Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit dem Tag, an dem meine Fraktion den vorliegenden Antrag eingebracht hat, dem 4. Mai dieses Jahres, sind fast fünf Monate verstrichen, und seit dem Zeitpunkt, Mitte März dieses Jahres, als den Inhabern von Wohnungen und Gewerbebetrieben in ehemaligen Wehrmachtliegenschaften die formularmäßigen, kommentarlosen und zum Teil kurzfristigen Kündigungen dutzendweise auf den Tisch platzten, ist über ein halbes Jahr vergangen. Nach dem Wirbel, den dieses Vorgehen und insbesondere seine geradezu brutal wirkende Art überall bei den Betroffenen, den kommunalen Körperschaften und in den Länderparlamenten hervorgerufen hat, hätte erwartet werden dürfen, daß die Bundesregierung die dazwischenliegende Zeit benutzen würde, diesen Stein schweren Anstoßes zu beseitigen. Es hätte nahegelegen, den in diesem Kündigungsvorgehen liegenden schlechten Kommentar zu der Art und dem Geist, in denen die Bundesregierung bereits im ersten Stadium der Truppenaufstellung die Sicherung der zivilen Interessen behandelt hat, nachträglich auszuräumen und wenigstens jetzt nachzuholen, was vorher versäumt worden war: den ganzen Fragenkomplex der Kasernenräumungen durch klare und positiv-materielle Maßnahmen so eindeutig und befriedigend zu regeln, daß sich eine größere Erörterung im Bundestag erübrigte.
Bei einigem guten Willen hätte es sich sicher auch ermöglichen lassen, die mit unserem Antrag verlangten Auskünfte dem Bundestag in der Zwischenzeit schriftlich zuzuleiten, nachdem in den letzten Sitzungen vor den Parlamentsferien infolge der Wehrpflichtdebatte der Antrag nicht mehr hatte zur Behandlung kommen können. Meine Freunde und ich hätten auf Grund einer solchen vernünftigen Behandlung der Dinge unsere Vorlage gerne für erledigt erklärt und von einer Erörterung heute Abstand genommen. Die Bundesregierung hat uns dazu nicht in die Lage versetzt. Im Gegenteil, durch die Richtlinien des Bundesfinanzministeriums vom 25. Juni, die im Anschreiben an die Länder als endgültig bezeichnet werden und die — ich werde einige Punkte noch besonders herausheben — praktisch keine entscheidende materielle Verbesserung gegenüber den bisherigen, vorläufigen Richtlinien darstellen, hat sie zu erkennen gegeben, daß sie nicht gewillt ist, der Lage Rechnung zu tragen.
Das wirft ein äußerst bedenkliches Licht darauf, in welchem Rang- und Gewichtsverhältnis die Bundesregierung die Wehrfragen und die zivilen Interessen der Bevölkerung, der Einzelbürger und der Gemeinden sieht und offenbar weiter sehen will. Dabei muß sie sich doch völlig im klaren darüber sein, was sie mit der Fortsetzung der bisherigen Behandlungsmethode in dieser Frage in der öffentlichen Meinung gegen sich heraufbeschwört: daß die Art der Behandlung der ersten Auswirkungen der Truppenaufstellungen im zivilen Bereich von der Bevölkerung geradezu als ein Testfall dafür angesehen werden muß, was sie in dieser Hinsicht noch zu erwarten hat. Denn nicht nur durch die große Welle der Unruhe, der Erbitterung, der Proteste, die seit März/ April dieses Jahres von der betroffenen Bevölkerung, den Vertriebenen, der Wirtschaft und den Gemeinden und Städten ausgegangen ist — in Schleswig-Holstein hat sich sogar bereits eine Schutzgemeinschaft der kasernenverdrängten Betriebe gebildet —, auch von der Exekutive der Länder, den Länderregieungen und den Landtagen ist die Bundesregierung in ungezählten Telegrammen, Fernschreiben, Rücksprachen, Entschließungen auf die sozialen, wirtschaftlichen und auch auf die politischen Folgen hingewiesen worden, die sich aus der Behandlung dieser Frage ergeben müssen.
Durch das Bundesvertriebenenministerium ist der Herr Bundesfinanzminister bereits im April ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß diese Proteste und Kritiken deutlich erkennen lassen, daß in den Fällen, in denen militärische und zivile Interessen miteinander in Widerstreit geraten, die breite Öffentlichkeit Maßnahmen zugunsten der Verteidigung nur hinzunehmen bereit ist, wenn dadurch soziale Anliegen nicht beeinträchtigt werden. Diese Einstellung — so hat das Bundesvertriebenenministerium ausdrücklich hervorgehoben — kann auch nicht verwundern, da die Bundesregierung wiederholt versichert hat, daß keine der Verteidigungsmaßnahmen die wirtschaftlichen und sozialpolitischen Bereiche nachteilig beeinflussen oder die Versorgung und Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge beeinträchtigen würde.
Im Landtag von Schleswig-Holstein ist bereits im Frühjahr dieses Jahres von allen Fraktionen — einschließlich der CDU! — eine geradezu vernichtende Kritik an der Behandlung dieses Fragenkomplexes geübt worden. In einer Regierungserklärung des Ministerpräsidenten von Hassel, der damals noch Präsident des Bundesrates war und der ja auch Mitvorsitzender der größten Regierungspartei ist und deswegen gewiß nur widerstrebend zu einer solchen Formulierung gegriffen hat, heißt es:
Die Landesregierung kann auch bei voller Berücksichtigung der Bundesinteressen nicht zulassen, daß ihre jahrelangen Bemühungen um den wirtschaftlichen Aufbau des Landes und die Eingliederung der Vertriebenen durch die Kasernenräumung Schaden erleidet.
Ende August hat sich die Landesregierung von Schleswig-Holstein erneut veranlaßt gesehen — um sich zu entlasten —, in einer Pressekonferenz zu der Lage Stellung zu nehmen und dabei mit zurückhaltender, aber doch eindeutiger Formulierung festzustellen, daß die von dem Bundesfinanzministerium als endgültig bezeichneten Richtlinien „Schäden für die Betroffenen nicht fernhalten können", daß „die Regelung des Komplexes Schadensansprüche unzureichend" ist usw.
Aber alle diese Warnungen, Appelle, Entschließungen haben bis heute — mir ist jedenfalls bis zur Stunde von einer neuerlichen Änderung der Richtlinien nichts bekanntgeworden — nicht zu erreichen vermocht, daß die Bundesregierung ihre Haltung in dieser Frage revidiert.
Bei dieser Sachlage drängt sich doch die Frage auf: Wie schätzt man eigentlich den Staatsbürger ein? Glaubt man wirklich, sich ein solches Vorgehen noch weiter ungestraft leisten zu können? Ich meine, die Bundesregierung sollte die Millionen Steuergelder, die sie für die Werbereisen in Sachen Wehrpropaganda, für Werbefilme, Broschüren etc. ausgibt, sparen. Denn sie werden nichts nützen, wenn gleichzeitig so anschaulich und rücksichtslos eine Mißachtung der zivilen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen demonstriert wird.
Meine Damen und Herren, ich will auf das ganze Spektakulum des Kündigungsvorgehens selbst nicht weiter eingehen. Es ist für einen sozialen Rechtsstaat so einmalig und, ich möchte geradezu sagen, so unglaubhaft, daß es Erinnerungen an trübste Vergangenheit wachruft. Hier ist dieselbe Planlosigkeit und Desorganisation sichtbar geworden, die in anderen Fragen im Zusammenhang mit der Truppenaufstellung, ihrer Versorgung, der finanziellen Planung usw. bereits Gegenstand sehr eingehender Kritik, u. a. in den Ausschüssen dieses Bundestages, gewesen ist und neuerlich sogar zu sehr harten Feststellungen seitens des Bundesrechnungshofes geführt hat.
Seit 1952 bereits haben die Länder in berechtigter Sorge vor dem Kommenden immer wieder die rechtzeitige Vorlage von eindeutigen und ausreichenden Richtlinien für den Fall der Inanspruchnahme der alten Wehrmachtsliegenschaften für deutsche Truppenaufstellung gefordert. Bis zum 12. März dieses Jahres aber vergeblich; dann erst kam das Bundesfinanzministerum mit einem völlig unhaltbaren Entwurf heraus, an dem es aber im wesentlichen noch heute festhält.
Dabei war es seit 1952 doch für alle Beteiligten in den Ministerien klar, was in dieser Hinsicht auf sie zukommen würde, und die Bundesregierung wußte ja, was der Herr Bundeskanzler in dieser Sache vorhatte. Zumindest mußte sie also doch vorsorglich und alternativ eine Regelung vorbereiten, die sie im gegebenen Zeitpunkt nur aus der Schublade zu ziehen brauchte. Das wäre ganz einfach gewesen; denn eine solche Regelung lag aus früherem Anlaß vor. Als während der Koreakrise nämlich die alliierten Streitkräfte auch bei uns Truppenverstärkungen für notwendig hielten, Kasernen geräumt und andere Unterkünfte beschafft werden mußten, ging es ohne weiteres und sehr schnell. Der Herr Bundesfinanzminister erließ damals — 1951/52 — Richtlinien, die u. a. eine Erstattung von Umzugskosten, von Verdienstausfall, Gewährung von günstigen Darlehen für Neueinrichtungen vorsahen und besondere Bestimmungen für Notstandsgebiete, für Flüchtlingsbetriebe usw. enthielten. Diese Richtlinien, die damals die Federführung den Länderfinanzministerien auch zuwiesen, funktionierten reibungslos. Man hätte also ihr Prinzip nur zu übernehmen brauchen. Das ist nicht geschehen.
Warum eigentlich, so muß man fragen, glaubt die Bundesregierung, die von den Kündigungen in den Wehrmachtsliegenschaften Betroffenen jetzt schlechter behandeln zu können als die damals Betroffenen? Abgesehen von dem Umstand, daß es sich jetzt um deutsche Truppen handelt, sind die materiellen und wirtschaftlichen Folgen für die Betroffenen die gleichen.
Diese Folgen sind für viele einzelne Rentner, Unterhaltshilfeempfänger, die aus den relativ billigen Wohnungen heraus sollen und nicht wissen, wie sie die neuen Mieten aufbringen sollen, sehr bitter; hinsichtlich der betroffenen Gemeinden und Städte, die noch heute nicht wissen, wie sie die Ersatzbauten finanzieren sollen, und hinsichtlich der gewerblichen Betriebe und Arbeitsplätze schon der Größenordnung nach auch für manche Länder sehr ernst.
So sind allein in Schleswig-Holstein nach der letzten Pressemitteilung 175 Betriebe mit rund 2500 Arbeitsplätzen in ehemaligen Wehrmachtsliegenschaften untergebracht; davon ist bisher 77 Betrieben mit über 1000 Beschäftigten gekündigt worden. Was das für ein Land bedeutet, das sich noch heute um jeden neuen Betrieb und Arbeitsplatz mühen muß, brauche ich nicht auszuführen. In Teilen von Bayern und Niedersachsen liegen die Dinge sicher nicht anders.
Der Kardinalpunkt hinsichtlich dieser gewerblichen Betriebe ist nun vor allem der Standpunkt des Bundesfinanzministeriums, der auch in den endgültigen Richtlinien unverändert beibehalten wird, daß es „grundsätzlich Aufgabe eines gewerblichen Betriebes sei, im Falle der Freimachung sich selbst die erforderliche und geeignete Ersatzbetriebsstätte zu beschaffen und zu diesem Zweck selbst Mittel einzusetzen oder sich um Kredite auf dem Kapitalmarkt zu bemühen." Bundesdarlehen können unter der Voraussetzung, daß die Finanzkraft nicht ausreicht oder allgemeine Kreditmittel zu zumutbaren Bedingungen nicht zu erhalten sind, gewährt werden, — alles Ermessensfragen! Die Darlehensbedingungen nach den bisherigen Richtlinien sind jedoch so schwer, daß sie für einen Großteil der Betriebe nicht tragbar sind.
Das Bundesfinanzministerium nimmt hiermit, wie bei den Kündigungen überhaupt, einen reinen Vermieterstandpunkt ein, der sowohl nach den Zeitumständen, unter denen in vielen Fällen die Vermietung erfolgt ist, als auch — ich sehe vom Moralischen und der staatlichen Verantwortung ganz ab — rechtlich einfach nicht haltbar ist. Ich möchte mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zur Illustrierung der Situation nur aus einem einzigen Bericht über diese Zeitumstände der Vermietung einige Zeilen verlesen. Es handelt sich um den Bericht der Industriesiedlung Meierwik bei Glücksburg an der Flensburger Förde. Es heißt darin:
Als wir 1949/50 zumeist mit Fünfjahresverträgen durch Einweisung des Wirtschaftsministeriums Kiel, Wirtschaftsförderungsstelle, bzw. der gleichen Einrichtung der Stadtverwaltung Glücksburg in diese Industriesiedlung
eingewiesen wurden, um hier unsere Betriebe einzurichten, mit unseren Schlüsselkräften Wohnung zu nehmen, übernahmen wir ein von DPs völlig devastiertes Gelände, grundlose Zufahrtsstraßen, keinerlei Verbindung durch Bahn oder Omnibus, verwüstete Häuser. Alle Räume unglaublich verschmutzt, zumeist der Fußböden zerstört, die elektrischen Leitungen verschmort, Türen, soweit überhaupt vorhanden, ohne Schlösser, keine Doppelfenster, vielfach ohne Scheiben, die Wände voller Löcher, Wasser lief entweder überhaupt nicht oder aber andauernd durch alle Räume und Decken, ohne Heizungs- und Feuerungsstellen.
— So wie hier waren die Verhältnisse in den Wehrmachtsliegenschaften meist überall. Unter unvorstellbaren Schwierigkeiten, mit beispielloser Energie und Fleiß haben die Betriebsinhaber, meist Vertriebene und Flüchtlinge, die Räume wiederhergerichtet, die Betriebe aufgebaut und Kapital investiert. Ihnen jetzt, nachdem die Betriebe größtenteils einigermaßen stehen, abermals die Last der Ersatzbeschaffung und Kreditaufnahme, d. h. des Schuldenmachens, mit allem Drum und Dran aufzubürden, heißt dann doch die Grenzen des Zumutbaren überschreiten.
Dabei hatte damals, als die Vermietung erfolgte, in den meisten Fällen keiner der Beteiligten jemals an eine Kündigungsmöglichkeit gedacht. Sowohl die Länderverwaltung als auch die Bundesvermögensverwaltung waren froh, daß durch die Vertriebenen- und Flüchtlingsfirmen die devastierten Grundstücke und Räume finanziell nutzbar gemacht werden konnten. Die Verträge, die, wie gesagt, meist mit fünfjähriger Dauer abgeschlossen waren, sahen deshalb nur Ausnahmen im Falle der Einwirkung der Besatzungsmacht vor. Sonstige Vorbehalte betrafen lediglich die Miethöhe. Die Dauer des Vertrages war bei Erfüllung aller Voraussetzungen auf unbestimmte Zeit versprochen und festgelegt, ja, es wurde zugesichert, daß man besonders bei größeren baulichen Veränderungen mit Abschluß eines Erbbauvertrages, d. h. eines Pachtvertrages mit 99 Jahren Vertragsdauer, rechnen konnte.
Das Bundesfinanzministerium ist auf diesen Sachverhalt dankenswerterweise auch durch das Bundesvertriebenenministerium ausdrücklich aufmerksam gemacht worden, daß nämlich die Kündigungsfristen in den Verträgen von den Pächtern und Mietern nur hingenommen wurden, weil sie auch vom Verpächter bzw. Vermieter ernsthaft nicht gewollt waren.
Ohne diese Gewißheit
— so stellt dieses Schreiben des Vertriebenenministeriums fest —
wären die nicht unerheblichen, in der Regel durch Kredite der öffentlichen Hand ermöglichten Investitionen nicht zu vertreten gewesen.
Es ist bezeichnend, daß noch im Jahre 1950 lediglich die an die Besatzungsverhältnisse gebundene Rechtslage den Bund an der Übertragung der verpachteten oder vermieteten Liegenschaften an die Mieter oder Pächter zu Eigentum gehindert hat. Das geht aus der Behandlung des Antrages der
Abgeordneten Dr. Gerstenmaier, Etzel, Schütz und Genossen Drucksache Nr. 624 im Deutschen Bundestag im März 1950 eindeutig hervor.
Meine Damen und Herren, zur Rechtslage ist also festzustellen, daß der Bund wider Treu und Glauben handelt, daß er — in der zivilrechtlichen Sprache — arglistig handelt, wenn er sich nun auf die nur zugunsten der Besatzungsmächte seinerzeit gemachten und gedachten Kündigungsvorbehalte und -fristen seinen deutschen Vertragspartnern gegenüber beruft. Wenn also die Bundesregierung trotz dieser Sachlage überhaupt von einem —äußerstenfalls nur formal bestehenden — Kündigungsrecht Gebrauch machen wollte, hätte es mindestens moralisch für sie ein nobile officium sein müssen, bei der materiellen Regelung so loyal und großzügig wie nur möglich zu verfahren.
Die jetzigen endgültigen Richtlinien sind das genaue Gegenteil. Von den Vorschlägen der Länder hierzu ist in ihnen überhaupt nicht Notiz genommen. Sie enthalten keine Anerkennung eines Anspruchs auf Entschädigung, gegenüber den provisorischen Richtlinien keine nennenswerte Verbesserung der materiellen Leistungen und keine ernsthafte Erweiterung der Zuständigkeit auf Landesebene.
Der Entscheidungsraum für die Oberfinanzdirektionen ist viel zu eng. Selbst die Umsetzungsmaßnahmen für kleinere Betriebe führen sehr rasch darüber hinaus, so daß praktisch fast alle Entscheidungen vom Bundesfinanzminister getroffen werden müssen. Das bedeutet natürlich eine erhebliche Verzögerung, das bedeutet eine Erschwerung der Dispositionen für die Betroffenen und — mir ist allerdings im Augenblick noch kein Fall bekannt
— zumindest die Gefahr des Abschwimmens günstiger Objekte.
Überhaupt ist das Mißtrauen gegenüber den Ländern ein ausgesprochenes Kennzeichen der Richtlinien. Man ist versucht, zu fragen, ob das eigene schlechte Gewissen der Bundesregierung bei der Behandlung dieser Frage hier Ausdruck gefunden hat.
— Der Sachverhalt spricht, glaube ich, für sich selbst, Herr Kollege!
Auch bei der Räumung von Wohnungen ist das Verfahren bis zur Freigabe der Bundeshilfe viel zu umständlich. Für die notwendigen Mietbeihilfen für einen Teil der sozial besonders schwachen Kasernenbewohner ist bisher überhaupt kein Lösungsansatz vorhanden. Völlige Unsicherheit herrscht auf dem landwirtschaftlichen Sektor. Die Anweisungen in dem früheren Entwurf sind in den jetzigen Richtlinien gestrichen, es sollen hierfür gesonderte Richtlinien erlassen werden. Mir ist bisher noch nichts darüber bekanntgeworden. Ebenso ist über die Regelung bei den Einrichtungen der öffentlichen Hand, z. B. Krankenhäusern, Schulen, in den Richtlinien nichts gesagt. Auch hier hat sich der Bundesfinanzminister die Entscheidung im Einzelfall bis auf weiteres vorbehalten.
Mir liegen Aktenvorgänge z. B. aus dem Kreise Pinneberg vor, wonach dort Kasernen bis zum 1. Februar 1957 geräumt werden sollen. Aber noch heute, an der Monatswende September; Oktober, hängen die Pläne für die Ersatzbauten — u. a. eine Volksschule, eine Mittelschule, eine Turnhalle —
völlig in der Luft, weil die Stadt, deren Einwohnerzahl sich infolge des Flüchtlingszustroms fast verdoppelt hat und die die Steuerkraft bereits bis zum äußersten ausgeschöpft hat, nicht weiß, wie sie diese Bauten finanzieren soll. Was eine solche Unsicherheit für die Planungen der Kommunen bedeutet, brauche ich nicht weiter zu erläutern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, diese wenigen Einzelheiten, die ich nur stichwortartig habe andeuten können, reichen aus, Ihnen zu zeigen, wie notwendig und begründet der Antrag meiner Fraktion in dieser Sache ist und wie dringend erforderlich es ist, daß sich der Bundestag dieser Angelegenheit annimmt. Wir wollten ursprünglich mit unserem Antrag das Problem nur aufrollen, in der Hoffnung, daß dieser Anstoß für die Bundesregierung genügen wird. Nachdem sich aber der Herr Bundesfinanzminister mit seinen letzten Richtlinien derart verhärtet hat, wird es nötig sein, daß der Bundestag über den bisherigen Rahmen unseres Antrages hinaus seinerseits die erforderlichen harten Beschlüsse faßt. Wir erhoffen hierzu in den Ausschußberatungen Ihre volle Zustimmung.
Ich beantrage die Überweisung unseres Antrages an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Heimatvertriebene zur Mitberatung.