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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 174. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. November 1956 9589 174. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. November 1956. Wünsche für baldige Genesung des während der Tagung der Interparlamentarischen Union in Bangkok erkrankten Vizepräsidenten Dr. Schmid 9591 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Friedensburg, Sträter und Mukkermann 9591 D Glückwünsche zur Genesung des Abg. Blachstein 9601 B Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . . . 9592 B Bestätigung des vom Bundestag in der 164. Sitzung beschlossenen Gesetzes über Bergmannsprämien durch den Vermittlungsausschuß (Drucksache 2921) . . . . 9592 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 285, 290, 292, 293, 295 (Drucksachen 2797, 2884; 2818, 2897; 2830, 2892; 2831, 2893; 2856, 2915) und über Vorlage der Dritten Verordnung zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung über die Beimischung inländischen Rüböls und Feintalges 9592 B Zur Tagesordnung 9620 D, 9631 C, 9635 D, 9677 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Oktober 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage (Drucksache 2901) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Eingliederung des Saarlandes (Drucksache 2902), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Oktober 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und dem Großherzogtum Luxemburg über die Schiffbarmachung der Mosel (Drucksache 2903), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Oktober 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Ausbau des Oberrheins zwischen Basel und Straßburg (Drucksache 2904) und mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Oktober 1956 zur Abänderung des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 2905) . 9592 C Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen 9592 C Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 9599 D, 9600 C Wehner (SPD) 9601 B Kiesinger (CDU/CSU) 9605 C, 9606 C, 9612 B Dr. Mommer (SPD) 9606 C, 9621 A Dr. Bucher (FDP) 9611 D, 9612 B Schneider (Bremerhaven) 9614 C Feller (GB/BHE) 9616 C Euler (FVP) 9619 A Dr. Hellwig (CDU/CSU) 9625 A Jacobs (SPD) 9628 C Walz (CDU/CSU) 9630 A Sabaß (CDU/CSU) 9631 P Ausschußüberweisungen 9631 A, B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Haftpflicht des Bundes für Personen- und Sachschäden, die von der Bundeswehr verursacht werden (Bundeswehr-Haftpflichtgesetz) (Drucksache 2800) 9631 C Bazille (SPD), Antragsteller . . . . 9631 C Dr. von Merkatz, Bundesminister der Justiz 9631 D Überweisung an den Rechtsausschuß . . 9632 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll vom 20. März 1952 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Drucksache 85); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksache 2834) . 9632 B Dr. Wahl (CDU/CSU): als Berichterstatter 9632 B Schriftlicher Bericht 9679 D Metzger (SPD) 9632 C Abstimmungen 9632 C, D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verf assungsrecht über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Einheitliche Prozeßführung (Drucksachen 2795, 2435) 9632 D Bauer (Würzburg) (SPD), Berichterstatter 9632 D Beschlußfassung 9633 D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Oberstes Bundesgericht (Drucksachen 2796, 2436) 9633 D Dr. von Buchka (CDU/CSU), Berichterstatter 9634 A Beschlußfassung 9634 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Personalgutachterausschuß-Gesetzes (Drucksache 2835) 9634 D Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung 9634 D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Lage von Militärflugplätzen und anderen militärischen Einrichtungen (Drucksache 2767) 9634 D Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung 9634 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Ersten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956 (Erstes Nachtragshaushaltsgesetz 1956) (Drucksache 2874) . 9634 D Überweisung an den Haushaltsausschuß . 9634 D Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der ehemaligen KiautschouKaserne Cuxhaven; Verkauf an die Stadt Cuxhaven (Drucksachen 2837, 2581) . . 9635 A Beschlußfassung 9635 A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des ehemaligen Heeresverpflegungsamtes in Ulm, Wörthstraße (Drucksachen 2838, 2594) 9635 A Beschlußfassung 9635 B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Deutschen Bundestages zur Veräußerung einer Teilfläche von rund 50 000 qm des reichseigenen Kasernengrundstücks an der Invaliden-, Lehrter und Seydlitzstraße in Berlin an die Gebietskörperschaft Berlin im Wege des Tausches (Drucksachen 2839, 2661) . . 9635 B Beschlußfassung 9635 B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des ehemaligen Flakbeständelagers Rahling an die Melitta-Werke Bentz u. Sohn, Minden (Westfalen) (Drucksachen 2840, 2668) 9635 B Beschlußfassung 9635 C Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Bundestages zum Verkauf des landwirtschaftlich zu besiedelnden ehemaligen Flugplatzes Wyck/Föhr (Drucksachen 2841, 2683) 9635 C Dr. Gülich (SPD), Berichterstatter . 9635 C Beschlußfassung 9635 C Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem Teilgrundstück der ehemaligen Westwerft in Wilhelmshaven (Drucksachen 2842, 2624) 9635 D Beschlußfassung 9635 D Fortsetzung der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlenwirtschaft (Drucksache 2019, Umdrucke 841, 842, 846) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Sofortprogramm für den Kohlenbergbau (Drucksache 2021), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Untersuchung der Erzeugungs- und Absatzbedingungen der deutschen Kohlenwirtschaft (Drucksache 2246), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau (Drucksache 2356) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Bergarbeiterwohnungsbau (Drucksache 2858) 9635 D Dr. Bleiß (SPD), Antragsteller . . 9636 A Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau . . . . 9640 B, 9663 A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft . . 9642 B, 9652 A, 9661 C Sabaß (CDU/CSU) . 9646 C, 9649 B, 9651 C, 9652 C Vizepräsident Dr. Becker . . 9649 B, 9651 B Dr. Deist (SPD) . 9652 B, C, 9670 C, 9674 B, 9675 D Dr. Blank (Oberhausen) (FVP) . . . 9664 E Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . . 9665 D Schloß (FDP) 9669 B Dr. Hellwig (CDU/CSU) . 9673 D, 9674 A, B, 9675 A, 9676 A Dr. Baade (SPD) 9674 A, 9675 A Ausschußüberweisungen 9676 B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Deutschen Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem Teilgrundstück der ehemaligen Westwerft in Wilhelmshaven (Drucksachen 2843, 2670) 9676 D Beschlußfassung 9677 A Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache 2329); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene (Drucksache 2847) . . . 96* A Rehs (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9681 B Beschlußfassung 9677 A Beratung des Berichts des Haushaltsausschusses gemäß § 96 (neu) der Geschäftsordnung (Drucksache 2849) und des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Heimatvertriebene (Drucksache 2846) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Maßnahmen zur Förderung der Umsiedlung von Heimatvertriebenen und Evakuierten sowie zur beschleunigten Auflösung der Flüchtlingslager (Drucksache 1899) 9677 B Kuntscher (CDU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9181 C Abstimmungen 9677 A Persönliche Erklärungen zu Ausführungen in der 173. Sitzung über das Verhalten des Vizepräsidenten Dr. Schneider in der 172. Sitzung bzw. über parlamentarischen Stil: Dr. Arndt (SPD) 9677 C Vizepräsident Dr. Jaeger 9678 A Rasner (CDU/CSU) 9678 C Nächste Sitzung 9678 C Berichtigungen zum Stenographischen Bericht der 173. Sitzung 9678 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 9679 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Entwurf eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll vom 20. März 1952 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Drucksache 2834) 9679 C Anlage 3: Antrag der Abg. Kroll u. Gen. zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlenwirtschaft (Umdruck 841) 9680 B Anlage 4: Antrag der Abg. Kroll u. Gen. zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlenwirtschaft (Umdruck 842) 9680 C Anlage 5: Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlenwirtschaft (Umdruck 846) 9681 A Anlage 6: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene über den von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache 2847) 9681 B Anlage 7: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Maßnahmen zur Förderung der Umsiedlung von Heimatvertriebenen und Evakuierten sowie zur beschleunigten Auflösung der Flüchtlingslager (Drucksache 2846) . . 9681 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Berichtigungen zum Stenographischen Bericht der 173. Sitzung Es ist zu lesen: Seite 9573 D Zeilen 13 und 16 von unten statt „Zwangsrücknahmen" : Inanspruchnahme; Seite 9586 C Zeile 8 in der Zusammenstellung der namentlichen Abstimmung über den § 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes: Frau Finselberger beurlaubt. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Ackermann 30.11. Arndgen 30.11. Bender 30.11. Frau Beyer (Frankfurt) 14.12. Birkelbach 1.12. Fürst von Bismarck 30.11. Blachstein 30.11. Dr. Blank (Oberhausen) 1.12. Frau Dr. Bleyler 30.11. Dr. Bucerius 29.11. Cillien 15.12. Dr. Deist 1.12. Dr. Dittrich 22.12. Dr. Dollinger 1.12. Dr. Dresbach 30. 12. Dr. Elbrächter 30.11. Erler 30. 11. Eschmann 30. 11. Dr. Franz 30.11. Freidhof 29. 11. Dr. Furler 1.12. Gefeller 30. 11. Geiger (Aalen) 30.11. D. Dr. Gerstenmaier 3.12. Dr. von Golitschek 30.11. Grantze 22. 12. Hilbert 30.11. Höfler 30.11. Hörauf 15.12. Dr. Horlacher 1.12. Jahn (Stuttgart) 29.11. Kahn 29. 11. Kiesinger 3.12. Dr. Klötzer 30. 11. Dr. Köhler 30.11. Dr. Kopf 1.12. Krammig 30.11. Dr. Kreyssig 1.12. Frau Dr. Kuchtner 30.11. Kühn (Köln) 30.11. Lenz (Brühl) 1.12. Dr. Lenz (Godesberg) 30.11. Dr. Löhr 29. 11. Mattick 30. 11. Mayer (Birkenfeld) 1.12. Dr. Menzel 30.11. Dr. von Merkatz 1.12. Meyer-Ronnenberg 29. 11. Dr. Mommer 30. 11. Morgenthaler 29.11. Müller-Hermann 30.11. Neubauer 30.11. Frau Niggemeyer 29.11. Odenthal 31.12. Dr. Oesterle 1.12. 011enhauer 15.12. Pelster 1.12. Petersen 29.11. Dr. Pohle (Düsseldorf) 1.12. Pohle (Eckernförde) 29. 11. Frau Praetorius 30. 11. Dr. Preiß 30.11. Dr. Dr. h. c. Pünder 30.11. Raestrup 22.12. Rasch 29.11. Frau Dr. Rehling 15.12. Dr. Reichstein 5.12. Richter 30. 11. Freiherr Riederer von Paar 30.11. Sabaß 1.12. Scheel 22. 12. Scheppmann 29.11. Dr. Schmid (Frankfurt) 3.12. Schmücker 29. 11. Schoettle 30. 11. Dr. Schöne 1.12. Dr. Seffrin 29. 11. Srock 1.12. Dr. Starke 30. 11. Stauch 29. 11. Wagner (Ludwigshafen) 30. 11. Dr. Welskop 29.11. Abgeordnete(r) bis einschließlich b) Urlaubsanträge Frau Dietz 13.12. Eberhard 8.12. Engelbrecht-Greve 13.12. Franzen 13.12. Herold 13.12. Majonica 15.12. Massoth 13.12. Pöhler 13.12. Anlage 2 Drucksache 2834 (Vgl. S. 9632 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll vom 20. März 1952 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Drucksache 85). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wahl Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat sich besonders eingehend mit Artikel 1 und 2 des Zusatzprotokolls beschäftigt, während die Verpflichtung, in angemessenen Zeitabständen freie und geheime Wahlen für die gesetzgebenden Körperschaften zu gewährleisten (Artikel 3), als selbstverständlich, ohne weiteren Meinungsaustausch, angenommen werden konnte. Zu Artikel 1 bewegten sich die Darlegungen der Mitglieder des Rechtsausschusses auf der Linie des Bedauerns, daß es nicht gelungen war, als völkerrechtlichen Grundsatz auch in dem Zusatzprotokoll ausdrücklich die Pflicht zur Entschädigung enteigneter fremder Staatsangehöriger zu verankern. Immerhin ist in dem Sachverständigenbericht an das Minister-Komitee vom 18. Juli 1951 als gegenwärtig allgemein anerkannter Grundsatz des Völkerrechts eine solche Entschädigungspflicht festgestellt worden, und insoweit schließt die Bezugnahme auf die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts, nach denen die Enteignung durchgeführt werden muß, wenigstens im gegenwärtigen Zeitpunkt die Entschädigungspflicht ein. Besonders eingehend verliefen die Beratungen über Artikel 2, der in Satz 2 folgenden Wortlaut hat: (Dr. Wahl) Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihrer eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugung sicherzustellen. Dieser Wortlaut gewinnt seinen Sinn zu einem wesentlichen Teil dadurch, daß der Ausschuß für Rechts- und Verwaltungsfragen der Beratenden Versammlung des Europarats am 2. Oktober 1951 dem Präsidenten der Beratenden Versammlung folgende Stellungnahme unterbreitet hat, die auch in dem an das Minister-Komitee am 12. Dezember 1951 erstatteten Bericht des Generalsekretärs des Europarats enthalten ist: Wenn die Befürchtung ausgedrückt worden ist, daß jede andere Formel die Verpflichtung eines Staates zu implizieren scheine, unter ganzer oder teilweiser Inanspruchnahme von öffentlichen Mitteln Schulen zu errichten oder aufrechtzuerhalten, die den verschiedenen in der Bevölkerung bestehenden Richtungen entsprechen, so kann die Kommission nur nochmals versichern, wie es bereits der Beratenden Versammlung gegenüber erklärt worden ist, daß diese Frage als außerhalb des Rahmens der Konvention oder des Protokolls stehend zu betrachten ist. Angesichts dieser Erklärung hat sich der Rechtsausschuß des Bundestages auf den Standpunkt gestellt, vorbehaltlos dem Zusatzprotokoll zustimmen zu können, da die in dem Text des Zusatzprotokolls offengebliebene Frage, ob der Staat Schulen religiösen oder weltanschaulichen Charakters finanzieren muß, im Sinne der Verfasser der Konvention zweifellos verneint werden muß. Wenn diese Verpflichtung zur Finanzierung der Schulen aber nicht besteht, dann geht die Konvention nicht über die Lösungen des Grundgesetzes hinaus, wie sie in Artikel 6 Abs. 2 über das Elternrecht und in Artikel 7 Abs. 4 über die Zulassung der Schulen enthalten sind. Es ist aber gewünscht worden, daß durch eine besondere Entschließung diese Interpretation des Artikels 2 der Konvention ausdrücklich klargestellt werde. Der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten hat dem vorstehenden Bericht und sämtlichen Beschlüssen des federführenden Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht zugestimmt. Bonn, den 25. Oktober 1956 Dr. Wahl Berichterstatter Anlage 3 Umdruck 841 (Vgl. S. 9640 B, 9676 B) Antrag der Abgeordneten Kroll, Wolf (Stuttgart), Stücklen, Jacobi und Genossen zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Kohlenwirtschaft (Drucksache 2019). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, bei der Deutschen Bundesbahn darauf hinzuwirken, daß die angesichts der starken Zunahme der Übersee-Importe von Kohle nicht mehr zeitgemäßen Unterschiede in der Tarifierung von Inlands- und sonstiger Montanunions-Kohle einerseits und Auslandskohle andererseits beseitigt werden. Bonn, den 15. November 1956 Kroll Wolf (Stuttgart) Stücklen Baier (Buchen) Bauereisen Bausch Dr. Brönner Dr. Czaja Dr. Dollinger Donhauser Finckh Fuchs Funk Dr. Furler Gedat Geiger (München) Gengler Dr. Götz Häussler Dr. Hellwig Hilbert Dr. Horlacher Frau Dr. Jochmus Kahn Frau Kaiser (Schwäbisch Gmünd) Kemmer (Bamberg) Lang (München) Leibing Lermer Leukert Maier (Mannheim) Menke Niederalt Dr. Oesterle Dr. Rinke Ruf Samwer Schill (Freiburg) Schüttler Schütz Spies (Emmenhausen) Stiller Wacher (Hof) Wacker (Buchen) Dr. Werber Dr. Willeke Wittmann Jacobi Müller (Erbendorf) Anlage 4 Umdruck 842 (Vgl. S. 9640 B, 9676 B) Antrag der Abgeordneten Kroll, Wolf (Stuttgart), Stücklen, Jacobi und Genossen zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Kohlenwirtschaft (Drucksache 2019). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, Steinkohle in die Freiliste 1 (Anlage 2 zu § 7 Abs. 3 der Ausgleichsteuerordnung in Verbindung mit § 4 Nr. 1 b des Umsatzsteuergesetzes) aufzunehmen. Bonn, den 15. November 1956 Kroll Wolf (Stuttgart) Stücklen Baier (Buchen) Bausch Dr. Brönner Dr. Czaja Dr. Dollinger Donhauser Finckh Fuchs Dr. Furler Gedat Geiger (München) Gengler Dr. Götz Häussler Hilbert Dr. Horlacher Frau Dr. Jochmus Kahn Frau Kaiser (Schwäbisch Gmünd) Kemmer (Bamberg) Lang (München) Leibing Leukert Maier (Mannheim) Menke Niederalt Dr. Oesterle Dr. Rinke Ruf Samwer Schill (Freiburg) Dr.-Ing. E. h. Schuberth Schüttler Schütz Spies (Emmenhausen) Stiller Wacher (Hof) Wacker (Buchen) Dr. Werber Dr. Willeke Jacobi Müller (Erbendorf) Anlage 5 Umdruck 846 (Vgl. S. 9640 B, 9676 B) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FVP, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Kohlenwirtschaft (Drucksache 2019). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die Bundesregierung wird ersucht, nach Maßgabe des Vertrages vom 18. April 1951 über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl in der Bundesrepublik eine weitsichtige Kohlenpolitik mit dem Ziel einer vollen Eingliederung des Kohlenbergbaus in die soziale Marktwirtschaft zu führen. 2. Die Bundesregierung wird ersucht, zur Schaffung neuer Kapazitäten im Kohlenbergbau und für die bessere Versorgung aller Verbraucher die Erschließung neuer Abbaufelder, das Abteufen neuer Schachtanlagen und die Errichtung von Zentralschachtanlagen steuerlich zu begünstigen. Bonn, den 16. November 1956 Dr. Krone und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Anlage 6 Drucksache 2847 (Vgl. S. 9677 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene (34. Ausschuß) über den von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache 2329). Berichterstatter: Abgeordneter Rehs Nachdem für den mit dem Gesetzentwurf — Drucksache 2329 — beabsichtigten Zweck anstelle des geforderten Betrages von 10 Millionen DM im Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956 bereits ein Betrag bis zu 10,5 Millionen DM bereitgestellt worden ist, betrachtet der Ausschuß das Anliegen der Antragsteller als erfüllt. Bonn, den 30. Oktober 1956 Rehs Berichterstatter Anlage 7 Drucksache 2846 (Vgl. S. 9677 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene (34. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Maßnahmen zur Förderung der Umsiedlung von Heimatvertriebenen und Evakuierten sowie zur beschleunigten Auflösung der Flüchtlingslager (Drucksache 1899). Berichterstatter: Abgeordneter Kuntscher Der Ausschuß stellt fest, daß dem unter Buchstabe A des Antrags — Drucksache 1899 — aufgeführten Anliegen inzwischen durch die von der Bundesregierung erlassene Verordnung zur Umsiedlung aus überbelegten Ländern vom 5. Juni 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 490) entsprochen worden ist. Bezüglich der Buchstaben B und C des Antrags besteht nach der Feststellung des Haushaltsausschusses im Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956 keine Deckungsmöglichkeit. Bonn, den 24. Oktober 1956 Kuntscher Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Kurt Georg Kiesinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Bitte sehr.


Rede von Dr. Karl Mommer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kiesinger, erinnern Sie sich, wenn Sie diese meine Ausführungen in der „Außenpolitik" gelesen haben, daß ich da festgestellt habe, der Herr Bundeskanzler habe der französischen Regierung ,das zweite Plebiszit, das in dem Saarvertrag vom 23. Oktober vorgesehen war, entrissen, nicht aber das erste, und daß das erste Plebiszit eine Forderung der Franzosen war, die in dem berühmten Naters-Plan zum erstenmal aufgetaucht war?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Kurt Georg Kiesinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Selbstverständlich, Herr Mommer; ich komme sofort auf diese Gedankengänge zurück.

    (Zuruf von der SPD.)

    Meine Herren, lassen Sie mich genau ausführen, wie die Dinge gekommen sind. Ich stelle noch einmal fest: der entscheidende Wendepunkt im ganzen Saarproblem war jenes deutsch-französische Abkommen über das Saarstatut, weil es durch die Einräumung dieses zweiten Plebiszits der Saarbevölkerung die Entscheidung über ihr eigenes Schicksal zusprach.
    Damit war die Frage im Prinzip gelöst. Bei Unterhaltungen mit führenden französischen Politikern, die ich unmittelbar darauf hatte, wurde mir von diesen freimütig zugestanden, daß sie selbst glaubten, daß das Saarproblem damit praktisch schon entschieden sei.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es gab aber nicht nur ein zweites Plebiszit. Bei jenen Unterhandlungen stritt man auch noch um ein anderes, sehr Bedeutsames, nämlich darum, daß im Saarland endlich eine freigewählte, wirklich unabhängige Volksvertretung ihre politische Meinung bekunden dürfe.
    Wir konnten also, wenn es nach den Plänen des Abkommens gegangen wäre und wenn die Saarbevölkerung das Saarstatut bejaht hätte, mit folgenden zwei Etappen rechnen: erstens mit der Wahl eines freien Landtages in der Hoffnung, daß die überwältigende Mehrheit dieses Landtages ein eindeutiges Bekenntnis der Saarbevölkerung zu Deutschland repräsentieren würde,

    (Zurufe von der SPD)

    zweitens, daß am Ende der Entwicklung jenes Plebiszit der Saarbevölkerung stünde, mit dem die Saarbevölkerung nach diesem Abkommen Rechtens zu Deutschland zurückkehren würde.

    (Abg. Dr. Becker [Hersfeld]: Wann?)

    — Wann? Das ist eine Frage, verehrter Herr
    Becker, über die Sie so wenig entscheiden konnten


    (Kiesinger)

    wie wir. Die Frage des Wann liegt in solchen Fällen nicht in der Hand des Politikers, der vorbereiten und bereit sein muß für die Ereignisse der Geschichte.

    (Zurufe von der SPD.)

    Diejenigen, die mit dem Kopf durch die Wand wollen, haben noch nie etwas erreicht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ja, dieses Wann in der Saarfrage, dieses Wann in der Wiedervereinigungsfrage im Osten, die Hybris, dieses hektische Bemühen, in einer Zeit der Unreife eines politischen Problems die reife Frucht pflücken zu wollen, das ist wieder die alte treuherzige politische Romantik!

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Uh-Rufe bei der SPD.)

    Ich habe damals mit vielen Menschen, mit Leuten aus dem Saargebiet, mit Menschen meiner eigenen Fraktion und Ihrer Fraktion Gespräche über die mögliche Haltung der Saarbevölkerung bei der Entscheidung über das Saarstatut geführt. Nun, ich gehörte damals zu jenen — meine Freunde aus dem Saargebiet wissen das —, die davon überzeugt waren, daß die Saarbevölkerung schon bei der Entscheidung über dieses Statut ihren klaren Willen zu Deutschland bekunden werde. Ich habe das seinerzeit auch meinen Freunden aus dem Saargebiet gesagt.

    (Abg. Metzger: Und der Herr Bundeskanzler?)

    — Und der Herr Bundeskanzler? Der Herr Bundeskanzler hat durch den Abschluß jenes entscheidenden Abkommens, dadurch, daß er das Vertrauen der französischen Unterhändler gewann, den ersten und entscheidenden Schritt zu der Befreiung getan.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Konnten Sie vom Bundeskanzler, konnte jemand vom Bundeskanzler erwarten, daß er, nachdem er dieses Abkommen geschlossen hatte, sich öffentlich hinstellte und die Saarbevölkerung aufforderte, gegen dieses Abkommen zu stimmen?

    (Abg. Metzger: Da hätte er ja den Mund halten können! — Lebhafte Zurufe von der SPD.)

    Wenn Sie einem deutschen Politiker,

    (erneute Zurufe von der SPD)

    einem deutschen Staatsmann diesen Ratschlag geben, meine Damen und Herren,

    (Abg. Arnholz: Solchen Vorschlag haben wir nicht gemacht. Er hätte schweigen sollen!)

    dann werden Sie für alle Zukunft jedes Abkommen, das irgendein deutscher Staatsmann mit einem fremden Staate schließen wird, dadurch entwerten, daß Sie den Eindruck erwecken: Der Deutsche sagt heute ja, und morgen bricht er schon sein Wort.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn Sie dem Bundeskanzler einen Vorwurf machen wollen — wenn Sie sachlich blieben bei Ihren Vorwürfen —,

    (Zuruf von der SPD: Bleiben S i e doch sachlich! — Abg. Wehner: Wer ist denn hier unsachlich geworden?)

    dann könnten Sie folgendes sagen: — —

    (Abg. Wehner: Wer holzt denn hier? — Abg. Dr. Gülich: Minister Schröder hat so töricht angefangen!)

    — Nun lassen Sie doch mal Herrn Schröder, befassen Sie sich doch einen Augenblick mit mir! (Abg. Dr. Gülich: Das tue ich!)

    Dann könnten Sie sagen: Jawohl, der Bundeskanzler war zur loyalen Einhaltung des von ihm geschlossenen Abkommens verpflichtet.

    (Abg. Dr. Gülich: Natürlich war er es! Das bestreitet niemand!)

    Man konnte vom Bundeskanzler nicht erwarten, daß er die Saarbevölkerung zum Gegenteil aufforderte.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Sie konnten sagen: Warum hat dann der Bundeskanzler die Dinge nicht sich selbst überlassen?

    (Sehr richtig! bei der SPD und beim GB/BHE.)

    — Jawohl, so konnten Sie fragen. (Abg. Dr. Kather: Dazu war er verpflichtet!)

    Ich will Ihnen die Antwort geben: weil sehr viele Leute und nicht nur der Bundeskanzler das befürchteten, was der Außenminister in seinen Erklärungen bereits gesagt hat. Die Rechtslage war die, daß, wenn die Saarbevölkerung das Statut ablehnte, ein Vakuum entstand, d. h., daß sich Rechtens Frankreich dann hätte darauf berufen können, daß nunmehr der alte Zustand wiederhergestellt sei. Weil der Bundeskanzler eine solche Möglichkeit befürchtete und weil er darüber hinaus nicht nur eine Erstarrung des Saarproblems, sondern auch eine Erstarrung der deutsch-französischen Beziehungen und des Fortgangs der europäischen Integration befürchtete, hat ihm die große Sorge um diese mögliche Entwicklung

    (Abg. Feller: Vorsichtig! Jetzt wird's gefährlich!)

    seine Haltung vorgeschrieben.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien. — Abg. Feller: Sehr gefährlich, was Sie hier sagen! — Zuruf von der SPD: Sehr schlecht!)

    Dabei bleibt festzuhalten, daß es bei der Haltung der Saarbevölkerung gar keinen Zweifel gegeben hätte, daß, wenn das Statut angenommen worden wäre und ein freier Landtag gewählt worden wäre, die Entwicklung — Herr Becker, Ihr „Wann"! — im Saargebiet ebenfalls mit großer Geschwindigkeit auf eine Lösung gedrängt hätte, wie wir sie auf andere Weise erlebt haben. Ob das ein Jahr früher oder später geschah, spielte in dem großen Zusammenhang der europäischen Dinge nicht die überragende Rolle, die Sie ihr zusprechen wollen.

    (Erneute Zustimmung bei den Regierungsparteien. — Abg. Metzger: Das ist sehr dünn! — Abg. Wittrock: Sie sind ein schöner Eiertänzer! Abg. Rehs: Das ist zu geschickt, Herr Kiesinger!)

    — Wenn Sie einem Argument wirklich nichts sachlich entgegenzuhalten vermögen: dann nennen Sie die Argumentation „geschickt"! Sie ist nicht „geschickt", sie ist wahr.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



    (Kiesinger)

    Was kam dann, nach der Ablehnung des Saarstatuts durch die Saarbevölkerung? Jene Reaktion Frankreichs, die auch die kühnsten Träumer von Ihnen nicht zu erhoffen gewagt hatten, meine Damen und Herren.

    (Anhaltende Zurufe von der SPD.)

    Frankreich hat sich dem manifestierten Willen der Saarbevölkerung gebeugt. Warum hat es das wohl getan?

    (Zuruf des Abg. Metzger.)

    — Es mag, Herr Metzger, manche unter Ihnen geben, die glauben, daß Frankreich dies nur getan habe, weil eben die Bevölkerung an der Saar ihr Bekenntnis zu Deutschland abgelegt habe. Wir aber sind davon überzeugt: diese Haltung Frankreichs ist nur dadurch zu erklären, daß das Verhandlungsklima, in dem die ganzen Jahre hindurch dieses schwierigste aller Probleme zwischen unseren beiden Ländern behandelt worden ist, daß gerade die Loyalität auf deutscher Seite, die niemals bezweifelt werden konnte, das Entscheidende dazu beigetragen hat, daß Frankreich sich schließlich den Tatsachen beugte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren von der Opposition, ich erinnere mich der furchtbaren Isolierung, in die Ihre Vertreter im Europarat in dieser Frage gerieten. Sie waren es doch, die das Saarproblem durch eine „Politik der Stärke", um Ihr beliebtes Schlagwort aufzunehmen, lösen wollten.

    (Ach! und weitere Zurufe von der SPD.)

    — Soll ich Ihnen die Reden, die in Straßburg gehalten worden sind, vorlesen, soll ich Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen, wie Dehousse aufstand und mit welchen Worten er damals den deutschen sozialdemokratischen Vertretern unter dem Beifall des ganzen Hauses entgegentrat?

    (Zuruf von der SPD: Auch von Ihnen?)

    Meine Damen und Herren, das Bewußtsein des Rechts, das wir alle in der Saarfrage hatten, durfte uns nicht dazu verleiten, zu hoffen, daß das Saarproblem mit einer Haltung zu lösen wäre, die Frankreich mit tiefstem Mißtrauen gegen einen neuentstehenden deutschen Nationalismus erfüllen mußte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich bin in jener Zeit — glauben Sie mir dies einmal, meine Damen und Herren —, mit einer ganzen Reihe von Ausländern immer wieder in Streit geraten über ihre Behauptung, die deutsche Sozialdemokratie beweise durch ihre Haltung in der Saarfrage, daß sie eine nationalistische Partei sei.

    (Zurufe von der SPD.)

    Wie oft habe ich damals in Gesprächen und in öffentlichen Reden diesen Vorwurf gegen die Sozialdemokratie zurückgewiesen!

    (Abg. Schmidt [Hamburg] : Die Parole hat doch Ihr Kanzler ausgegeben!)

    Ich erzähle Ihnen das nur, weil ich Ihnen klarmachen möchte, daß Sie durch Ihre damalige Politik
    — und nicht umsonst hat der Innenminister die Erinnerung an das Petersberger Abkommen, an Ihre Ablehnung der Montanunion, Ihre Ablehnung des Eintritts in den Europarat heraufbeschworen —, durch Ihre damalige Haltung, ein Klima in Westeuropa zu schaffen drohten, in dem die
    deutsch-französische Versöhnung von vornherein einfror.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Schröter [Wilmersdorf]: Die neue Geschichtsschreibung des Herrn Kiesinger!)

    — Natürlich! Ich bin durchaus bereit — was ich sage, steht ja in den Protokollen des Bundestags —,

    (Bundesinnenminister Dr. Schröder: Sehr gut!)

    vor der Vergangenheit und vor der Zukunft für
    diese meine Auffassung Verantwortung zu tragen.

    (Abg. Wehner: Werden Sie nicht zum Advokaten für Kirn!)

    Ich habe damals, zum Petersberger Abkommen, meine erste außenpolitische Rede in diesem Hause gehalten. Ich erinnere mich noch sehr wohl daran, daß ich damals vorausgesagt habe, wie die Entwicklung kommen werde.

    (Oho! bei der SPD.)

    Wenn Sie diese Rede nachlesen, dann werden Sie vielleicht sagen: Kiesinger hat damals „sehr geschickt" vorausgesagt, weil alles, was er vorausgesagt hat, in der Zwischenzeit eingetreten ist.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU. — Abg. Neumann: Da haben Sie den Kanzler schlecht beraten!)

    Da ich auf diese geschichtlichen Repliken nicht vorbereitet war, habe ich meine Ausführungen aus jener interessanten Nacht nicht mitgebracht; es ist schade. Ich hätte sie gern verlesen. Aber ich bitte Sie, das vielleicht in einer stillen Stunde der Einkehr selbst zu tun.

    (Heiterkeit. — Abg. Mellies: Das scheinen Sie am nötigsten zu haben, und zwar nicht nur für die verflossenen Jahre!)

    Ich habe jedenfalls damals vorausgesagt, daß das Petersberger Abkommen der erste Schritt zu einer Bereinigung aller noch schwebenden Probleme, die zwischen uns und dem Westen stünden, sein werde.
    Meine Damen und Herren, der Außenminister konnte heute feststellen: Nach der Bereinigung des Saarproblems, des deutsch-belgischen Verhältnisses stehen noch gewisse Dinge aus, die wir mit Holland bereinigen müssen: dann aber ist diese Teilaufgabe der deutschen Außenpolitik, die anstehenden Probleme im Westen zu lösen, zu unser aller und unserer Nachbarn Zufriedenheit gelöst.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das müssen Sie uns schon in einer solchen Stunde zu sagen erlauben. Sie versuchen ja fortgesetzt, unsere Politik da, wo sie noch keine sichtbaren Erfolge hatte, unter allen Umständen zu bestreiten, und da, wo sie zu sichtbaren Erfolgen führte, zu behaupten, diese seien trotz unserer Politik eingetreten.

    (Sehr gut! in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Siehe Saargebiet!)

    — Ja, ja, siehe Saargebiet! Das ist ja ein Exempel, an dem Sie es versuchen.

    (Zuruf von der SPD: Sie überzeugen nur sich!)



    (Kiesinger)

    — Tassen Sie das unsere Sorge sein, wen in diesem Volke wir überzeugen. Ich bin völlig zuversichtlich,

    (Lachen und Zurufe von der SPD)

    daß die Mehrheit unseres Volkes unsere Überzeugung teilen wird.

    (Anhaltende Zurufe von der SPD.)

    — Meine Damen und Herren, jubeln Sie nicht zu f rah!

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wittrock: Das Volk hat Sie schon durchschaut!)

    — . Es ist noch eine weite Strecke zurückzulegen, verehrter Herr Kollege, bis zu den Bundestagswahlen des Jahres 1957. Wir werden das Unsere tun, damit das Volk weiß, um was es geht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien, — Lebhafte Zurufe von der SPD. — Abg. Schröter [Wilmersdorf]: Die Millionen allein machen es nicht!)

    -- Ach, wissen Sie, die Millionen, Herr Kollege, ich weiß nicht, bei wem die sind. Bis jetzt hatte ich immer den Eindruck, als ob die Millionen bei Ihnen lägen, nicht bei uns.

    (Weitere Zurufe von der SPD. — Abg. Mellies: Ich habe bloß Ihr Wahlkonto gemeint!)

    Ich wünschte, die Christlich- Demokratische Union wäre imstande, ein ebenso großartiges Parteigebäude in Bonn zu errichten wie Sie. Unsere Finanzlage erlaubt es leider nicht;

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen und Zurufe von der SPD.)

    Sie mögen's glauben oder nicht!

    (Erneutes Lachen und Zurufe von der SPD. — Abg. Mellies: Diese Demagogie ist selbst für Kiesinger zuviel!)

    — Herr Mellies, manchmal unterschätzen Sie uns, vielleicht zu oft. In diesem Falle eben haben Sie uns überschätzt.
    Wir müssen aber zum Saarproblem noch etwas anderes sagen, weil man uns die Saarlösung, das, was erreicht und das, was nicht erreicht worden ist, gerne als einen Modellfall für die große Lösung der Wiedervereinigung darstellt. Herr Mommer hat es in dem von mir vorhin zitierten Artikel schon getan. Ichwill durchaus nicht allem widersprechen, was Herr Mommer in jenem Artikel gesagt hat. Im Gegenteil, in manchen Punkten bin ich durchaus mit ihm einig. Aber wir dürfen, wenn wir — und das sollten wir an einem solchen Tag nicht unterlassen — das ganze Problem der Wiedervereinigung an dem Beispiel des Teilfalles ins Auge fassen, doch nicht übersehen, daß die Lösung des Saarproblems durch die bestehende Ost-West-Spannung erleichtert worden ist.
    Es ist kein Zweifel, daß die Notwendigkeit der europäischen Einigung alle westlichen Länder äußerst interessiert daran machte, daß die Barriere zwischen Deutschland und Frankreich beseitigt wurde. Das ist leider der große Unterschied gegenüber der Problematik der Wiedervereinigung im Osten. Die bestehende Ost-West-Spannung steht der Wiedervereinigung im Osten leider im Wege, ist ihr hinderlich. Die Gefahr im Westen war nur die, daß bei der Lösung, auf ,die alle Welt hindrängte, die deutschen Interessen zu kurz kamen. Wir haben erlebt, daß eine ganze Reihe von Politikern bereit waren, über die deutschen Interessen hinwegzugehen und uns zuzureden: Nun bereinigt doch dieses Problem, ganz gleich, wie, schließlich auch unter Preisgabe eurer Position, nur damit der europäische Prozeß weitergehen kann.
    Herr Wehner hat von einer Europakonstruktion gesprochen, die um ein abgetrenntes Saargebiet herumgebaut war. Ja, man kann es auch so ausdrücken, es kommt auf den Blickpunkt an. Wenn Freunde von mir bereit waren, in jener Zeit unter Umständen zu einer Lösung ja zu sagen, die dem Saargebiet einen unabhängigen Status im Rahmen eines wirklich vereinigten Europas gegeben hätte, dann taten sie dies schweren Herzens und unter vielen Bedenken aus der Einsicht hieraus, daß die Zeit der nationalstaatlichen Anarchie Europa vorbei sei und daß die einzige Rettung für die Zukunft Europas im Zusammenschluß der europäischen Staaten liege. Wenn ein solcher Zusammenschluß Wahrheit geworden wäre — es schien einen kurzen Augenblick lang so, als ob er Wahrheit werden könnte —, dann wäre vielleicht sogar dieses Opfer des großen Zieles wert gewesen.

    (Belfall bei der CDU/CSU.)

    Aber diese Stunde ist von Europa versäumt warden. .
    Ich erinnere Sie an jene Debatte im Europarat, als man versuchte, nach dem Scheitern der EVG und der Politischen Gemeinschaft uns trotzdem wieder auf die Linie des van-Naters-Plans zu drängen. Damals haben wir dagegen protestiert. Nachdem die europäische Konzeption der politischen Gemeinschaft gescheitert war, war es auch mit der Diskussion um einen unabhängigen internationalen Status des Saarlandes vorbei. Man hat uns das denn auch im Europarat abgenommen.

    (glücklichen Gelingen geführt haben, nicht zuletzt deshalb,weil wir unseren Partner schließlich zu der Einsicht brachten, daß es besser sei, den Willen der freien Saarbevölkerung zu respektieren als auf einer Politik der Gewalt und der Annektion zu bestehen. Meine Damen und Herren, das ist ja genau das, was Sie immer wieder von uns fordern, wenn Sie den Blick auf das Problem der Wiedervereinigung im Osten lenken. Sie werfen uns vor, wir täten hier nicht genug. Wir haben diesen Vorwurf stets zurückgewiesen. Sie erinnern sich daran, daß selbst die Verträge, die die Bundesrepublik in den Kreis der NATO-Staaten geführt haben, keineswegs eine endgültige Regelung vorsehen, die einer Verständigung, einer wirklichen Verständigung, mit Sowjetrußland im Wege stehen würde. Die Pariser Verträge verpflichten nur die Bundesrepublik, nicht das wiedervereinigte Deutschland zur Teilnahme an der NATO. Der Artikel 10 des Deutschlandvertrags sieht eine Revision vor nicht nur im Falle der Wiedervereinigung, sondern „in jeder Lage, die nach Auffassung aller Unterzeichnerstaaten aus einer Änderung grundlegenden Charakters in den zur Zeit des Inkrafttretens des Vertrags bestehenden Verhältnissen entstanden ist". Mit anderen Worten: die von uns abgeschlossenen Verträge lassen alle Türen auf, die unter Umständen einmal benutzt werden können, um eine Lösung des Problems der Wiedervereinigung im Osten zu erreichen. Daß unsere Regierung es mit diesen Vorbehalten ernst meint, hat sie durch ihre Note vom 7. September 1956 klar erwiesen. Ich hebe die wichtigsten Punkte dieser Note noch einmal hervor. Es ist erstens der Hinweis darauf, daß wir nicht beabsichtigten, durch die Wiedervereinigung die militärische Lage einer Mächtegruppe zu verbessern; zweitens die Erklärung der Bereitschaft zur Erörterung aller denkbaren Vorschläge für ein europäisches Sicherheitssystem; drittens die Erklärung der Bereitschaft zur Einrichtung einer militärisch abgeschwächten oder demilitarisierten Zone diesseits und jenseits der Demarkationslinie und nicht zuletzt auch der Hinweis darauf, daß wir im Falle einer Wiedervereinigung so, wie wir es jetzt im Saargebiet getan haben, nicht an irgendwelche „Vergeltung" für eine in der Zwischenzeit eingenommene politische Haltung denken. Das ist angesichts der Politik, die von den Machthabern in Pankow betrieben wird, wahrhaftig ein sehr viel größeres Zugeständnis als das, das wir im Saargebiet, gemacht haben, obwohl es auch dort richtig gewertet werden sollte. Das sind keine Phrasen, sondern konkrete Angebote an Sowjetrußland, einen Weg zu beschreiten, der eines Tages zur Lösung der deutschen Frage führen kann. Es sind dieselben Grundsätze, es ist derselbe Geist der Behauptung des Friedens und der Freiheit, der unsere ganze Politik trägt. Ich brauche nicht zu betonen, daß wir alles Künftige in vollkommener Loyalität gegenüber unseren Vertragspartnern tun und tun werden. Der Blick auf die gegenwärtige Weltlage zwingt uns, in dieser Stunde beschwörend zu sagen: Wenn wir, wenn das westliche Europa, wenn die Vereinigten Staaten von Amerika das Mißtrauen und die Unsicherheit, die durch die Ereignisse der letzten Wochen und Monate entstanden sind, nicht zu überwinden vermögen, wenn dieses Mißtrauen innerhalb der Gemeinschaft der Staaten des Nordatlantischen Paktes weiterfressen und -wuchern würde, dann wäre allerdings das Ende aller Sicherheit in diesem Bereich der Erde gekommen. Es wäre selbstmörderisch, aus gefühlsmäßigen oder aus allzu eilfertigen verstandesmäßigen Schlüssen durch Verteilung von unzeitgemäßem Lob und unzeitgemäßem Tadel dieses Mißtrauen zu stärken und zu vergrößern. Die Dinge sind in vollem Fluß. Niemand von uns weiß, wie sich die Ereignisse im Nahen Osten, wie sich auch die Ereignisse in Ungarn auf die weitere Entwicklung unserer Geschichte auswirken werden. Aber eins, meine Damen und Herren, sollten wir doch, wenn wir das Ziel der deutschen • Wiedervereinigung unbeirrbar im Auge behalten, nicht vergessen, und das sollte uns gerade eine Lehre aus den Ereignissen in Ungarn sein: Wir haben Pakte über die ganze Welt, wir sehen Sowjetrußland in den Vereinten Nationen. Dort haben wir ein internationales Sicherheitssystem, und dieses Sicherheitssystem, diese Pakte haben nicht verhindern können, was in den letzten Wochen und Monaten in dieser Welt geschehen ist. Sie haben vor allen Dingen nicht verhindern was in Ungarn geschehen ist. Wir alle haben wahrscheinlich, als wir die ersten Nachrichten aus Ungarn hörten, ähnliche Empfindungen gehabt: Erschütterung, Bewunderung, aber auch Mitleiden mit diesem tapferen Volk, das, wie damals am 17. Juni 1953 unsere Menschen im Osten, es wagte, gegen den Titanen, der dieses Volk unterdrückt, aufzustehen. Es hat Kritiker gegeben, die sagten: Hätten die Ungarn das doch unterlassen! Es war doch alles schon auf bestem Wege. Die Entstalinisierung schien erfolgreich, wie das Beispiel Polens lehrte. Warum haben nun die Ungarn eingegriffen und haben diesen Prozeß einer allmählichen Lockerung und Konsolidierung unterbrochen? — Nun, meine Damen und Herren, ich will solchen Gedanken nicht entgegentreten. Ich weiß nicht, ob die Politik der Entstalinisierung wirklich zu jener Lockerung, jener allmählichen Liberalisierung und Angleichung der östlichen Welt an die westliche Welt geführt hätte oder führen wird, wie so viele im Interesse des Friedens hoffen. Es kann so sein, es kann auch das Gegenteil eintreten. Aber daß es in deutschen Landen möglich war, den Aufstand der Ungarn so darzustellen, daß man über gewisse Artikel den Satz hätte schreiben können: „Nicht der Mörder, sondern der Ermordete ist schuldig", das treibt mir die Schamröte ins Gesicht. — Nein, ich bin nicht vom Thema abgekommen, Herr Metzger; ich bin mitten drin. Der Beitrag des ungarischen Volkes auch zur deutschen Wiedervereinigung ist unmeßbar. Aber eines steht fest. Dieser Beitrag hat jenen Leuten in Sowjetrußland, die vielleicht glauben mochten, daß ihr politisches System in den Satellitenländern unerschüttert stehe oder gar, wie sie es immer wieder versichern, von der Masse der Völker gebilligt werde, gezeigt, daß diese Behauptung nicht aufrechterhalten werden kann. (Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD.)


    (Kiesinger)


    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)


    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)


    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Metzger: Sie sind vom Thema abgerutscht!)


    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Der Aufstand des ungarischen Volkes hat ferner der Anteilnahme der freien Welt an der Sache der unterdrückten Staaten und Völker im Osten Europas, wozu auch unsere 18 Millionen gehören, einen gewaltigen Auftrieb gegeben. Bei unserer Reise in Asien haben wir erlebt, daß die asiatischen Massen das Problem des Satellitenraums wohl zum erstenmal in seiner Bedeutung erkannt haben. Asiatische Staatsmänner, die sich bisher sehr zurückgehalten haben einer von ihnen hat zunächst den Fall Ungarn als einen nationalistischen Aufstand abgetan —, waren nun doch gezwungen, den Fall Ungarn aufzugreifen und Sowjetrußland zu verurteilen. Wenn das ungarische Volk für sich selbst in dieser Stunde nur Leid und Unglück geerntet hat, so hat es doch der Sache der Freiheit und der Anteilnahme der Welt für die Sache der Freiheit einen großen Dienst geleistet.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ich brauche nicht mehr zu versichern — darüber sind wir uns in diesem Hause alle einig —, mit welcher tiefen Anteilnahme wir das Geschick des ungarischen Volkes in diesen Tagen und Wochen verfolgen. Aber ich will meine Betrachtungen zum Problem der Wiedervereinigung nicht beschließen, ohne zurückzukommen auf den Grundsatz, bei dem wir unbeirrbar beharren werden: Was immer Sowjetrußland beitragen mag zur wirklichen Entspannung in dieser verwirrten Welt, was immer es beitragen mag zum Abbau aller jener Voraussetzungen, die zur Begründung des nordatlantischen Verteidigungspakts führen mußten, wird von uns auf das freudigste begrüßt werden. Wir werden durchaus nicht nur abwarten, ob Sowjetrußland


    (Kiesinger)

    derartige Schritte tut. Auch jetzt, auch nach der furchtbaren Enttäuschung, die wir durch die Ereignisse in Ungarn erlebt haben, die uns bewiesen haben, daß Sowjetrußland zur Zeit nicht bereit ist, irgendein Quentchen seines gegenwärtigen Besitzstandes aufzugeben: Auch jetzt rufen wir Sowjetrußland zu, daß es nicht darauf vertrauen kann — wie keine Macht auf dieser Erde —, auf die Dauer mit Gewalt freiheitsliebende Völker — und dazu gehören auch unsere 18 Millionen — unterdrücken zu können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir fordern Sowjetrußland auf, im Geiste der Note, die wir übersandt haben, Verhandlungen aufzunehmen, die zu einer wirklichen Entspannung auf der ganzen Erde, zu einem Abbau der durch Stalin geschaffenen Schwierigkeiten führen, damit endlich jenes System der Sicherheit und des Friedens begründet werden kann, von dem Sowjetrußland selbst so viel spricht. Aber dieser Tag ist — so scheint es doch jedem, der mit offenen Augen durch die Welt geht — noch fern, solange die Weltlage bleibt wie jetzt; solange Europa wehrlos einem möglichen Vorstoß aus dem Osten gegenübersteht, müssen wir zunächst auf unsere Sicherheit bedacht sein. Es ist unsere Schuld und die Schuld aller westeuropäischen Völker, daß die Lage nicht anders ist. Wir haben in der Frage der Sicherung weithin versagt. Ich habe nicht verstehen können, daß von Sozialdemokraten, als die Ungarnkrise ausbrach, der Satz aufgestellt wurde, es sei gut, daß wir noch keine Bundeswehr hätten, denn deren Vorhandensein würde den Frieden gefährdet haben.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    Es genügt, einen solchen Satz zu wiederholen, um seine Absurdität darzutun.

    (Zuruf von der SPD: Der ist gar nicht so absurd!)

    Nein, meine Damen und Herren, nicht treuherzige, bieder-täppische Zutraulichkeit im Verhandeln mit dem russischen Bären, sondern Festigkeit und Unbeirrbarkeit und verantwortungsbewußte Sorge für die Sicherheit unseres Volkes bringen uns weiter.

    (Beifall in der Mitte.)

    Dazu gehört nun einmal, ob wir es mögen oder nicht, die Aufstellung einer Verteidigungswehr auch in diesem Lande. Sorge für diese Sicherheit ist es, die unser Handeln für den Augenblick vor allem bestimmen muß. Ohne die Sicherung der Ausgangsbasis für die deutsche Wiedervereinigung — und das ist die Bundesrepublik — werden wir eine Wiedervereinigung in Freiheit niemals erreichen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Wir revidieren nicht unsere Politik der Wiedervereinigung, wir konsolidieren sie!

    (Erneuter Beifall in der Mitte.)

    Wir lassen zu gleicher Zeit nicht davon ab, unserem künftigen Verhandlungspartner Sowjetrußland zu zeigen, daß wir bereit sind — und zwar gerade deswegen, weil wir keine Scheinmanöver machen, sondern weil wir unsere Lebensprinzipien ehrlich vertreten —, in voller Loyalität eine Gesamtbereinigung der Beziehungen Gesamtdeutschlands zu Sowjetrußland herbeizuführen.

    (Zurufe von der SPD.)

    Über die Fragen, die im einzelnen mit der Eingliederung des Saargebiets in die Bundesrepublik zusammenhängen, hat Herr Wehner gesprochen. Ich kann zu diesem Teil seiner Ausführungen im großen und ganzen mein Ja sagen.

    (Abg. Metzger: Dann hätten Sie sich schon längst setzen können!)

    — Es hätte Ihnen gepaßt, wenn wir an diesem Tage an dem großen Erfolg unserer Politik vorbeigegangen wären.

    (Beifall in der Mitte. — Lachen bei der SPD. — Abg. Dr. Menzel: Herr Präsident, wollen Sie nicht darauf achten, daß der Redner zur Sache spricht!)

    Über diese anderen Fragen werden Berufenere als ich sprechen.

    (Abg. Mellies: Verlegenheit!)

    — Herr Kollege Mellies, zur Sache sprechen, heißt im Falle der Rückkehr der Saar in ,die Bundesrepublik ,auch etwas über die Gesamtkonzeption unserer Wiedervereinigungspolitik zu sagen, und das habe ich hiermit getan.

    (Beifall in der Mitte. — Abg. Mellies: Sehr großzügig!)

    Mein Freund Dr. Hellwig, der selber Saarländer ist, und ein weiterer _Freund aus meiner Fraktion, der noch heute im Saarland beheimatet ist, Kollefle Walz, werden zu den Einzelproblemen Stellung nehmen.
    Der Außenminister hat bereits gesagt, daß das von der Saarregierung überreichte Memorandum, in der sie alle ihre Anliegen zusammengefaßt hat, die Grundlage für alle inneren Folgerungen darstellt, die sich aus der Rückkehr der Saar ergeben. Wir wollen der Saar diese Rückkehr so erfreulich und so ersprießlich wie möglich .machen, damit sich die Saarbevölkerung in der gemeinsamen Heimat, von der der Bundesaußenminister gesprochen hat, von Herzen wohl fühlen möge.

    (Anhaltender Beifall bei den Regierungsparteien.)