Rede von
Dr.
Thomas
Dehler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regierungserklärung ist ein Meisterstück. Hätte ich doch einen winzigen Teil der Unbekümmertheit, der Selbstsicherheit, der — darf ich sagen? - Selbstgerechtigkeit ihres Verfassers! Immerhin, es ist manches, es ist viel geschehen. Das Vertragssystem, das die Grundlage unserer politi-
sehen Existenz sein soll, hat schon seine erste Belastungs- und Bewährungsprobe nicht bestanden.
Zwei Mächte, die sich vor knapp zwei Jahren in feierlichen Erklärungen uns gegenüber verpflichtet haben, ihre Streitfragen mit friedlichen Mitteln zu lösen, auf daß der Friede, die Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden, sich der Gewaltandrohung gegen die Unversehrtheit irgendeines Staates zu enthalten, brechen ihr Wort,
setzen Gewalt, tun es, ohne ihre Vertragspartner zu befragen, ohne sich mit einem Worte bei ihnen zu rechtfertigen. Der Grundsatz von Treu und Glauben im Verkehr der Völker, das Vertrauen in die Unverbrüchlichkeit des Rechts als Grundlage der Ordnung der Völker und zwischen den Völkern werden erschüttert. Bomben fallen auf Unschuldige: Frauen, Männer und Kinder. Ein wertvolles Volk, das der Ungarn, zerfleischt sich im Bruderkampf,
— Ich glaube, Sie sollten warten, bevor Sie Pfui rufen.
Die freie Welt sieht diesem bitteren Schicksal tatenlos zu, muß ihm tatenlos zuschauen.
Man traut seinen Ohren nicht, was die Bundesregierung dazu und zu dem, was die Welt tief bewegt und wandelt, zu sagen hat: „die unverbrüchliche Solidarität zwischen den Mächten festigen" —, „wir zweifeln nicht, daß alle Staaten ohne Vorbehalt diese Bemühungen unterstützen werden" —, „Frieden, Sicherheit, Freiheit; alle müssen auf die Anwendung von Gewalt verzichten". — Die Bundesregierung und ihre Politik sind ohne Fehl und Tadel und über alle Zweifel erhaben. Die letzten Wochen, so hören wir, haben die Richtigkeit der politischen Ziele und Vorstellungen der Bundesregierung mit größter Deutlichkeit - so, glaube ich, hieß es — bewiesen. Haben die Richtigkeit der Politik der Bundesregierung bewiesen!
Und niemand, so hören wir, wird sie von ihrem bisherigen Wege abbringen.
Kein Wort der Kritik, auch kein Wort der Selbstkritik,
kein Wort über den Vertragsbruch Edens und Mollets,
aber Deklamationen über unverbrüchliche Vereinbarungen!
Durch das Bundeshaus geht eine Mär: Frankreich
und England, die ihr Verhalten mit keinem Wort
berichtigt haben, haben unserem Regierungschef zuliebe, als er an die Seine fuhr, die Waffen am Nil schweigen heißen.
Meine Damen und Herren, wir hören mit Erschütterung: die Waffen schweigen gar nicht, auch nicht am Nil.
Armes deutsches Volk,
das nicht weiß — —. Ach, Herr Hilbert, ich dränge mich nicht zur Führung!
Wer tut das?
— Ach, Herr Scharnberg, Sie haben keinen Anlaß zu diesen Gesten, einer der Totengräber der deutschen Demokratie.