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    2. Deutscher Bundestag - 153. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. Juni 1956 8267 153. Sitzung Bonn, Dienstag, den 26. Juni 1956. Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 8268 C Übertritt des Abg. Dr. Wellhausen von der Fraktion der DA zur Fraktion der CDU/ CSU 8268 C Mitteilung über Umbenennung der Fraktion der Demokratischen Arbeitsgemeinschaft in „Bundestagsfraktion der Freien Volkspartei (FVP)" 8268 C Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 253 und 255 (Drucksachen 2417, 2552; 2432, 2551) 8268 D Erklärungen vor Eintritt in die Tagesordnung betr. Auslegung der §§ 106 und 30 der Geschäftsordnung: Mellies (SPD) 8268 D, 8269 D Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 8269 B Rasner (CDU/CSU) 8269 C Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung vom 22. Juni 1956 (Zweites Konjunkturprogramm) in Verbindung mit der Fortsetzung der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Konjunkturpolitik (Drucksache 2408, Umdruck 679), mit der Fortsetzung der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Konjunkturpolitik (Drucksache 2409), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Preispolitik (Drucksache 2523), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung eines stetigen Wachstums der Gesamtwirtschaft (Drucksache 2428), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Industrieansiedlung in den Förderungsgebieten und zur Beseitigung der strukturellen Arbeitslosigkeit (Drucksache 2524) und mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betr. die Abzahlungsgeschäfte (Drucksache 2522) 8270 A, 8290 D Dr. Hellwig (CDU/CSU) 8270 B, 8277 A, C, 8278 B, 8280 D, 8281 A, 8282 D Kurlbaum (SPD) 8277 A, 8306 C Dr. Deist (SPD) . . 8277 C, 8278 B, 8291 A, 8305 D, 8306 A, 8309 A Schmidt (Hamburg) (SPD) 8280 D, 8282 D, 8308 C Dr. Elbrächter (DP) 8283 C Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft . . 8304 B, 8305 A, 8305 D, 8306 A, D, 8308 C, 8309 A Dr. Schöne (SPD) 8305 A Dr. Hoffmann (FDP) 8309 C Dr. Berg (FVP) 8312 C Margulies (FDP) 8314 C Ausschußüberweisungen 8315 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes, des Zolltarifs und des Mineralölsteuergesetzes (Zweites Zolländerungsgesetz) (Drucksache 2147); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksachen 2505, zu 2505) 8315 B Krammig (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) . 8318 A Beschlußfassung 8315 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Dritte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Dänemark) (Drucksache 2337); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2481) 8315 C Menke (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 8319 D Beschlußfassung 8315 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Vierte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Norwegen) (Drucksache 2338); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2482) 8315 D Menke (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 8320 A Beschlußfassung 8315 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Fünfte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Schweden) (Drucksache 2339); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2483) 8316 A Menke (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 8320 C Beschlußfassung 8316 A Nächste Sitzung 8316 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 8316 A Anlage 2: Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfragen der Fraktionen der SPD und der FDP betr. Konjunkturpolitik (Umdruck 679) 8317 A Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Entwurf des Zweiten Zolländerungsgesetzes (zu Drucksache 2505) . . . 8318 A Anlage 4: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen zum Entwurf eines Gesetzes über das Dritte Protokoll über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Dänemark) (Drucksache 2481) . . . 8319 D Anlage 5: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen zum Entwurf eines Gesetzes über das Vierte Protokoll über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Norwegen) (Drucksache 2482) . . . 8320 A Anlage 6: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen zum Entwurf eines Gesetzes über das Fünfte Protokoll über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Schweden) (Drucksache 2483) . . . 8320 C Die Sitzung wird um 15 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Albrecht (Hamburg) 26. 6. Dr. Baade 26. 6. Fürst von Bismarck 26. 6. Brandt (Berlin) 27. 6. Frau Brauksiepe 26. 6. Brese 26. 6. Brockmann (Rinkerode) 26. 6. Frau Dietz 30. 6. Dr. Dittrich 30. 6. Elsner 27. 6. Erler 28. 6. Even 26. 6. Fassbender 26. 6. Feldmann 30. 6. Frau Finselberger 26. 6. Gedat 30. 6. Gerns 30. 6. Dr. Gleissner (München) 26. 6. Dr. Greve 30. 6. Harnischfeger 26. 6. Frau Heise 5. 7. Dr. Horlacher 26. 6. Jacobi 27. 6. Jacobs 26. 6. Jahn (Frankfurt) 26. 6. Frau Dr. Jochmus 7. 7. Karpf 26. 6. Frau Kipp-Kaule 7. 7. Kühltau 26. 6. Kraft 2. 7. Lenz (Brühl) 26. 6. Lenz (Trossingen) 26. 6. Lücker (München) 30. 6. Lulay 30. 6. Marx 30. 6. Mayer (Birkenfeld) 23. 7. Meitmann 15. 7. Metzger 29. 6. Dr. Miessner 27. 6. Dr. Mocker 26. 6. Morgenthaler 7. 7. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 30. 6. Oetzel 26. 6. Onnen 26. 6. Paul 27. 6. Peters 15. 7. Frau Praetorius 26. 6. Dr. Preller 26. 6. Rademacher 26. 6. Rehs 26. 6. Dr. Reif 30. 6. Rümmele 26. 6. Scheppmann 26. 6. Schmitt (Vockenhausen) 28. 6. Schmücker 26. 6. Schneider (Hamburg) 26. 6. Dr. Schneider (Lollar) 30. 6. Frau Dr. Schwarzhaupt 26. 6. Dr. Seffrin 30. 6. Srock 26. 6. Dr. Stammberger 26. 6. Dr. Starke 31. 7. Stauch 27. 6. Stiller 27. 6. Sträter 30. 6. Dr. Wellhausen 26. 6. Dr. Welskop 26. 6. Frau Welter (Aachen) 26. 6. Ziegler 26. 6. b) Urlaubsanträge Dr. Becker (Hersfeld) 17. 7. Blachstein 7. 7. Dr. Köhler 7. 7. Anlage 2 Umdruck 679 (Vgl. S. 8315 A) Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfragen der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP betreffend Konjunkturpolitik (Drucksachen 2408, 2409). Der Bundestag wolle beschließen: Das wachsende Mißverhältnis von Angebot und Nachfrage in weiten Teilen der deutschen Wirtschaft hat zu Spannungserscheinungen geführt, die sich insbesondere in steigenden Preisen auswirken. Da die Bundesregierung bis heute weder dem Bundestag entsprechende Vorlagen unterbreitet noch selbst die notwendigen Maßnahmen ergriffen hat, ergeben sich ernste Gefahren für eine gesunde wirtschaftliche Fortentwicklung bei hoher Beschäftigung und stabilen Preisen. Der Bundestag ist der Auffassung, daß die drohenden Gefahren auch heute noch mit wirtschafts-, steuer-, finanz- und kreditpolitischen Maßnahmen der leichten Hand bekämpft werden können. Eine nicht rechtzeitige Anwendung solcher Mittel muß jedoch dazu führen, daß sehr bald gröbere und drastischere Eingriffe notwendig werden. Der Bundestag lenkt daher die Aufmerksamkeit der Bundesregierung auf folgende Fragen: I. Preisentwicklung Die Preisentwicklung der letzten Zeit, insbesondere die Steigerung der Lebenshaltungskosten, führt zu einer langsamen aber stetigen Aushöhlung der Kaufkraft. Das zentrale Problem der deutschen Wirtschaftspolitik ist daher die Sicherung eines stabilen Preisniveaus. Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um a) Zollbelastungen, Einfuhrbeschränkungen und sonstige Einfuhrhemmungen so weit zu beseitigen, daß in knappen Waren ein größeres Angebot und ein Druck auf überhöhte Preise erreicht wird; b) eine Preissenkung für Verbrauchsgüter durch Verbrauchsteuersenkungen herbeizuführen; c) eine Erhöhung aller der Preise zu verhindern, die durch Gesetz, Verordnung oder Verwaltungspraxis festgelegt oder beeinflußt werden; d) für preisgebundene Markenartikel und sonstige Waren, deren Preise weitgehend einseitig durch marktbeherrschende Unternehmungen bzw. Unternehmensgruppen festgesetzt werden, mögliche Preissenkungen herbeizuführen und ungerechtfertigte Preiserhöhungen auszuschließen; e) eine Bestrafung aller derer zu ermöglichen, die vorsätzlich unter Ausnutzung der Marktlage unangemessene Preise fordern. II. Investitionen und Kapitalmarkt Die Investitionsrate ist unverhältnismäßig hoch. Sie hat zur Folge, daß durch die Investitionsausgaben eine sehr hohe Nachfrage hervorgerufen wird, während die durch die Investitionen erstrebte Gütererzeugung erst später auf den Markt kommt. Es sind daher Maßnahmen erforderlich, um die große Kapitalbildung der deutschen Wirtschaft dort zu verwenden, wo durch Rationalisierung eine schnelle Steigerung der Produktion dringend benötigter Güter möglich ist. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, ein Programm zur Ordnung des Kapitalaufkommens und der Kapitalverwendung vorzulegen, das insbesondere folgende Forderungen berücksichtigt: a) Beschränkung der degressiven Abschreibung auf die Fälle, in denen durch Rationalisierung eine schnelle Steigerung der Erzeugung in dringend benötigten Gütern erzielt werden kann; b) einheitlicher Einsatz aller öffentlichen Mittel des Bundes, der Länder und der Gemeinden, der sonstigen Fonds, wie ERP-Mittel, der Bürgschaften und anderer Finanzierungshilfen sowie der zentral gesteuerten Mittel mit der unter a) angegebenen Zielsetzung; c) Überprüfung aller öffentlichen Baumaßnahmen auf ihre Dringlichkeit; d) angemessene Kapitalversorgung der Notstandsgebiete sowie der Wirtschaftszweige und Unternehmungen, die bei der herrschenden Kapitalmarktlage selbst dringend benötigte Kredite zu Rationalisierungsmaßnahmen nicht erhalten können und im Hinblick auf ihre Ertragslage zur Selbstfinanzierung nicht in der Lage sind; e) wirksame steuerliche Begünstigung aller Formen des Sparens, auch des Investment-Sparens; f) Regelung des Teilzahlungsgeschäftes nach konjunkturpolitischen Gesichtspunkten. III. Rüstungswirtschaft Die schwersten Gefahren für eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung drohen durch die Aufrüstung. Die Grundsatzbeschlüsse des Verteidigungsausschusses und des Haushaltsausschusses über die Einleitung von Rüstungsprogrammen führen bereits jetzt zu umfangreichen und unproduktiven Investitionen, die durch Kredite finanziert werden und die Spannungserscheinungen in der Investitionsgüterindustrie und in der Bauwirtschaft sehr verschärfen. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, a) in einer Denkschrift das Material vorzulegen, auf das sie ihre Überzeugung stützt, daß ohne eine Beeinträchtigung der dringend notwendigen und überfälligen Sozialreformen, der geplanten Steuersenkungen sowie ohne Gefährdung einer gesunden Weiterentwicklung der Wirtschaft zusätzlich das vorgesehene Rüstungsvolumen getragen werden kann; b) bereits in Angriff genommene Rüstungsvorhaben, die nach den zu a) angegebenen Gesichtspunkten nicht mehr vertretbar sind, einzustellen; c) die Durchführung von Grundsatzbeschlüssen für Rüstungsvorhaben, die eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere in der Investitionsgüterindustrie und Bauwirtschaft, gefährden, zurückzustellen. IV. Einheitliche Wirtschaftspolitik Die Bundesregierung verfügt weder über eine ausreichend genaue Kenntnis der volkswirtschaftlichen Gesamtzusammenhänge, noch ist sie bisher in der Lage gewesen, wenigstens verwaltungsmäßig eine Koordinierung aller wirtschaftspolitischen Maßnahmen im weitesten Sinne zu gewährleisten. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, a) alle Vorkehrungen auf dem Gebiet der Statistik zu treffen, die die baldige Erstellung einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ermöglichen; b) alle organisatorischen Maßnahmen zu beschließen, die erforderlich sind, um eine ständige und regelmäßige Zusammenarbeit der für die Wirtschaftspolitik zuständigen Bundesminister und der Bank deutscher Länder, eine verwaltungsmäßige Koordinierung aller wirtschaftspolitischen Maßnahmen und die beschleunigte Entwicklung einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und eines Nationalbudgets sicherzustellen. Bonn, den 20. Juni 1956 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 zu Drucksache 2505 (Vgl. S. 8315 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes, des Zolltarifs und des Mineralölsteuergesetzes (Zweites Zolländerungsgesetz) (Drucksachen 2505, 2147). Berichterstatter: Abgeordneter Krammig I. Gegen eine umfassende Anpassung des Zollgesetzes vom 20. März 1939 (RGBl. I S. 529) an die veränderten staatsrechtlichen und politischen Verhältnisse sprechen auch heute noch die gleichen Gründe, wie sie bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes und der Verbrauchsteuergesetze vom 23. Mai 1952 (BGBl. I S. 317) galten. Der Entwurf beschränkt sich daher auf die dringend notwendig gewordenen Änderungen. Sie sollen internationalen Abmachungen, den veränderten Verhältnissen in den Freihäfen nach dem Kriege, der notwendig gewordenen Erweiterung des zollrechtlichen Begriffes der Zollveredelung und der inzwischen eingetretenen Zollfreiheit für Schiffe durch Erweiterung der Zollbefreiung für Schiffbaubedarf gerecht werden. Außerdem dehnen sie die Zollbefreiung für Mineralöl, das zum Betriebe seewärts ein- und ausgehender Schiffe verwendet wird, aus. Diese Änderungen sind in den Artikeln 1 und 2 des Entwurfs — Drucksache 2147 — enthalten. Die in Artikel 3 vorgesehene Änderung und Ergänzung des Mineralölsteuergesetzes folgen aus den Änderungen, die in den Artikeln 1 und 2 vorgeschlagen werden. II. Bei der Beratung des Entwurfs wurden aus der Mitte des Finanz- und Steuerausschusses zur Berichtigung und Ergänzung noch Anträge gestellt, die ihren Niederschlag in der Überschrift, dem Artikel 1 Nr. 2 a und 2 b, Nr. 5, Nr. 9 a, dem Artikel 1 a, dem Artikel 2 Nr. 1 und 2 und dem Artikel 3 a fanden. Zur Überschrift Die Ersetzung des Wortes „Zolltarifs" durch „Zolltarifgesetzes" ist erforderlich, weil Artikel 1 a das Zolltarifgesetz vom 16. August 1951 (BGBl. I S. 527) ändert. Der Entwurf enthält zwar den Zolltarif ändernde Vorschriften (Artikel 2), trotzdem erübrigt sich die besondere Aufführung des Zolltarifs in der Überschrift, weil das Zolltarifgesetz begrifflich den Zolltarif als Anlage des Zolltarifgesetzes einschließt. Die Ersetzung des Wortes „Zweites" im Klammerzusatz durch „Drittes" beruht darauf, daß der Entwurf das Dritte Zolländerungsgesetz darstellt. Zu Artikel 1 Nr. 2 a und 2 b Mit dem Übergang vom spezifischen Zoll zum Wertzoll am 1. Oktober 1951 trat auch der neue Zolltarif in Kraft. Aus Zweckmäßigkeitsgründen wurden damals die Vorschriften über die Wertverzollung in das zur Einführung des neuen Zolltarifs erlassene Zolltarifgesetz vom 16. August 1951 aufgenommen, obwohl sie den Zolltarif unmittelbar nicht berühren. Bei der Einbringung des Zolltarifgesetzes lag der Wortlaut des Brüsseler Abkommens über den Zollwert noch nicht vor. Er konnte deshalb bei der Fassung der Gesetzesvorschriften nicht berücksichtigt werden. Dieses Brüsseler Abkommen ist durch das Gesetz über internationale Vereinbarungen auf dem Gebiete des Zollwesens vom 17. Dezember 1951 (BGBl. 1952 II S. 1) veröffentlicht worden und am 28. Juli 1953 in Kraft getreten (BGBl. II S. 256). Nach Artikel II des Abkommens sind die Mitgliedstaaten gehalten, die in der Anlage I zu dem Abkommen enthaltene Begriffsbestimmung in ihre Gesetzgebung zu übernehmen. Die zugelassenen Anpassungen an die innerstaatliche Gesetzgebung sind in Artikel IV des Abkommens besonders festgelegt. Die Neufassung der Bestimmungen über die Wertverzollung (Artikel 1 Nr. 2 a) trägt dem Brüsseler Abkommen Rechnung. Die Vorschriften werden gleichzeitig aus dem Zolltarifgesetz in das Zollgesetz übernommen, wohin sie ihrem Wesen nach gehören. Absatz 2 des neuen § 53 des Zollgesetzes (ZG) ist bisher in den §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 1 des Zolltarifgesetzes (ZTG) enthalten. Durch das Brüsseler Abkommen über den Zollwert ist die Bundesrepublik verpflichtet, als Zollwert den Normalpreis anzuwenden, wie er in der Anlage I zum Abkommen definiert ist. Der Wortlaut ist enger der französischen und englischen Fassung des Artikels I Abs. 1 der Brüsseler Begriffsbestimmung angepaßt worden. Absatz 3 des neuen § 53 ZG entspricht dem Wortlaut des Artikels I Abs. 2 der Brüsseler Begriffsbestimmung. Absatz 3 Nr. 1 ist in den bisherigen Vorschriften über die Wertverzollung im ZTG nicht enthalten. Die Bestimmung ist jedoch im Hinblick auf den Wortlaut der Brüsseler Begriffsbestimmung (Artikel I Abs. 2 Buchstabe a) zu übernehmen. Absatz 3 Nr. 2 tritt an die Stelle des bisherigen § 6 Abs. 3 ZTG. Absatz 3 Nr. 3 entspricht der bisherigen Bestimmung in § 9 Abs. 2 ZTG. Absatz 4 ersetzt den bisherigen § 6 Abs. 4 ZTG. Er ist dem Wortlaut des Artikels III der Brüsseler Begriffsbestimmung angepaßt worden. Der neue § 53 a ZG (Artikel 1 Nr. 2 b) tritt an die Stelle des bisherigen § 8 ZTG. (Krammig) Im neuen § 53 b ZG (Artikel 1 Nr. 2 b) sind die bisherigen Bestimmungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 und des § 7 ZTG über die Anerkennung des Rechnungspreises als Zollwert zusammengefaßt worden. Die Bestimmung entspricht dem Sinn der Anmerkung 5 zu Artikel I der Brüsseler Begriffsbestimmung. Diese Anmerkung empfiehlt den Mitgliedstaaten, soweit wie möglich den Rechnungspreis als Zollwert anzuerkennen, vorbehaltlich etwaiger Berichtigungen, die notwendig sind, um besondere Umstände zu berücksichtigen, die bei dem in Betracht kommenden Verkauf zum Begriff des Wertes in der Anlage I des Abkommens in Widerspruch stehen. Die weitgehende Anerkennung des Rechnungspreises als Zollwert setzt eine Toleranz hinsichtlich des maßgebenden Bewertungszeitpunktes voraus. Eine solche Toleranz ist nunmehr in § 53 b ZG vorgesehen. Die Möglichkeit, eine solche Toleranz zu gewähren, kommt zwar im Wortlaut der Anmerkung 5 zu Artikel I der Brüsseler Begriffsbestimmung nicht klar zum Ausdruck. Sie entspricht jedoch dem Sinn der Anmerkung 5. Diese Auffassung geht aus den Protokollen der Brüsseler Studiengruppe über den Entwurf der Anmerkung 5 hervor. Sie ist vom Brüsseler Zollwertausschuß, der nach Artikel VI des Abkommens die einheitliche Auslegung der Begriffsbestimmung und der erläuternden Anmerkungen sicherzustellen hat, ausdrücklich in dem Avis Nr. 22 bestätigt worden. Durch diese Toleranz wird weitgehend dem berechtigten Interesse der Importeure Rechnung getragen, für ihre Kalkulation die Eingangsabgaben im voraus mit einiger Sicherheit berechnen zu können. I Zu Artikel 1 Nr. 5 Der Ausdruck „Sonderbehörden" trifft nicht zu. Er wurde daher durch „Sonderorganisationen" ersetzt. Zu Artikel 1 Nr. 9 a Die neue Nummer 5 in § 109 Abs. 1 ZG entspricht der bisherigen Ermächtigung in Artikel V § 18 Nr. 2 ZTG, die zusammen mit den Vorschriften über die Wertverzollung (neue §§ 53 bis 53 b ZG) vom Zolltarifgesetz in das Zollgesetz übernommen werden soll. Zu Artikel 1 a Der Artikel II des Zolltarifgesetzes vom 16. August 1951 wird durch die Übernahme der Vorschriften über die Wertverzollung in das Zollgesetz (Artikel 1 Nr. 2 a und 2 b) überflüssig. Einige Vorschriften, die nicht in das Zollgesetz übernommen werden (z. B. § 12 — Durchschnittswerte), sind durch die Entwicklung der Verhältnisse überholt. Der Artikel II kann daher gestrichen werden. Die Ermächtigung des § 18 Nr. 2 ZTG, nähere Vorschriften über die Wertverzollung zu erlassen, ist in § 109 Abs. 1 neue Nr. 5 ZG (Artikel 1 Nr. 9 a) übernommen worden. Die Ermächtigung in § 18 Nr. 3 ZTG ist nicht mehr erforderlich, da Durchschnittswerte nach den zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht zulässig sind. In Artikel V ZTG ist daher die Streichung des § 18 notwendig geworden. Zu Artikel 2 Nr. 1 und 2 Im Sinne des Zollrechts gelten aus dem Zollgebiet in den Freihafen verbrachte Erzeugnisse als ausgeführt. Der Vergütungsanspruch kann daher nicht nur von der unmittelbaren Ausfuhr in das Zollausland abhängig gemacht werden. Er muß folgerichtig auch dann gegeben sein, wenn die vergütungsfähigen Erzeugnisse endgültig in den Freihafen verbracht werden. Dieser Konsequenz tragen die Ergänzungen Rechnung. Zu Artikel 3 a Aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dürfen Lieferungen von Gegenständen, die zu einem zugelassenen Bearbeitungs- oder Verarbeitungsverkehr abgefertigt oder im Rahmen eines solchen hergestellt oder bearbeitet oder verarbeitet und nach § 69 Abs. 1 Nr. 42 ZG (Artikel 1 Nr. 8) abgabenfrei eingeführt worden sind, nicht umsatzsteuerfrei bleiben. Artikel 3 a gibt hierfür die Rechtsgrundlage ab. Er stellt klar, daß solche Lieferungen als steuerbare Lieferungen im Sinne des § 1 Ziff. 1 des Umsatzsteuergesetzes gelten. III. Der Antrag, durch Einfügung einer Nr. 8 a in Artikel 1 den Bundesminister der Finanzen durch Anfügung eines neuen Satzes in § 101 Abs. 1 ZG zu ermächtigen, bei Zollsicherungsverkehren von dem Erfordernis des unmittelbaren Besitzes Ausnahmen zuzulassen oder an Stelle der Ergänzung das Wort „unmittelbar" in § 101 Abs. 1 ZG zu streichen, wurde vom Antragsteller zurückgezogen, nachdem die Erörterung im Ausschuß zu keiner Einigung mit den Vertretern der Bundesregierung führte. Es wurde in Aussicht genommen, den mit diesem Antrag verbundenen Fragenkomplex, der für die zollrechtliche Behandlung von Schwerölen zum unmittelbaren Verheizen — Heizöle — von besonderer Bedeutung ist, bei einer neuen Novellierung des Zollgesetzes zu regeln. IV. Der federführende Ausschuß stimmte in seiner 92. Sitzung am 6. Juni 1956 dem Entwurf auf Drucksache 2147 und den Änderungs- bzw. Ergänzungsanträgen einstimmig zu. Der mitberatende Ausschuß für Außenhandelsfragen, dem nur die Regierungsvorlage — Drucksache 2147 — zur Beratung vorlag, hieß den Entwurf in seiner 41. Sitzung am 7. Mai 1956 einstimmig gut. Bonn, den 18. Juni 1956 Krammig Berichterstatter Anlage 4 Drucksache 2481 (Vgl. S. 8315 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über das Dritte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Dänemark) (Drucksache 2337). Berichterstatter: Abgeordneter Menke (Menke) Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 6. Juni 1956 mit dem Entwurf eines Gesetzes über das Dritte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Dänemark — Drucksache 2337 — befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Gesetzentwurf zugestimmt. Bonn, den 6. Juni 1956 Menke Berichterstatter Anlage 5 Drucksache 2482 (Vgl. S. 8315 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über das Vierte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Norwegen) (Drucksache 2338). Berichterstatter: Abgeordneter Menke Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 6. Juni 1956 mit dem Entwurf eines Gesetzes über das Vierte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Norwegen) — Drucksache 2338 — befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Gesetzentwurf zugestimmt. Bonn, den 6. Juni 1956 Menke Berichterstatter Anlage 6 Drucksache 2483 (Vgl. S. 8316 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über das Fünfte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Schweden) (Drucksache 2339). Berichterstatter: Abgeordneter Menke Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 6. Juni 1956 mit dem Entwurf eines Gesetzes über das Fünfte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Schweden) — Drucksache 2339 — befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Gesetzentwurf zugestimmt. Bonn, den 6. Juni 1956 Menke Berichterstatter
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    Rede von Dr. Karl Hoffmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man in einer Aussprache zu so später Stunde zum Wort kommt, ist es manchmal nicht zu vermeiden, daß einige Wiederholungen eintreten. Ich glaube aber, daß der Herr Wirtschaftsminister dadurch, daß er in dieser Diskussion soeben noch einmal eingegriffen hat, diese Gefahr für mich auf ein Mindestmaß beschränkt hat.
    Ich muß für meine Freunde zunächst erklären, daß uns weder die Antwort der Bundesregierung auf die beiden Interpellationen noch die heutige Ergänzung der Antwort der Bundesregierung durch Herrn Minister Erhard befriedigen kann. Wir haben leider den Eindruck bzw. die Befürchtung, daß in der Bundesregierung eine einheitliche Konzeption in bezug auf die Konjunkturpolitik fehlt. Herr Dr. Deist hat die Vermutung geäußert, die Farblosigkeit der Regierungserklärung, ihre übermäßige Vorsicht sei wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß sich die Bundesregierung längst damit abgefunden habe, daß die Preisauftriebstendenz nicht aufzuhalten sei. Wenn das wirklich zuträfe, wäre es natürlich entmutigend. Ich glaube aber, daß diese übermäßige Vorsicht, diese Weichheit in der Formulierung der Regierungserklärung mehr darauf zurückzuführen ist, daß die verschiedenen Ressorts der Regierung über die konjunkturpolitischen Notwendigkeiten nicht einer Meinung sind.
    Diese Besorgnis über den Mangel einer einheitlichen Konzeption der Regierung ist nach meinem Gefühl durch den Diskussionsbeitrag des Herrn Bundeskanzlers am vorigen Freitag erheblich verstärkt worden. Der Bundeskanzler hat ganze Passagen seiner berühmt gewordenen Gürzenich-Rede vorgelesen und gegenüber der Notenbank die gleichen Vorwürfe erhoben, wie wir sie aus der Rede kannten. Es hat sich also nichts an seiner Stellungnahme geändert.
    Wir wissen, daß auf der anderen Seite die beiden zuständigen Ressortminister, die nach der Notenbankgesetzgebung befugt sind, regelmäßig an den Sitzungen des Zentralbankrates teilzunehmen, offenbar völlig anderer Meinung sind und daher diesen Maßnahmen nicht widerraten haben, was sie ja hätten tun können. Sie hätten nach der Notenbankgesetzgebung zumindest die Möglichkeit gehabt, das Inkrafttreten der Beschlüsse des Zentralbankrates zu verzögern, um eine Beratung innerhalb der Bundesregierung zu ermöglichen. Das ist nicht geschehen. Daraus muß gefolgert werden, daß die beiden Ressortminister diese Maßnahmen der Bank deutscher Länder für notwendig hielten. Das waren sie zweifellos, meine Damen und Herren.
    Es wäre, glaube ich, eine Unterschätzung der Einsicht der Persönlichkeiten, die die Bank deutscher Länder leiten, wenn man unterstellen wollte, daß sich die Herren nicht darüber im klaren gewesen sind, daß bei der heute gegebenen Situation ihre Maßnahmen nicht in allen Bereichen der deutschen Wirtschaft in gleicher Weise wirksam werden können. Das liegt einfach daran, daß wir es nicht mit einer normalen, gleichmäßig verlaufenden konjunkturellen Entwicklung zu tun haben, sondern daß überhitzten Bereichen der Wirtschaft andere Zweige — namentlich der konsumnahen


    (Dr. Hoffmann)

    Industrien — gegenüberstehen, in denen von einer Überhitzung nicht nur keine Rede sein kann, sondern wo noch erhebliche freie Kapazitäten vorhanden sind. Bei dieser Sachlage ist es selbstverständlich, daß die Maßnahmen der Notenbank nicht gleichmäßig wirken können. Aber wir glauben, daß die Notenbank in dieser Situation mit wesentlich milderen Eingriffen ausgekommen wäre, wenn es die Bundesregierung nicht so lange unterlassen hätte, mit wirksamen Maßnahmen zur Bekämpfung der Überhitzung der Konjunktur einzugreifen.
    Der Herr Bundeskanzler meint, diese Maßnahmen träfen nur „die Kleinen". Er hat von dem Fallbeil gesprochen, das nur die kleinen Betriebe treffen und die großen verschonen würde. Die Notenbank weist demgegenüber mit Recht darauf hin, daß man in diesem Zusammenhang überhaupt nicht zwischen großen, mittleren und kleineren Betrieben unterscheiden könne, da die Rentabilität nicht von der Größenordnung abhänge, sondern von der Zugehörigkeit zu den überhitzten Bereichen der Wirtschaft, oder den anderen, in der konjunkturellen Entwicklung zurückgebliebenen.
    Der Herr Bundeskanzler sagte, er habe geglaubt, damals im Gürzenich vor dem Bundesverband der Deutschen Industrie eigentlich eine gute Rede gehalten zu haben. Ich will hier im übrigen in eine Wertung dieser Rede gar nicht eintreten, möchte aber eines sagen: auf jeden Fall war diese Rede außerordentlich nützlich; denn wenn es noch eines Beweises für die absolute Notwendigkeit einer völlig unabhängigen Notenbank bedurft hätte, wäre er durch diese Rede erbracht worden.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Es gehört doch gewiß nicht sehr viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, wie der Herr Bundeskanzler auf jene Beschlüsse des Zentralbankrats reagiert haben würde, wenn er gegenüber der Notenbank weisungsberechtigt gewesen wäre.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich mich auch der hier wiederholt vertretenen Auffassung anschließen, daß es nun dringend wird, den Entwurf eines Bundesbankgesetzes vorzulegen, damit es von dem Hause noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden kann.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Sie kennen doch das so unbefriedigende Ergebnis der Beratung der im 1. Bundestag vorgelegten Entwürfe. Es lagen damals eine Regierungsvorlage und ein Initiativgesetzentwurf meiner Fraktion vor, und man ist wegen der Meinungsverschiedenheiten über die Zusammenarbeit zwischen Exekutive und Bundesnotenbank und wegen der Frage: einstufige oder zweistufige Lösung nicht zur Entscheidung gekommen. Beide Gesetzentwürfe sind am Ende der ersten Legislaturperiode unter den Tisch gefallen. Ich halte es für unbedingt notwendig, daß durch baldige Verabschiedung des Bundesbankgesetzes auch für die Zukunft die so unerläßliche Unabhängigkeit der Notenbank sichergestellt wird.
    Auch im Bereich der steuerlichen Maßnahmen ist festzustellen, daß leider die Übereinstimmung, wie wir sie wünschen müßten, innerhalb der Ressorts der Bundesregierung nicht vorhanden ist. Herr Bundeswirtschaftsminister Erhard hat bei jeder Gelegenheit die Meinung, die auch ich teile, vertreten, daß man eine Politik der knappen Kassenbestände der öffentlichen Hand führen müsse, daß man nicht mehr Steuern erheben dürfe, als zur Befriedigung der Staatsbedürfnisse unbedingt notwendig ist. Aber was ist praktisch geschehen? Inwieweit hat der Herr Bundesfinanzminister dieser richtigen Erkenntnis des Wirtschaftsressorts Rechnung getragen? Ich will nicht alles das wiederholen, was mein Freund Scheel schon bei der Begründung unserer Großen Anfrage vorgetragen hat. Die Thesaurierungspolitik, der sogenannte Juliusturm, beweist leider, daß sich der Herr Bundeswirtschaftsminister mit seiner wirtschaftspolitischen Auffassung innerhalb des Kabinetts nicht hat durchsetzen können.
    Und was ist aus den Vorlagen geworden, die seinerzeit bei der großen konjunkturpolitischen Aussprache des Bundestags im Oktober vorigen Jahres in Berlin als Anträge oder Initiativgesetzentwürfe an die Ausschüsse überwiesen wurden? Hier im Hause konnten diese Anregungen nicht wesentlich gefördert werden. In der CDU/CSU-Fraktion aber . hat man den sogenannten Kuchen-Ausschuß gebildet, und in diesem Kuchen-Ausschuß ist man zu bestimmten Vorschlägen gekommen. Ich finde, daß dieses Verfahren irgenwie symptomatisch ist für die Arbeit in diesem Hause in dieser Legislaturperiode. Es ist zu befürchten, daß wiederum dem Haus ein fix und fertiger Vorschlag unterbreitet wird, der aus diesem Kuchen-Ausschuß — einem Arbeitskreis der CDU — hervorgegangen ist, und daß das Haus dann kaum Gelegenheit haben wird, sich mit den Einzelvorschlägen auseinanderzusetzen. Ich vermute, es wird uns dann wieder so gehen wie bei dem Kindergeldgesetz. Man wird uns sagen: Das ist nun alles zu spät; wir haben unsere Konzeption, und wir lassen uns davon auch durch den besten Sachverstand nicht abbringen.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Ja, meine Damen und Herren von der CDU, wenn das so ist, dürfen Sie uns nicht übelnehmen, wenn wir der Meinung offen Ausdruck geben, daß der Kuchen, der aus dem Backofen dieses Ihres Kuchen-Ausschusses hervorgegangen ist, uns nicht sehr schmackhaft erscheint. Wir werden uns natürlich Mühe geben, dennoch unsere Konzeption nach Möglichkeit durchzusetzen. Ich möchte auf Einzelheiten hier nicht eingehen, weil uns noch eine Debatte über die Steuerreform bevorsteht, und mich darauf beschränken, noch einmal darauf hinzuweisen, daß kaum ein wirksameres Mittel zur Senkung des Preisniveaus denkbar ist als die von uns vorgeschlagene nahezu vollständige Beseitigung der Verbrauchsteuern. Herr Kollege Dr. Deist hat mit Recht darauf hingewiesen, wie außerordentlich wirkungsvoll es sein würde und welche günstigen psychologischen Wirkungen auch davon ausgehen würden, wenn man beispielsweise bei den mit Verbrauchsteuern und mit Finanzzöllen belasteten Genußmitteln zu fühlbaren Preissenkungen kommen könnte.
    Wir sind weiterhin der Meinung, daß die lineare Steuersenkung in dieser Situation geboten ist, und wir würden es sehr begrüßen, wenn sie mit einer Beseitigung des Notopfers Berlin gekoppelt werden könnte.
    Zu der Frage der degressiven Abschreibungen möchte ich Ihnen, Herr Kollege Dr. Deist, folgendes erwidern. Es unterliegt keinem Zweifel, daß


    (Dr. Hoffmann)

    man mit der Beseitigung der degressiven Abschreibungen mäßigend auf die Tendenz zu Investitionen einwirken könnte. Ich habe nur ein Bedenken: ich fürchte, wenn man in dem System der Abschreibungen von Jahr zu Jahr wechselt, wenn man die Kontinuität des Abschreibungssystems durchbricht, könnten Nachteile anderer Art entstehen. Aber ich bestreite nicht, daß eine Beschränkung der Möglichkeit degressiver Abschreibungen im Sinne einer Konjunkturdämpfung wirken könnte.
    Das Entscheidende scheint mir aber doch zu sein — und darauf haben wir von der Bundesregierung, obwohl sie heute wiederholt danach gefragt worden ist, keine eindeutige Antwort bekommen —: besteht nun wirklich Übereinstimmung darüber, daß die thesaurierten Kassenreserven, die in dem sogenannten Juliusturm angewachsen sind, unter gar keinen Umständen auf dem Inlandsmarkt Verwendung finden? Denn wenn d a s nicht gewährleistet ist, müßten wir mit Sicherheit mit weiterem Preisanstieg rechnen.

    (Vizepräsident Dr. Jaeger übernimmt den Vorsitz.)

    Leider ist diese wiederholt gestellte Frage von dem Herrn Bundeswirtschaftsminister auch eben in seinen letzten Ausführungen nicht eindeutig beantwortet worden. Einen Abbau des Juliusturms kann ich mir jedenfalls anders als in Verbindung mit der Einfuhr überhaupt nicht vorstellen, wenn nicht die Kaufkraft der Mark weiter geschwächt werden soll.
    Weiteren Investitionserhöhungen im öffentlichen Bereich kann wohl kaum wirkungsvoller als durch einen drastischen Abbau der Steuern begegnet werden. Es werden gelegentlich Befürchtungen geäußert, ein dadurch entstehender zusätzlicher Konsumstoß könne die Preisauftriebstendenz weiter stärken. Ich teile diese Bedenken nicht. Bei den wirtschaftlichen Unternehmungen ermöglicht die Steuersenkung den Abbau der zum Teil erheblichen Verschuldung, eine entsprechende Zinsersparung und auf diese Weise niedrigere Gestehungskosten, die Preissenkungen ermöglichen. Soweit es sich um Steuersenkungen zugunsten der Lohnempfänger handelt, die sich direkt auf den Konsum auswirken, so halte ich auch dies für unbedenklich; denn es haben heute im Laufe der Diskussion alle Redner darin übereingestimmt, daß in weiteren Bereichen der Konsumwirtschaft von einer Überhitzung der Konjunktur keine Rede sein kann und infolgedessen eine zusätzliche Nachfrage durchaus keinen Schaden verursachen würde. Ich halte es deshalb für völlig unbedenklich, wenn durch die Steuersenkung auch eine gewisse Steigerung der Konsumkraft eintritt.
    Lassen Sie mich noch ein Wort zu der Zollsenkung sagen, von der ich verstehen kann, daß sie für den Herrn Bundeswirtschaftsminister ein besonders unangenehmes Thema darstellt. Herr Professor Erhard weiß natürlich, daß man auf keine andere Weise besser das Preisniveau beeinflussen kann als durch eine gleichmäßige, eine lineare Zollsenkung, die die gesamte Einfuhr betrifft, eine lineare Zollsenkung, die auf die Einfuhr etwa die gleiche Wirkung ausüben würde wie eine Heraufsetzung des Wechselkurses der Mark, eine Maßnahme, die man aus anderen Gründen im Augenblick nicht glaubt verantworten zu können. Ich teile diese Bedenken. Aber im gleichen Sinne wie eine solche Veränderung des Wechselkurses würde eine lineare Zollsenkung einen Anreiz zur Einfuhrsteigerung bilden. Was aber ist aus diesem Plan geworden? Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat uns eben erklärt, daß er auch heute noch in seinem Innern, so ungefähr sagte er, eine lineare Zollsenkung von 30 bis 40% für das Richtige hielte. Es scheint mir nicht einmal so sehr darauf anzukommen, ob es 30 oder 40 % sind. Viel wichtiger ist es, daß diese Maßnahme die ganze Einfuhr gleichmäßig trifft.
    Wenn ich mir nun aber die Verordnung ansehe, der Sie, meine Damen und Herren, mit Mehrheit gegen unsere Stimmen am vorigen Freitag zugestimmt haben, was bleibt da übrig von dem ebenso logischen wie erfolgversprechenden Plan des Herrn Bundeswirtschaftsministers? Herr Professor Erhard müßte Tränen darüber vergießen, wenn er sich diese Vorlage, die nun als Vorschlag der Bundesregierung im Rahmen des konjunkturpolitischen Programms vorgelegt worden ist, ansieht und mit dem vergleicht, was er selbst gewollt hat. Die Verordnung, so wie sie nun aussieht, scheint mir völlig unter dem Motto zu stehen: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß!

    (Sehr richtig! bei der FDP und SPD.)

    Was nützt es uns denn, daß Orchideen billiger werden, so habe ich mir von unseren Außenhandelsexperten sagen lassen? Auch Hummern fallen unter die Senkung, aber alle wesentlichen Ernährungsgüter bleiben unberührt. Wenn wir dann bei der Wirkung auf die Einfuhr gewerblicher Erzeugnisse noch berücksichtigen, daß das ausländische Preisniveau auf vielen Gebieten viel zu hoch ist, als daß sich eine Zollsenkung überhaupt auswirken könnte, dann bleibt schließlich nur noch übrig, daß einige wenige Zweige der gewerblichen Konsumgüterindustrie davon betroffen werden, und zwar dann vermutlich diejenigen, denen es am wenigsten zugemutet werden kann, weil sie in der konjunkturellen Entwicklung zurückgeblieben sind. Es wurden in diesem Zusammenhang heute wiederholt die Textilindustrie und die Lederindustrie als Beispiele genannt. Das, meine Damen und Herren, ist doch wohl ziemlich sinnlos. Man kann eine solche Maßnahme, um einen Anreiz zur Steigerung der Einfuhr zu schaffen, der Gesamtheit der Wirtschaft zumuten. Aber einer Verordnung zuzustimmen, die den Zollsenkungsplan so durchlöchert, daß nur einige wenige Industrien übrigbleiben, die allein davon betroffen werden sollen, während von den übrigen überhaupt keine Opfer verlangt werden, dazu hätten wir uns besser nicht entschließen sollen. Wie ist es zu erklären, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister sich mit seinem wohlerzogenen Plan im Kabinett offenbar nicht hat durchsetzen können? Vermutlich doch deshalb, weil dieser Plan nicht vereinbar war mit den Richtlinien der Politik, die an anderer Stelle bestimmt werden.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun aber noch etwas sagen, was mir entscheidend zu sein scheint. Alle die Maßnahmen, die wir zur Stützung der Kaufkraft der Mark ins Auge fassen können, bleiben wirkungslos, wenn es uns nicht gelingt, zu erreichen, daß die öffentliche Hand sich als Auftraggeber anders verhält, als sie es bisher getan hat. In dieser Hinsicht habe ich dem Programm der Bundesregierung mit besonderer Spannung entgegengesehen, und ich muß sagen,


    (Dr. Hoffmann)

    daß ich hier am meisten enttäuscht worden bin. Das, was die Regierungserklärung zu diesem Problem sagt, ist das am wenigsten Befriedigende in der ganzen Regierungserklärung. Die Regierung kann sich auf diesem Gebiet offenbar nicht zu einer „Politik der Stärke" entschließen, sondern verlegt sich auf das Verhandeln, wobei nicht zu bestreiten ist, daß nach der augenblicklichen Verfassungslage die Möglichkeiten, auf die Länder und Gemeinden einzuwirken, sehr gering sind. Aber mit dem bloßen Verhandeln über eine Zurückhaltung in der Vergebung öffentlicher Aufträge und in weiteren Investitionen im öffentlichen Bereich wird man hier ganz gewiß keinen Schritt weiterkommen.
    Natürlich werden von den Bemühungen um eine Senkung der öffentlichen Investitionen gewisse Bereiche auszunehmen sein. An erster Stelle ist hier der soziale Wohnungsbau genannt worden. Ich glaube, es gibt niemanden in diesem Hause, der nicht der Meinung wäre, daß der Wohnungsbau bei einer Beschränkung der öffentlichen Investitionen ausgenommen werden muß. Aber wenn gleichzeitig ein Tabu verkündet wird für den gesamten Rüstungsbereich, dann ist das ganze konjunkturpolitische Programm der Bundesregierung von vornherein zum Scheitern verurteilt. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat uns vorhin erklärt, die Rüstungsaufträge hätten bisher ein viel zu geringes Ausmaß, um jetzt schon eine entscheidende Wirkung auf den Konjunkturablauf ausüben zu können. Dabei wird offenbar ein sehr wichtiger psychologischer Faktor völlig verkannt. Es ist doch nicht zu übersehen, daß heute schon ein großer Teil der Investitionen ausgesprochene Vorratsinvestitionen sind, Investitionen von Betrieben, die sich auf zu erwartende Rüstungsaufträge vorzubereiten wünschen. Wenn in dieser Phase der Vorbereitung schon die bloße Erwartung kommender Rüstungsaufträge zu einer Steigerung der Investitionen führt, dann ist mir völlig klar, welche bedrohliche Zunahme der öffentlichen Investitionen von dieser Seite her zu erwarten ist.
    Zum Schluß möchte ich noch etwas zu einer Frage sagen, die hier einige Male angeschnitten worden ist: Können wir es eigentlich verantworten, durch die Diskussion über die konjunkturpolitische Lage und die Verschlechterung der Kaufkraft der Mark den Eindruck zu erwecken, als ob wir es mit einer inflationistischen Entwicklung zu tun hätten? Das muß m. E. meines Erachtens unter allen Umständen vermieden werden. Ich stimme allen Kollegen, die vor mir gesprochen haben, darin zu, daß von einer inflationistischen Entwicklung gar nicht die Rede sein kann, weil sich die Kaufkraftverschlechterung auf dem Inlandsmarkt bisher in so engen Grenzen hält, daß der Wechselkurs gegenüber dem Ausland dadurch in keiner Weise berührt wird.
    Aber wir sollten auf der anderen Seite die Gefahr auch nicht bagatellisieren. Es darf nicht übersehen werden, daß, wenn man nicht rechtzeitig gegen die Entwertung der Kaufkraft auf dem Binnenmarkt einschreitet, am Ende von dieser Entwicklung schließlich doch einmal die Wechselkurse berührt werden könnten. Gott sei Dank sind wir von einer solchen Gefahr noch weit entfernt. Ich würde es dennoch für unverantwortlich halten, einer schleichenden Kaufkraftverringerung tatenlos zuzusehen, und zwar schon deshalb, weil es sich hier nicht allein um ein wirtschaftliches Problem handelt. Wir dürfen nicht vergessen, daß es gerade bei uns in Deutschland einen besonders hohen Prozentsatz von Menschen gibt, die als Rentenempfänger nicht den Ausgleich für eine Verschlechterung der Kaufkraft durch Erhöhungen der Löhne und Gehälter finden. Denken Sie weiterhin an den großen Kreis der Menschen, die wieder angefangen haben zu sparen und sich nun die Frage stellen, ob das Sparen lohnt oder ob mit Kaufkraftverschlechterungen des Geldes gerechnet werden muß.
    Die Frage der Erhaltung der inneren Kaufkraft der Mark ist demnach nicht allein ein wirtschafts- und konjunkturpolitisches Problem. Die Stabilität der Kaufkraft kann entscheidend werden für die Erhaltung des sozialen Friedens und für die Wahrung der rechtsstaatlichen Ordnung in unserem Lande. Es sollte deshalb unter allen Umständen vermieden werden, daß durch eine unentschlossene Haltung gegenüber den konjunkturpolitischen Problemen der Eindruck erweckt wird, daß, wie Herr Dr. Deist andeutete, die Regierung sich womöglich mit einer ständigen langsamen Verschlechterung der Kaufkraft der Mark abgefunden hätte.
    Meine Damen und Herren, ich möchte mich auf diese allgemeinen Ausführungen beschränken. Einige meiner Freunde werden zu Spezialfragen noch im weiteren Verlauf der Aussprache das Wort nehmen.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Berg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Berg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem im Verlauf dieser weit über fünf Stunden dauernden Konjunkturdebatte zwei meiner Vorredner die Redezeit um mehr als 50 % überschritten haben, da der eine eine Stunde 40 Minuten und der andere eine Stunde 35 Minuten geredet hat, ist natürlich für den nachfolgenden Redner kaum mehr Raum, seine Gedanken noch vorzutragen. Sie sehen ja, daß das Parlament sich leert. Ich möchte von dieser Stelle meine Bedenken dagegen äußern, daß so viele Redner die Redezeit in dieser Weise überschreiten. Ich finde dieses Verhalten nicht gerade sehr kollegial.
    Im Namen der Freien Volkspartei möchte ich folgendes sagen. Das Bild, das uns die Regierung über die Konjunkturlage und den Zustand unseres Wirtschaftslebens gegeben hat, macht keinen besonders überhitzten oder übersteigerten Eindruck. Ich will es mir ersparen, aus der Regierungserklärung all die Sätze herauszuholen, die heute schon mehrfach erwähnt worden sind. Es darf aber festgestellt werden, daß die so häufig kolportierte Weisheit von der überheizten Konjunktur in den Bereich modischer Legendenbildung hineingehört. Wir tun also wohl gut daran, wenn wir Maß und Ziel bewahren und uns im Einklang mit dem Gesamttenor der Regierungserklärung damit befassen, woher die durch die Vollbeschäftigungslage entstandenen Spannungen ihren Anfang genommen haben und wie die Entspannung herbeizuführen ist, ohne daß dem Wirtschaftsleben Schaden zugefügt wird. Ich habe in Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit meine Ausführungen zusammengestrichen. Sie brauchen keine Sorge zu haben, daß ich Sie allzu lange beschäftigen werde.
    Daß das Problem der sogenannten übersteigerten Investitionen eine zentrale Rolle spielt, ist kein Zufall. Wenden wir uns einmal den Investitionen


    (Dr. Berg)

    der freien Wirtschaft zu, so muß man der Regierung voll und ganz recht geben, wenn sie feststellt, daß die Vornahme von Investitionen aus Steuerersparnisgründen ein übergroßes Gewicht erlangt habe. Verwunderlich ist nur, daß diese Erkenntnis erst jetzt gekommen ist. Man braucht weder großer Theoretiker noch großer Praktiker der Wirtschaft zu sein, um zu wissen, daß die Steuerlast sowohl dem Volumen wie dem System nach die Kalkulation aus den Betriebsbüros in die Hände der Steuerberater verlagert hat. Wären die Steuern — was ohne Gefährdung der Haushalte möglich gewesen wäre — rechtzeitig nachhaltig gesenkt worden, brauchten wir uns über ein Übermaß an Investitionen keine grauen Haare wachsen zu lassen. Wir hoffen, daß die Industrie den Appell befolgt — es hat ja den Anschein, daß das geschieht —, die Investitionen auf das betriebswirtschaftlich notwendige und kreditpolitisch mögliche Maß zurückzuschrauben, und Steuerfluchtinvestitionen unterläßt. Wir lassen aber keinen Zweifel darüber, daß der Herr Bundesfinanzminister den wirklichen Schlüssel zur Lösung dieses Problems in seinen Händen hält, die Steuerschraube nämlich, aber diesmal rückläufig gedreht.
    Sehr beachtlich ist, daß das System der degressiven Abschreibung nicht geändert worden ist. Darüber ist heute schon mehrfach gesprochen worden; darüber möchte ich also diesmal weiter nichts mehr sagen.
    Aber in den Beratungen über die Konjunktur nehmen die Investitionen der öffentlichen Hand einen ganz breiten Raum ein. Es ist verständlich, daß die Regierung bedauert, keine Handhabe zur Steuerung der kommunalen Investitionen zu haben. Bekanntlich reicht das bis in den Bereich der Selbstverwaltung hinein. Und dazu muß nun allerdings eines gesagt werden: zu den Grundfesten unserer Demokratie gehört nun einmal die kommunale Selbstverwaltung. Aus konjunkturpolitischen Gründen daran zu rühren, halte ich für mindestens sehr bedenklich.
    Es gibt aber Möglichkeiten, hier einen Wandel zu schaffen, allerdings durch eine Verfassungsänderung, nämlich eine Änderung des Finanzausgleichs, eine stärkere Selbstverwaltung der Gemeinden auf dem Gebiet der Finanzen, Abbau des Kostgängersystems bei den Ländern und Aufbau finanzpolitischer Eigenverantwortlichkeit. Hier ergibt sich durchaus eine Parallele zu der Privatindustrie darin, daß die Eigenverantwortlichkeit, wenn man sie einmal konstituiert hat, auch hier einen regulativen Charakter hat und zu Maß und Ziel beispielsweise in den Investitionen führen wird.
    Sehr gefreut haben wir uns, daß die Regierungserklärung die Teilzahlungsgeschäfte und die Maßnahmen erwähnt, die die Regierung dazu vorhat. Das Volumen der Teilzahlungsgeschäfte wird im allgemeinen erheblich unterschätzt. Auch heute ist das wieder zum Ausdruck gekommen. Wenn ich recht unterrichtet bin, beträgt der Umfang der über die Teilzahlungsbanken nachgewiesenen Teilzahlungsgeschäfte ungefähr 3,6 Milliarden DM pro Jahr. Es gibt aber in großem Umfang Teilzahlungsgeschäfte, die nicht über die Investitionsbanken laufen, sondern sozusagen frei und wild getätigt werden. Das Ratenzahlungsgeschäft hat eben doch einen erheblich größeren Umfang, als es im allgemeinen den Anschein hat.
    Die Forderung der Regierung nach doppelter Preisauszeichnung, nämlich Angabe des Barpreises und des Ratenpreises, sollte ergänzt werden durch die Forderung auf Nennung des Bruttozinssatzes.
    Ich habe mich bemüht, aus verschiedenen Ratenzahlungsangeboten einmal die Jahreszinssätze nach den Regeln der Zinseszins- und Rentenrechnung herauszurechnen, und habe festgestellt, daß dabei 25 und mehr Prozent Zinsen gefordert werden. Derartige Zinssätze sind doch nicht gerade sehr weit entfernt von den Zinssätzen mittelalterlicher oder orientalischer Wucherer. Wenn es durch eine solche Anordnung der vollständigen Offenlegung der sogenanten Kreditbedingungen der Ratenzahlungsgeschäfte gelänge, dem Publikum klarzumachen, was es bei Ratenkäufen übermäßig zu bezahlen hat, würde davon schon eine sehr heilsame Wirkung ausgehen. Ob es im Hinblick auf die verfassungsmäßig garantierte Vertragsfreiheit wirklich möglich ist, die Anzahlung und die Zahl der Raten zu begrenzen, möchte ich zunächst einmal in Zweifel stellen. Aber jedenfalls erteilen wir von der Freien Volkspartei dem Herrn Bundeswirtschaftsminister die Ermächtigung zu Maßnahmen auf dem Gebiet des Ratenzahlungswesens — man darf oft ruhig sagen: Ratenzahlungsunwesens — gern.
    An dem Beifall, den der Herr Bundeswirtschaftsminister bei seiner Regierungserklärung am Freitag erhielt, als er auseinandersetzte, daß die Regierung beabsichtige, Anteile an Bundesunternehmungen über Investmentgesellschaften an Kleinaktionäre heranzutragen, hat er vielleicht gemerkt, wielange man schon auf eine derartige Maßnahme gewartet hat. Hoffentlich ist das der Auftakt zu weitergehenden Maßnahmen der Reprivatisierung der Bundesunternehmungen, jedenfalls soweit sie in Wettbewerb mit ihren eigenen Steuerzahlern stehen. Die Bedenken, die Finanzminister Schäffer vor wenigen Tagen — ich glaube, es war gestern oder vorgestern — geäußert hat, sind sehr beachtenswert. Man muß sich natürlich davor hüten, daß diese Anteile in die Hände von unerwünschten Kapitalgruppen, eventuell aus dem Ausland, fallen. Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Es sollte doch die Möglichkeit geben, die Reprivatisierung so zu steuern, daß möglichst breiten Schichten unseres Volkes hier die Gelegenheit zum Erwerb von Miteigentum an produktivem Volksvermögen geboten wird. Damit ist ein echtes soziales Problem berührt.
    Wir haben der Regierungsvorlage zur Zollsenkung zugestimmt, obwohl man die gegen diese Maßnahmen oft geäußerten Bedenken nicht einfach hinwegfegen kann.
    Ich darf hier noch hinzufügen, daß auch auf mich die eindringlichen Bitten um Zustimmung großen Eindruck gemacht haben, die uns anläßlich eines Besuches beim Europäischen Wirtschaftsrat in Paris im vergangenen Monat Mai entgegengetragen wurden.
    Keine Volkswirtschaft kann auf die Dauer mehr exportieren als importieren. Es muß ein Ausgleich geschaffen werden. Wir bejahen die Steigerung weltwirtschaftlicher Beziehungen, die doch nur der Steigerung des Wohlstandes der Völker dienen kann. Man darf wohl erwarten, daß die am vergangenen Freitag beschlossenen Zollsenkungen das Ziel einer Entspannung der Lage auf diesem Gebiet erreichen.
    In einem Punkte wäre, so glaube ich, etwas größere Zurückhaltung angebracht. In der Regierungserklärung heißt es, daß die Bundesrepublik vergleichsweise den geringsten Preisauftrieb zu verzeichnen habe und daß das der Grund für die starke Exportkonjunktur der Bundesrepublik sei. Auf Teilgebieten im Bereich von Halbfertig- und Fertigfabrikaten steht die deutsche Wirtschaft in einem


    (Dr. Berg)

    scharfen Preiskampf; eine unbestrittene Tatsache, die ihre Begründung darin findet, daß in einzelnen Ländern die Produktivität der industriellen Erzeugung, etwa gemessen an der je Arbeitsplatz zur Verfügung stehenden Energie, nach wie vor höher ist. Ein weiterer Abbau der Exportförderungsmaßnahmen, als von seiten der Regierung vorgesehen, ist also nicht anzuraten.
    Zu den meistdiskutierten Problemen in diesem Zusammenhang gehört das Zusammenspiel von Löhnen und Preisen. Da kommt der Feststellung, daß die Lohnerhöhungen seit dem vierten Quartal 1955 die Steigerung der Produktivität zunehmend hinter sich lassen, eine große Bedeutung zu. Es ist sicherlich richtig, daß die Tarifregelungen von staatlichen Eingriffen frei bleiben sollen. Darüber herrscht wohl jetzt allgemeine Einigkeit. Denn so, wie einem Preisdirigismus ein Lohndirigismus folgen muß, so sicher muß ein befohlener Lohn einen befohlenen Preis nach sich ziehen. Die verheerenden Folgen staatlicher Eingriffe in das LohnPreisgefüge kennen wir alle zur Genüge. Wir wollen nichts mehr davon wissen.
    Ob es aber richtig ist, die von seiten der Regierung angeregten unabhängigen Schlichtungsstellen nur mit den beiden Sozialpartnern zu besetzen, möchte ich doch zunächst einmal dahingestellt sein lassen. Es ist doch keineswegs so, daß nur die Arbeitnehmer und die sie vertretenden Gewerkschaften an Lohnerhöhungen interessiert sind. Es gibt gewisse Industrien, vor allem Hersteller gewisser gehobener Massenkonsumgüter, die jede Lohnerhöhung mit geheimem Jubel begrüßen. Dazu kommt, daß mit zunehmender Zahl der Windungen der Lohn-Preisspirale die aufgenommenen Kredite sich von selbst mehr oder weniger schnell entwerten. Unser Volk besteht nun einmal nicht nur aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sondern dazu gesellen sich noch viele andere Menschen, die ein unmittelbares Interesse an der Stabilerhaltung von Löhnen und Preisen haben. Diese Gruppe — nennen wir sie einmal die Gruppe des dritten Sozialpartners — muß in solchen Schlichtungsstellen vertreten sein.
    Es ist ganz und gar kein Zufall, daß die Kreditrestriktionsmaßnahmen des Zentralbankrates in der Öffentlichkeit eine so verschiedenartige Beurteilung gefunden haben. Wir meinen. daß die Wirkung dieser Maßnahmen auf den gewerblichen Mittelstand und die Mittel- und Kleinindustrie nicht mit einer Handbewegung weggewischt werden kann, um so mehr, als sie sich erst nach und nach in ihrer ganzen Härte auswirken werden. Keinesfalls waren die Auswirkungen schon im Monat Mai so überschaubar, daß man die Restriktion als gerechtfertigt anpreisen konnte. Wenn wir dem Konjunkturprogramm der Regierung im ganzen gesehen zustimmen, so geben wir doch der Erwartung Ausdruck, daß der Zentralbankrat möglichst bald seine letzten Maßnahmen revidieren möge.
    Der Deutsche Bundestag gewährt den Auseinandersetzungen über die Wirtschaftspolitik und über die Konjunkturpolitik meist einen recht breiten Raum. Wir wissen, wie stark in unserem Volk das Unbehagen darüber ist, daß wir mehr und mehr einem platten Materialismus des Lebensstandards huldigen und daß wir darüber im gleichen Tempo das Interesse für die ideellen und geistigen Werte und für die großen nationalen Anliegen verlieren. Wir können niemanden daran hindern, diese jetzt fast hinter uns liegende Konjunkturdebatte unter einem solchen Gesichtspunkt zu sehen. Wer das aber tut, den möchten wir doch daran erinnern, daß von einer gesunden Wirtschaftspolitik die allerstärksten Impulse für den Spannungsausgleich in der gesellschaftlichen Struktur des Volkes ausgehen. Es geht doch gar nicht um das vom ethischen Standpunkt aus gesehen ganz sicher fragwürdige Prinzip der fortgesetzten Erhöhung des Lebensstandards. Es geht bei der Wirtschaftspolitik wie bei aller Politik um Sicherung und Erhaltung der Existenzgrundlagen des Volkes, und das ist gewiß ein sittlicher Auftrag.

    (Beifall rechts.)