Rede:
ID0217402800

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2174

  • date_rangeDatum: 29. November 1956

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    2. Deutscher Bundestag — 174. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. November 1956 9589 174. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. November 1956. Wünsche für baldige Genesung des während der Tagung der Interparlamentarischen Union in Bangkok erkrankten Vizepräsidenten Dr. Schmid 9591 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Friedensburg, Sträter und Mukkermann 9591 D Glückwünsche zur Genesung des Abg. Blachstein 9601 B Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . . . 9592 B Bestätigung des vom Bundestag in der 164. Sitzung beschlossenen Gesetzes über Bergmannsprämien durch den Vermittlungsausschuß (Drucksache 2921) . . . . 9592 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 285, 290, 292, 293, 295 (Drucksachen 2797, 2884; 2818, 2897; 2830, 2892; 2831, 2893; 2856, 2915) und über Vorlage der Dritten Verordnung zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung über die Beimischung inländischen Rüböls und Feintalges 9592 B Zur Tagesordnung 9620 D, 9631 C, 9635 D, 9677 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Oktober 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage (Drucksache 2901) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Eingliederung des Saarlandes (Drucksache 2902), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Oktober 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und dem Großherzogtum Luxemburg über die Schiffbarmachung der Mosel (Drucksache 2903), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Oktober 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Ausbau des Oberrheins zwischen Basel und Straßburg (Drucksache 2904) und mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Oktober 1956 zur Abänderung des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 2905) . 9592 C Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen 9592 C Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 9599 D, 9600 C Wehner (SPD) 9601 B Kiesinger (CDU/CSU) 9605 C, 9606 C, 9612 B Dr. Mommer (SPD) 9606 C, 9621 A Dr. Bucher (FDP) 9611 D, 9612 B Schneider (Bremerhaven) 9614 C Feller (GB/BHE) 9616 C Euler (FVP) 9619 A Dr. Hellwig (CDU/CSU) 9625 A Jacobs (SPD) 9628 C Walz (CDU/CSU) 9630 A Sabaß (CDU/CSU) 9631 P Ausschußüberweisungen 9631 A, B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Haftpflicht des Bundes für Personen- und Sachschäden, die von der Bundeswehr verursacht werden (Bundeswehr-Haftpflichtgesetz) (Drucksache 2800) 9631 C Bazille (SPD), Antragsteller . . . . 9631 C Dr. von Merkatz, Bundesminister der Justiz 9631 D Überweisung an den Rechtsausschuß . . 9632 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll vom 20. März 1952 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Drucksache 85); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksache 2834) . 9632 B Dr. Wahl (CDU/CSU): als Berichterstatter 9632 B Schriftlicher Bericht 9679 D Metzger (SPD) 9632 C Abstimmungen 9632 C, D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verf assungsrecht über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Einheitliche Prozeßführung (Drucksachen 2795, 2435) 9632 D Bauer (Würzburg) (SPD), Berichterstatter 9632 D Beschlußfassung 9633 D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Oberstes Bundesgericht (Drucksachen 2796, 2436) 9633 D Dr. von Buchka (CDU/CSU), Berichterstatter 9634 A Beschlußfassung 9634 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Personalgutachterausschuß-Gesetzes (Drucksache 2835) 9634 D Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung 9634 D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Lage von Militärflugplätzen und anderen militärischen Einrichtungen (Drucksache 2767) 9634 D Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung 9634 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Ersten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956 (Erstes Nachtragshaushaltsgesetz 1956) (Drucksache 2874) . 9634 D Überweisung an den Haushaltsausschuß . 9634 D Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der ehemaligen KiautschouKaserne Cuxhaven; Verkauf an die Stadt Cuxhaven (Drucksachen 2837, 2581) . . 9635 A Beschlußfassung 9635 A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des ehemaligen Heeresverpflegungsamtes in Ulm, Wörthstraße (Drucksachen 2838, 2594) 9635 A Beschlußfassung 9635 B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Deutschen Bundestages zur Veräußerung einer Teilfläche von rund 50 000 qm des reichseigenen Kasernengrundstücks an der Invaliden-, Lehrter und Seydlitzstraße in Berlin an die Gebietskörperschaft Berlin im Wege des Tausches (Drucksachen 2839, 2661) . . 9635 B Beschlußfassung 9635 B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des ehemaligen Flakbeständelagers Rahling an die Melitta-Werke Bentz u. Sohn, Minden (Westfalen) (Drucksachen 2840, 2668) 9635 B Beschlußfassung 9635 C Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Bundestages zum Verkauf des landwirtschaftlich zu besiedelnden ehemaligen Flugplatzes Wyck/Föhr (Drucksachen 2841, 2683) 9635 C Dr. Gülich (SPD), Berichterstatter . 9635 C Beschlußfassung 9635 C Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem Teilgrundstück der ehemaligen Westwerft in Wilhelmshaven (Drucksachen 2842, 2624) 9635 D Beschlußfassung 9635 D Fortsetzung der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlenwirtschaft (Drucksache 2019, Umdrucke 841, 842, 846) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Sofortprogramm für den Kohlenbergbau (Drucksache 2021), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Untersuchung der Erzeugungs- und Absatzbedingungen der deutschen Kohlenwirtschaft (Drucksache 2246), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau (Drucksache 2356) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Bergarbeiterwohnungsbau (Drucksache 2858) 9635 D Dr. Bleiß (SPD), Antragsteller . . 9636 A Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau . . . . 9640 B, 9663 A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft . . 9642 B, 9652 A, 9661 C Sabaß (CDU/CSU) . 9646 C, 9649 B, 9651 C, 9652 C Vizepräsident Dr. Becker . . 9649 B, 9651 B Dr. Deist (SPD) . 9652 B, C, 9670 C, 9674 B, 9675 D Dr. Blank (Oberhausen) (FVP) . . . 9664 E Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . . 9665 D Schloß (FDP) 9669 B Dr. Hellwig (CDU/CSU) . 9673 D, 9674 A, B, 9675 A, 9676 A Dr. Baade (SPD) 9674 A, 9675 A Ausschußüberweisungen 9676 B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Deutschen Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem Teilgrundstück der ehemaligen Westwerft in Wilhelmshaven (Drucksachen 2843, 2670) 9676 D Beschlußfassung 9677 A Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache 2329); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene (Drucksache 2847) . . . 96* A Rehs (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9681 B Beschlußfassung 9677 A Beratung des Berichts des Haushaltsausschusses gemäß § 96 (neu) der Geschäftsordnung (Drucksache 2849) und des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Heimatvertriebene (Drucksache 2846) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Maßnahmen zur Förderung der Umsiedlung von Heimatvertriebenen und Evakuierten sowie zur beschleunigten Auflösung der Flüchtlingslager (Drucksache 1899) 9677 B Kuntscher (CDU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9181 C Abstimmungen 9677 A Persönliche Erklärungen zu Ausführungen in der 173. Sitzung über das Verhalten des Vizepräsidenten Dr. Schneider in der 172. Sitzung bzw. über parlamentarischen Stil: Dr. Arndt (SPD) 9677 C Vizepräsident Dr. Jaeger 9678 A Rasner (CDU/CSU) 9678 C Nächste Sitzung 9678 C Berichtigungen zum Stenographischen Bericht der 173. Sitzung 9678 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 9679 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Entwurf eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll vom 20. März 1952 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Drucksache 2834) 9679 C Anlage 3: Antrag der Abg. Kroll u. Gen. zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlenwirtschaft (Umdruck 841) 9680 B Anlage 4: Antrag der Abg. Kroll u. Gen. zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlenwirtschaft (Umdruck 842) 9680 C Anlage 5: Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlenwirtschaft (Umdruck 846) 9681 A Anlage 6: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene über den von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache 2847) 9681 B Anlage 7: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Maßnahmen zur Förderung der Umsiedlung von Heimatvertriebenen und Evakuierten sowie zur beschleunigten Auflösung der Flüchtlingslager (Drucksache 2846) . . 9681 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Berichtigungen zum Stenographischen Bericht der 173. Sitzung Es ist zu lesen: Seite 9573 D Zeilen 13 und 16 von unten statt „Zwangsrücknahmen" : Inanspruchnahme; Seite 9586 C Zeile 8 in der Zusammenstellung der namentlichen Abstimmung über den § 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes: Frau Finselberger beurlaubt. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Ackermann 30.11. Arndgen 30.11. Bender 30.11. Frau Beyer (Frankfurt) 14.12. Birkelbach 1.12. Fürst von Bismarck 30.11. Blachstein 30.11. Dr. Blank (Oberhausen) 1.12. Frau Dr. Bleyler 30.11. Dr. Bucerius 29.11. Cillien 15.12. Dr. Deist 1.12. Dr. Dittrich 22.12. Dr. Dollinger 1.12. Dr. Dresbach 30. 12. Dr. Elbrächter 30.11. Erler 30. 11. Eschmann 30. 11. Dr. Franz 30.11. Freidhof 29. 11. Dr. Furler 1.12. Gefeller 30. 11. Geiger (Aalen) 30.11. D. Dr. Gerstenmaier 3.12. Dr. von Golitschek 30.11. Grantze 22. 12. Hilbert 30.11. Höfler 30.11. Hörauf 15.12. Dr. Horlacher 1.12. Jahn (Stuttgart) 29.11. Kahn 29. 11. Kiesinger 3.12. Dr. Klötzer 30. 11. Dr. Köhler 30.11. Dr. Kopf 1.12. Krammig 30.11. Dr. Kreyssig 1.12. Frau Dr. Kuchtner 30.11. Kühn (Köln) 30.11. Lenz (Brühl) 1.12. Dr. Lenz (Godesberg) 30.11. Dr. Löhr 29. 11. Mattick 30. 11. Mayer (Birkenfeld) 1.12. Dr. Menzel 30.11. Dr. von Merkatz 1.12. Meyer-Ronnenberg 29. 11. Dr. Mommer 30. 11. Morgenthaler 29.11. Müller-Hermann 30.11. Neubauer 30.11. Frau Niggemeyer 29.11. Odenthal 31.12. Dr. Oesterle 1.12. 011enhauer 15.12. Pelster 1.12. Petersen 29.11. Dr. Pohle (Düsseldorf) 1.12. Pohle (Eckernförde) 29. 11. Frau Praetorius 30. 11. Dr. Preiß 30.11. Dr. Dr. h. c. Pünder 30.11. Raestrup 22.12. Rasch 29.11. Frau Dr. Rehling 15.12. Dr. Reichstein 5.12. Richter 30. 11. Freiherr Riederer von Paar 30.11. Sabaß 1.12. Scheel 22. 12. Scheppmann 29.11. Dr. Schmid (Frankfurt) 3.12. Schmücker 29. 11. Schoettle 30. 11. Dr. Schöne 1.12. Dr. Seffrin 29. 11. Srock 1.12. Dr. Starke 30. 11. Stauch 29. 11. Wagner (Ludwigshafen) 30. 11. Dr. Welskop 29.11. Abgeordnete(r) bis einschließlich b) Urlaubsanträge Frau Dietz 13.12. Eberhard 8.12. Engelbrecht-Greve 13.12. Franzen 13.12. Herold 13.12. Majonica 15.12. Massoth 13.12. Pöhler 13.12. Anlage 2 Drucksache 2834 (Vgl. S. 9632 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll vom 20. März 1952 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Drucksache 85). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wahl Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat sich besonders eingehend mit Artikel 1 und 2 des Zusatzprotokolls beschäftigt, während die Verpflichtung, in angemessenen Zeitabständen freie und geheime Wahlen für die gesetzgebenden Körperschaften zu gewährleisten (Artikel 3), als selbstverständlich, ohne weiteren Meinungsaustausch, angenommen werden konnte. Zu Artikel 1 bewegten sich die Darlegungen der Mitglieder des Rechtsausschusses auf der Linie des Bedauerns, daß es nicht gelungen war, als völkerrechtlichen Grundsatz auch in dem Zusatzprotokoll ausdrücklich die Pflicht zur Entschädigung enteigneter fremder Staatsangehöriger zu verankern. Immerhin ist in dem Sachverständigenbericht an das Minister-Komitee vom 18. Juli 1951 als gegenwärtig allgemein anerkannter Grundsatz des Völkerrechts eine solche Entschädigungspflicht festgestellt worden, und insoweit schließt die Bezugnahme auf die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts, nach denen die Enteignung durchgeführt werden muß, wenigstens im gegenwärtigen Zeitpunkt die Entschädigungspflicht ein. Besonders eingehend verliefen die Beratungen über Artikel 2, der in Satz 2 folgenden Wortlaut hat: (Dr. Wahl) Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihrer eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugung sicherzustellen. Dieser Wortlaut gewinnt seinen Sinn zu einem wesentlichen Teil dadurch, daß der Ausschuß für Rechts- und Verwaltungsfragen der Beratenden Versammlung des Europarats am 2. Oktober 1951 dem Präsidenten der Beratenden Versammlung folgende Stellungnahme unterbreitet hat, die auch in dem an das Minister-Komitee am 12. Dezember 1951 erstatteten Bericht des Generalsekretärs des Europarats enthalten ist: Wenn die Befürchtung ausgedrückt worden ist, daß jede andere Formel die Verpflichtung eines Staates zu implizieren scheine, unter ganzer oder teilweiser Inanspruchnahme von öffentlichen Mitteln Schulen zu errichten oder aufrechtzuerhalten, die den verschiedenen in der Bevölkerung bestehenden Richtungen entsprechen, so kann die Kommission nur nochmals versichern, wie es bereits der Beratenden Versammlung gegenüber erklärt worden ist, daß diese Frage als außerhalb des Rahmens der Konvention oder des Protokolls stehend zu betrachten ist. Angesichts dieser Erklärung hat sich der Rechtsausschuß des Bundestages auf den Standpunkt gestellt, vorbehaltlos dem Zusatzprotokoll zustimmen zu können, da die in dem Text des Zusatzprotokolls offengebliebene Frage, ob der Staat Schulen religiösen oder weltanschaulichen Charakters finanzieren muß, im Sinne der Verfasser der Konvention zweifellos verneint werden muß. Wenn diese Verpflichtung zur Finanzierung der Schulen aber nicht besteht, dann geht die Konvention nicht über die Lösungen des Grundgesetzes hinaus, wie sie in Artikel 6 Abs. 2 über das Elternrecht und in Artikel 7 Abs. 4 über die Zulassung der Schulen enthalten sind. Es ist aber gewünscht worden, daß durch eine besondere Entschließung diese Interpretation des Artikels 2 der Konvention ausdrücklich klargestellt werde. Der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten hat dem vorstehenden Bericht und sämtlichen Beschlüssen des federführenden Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht zugestimmt. Bonn, den 25. Oktober 1956 Dr. Wahl Berichterstatter Anlage 3 Umdruck 841 (Vgl. S. 9640 B, 9676 B) Antrag der Abgeordneten Kroll, Wolf (Stuttgart), Stücklen, Jacobi und Genossen zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Kohlenwirtschaft (Drucksache 2019). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, bei der Deutschen Bundesbahn darauf hinzuwirken, daß die angesichts der starken Zunahme der Übersee-Importe von Kohle nicht mehr zeitgemäßen Unterschiede in der Tarifierung von Inlands- und sonstiger Montanunions-Kohle einerseits und Auslandskohle andererseits beseitigt werden. Bonn, den 15. November 1956 Kroll Wolf (Stuttgart) Stücklen Baier (Buchen) Bauereisen Bausch Dr. Brönner Dr. Czaja Dr. Dollinger Donhauser Finckh Fuchs Funk Dr. Furler Gedat Geiger (München) Gengler Dr. Götz Häussler Dr. Hellwig Hilbert Dr. Horlacher Frau Dr. Jochmus Kahn Frau Kaiser (Schwäbisch Gmünd) Kemmer (Bamberg) Lang (München) Leibing Lermer Leukert Maier (Mannheim) Menke Niederalt Dr. Oesterle Dr. Rinke Ruf Samwer Schill (Freiburg) Schüttler Schütz Spies (Emmenhausen) Stiller Wacher (Hof) Wacker (Buchen) Dr. Werber Dr. Willeke Wittmann Jacobi Müller (Erbendorf) Anlage 4 Umdruck 842 (Vgl. S. 9640 B, 9676 B) Antrag der Abgeordneten Kroll, Wolf (Stuttgart), Stücklen, Jacobi und Genossen zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Kohlenwirtschaft (Drucksache 2019). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, Steinkohle in die Freiliste 1 (Anlage 2 zu § 7 Abs. 3 der Ausgleichsteuerordnung in Verbindung mit § 4 Nr. 1 b des Umsatzsteuergesetzes) aufzunehmen. Bonn, den 15. November 1956 Kroll Wolf (Stuttgart) Stücklen Baier (Buchen) Bausch Dr. Brönner Dr. Czaja Dr. Dollinger Donhauser Finckh Fuchs Dr. Furler Gedat Geiger (München) Gengler Dr. Götz Häussler Hilbert Dr. Horlacher Frau Dr. Jochmus Kahn Frau Kaiser (Schwäbisch Gmünd) Kemmer (Bamberg) Lang (München) Leibing Leukert Maier (Mannheim) Menke Niederalt Dr. Oesterle Dr. Rinke Ruf Samwer Schill (Freiburg) Dr.-Ing. E. h. Schuberth Schüttler Schütz Spies (Emmenhausen) Stiller Wacher (Hof) Wacker (Buchen) Dr. Werber Dr. Willeke Jacobi Müller (Erbendorf) Anlage 5 Umdruck 846 (Vgl. S. 9640 B, 9676 B) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FVP, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Kohlenwirtschaft (Drucksache 2019). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die Bundesregierung wird ersucht, nach Maßgabe des Vertrages vom 18. April 1951 über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl in der Bundesrepublik eine weitsichtige Kohlenpolitik mit dem Ziel einer vollen Eingliederung des Kohlenbergbaus in die soziale Marktwirtschaft zu führen. 2. Die Bundesregierung wird ersucht, zur Schaffung neuer Kapazitäten im Kohlenbergbau und für die bessere Versorgung aller Verbraucher die Erschließung neuer Abbaufelder, das Abteufen neuer Schachtanlagen und die Errichtung von Zentralschachtanlagen steuerlich zu begünstigen. Bonn, den 16. November 1956 Dr. Krone und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Anlage 6 Drucksache 2847 (Vgl. S. 9677 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene (34. Ausschuß) über den von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache 2329). Berichterstatter: Abgeordneter Rehs Nachdem für den mit dem Gesetzentwurf — Drucksache 2329 — beabsichtigten Zweck anstelle des geforderten Betrages von 10 Millionen DM im Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956 bereits ein Betrag bis zu 10,5 Millionen DM bereitgestellt worden ist, betrachtet der Ausschuß das Anliegen der Antragsteller als erfüllt. Bonn, den 30. Oktober 1956 Rehs Berichterstatter Anlage 7 Drucksache 2846 (Vgl. S. 9677 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene (34. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Maßnahmen zur Förderung der Umsiedlung von Heimatvertriebenen und Evakuierten sowie zur beschleunigten Auflösung der Flüchtlingslager (Drucksache 1899). Berichterstatter: Abgeordneter Kuntscher Der Ausschuß stellt fest, daß dem unter Buchstabe A des Antrags — Drucksache 1899 — aufgeführten Anliegen inzwischen durch die von der Bundesregierung erlassene Verordnung zur Umsiedlung aus überbelegten Ländern vom 5. Juni 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 490) entsprochen worden ist. Bezüglich der Buchstaben B und C des Antrags besteht nach der Feststellung des Haushaltsausschusses im Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956 keine Deckungsmöglichkeit. Bonn, den 24. Oktober 1956 Kuntscher Berichterstatter
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    Rede von Dr. Karl Mommer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir raucht noch ein wenig der Kopf von asiatischen Problemen und von den Wirkungen asiatischen Klimas, und ich hatte nicht die Absicht, an dem ersten Tage, an dem ich wieder hier bin, in die Debatte einzusteigen. Aber die Ausführungen unseres Kollegen Kiesinger haben mich gezwungen, mich doch zu Wort zu melden.
    Zunächst einmal muß ich wieder Verwahrung gegen diese Art des Zitierens einlegen, die hier im Bundestag von mancher Seite immer wieder geübt wird. Man pickt aus einem Text einen Satz oder den Teil eines Satzes heraus und läßt das, was diesem Satz seine wahre Bedeutung gibt, einfach weg.
    Herr Kiesinger hat aus einem Artikel zitiert, den ich in der Zeitschrift „Außenpolitik" geschrieben habe. Er hat einen Satz richtig zitiert:
    Wie in dem Quellenband des Hamburger Völkerrechtlichen Instituts in den Ausführungen von Ministerpräsident Faure bestätigt wird, entriß der Bundeskanzler im Oktober 1954 das zweite Plebiszit den Franzosen als Zugeständnis.
    So weit richtig zitiert: das zweite Plebiszit. Aber wenn man diesen Satz zitiert, muß man den unmittelbar folgenden mit zitieren:
    Das erste erschien nicht den Franzosen, sondern uns Deutschen gefährlich. Was in der französischen Absicht und derjenigen der frankophilen Parteigänger an der Saar eine Plebiszitierung der Abtrennung von Deutschland werden sollte, verwandelte sich vor den erstaunten Augen der ganzen Welt in ein Plebiszit für die Wiedervereinigung.
    Der Herr Bundeskanzler hat, als er den damaligen Saarvertrag unterschrieb, genauso das erste Plebiszit gesehen, wie wir alle es gesehen haben, und er hat keineswegs gewußt, daß sich aus diesem ersten Plebiszit heraus die Wende für das Schicksal der Saar ergeben werde. Wenn ich ehrlich bin, muß ich sagen, daß niemand von uns das gewußt hat. Wir alle waren uns im unklaren darüber, wie diese kurze Frist der Freiheit, die man für drei Monate und nicht länger zugestehen wollte, auf eine bis dahin einseitig informierte, unterdrückte, gegängelte Bevölkerung wirken würde. Das wußten wir alle nicht. Wenn jemandem ein besonderes Verdienst zukommt, daß diese Gelegenheit so ergriffen wurde, daß sie zum Gegenteil dessen führte, was diejenigen wollten, die das Plebiszit veranstalteten und dem Bundeskanzler als Zugeständnis entrissen — anläßlich der Verhandlungen über die Pariser Verträge —, wenn jemandem ein Verdienst daran zukommt, dann der saarländischen Bevölkerung,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    die trotz der energischen und immer wiederholten Einflußnahme von der Bundesregierung her sich nicht unterwarf, die ganze Argumentation des Herrn Bundeskanzlers als falsch erkannte — so, wie wir sie als falsch dargestellt haben —

    (erneute Zustimmung bei der SPD)

    und die trotz der massiven Drohungen und des massiven politischen Druckes das Saarstatut ablehnte.
    Lassen Sie mich auch einmal zitieren, den Herrn Bundeskanzler nämlich, und ich picke nicht einen Satz heraus, sondern zitiere alles, was in diesen Zusammenhang gehört. Bei der CDU-Kundgebung in Bochum hat der Herr Bundeskanzler im September 1955 — es war am 2. September —, nachdem der Abstimmungskampf begonnen hatte, folgendes gesagt:
    Nun, da ich von Europa spreche,
    — ich zitiere nach dem „Bulletin" der Bundesregierung vom 6. September 1955 —
    lassen Sie mich hier in aller Offenheit und mit allem Freimut etwas sagen. Ich bin in großer Sorge wegen der Vorgänge an der Saar.
    Ich lasse einige unwesentliche Sätze aus, und dann kommt's:
    An die Bevölkerung an der Saar habe ich die herzliche Bitte zu richten: Ich verstehe, daß sie die Regierung Hoffmann nicht mehr will, und ich bin der Auffassung, die Regierung Hoffmann hat im Saargebiet keinen Boden mehr bei der Bevölkerung. Aber der Weg, zu einer anderen Regierung zu kommen, ist gerade, dieses Statut anzunehmen

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und dann in der darauf stattfindenden Landtagswahl einen Landtag zu wählen, der in seiner Mehrheit gegen die Regierung Hoffmann gerichtet ist. Wenn man das tut, dann wahrt man gleichzeitig auch die europäischen Interessen, die es nicht vertragen,
    usw.

    (Abg. Metzger: Sehr interessant!)

    Es gibt noch eine andere Stellungnahme des Herrn Bundeskanzlers kurz vor dem Saarstatut anläßlich der Konferenz in Luxemburg mit dem Chef der französischen Regierung. Ich habe hier die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 7. Oktober 1955 vor mir und zitiere aus dem, was ein Sprecher der Bundesregierung damals gesagt hat:
    Der Sprecher gab bekannt, daß der Kanzler dem Kabinett am Donnerstag morgen über Luxemburg berichtet hat, und hob nochmals die Bedeutsamkeit der gemeinsamen Feststellung hervor, daß die politischen Freiheiten gemäß Art. 6 des Statuts auch nach der Annahme des Status weiterhin voll aufrechterhalten blei-


    (Dr. Mommer)

    ben. Auf Fragen, ob diese Freiheiten auch bestehen bleiben, wenn das Statut abgelehnt werde, wies der Sprecher darauf hin, daß es sich bei diesen Freiheiten um Elemente des Statuts handele, die entfielen, wenn das Statut nicht Wirklichkeit würde.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die Bundesregierung hat damals indirekt gedroht; sie hat der Bevölkerung an der Saar gesagt: Wenn ihr Freiheit wollt, müßt ihr das Statut annehmen. Wenn ihr es ablehnt, bedeutet das Rückkehr zum Status quo.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das hat die Bundesregierung nicht einmal in gutem Glauben getan;

    (Abg. Kiesinger: Wie können Sie das sagen!?)

    sie wußte, — — Ich bedaure, das sagen zu müssen, Herr Kiesinger, Sie wissen, ich wäge meine Worte. Sie hat es nicht einmal in gutem Glauben getan, denn sie wußte, daß in jenem Statut die politischen Freiheiten nach dem Text, so wie er stand, und nach den Absichten der Vertragspartner nach diesen drei Monaten wieder aufhören sollten; sonst hätte man sie ja auch nicht auf drei Monate zu begrenzen brauchen. Und sie wußte ebenfalls, daß gerade die Ablehnung des Statuts eine politische Lage schaffen würde, der die französische Regierung nicht anders Rechnung tragen konnte als dadurch, daß sie wieder Verhandlungen, diesmal auf veränderter Grundlage, aufnehmen mußte.
    Sie sagen, Herr Kiesinger: nun, was konnte der Herr Bundeskanzler anders tun, als die Saarbevölkerung auffordern, dem Statut, das er unterschrieben hatte, zuzustimmen. Ich würde mit Ihnen übereinstimmen, wenn Sie es negativ ausdrückten und sagten: Konnte der Herr Bundeskanzler die Saarbevölkerung auffordern, das Statut abzulehnen? Nein, er konnte es nicht, und wenn er sich mit Schweigen begnügt hätte, dann unterläge er heute nicht unserer Kritik. Er hat aber nicht geschwiegen, und wenn er nicht geschwiegen und Einfluß auf einen anderen Ausgang des Plebiszits genommen hat als den, der uns heute in die glückliche Lage versetzt, über die Heimkehr des Saargebiets zu verhandeln, wenn er Einfluß im entgegengesetzten Sinne genommen hat, so ist das nicht zuletzt auch von Ihnen kritisiert worden. Ich weiß doch, wie es in Ihrer Partei zu jener Zeit hergegangen ist und welch schwerer Kritik sich Ihr Parteichef bei Ihnen selbst ausgesetzt hat, als er sich während dieses Kampfes entgegen dem deutschen Interesse und entgegen einem gesunden und elementaren patriotischen Gefühl der Saarbevölkerung entgegenstellte. Das Statut hatte die Abtrennung zum Ziel, nicht strikt notwendigerweise zum Erfolg. Die Saarbevölkerung nutzte in einem großen Elan die Freiheit, um den Weg der Wiedervereinigung zu bereiten. Es ist nötig, diese Dinge klarzustellen, um der Legendenbildung entgegenzuwirken.
    Nein, es ist nicht so, daß die Politik des Herrn Bundeskanzlers die Lage herbeigeführt hat, in der die heutigen Verträge möglich geworden sind. Die Politik des Herrn Bundeskanzlers war richtig unter der Voraussetzung und der Bedingung, daß die Saarbevölkerung nicht auf den Herrn Bundeskanzler hörte und ihm die schneidende Absage des 23. Oktober 1955 erteilte. Unter der Bedingung war sie richtig. Mir fiel da Goethe ein. Da war der Herr
    Bundeskanzler, wie es im Faust heißt, ein Teil der Kraft, die das Böse will und das Gute schafft.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Kiesinger: Sie haben wenigstens das „stets" weggelassen!)

    Ich habe auch an Hegel denken müssen, da wir nunmehr in Philosophie und Literatur sind, der bekanntlich die Geschichte als Entwicklung zur Freiheit darstellt und sagt: Der Weltgeist, der diese Entwicklung leitet. bedient sich manchmal sonderbarer Mittel, um zu seinem Ziele zu gelangen. Er bedient sich auch der List. Und wenn Hegel das erlebt hätte, — —

    (Abg. Kiesinger: Der List der Idee! — Abg. Kunze [Bethel] : Sie zitieren dauernd falsch!)

    — Ja, die List der Idee, richtig! Und das war eine List der Idee, nicht eine List des Herrn Bundeskanzlers, und ich möchte jedem abraten, es so darzustellen; dann wäre nämlich der Herr Bundeskanzler schlechtgläubig gewesen, als er seine Unterschrift unter jenen Vertrag setzte. Es war die List der Idee.

    (Abg. Kiesinger: Welcher Idee?)

    — Der Idee der Freiheit, Herr Kiesinger!

    (Abg. Kiesinger: Und der Selbstbestimmung!)

    So ist das zustande gekommen, was heute vor uns liegt. Eine Bedingung, und zwar die wesentlichste Bedingung dafür war aber, daß die Saarbevölkerung ihren Freiheitskampf nicht in der Vereinsamung führen mußte, sondern daß sie das Gefühl hatte, daß wenigstens die Opposition auf ihrer Seite stand, wenn sie sich von der Regierung verlassen fühlte. Und Sie wissen es sehr genau, wie oft sie sich verlassen gefühlt hat.
    Wenn ich heute in den Zeitungen lese, daß der Herr Bundeskanzler demnächst einen Besuch im Saargebiet machen will, darf ich hier bescheiden meinen Rat unterbreiten, doch damit noch etwas zu warten, bis ein wenig Gras über diese vergangene Saarpolitik des Herrn Bundeskanzlers gewachsen ist.

    (Zuruf von der Mitte: Das können Sie Ihren Landsleuten selbst überlassen!)

    — Ja gewiß, das überlasse ich gern den Landsleuten an der Saar.

    (Abg. Kiesinger: Warten Sie ab! Wieder mal eine falsche Prophetie!)

    — Einigen wir uns so, Herr Kiesinger: Machen Sie vorher sorgfältig nach Gallup-Methoden eine Umfrage in der Saarbevölkerung!

    (Abg. Kunze [Bethel]: Nicht nötig! Brauchen wir nicht!)

    Es ist Ihnen sicher bekannt, daß der Herr Bundeskanzler im Saargebiet keine sehr populäre Person ist. Das werden Sie nicht bestreiten.

    (Abg. Kunze [Bethel]: Warten Sie doch ab! — Abg. Kiesinger: Bei Herrn Schneider nicht!)

    Meine Damen und Herren, Herr Kiesinger hat gemeint, wir Sozialdemokraten hätten in der Isolierung gekämpft, und mit unserer Art, die Dinge anzupacken, wäre nie das Resultat zustande gekommen, vor dem wir heute stehen. Er hat bei dieser Gelegenheit vor allem vom Straßburger


    (Dr. Mommer)

    Europarat gesprochen. Herr Kiesinger, ich glaube nicht, daß es ein Ruhmesblatt für Ihre Partei ist, wie Sie sich da manchmal in Straßburg verhalten haben.

    (Abg. Kiesinger: Ich bin ganz vom Gegenteil überzeugt!)

    Ich bin davon überzeugt, daß es für Sie nicht von Vorteil ist, diese Geschehnisse in Straßburg im einzelnen zu durchleuchten. Als Herr Naters jenen Plan vorlegte, in dem die endgültige Abtrennung des Saargebietes vorgesehen war, und dieser Plan im Ausschuß zur Abstimmung kam — im Plenum ist bekanntlich nie darüber abgestimmt worden —, da gab es nur eine Stimme gegen diesen Plan der dauernden Abtrennung; das war eine sozialdemokratische;

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und es gab eine deutsche Ja-Stimme zu diesem Plan,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und das war die Stimme des CDU-Vertreters in diesem Ausschuß.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Kiesinger: Verschweigen Sie nicht, daß das zur Zeit der Konzeption der Europäischen Politischen Gemeinschaft war!)

    — Richtig, will ich Ihnen gern konzedieren, Herr Kiesinger, das war zu der Zeit der Pläne mit der politischen Gemeinschaft. Aber auch da haben Sie ja selbst mit diesen Dingen die größten Kopfschmerzen gehabt. Sie wissen wohl, daß Sie sich damals in Wirklichkeit gegen bessere Überzeugung der Macht der anderen Seite und dem massiven Streben, in diesem Fall der Siegermächte und ihrer Verbündeten, unterworfen

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und einer Politik zugestimmt haben, die recht uneuropäisch konzipiert war, sowohl was die Staatenordnung, was die Selbstbestimmung als auch was die demokratischen Freiheitsrechte angeht.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sehen Sie, wir Sozialdemokraten sind zu unserem Schmerz, muß ich sagen, manchmal in der Lage gewesen, isoliert zu sein. Ja, wir waren isoliert auf den guten Grundsätzen, die uns eigentlich allen gemeinsam sind, auf den guten Grundsätzen, nach denen man europäische Politik nicht mit JaltaKonzeption machen kann. Wir haben uns nicht gescheut und haben es auf uns genommen — glauben Sie, daß es uns nicht angenehm war im Europarat und auch sonst in der Welt, auch in der Sozialistischen Internationale gegenüber unseren eigenen politischen Freunden —, diesen Kampf um die besseren Grundsätze, die uns allen gemeinsam sind, zu führen, auch dann, wenn wir damit alleine blieben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Und, Herr Kiesinger, was wir da getan haben, das werden wir in jedem ähnlichen Fall wieder tun. Wir werden zu diesen Grundsätzen, die eine bessere Zukunft für Europa garantieren, immer stehen, auch dann, wenn Sie mit den anderen stimmen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenn wir damals den Kampf führten und dabei vielleicht manchmal auch ein wenig erbittert und verbittert waren, dann haben wir niemals vergessen, daß man in der harten politischen Wirklichkeit diese Prinzipien nicht durchsetzen kann, indem man auf den Tisch klopft und sagt: „Unser Recht! Ihr müßt herausgeben, was Ihr zu Unrecht genommen habt, und damit Schluß!", wie der Herr Bundeskanzler es hier einmal gegenüber den Russen in bezug auf die Wiedervereinigung getan hat.
    Wir haben immer gesagt: mit einem Nachbarn, mit dem wir in Frieden und Freundschaft leben wollen, muß man anders reden. Auch dann, wenn man fühlt, daß man in der Sache, die man vertritt, ganz und gar recht hat, muß man den Realitäten Rechnung tragen und zu erkennen geben, daß man nicht nur fordert, sondern daß man auch zu geben bereit ist und daß man die Lösung politischer Probleme im Ausgleich sieht und nicht allein im Kampf, — auch im Kampf, aber nicht allein im Kampf!
    Deshalb sind wir die ersten gewesen, die von diesem Ausgleich, von diesen Konzessionen politischer und vor allem wirtschaftlicher Art an Frankreich gesprochen haben. Deshalb hat es auf unserer Seite die wenigsten Schwierigkeiten gegeben, als bei diesen Verhandlungen die schweren Opfer gefordert wurden, denen wir hier zustimmen werden: Moselkanal, Warndt und manches andere. Wir sind auch dann wieder zu unseren Grundsätzen gestanden, als es zum Pfeifen kam, als es nicht genügte, den Mund zu spitzen. Wir haben es uns nicht leicht gemacht und diese Konzessionen abgelehnt im Hinblick darauf, daß sich die Saarbevölkerung so klar zu Deutschland bekannt hat. Wir sind vielmehr der Meinung — und nicht nur in diesem Falle, Herr Kiesinger —, daß es anderen Staaten gegenüber, die Großmächte sind, nicht genügt, zu fordern und recht zu haben, sondern mit Großmächten ist nur zu verhandeln, wenn man zum Ausgleich bereit ist, es sei denn, man hat eine Verteidigungsv ehr, die man einsetzen wollte und die in der Lage wäre, das, was man zu Recht zu fordern hat, auch mit Gewalt zu holen. Aber ich weiß, daß Sie das ja nicht wollen.

    (Abg. Kiesinger: Woher wissen Sie das?)

    — Ich unterstelle es zu Ihren Gunsten, Herr Kiesinger. Sie haben häufig gesagt, daß kein Ziel unserer Politik mit Waffengewalt zu verwirklichen sei.

    (Abg. Metzger zum Abg. Kiesinger: Oder sind Sie anderen Sinnes geworden? — Abg. Kiesinger: Nein, das meine ich ja!)

    — Was, Sie sind anderen Sinnes geworden? Das glaube ich nicht.

    (Abg. Kiesinger: Habe ich Sie mißverstanden?)

    — Sie haben mich mißverstanden.
    Wenn das nicht geht, muß man sehen, wo der Ausgleich liegt. An dem Saarvertrag könnte man für die Wiedervereinigungspolitik auch in östlicher Richtung so manches deduzieren.
    Sie haben es für nötig gehalten, Herr Kiesinger, hier wieder von der Verteidigungswehr zu sprechen und davon, wie nötig und nützlich sie für die Wiedervereinigung usw. wäre.

    (Abg. Kiesinger: Ja, bitter nötig!)

    Wir können die Debatte darüber hier nicht ausdehnen. Aber eine Frage, Herr Kiesinger: glauben Sie, daß die Saar jetzt zu uns zurückkäme, wenn wir Frankreich gegenüber eine Politik gemacht hätten, wie Sie sie für die Wiedervereinigung dem Osten gegenüber machen?

    (Sehr gut! bei der SPD.)



    (Dr. Mommer)

    Ist es nicht richtig, was Ihre Redner hier gesagt haben: daß man, wenn man so etwas will, mit dem Staat, der das geben soll, was man will, in freundschaftlicher Beziehung leben muß? Ist das nicht eine Voraussetzung? Ist nicht die Politik, die Sie nach Osten hin geführt haben, das genaue Gegenteil von dem, was nötig ist, um eine Situation herbeizuführen, in der solch ein Saarvertrag möglich wird?
    Wir können heute keine allgemeine außenpolitische Debatte machen. Wir bedauern, daß es in dieser Debatte so gelaufen ist, daß möglichst alle Probleme, die heute vor uns stehen, zur Erörterung kommen.
    Sie haben auch wieder über Ungarn gesprochen.

    (Abg. Kiesinger: Zum erstenmal!)

    Wir glauben, daß man darüber besser in einer besonderen Debatte sprechen sollte. In diesem so erstaunlich heroischen Kampf der Ungarn, in seinem Verlauf und in seinem tragischen Ausgang stecken so viele Lehren für unsere Politik, daß es sich lohnt, einmal im einzelnen darüber zu sprechen.

    (Abg. Kiesinger: Sehr richtig!)

    In bezug auf diesen Saarvertrag lassen Sie mich eins sagen, was mir als Gedanke kommt, wenn Sie über Ungarn sprechen: Unsere Saarbevölkerung hat nicht nur gekämpft, sondern sie hat auch weise und mit Beschränkung, mit Selbstzucht und Selbstbeschränkung gekämpft. Als am 23. Oktober 1955 abgestimmt wurde und die Welt schon erwartete, daß es schlecht für die Veranstalter der Abstimmung ausgehen würde, standen französische Truppen und französische Gendarmerie ringsum an der Saargrenze bereit, einzumarschieren, wenn auch nur das geringste passierte und es ist der Weisheit der Saarbevölkerung und auch, glaube ich, soweit sie erbeten wurden, den ruhigen guten Ratschlägen, die von uns gegeben wurden, zu verdanken, wenn niemandem nach diesem gewaltigen Sieg an der Saar ein Haar gekrümmt worden ist und wenn jeder Anlaß zur Anwendung von Gewalt vermieden worden ist. Ich glaube, das muß man auch sehen, wenn man über die Gründe und Ursachen philosophiert, die zu dem heutigen Resultat geführt haben, daß man hier in jeder Hinsicht respektiert hat, daß auf der anderen Seite eine empfindliche Großmacht steht, mit deren Interessen nicht nur, sondern auch mit deren Gefühlen man rechnen muß, die man in seine Gesamtplanung einsetzen muß, wenn man eine Aktion zum guten Ende führen will. Der Kampf allein genügt nicht; man bedarf auch der sicheren politischen Zielsetzung und Führung.
    Es wäre besser gewesen, wenn wir uns heute, statt uns in der Polemik entgegenzutreten, in der gemeinsamen Freude darüber gefunden hätten,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    daß hier eine Million Deutscher zu uns heimkehrt und in Frieden und Freiheit in Zukunft in dem gemeinsamen Vaterland leben wird,

    (Beifall bei der SPD)

    und auch in der Freude darüber, daß wir es in
    Zukunft leichter haben werden, mit unseren französischen Nachbarn in besten Beziehungen zu leben.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein: Sehr gut!)

    Das wünschen wir alle, Herr Kiesinger. Sie haben
    geglaubt, da die SPD als eine Partei apostrophieren zu müssen, die sich mit Frankreich in der Vergangenheit sehr verzankt habe.

    (Abg. Kiesinger: Hat sie auch!)

    — Ja, das haben wir, Herr Kiesinger. Wir haben uns auch mit einer deutschen Regierung verzankt, wenn da das Recht mit Füßen getreten wird,

    (Beifall bei der SPD)

    und das werden wir immer wieder tun, gegenüber einer deutschen, einer französischen und einer russischen Regierung.

    (Abg. Kiesinger: Das letztere höre ich gern!)

    — Ja, Herr Kiesinger, und da liegt auch in diesem Falle die Grenze des Entgegenkommens und des Ausgleichens. In diesem Punkte der Freiheit und der Unabhängigkeit gibt es kein Entgegenkommen,

    (Beifall bei der SPD)

    auch dann nicht, wenn das Behaupten dieser Prinzipien im Augenblick bedeutet, daß ein Ziel nicht erreicht werden kann.
    Vergessen Sie aber nicht die andere Seite: daß neben dem Kampf für diese Prinzipien auch der Wille zum Ausgleich und zur Verständigung stehen muß! Heute sind wir in der glücklichen Lage, das Frankreich gegenüber erreicht zu haben, und das Verhältnis der Sozialdemokratie zu Frankreich im allgemeinen und der französischen Partei im besonderen hatte sich ungeheuer gebessert. Leider sind neue Ereignisse eingetreten, wo wir wieder mit dem Kopf schütteln und leider wieder Auseinandersetzungen auf uns nehmen müssen.
    Aber, meine Damen und Herren, Politik ist keine Beschäftigung mit dem Erreichten, sondern vor allem immer wieder eine Aufgabe: was ist jetzt zu tun? In Ihren Erklärungen (zum Abg. Kiesinger) haben wir das vermißt. Es war dem Sprecher unserer Fraktion, meinem Freunde Wehner, vorbehalten, da ein Programm zu entwickeln.

    (Abg. Kiesinger: Kommt noch!)

    — Freut mich, wenn es noch kommt, und noch mehr würde es mich freuen, wenn wir uns dann in diesem Punkte einig sind.
    Wir müssen klarstellen, daß durch diesen Vertrag an der Saar selbst niemand einer Gefahr und niemand einer Verfolgung, auch nicht der geringsten Verfolgung und Schädigung ausgesetzt werden wird. Je großzügiger man gegenüber besiegten politischen Gegnern ist, um so besser ist es für das Resultat, das man erreichen will. Wir werden sicherstellen müssen — das ist schon wiederholt worden, aber es muß jetzt auch durch Taten verwirklicht werden —, daß keiner über sozialen Rückschritt anläßlich der Wiedervereinigung wird klagen können. Wir müssen sicherstellen — und die nötigen Opfer zu bringen bereit sein! —, daß dieser wirtschaftliche Aufstieg kommt und aus allem sich dann ergibt, daß die Wiedervereinigung für diese Million nur Gutes mit sich bringt und daß in dem Echo, das sie im deutschen Volke und in der Welt findet, ein großer Anreiz und Antrieb für die 17 Millionen gegeben ist, die auf den Tag warten, an dem die Wiedervereinigung dort zustande kommen wird. Man unterschätze die Bedeutung des Präzedenzfalles nicht! Hier können wir der deutschen Bevölkerung und auch der anderen beteiligten Großmacht gegenüber den guten Präzedenzfall schaffen, der allen Beteiligten sagt, daß in einem solchen Arrangement niemand ver-


    (Dr. Mommer)

    liert, sondern daß wir alle die Gewinner sein werden.
    Es gibt viele Voraussetzungen für die Wiedervereinigung. Es gab sie hier an der Saar, und es gibt sie auch für den größeren Teil der Aufgabe der Wiedervereinigung. Sehr wichtig, entscheidend wichtig wird immer wieder das Verhältnis zu der Macht sein, die es in der Hand hat, ja zu sagen zu dieser Wiedervereinigung oder nein zu sagen. Aber, wie wir gerade in diesem Fall der Saar ge- sehen haben, die deutsche Bevölkerung selbst ist der entscheidendste Faktor. Wir müssen uns immer so verhalten, daß die Sehnsucht nach Frieden und Einheit in Freiheit nie enttäuscht wird und nie erstirbt. Wir müssen uns so verhalten, daß jede Großmacht auf Sand baut, die ihre Zukunft auf der Aufrechterhaltung der Teilung Deutschlands aufbaut, und wir müssen durch unsere Taten zeigen, daß alle, auch diese bisher die Teilung aufrechterhaltende Großmacht, mit der Zustimmung zu der Einheit in Freiheit nur zu gewinnen haben.

    (Beifall bei der SPD, der FDP und der DP.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hellwig.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Fritz Hellwig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer viele Jahre seines Lebens mit dem wechselnden Geschick der Saar verbunden war und ist und einen nicht unerheblichen Teil seiner bisherigen Lebensarbeit diesem Land und seiner Bevölkerung gewidmet hat, dem wird es sicher gestattet sein, auch eine historische Parallele zu bringen, nicht um in den Akten, Reden, Beschlüssen und Entschließungen der letzten Jahre nachzubohren, wo man einen Plus- oder Minuspunkt für den einen oder anderen anbringen könnte, sondern um die politische Bedeutung der Heimkehr der Saar in den richtigen Rahmen zu stellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich meine damit das Jahr 1935. Damals hatte es über 16 Jahre gedauert, bis die Saar politisch wieder zu Deutschland zurückkehrte. In einer Woge des Nationalismus und des Nationalsozialismus im deutschen Volk wurde diese einfache und selbstverständliche Haltung der Saarbevölkerung für politische Ziele eines totalen Staates mißbraucht. Aber immerhin hatte es 16 Jahre gedauert, und es war der Weimarer Republik nicht möglich gewesen, es war ihr nicht vergönnt gewesen, bei den Saarverhandlungen 1929/30 eine vorzeitige Rückgliederung der Saar zu erlangen.
    Nun, es sind 11 Jahre vergangen seit dem Kriegsende 1945 und einem Zusammenbruch, der bis in die Existenz des deutschen Staates hinein ging. Nach diesen 11 Jahren haben wir, auch wiederum unter Mitwirkung der Saarbevölkerung und ihrer selbstverständlichen Haltung, aber auch in einem politischen Klima deutsch-französischer Beziehungen, welches 1929/30 nicht bestand, erreicht, was damals erst viele Jahre später möglich war. Ich glaube, man soll beides sehen, das Wollen der Bevölkerung und auch das politische Klima, in dem die deutsch-französischen Beziehungen • standen, diesem Wollen der Bevölkerung auch wirklich zur politischen Realisierung zu verhelfen.
    Die politische Lösung ist in dem Ihnen vorliegenden Vertragswerk enthalten. Die wirtschaftliche Lösung ist angedeutet; sie ist noch nicht im einzelnen überall greifbar. Insofern ist jetzt ein Zustand da, wenn dieses Werk in Kraft tritt, der auf der wirtschaftlichen Seite etwa mit den Problemen zu vergleichen ist, die nach Abschluß des Saar-Zollabkommens 1927/28 bis 1935 bestanden. Ich meine die wirtschaftliche Seite des Problems, denn das jetzige Vertragswerk unterscheidet ganz deutlich zwischen diesen beiden Dingen. Ich darf mich besonders der wirtschaftlichen Problematik zuwenden, ,die in diesem Vertragswerk steckt.
    Ich möchte zunächst auf folgendes aufmerksam machen. 1935 kehrte die Saar wirtschaftlich in einem sehr plötzlichen und abrupten Vorgang zurück. Das hat zu den Schwierigkeiten geführt, die auch in der jüngsten Diskussion immer wieder vor den Lösungsmöglichkeiten als Gespenst aufgetreten sind. Die Saar kehrte aber damals auch in ein System zentralgelenkter Verwaltungswirtschaft zurück. Es konnte durch einen Federstrich von Berlin ohne Einschaltung des Parlaments oder ohne Mitwirkung der Länder, die praktisch schon ausgehöhlt waren, das geschehen, was auf dem Verordnungswege zu dekretieren war. Heute kehrt die Saar in einen Wirtschaftsraum zurück, der von der Wettbewerbswirtschaft gekennzeichnet ist und wo alle wesentlichen Dinge auf dem Weg der Gesetzgebung unter Einschaltung des Bundestages und in den meisten Fällen auch des Bundesrates zu erfolgen haben. Das wird eine mühevollere Arbeit sein, die laufend dieses Haus zu beschäftigen hat.
    Ich möchte hier schon sagen: der Eingliederungsvorgang wird eine über mehrere Jahre verteilter Vorgang sein, auch wenn der Stichtag des 1. Januar 1960 eingetreten sein wird. Wir werden ganz kontinuierlich an diesen Dingen zu arbeiten haben. So möchte ich gerade auch in der Behandlung der jetzigen Vorlagen den Unterschied zwischen der Ratifizierung der Verträge und dem machen — was wir auch nicht aus dem Auge verlieren dürfen —, was sich hinsichtlich der wirtschaftlichen, der finanziellen, der sozialpolitischen, der verkehrspolitischen und der sonstigen Maßnahmen alles noch in einem Vorgang von mehreren Jahren anschließen wird.
    Ich muß aber auch noch kurz die wirtschaftliche Situation kennzeichnen, die sich von der Lage von 1935 wesentlich unterscheidet. Damals war die Weltwirtschaft, von der Krise gepeitscht, beunruhigt. Der Welthandel schrumpfte von Jahr zu Jahr. Die Saar, die in ihrer Zwischenlage an einem Funktionieren des freien Warenaustausches nach allen Seiten ein lebenswichtiges Interesse hat, kehrte in die deutsche Wirtschaft mit schrumpfendem Außenhandel zurück. Das hat ihre Aussichten und Entwicklungsmöglichkeiten ganz erheblich beeinträchtigt. Die Reaktion Frankreichs 1935, als nämlich die Empfehlungen des Völkerbundrates, in einem zweiseitigen deutsch-französischen Abkommen der Saar den Austausch mit Frankreich weiter zu ermöglichen. nicht realisiert wurden, war doch nur durch die Weltwirtschaftskrise mit ihrer Schrumpfung des internationalen wirtschaftlichen Austausches bedingt.
    Heute sind die Chancen wesentlich andere, weil nicht nur eine laufende wirtschaftliche Expansion, sondern auch eine Expansion des wirtschaftlichen Austausches, der internationalen Arbeitsteilung. der Freizügigkeit von Waren, von Kapital und von Arbeitskräften das Kennzeichen der gegenwärtigen Laie ist. Hier möchte ich den Kollegen Wehner mit voller Zustimmung zitieren. Herr Kollege Wehner


    (Dr. Hellwig)

    hat nämlich an einer Stelle, die vielleicht der Aufmerksamkeit des Hauses etwas entgangen ist, davon gesprochen, daß die wirkliche wirtschaftliche Lösung dieses Problems — Zugehörigkeit und Verbindung mit zwei Wirtschaftsgebieten — eben nur im gemeinsamen Markt erfolgen kann und daß alle anderen Techniken mit Sonderabkommen, gleichgültig, ob vor oder nach 1960, eben immer wieder die Gefahr der Labilität, der Kurzfristigkeit, also der unübersehbaren politischen Veränderungen in sich bergen. Ich begrüße, daß hier gesagt worden ist, im gemeinsamen Markt — der uns ja noch als weitere Aufgabe beschäftigt — werde die eigentliche Lösung der Saarfrage nach der wirtschaftlichen Seite zu finden sein. Wenn man aber dies feststellt, Herr Kollege Wehner, dann ist !damit auch gleichzeitig ausgesprochen, daß der Entschluß der Bundesregierung und der Mehrheit dieses Hauses, nämlich zunächst den gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl zu schaffen, die europäische Montanunion, seine historische Rechtfertigung aus der Blickrichtung der Saarfrage gefunden hat.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Die Saar, wenn wir sie hier einmal als einen geschlosenen Ausfuhrraum behandeln wollen, setzt mehr als die Hälfte ihrer Ausfuhr nur auf dem Sektor der Montanwirtschaft, Kohle, Eisen und Stahl, ab. Und gerade das war 1935 das Problem, das nicht gelöst werden konnte, nämlich einerseits den Saarkohlenabsatz nach Frankreich zu sichern und andererseits den Saareisenabsatz, der auch in einer breiteren Streuung gesichert werden mußte, weiterzuführen, so daß alles einseitig auf das damalige Reichsgebiet zukam und zu den entsprechenden Konsequenzen führte, insbesondere zu der ablehnenden Haltung, die Frankreich hinsichtlich der Hereinnahme von Kohle und Stahl, aber auch von anderen Industrieerzeugnissen der Saar damals einnahm.
    Lassen Sie mich nun kurz folgendes zur Kennzeichnung der Warenverkehrsregelungen im Abkommen sagen. Ich bedaure, daß in diesem Abkommen bisher im Grunde genommen nur der Zustand bis zur endgültigen wirtschaftlichen Rückgliederung behandelt ist. Wie eigentlich nach diesem Umstellungstag der Warenverkehr aussehen wird, ist noch nicht ganz zu übersehen. Es handelt sich um das Problem: Wie wird die französische Einfuhr in die Saar nach dem zweiten Übergangsstichtag unbeschränkt zugelassen, ohne daß diese französische Einfuhr dann das Saargebiet weiter verläßt und in das Bundesgebiet hineingeht? Das gleiche Problem besteht vorher in der Zulassung der deutschen Einfuhr in die Saar und ihrer etwaigen Weiterverbringung nach Frankreich. Die Technik, mit Ursprungszeugnissen zu arbeiten, die gerade in der Saarvergangenheit eine ganz bestimmte Rolle gespielt hat, könnte hier unter Umständen nicht ausreichen. Man wird wirklich nur die echte Lösung im gemeinsamen Markt finden können.
    Auch für die Phase bis 1960 ist es ein Mangel der jetzigen Konstruktion, daß gerade das Problem der deutschen Einfuhr in die Saar auch dort, wo berechtigte und wirtschaftlich vernünftige Wünsche der Saar vorliegen — und das ist auf zahlreichen Gebieten der Fall —, nicht befriedigend geregelt werden konnte. Das ist einmal der Sektor der Konsumgüterversorgung der Saar. Waren deutschen
    Geschmacks und deutscher Herkunft möchte die Bevölkerung haben, aber ihre Kontingente auf diesem Gebiet sind in diesem Abkommen außerordentlich bescheiden weggekommen. Anders die Frage der Investitionsgüter für die Investitionen, die die Saarwirtschaft selbst, aber auch die die gesamte öffentliche Hand vorzunehmen hat. Hier sind zwar wesentlich bessere Bezugsmöglichkeiten vorhanden, aber daß nur der Einfuhrzoll in Fortfall kommt, nicht dagegen die Einfuhrausgleichsabgabe, ist mit Sicherheit eine Belastung, die die Saar beim Bezug deutscher Investitionsgüter in dieser Zeit noch verspüren wird.
    Ich möchte also zu der Frage des Warenverkehrs sagen: wir hoffen, daß sich aus der praktischen Entwicklung bis 1960, aber vor allem auch aus der Entwicklung der Arbeiten für den gemeinsamen Markt eine wesentlich großzügigere Lösung erarbeiten läßt, die der beiderseitigen wirtschaftlichen Verflechtung — nicht nur der Saar mit dem Bundesgebiet, sondern auch Frankreichs und der Bundesrepublik — entspricht.
    In diesem Zusammenhang ein kurzes Wort über die Währungsumstellung. Eine ganz große Unbekannte und voraussichtlich auch eine Quelle weiterer Schwierigkeiten ist die Tatsache, daß für die Währungsumstellung von Bargeld und Bankguthaben der amtliche Wechselkurs des französischen Franken zugrunde gelegt ist. Wir alle wissen, daß der amtliche Wechselkurs nicht der tatsächlichen Kaufkraft im Vergleich D-Mark/Franken entspricht, so daß sich aus dem amtlichen Wechselkurs bei der Umstellung ganz erhebliche Konsequenzen, sei es nach der Richtung von Währungsgewinnen, sei es nach der Richtung höherer Belastungen in Preisen usw., ergeben könnten. Das' Problem, wie diese unechten Wechselkursrelationen aufgefangen werden können, wird uns noch sehr lange zu beschäftigen haben, zumal sich auch die Bundesregierung in dem Abkommen vorsorglich vorbehalten hat, unter Umständen eigene Regelungen zur Ausschaltung ungerechtfertigter Währungsgewinne und zur Ausschaltung von spekulativem Mißbrauch dieses Mißverhältnisses der Wechselkurse vorzunehmen. Das gleiche gilt für die Umstellung von Forderungen und Schulden, die auch unter Umständen noch Gegenstand einer zusätzlichen innerdeutschen Regelung sein muß.
    Ein weiteres Wort zu den Aufgaben in dieser Zwischenzeit! Ich möchte einmal recht deutlich sagen, daß mir persönlich in dem Augenblick, in dem die politische Eingliederung der Saar in die Bundesrepublik vollzogen wird, die Frage nach der Dauer der Übergangszeit sekundär geworden ist — unter der einen Voraussetzung, daß nach dieser Übergangszeit eine vernünftige Dauerregelung vorhanden sein wird, die der beiderseitigen wirtschaftlichen Verflechtung der Saar entspricht. Wenn nicht im Stichjahr 1960 — oder mag es früher sein — eine vernünftige dauerhafte Regelung für den Warenverkehr, für den Wirtschaftsverkehr der Saar, auch mit Frankreich, geschaffen sein wird, dann ist auch eine noch so gut gemeinte Übergangszeit in ihrer Wirkung sehr begrenzt, weil einfach die psychologischen Voraussetzungen fehlen, den Stand zu erhalten, der für die beiderseitige wirtschaftliche Verflechtung, für die Beziehungen nach Frankreich, für die Stellung auf dem französischen Markt, aber auch für das Interesse Frankreichs am Saarmarkt bestimmend ist. Gerade wenn solche psychologischen Voraus-


    (Dr. Hellwig)

    Setzungen fehlen, können in der Übergangszeit erhebliche Verschlechterungen eintreten. Ich meine damit etwa den Abzug von Kapital durch die französische Seite. Wenn also nicht rechtzeitig eine Dauerlösung vorliegt, kann es zu einer Entblößung der Saar, zu einer Stagnation, zu einer Abwanderung von Betrieben und Arbeitskräften kommen. Das sind alles Erscheinungen, die wir 1934 ja schon einmal erlebt haben.
    Ich persönlich habe gewisse Zweifel, ob die jetzigen Schätzungen über den Frankenumlauf im Saargebiet, der ja bei der Währungsumstellung Frankreich durch die Bundesrepublik zur Verfügung gestellt werden soll, nach den Erfahrungen, die hinsichtlich des Abzugs des französischen Geldes und Kapitals vor dem Rückgliederungstag 1935 gemacht worden sind, richtig sind. Also auch hier zeigt sich, daß für das Gelingen dieser Konstruktion das Klima der allgemeinen deutschfranzösischen Beziehungen, besonders im wirtschaftlichen Bereich, entscheidend sein wird.
    Nun einiges zu den Aufgaben in der Übergangszeit, die die Kraft der Saar angehen. Ich meine damit den Nachholbedarf, den die Saar an zahlreichen Stellen nicht nur hinsichtlich der öffentlichen und privaten Investitionen, sondern auch hinsichtlich des gesamten Steuersystems, des Sozialsystems usw. hat. Daß hier ein Besitzstand sozialer Leistungen gewahrt werden soll, ist selbstverständlich. Daß andererseits eine Bereinigung des derzeitigen Verwaltungsapparats, der ja im Augenblick die Funktionen von Bund und Land zu tragen hat, vorbereitet werden muß, versteht sich ebenso. Ich glaube, daß gerade die Abstimmung der haushaltswirtschaftlichen Konsequenzen bei der Übernahme von Bundesaufgaben durch das Land Saar Gelegenheit gibt, dièse Probleme rechtzeitig in engster Zusammenarbeit zu analysieren.
    In diesem Zusammenhang ein Wort über die Stellung der Saar zu den anderen deutschen Bundesländern. Hier ist schon von mehreren Sprechern das Bedauern dieses Hohen Hauses zum Ausdruck gebracht worden, daß der Bundesrat die Mitverpflichtung der Länder in bezug auf Bundesfinanzhilfen an die Saar, wie sie in § 10 des Eingliederungsgesetzes vorgesehen sind, gestrichen hat. Ich vermag die rechtliche Argumentierung nicht ganz einzusehen; denn daß die Saar als Bundesland zu einem bestimmten Zeitpunkt in das System des Länderfinanzausgleichs einmal eintreten wird — im Augenblick ist das wegen der ganz anderen Bemessungsgrundlagen nicht möglich —, das ist doch wohl selbstverständlich. Man sollte hier nicht von vornherein eine Deklaration abgeben, daß die Länder aus dieser Hilfe für die Saar zunächst überhaupt ausgeklammert werden.
    Ich darf hieran einige Bemerkungen über die verschiedenartigen finanziellen Probleme anknüpfen, ohne jedoch in Einzelheiten einzutreten. Ich glaube, man sollte unterscheiden zwischen dem, was der öffentliche Haushalt der Saar einschließlich der Gemeinden braucht, wobei ich nicht nur den Verwaltungs- und Sozialaufwand, sondern vor allen Dingen den Investitionsbedarf meine, und dem, was in öffentlichen Unternehmungen, nämlich Eisenbahn, Post, Saargruben usw., benötigt wird, und schließlich dem, was an Investitionsbedarf, d. h. praktisch an Kredit- und Kapitalbedarf, bei der gesamten Wirtschaft besteht. Denn je nachdem, wo die Mittel einzusetzen sind, sind auf unserer Seite auch verschiedene Finanzierungsfragen zu behandeln.
    Dabei darf ich, gerade was den Investitionsbedarf der gesamten Wirtschaft angeht, einmal auf einen Rückstand aufmerksam machen, der bisher nur wenig beachtet worden ist. Die Saar hat bei der Umstellung von der alten Reichsmarkbilanz zur Frankenbilanz 1948 eine Bilanzumstellung auferlegt bekommen, die zu einer erheblichen Unterbewertung ihres Anlagevermögens geführt hat. Diese Unterbewertung hat es ihr verboten, steuerlich, d. h. auf dem Wege über Abschreibungen, die laufende Substanzerhaltung und -erneuerung zu finanzieren. Hier wäre also eine Nachholung notwendig, indem die Grundsätze des D-Mark-Eröffnungsbilanz-Gesetzes der Bundesrepublik zu gegebener Zeit auch für die Saar Anwendung finden, wenn die Bilanzumstellung zu erfolgen hat. Die Bilanzumstellung ist ja einstweilen nicht möglich, weil sie zu dem zweiten Akt der Rückgliederung gehört. In der Zwischenzeit muß aber darauf geachtet werden — und wir begrüßen die Initiative der Saarregierung auf diesem Gebiete —, daß durch entsprechende steuerliche Möglichkeiten bestimmte Reserven gebildet werden können, um einmal dem jetzigen Investitionsbedarf schon zu entsprechen, vor allem aber die Reserve zu schaffen, die eingesetzt werden muß, wenn die Wettbewerbsfähigkeit auf ihre eigentliche Bewährungsprobe gestellt wird. Das ist voraussichtlich 1960 der Fall.
    Hinsichtlich des Bildes von 1960 darf ich nochmals bemerken: Die Saar kehrt in eine Wettbewerbswirtschaft zurück. In den Bereichen, die ihre Wirtschaft kennzeichnen — Kohle und Eisen —, unterliegt sie ebenso den Bestimmungen über den gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl, die wettbewerbsverfälschende Sonderaktionen untersagen, wie alle anderen Mitgliedsländer. Das aber bedeutet, daß ein Hilfsmittel, welches nach 1935 jahrelang mit Erfolg angesetzt worden ist, um der Saar den Zugang zu und die Wettbewerbsfähigkeit auf dem reichsdeutschen Markt zu ermöglichen, nicht eingesetzt werden kann. Für den Sektor Kohle und Stahl kann nicht mehr wie damals mit Sondertarifen auf der Eisenbahn gearbeitet werden. Das bedeutet also, daß die Wettbewerbsfähigkeit mit anderen, d. h. mit marktkonformeren Mitteln gestärkt und gerade in diesem Sektor auf das Hilfsmittel der Sondertarife verzichtet werden muß.
    Ich darf bei der Frage der Verkehrspolitik noch kurz ein Wort zur Moselkanalisierung sagen. Sie ist sicher eine deutsche Gegenleistung, die für die deutsche Wirtschaft im Bundesgebiet Konsequenzen haben kann, die noch nicht zu übersehen sind. Aber mit einem müssen wir jetzt schon rechnen: daß die Konsequenzen hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit der Saar im Zugang zum deutschen Markt und zu den Seehäfen, auch im Bezug von Ruhrkohle — auch die Saar muß ständig gewisse Mengen Ruhrkohle beziehen —, sehr erheblich sein werden. Denn für die Saar ergibt sich nach menschlichem Ermessen nicht die Möglichkeit, eine entsprechende Wasserstraße zu ihren Absatzgebieten in Süddeutschland zu haben. Ich glaube, daß das Programm des Saarpfalz-Rheinkanals, welches 1935 eine sehr große Rolle spielte, kaum Aussicht auf eine Realisierung in einer übersehbaren Zeit hat.

    (Abg. Wehner: Dafür haben sie den Westwall gekriegt!)



    (Dr. Hellwig)

    — Der Westwall war, Herr Kollege Wehner, für die Saar eine erhebliche Belastung.

    (Abg. Wehner: Das wissen wir ja! Ich meine: statt des Kanals!)

    Der Moselkanal wird, wenn er fertiggestellt ist, mit Sicherheit ein Zuschußbetrieb sein, weil die auf ihm hereinzuholenden Schiffsfrachten nicht ausreichen, um die Herstellungskosten und den Betrieb zu finanzieren. Es wird dann also zur Verbesserung der Wirtschafts- und Wettbewerbslage der Nutznießer dieses Kanals, nämlich der Eisenhüttenindustrie in Lothringen, eine zusätzliche Leistung erbracht werden. Es wird zu erwarten sein, daß die davon benachteiligten anderen Reviere, womit ich nicht nur die Ruhr, sondern gerade die Saar meine, eine bestimmte Ausgleichsleistung zur Wiederherstellung gleicher Frachtverhältnisse verlangen werden. Das Problem wird sich im Laufe des Baues des Moselkanals ja immer deutlicher herausstellen.
    Eine kurze Bemerkung zur Frage der Saarbergwerke. Sie werden als ein weiteres Unternehmen in den Kreis der bundeseigenen Unternehmungen treten. Ich bin der Meinung, daß es völlig richtig ist, daß der Bund nicht nur die größte Beteiligung, sondern damit auch die größte finanzielle Last übernimmt. Alle Planungen, die von gewissen Gegnern der deutschen Saarpolitik immer wieder hervorgebracht worden sind, nämlich die Saargruben dem Saarland selbst zu eigen zu geben, gehen an der Realität vorbei, daß die Finanzkraft des Landes überhaupt nicht der Verpflichtung entsprechen dürfte, die aus dem Eigentum an den Saargruben erwachsen wird.
    Die weitere Zukunft der Saar wird wesentlich von der Stärkung der Kapazität der Saargruben abhängen. Aber ich möchte hier eine Warnung aussprechen. Die Saar hat in den letzten drei Jahrzehnten immer wieder darunter gelitten, daß sie allzu einseitig schwerindustriell von Kohle und Eisen bestimmt war. Damit ist sie wesentlich krisenanfälliger gewesen als andere Wirtschaftsgebiete, die eine ausgewogene industrielle Struktur haben. Wir bejahen und begrüßen die Ansätze, die gerade in der Verbreiterung der mittel- und kleinindustriellen Betriebe, insbesondere im Verarbeitungssektor, in den letzten Jahren möglich waren, nicht zuletzt deshalb möglich waren, weil hier eine Chance bestand, auf den französischen Markt zu gehen. Ich möchte schon hier sagen: es wird unsere besondere Aufgabe sein, diese strukturelle Ergänzung der Saar auch lebensfähig zu erhalten. Denn gerade diese Mittel- und Kleinbetriebe repräsentieren eine bodenständige Wirtschaft, während in den großen montanindustriellen Unternehmungen das bodenständige Unternehmertum, von der Familie Röchling einmal abgesehen, doch weitgehend ein Opfer der politischen Verwicklungen der letzten dreißig Jahre geworden und der Saar verlorengegangen ist. Es besteht also auch hier ein echtes politisches Problem, welches man nicht daran messen soll, ob dem einen oder anderen zuviel an Vorteilen zukommt. Die Ergänzung der wirtschaftlichen Struktur der Saar mit Mittel- und Kleinbetrieben, insbesondere in den Verarbeitungszweigen, wird ein weiteres Aufgabengebiet für uns bleiben.
    Lassen Sie mich zum Abschluß nur noch einmal auf das Grundanliegen zurückkommen. Die Saarregierung hat mit erfreulicher Deutlichkeit in ihrem Memorandum die vor uns stehenden Aufgaben vorwiegend auf dem Gebiete des Haushaltes, der Wirtschafts-, Finanz-, Steuer- und Sozialpolitik aufgezeigt. Ich glaube, daß es not tut, daß durch diese Schleuse des legitimierten Sprechers — nämlich der Saarregierung -- alles, was an Forderungen, Planungen, Wünschen und Projekten auftritt, zu uns kommt. Man soll sich hier nicht in einen Wettlauf nach Bonn begeben. Das möchte ich gerade denjenigen sagen, von deren Aktivität in Paris — als dort die Hilfe für die Saar zu holen war -- wir relativ wenig verspürt haben.
    Ich glaube aber, daß es uns gelingen wird — insbesondere dann, wenn der Gemeinsame Markt, diese weitergehende wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Frankreich, zustande kommt und realisiert wird —, der Saar die Stellung zu geben, die sie haben will, nämlich nicht von Subventionen und Zuschüssen abhängig zu sein, nicht für eine unübersehbare Zukunft unter dem Schutz bestimmter Vorbehalte stehen zu müssen, sondern in einem großen westeuropäischen gemeinsamen Wirtschaftsraum lebensfähig aus eigener Kraft zu sein und damit zu zeigen, daß die Lage an der Grenze nicht wie bisher in der Vergangenheit ein Fluch, sondern ein Segen für alle Seiten sein kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)