Rede von
Dr.
Martin
Blank
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorbereitete, im Wortlaut festliegende Reden sind, das haben wir heute wieder gehört, in diesem Hause unerwünscht. Ich kann mich persönlich dem nur anschließen. Ich muß zwar gestehen, daß ich, da ja diese Kohlenreden allmählich so etwas die Form von formulierten Erklärungen anzunehmen drohen, mir auch eine vorbereitet hatte; die liegt aber auf meinem Pult.
Angesichts der Zeitdauer, die diese seit dem 10. Februar bis heute verschobene Debatte inzwischen schon erfordert hat, glaube ich, sollte man sich sehr kurz fassen.
Wir sind gerade eben Zeugen des Umstandes gewesen, daß unsere Mitglieder der Regierung, wenn sie nur genügend gepiekt werden, durchaus in der Lage sind, sich ihrer Haut zu wehren. Ich muß sagen, daß ich als Angehöriger der Koalition das mit größter Genugtuung begrüßt habe.
Wir glauben wirklich, daß es sehr überlegt werden sollte, ob etwas Positives in unserem gemeinsamen Anliegen erreicht wird, wenn man als ein prominenter Angehöriger der Opposition lauter Verdächtigungen ausspricht. Ich bin der Meinnung, man sollte es nicht so machen, denn es könnte dabei das gemeinsame Anliegen zu Schaden kommen, und daran kann uns doch allen gar nicht liegen.
Meine Damen und Herren, wie ist denn die Sache'? Selbst wenn wir keine Aussicht haben, bei dem außerordentlichen Steigen des Energiebedarfs, mit dem gerechnet werden muß — die Zahlen dazu hat der Herr Bundeswirtschaftsminister gegeben —, den Energiebedarf völlig aus dem deutschen Boden und aus deutschen Primärgrundstoffen zu decken, muß es doch unser aller Anliegen sein, unsere allmählich erschreckend werdende Auslandsabhängigkeit auf dem Gebiete der Primärgrundstoffe für die Energie aus eigener Kraft so weit zu verringern, wie es überhaupt nur denkbar ist. Wir sehen gerade in diesen Tagen, was sich auf dem Gebiete der Ölversorgung aus dem Nahen Orient in Europa vollzieht. Bisher erleben wir es an unseren Tankstellen ja noch nicht so. Wenn Sie gestern oder vorgestern mit mir in Kehl gewesen wären, dann hätten Sie gesehen, wie ganz verstohlen möglichst viele französische Kraftwagen schnell mal eben über die Brücke fuhren, um sich an den wohlversorgten deutschen Tankstellen noch einmal volizusaugen. Inzwischen ist in Frankreich die Bestimmung erlassen worden, daß, wer mehr als 20 Liter hat, es melden muß. Wir wollen mal sehen, wie es wird.
Jedenfalls droht unsere Einfuhrabhängigkeit so gewaltig zu werden — ich brauche die Zahlen nicht zu wiederholen —, daß wir mit aller Macht darangehen müssen, ein Mindestmaß an Sicherheit für unsere Versorgung mit Brennstoffen insbesondere auch mit festen Brennstoffen, zu erreichen.
Es ist unsere Überzeugung — auch die Überzeugung unsrer Freunde von der Fraktion der Deutschen Partei — daß wir wirklich die Möglichkeit haben, wenn wir es richtig anfangen, einen größeren Teil unseres Verbrauchs als heute aus eigener Förderung zu decken.
Daß wir augenblicklich so weit zurückhängen, mag Ihnen vielleicht eine Überlegung klarmachen. Vom Stiefkind der Marktwirtschaft und alledem ist hier ja schon gesprochen worden. Die Schlagworte sind alle schon verwendet worden; ich möchte sie nicht wiederholen. Hätte bei der Kohle — das ist eine theoretische Überlegung — nach der Währungsumstellung dieselbe Entwicklung Platz gegriffen, wie wir sie nach einiger Zeit beim Eisen hatten, würden wir wahrscheinlich einen Ausbau
unserer Förderkapazitäten gehabt haben, der die 15 Millionen t, die augenblicklich etwa fehlen, aus eigener Förderung erbracht hätte. Wir hängen da sehr zurück. Wir wissen, daß der Bedarf noch erheblich anwachsen wird, und müssen uns also darauf einrichten, neue Produktionsstätten zu schaffen. Denn selbst wenn sämtliche Arbeitsplätze, die in den augenblicklich bestehenden Schachtanlagen vorhanden sind, voll besetzt wären, könnte damit das Optimum, das wir erzielen müssen, nicht erreicht werden. Ich glaube, daß allerhand Wege aufgezeigt worden sind, deren Zusammenwirken tatsächlich dahin führen kann, daß der Nachholbedarf durch die Schaffung neuer Schachtanlagen in schnellerem Tempo gedeckt werden kann, als das augenblicklich der Fall ist.
Eines möchte ich aber gern zum Ausdruck bringen. Meine Freunde und ich glauben nicht, daß es des schweren Geschützes und des besonders umständlichen Geschirrs einer gesetzlich verankerten Enquete bedarf, um festzustellen, was im Steinkohlenbergbau und überhaupt im Kohlenbergbau los ist. Ich glaube, daß die Tatsachen und die Beurteilungsgrundlagen vorhanden sind. Es mag sein, daß sie nicht alle an einer Stelle liegen. Ich weiß — und Sie wissen es wahrscheinlich zum großen Teil auch —, wie außerordentlich intensiv die sehr umfassenden Arbeiten der Hohen Behörde auf diesem Gebiete sind, die sich mit Deutschland ja deshalb besonders beschäftigt, weil Deutschland das Land mit der größten Kohlenförderung im Rahmen der Montanunion ist. Es liegen aber auch, wie wir heute wieder haben feststellen können, im Bundeswirtschaftsministerium sehr viele Zahlen vor. Sie beruhen natürlich zum großen Teil auf Angaben der Unternehmungen. Wo sollen die Zahlen auch anders herkommen, meine Damen und Herren! Ich wehre mich aber dagegen, daß eine Zahl, die nicht durch den Filter der Hohen Behörde oder des Bundeswirtschaftsministeriums gegangen ist, sondern von einem Unternehmensverband des Bergbaus unmittelbar veröffentlicht wird, von vornherein als verdächtig und wahrscheinlich falsch hingestellt und unter dem Gesichtspunkt der Gewinnsucht betrachtet wird. Ich glaube, wir haben keinen Anlaß, diese Verdächtigung immer wieder auszusprechen. Sollte sich eine besondere Notwendigkeit erweisen, das vorhandene Material zusammenzustellen, dann, glaube ich, könnte man damit eine bestehende Institution oder vielleicht einen Kreis von bestehenden Institutionen oder Forschungsinstituten beauftragen, ohne daß das große Geschütz einer Enquete aufgefahren wird. Wir wissen von früheren Erfahrungen, die mit solchen Enqueten auf gesetzlicher Grundlage gemacht worden sind. Dem möchte ich widerraten auf die Gefahr hin, daß wir den von Herrn Dr. Deist aufgestellten Test in seinen Augen nicht bestehen.
In den Ausführungen vom Herrn Kollegen Bleiß sind einige Forderungen gestellt worden bzw. Kritiken geübt worden, über die sich noch einiges zu sagen verlohnte. Ich will mir das jetzt aber schenken und nur sagen: ich glaube, die von ihm behauptete schlechtere Belieferung der öffentlichen Wirtschaft und besonders der Versorgungs-und Verkehrsunternehmungen mit Kohlen ist durch die Zahlen, die der Herr Bundeswirtschaftsminister bekanntgegeben hat, aufs nachdrücklichste widerlegt.
-- Lieber Herr Kollege Jacobi, haben Sie nicht gehört: Herr Bleiß hat gesagt, es sei schlechter geworden. Wir haben von Millionen gehört, um die sich die Versorgung gesteigert hat.
— Das ist eben die Geschichte. Ich glaube nicht, daß wir es jetzt hier zu Ende erörtern können. Aber wir werden es ja in den Ausschüssen tun können; da hat ja Herr Kollege Sabaß mit außerordentlicher Akribie vorgeschlagen, in welche Ausschüsse die verschiedenen Papiere sollen.
Zu dem, was der Kollege Sabaß gesagt hat, möchte ich — auch im Namen meiner Freunde — eine Bemerkung machen. Vielleicht ist er mißverstanden worden, aber es scheint, daß ihn alle Leute gleich verstanden haben. Er hat offenbar etwas gesagt, was auch unsere Billigung nicht findet. Wir wollen und dürfen den Gedanken nicht aufkommen lassen — am allerwenigsten bei einem so diffizilen Produkt wie der Kohle —, daß sich Arbeitnehmer und Unternehmer zu Lasten des Verbrauchers einigen. So sind die Dinge nicht. Ich will hier nicht untersuchen, von welcher Seite die Initiativen ausgegangen sind, die dahin geführt haben, daß Selbstkostenverschiebungen in der Kohlenförderung auftraten. Ich möchte aber zum Ausdruck bringen, daß wir diese Außerung, wenn sie tatsächlich so gemeint war, nicht billigen.
Schließlich möchte ich an die Mitglieder des Hohen Hauses auf allen Seiten den Appell richten, sich doch nun wirklich darüber klarzuwerden, um ein wie unendlich ernstes Problem — das ist auch heute wieder sehr deutlich zum Ausdruck gekommen — es sich hier handelt und daß wir mit dem guten Willen zu helfen und das Vernünftigste und Richtigste zu machen, zusammenarbeiten müssen.