Rede von
Dr.
Gerhard
Schröder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir nähern uns einander in manchen Fragen ja ganz außerordentlich. Aber trotzdem, Herr Kollege Kühn, darf ich etwas klarstellen. Sie haben mich für etwas zitiert, was ich nicht behandelt habe, nämlich die Frage, ob die Bundesregierung jemals von Bonn und Berlin gesprochen hat. Damit habe ich mich nicht beschäftigt; das war, glaube ich, Kollege Brookmann. Was BBC angeht, so habe ich gesagt: Der britische Premierminister ernennt den Generaldirektor von BBC; und dabei bleibe ich. Diese Kenntnis verdanke ich der Unterhaltung mit einem Mitglied der britischen Regierung. Das ist ein sehr wesentlicher Punkt. Sie werden zugeben, daß von einer solchen Regelung bei uns in weitem Felde keine Rede ist und bisher solche Vorschläge nicht gemacht worden sind. Wenn wir uns in dieser Richtung verständigen könnten, würde ich das für begrüßenswert halten.
Im übrigen hat BBC eine Regelung, die geradezu ein Nachrichtenmonopol amtlicher Art vorsieht, also sehr, sehr viel striktere Bestimmungen, als sie bei uns gegeben sind.
Der andere Grundsatz, den Sie erwähnten, daß nämlich nicht nur Regierungsvertreter, sondern auch Vertreter der politischen Opposition sprechen sollten, wird bei uns doch wirklich in weitestem Umfang gehandhabt,
so daß ich schon glaube, daß die Vorkehrungen, die wir dafür in den Verträgen niederlegen wollen, durchaus bisheriger Übung und der Fairneß entsprechen würden.
Herr Kollege Kühn ist noch einmal auf die Zusammensetzung des Beirates eingegangen. Er räumte eigentlich schon ein, wie ich zu meiner Freude sehe, daß der Gedanke, den seine Fraktion verfolgt, bei dieser zahlenmäßigen Zusammensetzung praktisch nicht realisierbar ist; für die Länder hat er das bei dieser Zahlengröße bereits rundweg abgelehnt. Bleibt der Weg, eine solche Institution zu vergrößern. Aber jeder, der nur etwas davon versteht, wird mir darin zustimmen, daß die Vergrößerung eines solchen Beirats nur zu seiner kompletten Arbeitsunfähigkeit führen würde. Damit wäre uns auch wieder nicht gedient.
Ich bleibe im übrigen dabei, daß die zwei in der Vereinbarung unter a bis d festgelegten Funktionen exekutive Funktionen sind, vergleichbar der Stellung eines Aufsichtsrats. Aber das ist ein Punkt, den wir nicht weiter zu vertiefen brauchen. Ich bin durchaus der Meinung, daß das allgemeinpolitische Anliegen gerade mit Unterstützung des Parlaments verwirklicht werden soll und daß sich zusätzlich zu einem solchen Beirat Einrichtungen denken lassen, die die Gewähr dafür bieten, daß jede Stimme, die gehört werden sollte, auch zu Gehör kommt. Das sind Modalitäten der späteren Durchführung, die den Kern der Sache nicht berühren und über die wir uns, glaube ich, leicht verständigen können.
Ich darf mich dann dem Kollegen Brandt zuwenden, der ganz in Übereinstimmung mit meiner Auffassung hervorgehoben hat, daß Berlin sowohl in seiner heutigen wie der, wie wir hoffen, künftigen Rolle gestärkt werden soll. Herr Kollege Brandt, ich bemühe mich taglich, dazu beizutragen. Ich habe heute morgen in Berlin im Robert-KochInstitut den neuen Präsidenten des Bundesgesundheitsamtes eingeführt und mich bei dieser Gelegenheit dafür eingesetzt, daß noch mehr wesentliche Teile des Bundesgesundheitsamtes tatsächlich mit Berlin verbunden werden. Ich glaube, wir lassen es überall da, wo es realistisch und praktisch möglich ist, weder am guten Willen, noch an den entsprechenden Taten fehlen.
Selbstverständlich gilt das Wort des Herrn Bundeskanzlers. Leider sind seine Ausführungen nicht ganz zitiert worden; sonst würden Sie feststellen, daß das, was ich hier ausgeführt habe, völlig mit dem übereinstimmt, was die Bundesregierung bisher in dieser Frage an Verlautbarungen herausgegeben hat. Ich darf aus einem Schreiben zitieren, das in Vertretung des Herrn Bundeskanzlers Herr Blücher an den Bürgermeister Amrehn gerichtet hat. In diesem Schreiben vom 14. August heißt es:
Bei früheren Verhandlungen hat der Herr Staatssekretär Bleek als Verhandlungsführer des Bundes erklärt, daß er sich bei der Bundesregierung für Berlin als Sitz des Langwellensenders einsetzen werde. Ich bestätige diese Erklärung seitens der Bundesregierung.
Damit ist, glaube ich, der Ring völlig geschlossen. Es gibt keine Meinungsverschiedenheiten über diesen Punkt. Es wäre schlecht, wenn hier die Meinung bestehenbleiben sollte, als ob der Herr Bundeskanzler irgendeine Zusage nicht gehalten hätte oder beabsichtige, sie nicht zu halten.
Weiter ist die Frage aufgeworfen worden, ob Chefredaktion und Funkhaus wirklich getrennt werden können. Herr Kollege Brandt hat ausge-
führt, daß die technischen Möglichkeiten gegeben sind, über einen Ort zu senden, der mehrere hundert Kilometer entfernt liegt. Die Frage ist aber, ob der Gesamtzusammenhang eines Funkhauses, wie er hier besteht, gewahrt werden muß oder nicht. Diese Frage, in der ich kein Sachverständiger bin, mag ausführlich geprüft werden. Wir werden sicherlich bereit sein, die Lösung zu wählen, die sich als notwendig und richtig ergibt.
Herr Kollege Brandt, ich muß dann leider noch auf die Ausdeutung zurückkommen, die Sie der Stellung von Vertretern des Parlaments im Beirat gegeben haben. Sie haben — ich kann es nicht ganz wörtlich zitieren — dem Sinne nach gesagt, dadurch solle sichergestellt werden, daß nicht eine große politische Gruppe in Deutschland mit einer Art Minderwertigkeitsstempel versehen werde. Das Wort Minderwertigkeitsstempel haben Sie gebraucht, Herr Kollege Brandt. Wer sich unser Vaterland realistisch ansieht — Sie sind Berliner, und ich habe vorhin die Berliner wegen ihrer realistischen Betrachtung gelobt —, kann doch nicht sagen, daß eine große politische Gruppe — Sie haben dabei höchstwahrscheinlich an Ihre eigene Fraktion gedacht — einen Minderwertigkeitsstempel aufgedrückt bekäme. Zwei der größten Regierungen, die es in Deutschland gibt, die in Düsseldorf und München, die über zwei der größten Sendebereiche verfügen, stehen, wenn ich mich recht erinnere, unter sozialdemokratischer Führung.
Ich möchte aus Höflichkeit von dem Land schweigen, in dem wir uns augenblicklich befinden, und möchte seine politische Führung hier nicht zitieren. Aber bei den Regierungen in Düsseldorf und München sieht es auch in bezug auf den Rundfunk nicht so aus, als hätte die Sozialdemokratische Partei dort einen Minderwertigkeitsstempel aufgedrückt bekommen.
Wir sollten uns nicht aus dieser Debatte herausbegeben, ohne uns in einem Punkt klipp und klar festgelegt zu haben. Wollen wir wirklich, daß bald und sehr schnell — nach meiner Meinung in allerkürzester Zeit — Langwellensendungen stattfinden oder nicht? Wenn wir wollen, daß sie stattfinden — und alle beklagen sich darüber, daß das seit vier Jahren bisher nicht gelungen ist —, dann können wir nur die Regelung wählen, wie wir sie zunächst vorgeschlagen haben. Sonst fangen die Sendungen erst in anderthalb bis zwei Jahren an. Das ist ein Faktum, das völlig klar liegt. Wenn Berlin in die Lage versetzt werden soll, zu dem vorgesehenen Termin seinerseits senden zu können, dann sollten wir gleichzeitig alle Kraft darauf verwenden, daß hierzu die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Das ist eine Frage, in der wir uns sehr leicht finden werden.