Rede von
Prof. Dr.
Fritz
Hellwig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Professor Baade, Sie haben völlig recht. Es war mir sogar aufgefallen, daß hier die gesetzliche Grundlage der früheren deutschen Enquete ganz erheblich in Erscheinung tritt. Ich habe mich damals noch nicht mit diesen Arbeiten beschäftigen können; ich ging noch zur Schule. Aber ich habe mich seitdem sehr energisch darum bemüht, in das Schrifttum über diese Dinge einzudringen, und ich habe doch, sehr den Eindruck gewonnen, daß gerade die technische Art der Enquete zu ganz erheblichen Hemmnissen führte. Die Enquete soll nämlich nicht nur von denen her gesehen werden, die sie durchführen, sondern auch von denen, die zum Gegenstand einer solchen Untersuchung gemacht werden.
Ich glaube, daß mit den Untersuchungen, die in den letzten Jahren stattgefunden haben, doch weiß Gott genug geschehen ist, und ich kann nur wiederholen: Halten Sie den Bergbau möglichst frei von Experimenten und von zusätzlichen, seinem Ansehen irgendwie kritisch gegenüberstehenden Untersuchungen! Dann wird auch das Klima für eine ruhigere Entwicklung verbessert werden.
Aber ich muß noch auf ein anderes Phänomen aufmerksam machen. Von dem Herrn Bundeswirtschaftsminister ist darauf hingewiesen worden, daß die Versorgung des Kohlemarkts mit Inlandskohle in der Bundesrepublik auf einem Preisniveau erfolgt, das nicht unerheblich unter dem anderer Länder, insbesondere Mitgliedsländer in der Montanunion, liegt. Dieses Phänomen ist besonders merkwürdig erst, wenn man gleichzeitig hinzusetzt, daß sich allerdings auch die Produktivitätsentwicklung im westdeutschen Kohlenbergbau ziemlich am Ende der Produktivitätsentwicklung in anderen Ländern, namentlich in der Montanunion, befindet. Das ist vor allem dann wichtig und richtig, wenn man den Produktivitätsstand des deutschen Bergbaues in der jetzigen Zeit mit der Vorkriegszeit vergleicht. Abgesehen von den Niederlanden, wo es sich um eine relativ geringe, im Gesamtbild, nicht ausschlaggebende Menge der
Kohlenförderung handelt, ist die Bundesrepublik heute noch mit rund 18 % hinter dem Produktivitätsstand, d. h. der Schichtleistung von 1938, während Belgien, Frankreich, ja auch die Saar und Großbritannien den Produktivitätsstand von vor dem Kriege, von 1938, zum Teil ganz erheblich haben übersteigen können. Da kann ich auch wieder nur sagen: Hier steckt doch irgendwie etwas drin, was nicht in Ordnung ist, wenn trotz so vieler Organisationen, so vieler Untersuchungen, so vieler Neuordnungsversuche und was nicht alles geschehen ist, an diesem zentralen Punkt der Kohlenbergbau in der Bundesrepublik noch nicht richtig weitergekommen ist.
— Herr Jacobi, „weil die Ruhr nicht wollte", das kann man so schön hinsagen. In dieser späten Stunde ist es vielleicht nicht mehr zu erwarten, daß darüber noch ein umfangreicher Beweis angetreten wird; aber wir können das ja gern im Ausschuß tun.
Ich schließe mich auch der Meinung an, daß der Antrag zur Beratung dem Ausschuß überwiesen wird. Wir werden ja dann im Wirtschaftspolitischen Ausschuß Gelegenheit haben, uns darüber zu unterhalten.
Aber noch eine kurze Bemerkung, die die Braunkohlenbriketts betrifft. In Ihren letzten Ausführungen, Herr Dr. Deist, haben Sie auf die besondere Verknappungslage bei Braunkohlenbriketts und die Rückwirkungen auf den Hausbrand hingewiesen. Ich möchte darauf erwidern: Die Schuld an der Verknappung in der Versorgung mit westdeutschen Braunkohlenbriketts trifft nicht die westdeutsche Braunkohlenwirtschaft. Diese hatte eine ganz erhebliche Mehrerzeugung gegenüber dem letzten Jahre erreicht, mußte dann aber in die Lücke einspringen, die durch den Ausfall von Braunkohlenbrikettlieferungen aus der sowjetischen Besatzungszone entstanden ist. Hier kann man also der westdeutschen Braunkohlenwirtschaft sicherlich keinen Vorwurf machen.
Ein kurzes Wort nur noch zu dem Selbstverbrauchsrecht. Herr Dr. Deist, Sie wissen genauso gut wie ich, daß die Mehrleistung der Eisenhüttenwerke, zu deren Speisung ja das Selbstverbauchsrecht mit Kohle eine entscheidende Voraussetzung ist, ja weit überwiegend der Inlandsversorgung zugute kommt und daß sich der Exportanteil der deutschen Eisen- und Stahlindustrie nicht in dem Ausmaß erhöht hat wie die Erzeugung selbst. Was würden Sie sagen, wenn etwa wegen mangelnder Kohlenversorgung unserer deutschen Eisenhüttenwerke eine Verknappung von Eisen und Stahl am deutschen Inlandsmarkt in diesem Zeitpunkt eingetreten wäre? Würden wir dann nicht Ihre Große Anfrage hier zur Kenntnis nehmen müssen, was die Bundesregierung zu tun gedenke, falls etwa die Versorgung des sozialen Wohnungsbaus mit Eisen irgendwie notleidend geworden wäre?