Rede von
Alois
Niederalt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur der Verlauf der Debatte veranlaßt mich, zu diesem Thema auch das Wort zu ergreifen. Ich möchte mit einem Wort von Herrn Professor Dr. Gülich, der von mir bekanntlich sehr geschätzt wird, beginnen. Er hat vor einigen Monaten von dieser Tribüne aus einmal gesagt, daß er das Wort „Da ist wieder etwas über die Bühne gegangen" so sehr verabscheue. Ich habe ihm darauf Beifall geklatscht. Meine Damen und Herren, das, was der Herr Kollege Ritzel heute vorgetragen hat, ist tatsächlich „über die Bühne gegangen",
und das ist nach meiner Auffassung — ich möchte das einmal ganz klar und deutlich sagen — der Bundestagstribüne nicht würdig.
— Herr Kollege Schoettle, was ich behaupte, werde ich auch zu begründen versuchen.
— Ich habe geglaubt, Sie hätten einen Zwischenruf gemacht.
— Sehr schön.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir können die ganze Debatte auf ein paar vernünftige, sachliche Sätze zurückführen. Erstens — das scheint mir am wichtigsten zu sein — müssen wir doch alle davon ausgehen, daß eine Verwaltungsarbeit auch in einem Provisorium Raum beansprucht. Das ist die erste Grundtatsache. Ich verweise nicht auf die soziale Seite, die dieses Problem hat. Ich unterstelle niemand — auch Ihnen nicht, Herr Kollege Ritzel —, nicht genug soziales Gefühl zu haben. Aber gehen Sie bitte die Räume hier in Bonn durch, jedes Ressort, jedes Ministerium — gleichgültig, welches —, und stellen Sie fest, ob etwa dort Raumverschwendung getrieben worden ist! Stellen Sie die Belegungsdichte fest! Dann werden Sie diese Frage mit einem anderen Blick behandeln.
Als zweites müssen wir immer wieder festhalten: Die Bauten — die mir persönlich ganz und gar unlieb sind, das möchte ich auch ganz deutlich sagen — sind sekundäre Zwangsmaßnahmen, zwangsläufige Folgen der Planstellen. Damit komme ich auf das Thema Verwaltungsvereinfachung, das ja in diesem Hause schon wiederholt strapaziert worden ist.
Eine Gewissensfrage an Sie, Herr Kollege Ritzel: ist es nicht so, daß wir bei den jährlichen Haushaltsberatungen die Vermehrung von Planstellen manchmal sehr unterschiedlich beurteilt haben? Müssen Sie nicht selber zugeben, Herr Kollege Ritzel, daß es wiederholt von Ihrer Fraktion — aus löblichen Gründen — mehr Stimmen für die Planstellenvermehrung gegeben hat als von uns, der Regierungspartei? Ich verurteile das nicht, ich nehme dazu in sachlicher Hinsicht nicht Stellung; Sie mögen Ihre guten Gründe dafür gehabt haben. Aber ich stelle es in diesem Zusammenhang hier fest. Man kann nicht auf der einen Seite Planstellen genehmigen und es auf der anderen Seite ablehnen, daß die notwendigen Bürobauten errichtet werden. Man würde sonst die Beamten zwingen, im Freien oder in Zelten zu arbeiten.
— Beschlossen haben wir den Etat. Eine Vorfrage: Wer hat denn den Etat vorbereitet? Das ist der Haushaltsausschuß, und wir arbeiten im Haushaltsausschuß wirklich unter sachlichen Gesichtspunkten. Ich nehme es niemandem übel, wenn er für oder gegen eine Maßnahme stimmt. Deshalb nehme ich es auch dem Herrn Kollegen Ritzel nicht übel, wenn er manchmal für die eine oder andere Planstelle gestimmt hat, wo ich beispielsweise dagegen gestimmt habe. Das sind sachliche Gründe, die werden anerkannt. Ich will nur feststellen, daß die Bauten Folgemaßnahmen sind. Diese Tatsache muß man doch klar und deutlich sehen.
Nun noch einen weiteren Punkt, meine Damen und Herren von der SPD! In der Drucksache 1897 scheint mir am wichtigsten — der Zweck der ganzen Übung — der letzte Satz zu sein, der lautet: „Die weitere Anforderung von Mitteln für Bürobauten ist zu unterlassen." Meine Damen und Herren, ich fürchte — und die Ausführungen des Herrn Kollegen Ritzel haben das in etwa wenigstens auch gezeigt —, daß man damit unseren Verteidigungsbeitrag treffen will. Man will Bürobauten generell verbieten, um damit auch das Verteidigungsministerium und alle damit zusammenhängenden Bauten zu treffen bzw. zu verhindern. Seien wir ehrlich: wenn das gewollt ist — und ich fürchte, es ist gewollt —, dann ist das ein Streich, der den vielen Streichen der Bürger von Schilda ebenbürtig ist. Man kann nicht über den Weg der sogenannten Verwaltungsvereinfachung eine so hochpolitische Entscheidung treffen; das geht nun doch nicht.
Noch ein letztes Wort! Wir müssen uns über eines klar sein: jedes Provisorium kostet Geld, jedes Provisorium kostet überflüssiges Geld; das steckt in dem Wesen des Provisoriums. Das Provisorium Bonn kostet Geld, und das Provisorium Frankfurt hätte auch Geld gekostet, genau so viel!
Wir sollten uns alle darin einig sein und die vom Standpunkt des Haushaltsausschusses aus gesehen unerfreulichen Kosten dieses Provisoriums trotz allem hinnehmen, wenn wir nur bald den Tag erlebten, an dem wir dieses Provisorium nicht mehr unterhalten müssen und von dem an wir dann im Haushaltsausschuß und im Plenum vernünftig auf Sicht planen können, so daß wir nicht von dem Gedanken gequält werden: Was wird, wenn —? Denn daß der Plan Vogel, wie ihn Herr Kollege Ritzel genannt hat, auch seine Problematik in sich schließt, ist ganz klar. Er ist doch auch nur ein Behelf. Eine endgültige, hundertprozentige, ideale Lösung wird niemand von uns treffen. Es ist eben ein Provisorium. Deshalb ist es meine herzliche Bitte, solche Dinge sachlich, nüchtern und nicht unter der Perspektive des Wahlkampfes zu behandeln!