Rede von
Heinz
Kühn
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nach diesem Schlußwort meines Kollegen Brandt will ich nur einige Informationen an die Adresse des Herrn Bundesinnenministers richten, der hier ein paar Darlegungen gemacht hat, die meines Erachtens so nicht im Raum stehenbleiben können. Es geht hier lediglich, nachdem ich die politische Diskussion als abgeschlosssen betrachte, um Klarstellung und Wahrstellung von Tatsachen.
Der Herr Bundesinnenminister hat davon gesprochen, daß der Beirat ausschließlich exekutive Aufgaben haben solle. Ich möchte demgegenüber aus der Vereinbarung, Herr Minister, zitieren, daß der Beirat ausschließlich politische Aufgaben hat und keineswegs exekutive. Es heißt im Wortlaut:
Der Beirat wählt den hauptamtlichen Leiter der vorläufigen Langwellensendungen. Er berät den Leiter bei der Programmgestaltung. Er ist beim Wirtschaftsplan zu hören. Die Berufung und Abberufung des Leiters der politischen Sendungen, der leitenden politischen Redakteure und leitenden Nachrichtenredakteure bedürfen der Zustimmung des Beirats.
Damit ist seine ganze Funktion umschrieben. Das sind keine exekutiven Aufgaben in dem Sinne, in dem Sie es darstellten. Das sind politische Aufgaben, und es ist nicht einzusehen, warum bei diesen politischen Aufgaben einseitig nur die Bundesregierung vertreten sein soll.
Und nun zum Zweiten! Mein Kollege Brandt hat es schon gesagt: Wir sind damit einverstanden, daß die Kirchen angesichts ihrer großen Bedeutung in einem solchen Beirat vertreten sein sollen. Selbstverständlich! Aber dann werden auch andere Kräfte aufgenommen werden müssen wie z. B. der Deutsche Gewerkschaftsbund als eine der repräsentativen Kräfte des deutschen Volkes.
Damit ist auch die Frage beantwortet, die Sie. Herr Minister, an mich gerichtet haben, ob ich der Meinung sei, daß auch die Ländervertretungen aus Landtagsabgeordneten und Regierungsvertretern bestehen sollten. Da in der Vereinbarung nur drei Ländervertretungen vorgesehen sind, war hier natürlich auch keine Aufspaltung zwischen Regierung und Abgeordneten möglich, wenn Sie nicht den Vorschlag einer personalen Kernspaltung machen wollen. Wenn der Beirat aber schon durch Hinzuziehung anderer Persönlichkeiten vergrößert werden soll, dann ist es auch möglich und meines Erachtens richtig, daß bei den Ländervertretungen nicht nur die Regierungen, sondern auch die Länderparlamente zum Zuge kommen.
Nun haben Sie noch die konkrete Frage an mich gerichtet, wo jemals die Bundesregierung angedeutet habe, daß sie die Chefredaktion nach Bonn haben wolle. Ich habe es schon zitiert, will es aber noch einmal tun: Der Herr Bundeskanzler hat in seinem Brief an den Regierenden Bürgermeister der Stadt Berlin vom 30. Mai 1956 geschrieben, daß eine Chefredaktion gebildet wird, die ihren Sitz sowohl in Bonn als auch in Berlin hat. Ich glaube, Herr Minister, Sie werden mir zustimmen: Das bedeutet doch wohl, daß die Chefredaktion in Bonn sitzt und daß sie lediglich einen dekorativen Außenposten in Berlin hat. Auf jeden Fall wurde hier seitens der Regierung die Forderung erhoben: Sitz der Chefredaktion in Bonn!
Und nun eine letzte Frage: Propagandasender. Bitte, Herr Minister, Sie haben auf die Regelung in London hingewiesen. Auch diese Regelung ist von Ihnen so, wie sie im BBC praktiziert worden ist, sachlich nicht richtig vorgetragen worden. Wir sind im Prinzip mit Ihnen einig, wenn Sie sagen, daß an die Spitze aller dieser Einrichtungen eigentlich unabhängige Persönlichkeiten gehörten. Wenn Sie mit einer Seitenbemerkung gegen uns gesagt haben, daß man nicht auf allen Seiten dieses Hauses so großzügig sei, so war die Blickrichtung auf uns, glaube ich, nicht gerechtfertigt. Sonst würden wir gern zu anderer Zeit einmal die personalpolitischen Hintergründe bei den neu errichteten Rundfunkanstalten Deutschlands beleuchten und darüber diskutieren.
Sie sagen, unabhängige Persönlichkeiten! — Gut, im Prinzip einverstanden. Aber wer bestimmt darüber, wer unabhängig ist? Man hört so oft: Die Besten müssen es sein! Nun, meine Damen und Herren, die Besten gehörten überall an die Spitze, die Besten gehörten auch an die Spitze der Regierung!
Ich bin sicher, daß Sie nicht sagen wollen, meine Damen und Herren, daß nicht auch diese Institution dem Gesetz der menschlichen Unzulänglichkeit unterliegt.
Nun, Herr Minister, Sie haben auf die Regelung beim BBC in London hingewiesen. Es ist aber nicht wahr, daß der britische Premierminister zu jeder Zeit, wenn er das für notwendig erachtet, unwidersprochen vor das Mikrophon treten kann.
Ich zitiere Ihnen eine Regelung, wie sie bei BBC ist. Ich würde es für gut halten, wenn auch wir in Deutschland sie praktizierten.
— Verzeihung, wenn ich Sie mißverstanden habe. Trotzdem will ich die Regelung zitieren, meine Damen und Herren, weil sie eine Lösung zum Inhalt hat, die wir für richtig halten, die aber die Regierungsvertreter bei der Diskussion des § 5 der Staatsverträge bisher nicht gefordert und nicht akzeptiert haben. Ich wäre glücklich, Herr Minister, wenn Sie Ihre Vertreter anweisen würden, bei den künftigen Beratungen über diesen Paragraphen des Staatsvertrags die Linie zu befolgen, die in den Regelungen für die politischen Sendungen von BBC enthalten ist. Dort heißt es wörtlich: „Es wird erwartet, daß sich die Minister, die in diesen Sendungen sprechen, so unparteiisch wie möglich verhalten. Es ist jedoch vorgesehen, daß die Opposition antworten kann, wenn sie der Meinung ist, daß kein genügendes Maß von Unparteilichkeit erreicht wurde."
— Wenn, ja! Wenn die Opposition das glaubt, hat sie das Recht, dagegen zu sprechen. — Während der Woche, in der der Haushaltsplan beraten wird, sprechen der Schatzkanzler der britischen Regierung und gleich lange ein Vertreter, den die Opposition bestimmt.