Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben wohl alle den Eindruck, daß unser außenpolitischer Weg augenblicklich durch eine Durststrecke geht, und bei einer Durststrecke kommt es darauf an, daß man die Zähigkeit aufbringt, den beschwerlichen Weg zu vollenden, und eine absolut klare Vorstellung von dem Ziel hat, wohin man will; sonst geht man auf einer Durststrecke zugrunde.
Ich bin dem Herrn Baron Manteuffel-Szoege sehr dankbar für seine grundsätzlichen Ausführungen. Ich glaube, wir sollten einige Unterscheidungen als ein wichtiges Ergebnis dieser Debatte mit uns nehmen: die Unterscheidung, die zu treffen ist zwischen der intellektuellen Nervosität, die stets eine Gefährdung in einer parlamentarischen Demokratie ist, und der inneren Unruhe des Herzens, die wir alle in uns tragen. Aus der intellektuellen Nervosität und aus jener Sucht, stets immer wieder etwas Neues zu wissen, was übermorgen sein könnte, können wir nur in den Fehler einer Politik des Wechselns verfallen; aus der inneren Unruhe des Herzens aber wird Zähigkeit und Zielstrebigkeit einer Politik hervorgehen.
Es ist auch zu unterscheiden zwischen Festigkeit und Starrsinn. Festigkeit gehört zu jeder Politik, die zu einem Erfolg führen soll. Wir haben zu unterscheiden zwischen den prinzipiellen Zielen, dem, was völlig unverzichtbar ist, und den Methoden und Wegen, die uns zu diesen Zielen hinführen. Konsequenz ist in allem politischen Handeln notwendig, und das ist auch das, was unsere Wähler von uns fordern. Sie fordern von uns nicht einen ständigen Erfindungsreichtum neuer Gedanken und Ideen, die sich so verstricken und verwirren, daß nachher kein Mensch mehr weiß, wo wir eigentlich stehen. Sie fordern von uns Zuverlässigkeit.
Die letzten Monate haben da mehrere Verstöße gebracht. Ich kann Ihnen nur sagen: gewiß, wenn der Gegner seine Taktik ändert — und er hat sie geändert —, dann bin ich gezwungen, meine Taktik auch zu ändern. Man spricht davon, daß eine ganze Epoche zu Ende gegangen sei und daß ein tiefgreifender Wandel eingetreten sei. Ich glaube, in der Politik und vor allem in der Außenpolitik bringt jeder Tag eine Änderung des Wetters. Jeder Tag bringt neue Tatsachen. Da ist es eben doch die Aufgabe der Diplomatie und der Außenpolitik,
diesen Tatsachen Rechnung zu tragen. Aber in den prinzipiellen Zielsetzungen ist Stabilität notwendig.
Namens meiner politischen Freunde möchte ich zum Ausdruck bringen: Wir wenden uns gegen jede Erscheinung einer Politik der Resignation, aber wir wünschen auch in diesen ernsten Schicksalsfragen, wo es buchstäblich um die Existenz unserer Nation geht, keine Politik der Emotionen. Damit können wir nur etwas verderben. Ich wende mich gegen ein weiteres Schlagwort, das gefährlich ist und ein Kampfmittel im Kalten Krieg zu sein scheint: dieses dumme Reden von dem satten Westen. Hier haben wir denselben seelischen Hunger im Leidensweg der deutschen Nation. Es ist eine Diffamierung der Absicht, der Grundlagen, der Moral unseres Handelns. Sie werden durch dieses dumme Wort vom satten Westen herabgesetzt. Der Mensch lebt nicht allein von Brot. Sehen Sie doch ins Volk hinaus. Ist hier denn eine Heiterkeit des Lebens, ist hier denn irgend etwas Freudiges in diesem Lande? Es ist doch eine tiefe innere Unruhe, die darauf beruht, daß es für uns unerträglich ist, daß ein Teil des Volkes — unsere Brüder dort drüben, jenseits der Zonengrenze — die Hauptlast des verlorenen Krieges trägt.
— Seien Sie mal so liebenswürdig und lassen Sie mich in Ruhe reden. Dieses Stören kann ich nicht vertragen.
— Ich meine, ich persönlich kann es nicht vertragen, weil ich es für unwürdig halte, die Erörterung von Fragen, die diese Bedeutung für uns haben, so zu stören und durch Zwischenrufe zu unterbrechen, die wirklich nicht mit der Sache zusammenhängen.
— Ich höre Sie auch an, ich höre Sie mit großer Aufmerksamkeit an, lassen Sie auch mich ruhig reden.
Wenn wir dem Problem unseres zerrissenen Landes gegenübertreten, ist es sehr notwendig, daß eine echte Erkenntnis der Schuld, unsere eigene Schuld an der Spitze steht. Ich rechne damit, daß das, was ich hier sage, in der Öffentlichkeit vielleicht Unwillen erregt. Aber es ist kein Zweifel: wir werden keinen klaren Blick für die Überwindung der Spaltung unseres Landes gewinnen, wenn wir uns nicht der geschichtlichen Schuld, die wir selber daran tragen, vollkommen bewußt sind.
Es ist nicht eine individuelle Schuld, es ist auch nicht die Kollektivschuld. Es ist eine geschichtliche Schuld, etwas fast Metaphysisches; das muß man spüren. Gewiß, manche Leute spüren so was nicht. Ich glaube aber doch, die Mehrheit des deutschen Volkes spürt es.
Ich möchte fragen, was ist ein Teil des Erscheinungsbildes dieser Schuld? Wir müssen die Neigung zum politischen Spießertum in unserem Lande überwinden. Dieser primitive Nationalismus ist ja
nichts anderes als ein Ausdruck des politischen Spießertums.
Es wäre ein Verhängnis, wenn die Frage nach der Überwindung der Spaltung unseres Landes in diesem primitiven Nationalismus ihr Ende finden sollte.
Der Herr Kollege Dehler hat davon gesprochen, daß wir in den letzten fünf Jahren einen Leidensweg durchschritten hätten. Gewiß, es war ein Leidensweg; er ist sogar älter als fünf Jahre, es ist der Leidensweg des deutschen Volkes, daß es in den letzten Generationen seine Stellung zum Westen sehr schwer bestimmen konnte. Ich betrachte es als einen Fortschritt, daß diese Stellung des deutschen Volkes zum Westen und zu seinen Grundwerten im politischen Sinne einer Klärung und Lösung nähergekommen ist.
Herr Kollege Dehler sprach ferner davon, es gehe nicht um eine Revolution gegen den Kommunismus, sondern um eine Evolution im Kommunismus. Nun, es wird sehr viel geheimnißt über diese inneren Wandlungen, die da vor sich gehen. Für uns ist wesentlich, da wir uns ja nicht in die inneren Verhältnisse anderer Völker einzumischen haben, zu erkennen: Haben diese inneren Wandlungen drüben — der Übergang von der persönlichen Führung und vom Führerkult zur Kollektivführung und ihren Begleiterscheinungen — eine Änderung der außenpolitischen Atmosphäre, der außenpolitischen Tatsachen mit sich gebracht?
Ich gestehe, daß eine gewisse Änderung im Klima stattgefunden hat. Man ist überhaupt ins Gespräch gekommen. Man soll dem durchaus Rechnung tragen. Aber wenn man sich auf die inneren Wandlungen verläßt, dann muß man auch sehr viel Geduld aufbringen, die vielen „Vielleicht" und die ferne Zukunft, die dahinterstehen, mit in Rechnung zu stellen.
Worin unterscheiden wir uns denn so wesentlich vom bolschewistischen Denken im politischen Bereich? Ich meine, vor allen Dingen darin, daß der Bolschewismus nach der Lehre des LeninismusMarxismus außenpolitisch wie auch innenpolitisch die Vorgänge gewissermaßen naturgesetzlich betrachtet. Die Ergebnisse, die Entwicklungen werden von ihm im Sinne eines Naturgesetzes begriffen, während die westliche Auffassung, die ja von der persönlichen Freiheit und von dem Unlogischen und den auf Grund der persönlichen Freiheit möglichen überraschenden Entscheidungen ausgeht, die Dinge als einen geistigen Prozeß ansieht, der viel Unvorhergesehenes bieten kann. Ich glaube, es wäre grundsätzlich falsch, in der Außenpolitik ein Verhalten an den Tag zu legen, das der sowjetrussischen, der bolschewistischen Theorie von dem naturgesetzlichen Eintreten und Ablauf von Ereignissen Rechnung tragen würde. Denn jede Tatsache im Westen, die Aufweichungserscheinungen erkennen läßt, jede Tatsache, die irgendwie zeigt, daß die Theorie von der Selbstzersetzung der kapitalistischen Staaten zutrifft, ermutigt und bestätigt ja eine Doktrin, auf der das ganze Denken der Bolschewisten aufgebaut ist, und wird damit den Gegner immer härter in seinem Verhalten und seinen Erwartungen machen.
Immerhin, heute steht es in den Zeitungen — Herr Kollege Feller und andere Redner haben schon auf das Ereignis hingewiesen —: in Posen haben sich Arbeiter erhoben, also Arbeiter erhoben
sich im Arbeiterparadies! Zeichen sind am Himmel.
Ich will sie nicht übertreiben; aber es scheint doch
so zu sein, daß sich hier ein Erdbeben ankündigt.
Es sind Dinge, die schon am 17. Juni einmal ausbrachen. Vielleicht sind diese Zeichen Vorboten von Entwicklungen, Vorboten, wie es etwa die Revolution von 1905 gewesen ist. Wir wissen es nicht, aber immerhin sollte uns das veranlassen, sehr fest zu bleiben in den Grundzielen unserer Anschauungen und unserer Politik.
Welches sind diese Grundziele? Drei Ziele sind es: Freiheit, Friede und die Wiederherstellung der Einheit unseres Staates, die Wiedervereinigung. Ich gebrauche das Wort „Wiedervereinigung" ungern. Es hat sich eingebürgert. Ich sage lieber: Wiederherstellung der Einheit des deutschen Staates. In „Wiedervereinigung" steckt schon irgendwie die Unterstellung, als gäbe es zwei deutsche Staaten; aber dieses Wort hat sich nun einmal eingebürgert.
In diesen drei Begriffen — Freiheit, Friede und Wiedervereinigung — liegt eine gewisse Rangfolge, die wir zu beachten haben. Denn wir können nicht um den Preis der Freiheit den Frieden erhalten und auch nicht umgekehrt. Wir können vor allen Dingen nicht glauben, um den Preis des Friedens und der Freiheit die Wiedervereinigung gewinnen zu können. Diese drei Dinge stehen in einem inneren Zusammenhang, und sie sind drei unverzichtbare Prinzipien.
Meine politischen Freunde haben mit Befriedigung Kenntnis genommen von der Vollständigkeit, dem Aufbau und der umfassenden Art der Erklärung des Herrn Außenministers. Die deutsche Frage ist zwar eine der wichtigsten Fragen der Außenpolitik überhaupt, aber sie ist natürlich nicht isoliert zu betrachten, sie ist auch nicht das einzige Thema der Außenpolitik.
Es darf mit Befriedigung festgestellt werden, daß es gelang, das Verhältnis zur freien Welt zu bereinigen, vor allem daß einer der Streitpunkte zwischen Deutschland und Frankreich durch die Luxemburger Vereinbarung beseitigt werden konnte. Wir hoffen, daß die Durchführung dieser Vereinbarung nicht zu neuen Streitigkeiten führen wird. Es ist in der deutschen Geschichte seit langem erstmalig, daß die Streitpunkte zwischen Deutschland und Frankreich so weit reduziert werden konnten. Damit ist ein Fundament gelegt für eine Einigung Europas, die notwendig ist, wenn wir überleben wollen.
Wir begrüßen vor allen Dingen auch die Erklärung, die hinsichtlich Asiens und Afrikas abgegeben worden ist. Gerade in diesen aus dem Kolonialismus gelösten Völkern können wir uns kulturell und wirtschaftlich gute und zuverlässige Freunde verschaffen, Freunde, die uns in unserem Schicksal aus ihrem Innern heraus irgendwie verstehen.
Das wichtigste und eines der schwierigsten Probleme der außenpolitischen Situation ist das Verhältnis zu den Staaten des Ostblocks. Auch hier haben wir zu unterscheiden zwischen der Sowjetunion und den osteuropäischen Satelliten, unter diesen wieder zwischen den Nachbarn Deutschlands und denjenigen Staaten Osteuropas, die nicht Nachbarn von uns sind und mit denen wir keine Interessenkonflikte unmittelbarer Art haben. Wiederum zu unterscheiden von den Staaten des Ostblocks ist dann der Komplex des Fernen Ostens,
Chinas und der anderen ostasiatischen Staaten, die unter dem Einfluß oder im Bündnis mit der Sowjetunion stehen.
Ein Wort zur Saarfrage. Die Entwicklung an der Saar beweist, daß nicht nur die Diplomatie der Regierungen eine Entwicklung außenpolitisch zu ermöglichen vermag, sondern daß dazu immer auch der Beitrag des Volkes kommen muß. Dieses Beispiel, daß es gelungen ist, die Entscheidung des Volkes zu verwirklichen und damit der ganzen Welt einen eindrucksvollen Beweis zu geben, wo der Standort der Saar ist, sollte uns auch eine Richtlinie für die politische Entwicklung sein, die sich in den anderen Fragen unserer nationalen Existenz andeutet.
Wir brauchen eine aktive Diplomatie, und wir haben nach der Erklärung des Herrn Außenministers durchaus den Eindruck, daß die Grundlagen für eine solche aktive Diplomatie, Zielsetzung und Methode gegeben sind. Aber eines muß auch gesagt werden. In Verhandlungen läßt sich bekanntlich ein einigermaßen beschlagener und erfahrener Diplomat nur dann ein, wenn ein annehmbares Ergebnis dieser Verhandlungen in Aussicht steht. Das ist ein Grundsatz, der meiner Ansicht nach beachtet werden sollte.
Lassen Sie mich Ihnen nun in kurzen Zügen die Vorstellung der Deutschen Partei über die gegenwärtige außenpolitische Lage zusammenfassend darstellen.
Wir müssen uns fragen: Worin hat die Sowjetunion ihre Taktik geändert? Was ist wirklich gegenüber der stalinistischen Außenpolitik Neues geschehen? Erstens, kann man feststellen, die Tatsache der Räumung von Porkkala; zweitens der österreichische Staatsvertrag; drittens die Aussöhnung mit Belgrad; des weiteren vielleicht auch gewisse Gesten, die auf eine Herabsetzung der Truppenstärken hindeuten, eine Frage, die problematisch ist; denn damit können auch ganz andere Zwecke, nämlich das Gewinnen von Arbeitskräften, verfolgt werden, und niemand kann beweisen, was nun wirklich dort geschehen ist.
Nicht geändert hat sich das sowjetrussische Verhalten in der Deutschlandfrage. Hier sind die Forderungen sogar verhärtet und gesteigert worden. Die Sowjetunion ist vom Bündnisverbot und von der absoluten Rüstungsbegrenzung für Deutschland offen dazu übergegangen, nun zu verlangen, daß mit Pankow verhandelt wird, daß Deutschland aus dem Westbündnis nicht nur militärisch, sondern auch politisch, wirtschaftlich und sozial ausscheidet. Sie verweigert freie Wahlen im Sinne des Eden-Planes. Sie verlangt ferner, daß die sogenannten Errungenschaften in der Zone privilegiert und nach Westen hin ausgedehnt werden; sie verlangt schließlich, daß den nicht sozialistischen oder kommunistischen Kräften, Parteien und Organisationen das Wahlrecht und die gesellschaftlich-wirtschaftliche Existenzgrundlage genommen wird.
Was kann man tun, um dieser Lage Rechnung zu tragen?
Die Politik des Zurückdrängens des Bolschewismus durch Stärke und Drohung wäre eine sehr wirklichkeitsfremde Politik; sie scheidet aus. Eine solche Vorstellung trägt ein Kriegsrisiko in sich, das niemand im Westen, vor allem niemand in Deutschland, auf sich zu nehmen bereit ist. Krieg und Gewalt überhaupt bedeuten Atomkrieg und Vernichtung beider Seiten. Der Krieg ist kein Mittel
der Politik mehr, sondern ihre Katastrophe. Die Rüstung hat heute nur noch die wichtige Funktion, das Gleichgewicht der Kräfte herzustellen und aufrechtzuerhalten und militärisch die Möglichkeiten der Gewalt, d. h. die Katastrophe eines Krieges, von vornherein zu neutralisieren.
Eine kleine Nebenbemerkung. Wenn wir in der NATO nicht genügend Landstreitkräfte stehen haben, dann besteht ständig die Gefahr, daß im Falle eines Konflikts gleich mit dem großen Prügel der Atomwaffe eingegriffen werden muß. Die Existenz von Landstreitkräften hat auch eine gewisse moralische Bedeutung; denn geschichtlich — das hat Ortega y Gasset einmal gesagt — ist es so, daß die großen Heere, die jeweils bestanden haben, weniger durch ihren Einsatz als durch ihre Existenz ihre Bedeutung gehabt haben, weil sich in ihnen auch in der Rüstung ausgedrückt hat, was ein Volk für seine Existenz zu geben und zu opfern innerlich bereit ist.
Eine Politik der Beschwichtigung ist gleichbedeutend mit einer Politik der Stabilisierung des Status quo. Sie kann vom deutschen Standpunkt aus nicht akzeptiert werden, weil sie die Ursachen der Spannung zwischen Ost und West nicht beseitigt, sondern vertieft. Auch eine Politik der kleinen Mittel, wie der Ausklammerung oder der Isolierung der deutschen Frage, und des Verliandelns um Modalitäten der Abrüstung bedeutet ein Kurieren am Symptom und nicht ein Sanieren der Ursachen. Eine solche Politik der kleinen Mittel verschweigt die wahren Spannungsgründe und verschleppt damit die Krisis bis zu einem Stadium der Unheilbarkeit, was für Deutschland Vernichtung der Nation bedeuten müßte.
Unsere Aufgabe und die Aufgabe der Zeit überhaupt — nicht nur die Aufgabe Deutschlands — ist es, eine wirkliche Entspannungspolitik zu treiben, die die Ursachen der Spannung beseitigt. Das heißt, wenigstens in Mitteleuropa muß es zu einer Bereinigung und Neuordnung kommen. Es ist zu prüfen, welche Zugeständnisse dazu von beiden Seiten gemacht werden können und gemacht werden müssen, um den Spannungsherd zu sanieren. Diese Politik kann nicht aus der Autonomie der deutschen Position heraus geführt werden; sie kann nur eine Politik der Kooperation und der Koordination mit unseren Bündnispartnern sein. Es liegt im deutschen Interesse, daß das Verhandlungs-Njet der Sowjets gebrochen wird oder klargestellt wird, daß es unter den gegebenen Umständen nicht zu durchbrechen ist.
Die diplomatischen Beziehungen zu Moskau müssen also diesen Inhalt bekommen, d. h. immer wieder Klarstellungen bezüglich der russischen Position zu erzielen, und zugleich auch eine Klarstellung der Grenzen ergeben, inwieweit eine konstruktive Kompromißmöglichkeit gegeben ist, ohne — das möchte ich sehr stark betonen — die deutsche Freiheit und ihre Sicherung durch die freie Welt preiszugeben oder zu gefährden. Ferner muß das Verhältnis zu unseren unmittelbaren östlichen Nachbarn bereinigt werden. Voraussetzung einer solchen Bereinigung ist das Zugeständnis auch dieser Staaten, die Anerkennung des Anspruchs des deutschen Volkes, seine staatliche Einheit wieder zu gewinnen, und zweitens die Bereitschaft, über die Gebietsfragen, die als Konfliktsstoff zwischen Deutschland und diesen Staaten bestehen, friedliche
Verhandlungen zu ermöglichen. Diese beiden Vorbehalte sind die Grundlage einer Bereinigung unseres Verhältnisses auch nach drüben hin.
Wir haben also mit Moskau eine pragmatische Koexistenz einzuleiten und mit den benachbarten Ostblockstaaten über eine Bereinigung unserer Nachbarschaftsbeziehungen auf der Grundlage des Friedenswillens zu verhandeln, nicht nur wir, sondern das Ganze — damit ich nicht mißverstanden werde — in einer koordinierten Kooperation mit unseren Bündnispartnern. Dabei müssen wir, d. h. in diesem Falle noch die Bundesrepublik, sowohl gegenüber Moskau als auch gegenüber den benachbarten Ostblockstaaten von vornherein eindeutig klarstellen, daß wir nicht zu verhandeln bereit sind auf Kosten unserer Sicherheit und unserer Freiheit. Wenn man also von uns fordern sollte, daß Voraussetzung von Verhandlungen ein Bruch der Pariser Verträge ist, müßten wir ein solches Ansinnen zurückweisen. Die Regierung der Bundesrepublik ist verpflichtet, dem Ostblock wie auch dem Westen absolut klarzumachen, daß es in Deutschland keine Elemente gibt, die, unter welchen Voraussetzungen auch immer, bereit wären, ein Wirtschafts- und Sozialsystem anzunehmen, das Deutschland dem bolschewistischen Osten angleichen oder eingliedern würde.
Unter dieser Voraussetzung allein sind wir bereit, unsere Existenz auch nach dem Osten hin zu bereinigen, wie wir unsere Existenz im Verhältnis zum Westen hin bereinigt haben. Wir müssen eindeutig klarmachen, daß die allein mögliche Politik der Entspannung nur auf dem Prinzip der deutschen Einheit in Freiheit beruhen kann, für deren Herbeiführung wir jede Geduld und jedes Opfer aufzubringen bereit sind, das von uns nicht die Preisgabe der freiheitlichen Lebensordnung, der gewonnenen Verbindungen mit der freien Welt, der Freiheit zum Meere, des Zugangs zu den Rohstoffen über See und des kulturellen, wirtschaftlichen und personellen Austausches mit der atlantischen Gemeinschaft verlangt. Dieses Stück Freiheit, das wir gewonnen haben, darf niemals aufgegeben werden;
denn davon lebt dieses 70-Millionen-Volk auf engem Raum, und das zu behalten ist wichtig, äußerst wichtig.
Ferner darf auch nicht die Entwicklung der Welt in der atlantischen und europäischen Gemeinschaft preisgegeben werden; denn hier geht es um prinzipielle Ziele, die in ihrer Substanz und in der Realität die Freiheit sichern und einen dauerhaften Frieden ermöglichen.
Noch einige Worte zur deutschen Frage. Wir haben hier den internationalen und den nationalen Aspekt zu unterscheiden. Die deutsche Frage ist ein Problem — das kommt schon in den Kommuniqués der Genfer Konferenz zum Ausdruck —, das einerseits in die Frage der internationalen Regelung unter den Vier Mächten und zum andern in die nationale Frage der Wiedervereinigung mündet. Was heißt das aber: die Wiederherstellung der staatlichen Einheit? Wir wollen da doch Realisten sein. Die Wiederherstellung der staatlichen Einheit bedeutet, daß unsere 17 Millionen Deutschen von einem kommunistischen Regime befreit werden. Das wollen Sie doch.
Die deutsche Frage als internationales Problem hat eine reale Grundlage in der Verpflichtung der Vier Mächte, die staatliche Einheit unseres Volkes
I wiederherzustellen. Die zweite reale Grundlage ist die Unterstützung durch unsere westlichen Bündnispartner auf diesem Gebiet.
Ich sprach davon, daß die Ursachen der Spannungen beseitigt werden müßten, daß man nicht allein am Symptom kurieren könne. Das bedeutet, daß in der Systematik des Denkens vielleicht von all denen, die einen internationalen und einen Sicherheitsstatus Deutschlands vorweg erdenken und erdichten wollen, um damit einen Gesprächsgegenstand zu haben. ein gedanklicher Fehler gemacht wird. Das Sicherheitssystem und die Wandlung der Verträge, der Bündnisblöcke, die sich gegenwärtig in dieser Lage gebildet haben, hängen davon ab, daß von der Sowjetunion in zwei Fragen klare Zugeständnisse gemacht werden: einmal das Zugeständnis einer Lösung der deutschen Frage, die Wiederherstellung unseres Staates in Freiheit, und zum andern eine kontrollierte Abrüstung. Wenn diese beiden Zugeständnisse vorweg im Prinzip gemacht werden, dann ergibt sich ganz von selbst die Wandlung des gesamten Staatensystems und die Lösung der damit verknüpften Fragen. Denn in dem Augenblick sind die Spannungsursachen beseitigt, und mit der Beseitigung der Spannungsursachen ergibt sich von selbst ein neues Staatensystem, ergeben sich neue Formen der Beziehungen. Aus der Beseitigung der Ursachen der Spannung in der deutschen Frage und in der Abrüstungsfrage wird sich ein ganz anderer Geist und eine ganz andere Realität des kommenden Sicherheitsvertrages ergeben.
Ich glaube, die Neuordnung Mitteleuropas ist ein Schlüssel, um diesen großen Fragenkomplex der europäischen Sicherheit zu bereinigen. osterreich war zweifellos ein Anfang. Dazu gehört aber auch die Verständigung mit unserem polnischen Nachbarn und die Verständigung mit der Tschechoslowakei auf der Grundlage und mit dem Ziel der Befriedung, damit ein reales Sicherheitsgefühl nicht nur in Deutschland, sondern in Mitteleuropa und damit in ganz Europa entsteht. Mit den anderen Ostblockstaaten Ungarn und Rumänien haben wir keine unmittelbaren Interessengegensätze.
Ich unterstreiche vollinhaltlich, was Baron Manteuffel-Szoege hinsichtlich der prinzipiellen Bedeutung der Einstellung der Vertriebenen gesagt hat, und kann mir den Inhalt seiner Ausführungen auf diesem Gebiet zu eigen machen.
Was hat nun die sozialdemokratische Opposition gegenüber dieser Vorstellung konkret anzubieten? Was sagt sie? Worin liegt ihr anderes Konzept der Außenpolitik? Einmal sagt sie — soweit es die Behandlung der deutschen Frage auf der internationalen Ebene angeht —, sie sei bereit, zur Lösung der deutschen Frage militärische Zugeständnisse zu machen. Gut, das ist eine klare Aussage. Auf dem Gebiet des nationalen, also des innerdeutschen Bereichs ist die sozialdemokratische Opposition uns in der Frage der Wiedervereinigung bisher ein klares Konzept schuldig geblieben. Will sie Zugeständnisse machen — das ist die Gretchenfrage — im Bereich des Gesellschaftsgefüges, will sie Zugeständnisse machen im Bereich des sozialen, des wirtschaftlichen Gefüges? Diese Gretchenfrage muß eines Tages klar beantwortet werden.
— Ich habe es gelesen. Sie haben sich aber doch
nicht so deutlich ausgedrückt. Die Gretchenfrage
lautet: Wollen Sie Zugeständnisse machen im Hinblick auf die sogenannten Errungenschaften der Zone drüben oder nicht?
— Entschuldigen Sie, meine Damen und Herren, ich pflege mit dem Kollegen Mellies, wenn wir uns sonst treffen und wenn ich nicht auf der Tribüne stehe, an sich höflicher zu verkehren. Ich möchte es der langen Sitzung zuschreiben, daß er hier die ihm sonst gemäße gute Form verletzt hat.
Also Schwamm drüber!
Wir stehen in der Gefahr — die „Times" hat es sehr deutlich ausgedrückt —, das Westbündnis zu verlieren und die Wiedervereinigung nicht zu erlangen. Wenn wir das Westbündnis verlieren, verlieren wir unsere Freiheit, und wenn wir die Wiedervereinigung nicht erlangen, dann verlieren wir die deutsche Nation. Beides — nationale Freiheit und nationale Einheit — muß erreicht werden; beides muß für die Dauer gesichert werden.
— Das soll „deutschnationale Propaganda" sein? Mein lieber Herr, da war wohl doch eine ganz andere Zeit. Damals, als man noch deutschnationale Propaganda machen konnte, war leichter Politik zu machen, als jetzt! Unsere Probleme sind härter, viel schwieriger geworden. Sie haben offenbar davon noch keine Notiz genommen, daß sich die Welt seitdem ein gutes Stückchen gedreht hat.
Sie wollen es nur noch nicht einsehen. Das geht sogar aus Ihrer Programmatik hervor.
Man hat gesagt — ich glaube, es war der Kollege Dehler —, die Wiedervereinigung sei ferner denn je, und er hat dabei erkennen lassen — das ungefähr sagte Kollege Dehler —: durch die Politik, die getrieben worden sei, sei die Wiedervereinigung Deutschlands erschwert worden. Es ist nicht ganz klar, was Herr Dehler gemeint hat: durch unsere Politik, die wir getrieben haben, oder durch die Politik, die der Westen getrieben hat, oder durch die Politik, die der Westen und wir zusammen getrieben haben? Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man so etwas sagt — darauf muß ich den Herrn Kollegen Dehler leider hinweisen —, dann ist das nichts anderes, als wenn man sagt: der Ermordete und nicht der Mörder ist schuld.
— Ja, doch; der Konservative muß so sprechen.
Wir haben die deutsche Frage — das ist doch der Sinn unserer Außenpolitik gewesen — in das Bewußtsein der Welt gerückt, und damit ist viel erreicht worden.
Vor drei, vier Jahren war die deutsche Frage noch nicht in das Bewußtsein der Welt gerückt. Gerade heute ist ein neues Moment aufgetreten. Ich meine die Erklärung von Herrn Dulles , daß das Verhalten der Sowjetunion in Fragen der deutschen Wiedervereinigung auch von der amerikanischen Politik zum Prüfstein für die Verständigungsbereitschaft der Sowjetunion genommen werde. Ich nenne
das die „Dulles-Doktrin". Das ist ein ganz bedeutender Schritt nach vorn in dem Erreichen der möglichen Ziele unserer Politik. Warum? Letztlich geht es doch bei der Frage der Entspannung zwischen Ost und West um das Gespräch, das zwischen Washington und Moskau geführt wird, und wenn bei diesem Gespräch unser nationales und europäisches Anliegen einen solchen Platz bekommen hat, dann ist damit eine wirklich dynamische Kraft in die künftige Entwicklung eingeführt worden, die wir sehr hoch zu werten haben.
Wir dürfen unter diesem Aspekt uns nicht dazu verleiten lassen, isolierte zweiseitige Verhandlungen mit der Sowjetunion zu führen. Das bedeutet natürlich nicht, daß wir uns nicht jeweils über die jeweilige Lage in Moskau durch unseren Botschafter Klarheit verschaffen. Schließlich gibt es ja auch dort in dem Verhältnis unseres Botschafters zu den drei westlichen Botschaftern — das übrigens ausgezeichnet ist — viele Möglichkeiten der Konsultation und der Koordination.
Ich möchte mit aller Deutlichkeit, um jedem Mißverständnis entgegenzutreten, sagen: wir wollen keine Verhandlungen mit Pankow. Wir müssen auf diesem Gebiet alles vermeiden, was die staatliche Teilung Deutschlands de facto und de jure vertieft. Pankow muß weg. Pankow, dieses System da drüben, ist nichts anderes als eine Mischung von kommunistischen und nationalsozialistischen Vorstellungen, das Ganze russisch gefärbt, und im übrigen spricht man drüben sächsisch.
Diese Zerreißung der menschlichen Beziehungen nach drüben — und das hat gerade jetzt die Synode in Berlin ergeben — ist für uns alle unerträglich, unerträglich im Moralischen, Sittlichen und Materiellen. Bis in das einzelne menschliche Leben hinein reicht diese Qual unserer Existenz in der Teilung.
Die Wiederherstellung der staatlichen Einheit hat im innerdeutschen Bereich eine sehr reale Grundlage, eine Mitte, von der wir auszugehen haben: nämlich das Einheitsbewußtsein unseres Volkes. Dieses Einheitsbewußtsein müssen wir erhalten. Eine Politik der menschlichen Kontakte ist notwendig. Hier ist das Äußerste zu erreichen, und da soll man auch nicht zu ängstlich sein. Man soll — da gebe ich Herrn Kollegen Feller völlig recht — Selbstsicherheit haben und auch ruhig das Gespräch suchen. Nur so kommen wir ja weiter.
Es ist auch nötig, eines Tages — und wir sollten darüber nachdenken, wie das möglich ist — als Vorstufe zur Reintegration ganz Deutschlands einen Gesprächspartner drüben zu finden, mit dem wir uns unterhalten können, ohne damit das Regime zu legitimieren, ohne damit dem deutschen Widerstand in den Rücken zu fallen.
— Ja, ja, genau das! Ich will Sie gar nicht mißverstehen. Hier muß ein gewisser Fortschritt erzielt werden, darüber muß nachgedacht werden. Es gibt unabhängige Leute. Aber in den Formen, in denen dieses Gespräch zu suchen ist, muß Vorsicht geübt werden; denn jeder Schritt, der irgendwie in das Bewußtsein der Welt die Existenz von zwei deutschen Staaten bringt, muß peinlichst vermieden werden.
Vor allen Dingen ist eins notwendig: der ewige Mißbrauch der Frage der Wiedervereinigung im
Bereich der inneren Politik muß überwunden werden. Genauso wie die Saarfrage mißbraucht worden ist — jetzt, am 1. Januar, kehren Volk und Gebiet an der Saar zu uns zurück —,
genauso besteht die Gefahr, daß wir durch das ständige Sich-gegenseitig-Überbieten im Wiedervereinigungswillen unter den Parteien die Position Deutschlands und die realen Möglichkeiten, die gegeben sind, durch eine Politik der falschen Parteikonkurrenz und der gegenseitigen Verdächtigung schwächen.
Indem diese Frage bis in die Kommunalwahlen hinein zum Hauptwahlschlager gemacht wird, zerstören wir unsere Position. Es wäre ein großer Segen für das deutsche Volk, wenn es uns gelänge, über diesen Mißbrauch hinwegzukommen und eine wirkliche Zusammenarbeit aller Parteien auf diesem Gebiet zu gewinnen. Über Einzelheiten kann man sich streiten. Da gibt es Meinungsverschiedenheiten, die man austragen und ausdiskutieren kann. Dafür ist eine parlamentarische Demokratie da. Aber in dem Grundsätzlichen legen wir Wert auf absolute Klarstellung. Da kann es keinen Brückenbau und Verwischungen geben, und die Aufrichtigkeit unseres Denkens gebietet es, unsere Standorte ohne Hinterhalt zu beziehen.
— Ich glaube, ich habe noch niemals von diesem Platz aus und auch in meinem übrigen politischen Verhalten persönliche Verdächtigungen und Unterstellungen ausgesprochen.
— Lieber Herr Kollege Mellies, ich habe nicht die Absicht, gegen meine eigene Gesinnung zu handeln, wem gegenüber es auch sei. In diesen Fragen sind sachliche Klarstellungen notwendig, und ich will gewisse Gretchenfragen stellen
— ja, das sind Gretchenfragen —, die man beantworten muß. Darin steckt keine Verdächtigung. Ich habe schon einmal von hier aus gesagt: es gibt in Deutschland kein demokratisches Element, das grundsätzliche und grundlegende Rechte und Positionen der Freiheit aufgeben will.
— Meine Frage ist dahingehend zu verstehen — ich antworte Ihnen offen darauf —: Sie haben in Ihrer Programmatik im Formalen oft Zielsetzungen, die in der Struktur denen drüben ähneln, obwohl ein völlig anderer Geist die Sache beherrscht. Ich befürchte — das sage ich Ihnen offen —, daß jede Verständigungsbereitschaft, jede Verwischung hinsichtlich der sozialen und wirtschaftlichen Struktur von Westen nach Osten hin, wenn man auf diesem Gebiet Zugeständnisse machen will, bewirkt, daß damit das totalitäre Gift sich auch in unsere Gesellschaftsordnung einschleicht.
Das ist ein sachlicher Gegensatz in der Methode der Politik. Ich sage es noch einmal ganz deutlich und offen, — —
— Nein, ich verdächtige Sie nicht, Herr Kollege Mellies; verstehen Sie es doch! Es ist doch etwas völlig anderes, ob ich eine Form im freiheitlichen Sozialismus habe oder im Kommunismus.
Aber ich befürchte, daß ein Brückenbau auf diesem Gebiet das Gift von drüben hereinkommen läßt. Das ist doch das Problem.
Ich habe noch folgendes zu sagen. Wir haben die Europapolitik. Sie soll nicht durch unsere anderen sehr tiefen Sorgen überschattet werden. Wir haben auch da absolut am Ziel festzuhalten. Die Europapolitik wird jetzt oft diffamiert, als sei sie nicht mehr aktuell, als sei sie schwach geworden. Nein, im Gegenteil! Sie kommt praktisch im Gemeinsamen Markt und im Euratom ihrer Verwirklichung näher. Man denkt jetzt realistischer über diese Fragen. An dem Grundziel, daß Freiheit und Frieden für alle nur in dieser europäischen Gemeinschaft zu bewahren und zu behalten sind, haben wir festzuhalten.
Ich komme damit zum Schluß. Ich erkenne die vier Punkte an, die Kollege Kiesinger als Fazit seiner Rede genannt hat. Ich darf um der Deutlichkeit willen namens der Deutschen Partei folgendes erklären. Die Deutsche Partei bejaht die bisherige Außenpolitik, im Bündnis mit den freien Westmächten die deutsche Freiheit zu sichern und im gleichen Bündnis der Sowjetunion klarzumachen, daß Frieden und Entspannung in Europa nur zu erreichen sind, wenn dem deutschen Volke die Möglichkeit gegeben wird, seine Verfassung politisch, wirtschaftlich und sozial ohne jede Beeinflussung von außen aus eigener freier Entscheidung zu bestimmen. Wir sind willens, alles zu tun und zu erfüllen, was den berechtigten Wünschen in West und Ost dient, diesen Zustand der Entspannung und Sicherheit herbeizuführen.
Wir sind aber nicht bereit, Opfer auf Kosten der Selbstbestimmung Deutschlands zu bringen. Entweder will der Osten den Frieden, dann muß er bereit sein, seine Verpflichtungen zur Wiederherstellung der Einheit unseres Staates zu erfüllen, und den Deutschen die Entscheidung nach eigenem Willen einräumen; oder aber er ist nicht dazu bereit, dann müssen wir warten und in ständiger Aktivität darum ringen, daß die Einsicht gewonnen wird. Ohne die Freiheit einer gesamtdeutschen unverfälschten Willensentscheidung wird es keine Sicherheit und keinen Frieden in der Welt geben.