Rede von
Karl
Walz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden Verständnis dafür haben, daß ich als der saarländische Bundestagsabgeordnete, der vieles von dem selbst erlebt hat, was heute auch in der Aussprache erwähnt worden ist, trotz der vorgeschrittenen Zeit einige Ausführungen machen möchte.
Bevor ich zu dem Stellung nehme, was mich persönlich sehr berührt und was mich vor allen Dingen heute im Laufe des Tages während der Erklärung der Regierung und der Aussprache berührt hat, möchte ich auf den Anwurf — ich glaube, es ist der Kollege Dr. Mommer gewesen — eingehen, es seien eigentlich von unserer Seite keinerlei programmatische Ausführungen gemacht worden.
Herr Dr. Hellwig, der vor mir für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprach, hat ja die wirtschaftspolitischen Aspekte erörtert. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte mich gebeten, zu den sozialpolitischen Fragen Stellung zu nehmen. Ich hätte das auch eingehender getan, wenn nicht schon eine ganze Reihe meiner Vorredner dazu gesprochen und zum Ausdruck gebracht hätten, daß keinerlei soziale Nachteile eintreten dürften. Ich kann das nur bekräftigen und darf Ihnen sagen, daß von seiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion alles geschehen wird, um die Heimkehr der Saar zu uns zu erleichtern und niemandem irgendwelche sozialen Nachteile entstehen zu lassen.
Selbstverständlich ist im Saargebiet infolge der Industrialisierung und der Bevölkerungsdichte sozusagen jeder einzelne Einwohner durch die Familienausgleichszulage, durch die Rentenversicherung, durch die Kriegsopferversorgung sozialpolitisch angesprochen. Gerade dieser sozialpolitische Sektor ist auch für uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion von der größten Bedeutung, und wir werden bestimmt alles daransetzen, um auch im Sinne des Memorandums der saarländischen Regierung die Heimkehr unserer Menschen an der Saar nicht zu erschweren, sondern zu erleichtern und ihnen gegenüber auf jeden Fall nicht undankbar zu sein.
Allerdings haben die Presse und die Partei des früheren Regimes an der Saar es sich jetzt zum Teil erlaubt — und dadurch ist an der Saar eine gewisse Beunruhigung eingetreten —, derartig maßlose Forderungen zu erheben, wie man sie unter dem Grandval-System dem Herrn Gouverneur oder dem Herrn Hohen Kommissar Grandval niemals zu unterbreiten gewagt hätte. Die Erfüllung solcher Anforderungen an die saarländische Regierung und an uns ist natürlich nicht zu erwarten. Das ist für diese Regimepresse jetzt ja sehr leicht. In der Vergangenheit hat man es sich ja auch nicht gar zu schwer gemacht. Man hatte jedes Jahr im Staatshaushalt durchschnittlich 17 bis 18 Milliarden
Franken Defizit und hat es verabsäumt, der dortigen Wirtschaft zu helfen, damit sie modernisiert, rationalisiert und so konkurrenzfähig gemacht werden konnte, daß gewisse Schwierigkeiten, die heute bestehen, vermieden worden wären.
Um so mehr ist es uns ein Anliegen, und um so mehr sind wir verpflichtet, uns hinter das Memorandum der saarländischen Regierung vom 20. November zu stellen, da sich dieses Memorandum von diesen Maßlosigkeiten, die wir heute noch von der Partei des früheren Regimes hören und gerade in den letzten Wochen in deren Presse Tag für Tag lesen müssen, distanziert. Diese maßlosen Forderungen sind lebhaft zu bedauern. Sie sind nicht geeignet, die so notwendige Ruhe unter der Bevölkerung an der Saar herzustellen. Das ist es, was mich an der vom Herrn von Brentano vorgetragenen Regierungserklärung besonders berührt hat: daß die jetzige Saarregelung dazu beitrage, Ruhe unter der Saarbevölkerung herzustellen. Weil ich zu denjenigen gehöre, die stets die Politik des vergangenen Regimes an der Saar bekämpft haben, möchte ich hier sagen: von unserer Seite aus geschieht alles, um einen Strich unter die Vergangenheit zu ziehen. Aber auch diejenigen, die die Träger der früheren Saarpolitik gewesen sind, müssen nun einmal einen Strich unter die Vergangenheit machen und müssen sich einfügen in unseren Weg, in den deutschen Weg, in den europäischen Weg. Ich hoffe und glaube, daß der heutige Tag dazu beitragen wird, diese Beruhigung an der Saar herzustellen.
Ich will jetzt noch auf das eingehen, was auch Herr von Brentano in der Regierungserklärung hervorgehoben hat, nämlich daß diese Saarregelung ein überzeugender Erfolg der deutschen Bundespolitik sei. Ich gehe deshalb besonders darauf ein, weil in der Aussprache eine gewisse Kritik dazu zum Ausdruck gekommen ist. Ich habe damals bei einer der Saardebatten in diesem Hause erklärt, daß sich nach meiner Auffassung sämtliche Parteien dieses Hauses immer bemüht hätten, die Saar für Deutschland zurückzugewinnen, daß aber die Methoden und die Wege verschiedener Natur seien. Mir scheint auch durchaus richtig zu sein, was in diesem Zusammenhang in der Regierungserklärung gesagt worden ist: daß diese ganzen Bemühungen stets Ausdruck gemeinsamer Sorgen und Aufgaben gewesen seien. Das sollten wir am heutigen Tage anerkennen, und wir sollten auch für uns einen Strich darunter ziehen.
Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wie weit wären wir heute, wenn dieser Saarvertrag nicht zustande gekommen wäre? Wäre es uns dann wirklich gelungen, die Saar jetzt schon zurückzuführen? War es die ganzen Jahre hindurch nicht immer unser gemeinsames Anliegen — sowohl an der Saar als auch hier im Bundesgebiet —, die politischen und demokratischen Freiheiten herzustellen? Wir sind sogar bereit gewesen, auf alle anderen Forderungen zu verzichten, wenn nur die politischen und demokratischen Freiheiten an der Saar hergestellt würden, weil wir Saarländer dann schon gewußt hätten, was wir damit anzufangen hätten.
Haben wir es nicht durch die deutsche Bundespolitik — ich habe ein Recht, sogar die Pflicht dazu, es zu sagen, denn ich war damals auch einer von den Neinsagern — erreicht, daß diese demokratischen und politischen Freiheiten an der Saar hergestellt wurden? Wir haben es erreicht!
Hat die Saarbevölkerung nicht das getan, was wir von ihr erwartet haben, nämlich sich bedingungslos und vorbehaltlos zu Deutschland bekannt?
Also sollten wir uns auch in diesem Hause darüber einig sein — dieses Wort richte ich auch an die oppositionellen Parteien —
— Herr Kollege Wehner, das können Sie von mir kaum sagen — und sollten gemeinsam mit der Saarbevölkerung und der saarländischen Regierung die jetzt an uns herantretenden Fragen behandeln. Damit dienen wir uns am allermeisten, und wir erreichen, was uns allen von jeher vorgeschwebt hat: daß wir uns in gemeinsamem Dienst am Vaterlande finden und gemeinsam weiterhin europäische Politik betreiben und dadurch zum Frieden unter uns und zum Frieden in der Welt beitragen.