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ID0216800400

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    2. Deutscher Bundestag — 168. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. November 1956 9259 168. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. November 1956 Gedenkworte für die Leiden und Opfer der Ereignisse im Nahen Osten und in Ungarn: Vizepräsident Dr. Jaeger 9259 B Mitteilung über Sitzung des Deutschen Bundesrats in Berlin 9259 D Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung (weltpolitische Entwicklung, Vorgänge in Ungarn und Ägypten): Bundeskanzler Dr. Adenauer . . . 9259 D Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung: Dr. Krone (CDU/CSU) 9264 C Mellies (SPD) 9267 A Dr. Dehler (FDP) 9269 D, 9275 D Vizepräsident Dr. Jaeger . 9275 C, 9276 D Feller (GB/BHE) 9277 A, B Dr. Schneider (Lollar) (FVP) . . . . 9280 C Dr. Brühler (DP) 9282 A Nächste Sitzung 9283 D Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 9283 B Die Sitzung wird um 9 Uhr 31 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Becker (Hamburg) 8. 11. Behrisch 10. 11. Berg 8. 11. Dr. Bucher 10. 11. Cillien 15. 12. Feldmann 20. 11. Funk 8. 11. Gerns 8. 11. Dr. Greve 10. 11. Dr. Graf Henckel 8. 11. Dr. Horlacher 10. 11. Jacobs 8. 11. Kahn-Ackermann 17. 11. Lenz (Trossingen) 10. 11. Lotze 9. 11. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 10. 11. Mattick 28. 11. Mayer (Birkenfeld) 1. 12. Dr. Mocker 10. 11. Morgenthaler 9. 11. Frau Nadig 9. 11. Neubauer 30. 11. Ohlig 8. 11. Platner 8. 11. Reitz 8. 11. Samwer 9. 11. Schill 8. 11. Dr. Schöne 10. 11. Seither 11. 11. Dr. Stammberger 17. 11. Stauch 8. 11. Wagner (Ludwigshafen) 10. 11. Dr. Wellhausen 8. 11. Dr. Welskop 8. 11. b) Urlaubsanträge Abgeordnete(r) bis einschließlich Arndgen 30. 11. Frau Beyer (Frankfurt) 14. 12. Fürst von Bismarck 30. 11. Blachstein 30. 11. Dr. Dittrich 17. 11. Eberhard 24. 11. Dr. Elbrächter 30. 11. Erler 30. 11. Eschmann 17. 11. Dr. Franz 30. 11. D. Dr. Gerstenmaier 3. 12. Dr. Hammer 17. 11. Kiesinger 3. 12. Dr. Klötzer 30. 11. Krammig 30. 11. Kühn (Köln) 30. 11. Dr. Lenz (Godesberg) 30. 11. Dr. Menzel 30. 11. Dr. Mommer 30. 11. Odenthal 17. 11. Ollenhauer 15. 12. Dr. Preiß 30. 11. Dr. Dr. h. c. Pünder 30. 11. Raestrup 17. 11. Frau Dr. Rehling 15. 12. Freiherr Riederer von Paar 30. 11. Scheel 22. 12. Dr. Schmid (Frankfurt) 3. 12. Schoettle 30. 11. Dr. Starke 1. 12.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Krone


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was sich in den letzten Tagen in der Welt ereignete, braucht in seinem Ablauf in dieser Stunde nicht mehr aufgezeigt zu werden. Es hat sich zu tief und zu schmerzvoll in das Bewußtsein aller Völker eingegraben; es ist jedem von uns in seinen Spannungen so gegenwärtig, daß es unserer Generation nicht mehr aus dem Gedächtnis schwinden wird.
    Niemals seit dem Ende des zweiten Weltkrieges ist das deutsche Volk und die gesamte Welt so schwer erschüttert worden wie in diesen Tagen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Durch die Völker ging die fragende Sorge nach dem, was morgen sein werde, und selbst in einer amtlichen Verlautbarung aus einem Nachbarland stand das Wort vom Vorabend des dritten Weltkrieges, ein Wort, das von den Menschen, die es lasen, nur als eine Bestätigung der eigenen großen Besorgnis aufgefaßt werden konnte.
    Als vorgestern die Nachricht von der bevorstehenden Waffenruhe am Suezkanal bekannt wurde, ging ein Aufatmen durch die Welt, und die Freude über diese Nachricht konnte einen Augenblick fast übersehen lassen, daß die russischen Panzer noch immer am Werke sind, dem ungarischen Volke die durch eigene Kraft wiedergewonnene Freiheit wider Menschen- und Gottesrecht erneut zu rauben.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Der Ernst der Lage, über die wir heute sprechen, ist allen Mitgliedern dieses Hohen Hauses so sehr bewußt, daß die Verantwortung für jedes Wort, das heute hier gesagt wird, schwer auf uns liegt.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Zu keinem Zeitpunkt seit der Gründung der deutschen Bundesrepublik haben deutsche Politiker ihre Worte so sorgfältig abwägen, so gewissenhaft wegen der möglichen Folgen und Ausdeutungen überdenken müssen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Die Fraktion der CDU/CSU hat deshalb diese Erklärung, die sich zu den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers rückhaltlos bekennt, auf wenige Gesichtspunkte beschränkt.
    Es ist eigentlich überflüssig, aber im Hinblick auf immer wiederkehrende Versuche, uns andere Absichten und Pläne zu unterstellen, notwendig, zu sagen, daß wir immer auf der Seite des Friedens und des Rechtes stehen werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir begrüßen jeden Schritt, der dem Frieden dient, und sind bereit, ihn mit unserer ganzen Kraft zu unterstützen. Noch nie sind so viele Werke des Friedens zu tun gewesen wie in unseren Tagen. Auch haben wir von unserer Seite den Verzicht auf jede Gewaltanwendung für die Lösung unserer


    (Dr. Krone)

    I deutschen Frage nicht mit irgendeinem Vorbehalt erklärt,

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    sondern in der festen, unerschütterlichen Überzeugung, daß Gewalt nur Unglück zeugt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FVP.)

    Wir sind glücklich darüber, daß Frankreich und Großbritannien die Waffen im Vorderen Orient zum Schweigen gebracht haben. Man hat von dem Zeitpunkt des englisch-französischen Eingreifens gesprochen und dabei darauf hingewiesen, daß dem brutalen Eingriff der Sowjets in den ungarischen Freiheitskampf kein besserer Vorwand hätte geboten werden können. Hier sind, so ungleich der Vergleich ist, ohne Zweifel den Sowjets Argumente in die Hände gefallen, und sie haben sich ihrer geschickt bedient, um die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit von der ungarischen Tragödie abzulenken.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Doch mit Entschiedenheit wende ich mich gegen eine aus verschiedenen Kreisen kommende Parole, die Ungarn und Ägypten in einem Atem nennen möchte.

    (Lebhafte Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Die Menschen danken jedem, der für den Frieden arbeitet. Die Welt dankt denen, die in London und Paris, in Washington, bei den Vereinten Nationen und in vielen anderen Hauptstädten diesen Schritt zum Frieden getan haben. Wir Deutsche schließen uns diesem Dank aus vollem Herzen an. Ich danke aber auch dem deutschen Bundeskanzler und dem deutschen Außenminister.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wienand: Wofür? — Oho und Pfui-Rufe bei der CDU/CSU. — Gegenruf von der CDU/CSU: Wofür?! — Abg. Neuburger: Sie haben wohl eine Vergnügungsreise gemacht?! — Weitere Zurufe und Gegenrufe.)

    Wir glauben zuversichtlich an eine Lösung der Suezkanalfrage, die sowohl den Rechten Ägyptens als auch den unbestreitbaren Ansprüchen und Interessen aller Schiffahrt treibenden Nationen entspricht, und wünschen, daß die Bundesregierung hieran auch weiterhin mitarbeitet.
    Lassen Sie mich aber eins hier noch einmal mit aller Deutlichkeit herausstellen. In Ägypten kehrt der Friede ein; über Ungarn jedoch weht der eisige Atem des Todes.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wir dürfen uns durch nichts den Blick dafür trüben lassen, welche Kräfte heute in der Welt jede Gelegenheit wahrnehmen, um Unfrieden zu stiften und Haß zu säen,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    statt sich in fairer, humaner Weise an der friedlichen Aufbauarbeit zu beteiligen. Wer in den Wetterwinkel der Weltpolitik Waffen liefert und die Verständigung zu hintertreiben sucht, den sollte kein Volk in irgendeinem Erdteil, auch nicht in Asien oder Afrika, als einen Freund und Helfer betrachten.

    (Sehr gut! Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Der ist vielmehr der große Störenfried, der die wirtschaftliche und soziale Situation der hilfsbedürftigen Nationen benutzt, um sie auf die Seite des Unheils zu ziehen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Aber auch das muß gesagt werden: Die hochentwickelten Industriestaaten der freien Welt sind heute zu einer ernsten Gewissenserforschung aufgerufen. Ich nehme davon die Bundesrepublik nicht aus. Auch wir sind zu langsam, zu sparsam, zu nachdenklich mit unserer Hilfe gewesen. Gerade wir Deutsche müssen für die Völker, die es wollen, etwas leisten, was den Leistungen entspricht, die die Vereinigten Staaten mit dem Marshallplan für uns vollbracht haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir verneigen uns in Ehrfurcht vor dem großen Volk der Ungarn. Dort haben Kommunisten und Nichtkommunisten — welch beschämendes Bild für Pieck, Grotewohl, Reimann und Genossen! —

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Seite an Seite gekämpft, um das Joch einer Fremdherrschaft zu zerbrechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Diese nationale Erhebung droht in einer erschütternden Tragödie unterzugehen. Mit blutendem Herzen stehen wir dabei. Europa trauert um die Opfer eines herzergreifenden Freiheitskampfes. Ich spreche es mit tiefster Ergriffenheit aus: Wir haben eine Schicksalsstunde der Menschheit erlebt.
    Nun droht Ungarn wieder in die Finsternis zurückzusinken. Aber jeder von uns hat das Aufleuchten erlebt, und wenn es weiter im Blut erstickt werden sollte — wir wünschten, es geschähe nicht —: dieses Aufleuchten ist einmal dagewesen!
    Auf der Suezkonferenz in London hat der russische Außenminister in eindrucksvollen Worten das Bekenntnis abgelegt, daß die Souveränität eines Landes unantastbar sei.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Er hat sich gegen jegliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Landes ausgesprochen. In Ungarn kann die Sowjetregierung beweisen, daß es ihr mit solchen Worten ernst ist; sonst sind sie Phrase und Täuschung.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Mögen die sowjetrussischen Truppen Ungarn verlassen und die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung einer UNO-Truppe übergeben!

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Mögen sie dasselbe in der Sowjetzone, in allen Ländern hinter dem Eisernen Vorhang tun!

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Dann beweist der Kreml, daß er wirkliche Demokratie und wirkliche Freiheit will.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn nicht, dann weiß die Welt erneut, woran sie mit ihm ist.
    Es scheint uns die bedeutsamste Lehre des so grausam niedergeknüppelten ungarischen Freiheitskampfes zu sein, daß auch zehn Jahre kommunistischer Terrorherrschaft nicht ausgereicht haben, um


    (Dr. Krone)

    den Unabhängigkeitssinn des ungarischen Volkes zu töten. Wie kleinmütig haben wir gedacht, wenn wir von der Sorge beunruhigt wurden, die Freiheit könnte eines Tages für die der Freiheit entwöhnten Völker zu spät kommen. Die großen Ideale der Menschheit gehen auch in der grausamen Zone des Schweigens nicht unter. Irgendwann brechen sie hervor. Es mag geschehen, was da will, plötzlich blickt ein Volk zu den Sternen auf und findet wieder zu sich selbst zurück. Wir müssen uns auf diese Erkenntnis einstellen.
    Man spricht von dem Versagen der westlichen
    Welt. Wenn ein solches vorgelegen haben sollte,
    dann nicht deshalb, weil wir keine militärische
    Hilfe leisten konnten und durften. Unser eigentliches Versagen und vielleicht sogar eine echte
    Schuld bestehen darin, daß wir dem Ungestüm dieser Bewegung staunend zusahen, statt sie auf gewisse Realitäten hinzuweisen. Es ist nicht entscheidend, ob ein Satellitenstaat den Warschauer Pakt
    heute oder morgen kündigt und seine Neutralität
    erklärt. Entscheidend ist nur, daß eine Nation wieder einen eigenen Willen bildet, ihn im Rahmen
    des Möglichen betätigt, daß sie ihr Geschichtsbewußtsein zurückfindet und wiederum Nation wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich habe soeben dieses Gefühl der Ohnmacht erwähnt, das wir als Zuschauer der ungarischen Tragödie empfunden haben. Alles, was wir über Ungarn sagen, bleibt leere Deklamation, wenn wir uns mit dem Erlebten als etwas Unvermeidlichem abfinden.
    Von den verschiedenen Kausalzusammenhängen, die in den letzten Tagen konstruiert worden sind, hält nach meiner Auffassung nur einer der kritischen Nachprüfung stand: Der Überfall auf das zur Freiheit aufgestandene Ungarn ereignete sich im Augenblick einer ernsten Krise der westlichen Welt.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Der Aggressor konnte die zeitweilige Uneinigkeit und Schwäche des Westens benutzen. Das war der Moment, wo in Ungarn das Unglück seinen Lauf nehmen konnte. Dieser Schwächezustand darf jetzt als überwunden angesehen werden. Nicht zuletzt bedeutet auch der große Wahlsieg Präsident Eisenhowers, daß der Westen endlich wieder aktionsfähig ist. Nun müssen wir das Eisen schmieden. Es darf auf westlicher Seite in Europa keine Alleingänge mehr geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Unsere Sicherheit, auch die Berlins, beruht auf den Verträgen. Auch die Kritiker können an dieser Tatsache in diesen Tagen nicht achtlos vorbeigegangen sein.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Streit um die militärische Verteidigung der Bundesrepublik kann und muß heute als überholt angesehen werden.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir sind in dramatischer Weise belehrt worden, daß es nicht nur die Gefahr eines atomaren dritten Weltkrieges gibt.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ebenso deutlich lehren die Ereignisse, daß militärische Ohnmacht die Gefahr einer wenn auch begrenzten Aggression nur erhöht.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Die Anwendung brutaler Gewalt unterbleibt um so sicherer, wenn sie auf ein zur Verteidigung entschlossenes und dazu technisch vorbereitetes Volk trifft.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir haben die Möglichkeit europäischer Kriege mit herkömmlichen Waffen in so erschreckender Weise vorgeführt bekommen, daß es darüber keine Diskussion mehr geben kann.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Erlauben Sie mir auch ein Wort über unser Verhältnis zu Sowjetrußland. Es hat weder uns noch irgendeinem anderen genützt, sondern nur geschadet und furchtbare Folgen gehabt, daß in der letzten Zeit so viele Illusionen aufkommen konnten.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.) Die Zeit der Illusionen sollte vorbei sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Sowjetunion ist in Europa als Aggressor aufgetreten. Sie hat ein freiheitlich gesonnenes Volk niedergeschlagen, ein Volk, mit dem unser deutsches Volk durch jahrhundertealte Traditionen, auch des Blutes, verbunden ist. Diese Tatsache wirft einen bösen Schatten auf die von uns ehrlich aufgenommenen Bemühungen um eine Besserung der deutsch-sowjetischen Beziehungen. Vielleicht lernen aber auch die Sowjets aus der in den Satellitenstaaten entstandenen Bewegung. Wenn sie Realpolitik treiben wollen, dann müssen sie endlich von der Erkenntnis ausgehen, daß das deutsche Volk weder hier im Westen noch in der Zone jemals kommunistisch wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Politik muß trotz aller Rückschläge und Enttäuschungen weitergehen. Und das ist wirkliche Politik: dramatische Auseinandersetzungen zwischen den Völkern vermeiden. Wir haben, wenn wir nach Osteuropa schauen, allen Grund zu der festen Überzeugung, daß die ungarische Tragödie andere Völker, die sich in derselben Lage wie Ungarn befinden, nicht davon abschreckt, in einer langsamen und steten Entwicklung zur Freiheit zurückfinden. Dieser Prozeß setzt sich durch.
    Kein Verantwortlicher war in diesen Tagen so vermessen, die Deutschen in der Zone zum Aufstand aufzurufen. Er hätte sie in die sowjetischen Panzer hineingetrieben. Nichts wäre falscher, als gerade der stillen, täglich geübten Tapferkeit, mit der jene 18 Millionen zur unauslöschlichen Tradition der. Heimat stehen, die Anerkennung zu versagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das gilt auch für die Berliner auf beiden Seiten des Brandenburger Tores, deren unbeugsamer Selbstbehauptungswille immer unsere Bewunderung findet.

    (Erneuter Beifall in der Mitte.)

    Das ist der moralische Rückhalt für unsere Bemühungen um die Zustimmung der Siegermächte zu einer Wiedervereinigung unseres Vaterlandes in Frieden und Freiheit. Ich sage es heute noch einmal mit besonderer Betonung: Wiedervereinigung nicht nur in Freiheit, sondern auch in Frieden, nicht als ein Akt der Gewalt, sondern der Politik; Wiedervereinigung ohne Blutvergießen, ohne Rache, ohne Vergeltung, eine Wiedervereinigung in Freiheit und in Frieden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)




Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Mellies.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wilhelm Mellies


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die sozialdemokratische Fraktion des Deutschen Bundestages habe ich folgende Erklärung abzugeben.
    Durch die Kämpfe in Ungarn und im Nahen Osten ist die Welt in den verflossenen Tagen in einem ungeheuren Maße erschüttert worden. Die Tatsache der Tausende von Toten, der aber Tausende von Verwundeten, der Hungernden und der Flüchtlinge, sie hat uns alle im Innersten aufgewühlt. Leider sind aber offenbar an beiden Stellen die Kämpfe noch nicht abgeschlossen, und noch immer gibt es Tote und Verwundete.
    Durch diese Auseinandersetzungen ist der Frieden in der Welt aufs äußerste gefährdet worden. Es muß bei einer Betrachtung der Dinge heute die Aufgabe sein, eine politische Wertung vorzunehmen, um daraus die Folgerungen für die künftigen politischen Notwendigkeiten zu ziehen.
    Die furchtbare Tragödie in Ungarn wird insbesondere unter zwei Gesichtspunkten politisch zu werten sein. Erstens ist die eisige Rücksichtslosigkeit zu sehen, mit der sich die Sowjetunion unter Verletzung aller Grundsätze des Völkerrechts und der Menschenrechte bestrebt zeigt, ihren Machtbereich zu behaupten, wie sie in einer durch militärische Blöcke geteilten Welt den eigenen Sicherheitswillen zur Geltung bringt. Zweitens ist die Unmöglichkeit eines bewaffneten Beistandes zu erkennen, weil ein militärisches Eingreifen den Krieg, den dritten Weltkrieg, der ein Krieg der Atomwaffen, der Wasserstoffbomben sein würde, 'bedeuten müßte.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Ein solcher Krieg aber wäre keine Hilfeleistung, keine Rettung der Freiheit und keine Behebung der Not.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ein solcher Krieg wäre das absolut ungeeignete Mittel, die Probleme zu lösen. Er hätte nur den Untergang aller und wahrscheinlich die Vernichtung der Menschheit zur Folge. Auch ein Höchstmaß der Rüstung in den Ländern, die zu den westlichen Militärpakten gehören, könnte das ergreifende Schicksal Ungarns auf diese Weise nicht wenden.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Aus dieser Situation, die geschichtlich noch niemals da war und die erst durch die Atombomben bewirkt wurde, eröffnet sich nur ein einziger Ausweg: Alle Anstrengungen müssen gemacht werden, um die Spannungen in der Welt abzubauen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Das kann aber nur durch eine größtmögliche Stärkung der Vereinten Nationen geschehen. Sie sind das Weltsystem der kollektiven Sicherheit. Spannungen sind doch nur der Ausdruck ungelöster Fragen und der daraus abgeleiteten Sicherheitsbedürfnisse. Man kann und darf deshalb gerade in dieser entscheidenden Stunde um des Friedens willen nicht resignieren.

    (Beifall bei der SPD.)

    Man darf sich auch nicht mit der Meinung abfinden, die Vereinten Nationen seien nicht in der
    Lage zu helfen. Die Vereinten Nationen, ihre
    Grundsätze und ihre Autorität sind die letzte Hoffnung der geängstigten Welt, die letzte Hoffnung der Völker, die auf Frieden und Freiheit bedacht sind. Darum muß alles geschehen, um ihre Autorität zu stärken und ihr System der kollektiven Sicherheit auf vielfältige Weise effektiver zu machen, z. B. durch die friedlichen Mittel der Rüstungsbegrenzung und der Rüstungskontrolle sowie gegebenenfalls durch die Bildung einer internationalen Exekutive.

    (Zuruf von der Mitte: EVG!)

    In dieser Stunde muß aber die Sowjetunion daran erinnert werden, daß sie am 30. Oktober 1956 eine Erklärung abgegeben hat, in der sie zum Ausdruck gebracht hat, daß die gegenseitigen Beziehungen der Staaten in ihrem Machtbereich nur auf den Grundsätzen der völligen Gleichberechtigung, der Achtung der territorialen Unverletzlichkeit, der staatlichen Unabhängigkeit und Souveränität sowie der gegenseitigen Nichteinmischung aufgebaut sein sollen. Die Sowjetregierung hat in dieser Erklärung selbst zugegeben, daß es in diesen Beziehungen in der Vergangenheit zahlreiche Schwierigkeiten ungelöster Aufgaben und wirkliche Fehler gegeben habe. Sie hat daran erinnert, daß der XX. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion diese Verletzungen und Fehler ganz entschieden verurteilt habe. Angesichts der blutigen Ereignisse in Ungarn wird sich die Sowjetregierung von dem schweren Verdacht reinigen müssen, daß sie diese Erklärung nur zur arglistigen Täuschung des ungarischen Volkes veröffentlicht hat.

    (Lebhafter Beifall im ganzen Hause.)

    Sie muß jetzt durch die Tat bekunden, daß ihre Versicherungen mehr sind als bloße Lippenbekenntnisse.

    (Erneuter Beifall.)

    Meine Damen und Herren, wir beklagen es sehr, daß die westlichen Demokratien gerade in dem Augenblick, in dem das ungarische Volk der moralischen Unterstützung aller freiheitliebenden Völker sicher sein mußte, durch die unselige Aggression im Nahen Osten gelähmt wurden.

    (Beifall bei der SPD und beim GB/BHE.)

    Man kann die Handlungsweise der britischen, der französischen und der israelischen Regierung gegenüber Ägypten nicht bloß als Intervention von Streitkräften bezeichnen,

    (Zustimmung bei der SPD)

    sondern man muß sie beim wirklichen Namen nennen: was sich dort abspielte, war Krieg!

    (Beifall bei der SPD.)

    Damit ist die freie Welt in Gefahr geraten, sich selbst unglaubwürdig zu machen.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Es ist mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbar, daß einzelne ihrer Mitglieder, die sich dem Völkerrecht und der Demokratie verpflichtet haben, der Charta der Vereinten Nationen zuwiderhandeln und die Empfehlungen der Vollversammlung der Vereinten Nationen mißachten.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Über eine bloße Absage an die Gewalt hinaus muß
    der entschlossene Wille des deutschen Volkes bekundet werden, jede Angriffshandlung für unbe-


    (Mellies)

    dingt verwerflich zu erklären und jedem Beginn eines Krieges, der keine reine Verteidigung ist, mit schärfster Mißbilligung zu begegnen.

    (Beifall bei der SPD und beim GB/BHE)

    Daher müssen wir alle Bemühungen der Vereinten Nationen um die Wiederherstellung des Friedens mit ganzer Kraft unterstützen.
    In diesem Augenblick aber, meine Damen und Herren, kommt es darauf an, ein höchstes Maß an Hilfe zur Unterstützung der Opfer der Ereignisse und zur Heilung der Wunden zu leisten. Über die unmittelbare Hilfstätigkeit hinaus sollte die Organisation für europäische Zusammenarbeit ihre Dienste anbieten und uneigennützig zum Wiederaufbau in Ungarn und im Nahen Osten beitragen.

    (Beifall bei der SPD und beim GB/BHE.)

    Wir erwarten und fordern von der Bundesregierung, daß sie ihren Einfluß auf diese Organisation geltend macht, damit Wege gefunden werden, die einen solchen Beitrag ermöglichen. Wirtschaftliche Zusammenarbeit könnte und sollte der Anfang zu einer Änderung im Verhalten der west- und osteuropäischen Staaten zueinander sein, ungeachtet der Unterschiede der politischen und sozialen Systeme dieser Staaten. Darüber hinaus könnte und sollte Deutschland als ein Land der europäischen Mitte dazu beitragen, in den gegenseitigen Beziehungen neue Verhältnisse zu schaffen. Wir sagen das gerade angesichts der schweren Belastung, die unser eigenes Land durch die Fortdauer seiner Spaltung noch zu tragen hat. Die Teilung Deutschlands ist eine dauernde Gefahr für den Frieden.
    Deshalb kann in einer Stellungnahme zu den Ereignissen in den letzten Wochen an dieser Frage nicht vorbeigegangen werden. Es wäre aber widerspruchsvoll, eine Lösung der deutschen Frage von dem Ausbau der westlichen Militärpakte zu erwarten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenn die Fortdauer der Teilung Deutschlands eine wirkliche Gefahr ist, kann nicht durch die Einbeziehung der Bundesrepublik in den Nordatlantikpakt und die Westeuropäische Union die Spaltung Deutschlands behoben und damit die Gefahr beseitigt werden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenn es auch nach der Auffassung der Regierung die Teilung ist, durch die uns Gefahr droht, kann ein wirklicher Schutz auch nur des westlichen Teils Deutschlands durch den Ausbau einer Militärallianz nicht erreicht werden. Die Teilung muß überwunden werden, damit die Gefahr beseitigt wird;

    (Zurufe von der CDU/CSU: Wie?!)

    aber die Teilung kann nicht überwunden werden, wenn die Bundesrepublik Mitglied der NATO und der Westeuropäischen Union bleibt.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, es muß in dieser Stunde klar erkannt werden: aus diesem Widerspruch muß die deutsche Politik endlich durch eine Neuorientierung herausgeführt werden.

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Wohin wollen Sie? — Weitere Zurufe und Unruhe in der Mitte.)

    Es kommt darauf an, im Rahmen der Vereinten Nationen durch ein kollektives Sicherheitssystem in Europa die Wiedervereinigung Deutschlands überhaupt erst zu ermöglichen. Das ernstliche Bemühen, alsbald ein solches europäisches Sicherheitssystem unter Mitwirkung Amerikas und auch der Sowjetunion aufzubauen, ist der friedliche Weg, urn den durch Verhandlungen gerungen werden muß.
    Es kommt jetzt darauf an, die militärischen Paktsysteme der vergangenen Jahre und die Art der zwischenstaatlichen Beziehungen ernstlich zu überprüfen. Das ist um so mehr notwendig, als es sich gerade in diesen Wochen gezeigt hat, daß die Militärpaktsysteme beider Seiten sich in einer Krise befinden.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Unmöglich wäre der Versuch, sie durch Intensivierung alter Methoden wieder zu beleben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Notwendig und zukunftsträchtig allein ist die schrittweise Änderung des Paktsystems beider Seiten, des Warschauer Paktes und auch des Atlantikpaktsystems.

    (Beifall bei der SPD.)

    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist deshalb mit der Bundesregierung darin einverstanden, daß die diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion nicht abreißen dürfen, sondern stärker ais bisher gepflegt werden müssen. Es geht bei diesen Beziehungen nicht darum — lassen Sie mich das mit Nachdruck betonen —, der Sowjetunion gefällig zu sein oder die von ihr geschaffenen Tatsachen anzuerkennen. Nein, es handelt sich hier um einen Dienst an Deutschland, um einen Dienst an den Menschen in der Zone und letzten Endes um ein Werk des Friedens.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ein verstärkter und unmittelbarer Gedankenaustausch mit der Regierung der Sowjetunion, der selbstverständlich stets in engstem Kontakt mit unseren westlichen Freunden vorgenommen werden muß, ist sicher kein Imstichlassen Ungarns. Jeder Schritt zu einer Entspannung in Mitteleuropa, eine friedliche Wiedervereinigung Deutschlands und die Sicherung des Friedens durch ein europäisches Sicherheitssystem bringen auch eine Erleichterung für das ungarische Volk.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion sah sich Ende voriger Woche veranlaßt, dem Herrn Außenminister ihre Bedenken über die geplante Reise des Bundeskanzlers nach Paris vorzutragen. Wenn der Herr Bundeskanzler vorhin in seiner Erklärung zum Ausdruck gebracht hat, daß der Erfolg des Besuchs diesen rechtfertige, so müssen wir allerdings sagen, daß er sich damit nach unserer Auffassung in einem Irrtum befindet.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Die schwierige Lage des um seine Wiedervereinigung in Freiheit ringenden gespaltenen Deutschlands sollte die Bundesregierung veranlassen, jede Tuchfühlung mit irgendeiner Aggression, wo immer sie auch stattfindet, peinlich zu vermeiden.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)



    (Mellies)

    Wir müssen deshalb nach wie vor bedauern, daß der Herr Bundeskanzler daran festgehalten hat, den Plan seines Besuchs in Paris zu einem so unglücklichen Zeitpunkt auszuführen. Es muß dadurch der Anschein erweckt werden, daß sich die Bundesregierung von der kriegerischen Aktion Frankreichs gegen Ägypten nicht deutlich distanziert, sondern sie unter Umständen sogar bejaht.

    (Erneuter Beifall bei der SPD. — Lebhafte Gegenrufe von der Mitte.)

    Es geht, meine Damen und Herren, in solchen Augenblicken in der Politik nicht nur um die Frage eines offenen Gesprächs zwischen Freunden, sondern es geht auch darum, welcher Eindruck durch einen solchen Besuch bei den friedliebenden Völkern der Welt hervorgerufen wird, wenn der Freund zum Aggressor geworden ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Eine enge Gemeinschaft mit Frankreich wird von uns allen gewünscht.

    (Zurufe von der Mitte: Na also! Zur Freundschaft gehören auch Besuche! — Weitere Zurufe von der Mitte.)

    Aber es war nach unserer Auffassung nicht der geeignete Augenblick, die Gemeinschaft mit Frankreich in dieser Weise zu betonen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Es wäre statt dessen richtiger gewesen, von der Bundesregierung zum Ausdruck zu bringen, daß eine Solidarität die unbedingte Vermeidung bewaffneter Angriffe sowie die Achtung vor den Beschlüssen der Vereinten Nationen voraussetzt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, die Tatsache, daß an dem Tage des Besuchs die Anordnung zur Einstellung des Feuers gegeben wurde, soll offenbar auch benutzt werden, um eine gewisse Legendenbildung zu erreichen, die dem Volke sagt, daß der Besuch des Bundeskanzlers diesen Abschluß ermöglicht habe.

    (Zurufe von der Mitte: Stimmt doch! — Weitere Zurufe von der Mitte.)

    Wenn der Herr Bundeskanzler auf eine Frage der
    französischen Regierung den Rat gegeben hat, das
    Feuer einzustellen, so ist das doch nur das, was
    jeder Staatsmann und Politiker, der die Welt vor
    einem dritten Weltkrieg bewahren wollte und dem
    es um die Erhaltung des Friedens ging, getan hätte.

    (Lachen und Zurufe von der Mitte.)

    — Meine Damen und Herren, wir haben ja von uns aus nicht gewünscht, eine solche Auseinandersetzung zu führen. Sie ist von Ihnen begonnen worden.

    (Widerspruch in der Mitte.)

    Wer sich aber die Situation vom 6. November vor Augen führt, weiß, daß die Regierungen von Frankreich und England auch bei einem gegenteiligen Rat kaum in der Lage gewesen wären, eine andere Entscheidung zu fällen, als sie tatsächlich gefällt worden ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, der Abschluß des Waffenstillstandes ist in viel stärkerem Maße Kräften zu verdanken, die sich hingebend zu einer Zeit um den Frieden bemühten, als die Bundesregierung sich noch jeder Stellungnahme enthielt

    (Sehr gut! bei der SPD)

    und sich gegenüber dem Konflikt im Nahen Osten in tiefstes Schweigen hüllte. Beigetragen zu dem erfolgreichen Waffenstillstand hat zunächst das überraschend schnelle und energische Handeln der Vereinten Nationen, insbesondere der Beschluß hinsichtlich der Aufstellung einer internationalen Polizei.

    (Beifall bei der SPD und beim GB/BHE.)

    Weiter hat die Weltöffentlichkeit, die sich fast überall klar und deutlich gegen die Angreifer gestellt hat, so daß diese sich in einer fast völligen Isolierung befanden, den Abschluß des Waffenstillstandes gefördert. Die britische Arbeiterpartei hat durch ihren harten Widerstand im Parlament und durch ihre Aufklärung in der Bevölkerung entscheidend dazu beigetragen, daß die englische Regierung dem Waffenstillstand geneigt wurde.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Hilbert: Mollet ist doch Sozialist!)

    Und letzten Endes sollte man auch die Bemühungen des indischen Ministerpräsidenten Nehru und der Schweizerischen Bundesregierung nicht vergessen, die ihre guten Dienste angeboten haben, um den Konflikt zu beenden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren! Die Ereignisse der letzten Wochen haben uns gezeigt, in welche Gefahr die Welt gestürzt werden kann durch Regierungen, die die Freiheit, die Menschenwürde und die Selbstbestimmung der Völker nicht achten,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    und durch Regierungen, die der Auffassung sind, daß Streitigkeiten zwischen den Völkern auch heute noch mit Waffengewalt ausgetragen werden könnten und müßten.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Diese Erschütterungen, die wir alle mit größter innerer Anteilnahme erlebt haben, stellen die Politik und vor allem die deutsche Politik vor neue Aufgaben. Die Haltung der Bundesregierung und die heute abgegebene Erklärung berechtigen uns leider nicht zu dem Vertrauen, daß die Bundesregierung die für eine Neuorientierung notwendigen Schritte tun wird. Nicht das Herumflicken an alten Projekten, sondern das Bemühen um neue, reale Lösungen, die den Frieden sichern, ist das Erfordernis für die deutsche Politik

    (lebhafter Beifall bei der SPD — Zurufe von der Mitte)

    und auch für die Politik aller Regierungen, die eine friedliche Entwicklung wollen. Wir neigen uns heute vor den Opfern der blutigen Ereignisse in den letzten Wochen. Wir übernehmen damit zugleich die Verpflichtung, den deutschen Beitrag für die Befriedung der Welt zu leisten. Dieser Aufgabe müssen wir jetzt unseren Blick zuwenden.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD.)