Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Beratung zu Punkt 4.
Es ist die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen beantragt. — Ich höre keinen Widerspruch; die Überweisung ist beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 5 der gestrigen Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Wieninger, Oetzel, Schmücker, Stücklen und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Klein- und Mittelbetriebe der gewerblichen Wirtschaft bei der Vergabe von Verteidigungsaufträgen .
Bevor ich das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs erteile, darf ich das Hohe Haus ganz bescheiden darauf hinweisen, daß noch drei Punkte der gestrigen Tagesordnung zu erledigen sind, bei denen eine Debatte vorgesehen war. Es ist jetzt gleich elf Uhr. Wie wir da die ganze Verkehrsdebatte, die eigentlich Gegenstand der heutigen Sitzung sein sollte, bis um halb zwei Uhr noch abwickeln wollen, wenn wir so weitermachen, weiß ich noch nicht. Ich möchte das Hohe Haus nur von dieser Tatsache in Kenntnis setzen, damit Sie wissen, wie wir im Augenblick stehen.
Ich erteile jetzt das Wort dem Abgeordneten Wieninger zur Begründung des Gesetzentwurfes.
Wieninger , Antragsteller: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag Drucksache 2615, den ich im Namen der Antragsteller begründen darf, sieht vor, daß von den geeigneten Aufträgen, die im Zusammenhang mit den Verteidigungspflichten anfallen, mindestens 40 °/o an die mittelständische Wirtschaft vergeben werden.
Wir haben diesen Antrag gestellt, weil wir der Meinung sind, daß innerhalb unserer Gesamtwirtschaft genügend Raum auch für gesunde kleine und mittlere Betriebe vorhanden sein muß. Wir glauben, daß die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs nur dann gewährleistet ist, wenn auch die mittelständische Wirtschaft, die im Gegensatz zu den Großbetrieben noch nicht den vollen Anteil an der Konjunktur hat, ihrem Gewicht nach an den Verteidigungsaufträgen beteiligt wird.
Dies kann nur erreicht werden, wenn wir auf die wesensgemäßen Eigenheiten der Kleinwirtschaft eingehen. Unter kleinen und mittleren Betrieben im Sinne dieses Gesetzentwurfs verstehen wir solche, die bis zu 50 Mitarbeiter beschäftigen. Wir haben diese Betriebsgröße fixiert, weil anzunehmen ist, daß größere Betriebe so durchrationalisiert sind, daß sie mit Unternehmungen der Großwirtschaft kalkulatorisch Schritt halten können.
Die Eigenheit der Kleinbetriebe macht erforderlich, daß für sie eigene Ausschreibungen erfolgen. Durch eine Entscheidung des Bundesrechnungshofes ist die Behinderung, die sich aus dem § 26 der Reichshaushaltsordnung ergäbe, ausgeräumt, weil die Berücksichtigung der Kleinbetriebe als ein wichtiger Grund anzusehen ist. Auch mit den Bestimmungen der VOL, der Verdingungsordnung für Leistungen, ist das vorgesehene Verfahren deswegen vereinbar, weil jeweils eine echte Ausschreibung durchgeführt wird.
Ein Wort zur Quotierung der Aufträge in Höhe von 40 %. Diese Quote ist deswegen gerecht, weil einmal der Beschäftigtenstand in Handwerk und Kleinindustrie diese Schlüsselung erforderlich macht und weil zum andern nur ein Teil der Ausgaben für die Verteidigung auf Aufträge entfällt, die für die mittelständische Wirtschaft in Frage kommen können. Alle Aufträge an Flugzeugen, an Kraftfahrzeugen, an Schiffen, an Waffen usw. f allen sowieso an die großen Fabriken, so daß für die kleineren Betriebe nur ein Rest bleibt.
Auf Grund langer und dringlicher Bemühungen meiner Fraktion ist im Frühjahr dieses Jahres eine Ministerialentschließung ergangen, die in ähnlicher Weise, wie unser Antrag es vorsieht, eine Beteiligung der mittelständischen Wirtschaft garantieren soll. Wir sind dem Bundeswirtschaftsministerium für diese Entschließung dankbar, sehen in ihr aber nur ein Provisorium und können deshalb diesen Antrag deswegen nicht entbehren, weil Entschließungen Anlaß zu Auslegungszweifeln geben. In Ministerialverfügungen ist allzuviel Raum für eine Kann- oder Soll-Anwendung, und es ist keine Garantie gegeben, daß die Kleinwirtschaft zu dem kommt, was ihr zusteht. Wir zweifeln nicht an dem guten Willen der Exekutive; aber wir glauben, daß klare und Zweifel ausschließende Vorschriften ihr selbst das Arbeiten erleichtern.
In unserem Antrag ist vorgesehen, daß die Geltungsdauer des Gesetzes bis 1961 befristet wird. Wir haben das deswegen getan, weil wir glauben, daß die bisher konjunkturell noch zurückgebliebene Kleinindustrie und vor allem das Handwerk bis zu diesem Zeitpunkt durch Rationalisierung und bisher noch nicht möglich gewesene Investitionen den Anschluß an das kalkulatorische Gefüge der Gesamtwirtschaft gefunden haben wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bestreben, den Mittelstand bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in besonderer Weise zu berücksichtigen, ist kein Novum. In Amerika wurde durch die Small Business Action in großzügiger Weise eine Garantie für die gerechte Beteiligung der Kleinwirtschaft an öffentlichen Aufträgen, insbe-
sondere an Verteidigungsaufträgen, geschaffen. Die in diesem Lande der Kleinwirtschaft gegenüber geübte Großzügigkeit in bezug auf Kreditgewährung, Beratung und technische Hilfe können wir uns freilich nicht leisten; aber ich meine, daß wir die in dem Antrag aufgeführten Mindestforderungen anerkennen sollten.
Auch von der Schweiz wissen wir, daß dort die mittelständische Wirtschaft in betonter Weise in die Erledigung von Verteidigungsaufträgen eingeschaltet wurde. Wir haben aus unserem Nachbarlande Berichte darüber, daß diese Übung wirtschaftlicher Gerechtigkeit einen wesentlichen Beitrag für das Ansehen und die Popularisierung des schweizerischen Wehrwesens in der Bevölkerung darstellt.
Wenn also auch wir diese selbstverständliche wirtschaftliche Gerechtigkeit üben, wenn auch wir eine gesetzliche Garantie der gleichmäßigen Behandlung aller Wirtschaftsschichten herbeiführen, dann beseitigen wir viel Mißtrauen und viel Unruhe, die draußen im Lande herrschen. Dann wird es auch eher möglich sein, eine regionale Streuung aller Verteidigungsaufträge durchzuführen, damit nicht nur alle Größengruppen der Wirtschaft, sondern auch alle Wirtschaftsgebiete der Bundesrepublik gleichmäßig zum Zuge kommen.
Am 8. Dezember des vergangenen Jahres haben wir im Plenum im Rahmen der Beantwortung einer Großen Anfrage eine Debatte über die Vergabe von Verteidigungsaufträgen geführt. Alle Parteien unterstrichen damals ihren Willen, daß bei diesen Vergaben das größte Maß an Gerechtigkeit geübt werden solle. Wir sind überzeugt, daß das Hohe Haus unserem Antrag nach den Beratungen in den Ausschüssen seine Zustimmung geben wird.
Noch eines. Bei der Abfassung unseres Antrages haben wir uns auch darüber Gedanken gemacht, ob wir unsere Forderung nicht auf alle öffentlichen Aufträge ausdehnen sollten. Wir haben es nicht getan, weil das die Einheitlichkeit der Vorlage gesprengt hätte und weil die Voraussetzungen bei der Vergabe anderer Aufträge komplizierter sind als bei Verteidigungsaufträgen. Wir werden bei den Ausschußberatungen darüber zu sprechen haben.
Ich erlaube mir zu beantragen, den Antrag an den Ausschuß für Fragen des gewerblichen Mittelstandes — federführend — sowie an den Haushaltsausschuß und an den Ausschuß für Rechtswesen — mitberatend — zu überweisen.