Ich tue das mit um so größerer Freude, als es nach der Auffassung aller notwendig ist, endlich dieses dringende Problem, unsere Straßen wieder in einen Zustand zu versetzen, der den Erfordernissen der modernen Verkehrswirtschaft gerecht wird, zu lösen.
Ich glaube, es ist nützlich, an den Beginn meiner Ausführungen zwei Zahlenreihen zu setzen, die die Dringlichkeit der Lösung des Problems und die Bedeutung des ganzen Fragenkreises auf das nachdrücklichste klarstellen und unterstreichen.
Die erste Zahlenreihe, die ich Ihnen mitteilen möchte, betrifft die Zunahme des Kraftfahrzeugbestandes, die Entwicklung, wie sie sich seit 1938 vollzogen hat. Ich will — um mich kurz zu fassen — nur die Gesamtsummen angeben, obwohl diese Summen eigentlich nach den einzelnen Kraftfahrzeugarten — Kräder, Personenkraftwagen und als sperrigste Verkehrsteilnehmer Lastkraftwagen — aufgegliedert werden müßten. Der Einfachheit halber will ich aber die Zahlen insgesamt angeben. Wir hatten 1938 einen Gesamtbestand an Kraftfahrzeugen von 1 836 000. Bis 1950 ist dieser Bestand wesentlich gewachsen. Der Zuwachs beruht in der Hauptsache auf einer Zunahme der Kräder. Insgesamt waren es damals 1 949 000 Fahrzeuge. 1953 hatten wir bereits einen Kraftfahrzeugbestand von 4 053 000 und 1955 von insgesamt 5 182 000 Kraftfahrzeugen.
Sie sehen an dieser Zunahme einmal den ungewöhnlichen Erfolg unserer Wirtschaftspolitik — das möchte ich hier gerade in dieser Zeit nachdrücklich unterstreichen —, Sie sehen auf der anderen Seite an diesen Zahlen aber auch, daß —gewissermaßen die Kehrseite der Medaille — die Bereitstellung eines entsprechenden Straßennetzes zurückgeblieben ist, daß wir uns also geradezu in einem Notstand befinden. Die Verhältnisse auf der Straße sind jedermann bekannt, der täglich mit einem Kraftfahrzeug die Straße benutzt.
Die zweite Zahlenreihe ist vielleicht das betrüblichste Kapitel des gesamten Verkehrs: die Unfallhäufigkeit. Ich darf Ihnen auch hierüber einige wenige Zahlen in das Gedächtnis zurückrufen. 1953 hatten wir insgesamt 298 231 Verletzte und insgesamt 11 025 Tote; 1955 ist diese Zahl auf 350 356 Verletzte und 12 296 Getötete gestiegen. Ich will jetzt einmal absehen von dem menschlichen Leid, das hinter diesen Zahlen steckt; ich mache nur darauf aufmerksam, daß die Verkehrsunfäller, wie der Fachausdruck heißt, meistens erhebliche Einbußen an ihrer Arbeitsfähigkeit haben; zum Teil sind es Dauerinvaliden.
Abgesehen von all dem menschlichen Leid — eigentlich sollte es im Vordergrund unserer Betrachtungen stehen — darf ich mich als Wirtschaftler aber nun ausschließlich mit den ökonomischen Folgen beschäftigen. Ich hatte bereits Gelegenheit, anläßlich der Konjunkturdebatte, die wir kürzlich in diesem Hause führten, bezüglich des Straßenbauprogramms darauf hinzuweisen, daß es auch aus rein ökonomischen Gründen richtig wäre, wenn wir nun endlich dieses dringende Problem lösten. Denn sehr sorgfältige Berechnungen stellen fest, daß je Prozent der Unfallquote eine Belastung von etwa 6 Millionen DM — sogar bis 7 Millionen — entsteht. Darüber hinaus legen ebenfalls sorgfältig ermittelte Berechnungen dar, daß wir, wenn wir unser Straßenbauprogramm so durchgeführt hätten, wie es den modernen Erfordernissen angemessen ist, jährlich — jedenfalls die Verkehrsteilnehmer — etwa 6- bis 700 Millionen DM sparen würden.
Bei diesem Punkt darf ich einmal darauf hinweisen, daß man daraus natürlich nicht die Folgerung ziehen darf, diese Summe könne von der Verkehrswirtschaft nun etwa schon erhoben werden. Erst müssen wir einmal die Straßen bereitstellen, ehe diese Summe erspart werden kann. Aber diese Summe zeigt eindeutig, daß es auch eine rentable Sache wäre, wenn wir nun endlich den Mut hätten, dieses Problem gründlich zu lösen und nicht nur immer vorübergehende Lösungen zu machen, Flickarbeit zu leisten, auf deutsch gesagt, wie wir es jetzt ja im Grunde genommen machen. Jede Million — das darf ich mal vorwegnehmen —, die wir jetzt sparen, die wir also wegen der Größe der Aufgaben vor uns herschieben, kommt nachher zwei- und dreifach auf uns zurück. Ich glaube, diese Tatsache sollte es uns bewußt machen, wie notwendig es ist, daß wir dieses Problem wirklich einmal von Grund auf lösen.
Nun erinnern Sie sich, daß wir alle in diesem Hause anläßlich der Verkehrsfinanzdebatte 1955 einstimmig die Regierung aufgefordert haben, einen Zehnjahresplan aufzustellen, der sich allerdings im Rahmen der Mittel bewegen sollte, die durch das Verkehrsfinanzgesetz 1955 mehr aufgebracht werden. Der Herr Bundesverkehrsminister hat sich an diesen strengen Auftrag nicht gehalten. Er hat sich vielmehr — und ich glaube, wir sollten das begrüßen — nicht nach dem Aufkommen aus dem Verkehrsfinanzgesetz, sondern nach den Erfordernissen des Verkehrs orientiert. Er hat also in enger Zusammenarbeit mit den Verwaltungen der Länder ein Straßenbauprogramm vorgelegt, das als Zehnjahresprogramm bekanntgeworden ist, wenn es auch diesem Hohen Hause nicht vorgelegt worden ist.
Ich darf, bevor ich auf die Vorgeschichte eingehe, einige wesentliche Punkte des Gesamtpro-
gramms — gerade weil es offiziell nicht bekannt ist — behandeln. Es sollen einmal Bundesautobahnen mit einem Kostenaufwand von insgesamt etwa 5,5 Milliarden DM gebaut werden, insgesamt rund 2000 km neue Bundesautobahnen; darin sind die von diesem Hause bereits genehmigten 400 km der ersten Baustufe enthalten. Als Hauptposten mit rund 10,5 Milliarden DM ist der Aus- und Umbau bzw. Neubau von Bundesstraßen als sogenanntes Grundnetz unseres Straßenwesens geplant; damit könnte eine Strecke von ungefähr 10 650 km ausgebaut bzw. neu gebaut werden. Der letzte, ebenfalls wesentliche Punkt dieses Programms sieht den Ausbau von Ortsdurchfahrten bzw. von Umgehungsstraßen für 3 Milliarden DM vor. Mit diesem Ausbau würde einem wesentlichen Teil der modernen Verkehrserfordernisse entsprochen werden.
Ich habe aber nicht die Aufgabe, technische Einzelheiten des Zehnjahresplans zu erörtern. Vielmehr möchte ich Ihnen nur kurz darstellen, warum das Hohe Haus diesen Plan noch nicht kennt, den die Öffentlichkeit bereits diskutiert, und zwar lebhaft und zustimmend diskutiert. Ich darf als Parteifreund des Herrn Bundesverkehrsministers einmal feststellen, daß der sonst so oft angefehdete Bundesverkehrsminister in diesem Punkt die volle Unterstützung der Öffentlichkeit hat, und das ist gut so. Wenn das Haus diesen Plan noch nicht bekommen hat, so liegt das einfach daran, daß dieser Plan dem Kabinett zwar zugeleitet worden ist, daß man aber wegen der Finanzierungsfragen dort einen grundsätzlichen Beschluß nicht gefaßt hat. Praktisch hat also — wir wollen das Kind beim Namen nennen — der Herr Bundesfinanzminister den Plan blockiert. Das ist der Grund, aus dem wir hier in diesem Hause Einzelheiten des Plans noch nicht offiziell kennen. Um nun aber doch zu erreichen, daß wir uns mit diesem Plan beschäftigen, hat meine Fraktion es als ihre Pflicht angesehen, einen Antrag vorzulegen, auf Grund dessen die Regierung aufgefordert werden soll, diesen Plan dem Hause vorzulegen und vor allen Dingen über die Grundlagen der Finanzierung Vorschläge zu machen.
Ich komme hier gleich auf den wichtigsten Punkt. Das Entscheidende der Finanzierung muß darin gesehen werden, ob dieses Hohe Haus den Mut hat, sich hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuern zu dem Prinzip der Zweckbindung zu bekennen.
— Einen Augenblick, Herr Kollege, wir werden gleich darüber diskutieren. Ich will die Gründe, die dagegen und dafür sprechen, in Kürze darzustellen versuchen. Erstens hat man es mit der Frage zu tun: Kann denn etwa jeder Steuerzahler die Steuermittel, die er aufbringt, für seine Interessen zweckbinden lassen? In dieser Form muß die Frage selbstverständlich verneint werden. Aber die Frage erhebt sich: Sind denn die Steuern, die der Kraftverkehr zahlt, echte Steuern wie etwa die Einkommensteuer oder die Körperschaftsteuer, oder sind es nicht vielmehr Abgaben, Wegeabgaben, wie wir sie früher kannten und die jetzt nur in die Form der Steuer gekleidet sind? Ich weiß, es ist vom Bundesfinanzminister die Behauptung aufgestellt worden, daß die Finanzwissenschaft die Zweckbindung ablehne. Das stimmt nicht. Ich darf darauf hinweisen, daß ganz namhafte Vertreter der Finanzwissenschaft die Zweckbindung für den Kraftverkehr als angebracht bezeichnet haben.
Unter denen, die sich für die Zweckbindung bei der Kraftfahrzeugsteuer, der Mineralölsteuer und dem Mineralölzoll ausgesprochen haben, finden sich solche Namen wie Gerloff, Höpker-Aschoff, Karl Bräuer und von den Jüngeren Hettlage, Ritschl und Neumark.
Ich begrüße daher ausdrücklich, daß die sozialdemokratische Fraktion mit ihrem Antrag den Begriff „Steuern" für diese Leistungen an den öffentlichen Haushalt abschaffen und den Ausdruck „Abgaben" einführen will. Das mag als ein Spiel mit Worten erscheinen. Uns kommt es im wesentlichen darauf an, daß wir zu der Zweckbindung kommen, denn anders erreichen wir nicht — das habe ich schon als unsere Überzeugung ausgedrückt — die Finanzierung des Straßenprogramms.
Außerdem ist es natürlich eine Tatsache, und es ist den Herren Finanzwirtschaftlern und -wissenschaftlern bekannt, daß es eine Reihe von Zwecksteuern gibt, bei denen Verwendungszweck und Steueraufkommensquelle bei weitem nicht so homolog sind wie die Abgaben des Kraftverkehrs und der Straßenbau. Ich darf darauf hinweisen, daß gerade die drei genannten Abgaben — so darf ich sie jetzt einmal nennen — sich insofern besonders für eine Zweckbindung eignen, als das Volumen ihres Aufkommens genau parallel zu dem Anwachsen des Kraftverkehrs selber verläuft, also in dem Umfang, wie Ausgaben durch den Kraftverkehr entstehen, auch ein entsprechendes Aufkommen vorhanden ist. Das ist geradezu ideal, und es ist daher logisch, daß man jetzt bei dieser Art von Abgaben — Straßenabgaben — nun auch die Zweckbindung einführt. Außerdem muß mit Fug und Recht hervorgehoben werden, daß die Kraftfahrzeugsteuer nach ihrem Entstehen mit vollem Erfolg mehr als 20 Jahre lang, am Anfang halb und wenig später ganz, zweckgebunden war, daß acht Jahre lang, ebenfalls bewußt und sachdienlich, die Sicherung des Finanzdienstes der Reichsautobahn durch Zweckbindung gleich dreier Abgabenarten — Mineralölzoll, Mineralölsteuer und Beförderungsteuer — erfolgte und daß schließlich mit dem Verkehrsfinanzgesetz vor anderthalb Jahren wieder eine Zweckbindung bedeutender Mittel festgesetzt worden ist. Dem Vernehmen nach will der Bundesminister der Finanzen auch weiterhin zweckbinden, wenn es sich nur um neue, höhere Steuern handelt.
Die rechtliche Unmöglichkeit kann also durch die Praxis keineswegs belegt werden. Was nun nicht rechtlich unmöglich ist, muß rechtlich möglich sein; dem dürfte wohl niemand widersprechen. Um es noch einmal zu wiederholen: Wenn man sich schon zum Prinzip der Zweckbindung bekennt, wenn es sich nur um höhere Steuern handelt, kann man nicht mit Fug und Recht Grundsatzerwägungen bei der Zweckbindung in voller Höhe vorbringen. Ich will mich aber in diesem Augenblick nicht in alle Einzelheiten des Problems der Zweckbindung verlieren. Alle Einwände, die im Laufe der letzten Jahre dagegen im Falle Kraftverkehr-Straßenbau erhoben wurden, sind widerlegt. Es gibt tatsächlich keinen stichhaltigen Grund, die Zweckbindung abzulehnen, wofür man auch „verweigern" sagen könnte, außer dem formal dispositiven Argument, das uns aber keine hohe Kunst finanzwirtschaftlichen Handelns, wie wir sie erwarten, verrät, sondern den Wunsch, möglichst viel Manövriermasse in der Bundeskasse zu haben. Mit diesem Zweck ist aber die Erhebung der Mineralölsteuer oder anderer Sonderabgaben des Kraftver-
kehrs noch niemals gerechtfertigt worden. Dieser Grund gegen eine Zweckbindung ist vielmehr nach unserer Auffassung mehr ein, gelinde gesagt, Verlegenheitsmoment als eine hinreichende Begründung.
Ich will natürlich nicht verkennen, daß in der Tat, wenn wir uns zu der Zweckbindung der genannten drei Abgaben bekennen und verpflichten, damit ein Defizit in Höhe von etwa 600 Millionen DM in dem Haushalt unseres Herrn Finanzministers entsteht. Aber angesichts der Höhe des Gesamtetats glaube ich, daß es verantwortet werden kann, Herrn Schäffer zuzumuten, für einen Ausgleich in Höhe dieser Summe zu sorgen.
Ich darf ferner auf ein, ich möchte sagen: beinahe schuldhaftes Verhalten des Herrn Finanzministers hinweisen, schuldhaft insofern, als er es bisher versäumt hat, rechtzeitig Mittel in ausreichender Höhe zur Verfügung zu stellen. Hätte er das in der Vergangenheit in dem Umfang getan, wie das erforderlich gewesen wäre, dann würde jetzt nicht so plötzlich ein solches Defizit entstehen. Ich glaube daher, wir sollten nicht soviel Mitleid mit dem Herrn Finanzminister und seinen Sorgen haben, sondern wir sollten es als unser Hauptanliegen betrachten, dem Zustand auf der Straße endlich einmal ein Ende zu setzen.
Nach unseren Berechnungen müßte das für 1957 bis 1968 zu erwartende Aufkommen an Mineralölsteuer voraussichtlich ausreichen, den mit 22,4 Milliarden DM abschließenden Zehnjahresplan auf Bundesebene zu finanzieren. Daß wir somit den Zehnjahresplan in zwölf Jahren zu erfüllen vorschlagen, bedeutet sowieso bereits eine Streckung des Programms um 20 °/o, von der wir aber glauben, sie auch vor unseren Bürgern als Verkehrsteilnehmern und zugleich vom Verkehr Betroffenen verantworten zu können. Wir glauben aber nicht, daß noch mehr abgehandelt werden darf. Eine weitere Streckung würde nämlich zu einer solchen Verdünnung des Programmgehaltes führen, daß dessen Erfolg weitgehend aufgehoben würde.
Bei der Betrachtung des großen Problems in seiner Gesamtheit — eine so große Schau gestattet gerade der Zehnjahresplan — darf nicht außer acht gelassen werden, daß erstens der jetzige Plan sich nur auf 49 %, also auf knapp die Hälfte aller Bundesstraßen als ihr sogenanntes Grundnetz erstreckt, also die andere, voraussichtlich nicht so kostspielige Hälfte im Anschluß daran auszubauen sein wird, daß zweitens aber auch an den Strecken des Grundnetzes nach zehn oder zwölf Jahren noch laufend Ergänzungen vorgenommen werden müssen. Schon allein die Siedlungsexpansion erfordert jährlich neue Straßen; wir wissen das von den Investitionsprogrammen der Gemeinden. Nicht umsonst werden jährlich 50 bis 70 Millionen DM an Anliegerbeiträgen erhoben. Auch die Landstraßen nehmen jährlich um etwas zu. Alles in allem also wird schon eine Streckung des Zehnjahresplanes auf zwölf Jahre die Modernisierung aller Bundesstraßen auf 24 Jahre ausdehnen und jede weitere Verlängerung um die jeweils doppelte Jahreszahl hinausschieben. So lange, 30 oder mehr Jahre, kann der Verkehr jedoch nicht auf durchgehend gute Straßen warten. Vor allem sind dann die im Anfang einer solchen Periode verlegten mittelschweren und schweren Decken wieder erneuerungsbedürftig, die leichten Decken sowieso schon früher.
Dieser Tatsache muß man ins Auge sehen, wenn man auch finanzwirtschaftlich zweckmäßig disponieren will. Je weniger man die Dinge der Realität entsprechend behandelt, um so mehr schiebt man einen sich immer höher türmenden Berg ungelöster Probleme vor sich her, der jede spätere Regelung nur noch mehr erschwert und verteuert. Wir halten es daher für unerläßlich, daß die Fehler der Vergangenheit nun endlich beseitigt werden und die notwendige Zweckbindung für den in unserem Antrag bereits zeitlich um 20 °/o hinausgeschobenen Zehnjahresplan als Finanzierungsgrundlage geschaffen wird. Wir können nicht einsehen, daß der Bund angesichts der Not der Straße und des Verkehrs die ihm zu ihrer Beseitigung zufließenden Mittel zum großen Teil zweckentfremdet verwendet. Hinsichtlich der Darbietung der Straßen an seine Bürger ist der Staat nichts weiter als ein Kollektivunternehmen, das nur leider bisher, weil es noch gar nicht in entsprechender Form existiert, nicht in die Lage versetzt worden ist, die Einnahmen aus dem Straßenverkehr unmittelbar zu erhalten. Was aber der Eisenbahn und der Post recht ist, sollte der Straße billig sein. Vorläufig bleibt jedoch nichts anderes übrig, als die Forderung nach der Zweckbindung zu erheben.
Wenn man die Dinge einmal von der Warte höherer wirtschaftlicher Funktionen betrachtet, ist es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, daß die mit zunehmendem Verkehr anwachsenden Einnahmen auch ebenso der Straße zugeführt werden. Die der Dynamik der Wirtschaft entsprechende Ertragskraft des Kraftverkehrs kann nicht statisch abgefangen und dafür auf zweckfremde Aufgaben mit um so größerem Zuwachs umgeleitet werden. Das ist ein Widerspruch in sich selbst, den kein Bürger seinem Staat abnimmt. Das Steuersystem muß ja nach bestehenden Grundsätzen auch allgemein verständlich, d. h. für die Mentalität des Bürgers plausibel sein. Die Antidynamik der bisherigen Straßenfinanzierungspolitik ist es aber wegen ihres inneren Widerspruchs keineswegs.
Man sage uns nicht, meine Damen und Herren, Bund und Länder mußten bisher vordringlichere Aufgaben lösen. Selbstverständlich, jeder von uns Weiß, was an gemeisterten Aufgaben hinter uns liegt und was an noch nicht gemeisterten Aufgaben vor uns liegt. Aber ich möchte immer wieder betonen: Es wäre höchst unrationell, wenn wir wegen der Größe der Aufgaben jetzt einfach die Augen vor diesem Problem verschließen und uns darauf verlassen würden, daß es schon irgendwie weitergeht. Nein, es wird dann weitergewurschtelt, der Verkehr nimmt weiter zu. Sorgfältige Berechnungen ergeben, daß wir mit einem jährlichen Zuwachs zwar nicht mehr in dieser Höhe, aber doch immerhin von einigen Prozent rechnen müssen, so daß in zehn Jahren wiederum einige Millionen Kraftfahrzeuge mehr vorhanden sein werden, und zwar nun sperriger Art, denn die Kräder nehmen ab, Pkw und Lkw nehmen zu. Wir werden dann also immer chaotischere Verhältnisse auf unseren Straßen vorfinden.
Meine Damen und Herren, ich habe mich zur Begründung des Punktes 1 unseres Antrages besonders ausführlich mit dem Thema Zweckbindung befaßt, weil sie allein die kardinale Grundlage für die Besserung der Verkehrsverhältnisse auf den Straßen abzugeben imstande ist. Meine Freunde und ich haben sich bewußt nur auf diese klare, einfache, rechtlich und praktisch durch nichts leichter
zu gestaltende Maßnahme abgestimmt. Alle anderen Vorschläge, die zu Komplikationen führen würden, etwa die Bildung einer Art Straßenfonds oder welche Konstruktionen auch vorgeschlagen werden mögen, um alle Gebietskörperschaften an der Verteilung einer gemeinsam zusammengetragenen Kasse teilhaben zu lassen, müssen wir angesichts der schnell erforderlichen Entscheidung als hinderlich ablehnen. Uns geht es darum, so bald wie möglich zur Verwirklichung des umfassenden, in seinen Einzelheiten tief gegliederten Plans zu kommen.
Das Hohe Haus ist im laufenden Sitzungsjahr noch in reichlichem Maße mit vielseitiger und schwerwiegender Arbeit bedacht. Diese Bürde sollten wir uns erleichtern, indem der kürzeste Weg zum Ziele gesucht wird. Dieser kürzeste Weg besteht darin, daß der Bund mit seinen Mitteln für seine Straßen und mit Zuschüssen und Darlehen für die Straßen der Gemeinden sorgt, daß die Länder mit Hilfe der Erträge der Kraftfahrzeugsteuer und sonstiger allgemeiner Steuern für die Landstraßen erster Ordnung sowie mit Zuschüssen und Darlehen für die Straßen der Kommunen eintreten und daß schließlich die Kreise und Gemeinden mit eigenen Mitteln und mit den empfangenen Zuschüssen oder Darlehen für ihre Straßen sorgen. In einer kurzen Formel könnte man sagen: Jeder sorge für sich, und die Großen helfen den Kleinen. Es bedarf dazu auch nicht irgendwelcher besonderer Kommissionen oder Beiräte. Ich glaube, wir sind uns alle einig, daß wir schon an einem Zuviel an Organisation leiden. Die bisherige Straßenverwaltung hat sich unter den bestehenden Verhältnissen auch ohne erschwerende Einflußnahme von Sondergremien bewährt. Wir haben gar keine Sorge, daß die den Straßenverwaltungen zufließenden Mittel nach dem Haushaltsrecht nicht pflichtgemäß verwaltet werden und daß die Abstimmung zwischen Bund und Ländern bezüglich der Bundesfernstraßen in zweckdienlichem Einvernehmen erfolgt, ohne daß von Dritten und Außenstehenden dreingeredet werden muß.
Ich darf daher zusammenfassen: Die Zweckbindung des Gesamtaufkommens an Mineralölsteuer erscheint uns ausreichend, aber zugleich notwendig, um in den zwölf Jahren ab 1. April 1957 die vom Bundesminister für Verkehr geplanten Straßenbauausgaben zu decken. Das Hohe Haus bitten wir, in diesem Sinne unseren Antrag anzunehmen.
Der zweite Punkt unseres Antrags enthält eine ebenso notwendige Ergänzung bezüglich der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen durch Orte mit mehr als 9000 Einwohnern. Laut Bundesfernstraßengesetz vom 6. August 1953 obliegt die Baulast für diese Abschnitte der Bundesstraßen den in Frage kommenden Gemeinden. Jeder, der in der Kommunalpolitik tätig ist, weiß, welch enorme Belastungen den Gemeinden daraus erwachsen und daß es auf die Dauer unzumutbar ist, die Gemeinden mit Kosten, die durch die Ausbreitung des Fernverkehrs und überhaupt des modernen Kraftwagenverkehrs entstehen, so zu belasten, wie das jetzt der Fall ist. Der Bund gewährt nämlich nur in besonderen Ausnahmefällen Darlehen oder Zuschüsse für den Ausbau derartiger Ortsstraßen, auf denen sich ein erheblicher, wenn nicht gar der meiste Verkehr, nämlich der Innerorts- und der Durchgangsverkehr, abspielt. Diese spärliche Bundeshilfe reicht aber bei weitem nicht aus, um die Ortsdurchfahrten den modernen Verkehrsbedürfnissen anzupassen.
Wir sollten auch nicht außer acht lassen, daß 75 bis 80 % der Unfälle sich auf den Gemeindestraßen ereignen. Gerade aus diesem Grunde ist die Schaffung von Ortsdurchfahrten und Umgehungsstraßen — ich komme gleich noch darauf — besonders dringlich. Dieses Problem ist insbesondere für Gemeinden mit mehr als 9000 Einwohnern brennend. Nur 12 bis 20 Prozent des Verkehrs innerhalb dieser Gemeinden sind eigener Verkehr, während der weitaus größte Teil Durchgangsverkehr ist.
Ich glaube daher, daß es richtig ist, wenn der Herr Bundesminister für Verkehr 3 Milliarden DM für die Ausbaupläne der Groß- und Mittelstädte in den Zehnjahresplan eingesetzt hat. Das sind aber nur etwa 13,4 % der gesamten Plansumme des Bundes, also etwa ein Drittel dessen, was nach den bisherigen Ermittlungen des Städtetags erforderlich wäre. Der Herr Bundesminister für Verkehr hat außerdem kürzlich in München hervorgehoben, daß die Gemeinden laut amtlicher Finanzstatistik finanziell gar nicht in der Lage sind, derartige Ausgaben aus eigener Kraft zu übernehmen. Die Gemeinden müssen ja — ich sage dem Kenner nichts Neues — insbesondere die Aufgaben der Kanalisation und Energieversorgung sowie die ganzen Aufgaben, die durch die Ausdehnung der Städte infolge des Hereinströmens der Vertriebenen usw. entstanden sind, im wesentlichen aus eigener Kraft bewältigen und sind damit wirklich genug ausgelastet. Ich glaube daher, daß es bei dieser Finanzlage richtig ist, die Baulast den Gemeinden ab- und auf den Bund zu übernehmen.
Ein anderer Antrag sieht die Begrenzung auf Gemeinden bis zu 20 000 Einwohnern vor. Wir glauben, daß das nicht richtig ist. Ich möchte darauf hinweisen, daß bei Gemeinden dieser Größenordnung das Problem der Durchgangsstraßen gerade nicht das Entscheidende ist, sondern daß die Gemeinden bis zu 20 000 Einwohner ihr Verkehrsproblem im Grunde genommen nur lösen können, wenn Umgehungsstraßen gebaut werden. Ich erwähnte schon, daß bei diesen kleineren Gemeinden bis zu 20 000 Einwohner der Fernverkehr den Hauptanteil und der Ziel- und Quellverkehr nur den geringeren Anteil haben. Bei den Großstädten ist es genau umgekehrt. Dort ist der Durchgangsverkehr relativ gering — größenordnungsmäßig 15 bis 25 % —, während der Ziel- und Quellverkehr überwiegt. Dort kann man das Problem also wirklich nur mit Anlegung von ganz breiten, modernen Durchgangsstraßen lösen, indem man notfalls Niveauteilungen der Straßen vornimmt, ein Erfordernis, das der Städtebau immer mehr berücksichtigen sollte.
Nun komme ich zu dem dritten Punkt unseres Antrags, bei dem mir — ich sage das ganz deutlich und ehrlich — die Möglichkeit der Durchführung etwas fragwürdig scheint. Wir fordern hier nämlich die Zweckbindung der Kraftfahrzeugsteuer.
Die Kraftfahrzeugsteuer liegt zwar mit in der Kompetenz des Bundes; aber Sie wissen ebenso wie ich, daß die Kraftfahrzeugsteuer ausschließlich den Ländern zufließt. Es müßte also, wenn unser Standpunkt, der an und für sich gerechtfertigt ist, akzeptiert würde, eine Verfassungsänderung beschlossen werden. Sie wissen, wie wenig die Vertreter der Länder im Bundesrat geneigt sind, einer Änderung des Grundgesetzes zuzustimmen.
Ich halte es also, wie ich von vornherein zugebe, für unwahrscheinlich, daß diese Frage in dem Sinne, wie wir es beantragen, gelöst werden kann.
Wenn wir diesen Antrag dennoch gestellt haben, so aus der Erkenntnis, daß es unlogisch wäre, wenn auf der einen Seite für den Bund eine Zweckbindung eingeführt wird, während auf der anderen Seite eine Steuer, die genauso für die Straße gedacht und bestimmt ist, von der Zweckbindung befreit bleibt.
Wenn also eine Grundgesetzänderung nicht möglich wäre, wollen wir mit der Anschneidung dieses Punktes die Regierung ersuchen, diese Frage durch ein Verwaltungsabkommen mit den Ländern zu lösen. Daß wir das überhaupt für notwendig halten, ergibt sich einfach aus folgender Tatsache. Bei Durchleuchtung der einzelnen Länderhaushalte hat sich herausgestellt, daß zwischen den Ist-Aufkommen und den IstAusgaben eine Differenz von rund 200 Millionen per anno klafft. Wir glauben also, daß es notwendig ist, die Länder darauf aufmerksam zu machen, daß auch sie sich zu dem Prinzip der Zweckbindung der Kraftfahrzeugsteuer bekennen müssen.
Ich komme nun zu dem letzten Punkt unseres Antrags. Dieser Fragenkomplex ist noch nicht genügend durchleuchtet. Vielleicht kann der Bundesminister der Finanzen im Benehmen mit dem Bundesminister für Verkehr das Statistische Bundesamt für diesen Zweck einschalten und von dort gute Hilfe beziehen. Auch wenn durch positive Beschlüsse hinsichtlich der Punkte 1 bis 3 unseres Antrags und die daraufhin eingehenden Gesetzentwürfe sichergestellt wird, daß der Straßenbau des Bundes, der Länder, der Landkreise, der großen und mittleren Städte auf 12 Jahre hinaus die notwendigen Mittel erhält, so muß doch darüber hinaus auch an die große Zahl von 23 000 oder 24 000 Gemeinden wenigstens gedacht werden. Es scheint uns mindestens der Untersuchung wert zu sein, ob bei der zu beschließenden Verteilung der künftig hoffentlich zweckgebundenen Mineralölsteuer noch etwas und wieviel für die Gemeinden unter 9000 Einwohnern übrigbleibt oder wieviel von den Ländern und Kreisen hierfür zur Verfügung gestellt werden kann und wird sowie überhaupt wie im Durchschnitt die Straßenhaushalte dieser Gemeinden finanziert werden. Wenn diese mit den vorhandenen und den von den Ländern und Kreisen bereitgestellten Mitteln auskommen können, wird eine Bundeshilfe nicht nötig sein; vorausgesetzt, daß sie praktisch und rechtlich überhaupt möglich wäre. Dies müßte aber alles einmal geprüft werden. Dahin geht unser Antrag, der aber auch besagt, daß diese Hilfe im allgemeinen in Gestalt langfristiger und billiger Kredite gewährt werden sollte und nur in Ausnahmefällen wie bei Zonenrandgebieten oder bei Gebieten von ähnlich geringer Steuerkraft durch Zuschüsse.
Namens meiner Fraktion bitte ich das Hohe Haus, auch diesem Teil unseres Antrags seine Zustimmung zu geben.
Ich komme jetzt mit der Begründung zu unserem Antrag Drucksache 2595 noch zu anderen Vorschlägen, die der Öffentlichkeit bekanntgeworden sind. Ich möchte dazu Stellung nehmen, damit mir nachher nicht vorgehalten wird, es ließe sich alles auch anders machen. Meine Fraktion ist vielmehr der Überzeugung, daß unsere Vorschläge den richtigsten, praktischsten und am schnellsten beschreitbaren Verfahrensweg vorzeichnen. Deswegen muß ich auch sagen, welche der uns bekannten Gegenvorschläge oder andersartigen Auffassungen wir ablehnen würden.
Da ist zunächst die Absicht, die Mineralölsteuer zu erhöhen, wieder nur den Ertrag aus der Steuerheraufsetzung zweckzubinden und im übrigen um die natürlichen Zuwächse des Sockels, die aus der Verkehrszunahme entstehen, weiterhin die Manövriermasse der Finanzwirtschaft zu vermehren. Nun, wir sind der Auffassung — ich will das Wort von dem Julius-Turm nicht strapazieren —, daß dort genügend Steuern festgelegt worden sind. Wir sollten uns diesem Verfahren mit aller Energie widersetzen.
Ich komme gleich zu dem Antrag der CDU. Ich darf daraus, daß auch die CDU-Fraktion eine wesentlich höhere Summe in den Etat einstellen will, ohne allerdings die Zweckbindung in ihrem Antrag anzusprechen, schließen, daß auch die CDU-Fraktion zu der Auffassung gekommen ist, daß wesentlich mehr als bisher getan werden muß. Ich möchte also annehmen, daß in diesem Fall kein Gegensatz zwischen unserem Antrag und der Auffassung der CDU-Fraktion besteht und daß sich die CDU-Fraktion — es wird bei den Beratungen in den Ausschüssen sich herausstellen — auch von der Notwendigkeit überzeugen läßt, daß wir die langfristige Planung des Straßenbauprogramms nicht von den Zufällen des jeweiligen Etatjahres abhängig machen sollten, sondern daß wir, gerade um eine langfristige Planung durchführen zu können, auf eine entsprechende gesetzliche Grundlage hinsichtlich der Finanzierung zurückkommen müßten.
Dann wird eingewandt werden, daß neue Steuerquellen erschlossen oder die geplanten Steuerermäßigungen aufgehoben werden müßten. Ich glaube nicht, daß das sehr logisch ist. Gewiß kann man nicht zwei sich ausschließende Dinge zugleich tun. Aber eine neue Besteuerung wäre ebensowenig notwendig, wie auch die Steuersenkung nicht ernstlich gefährdet würde. Da es sich um Zahlenwerte handelt, sollte es eigentlich nicht schwer sein, geeignete Berechnungen anzustellen. Die eventuelle Lücke. die durch die Ausschließung der Mineralölsteuer aus der sogenannten Manövriermasse in dieser entstehen könnte, dürfte nur eine verhältnismäßig bescheidene Rolle im Gesamtetat spielen; ich betonte das bereits. Vor allen Dingen mache ich immer wieder darauf aufmerksam — das ist unsere wesentliche Grundlage —: Je mehr wir zögern, je mehr wir die Sache verschleppen, desto teurer wird die Angelegenheit.
Weiter ist ein Vorschlag erörtert worden, der allem Anschein nach aus dem Bundesfinanzministerium kommt, nämlich eine Reifensteuer einzuführen. Wir wenden uns nachdrücklich gegen die Einführung einer solchen Steuer. Es ist eigentlich erstaunlich, wie Dinge, die längst abgetan sein sollten, immer wieder hervorgeholt werden. Man kann nämlich feststellen, daß diese Frage schon vor 30 Jahren gründlich diskutiert worden ist, und zwar in der Reichstagsdrucksache 2156 vom 25. März 1926, Band 407, Seiten 6 und 7, und ebenso in der Drucksache 3721 vom 26. November 1927, Band 420, Seiten 20 und 21. Ich möchte den Herren Experten im Bundesfinanzministerium doch empfehlen, sich die Argumente gegen die Reifensteuer genauestens durchzulesen. Dort sind die sachlichen Gründe ganz exakt und auch erschöpfend dargestellt.
Wir wissen genau, wohin eine Reifensteuer führen würde. Sie würde weitgehend nur eine Zufallsteuer werden, Schmuggelgefahren bei der Ein-
fuhr viel billigerer Auslandserzeugnisse hervorrufen — wir wissen heute sogar noch viel besser als damals Bescheid über die Auswirkungen von Überbesteuerungen bei gewissen Spezialartikeln—, sie würde Unfallgefahren heraufbeschwören, weil jeder Fahrzeughalter seine Reifen bis zur äußersten Grenze der Verwendbarkeit abfahren müßte, sie würde Straßenbeschädigungen durch schlecht bereifte Fahrzeuge zur Folge haben usw., also genau das Gegenteil von dem bewirken, was wir eigentlich wollen: die Straßen zu schonen und eine Ersparnis in der Abnutzung herbeizuführen.
Meine Damen und Herren, ich habe nur die schwerwiegendsten Gründe gegen eine Reifenbesteuerung angeführt. Wer sich über Einzelheiten unterrichten will, dem kann man wirklich das Nachlesen in den genannten Quellen empfehlen.
Ich will hier gar nicht diskutieren, was etwa eine solche Besteuerung der Reifen größenordnungsmäßig bringen könnte. Entweder würde man die Reifen geradezu unzumutbar verteuern — mit all den Gefahren, die darin liegen —, oder aber es würde eine Sonderbesteuerung eben der Reifenfabriken sein. Nun, so hoch verdienen trotz allem auch diese Reifenfabriken nicht, daß sie eine nennenswerte Summe einer solchen Steuer aus ihren eigenen Mitteln zuschießen könnten.
Ich glaube also, wir sollten uns in diesem Hause einig sein, eine solche Maßnahme konsequent abzulehnen.
Nun verspricht man sich anscheinend im Hause des Finanzministers etwas mehr von einer dritten neuen Einnahmequelle, die aber in der Öffentlichkeit schon zur Genüge diskutiert und auch hier im Parlament schon besprochen worden ist, nämlich der Errichtung von Gebührenstraßen. Der Herr Bundesminister der Finanzen soll angeblich in zehn Jahren 450 Millionen DM von dieser Maßnahme erwarten, die natürlich auch eine zusätzliche Besteuerung des Kraftverkehrs darstellen würde. Als das große Vorbild werden, wie in mancher anderen Beziehung, immer die USA strapaziert. Aber man sollte doch exakt proportional projizieren, wenn man zutreffende Vergleiche mit richtigem Ergebnis haben will. Die USA sind nur mit Europa zu vergleichen und nicht mit unserem engen Vaterland allein. Dieses unser Vaterland hat wesentlich mehr Autobahn-Kilometer als irgendein nordamerikanischer Bundesstaat. Die Union insgesamt besitzt vorläufig relativ, d. h. bezogen auf das Gesamtnetz an Straßen, nur ein Zehntel der Streckenlänge, die wir schon angelegt haben. Es ist klar, daß auf einem Zehntel unseres Autobahnnetzes, das aber schon seit 20 Jahren gebührenfrei unter Verkehr ist, auch Gebührenstrecken mit einem aber wahrscheinlich nur geringen Ertragsüberschuß eingerichtet werden können. Ich will dieses Problem der Zeit wegen nicht mehr in der vollen Breite diskutieren; wir wollten uns ja heute, entsprechend einem Wunsche des Ältestenrates, bei der Begründung unserer Anträge möglichst kurz fassen, ich will daher auf weitere Argumente verzichten.
Ich möchte nur auf einen Einwand noch eingehen, der namentlich in der Presse gegen den Zehnjahresplan vorgebracht worden ist: daß es, wenn wir die Mittel bereitstellten, gar nicht möglich wäre, sofort die gesamten Mittel — insgesamt doch für Bund und Länder rund 2 Milliarden DM per anno — zu verbauen. Dieser Einwand steht im
Widerspruch mit einer ausdrücklichen Erklärung, die von dem Herrn Bundesverkehrsminister kommt, der Erklärung, daß er sehr wohl in der Lage sei, die bereitgestellten Mittel zu verbauen. Selbstverständlich — auch das hat der Herr Verkehrsminister vor einigen Monaten gesagt — wäre er bereit, sich mit einer gewissen Übergangsfrist einverstanden zu erklären. Insofern sehe ich dort eine Brücke zu dem Antrag der CDU, der gleich hier begründet werden wird, und zu unserem Antrag.
Ich möchte das Hohe Haus bitten, unseren Antrag dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen — federführend — und dem Verkehrsausschuß — mitberatend — zu überweisen. Ich hoffe, daß in diesen Beratungen die Logik und die Treffsicherheit unserer Argumente zum Tragen kommen wird und daß dann nach entsprechender Beratung dieses Haus in Bälde die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen akzeptieren wird.