zusätzlicher ärztlicher Maßnahmen bedürfen, erfolgte auf Vorschlag des mitberatenden Ausschusses. Buchstabe d bleibt unverändert. Die Änderung in Buchstabe e besteht in der Umschreibung des Wortes „Heilplan" in „Heil- und Eingliederungsplan". Der mitberatende Ausschuß wünschte statt dessen das Wort „Rehabilitationsplan", dem sich der federführende Ausschuß jedoch nicht anschloß. Die Formulierung: „Versorgung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln" entspricht der Formulierung im Bundesversorgungsgesetz. Sie wurde gewählt, um die Einheitlichkeit gleicher Begriffe in verschiedenen Gesetzen zu sichern. Die Änderung in Buchstabe f ist formaler Natur. Die Bestimmung des Buchstabens g wurde vom federführenden Ausschuß zunächst gestrichen, auf Grund der Empfehlung des mitberatenden Aus-. schusses für das Gesundheitswesen jedoch wieder eingefügt und wie folgt ergänzt: „zur wissenschaftlichen Auswertung der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen". Wegen der in der neuen Fassung angegebenen Zweckbestimmung stimmte der federführende Ausschuß zu. Die Änderung des Absatzes 3 folgt aus den in Absatz 2 Buchstaben b1 und c1 vorgenommenen Änderungen und ist redaktioneller Art. Absatz 4 entfällt, da seine Bestimmungen sinngemäß in Absatz 2 Buchstaben c1 und e enthalten sind. Zu § 6 Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung. Zu § 7 Diese redaktionellen Änderungen ergeben sich aus der Neufassung des § 5 Buchstabe e. Zu § 9 Diese Bestimmung sichert die freie Entscheidung des Körperbehinderten über die Art seiner Behandlung. Durch die Einfügung des Wortes „unverzüglich" im letzten Satz soll sichergestellt werden, daß das Heilverfahren durchgeführt wird, selbst wenn der Kostenträger noch nicht ermittelt ist. Zu §§ 13 und 16 Es handelt sich um Änderungen redaktioneller Art, die sich aus § 5 Buchstabe e ergeben. Zu § 17 Mit dieser Änderung folgte der Ausschuß dem Vorschlag des Bundesrates bzw. des Landes Berlin (siehe Stellungnahme der Bundesregierung zu § 10 — Drucksache 1594 Anlage 3). Bonn, den 19. November 1956 Frau Niggemeyer Berichterstatterin Anlage 12 Umdruck 856 (Vgl. S. 9842 B) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Moerchel, Frau Dr. Steinbiß, Frau Dr. h. c. Weber (Aachen), Fraktionen der FVP, DP und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Drucksachen 2885, 1594). Der Bundestag wolle beschließen: § 3 erhält folgende Fassung: § 3 Einleitung ärztlicher und fürsorglicher Maßnahmen (1) Eltern, Vormünder und Pfleger sind verpflichtet, die ihrer Sorge anvertrauten Personen unverzüglich einem Arzt vorzustellen, wenn sie bei ihnen eine Körperbehinderung oder die drohende Gefahr einer solchen wahrnehmen, dies gilt auch für Personen, denen die Sorge oder Obhut, wenn auch nur zeitweise, übertragen ist. (2) Hebammen und andere Medizinalpersonen, Lehrer und Fürsorger, die bei Ausübung ihres Berufs eine Körperbehinderung oder die drohende Gefahr einer solchen wahrnehmen, haben die Sorgepflichtigen zur Erfüllung ihrer Verpflichtung nach Absatz 1 anzuhalten. Sie sind verpflichtet, dem Gesundheitsamt Meldung zu erstatten, wenn die Sorgepflichtigen ihrer Verpflichtung nicht nachkommen. (3) Ärzte sind verpflichtet, Personen mit Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 im Falle ihrer Minderjährigkeit deren Eltern oder sonstige Sorgepflichtigen über die Notwendigkeit oder Möglichkeit einer ärztlichen Behandlung zu belehren und sie ,durch Aushändigung eines Merkblattes über die Hilfsmöglichkeiten nach diesem Gesetz zu unterrichten. Personen nach Absatz 1 sind dazu anzuhalten, unverzüglich die Beratungsstelle des Gesundheitsamtes aufzusuchen; sind sie einverstanden, benachrichtigt der Arzt von sich aus das Gesundheitsamt. Besteht der begründete Verdacht, daß im Falle der Minderjährigkeit die Eltern oder sonstige sorgepflichtige Personen zum Nachteil ihrer Pflegebefohlenen ihre Pflicht versäumen, so hat der Arzt auch ohne deren Einverständnis das Gesundheitsamt zu benachrichtigen. Bonn, den 4. Dezember 1956 Dr. Moerchel Frau Dr. Steinbiß Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) Barlage Bauer (Wasserburg) Blank (Dortmund) Dr. Conring Becker (Pirmasens) Demmelmeier Dr. Dresbach Friese Dr. Graf Henckel Kemper (Trier) Kramel Kunze (Bethel) Lücke Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) Dr. Pferdmenges Ruf Schneider (Hamburg) Schüttler Spies (Emmenhausen) Stiller Winkelheide Frau Kalinke Matthes Dr. Brühler und Fraktion Dr. Berg Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Anlage 13 Umdruck 857 (Vgl. S. 9832 B, 9836 D, 9842 C ff., 9849 A) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Drucksachen 2885, 1594). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Dem § 1 Abs. 1 wird folgender neuer Satz angefügt: Es findet keine Anwendung auf Personen mit altersbedingten Abnutzungserscheinungen. 2. In § 3 a) erhält die Überschrift folgende Fassung: „Einleitung ärztlicher und fürsorgerischer Maßnahmen"; b) erhält Abs. 2 letzter Satz folgende Fassung: Sie sind verpflichtet, das Gesundheitsamt zu benachrichtigen, wenn die Verpflichtung nach Absatz 1 a nicht erfüllt wird. c) erhält Abs. 3 folgende Fassung: (3) Ärzte sind verpflichtet, Personen mit Schädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 a) über die Notwendigkeit oder Möglichkeit einer ärztlichen Behandlung aufzuklären, b) durch Aushändigung eines amtlichen Merkblattes über die Hilfsmöglichkeiten nach diesem Gesetz zu unterrichten, c) bei ihrem Einverständnis das Gesundheitsamt zu benachrichtigen. Sind Personen mit Schädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 minderjährig oder stehen sie unter Vormundschaft oder Pflegschaft, so obliegen den Ärzten die in Satz 1 genannten Pflichten gegenüber Eltern, Vormündern oder Pflegern. Der Arzt hat das Gesundheitsamt, auch ohne Einverständnis der Eltern, Vormünder oder Pfleger, unverzüglich zu benachrichtigen. 3. In §5 a) beginnt Absatz 2 wie folgt: (2) Aufgaben der ärztlichen Beratung für Körperbehinderte bei den Gesundheitsämtern sind, b) wird folgender neuer Abs. 4 angefügt: (4) Freiberuflich tätige Ärzte, welche Personen nach § 1 Abs. 1 oder 2 behandeln, können beim Landesarzt ein Heilverfahren entsprechend Absatz 2 Buch- stabe b 1 beantragen. Der Landesarzt hat bei seiner Entscheidung über den Heil-plan den Fürsorgeverband und im Hinblick auf die spätere berufliche Eingliederung in das Erwerbsleben die zuständige Dienststelle der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu beteiligen. 4. § 7 Abs. 1 erhält folgende Fassung: (1) Die Landesfürsorgeverbände sollen Mittelpunkt aller auf die Fürsorge für Körperbehinderte nach diesem Gesetz abzielenden Maßnahmen sein; bei ihnen sollen beratende Arbeitsgemeinschaften mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege, den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen, den übrigen Trägern der Sozialversicherung, den mit der Durchführung des Schwerbeschädigtengesetzes beauftragten Stellen sowie den Verbänden, die nach der Zusammensetzung ihrer Mitgliedschaft dazu berufen sind, die Interessen der Körperbehinderten auf Bundesebene zu vertreten, gebildet werden. 5. In § 9 a) erhält die Überschrift folgende Fassung: Verpflichtung des Landesfürsorgeverbandes bei Gewährung eines Heilverfahrens; Festsetzung einer Beitragspflicht, b) erhält Abs. 1 folgende Fassung: (1) Wird gemäß § 5 Abs. 2 oder Abs. 4 ein Heilverfahren festgelegt und will sich die in § 1 Abs. 1 oder 2 genannte Person diesem unterziehen, so hat der Landesfürsorgeverband dieses Heilverfahren unverzüglich zu gewähren. 6. In § 10 a) werden in Buchstabe a nach den Worten „die Verdienstgrenze erhöht sich" die Worte „für die erste Person im Haushalt um 20 v. H. und" eingefügt und die Worte ,,, jedoch höchstens um 50 v. H." gestrichen; b) erhält Buchstabe c folgende Fassung: c) Einsparungen an häuslichen Auf wendungen während der Dauer des stationären Heilverfahrens, wenn es sich über mehr als drei Monate erstreckt. 7. § 13 erhält folgende Fassung: § 13 Regelung der Hilfe bei orthopädischer Versorgung sowie bei Maßnahmen zur Erziehung, Herstellung der Erwerbsfähigkeit und zur Berufsförderung. Für die Versorgung mit Körperersatzstücken sowie größeren orthopädischen und anderen Hilfsmitteln und für Maßnahmen zur Erziehung, zur Herstellung der Erwerbsfähigkeit, zur Berufsausbildung, Fortbildung oder Umschulung sind die Bestimmungen der §§ 9 bis 12 entsprechend anzuwenden. 8. § 14 entfällt. 9. § 15 entfällt. 10. § 16 Abs. 1 erhält folgende Fassung: (1) In § 25 Abs. 4 der Verordnung über die Fürsorgepflicht vom 13. Februar 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 100) in der Fassung des Gesetzes über die Änderung und Ergänzung fürsorgerechtlicher Bestimmungen vom 20. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 967) wird folgender Buchstabe g eingefügt: g) die nicht durch Beitrag gemäß § 9 Abs. 2 gedeckten Kosten des Heilverfahrens und der Leistungen für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen nach § 13 des Gesetzes vom ... (Bundesgesetzbl. I S. ) Bonn, den 4. Dezember 1956 Mellies und Fraktion Anlage 14 Umdruck 863 (neu) (Vgl. S. 9833 C, 9842 B) Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Drucksachen 2885, 1594). Der Bundestag wolle beschließen: § 3 erhält folgende Fassung: § 3 Vorstellungs- und Belehrungspflicht (1) Eltern, Vormünder und Pfleger sind verpflichtet, die ihrer persönlichen Sorge unterstehenden Personen unverzüglich einem Arzt vorzustellen, wenn sie bei ihnen eine Körperbehinderung oder die drohende Gefahr einer solchen wahrnehmen; dies gilt auch für Personen, denen die Erziehung oder Obhut, wenn auch nur zeitweise, übertragen ist. (2) Hebammen und andere Medizinalpersonen, Lehrer und Fürsorgepersonen, letztere, soweit sie nicht für freie Wohlfahrtsverbände tätig sind, haben Eltern, Vormünder oder Pfleger zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach Absatz 1 anzuhalten, wenn sie bei Ausübung ihres Berufes eine Körperbehinderung oder die drohende Gefahr einer solchen wahrnehmen. Sie können das Gesundheitsamt benachrichtigen, wenn die Verpflichtungen nach Absatz 1 nicht erfüllt werden. (3) Ärzte sind verpflichtet, Personen mit Schädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 a) über die Notwendigkeit oder Möglichkeit einer ärztlichen Behandlung zu belehren; b) durch Aushändigung eines Merkblattes über die Hilfsmöglichkeiten nach diesem Gesetz zu unterrichten; c) dazu anzuhalten, die Beratungsstelle des Gesundheitsamtes aufzusuchen, wenn Maßnahmen der Fürsorge nach § 2 Abs. 1 angezeigt sind. Sind Personen mit Schädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 minderjährig oder stehen sie unter Vormundschaft oder Pflegschaft, so obliegen den Ärzten die in Satz 1 genannten Pflichten gegenüber den Eltern, Vormündern oder Pflegern. Bonn, den 5. Dezember 1956 Dr. Hammer Frau Friese-Korn Dr. Dehler und Fraktion Anlage 15 Umdruck 873 (Vgl. S. 9842 B, 9844 C ff. 9848 A) Änderungsantrag der Fraktion des GB/BHE zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Drucksachen 2885, 1594). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In §3 a) erhält die Überschrift folgende Fassung: „Einleitung ärztlicher und fürsorgerischer Maßnahmen"; b) sind in Abs. 2 letzter Satz die Worte „dem Gesundheitsamt Meldung zu erstatten" zu ersetzen durch die Worte „das Gesundheitsamt zu benachrichtigen"; c) erhält Abs. 3 folgende Fassung: (3) Ärzte sind verpflichtet, Personen mit Schädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 a) über die Notwendigkeit oder Möglichkeit einer ärztlichen Behandlung aufzuklären, b) durch Aushändigung eines Merkblattes über die Hilfsmöglichkeiten nach diesem Gesetz zu unterrichten, c) bei ihrem Einverständnis das Gesundheitsamt zu benachrichtigen. Sind Personen mit Schädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 minderjährig oder stehen sie unter Vormundschaft oder Pflegschaft, so obliegen den Ärzten die in Satz 1 genannten Pflichten gegenüber den Eltern, Vormündern der Pflegern. Der Arzt hat das Gesundheitsamt zu benachrichtigen, wenn Eltern, Vormünder oder Pfleger eine notwendige ärztliche Behandlung nicht veranlassen oder die Behandlung vernachlässigen oder wenn sie zum Nachteil ihrer Pflegebefohlenen notwendige Maßnahmen der Fürsorge nach § 2 Abs. 1 nicht in Anspruch nehmen. 2. In § 9 Abs. 1 sind die Worte „in einer Anstalt" und die Worte „einschließlich der außerhalb der Anstalt durchzuführenden Maßnahmen" zu streichen. 3. § 10 Buchstabe c erhält folgende Fassung: c) Einsparungen an häuslichen Aufwendungen während des stationären Heilverfahrens, sofern dieses länger als zwei Monate dauert. 4. In § 15 erhält der letzte Satzteil folgende Fassung: so kann der Fürsorgeverband die Gewährung der Leistungen nach Stellungnahme der behandelnden Ärzte und nach Anhörung der Betroffenen ganz oder teilweise versagen. Bonn, den 6. Dezember 1956 Dr. Reichstein Feller und Fraktion Anlage 16 (Vgl. S. 9832 A) Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. Reichstein (GB/BHE) zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Drucksache 1594). Meine Fraktion begrüßt das vorliegende Gesetz. Es bringt eine bundeseinheitliche fürsorgerechtliche Regelung für körperbehinderte Menschen, die weder durch Maßnahmen der Reichsversicherungsordnung noch des Bundesversorgungsgesetzes betreut werden können. Es handelt sich dabei wohl um etwa 200 000 Menschen. Ihre Zahl wird voraussichtlich kaum geringer werden. Es sind Menschen, die auf diese Welt kommen mit einem körperlichen Leiden, das nicht nur das Lebensglück, sondern auch ihre spätere soziale Stellung, insbesondere aber ihre Erwerbsmöglichkeiten beeinträchtigt. Es sind Menschen, die als Folge von Krankheiten, insbesondere Infektionskrankheiten, körperbehindert bleiben — hier ist insbesondere die spinale Kinderlähmung zu nennen und die Bundesregierung an Maßnahmen anderer Staaten zur Verhütung und Abschwächung dieser Krankheit zu erinnern —, und es sind nicht zuletzt Menschen, die Opfer eines der unmenschlichen Züge unserer Zeit werden: Menschen, die dem hetzenden Verkehr zum Opfer fallen. Etwa 10 000 Tote und 300 000 Verletzte sind die jährliche Bilanz dieses „Fortschrittes" der Menschheit. Von den Verletzten müssen viele als Körperbehinderte weiterleben. Das Gesetz will nicht nur alle mögliche Hilfe zur Heilung und Besserung sichern, sondern es berücksichtigt in seinen Maßnahmen insbesondere die Tatsache, daß diese Menschen bei oft normaler Lebensdauer besonders in ihrer sozialen Existenz bedroht sind. Denn solche Erkrankungen erschweren nicht nur eine angemessene soziale Stellung, sie bringen auch ganze Familien in Not, die ohne ein derartiges Schicksal eines ihrer Mitglieder nie hilfsbedürftig geworden wären. Die Behandlung solcher Erkrankungen ist oft sehr langdauernd und kostspielig und besonders drückend dann, wenn sie nur noch das Ziel haben kann, vor einem Siechtum zu bewahren. Es sollte aber auch ein Wort gesagt werden über die allgemeine Bedeutung eines solchen Gesetzes in unserer Zeit, eines Gesetzes, das dem einzelnen krankgewordenen Menschen Hilfe bringen will in einer Zeit, fast möchte man sagen, in einem Zeitalter des Automatismus des Tötens ganzer Völker, der Selbstvernichtung des Menschlichen im Menschen. Es ist ein Gesetz, in dem die Pflicht der Menschlichkeit formuliert wird in einer Zeit, von der Thomas Mann 1955 sagte, daß in ihr der Gedanke an die Ehre der Menschheit und der Humanität längst aufgehört habe, eine Verhaltensregel zu sein. Bei der abschließenden Beratung dieses Gesetzes kommt es uns wohl auch zu, von dieser Stelle aus einmal allen denen zu danken, welche die Hilfeleistung für diese kranken Menschen als den Inhalt ihres eigenen Lebens betrachten und in unserem „beschädigten Leben" — um es mit einem Wort Nietzsches zu sagen — das „Bild des Menschen wieder aufrichten, indem sie der Menschlichkeit ihre Wächter- und Ritterdienste widmen". (Dr. Reichstein) Bei der Beschlußfassung über dieses Gesetz möge es uns auch erneut bewußt werden, daß die sittliche Größe eines Volkes nicht zu ermessen ist an der Kraft seiner Wehrmacht, am Einfluß seiner Regierung oder an der Fülle der Wunder seiner Wirtschaft, sondern daß vielmehr daran, wie ein Volk sich seinen alten und kranken Menschen gegenüber verhält, seine sittliche Größe in Wahrheit zu erkennen ist. Meine Fraktion wird diesem Gesetz gern ihre Zustimmung geben. Bonn, den 5. Dezember 1956 Dr. Reichstein Anlage 17 Umdruck 861 (Vgl. S. 9852 B, C) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, FVP, DP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (Drucksachen 2888, 2637). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel I Nr. 11 Buchstabe a ist in § 10 Abs. 2 dem Satz 2 nach den Schlußworten „zu bewilligen" der Halbsatz ,,, soweit nicht von den Landesregierungen andere Behörden bestimmt werden." anzufügen. Bonn, den 5. Dezember 1956 Dr. Krone und Fraktion Mellies und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Feller und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Anlage 18 Umdruck 862 (Vgl. S. 9851 D, 9852 C) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (Drucksachen 2888, 2637). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel I Nr. 10 sind in § 9 a Abs. 1 die Worte „innerhalb von sechs Monaten" zu streichen. Bonn, den 5. Dezember 1956 Mellies und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich von Brentano


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, bevor ich auf die Einzelheiten der Großen Anfrage und der Anträge eingehe, einige kurze Vorbemerkungen.
    Ich bitte Sie, Herr Kollege Kalbitzer, davon überzeugt zu sein, daß ich selbstverständlich selbst kommen wollte und daß ich nur gebeten hatte, Verständnis dafür zu haben, daß heute der Staatsbesuch mich etwas über Gebühr in Anspruch nimmt. Aber ich bitte Sie auch, mir zu glauben, daß, wenn der Staatssekretär des Amtes hier spräche, er sicherlich in der gleichen Art sprechen würde wie ich. Aber ich begrüße es, daß ich selbst sprechen kann, meine Damen und Herren, denn ich glaube, daß die Darlegungen, die gerade zur Begründung dieser Anfrage gemacht wurden, mir guten Anlaß geben, einige Fragen zu beantworten.
    Ich möchte zunächst eines feststellen. Ich glaube, daß wir uns doch in einer Frage unterscheiden. Der Herr Kollege Kalbitzer hat in seiner Begründung der Großen Anfrage davon gesprochen, es sei ein deutscher Irrtum, politische Bedeutung mit militärischer Bedeutung zu verwechseln. Erlauben Sie mir zu sagen: Es mag sein, daß das einmal ein deutscher Irrtum war. Es ist heute kein Irrtum mehr. Wir wissen um den Unterschied zwischen politischer und militärischer Bedeutung sehr wohl. Aber wenn ich Ihnen eine Antwort geben darf, Herr Kollege Kalbitzer: wir wissen auch um den Unterschied zwischen Politik und Wirtschaft, und wir sind nicht der Meinung, daß wir Politik um der Wirtschaft willen zu treiben haben.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Sie haben dann meinen Kollegen Strauß zitiert. Meine Damen und Herren, ich glaube, mein Kollege Strauß wird jederzeit selbst in der Lage sein, seine Außerungen zu erklären. Ich meine, wenn Sie Herrn Minister Strauß zitieren, sollten Sie vielleicht auch sagen, aus welchem Anlaß er das gesprochen hat. Ich finde: wenn ein Irrtum zwischen politischer und militärischer Bedeutung sichtbar geworden ist, dann in den letzten Noten der Sowjetunion. Und daß diese Noten auch eine Antwort verdienen, meine Damen und Herren, ich glaube, das verlangt schon der Wille, unsere Freiheit zu erhalten. Dazu zu schweigen, schiene mir allerdings falsch.
    Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß zwischen der Erklärung meines Kollegen Strauß und der Regierungserklärung, die der Herr Bundeskanzler vor wenigen Wochen hier abgegeben hat, durchaus kein Unterschied besteht. Ich unterstreiche — und es ist wirklich ein gemeinsamer Ausgangspunkt, Herr Kollege Kalbitzer —, daß wir uns auch weiterhin um ein Gespräch, um eine Verständigung mit der Sowjetunion und naturgemäß auch mit den anderen Staaten des Ostblocks bemühen werden, um eine Verständigung, von der wir wissen, daß sie letzten Endes notwendig ist für die Beantwortung der Frage, die uns alle bewegt.
    Ich glaube nicht, daß Herr Kollege Kalbitzer recht hat, wenn er im Zusammenhang mit den Handelsbeschränkungen die Auffassung vertreten hat, die Haltung der Vereinigten Staaten sei mehr oder weniger emotional, ja vielleicht seien die Vereinigten Staaten an einem solchen Handel auch nicht so sehr interessiert. Meine Damen und Herren, man mag der Politik der Vereinigten Staaten alles vorwerfen, aber ihr ausgerechnet in diesem Augenblick eine übertriebene Emotionalität vorzuwerfen, wo wir alle — und ich meine, auch Sie — anerkannt haben, daß sich die Vereinigten Staaten in einer ungewöhnlichen Weise von sehr realpolitischen und rationalen Erwägungen haben leiten lassen, scheint mir doch ein nicht ganz lösbarer Widerspruch zu sein.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich möchte, ohne daß ich dazu den Auftrag habe, sagen: ich hatte bisher den Eindruck, daß die Vereinigten Staaten in der rationalen und nüchternen Betrachtung der Realitäten der Welt manchmal sogar gewissen Politikern in Deutschland überlegen waren.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich habe ein dringendes Anliegen auch an einige Vertreter unserer Wirtschaft, deren Interesse an der Ausdehnung ihres Handels ich durchaus legitim finde und verstehe. Ich bitte, doch manchmal darüber nachzudenken, daß gute Bilanzen letztlich ein Erfolg einer guten Politik sind. Es gab einmal eine Zeit, da hat die deutsche Wirtschaft ausgezeichnete Bilanzen gehabt, und das deutsche Volk hat die Konsequenzen getragen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, wirklich zu glauben, daß es kein Ausdruck der Lethargie ist — das Wort Lethargie ist gefallen —, wenn die Bundesregierung in diesen Fragen eine gewisse Zurückhaltung zeigt, über deren Gründe ich mich schon wiederholt im Auswärtigen Ausschuß ausgesprochen habe. Es ist mein Wunsch und meine Bitte, daß wir das Gespräch im Auswärtigen Ausschuß des Bundestages fortsetzen können; denn im Auswärtigen Ausschuß lassen sich manche Dinge noch etwas offener sagen als hier im Plenum.
    Es ist auch nicht unsere Absicht, wenn wir über Erfolg oder Mißerfolg solcher Politik sprechen — ich werde darüber später noch ein Wort sagen —, nun etwa die These zu vertreten, die Herr Kollege Kalbitzer angesprochen hat: entweder wollten wir mit einer solchen Politik gewissen Nationen auf der Welt das Gesicht nehmen, oder es führe jedenfalls zwangsläufig dazu. Meine Damen und Herren, es ist doch nicht so, daß wir damit, daß wir eine gewisse Zurückhaltung zeigen, die Existenz dieser Länder leugnen. Und es ist auch


    (Bundesaußenminister Dr. von Brentano)

    nicht so, daß es nicht unser Wunsch sei, mit diesen Ländern in ein vernünftiges und gutes Verhältnis zu kommen, sondern es ist das Interesse des ganzen deutschen Volkes — nicht nur der Wirtschaft —, mit allen Ländern der Welt in ein Verhältnis zu kommen, das, nun, sagen wir mal, soweit es überhaupt möglich ist, normal ist. Spannungen sind uns ebenso unerwünscht wie hoffentlich den anderen auch. Aber die Gründe dieser Spannungen sind nicht erwähnt worden. Erlauben Sie mir, daß ich darauf eingehe, wenn ich mit einigen Worten auch noch zu den Erklärungen des Herrn Kollegen Schwann und des Herrn Kollegen Rademacher Stellung nehme.
    Meine Damen und Herren, es ist nicht so, wie es Herr Kollege Schwann darzustellen versuchte, daß sich die Bundesregierung einer Verantwortung entziehen wolle, indem sie dem Ostausschuß volle Unterstützug gewährt habe. Herr Kollege Schwann, ich glaube, Sie sind sehr wohl unterrichtet über die Tätigkeit des Ostausschusses. Wir haben uns hier nicht einer Verantwortung entzogen, sondern im Bewußtsein äußerster Verantwortung an diesen Bestrebungen teilgenommen, die im Interesse der deutschen Wirtschaft lagen. Ich bedauere, daß Sie eine Darstellung gegeben haben, der ich in diesem Hause nicht in der nötigen Form widersprechen möchte; vielleicht kann ich es an anderer Stelle tun.

    (Beifall in der Mitte.)

    Sie haben gesagt, wir sollten Schluß machen mit der Politik der Halbheiten. Sie haben gemeint, vielleicht sei die Haltung Chinas im Augenblick beispielhaft, und Sie haben auch an die Vorschläge des chinesischen Ministerpräsidenten an Marschall Tschiangkaischek erinnert. Ich glaube wohl, daß ich das nicht dahin interpretieren muß, daß Sie meinten, wir sollten eine gleiche Anregung nach Pankow richten oder sie von dort erwarten. Deswegen weiß ich nicht, was in dieser Politik „beispielhaft" sein soll.
    Sie haben von der Notwendigkeit diplomatischer Beziehungen gesprochen und haben mit Recht darauf hingewiesen, Herr Kollege — und ich unterstreiche das —, daß wir z. B. in Ägypten wirtschaftliche Interessen haben, die wir fördern sollten. Aber ich sage hier, daß die Bundesregierung alles getan hat, um gerade die Projekte zu fördern, von denen Sie hier gesprochen haben. Ich glaube, Sie würden mir den Beweis schuldig bleiben, wenn Sie behaupten wollten, die Bundesregierung habe irgendwann, irgendwo irgend etwas getan, um eine solche Entwicklung zu stören oder gar zu verhindern.
    Sowohl in den Ausführungen des Kollegen Schwann als auch in den Ausführungen des Kollegen Kalbitzer habe ich eines vermißt. Lassen Sie mich das offen sagen. Ich habe den Hinweis auf die politischen Zusammenhänge vermißt, den später Herr Kollege Rademacher nachgebracht hat. Ich bitte Sie sehr aufrichtig, diese politischen Fragen nicht so beiseite zu schieben, als bestünden sie nicht. Wir sind uns die Ehrlichkeit in diesem Hause wohl schuldig, daß wir die Frage stellen: Was bedeutet die Aufnahme von politischen Beziehungen, wie wir sie auch immer gestalten wollen? Wir wollen diese Frage offen diskutieren, aber dann auch versuchen, gemeinsam eine Antwort zu finden.
    Die Bundesregierung hätte sich Ihren Tadel zugezogen, meine Herren gerade von der Opposition, wenn sie so getan hätte, als gehe sie an der Teilung Deutschlands vorüber und als sei es für uns gleichgültig, wer in der Welt die Realität der beiden deutschen Staaten nach der These der Moskauer Regierung anerkennt. Bisher hat die Politik der Bundesregierung dazu geführt, daß — ich glaube die Zahlen genau nennen zu können — von 93 Staaten der Welt 11 Staaten — die Staaten des Ostblocks — die sogenannte Deutsche Demokratische Republik als einen souveränen Staat anerkannt und sämtliche anderen Staaten der Welt diese Anerkennung bis zur Stunde verweigert haben. Meine Damen und Herren, es ist ein ziemlich schwerer Entschluß, über den wir nicht so einfach hinwegkommen können: ob wir dazu beitragen sollen, daß es morgen nicht mehr elf, sondern 92 sind.
    Es ist vom Kollegen Schwann in diesem Zusammenhang — er hat von dem Embargo gesprochen
    — gesagt worden: Ihr seid so ernst, Ihr nehmt das alles viel zu ernst! Er hat dann einen amerikanischen Politiker genannt, der uns ob unseres bedingungslosen Gehorsams getadelt hat. Ich kenne diesen amerikanischen Politiker nicht. Aber ich darf wohl ganz offen sagen, daß ich nicht jede Äußerung eines mir unbekannten amerikanischen Politikers ernst nehme; denn es gibt auch in Amerika Politiker, die die Dinge vielleicht nicht so übersehen, wie es auch in Deutschland vielleicht einzelne gibt, die in ihren Auffassungen abweichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Auch das Zitat aus den Feststellungen eines japanischen Komitees — erlauben Sie mir, das zu sagen — kann mich nicht sehr beeindrucken; denn ich weiß ja nicht, zu welchem Zweck dieses Komitee gebildet ist. Es kann ein Komitee sein, das zur Förderung des japanisch-russischen Handels gebildet worden ist. Eine sehr legitime Angelegenheit! Aber dann können mich die Feststellungen nicht vollkommen überzeugen, denn da steckt etwas mehr an Interesse dahinter als vielleicht an politischem Verständnis. Außerdem scheinen mir die Voraussetzungen für Japan und für die Bundesrepublik doch nicht genau gleichzuliegen.
    Herr Kollege Rademacher sprach von der, wie er sagte, Legalisierung der Handelsbeziehungen, von der Schaffung einer Rechtsgrundlage; und er begründete den Antrag, handelspolitische Missionen mit konsularischen Befugnissen in einer Reihe von Ländern des Ostblocks zu errichten, wobei er
    — ich gestehe, daß ich das nicht ganz verstanden habe — ausdrücklich betonte, daß er Ungarn davon ausnehmen wolle.

    (Abg. Rademacher: Zur Zeit, aus den bekannten Gründen!)

    — Ah so!
    Wir sind uns wohl alle darüber einig, und wir sollten es in aller Sachlichkeit diskutieren, daß es ernste politische Gründe, die wir prüfen müssen, und politische Erwägungen gibt, die uns vielleicht veranlassen sollten, die Beziehungen zu diesen Ländern irgendwann aufzunehmen. Wir haben darüber schon in den Ausschüssen und auch an anderer Stelle gesprochen. Ich weiß nicht, ob der Augenblick der richtige ist, und ich möchte darüber hier keine weiteren Ausführungen machen.
    Ich begnüge mich mit der Fragestellung, ob wir nicht vielleicht dadurch, daß wir heute oder mor-


    (Bundesaußenminister Dr. von Brentano)

    gen eine solche Entscheidung träfen, das Gegenteil dessen erreichten, was wir wünschen. Es soll nicht der Eindruck entstehen — ich glaube, darüber sind wir uns einig --, als wollten wir durch eine Entscheidung jetzt, zu diesem Zeitpunkt und bei dieser Entwicklung irgendwie ein Interesse an einer gewissen Entwicklung in diesen Ländern bekunden. Ich glaube, wir sollten uns um äußerste Zurückhaltung bemühen und nicht diesen falschen Eindruck erwecken, der vielleicht sogar dieser von uns allen gewünschten Entwicklung schädlich sein könnte.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist doch kein hinreichender Grund, wenn man hier z. B. Einzelfälle bringt und sagt: Wie wird in Prag die D-Mark und wie wird die Ost-Mark getauscht! Das ist nachteilig für den Eintausch von Reisedevisen. Haben Sie nicht vielleicht auch den Eindruck, daß gerade dieser Zwangskurs, der dort bestimmt worden ist, zeigt, daß die Entscheidung, vor der wir stehen, keine wirtschaftliche, sondern eine politische ist und auch von dort als eine solche gesehen wird?

    (Zurufe von der CDU/CSU: Richtig!)

    Sie haben dann von Wünschen gesprochen, Wünschen, die uns sicherlich interessieren, von einem Veterinärabkommen, das Rumänien mit uns schließen wolle, von einem Abkommen über den Zug-und Kraftverkehr mit Bulgarien und von dem Interesse Bulgariens, für die Oper in Sofia eine Luftdruckpumpe zu erhalten. Meine Damen und Herren, alles legitime Interessen. Aber ich möchte eines hier klar sagen. Wir haben diesen Ländern gegenüber auch ein legitimes Interesse. Wir haben nämlich die Frage an sie zu richten, ob, wenn wir das Veterinärabkommen abschließen, sie vielleicht auch dafür Verständnis haben, daß 17 Millionen deutsche Menschen von uns getrennt leben und durch die gemeinsamen Bemühungen des Ostblocks bisher daran gehindert werden, sich mit uns in Freiheit zusammenzuschließen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und beim GB/BHE.)

    Sollen wir denn, meine Damen und Herren, diese Frage beiseite schieben und sollen wir denn die Antwort geben an die Menschen in der sowjetisch besetzten Zone, daß wir dazu beigetragen haben, daß ihr Schicksal als endgültig von diesen Ländern anerkannt wird, weil sie sagen: „Wenn die Bundesrepublik, der Teil Deutschlands, der die Freiheit noch verteidigt, sich nicht daran stößt, daß wir an der Unterjochung dieser 17 Millionen Menschen zum mindesten ideologisch, wenn nicht praktisch beteiligt sind, dann können wir damit rechnen, daß auch die Anerkennung der DDR in Deutschland auf keine Schwierigkeiten mehr stößt."? Nichts wäre gefährlicher, als wenn dieser Eindruck entstehen würde; denn es könnte daraus geschlossen werden, auch in anderen Teilen der Welt, daß uns diese Frage nicht so wichtig erscheint wie die Frage von Handelsbeziehungen.
    Und ein letztes, das ich dem Herrn Kollegen Rademacher sagen möchte. Er hat — ohne es im einzelnen anzusprechen — gesagt, die Politik müsse wendig sein. Ich stimme ihm zu. Er hat gesagt: was gestern richtig war, sei es heute vielleicht nicht mehr. Ich stimme ihm zu. Aber, meine Damen und Herren, es gibt nirgends den Satz, daß das, was gestern falsch war, heute richtig sein muß.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Lassen Sie mich nun — —

    (Abg. Kalbitzer: Wieder auf Niveau kommen, Herr Minister!)

    Herr Kollege, ich glaube, ich habe nur versucht, dem Niveau zu entsprechen, das mir begegnet war.
    Ich möchte nun noch zu der Anfrage der Fraktion der SPD im einzelnen Stellung nehmen, denn es sind ja konkrete Fragen gestellt. Ich möchte dazu folgendes sagen.
    Die Bundesregierung hat sich bisher wirklich bemüht — und ich meine, sagen zu dürfen, nicht ohne Erfolg —, die Wirtschaft in ihrer Arbeit und Entwicklung zu fördern. Dasselbe gilt auch für unsere Wirtschaftsbeziehungen mit den Ländern des Ostblocks und der Volksrepublik China. Der Außenhandel der Bundesrepublik mit dem Ostblock ist tatsächlich seit dem Jahre 1950 im Gesamtvolumen — Einfuhr plus Ausfuhr — von 710 Millionen DM auf 1351 Millionen DM im Jahre 1955 gestiegen und hat in den ersten zehn Monaten des Jahres 1956 bereits die Größenordnung von 1786 Millionen DM überschritten. Der Handel mit dem Ostblock hat damit, ziffernmäßig gesehen, bereits das Gesamtvolumen vom Jahre 1937 — 1569 Millionen RM — überschritten.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Es ist der Bundesrepublik im Laufe der Jahre gelungen, ihre Stellung im Handel mit den einzelnen Ostblockstaaten weiter zu verbessern. Unter den westlichen Ländern steht sie im Außenhandel Bulgariens, der Tschechoslowakei, Ungarns sowie der Volksrepublik China an erster Stelle, im Außenhandel Polens nach Großbritannien und im Außenhandel Rumäniens nach Finnland an zweiter Stelle, im Außenhandel der Sowjetunion nach Großbritannien, Finnland und Frankreich an vierter Stelle.
    So erfreulich diese Entwicklung ist, dürfen wir, wie ich glaube, bei der derzeitigen weltpolitischen Lage nicht vergessen, daß alle diese aufgezählten Länder letzten Endes doch nur politische Märkte sind, die zu erschließen in normalen Zeiten nützlich sein mag, die aber im Falle einer Krise nur zu leicht versagen könnten. Hier möchte ich an das anknüpfen, was gesagt wurde, eine gesunde Wirtschaft müsse für die Zeit einer Krise vorsorgen, um das, was an Macht im anderen Bereich verlorengehen könne, in Reserve zu haben. Meine Damen und Herren, ich fürchte, daß diese Rechnung nicht aufgehen wird. Ich fürchte, daß diese Märkte, wenn wir sie erschließen, uns im Zeitpunkt der Krise eben nicht mehr offenstehen werden, denn es sind politische Märkte, und ich glaube nicht, daß wir schon so weit sind, damit rechnen zu können, daß der Ostblock ein humanitäres Interesse daran habe, im Zeitpunkt der Krise die wirtschaftlichen Folgen einer Krise von Deutschland wegzunehmen, seinen Markt zu erschließen und seine Aufträge zu erhöhen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube, daß wir mit der Realität rechnen müssen und daß im Augenblick einer Krise die Grenze dieses politischen Marktes geschlossen wird mit dem Ziel, die wirtschaftliche Krise bei uns zu erhöhen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Darum meine ich, wir sollten verhindern, daß es dahin kommt, daß aus Gewohnheiten Abhängigkeiten entstehen.


    (Bundesaußenminister Dr. von Brentano)

    Meine Damen und Herren! Selbstverständlich müssen wir auch der Tatsache Rechnung tragen, daß die Sowjetunion -- und das ist ein legitimes Mittel der Politik — auf die Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen zum westlichen Ausland einen besonderen Akzent gerade aus den politischen Erwägungen heraus gelegt hat. Ich glaube, wir sollten daraus auch die Konsequenzen ziehen, die sich für unsere Politik ergeben.
    Die Bundesregierung hat sich — ich komme zu den Einschränkungen, von denen wir sprachen — Anfang 1950, als die damaligen Besatzungsmächte sie aufgefordert haben, bereit erklärt, sich an dem gemeinsamen Embargo gegenüber dem Ostblock zu beteiligen. Sie hat die gemeinsam beschlossenen Embargo-Bestimmungen auch nach Erlangung der Souveränität weiterhin eingehalten. Dabei sind keine völkerrechtlichen Verträge abgeschlossen worden. Daher kam auch eine Vorlage dieser Bestimmungen an den Bundestag zwecks Zustimmung gemäß Art. 59 Abs. 2 wohl nicht in Betracht. Bundestag und Bundesrat sind aber in ihren außenpolitischen Ausschüssen über alle Fragen, die mit den Embargo-Verpflichtungen zusammenhängen, mehrfach unterrichtet worden. Sie sind auch davon in Kenntnis gesetzt worden, daß die Teilnahme am Embargo nach amerikanischer Gesetzgebung die Voraussetzung für eine wirtschaftliche, finanzielle und militärische Hilfe der Vereinigten Staaten war und ist. Anläßlich der Ratifizierung des Abkommens mit den Vereinigten Staaten über die gegenseitige Verteidigungshilfe vom 30. Juni 1955 hat der Bundestag mit Billigung des Art. X dieses Abkommens der weiteren Teilnahme der Bundesrepublik an den Embargo-Maßnahmen zugestimmt. Ich darf diesen Art. X verlesen:
    Um die gemeinsamen Interessen und die Hilfsquellen der beiden Regierungen zu sichern, wird die Regierung der Bundesrepublik Deutschland mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika bei der Durchführung vereinbarter oder zu vereinbarender Sicherheitskontrollen über die Ausfuhr strategischer Güter zusammenarbeiten.
    Meine Damen und Herren! Nach dem Eingreifen der Volksrepublik China in den Korea-Krieg wurde von den Teilnehmerländern in Verfolg einer Empfehlung der Vollversammlung der Vereinten Nationen eine Verschärfung der Handelsbeschränkungen auch gegenüber diesem Lande beschlossen. Sie sollte zeitlich beschränkt bleiben. Die Fortdauer des Krieges in Korea, die darauf folgenden militärischen Operationen in Indochina und die ständigen Spannungen in Fernost haben dazu geführt, daß dieses ursprünglich befristete verschärfte Embargo gegenüber der Volksrepublik China bisher aufrechterhalten blieb. Selbstverständlich mußte die Bundesrepublik die von den übrigen Teilnehmerländern gleichmäßig angewandten verschärften Embargo-Bestimmungen ebenfalls beibehalten. Sie sah auch keine Veranlassung, von sich aus allein ihre Lockerung oder gar Aufhebung ins Auge zu fassen.
    Meine Damen und Herren! Es ist hier gesagt worden, daß einzelne am Embargo beteiligte Länder sich nicht an diese Vorschriften hielten. Jeder Fall, den ich bisher nachprüfen ließ, hat ergeben, daß die Behauptungen nicht zutrafen. Es ist auch, glaube ich, nicht ausreichend, wenn man nach einem Bericht sagt, die und die Länder lieferten das und das; denn auch im Rahmen der Embargo-
    Bestimmungen haben wir die Möglichkeit zu liefern. Ich darf daran erinnern, daß wir beispielsweise an Rotchina — ich glaube die Zahl zu wissen — monatlich zwischen 10- und 12 000 t Stahl liefern. Es steht also durchaus nicht in Widerspruch zu den Embargo-Bestimmungen, wenn ein anderes Land im Ausgleich und im Rahmen dieser gemeinsam vereinbarten Bestimmungen auch Stahl dorthin liefert. Aber ich bin dankbar, wenn ich einen konkreten Fall höre; denn das wird mir Veranlassung geben, nachzuforschen und darauf hinzuweisen, daß selbstverständlich Embargo-Vereinbarungen für uns nicht mehr Verbindlichkeit besitzen als für unsere Vertragspartner.
    Den Umfang der Auswirkungen des Embargo kann die Bundesregierung naturgemäß nicht genau umschreiben. Wir wissen, daß gewisse Länder wegen ihrer Neutralität an dem Embargo nicht teilnehmen. Aber wir glauben doch zu wissen, daß sich das Embargo sowohl im Ostblock als auch in der Volksrepublik China ausgewirkt hat. Die Sowjetunion hat bekanntlich mehrfach mit Nachdruck eine Lockerung des Embargo zu erreichen versucht, und auch die übrigen Länder des Ostblocks haben keine Gelegenheit versäumt, handelspolitisch auf ihre Benachteiligung durch das Embargo hinzuweisen. Bei Kontakten deutscher Firmenvertreter mit chinesischen Stellen ist von diesen auf die Schwierigkeiten, die durch das Embargo herbeigeführt werden, häufig Bezug genommen worden. Gerade dieses drängende Fordern nach Aufheben des Embargo dürfte zeigen, daß zumindest ein Teil des gemeinschaftlichen Zieles dadurch erreicht worden ist.
    Die Bundesregierung hält aber in den Fragen des Embargo stets Fühlung mit den übrigen Teilnehmerländern. Sie verfolgt in engstem Einvernehmen mit ihnen die Frage der Handelsbeschränkungen in dem Bestreben, sie den jeweils vorhandenen tatsächlichen politischen Erfordernissen anzupassen.
    Erlauben Sie mir, nach diesen Ausführungen zur Embargo-Politik — also zur negativen Seite des West-Ost-Handels — noch einiges von der positiven Seite aus zu schildern und einiges zur Erweiterung und Ausgestaltung unserer Handelsbeziehungen zu den einzelnen Ländern des Ostblocks zu sagen. Nach Auffassung der Bundesregierung setzt der Abschluß eines Handelsvertrags mit der Sowjetunion — und ich antworte damit auf die Anfrage — allerdings ein besseres Verhältnis voraus, als es gegenwärtig zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion leider besteht. Es trifft nicht zu, daß im Moskauer Schlußkommuniqué vom 13. September 1955 Verhandlungen über den Abschluß eines Handelsabkommens mit der Sowjetunion ausdrücklich vorgesehen worden seien. Im Kommuniqué heißt es vielmehr, beide Seiten hätten sich darüber geeinigt, daß in nächster Zeit zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland Besprechungen über die Frage der Entwicklung des Handels durchgeführt werden sollen. Ich darf als Teilnehmer an den Moskauer Besprechungen ausdrücklich unterstreichen, daß wir nicht bereit waren, eine Vereinbarung über den Abschluß eines Handelsabkommens oder eines Handelsvertrags einzugehen, und deswegen bewußt diese lose Formulierung gewählt haben. Besprechungen über die Frage der Entwicklung des Handels haben auch, wie ich Ihnen sagen darf, in der Zwischenzeit zwischen dem Auswärtigen Amt und der Botschaft der UdSSR in Bonn stattgefunden.


    (Bundesaußenminister Dr. von Brentano)

    Der Bundesregierung ist aber nicht bekannt — um die weitere Frage zu beantworten —, daß die Regierung der Sowjetunion in Aussicht gestellt hätte, andere mit der Sowjetunion bestehende Differnzen zu regeln, sofern nur ein Handelsvertrag mit ihr abgeschlossen würde. Die Bundesregierung kennt lediglich die allgemeinen Formulierungen, die in einigen Noten der Sowjetunion zu finden waren, daß der Abschluß eines Handelsvertrages oder eines Handelsabkommens dazu beitragen könne, die Beziehungen zwischen beiden Ländern etwas besser zu gestalten und damit auch andere Fragen zu berühren.
    Bei dieser grundsätzlichen Einstellung zu der Frage eines Handelsabkommens ist es selbstverständlich, daß wir kleinere Benachteiligungen, die sich aus dem Fehlen eines solchen Vertrags ergeben, auf uns nehmen müssen. Wir wissen z. B., daß die deutschen Schiffe in den sowjetischen Häfen wie Leningrad höhere Hafengebühren zu zahlen gezwungen sind als die Schiffe jener Nationen, die vertragliche Abmachungen mit der Sowjetunion getroffen haben. Wie wenig diese Dinge die Entwicklung unseres Handels mit der Sowjetunion beeinflussen konnten, beweist die Tatsache, daß sich in der Zeit vom Januar bis Oktober 1956 das Außenhandelsvolumen mit der Sowjetunion verglichen mit dem Volumen in den gleichen Monaten des Vorjahres von 175 Millionen DM auf 403 Millionen DM erhöht hat, was eine Steigerung um 130 % oder auf 230 % bedeutet.
    Mit Polen, mit der Tschechoslowakei, mit Ungarn und Bulgarien bestehen seit 1948 Handelsabkommen, die auf frühere Vereinbarungen der JEIA zurückzuführen sind, deren Warenlisten alljährlich erneuert und erweitert werden. Mit Rumänien hat seit 1954 der Ostausschuß der deutschen Wirtschaft Handelsvereinbarungen geschlossen, über die noch in diesem Jahre zum erstenmal von einer Regierungsdelegation der Bundesrepublik neu verhandelt werden soll. Das Gesamtvolumen unseres Außenhandels mit diesen Ländern ist in den ersten zehn Monaten 1956 gegenüber dem gleichen Zeitraum 1955 um 75 % von 617 auf 1082 Millionen DM gestiegen.
    Zu unseren Handelsbeziehungen mit der Volksrepublik China möchte ich darauf hinweisen, daß die Bundesrepublik bereits vor Jahren es dem Ostausschuß der deutschen Wirtschaft freigestellt hat, sich mit der staatlichen chinesischen Außenhandelsgesellschaft über alle jene Fragen des Warenaustausches und des Zahlungsverkehrs zu verständigen, die der Erleichterung des Handelsverkehrs mit diesem Lande dienen, und erforderlichenfalls auch eine solche Rahmenvereinbarung abzuschließen.
    Herr Kollege Rademacher, ich darf Ihnen sagen, der Ostausschuß holt keine Genehmigungen der Regierung ein. Er ist ein Organ, das von der freien Wirtschaft gebildet ist und auch den Regeln der freien Wirtschaft untersteht. Aber ich begrüße es dankbar, daß der Ostausschuß in einem engen Kontakt mit dem Auswärtigen Amt und mit der Bundesregierung arbeitet, ohne daß wir uns gegenseitig — das möchte ich Ihnen ausdrücklich sagen — etwa Weisungen geben; wohl aber tauschen wir unsere Meinungen und Erfahrungen aus und sind nicht immer einig.
    Das Gesamtvolumen unseres Außenhandels mit den eben genannten Ländern ist, wie ich gesagt habe, um 75 % gestiegen, so daß ich meine sagen zu können, daß das Fehlen eines Handelsvertrages nicht von Einfluß auf den Umfang dieses Handels ist.
    Überhaupt glaube ich, wenn Sie mir eine Zwischenbemerkung erlauben, daß die klassische Form des Handelsvertrags mit Ländern, die eine völlig andersartige ökonomische Struktur haben, überhaupt nicht denkbar ist. Deswegen sind wir es nicht allein, die keinen Handelsvertrag haben, sondern auch andere Länder, etwa Großbritannien, haben keinen Handelsvertrag und begnügen sich mit Rahmenvereinbarungen etwa über Zahlung, Lieferung, devisentechnische Bedingungen und anderes mehr.
    In den Gesprächen mit den Exponenten des Ostausschusses haben wir auch in jüngster Zeit die Frage der politischen Opportunität eines Abschlusses im gegenwärtigen Zeitpunkt noch einmal diskutiert. Auch hier ist darauf hinzuweisen, daß in Beziehung zu Rotchina ohne jene vertragliche Regelung eine Steigerung des Volumens unseres Außenhandels während der ersten zehn Monate des Jahres 1956 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 18 °/o von 256 auf 302 Millionen DM erfolgt ist.
    Erlauben Sie mir noch einige allgemeine polititische Bemerkungen zu der Frage des Ost-West-Handels; einiges davon habe ich schon vorweggenommen. Ich glaube — und darin stimme ich völlig dem zu, was bei der Begründung der Anfrage gesagt wurde —, wir sollten auf dem Gebiet unserer wirtschaftlichen Beziehungen zu den Staaten des Ostblocks unsere Politik nicht von irgendwelchen Gefühlen polemischer Abwehr bestimmen lassen. Die ideologische Verschiedenheit eines Staatsaufbaus darf hier keine Rolle spielen, wie sie nach meiner Überzeugung auch keine Rolle spielen sollte, wenn wir zu einem späteren Zeitpunkt in politische Beziehungen zu diesen Ländern treten; denn so wie wir den Wunsch haben, daß wir unsere Dinge frei zu bestimmen vermögen, wollen wir selbstverständlich dieses Recht auch den anderen überlassen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es wäre schlecht, wenn unsere Politik von solchen Gefühlen bestimmt würde; denn wir würden damit gewissen Realitäten, die wir anerkennen müssen, glaube ich, nicht Rechnung tragen. Wir müssen diese Realitäten anerkennen, auch wenn sie unseren Vorstellungen und Wünschen nicht entsprechen.
    Aber ich hatte in politischen und in wirtschaftlichen Gesprächen — gerade auch in Gesprächen mit Vertretern der deutschen Wirtschaft — zuweilen den Eindruck, daß in der Frage des Osthandels manchmal eine — erlauben Sie mir, es zu sagen — Euphorie auftaucht, für die, wie ich glaube, nicht die nötigen realen Voraussetzungen gegeben sind.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Man sprach in den letzten Monaten viel von der Notwendigkeit, unsere derzeitige Ostpolitik schlechthin zu ändern, und man sprach davon, daß die Voraussetzungen für die Politik der letzten Jahre gegenüber dem Osten nicht mehr in gleichem Maße gegeben seien wie vordem. Vielleicht hat manchmal ein gewisses Wunschdenken schon Tatbestände an die Wand gezaubert, die noch nicht vorhanden sind. Man spricht, wie ich glaube, etwas


    (Bundesaußenminister Dr. von Brentano)

    zu viel von Entspannung und tut so, als ob sie da wäre, weil man sie wünscht. Aber ich möchte doch noch einmal sagen: Wir sollten uns, wenn wir die Frage der wirtschaftspolitischen oder der diplomatischen Beziehungen zu diesen Ländern prüfen, von einem Mindestmaß von Wunschvorstellungen bestimmen lassen, und wir dürfen es nicht zulassen, daß in der realen Auseinandersetzung um politische Fragen und politischen Einfluß vielleicht Interessen einzelner Gruppen über das Interesse des deutschen Volkes gestellt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich will keine Vorwürfe erheben, aber ich habe manchmal doch den Eindruck, daß man jetzt eine Radikalkur wünscht, daß man der Meinung ist, weil der Zahn wehtut, müßte man den Kopf abschlagen. Diese Fragen, wie wir unser Verhältnis zu den Staaten des Ostblocks gestalten, sind letztlich rein politische Fragen. Wir dürfen uns nicht darüber hinwegtäuschen, Herr Kollege Rademacher — ich bin dankbar, daß Sie es am Schluß Ihrer Ausführungen auch gesagt haben —: Ob wir nun diplomatische oder Handelsbeziehungen aufnehmen, eine Handelsmission einrichten, der wir auch konsularische Rechte, also das Recht des Exequatur, geben, ist ja eigentlich nur ein gradueller Unterschied. Die politische Entscheidung ist, wie ich glaube, letztlich damit identisch. Wir sollten vielleicht sogar einmal die Frage prüfen, ob wir, wenn wir eine solche Entscheidung treffen, sie nicht gleich ganz treffen sollten, wenn der Zeitpunkt gegeben ist. Vielleicht — ich bin bereit, darüber zu sprechen — ist er im einen oder anderen Fall früher gegeben, als wir vor wenigen Wochen noch dachten.
    Aber ich darf unterstreichen, daß wir in der Bundesregierung entschlossen sind, nach wie vor gewisse Vorsichtsmaßnahmen im Einvernehmen mit unseren Alliierten beizubehalten. Ich bitte, mich richtig zu verstehen, wenn ich Ihnen ganz offen sage, daß wir uns von einer solchen politischen Entscheidung auch nicht durch eine zuweilen recht laut werdende Kritik aus einigen Kreisen der Wirtschaft oder der Öffentlichkeit abbringen lassen. Ich glaube, die Ereignisse haben es bewiesen — wie ich es schon angedeutet habe —, daß diese Märkte politische Märkte sind, daß die Beziehungen — nennen wir sie, wie wir sie nennen wollen — letztlich politische sind, daß es eine politische Frage ist und keine wirtschaftspolitische, wie wir unsere Beziehungen gestalten. Ich glaube, Sie sollten es auch der Bundesregierung zugute halten, wenn sie vielleicht etwas sorgfältiger an die Zukunft denkt und es für ihre Verpflichtung hält, künftigen Schäden der deutschen Wirtschaft vorzubeugen, die durch eine falsche Politik im Augenblick entstehen könnten.
    Ich glaube, daß nicht alle Einzelheiten, die wir zu diskutieren haben, sich für die Diskussion im Plenum eignen. Wir müssen alle diese Fragen, die wir hier angeschnitten haben, in einem inneren Zusammenhang sehen; auch die Einzelfragen, die Sie gestellt haben, meine Herren von der Sozialdemokratischen Partei, stehen im Zusammenhang. Ich glaube nicht, daß man etwa sagen könnte: Geben wir die Embargopolitik auf!, ohne daß man gleichzeitig sagen müßte: Ändern wir unsere Politik gegenüber unseren Vertragspartnern! Denn diese Embargopolitik ist ein Bestandteil der Politik; sie ist ja auch in dem Hilfsabkommen des Jahres 1955 verankert.
    Deswegen begrüße ich die Gelegenheit, daß wir uns hier und, wie ich hoffe, sehr bald in den zuständigen Ausschüssen über die Anfrage noch einmal unterhalten und selbstverständlich auch über die Anträge, wobei ich wohl unterstellen darf, daß sie zur Weiterbehandlung an die Ausschüsse überwiesen werden. Die Bundesregierung will sich einem solchen Gespräch nicht etwa entziehen, und sie will auch, ich möchte es noch einmal sagen, sich jeder guten Erkenntnis bedienen, die ihr von anderer Seite zugetragen wird. Sie wird ihre Politik auch — seien Sie überzeugt! — jederzeit den Voraussetzungen anpassen, die sie zu sehen glaubt, — wobei Sie nicht erwarten dürfen, daß damit die grundsätzliche politische Linie der Bundesregierung etwa in diesem oder in einem anderen Falle aus diesem oder aus einem anderen Grunde verlassen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sie haben die Antwort auf die Große Anfrage gehört. Ich nehme an, daß Beratung gewünscht wird. — Wir treten in die Beratung ein.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Leverkuehn.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Paul Leverkuehn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde unterscheiden sich von den Fragestellern und den Antragstellern in der Bestimmung der Scheidelinie zwischen Wirtschaft und Politik. Wir wehren uns dagegen, daß wir durch den Druck, den man zum Abschluß von Handelsabkommen ganz offenbar auf uns auszuüben wünscht, ins Schlepptau genommen werden. Das Handelsabkommen und die Handelsdelegation haben in der Beziehung der Staaten untereinander einen anderen Standort für uns als für die Herren Fragesteller und Antragsteller. Das ist, glaube ich, das Ergebnis der heutigen Aussprache. Erst der Handel, dann das Handelsabkommen und die Handelsdelegation! Ein totalitärer Staat muß notwendigerweise aus seiner Konstruktion heraus den Wunsch haben: Erst das Handelsabkommen und die Handelsdelegation, und dann werden wir sehen, wieviel Handel wir treiben. Das ist eine Pression, der gegenüber wir sehr vorsichtig sein müssen.
    Wie wir soeben von dem Herrn Außenminister gehört haben, haben die Besprechungen mit der Sowjetunion seit dem September vorigen Jahres eine ganz entschiedene Erhöhung des Handelsvolumens gebracht, nämlich um die immerhin beachtliche Zahl von 130 %. Gerade an diesem Beispiel sehen wir, daß die Steigerung des Handels und der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen unserem Land und der Sowjetunion, aber auch zwischen allen anderen Ländern und der Sowjetunion, die wir in den letzten Jahren beobachtet haben, schließlich nicht das Ergebnis gehabt hat, das man wünschen möchte und das sich die Herren Antragsteller und Fragesteller offenbar versprechen, nämlich eine Milderung in der Gesamtauffassung. Was wir in den letzten Monaten erlebt haben, bedeutet in keiner Weise, daß durch die Bereicherung der Beziehungen zur westlichen Welt bei der Sowjetunion eine friedlichere Haltung gegenüber der Freiheit oder auch nur gegenüber den mit ihr verbündeten Mächten — ich denke an den Warschauer Pakt — eingetreten ist.


    (Dr. Leverkuehn)

    Was nun die Länder zwischen der Sowjetunion und dem Eisernen Vorhang angeht, so sollten wir sehr sorgfältig unterscheiden zwischen denjenigen, die eine Erweiterung der Handelsabkommen und die Schaffung von Handelsdelegationen deswegen wünschen, um ihr augenblickliches Regime zu stützen, und den Ländern, denen eine zu emphatische Betonung der Förderung des gegenseitigen HandeLs im Augenblick vielleicht nicht einmal taktvoll und erwünscht erscheinen würde.
    Wenn man eigene Vertretungen schafft, so werden das zweifellos Zwitter werden müssen, solange die großen politischen Entscheidungen nicht gefallen sind. Wieweit daran ein Interesse besteht, werden wir besser in den Ausschüssen, in denen wir uns über das Weitere aussprechen werden, im einzelnen erörtern.
    Wir wissen, daß Polen vor kurzem mit der Sowjetunion ein Abkommen abgeschlossen hat, das nach den vorliegenden Nachrichten der polnischen Volkswirtschaft Erleichterungen gewährt, die unbedingt erforderlich waren, um den Lebensstandard über das Niveau hinauszuheben, das im Juni zu den unglücklichen Ereignissen in Posen geführt hat. Die polnische Regierung hat mit uns in dem bereits vom Kollegen Rademacher zitierten Abkommen, das über Getreidelieferungen, also das Nötigste, das tägliche Brot, abgewickelt ist, Erfahrungen gesammelt. Sie wird am besten wissen, in welcher Richtung sie noch Wünsche zur Erweiterung des Handels hat. Auf deutscher Seite besteht zweifellos der Wunsch auf weiteren Handelsaustausch. Wir sind überzeugt, daß die Hebung des Lebensstandards des polnischen Volkes etwas ist, wozu wir beitragen können, seien wir es nun selbst, sei es — und das möchte ich hier besonders hervorheben — auf europäischer Ebene, auf der es in mancher Weise vielleicht besser geschehen könnte. Ich hoffe, daß die Wünsche und Bedürfnisse im europäischen Austausch, in dem großen europäischen Markt, den wir ja teilweise schon haben, gerade hinsichtlich Polens in der Session des Europarats im kommenden Januar besprochen werden.
    Ein kurzes Wort noch zu der Volksrepublik China. Wenn man die lebhaften Klagen über die Behinderung hört, die das schärfere Embargo China gegenüber mit sich bringt, dann sieht es beinahe so aus, als wenn der deutsche Handel gegenüber China unbedeutend bleiben müßte, weil dieses Embargo ein Hindernis ist. Die Zahlen, die der Bundesaußenminister genannt hat, beweisen aber, daß das keineswegs der Fall ist. Vor allen Dingen müssen wir einmal überlegen, um welche Waren es sich handelt. Verweigern wir der Volksrepublik China Waren, die sie für den Aufbau ihrer Wirtschaft und für ihre Bevölkerung dringend nötig hat? Ich erinnere mich, daß ich im vorigen Jahr im Hafen von Hongkong auf einem — nicht einmal unter deutscher Flagge fahrenden — Dampfer war, der fast ausschließlich deutsche Waren geladen hatte: es handelte sich um künstliche Düngemittel und um Medikamente. Das sind die Dinge, die die Volksrepublik China für ihre Bevölkerung, für ihre Landwirtschaft dringend benötigt. Sie stehen weder auf einer Embargo-Liste noch unterliegen sie bezüglich ihrer Ausfuhr aus Deutschland irgendeiner Behinderung.
    Nun wird, wie wir annehmen, die Bundesregierung in der Zusammenarbeit mit den westlichen
    Mächten — auf die Bindung der Bundesregierung durch den Vertrag vom 30. Juni 1955 hat der Herr Außenminister hingewiesen —, sicher darauf hinweisen können, daß sich die Verschärfung gegenüber China von unserem Standpunkt aus gesehen heute vielleicht nicht mehr ganz rechtfertigt, zu einem Zeitpunkt, in dem wir die Ereignisse in Ungarn unmittelbar hinter uns haben und sie noch weiter miterleben. Diese Diskriminierung wird zu besprechen sein, und da die Amerikaner gegenüber dem Wort Diskriminierung ein besonders scharfes Ohr haben, glaube ich wohl, daß man zu einer Aussprache darüber und auch über die gelegentlichen Klagen über die Diskriminierung deutscher Waren bei der Erlaubnis zur Einfuhr wird kommen können. Die Bundesregierung wird sich bestimmt auch der Wünsche annehmen, die sich in der deutschen Wirtschaft daraus ergeben, ,daß manche Bestimmungen des Embargos, welche heute nicht mehr existieren oder gelockert sind, zu Verfahren gegen Deutsche geführt haben, die heute nicht mehr zeitgemäß sind und daher beendet werden sollten.
    Wenn wir nun die jetzt vorliegenden Nachrichten, die von den Herren Kollegen bereits erwähnt worden sind, abwägend vor uns halten, dann müssen wir sagen, daß sich vielleicht binnen kurzem, vielleicht über längere Zeit hin, eine Lockerung der Verhältnisse und eine Befriedung der Welt in den Teilen anbahnt, wo wir bisher den Frieden vermissen müssen. Bevor wir aber unsererseits, gerade im Fernen Osten, einem Gebiet, das den Amerikanern, und zwar mit Recht, besonders am Herzen liegt, auf neue Freundschaften zugehen, sollten wir, glaube ich, dafür sorgen, ,daß die alten Freundschaften nicht gestört, sondern konsolidiert werden. Vielleicht geht es uns so, daß wir den amerikanischen Standpunkt in bezug auf den Fernen Osten nicht überall verstehen, und vielleicht geht es den Amerikanern so, daß sie unseren Standpunkt in bezug auf die Fragen der Wiedervereinigung, des Verhältnisses zur Sowjetunion und zu den Satellitenstaaten, wie wir sie auffassen, nicht in vollem Umfang erfassen können. Deswegen, meine Damen und Herren, würde ich es zunächst einmal für besonders begrüßenswert halten, wenn wir nicht nur auf der Regierungsebene, sondern auch auf der Ebene des Parlaments mit unseren amerikanischen Freunden zu einer Aussprache kommen könnten. Sehr viele von uns sind Gäste der Regierung der Vereinigten Staaten und des amerikanischen Kongresses gewesen. Der amerikanische Kongreß ist vor kurzem neu gewählt worden, und ich bitte das Hohe Haus, zu bedenken, ob wir nicht, sobald nach dem 1. Januar der Zeitpunkt des Zusammentretens gekommen ist, unsererseits eine Einladung an den amerikanischen Kongreß ergehen lassen sollten, uns einen Besuch zu machen und uns Gelegenheit zu geben, die Gastfreundschaft zu erwidern, die wir in so vielfachem Maße genossen haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich möchte daher schließen mit der Bitte an den Herrn Präsidenten, diese Einladung in Erwägung zu ziehen und zum passenden Zeitpunkt ergehen zu lassen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)