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ID0214600100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 146. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1956 7697 146. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1956. Nachruf für den Abg. Naegel 7698 B Ergänzung der Tagesordnung 7698 D Mandatsniederlegung des Abg. Dr. Maier (Stuttgart) 7699 A Eintritt der Abg. Weber (Untersontheim) und Albrecht (Hamburg) in den Bundestag 7699 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Brönner und Frau Albrecht . . 7699 A Mitteilung über Verzicht des Haushaltsausschusses auf Mitberatung der in der 133. Sitzung überwiesenen Anträge betr Straßenbauvorhaben (Drucksachen 2117 und 2123) 7699 B Beschlußfassung des Bundesrats über Gesetzesbeschlüsse des Bundestags . . . 7699 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 242, 244, 246, 247, 249, 250, 252 (Drucksachen 2285, 2395; 2315, 2404; 2324, 2405; 2325, 2385; 2355, 2394; 2362, 2391; 2375, 2403) 7699 C Vorlage von Berichten über die Gewährung von Zuschüssen zur Gemeinschaftsverpflegung, über die Sozialabkommen der Brüsseler Vertragsstaaten und über die Unterzeichnung des deutsch-amerikanischen Filmabkommens (Drucksachen 2384, 2390, 2393) 7699 D Große Anfrage der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA betr. Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 2364, Umdrucke 608, 609, 610) . . . 7699 D Brandt (Berlin) (SPD), Anfragender . 7 700 A Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 7705 A Dr. Mommer (SPD) 7714 D Frau Hütter (FDP) 7717 D Brookmann (Kiel) (CDU/CSU) . . 7718 B Wehner (SPD) 7720 B Lemmer (CDU/CSU) 7725 D Dr. Will (FDP) 7728 A Seiboth (GB/BHE) 7730 A Frau Kalinke (DP) 7732 D Dr. Henn (DA) 7736 B, 7738 D Dr. Lenz (Godesberg) (CDU/CSU) . . 7739 D Annahme des Antrags Umdruck 609 . . . 7740 A Ausschußüberweisungen der Anträge Um- drucke 608 und 610 7740 A Begrüßung einer Gruppe von Mitgliedern des englischen Unterhauses 7738 D Große Anfrage der Abg. Mellies, Dr. Reif, Feller u. Gen. betr. Verfassungsklage wegen des Reichskonkordats (Drucksache 2258 (neu]) 7698 C, 7740 A Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 7698 C Dr. Arndt (SPD), Anfragender . . . 7 740 B Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen 7749 B Cillien (CDU/CSU) 7751 B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) 7754 B, 7757 A Schütz (CDU/CSU) 7756 D Dr. Reif (FDP) 7757 D Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 7759 D Eickhoff (DP) 7762 A Dr. Schneider (Lollar) (DA) . . . 7762 C Hoogen (CDU/CSU) 7763 C Dr. Welskop (CDU/CSU) 7766 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank (Drucksache 2327) 7766 C Überweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit und an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 7766 C Erste Beratung des von den Abg. Lenz (Brühl), Dr. Hesberg, Lücke u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (Drucksache 2321) 7766 C Überweisung an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen und an den Rechtsausschuß 7766 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Internationale Pflanzenschutzabkommen (Drucksache 2346) 7766 D Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 7766 D Erste Beratung des Entwurfs einer Wehrbeschwerdeordnung (WBO) (Drucksache 2359) 7766 D Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung und an den Rechtsausschuß 7766 D Nächste Sitzung 7766 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 7767 A Anlage 2: Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage betr. Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Umdruck 608) 7767 C Anlage 3: Antrag der Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE zur Beratung der Großen Anfrage betr. Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Umdruck 609) 7768 A Anlage 4: Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage betr. Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Umdruck 610) 7768 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordneter beurlaubt bis einschließlich Altmaier 2. 6. Arnholz 30. 5. Dr. Atzenroth 16. 6. Dr. Bartram 31. 5. Blachstein 30. 6. Dr. Blank (Oberhausen) 30. 5. Frau Dr. Bleyler (Freiburg) 30. 5. Brese 30. 5. Dr. Brühler 16. 6. Dannebom 5. 6. Dopatka 30. 5. Dr. Eckhardt 30. 5. Frehsee 30. 5. Friese 30. 5. Frau Friese-Korn 30. 5. Gedat 30. 6. Gefeller 2. 6. Geiger (München) 30. 5. Frau Geisendörfer 9. 6. Dr. Gille 16. 6. Heiland 30. 5. Dr. Hellwig 16. 6. Dr. Horlacher 2. 6. Hübner 1. 6. Jacobi 30. 5. Jacobs 30. 5. Dr. Jaeger 9. 6. Jahn (Frankfurt) 2. 6. Kahn 1. 6. Frau Kipp-Kaule 2. 6. Koenen (Lippstadt) 2. 6. Könen (Düsseldorf) 1. 6. Dr. Kopf 30. 5. Frau Korspeter 9. 6. Kortmann 30. 5. Dr. Kreyssig 30. 5. Kroll 30. 5. Kühlthau 30. 5. Kurlbaum 30. 5. Leibfried 30. 5. Dr. Lindenberg 30. 5. Lulay 9. 6. Maucher 30. 5. Meitmann 15. 7. Merten 30. 5. Dr. Mocker 30. 5. Müller-Hermann 2. 6. Neuburger 31. 5. • Dr. Orth 30. 5. Peters 15. 7. Pöhler 30. 5. Rademacher 30. 5. Raestrup 30. 5. Rasch 4. 6. Richter 2. 6. Runge 16. 6. Dr. Siemer 30. 5. Dr. Starke 31. 7. Frau Welter (Aachen) 30. 5. Dr. Werber 30. 5. Frau Wolff (Berlin) 10. 6. b) Urlaubsanträge Dr. Dittrich 30. 6. Dr. Seffrin 30. 6. Kraft 16. 6. Metzger 9. 6. Moll 23. 6. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 30. 6. Dr. Pferdmenges 9. 6. Siebel 9. 6. Anlage 2 Umdruck 608 (Vgl. S. 7714 D, 7740 A) Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA betreffend Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 2364). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. alles zu tun - wenn nötig einseitig -, was die an der Zonengrenze aufgerichteten Grenzmauern abzutragen geeignet ist. In diesem Sinne muß der freie Verkehr aller Druckschriften über die Zonengrenze ermöglicht werden. Sollte sich ein Abkommen auf Gegenseitigkeit als unerreichbar erweisen, so soll die Bundesregierung den Bezug aller Drucksachen aus der „DDR" auf handelsübliche Weise zulassen; 2. den zuständigen Ausschüssen des Bundestages alle Gründe vorzutragen, die für und gegen eine Amnestie für politische Straftaten in der Bunresrepublik sprechen. Durch diese Amnestie könnte ein Beitrag zur Entspannung der Beziehungen der beiden Teile Deutschlands zueinander geleistet werden; 3. darauf hinzuwirken, daß auf Grund politischer Straftaten inhaftierte Personen in der Bundesrepublik in den Genuß aller Erleichterungen gelangen, die mit der Sicherung gegen Flucht vereinbar sind, und daß die Dauer der Untersuchungshaft sich in vertretbaren Grenzen hält; 4. auf diplomatischem Wege die Regierung der Sowjetunion auf die Verantwortung hinzuweisen, die sie für Verurteilte der sowjetischen Besatzungsbehörden in Deutschland hat, und die Freilassung aller dieser Gefangenen zu verlangen; 5. Wege zu erschließen und zu beschreiten, die geeignet sind, in der „DDR" zu erwirken, daß den aus politischen Gründen inhaftierten Personen alle in einem humanen Strafvollzug üblichen Erleichterungen gewährt werden und die Versorgung der Strafanstalten mit Medikamenten sichergestellt wird; 6. dem Bundestag einen Bericht über Fälle zuzuleiten, in denen von der Regierung der Sowjetunion in der Bundesrepublik lebende Personen als Sowjetbürger reklamiert werden, die angeblich an der Heimkehr gehindert werden; 7. durch den Ausbau der Treuhandstelle für den Interzonenhandel das Verrechnungswesen zur Erleichterung des Personen- und Güterverkehrs über die Zonengrenze und zur Abwicklung aller übrigen Zahlungsverpflichtungen zu normalisieren und durch die Errichtung weiterer Treuhand- stellen die Normalisierung des Personen- und Güterverkehrs zu ermöglichen und in Kultur-und Unterrichtsfragen dem Auseinanderleben der Teile Deutschlands entgegenzuwirken; 8. um diese Ziele zu erreichen, um den Zusammenhalt der Teile Deutschlands zu festigen und da- mit der Wiedervereinigung unter einer frei gewählten deutschen Regierung zu dienen und der Welt zum Bewußtsein zu bringen, daß die Teilung Deutschlands vom deutschen Volke nicht anerkannt wird, unbeschadet der vorbehaltenen Rechte und Verpflichtungen der Vier Mächte gegenüber Deutschland als Ganzem, mit den in der sowjetisch besetzten Zone bestehenden Behörden alle nötigen Besprechungen zu führen. Bonn, den 29. Mai 1956 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 609 (Vgl. S. 7714 D, 7740 A) Antrag der Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA betreffend Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 2364). Der Bundestag wolle beschließen: Der Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen wird beauftragt, die Aufgaben, die sich aus der Großen Anfrage — Drucksache 2364 — und ihrer Beantwortung ergeben, laufend zu verfolgen und zu gegebener Zeit dem Bundestag Bericht zu erstatten. Bonn, den 29. Mai 1956 Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Feller und Fraktion Anlage 4 Umdruck 610 (Vgl. S. 7717 D, 7740 A) Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA betreffend Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 2364). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, darauf hinzuwirken, daß in weit größerem Umfange als bisher den jungen Menschen in der Bundesrepublik Gelegenheit gegeben wird, die besonderen Verhältnisse, die sich aus der Teilung Deutschlands ergeben, durch Reisen nach Berlin kennenzulernen. Insbesondere sollten die Abschlußklassen sämtlicher Schulen der Bundesrepublik Gelegenheit haben, die Verhältnisse in der ehemaligen Hauptstadt Deutschlands kennenzulernen. Die dazu notwendigen Gelder sind den Mitteln des Bundesjugendplanes zu entnehmen. Bonn, den 30. Mai 1956 Frau Hütter Dr. Dehler und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Die Sitzung ist eröffnet.
    Meine Damen und Herren! Vor Eintritt in die Tagesordnung

    (die Abgeordneten erheben sich)

    gedenken wir erneut eines viel zu früh verstorbenen Kollegen. Wir gedenken unseres Kollegen Wilhelm Naegel. Die Nachricht von seinem plötzlichen und unerwarteten Tode hat uns tief bewegt. Um die Mittagsstunde des 24. Mai ist er im Alter von 52 Jahren nach einem Herzinfarkt gestorben.
    Wilhelm Naegel aus Hannover-Kirchrode wurde am 3. August 1904 in Fritzlar geboren. Nach dem Studium an den Handelshochschulen in Berlin und Königsberg, an der Universität Köln und der Technischen Hochschule in Braunschweig war er als Diplomhandelslehrer tätig. Seit über 25 Jahren wirkte er in der Firma Brenninkmeyer und gehörte zuletzt deren Hauptgeschäftsleitung an. Auf Grund seiner beruflichen Fähigkeiten und seines ausgezeichneten Könnens wurde er zu zahlreichen Ämtern berufen. Er war Mitbegründer und Ehrenpräsident des Einzelhandelsverbandes Niedersachsen und bis Oktober 1953 Vizepräsident der Hauptgemeinschaft Deutscher Einzelhandel sowie Ehrenmitglied des Präsidiums des Bundesverbandes des Deutschen Textileinzelhandels. Seine Tätigkeit galt auch der Industrie- und Handelskammer Hannover, deren Vizepräsident er war, und sie galt dem Deutschen Industrie- und Handelstag, dessen
    Handelsausschuß er als Vorsitzender leitete. Der Bund Deutscher Katholischer Unternehmer zählte Herrn Naegel zu seinen Vorstandsmitgliedern.
    Wilhelm Naegel war Mitbegründer der ChristlichDemokratischen Union in Hannover und in der britischen Zone und später Mitglied des Landesvorstandes der CDU Niedersachsen. Bis Juli 1947 gehörte er dem Niedersächsischen Landtag und als stellvertretendes Mitglied schon dem Zonenbeirat für die britische Zone an. 1947 wurde er Abgeordneter des Wirtschaftsrats für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet.
    Unser Kollege Naegel war bereits Mitglied des 1. Bundestages. Er übernahm im Januar 1953 den Vorsitz des Ausschusses für Wirtschaftspolitik in diesem Hause. Seine Verdienste richtig zu würdigen vermag nur der, der um die Arbeitslast und Verantwortung aller dieser Verpflichtungen, die unser Kollege Naegel auf sich genommen hatte, etwas weiß.
    Herr Naegel hinterläßt Frau und fünf Kinder, und wir sprechen seiner Gemahlin und seinen Kindern unsere tief empfundene Anteilnahme aus. Ich spreche dieselbe Anteilnahme der CDU/CSU-Fraktion aus, der Wilhelm Naegel in unserem Hause angehört hat.
    Meine Damen und Herren, es ist nicht üblich, in solchen Zusammenhängen Worte der Mahnung zu sagen; aber wenn ein Mann — ich kann nur sagen: wieder einer — in der kräftigsten Mitte der Mannesjahre plötzlich von uns geht, dann ist das für uns eine Mahnung, in unserem Tun, in unserer starken Inanspruchnahme auf alles das Rücksicht zu nehmen, was der Verlängerung unserer Arbeitskraft und der Verlängerung unseres Lebens nach Gottes Willen dienlich ist. Ich meine, daß wir uns in diesem Hause darin einig sein sollten, daß alles, was dafür geschehen kann, auch in diesem Hause noch mehr als seither geschieht und geschehen muß.
    Sie haben sich zu Ehren des heimgegangenen Kollegen erhoben; ich danke Ihnen.
    Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, die Ihnen vorliegende Tagesordnung durch die Aufnahme des folgenden Punktes: Große Anfrage der Abgeordneten Mellies, Dr. Reif, Feller und Genossen betreffend Verfassungsklage wegen des Reichskonkordats — Drucksache 2258 — zu ergänzen und diesen Punkt als Punkt 2 auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Ich darf hinzufügen, daß bis gestern abend spät in diesem Hause Bemühungen angestellt worden sind, um — ausschließlich aus Gründen des Taktes im Hinblick auf den hohen Feiertag in dieser Woche — einen anderen Termin als den heutigen Tag für die Behandlung dieser Großen Anfrage zu finden. Ich danke für die Würdigung und Unterstützung dieser Bemühungen Kollegen aus allen Fraktionen. Vor allem aber möchte ich der die Große Anfrage stellenden Fraktion dafür danken, daß sie diese Bemühungen nachhaltig unterstützt hat. Es ist mir nicht möglich gewesen, dem Hause schließlich einen besseren Termin vorzuschlagen, insbesondere mit Rücksicht darauf, daß am Freitagvormittag eine — wovon ich mich überzeugt habe — lange verabredete Sitzung zahlreicher Ausschüsse dieses Hauses stattfinden muß. Ich mache Ihnen deshalb, wie gesagt, den Vorschlag, die heutige Tagesordnung um diesen Punkt zu ergänzen. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.


    (Präsident D. Dr. Gerstenmaier)

    Ich habe ferner folgende Mitteilungen zu machen:
    1. Der Abgeordnete Dr. Reinhold Maier hat gemäß § 51 Abs. 1 Ziffer 3 des Wahlgesetzes zum 2. Deutschen Bundestag seine Verzichterklärung vor dem Präsidenten des Bundestages am 8. Mai 1956 unterzeichnet, nach der er sein Bundestagsmandat zum 15. Mai 1956 niedergelegt hat. Der Vorstand des Deutschen Bundestages hat gemäß § 52 des Wahlgesetzes die Wirksamkeit der Niederlegung des Mandats zum 15. Mai 1956 beschlußmäßig anerkannt. Als sein Nachfolger ist der Abgeordnete Herr Weber (Untersontheim) in den Bundestag eingetreten. Ich darf fragen, ob Herr Weber anwesend ist. - Ich heiße Herrn Weber hier in unserer Mitte herzlich willkommen.

    (Beifall.)

    2. Als Nachfolger des früheren Abgeordneten Schmidt-Wittmack ist der Abgeordnete Albrecht (Hamburg) in den Bundestag eingetreten. Ich frage, ob Herr Albrecht hier im Hause anwesend ist. - Ich heiße auch Herrn Albrecht hier in diesem Hause herzlich willkommen.

    (Beifall.)

    Ich wünsche beiden Herren Gottes Segen für ihre Arbeit im Deutschen Bundestag.
    Glückwünsche darf ich aussprechen dem Herrn Abgeordneten Dr. Brönner, der am 12. Mai seinen 72. Geburtstag gefeiert hat.

    (Beifall.)

    Ebenso herzliche Glückwünsche darf ich Frau Albrecht aussprechen, die am 27. Mai Geburtstag gefeiert hat.

    (Beifall.)

    Der Antrag der Abgeordneten Stiller, Dr. Dollinger, Dr. Baron Manteuffel-Szoege und Genossen betreffend Bau einer Entlastungs- und Umgehungsstraße für die Bundesstraße 8 bei Nürnberg - Drucksache 2117 - und der Antrag der Abgeordneten Sabel, Frau Dr. Probst, Knapp und Genossen betreffend Bau der Autobahn Hersfeld-Fulda-Würzburg - Drucksache 2123 - sind durch Beschluß des Deutschen Bundestages in seiner 133. Sitzung dem Ausschuß für Verkehrswesen - federführend - und dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung überwiesen worden. Da es sich zunächst um noch in der Planung begriffene Bauvorhaben handelt, für die die Mittel, wenn überhaupt, frühestens im Bundeshaushaltsplan 1957 bereitgestellt werden, hat der Haushaltsausschuß auf die Beratung und seine Beschlußfassung zu den vorliegenden Anträgen verzichtet. Ich unterstelle, daß das Haus damit einverstanden ist, daß der Haushaltsausschuß mit diesen Vorlagen nicht mehr befaßt wird. - Ich höre keinen Widerspruch.
    Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
    Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. Mai 1956 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt:
    Gesetz betreffend das deutschisländische Protokoll vom 19. Dezember 1950 über den Schutz von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten,
    Erstes Gesetz zur Aufhebung des Besatzungsrechts, Zweites Gesetz zur Aufhebung des Besatzungsrechts,, Viehzählungsgesetz,
    Gesetz betreffend das Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 28. Juni 1930 über Zwangs- oder Pflichtarbeit,
    Fünftes Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes,
    Zweites Gesetz über den Bundesgrenzschutz,
    Gesetz zur Angleichung der Dienstbezüge von Vollzugsbeamten des Bundesgrenzschutzes an die Besoldung der Freiwilligen in den Streitkräften (Besoldungsangleichungsgesetz für den Bundesgrenzschutz).
    Der Bundesrat hat weiterhin in seiner Sitzung am 18. Mai 1956 zum Zweiten Wohnungsbaugesetz (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) verlangt, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Die Gründe hierzu sind in der Drucksache 2392 niedergelegt.
    Die Bundesregierung hat am 11. Mai 1956 zum Gesetz über die vorläufige Fortgeltung der Inanspruchnahme von Gegenständen für Zwecke der ausländischen Streitkräfte und ihrer Mitglieder, dem der Bundesrat in seiner Sitzung am 19. April 1956 seine Zustimmung verweigert hatte, die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangt. Die Gründe hierzu sind in Drucksache 2386 niedergelegt.
    Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts hat unter dem 18. Mai 1956 die Kleine Anfrage 242 der Fraktion der SPD betreffend Bombardierung des Großen Knechtsandes und des neuen Bombenziels B bei Sahlenburg (2285) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2395 vervielfältigt.
    Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 24. Mai 1956 die Kleine Anfrage 244 der Fraktion der SPD betreffend Vergabe öffentlicher Aufträge (2315) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2404 vervielfältigt.
    Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 28. Mai 1956 die Kleine Anfrage 246 der Fraktion der DP betreffend Grenzzeichen an den Übergangsstellen vom Ausland ins Bundesgebiet (2324) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2405 vervielfältigt.
    Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 9. Mai 1956 die Kleine Anfrage 247 der Abgeordneten Kühltau, Huth, Schmücker und Genossen betreffend Lastenausgleichsgesetz (2325) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2385 vervielfältigt.
    Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 23. Mai 1956 die Kleine Anfrage 249 der Abgeordneten Krammig, Dr. Dollinger, Schlick, Schmücker und Genossen betreffend Anwendung von § 8 Abs. 3 des Mineralölsteuergesetzes (2355) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2394 vervielfältigt. (J
    Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 18. Mai 1956 die Kleine Anfrage 250 der Fraktion der FDP betreffend Einhalten der deutschen Straßenverkehrsvorschriften durch Kraftfahrzeuge der amerikanischen Streitkräfte (2362) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2391 vervielfältigt.
    Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 23. Mai 1956 die Kleine Anfrage 252 der Abgeordneten Richarts und Genossen betreffend Unfälle an der Autobahnstrecke ElzerBerg (Kreis Limburg) (2375) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2403 vervielfältigt.
    Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 20. April 1956 auf Grund der Entschließung des Deutschen Bundestages in seiner 91. Sitzung über die Gewährung von Zuschüssen zur Gemeinschaftsverpflegung berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2384 vervielfältigt.
    Der Herr Bundesminister für Arbeit hat unter dem 12. Mai 1956 auf Grund des Beschlusses des Deutschen Bundestages in seiner 91. Sitzung über die Sozialabkommen der Brüsseler Vertragsstaaten berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2390 vervielfältigt.
    Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 16. Mai 1956 auf Grund des Beschlusses des Deutschen Bundestages in seiner 50. Sitzung über die vollzogene Unterzeichnung des deutsch-amerikanischen Filmabkommens am 26. April 1956 berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2393 vervielfältigt.
    Damit kommen wir zur Tagesordnung. Ich rufe den Punkt 1 auf:
    Große Anfrage der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA betreffend Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 2364, Umdruck 608, 609).
    Ich frage, wer zur Begründung der Anfrage das Wort wünscht. - Das Wort hat der Abgeordnete Willy Brandt (Berlin).

    Brandt (Berlin) (SPD), Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beratungen im Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen haben zum Entwurf dieser Großen Anfrage geführt, die dann von sämtlichen Fraktionen dieses Hauses eingebracht worden ist und die uns die Möglichkeit bieten soll, die Auffassung der Bundesregierung zu hören und unsere eigene Meinung zur Entwicklung in der Sowjetzone und zu den Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands zu sagen. Ich verweise zunächst auf das, was in der Großen Anfrage selbst zur Begründung bereits enthalten ist, nämlich daß wir alle miteinander die heute zur Erörterung stehenden Fragen gestellt haben aus der Sorge um die betroffenen Menschen, die den Bundestag in allen seinen Bemühungen um eine Erleichterung der Verhältnisse in der sowjetisch besetzten Zone geleitet hat. Ich verweise auch darauf, daß sich die Fraktionen zum ersten Teil dieser Großen Anfrage auf eine Konferenz der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands beziehen, die Ende März in Ostberlin stattgefunden hat und auf der Spitzenfunktionäre der sowjetzonalen Verwaltung Rechtsverletzungen zugegeben und für bestimmte Gebiete eine Überprüfung der bisherigen polizeistaatlichen Maßnahmen in Aussicht gestellt haben.
    Diese Erklärungen müssen, wie wir alle wissen, auf dem Hintergrund dessen gesehen und gewertet werden, was in der Sowjetunion und im sowjetischen Machtbereich vor sich geht. Hier kann es sich gewiß nicht darum handeln, die Ergebnisse des XX. Parteitages der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, seine Vorgeschichte, seine Auswirkungen zu deuten. Die Meinungen darüber würden vermutlich auch ziemlich weit auseinandergehen.
    Unabhängig jedoch von der Wertung dieser Vorgänge haben uns alle in den letzten Monaten und Wochen Nachrichten erreicht, die auf unser menschliches und auf unser politisches Interesse stießen. Aus der Sowjetunion selbst kamen Meldungen darüber, daß Opfer der Stalinschen Willkür aus den Zwangsarbeitslagern entlassen würden, daß die Vollmachten der Geheimpolizei beschnitten würden oder bereits beschnitten seien, daß die Prozeßordnung revidiert werden solle und daß Verhaftete nicht mehr bloß auf Grund erpreßter Geständnisse verurteilt werden sollten. Aus Polen ist berichtet worden, daß politische Häftlinge freigelassen und daß statt dessen Beamte des staatlichen Sicherheitsdienstes festgesetzt worden seien. Aus Bulgarien, aus Ungarn, aus der Tschechoslowakei haben wir erfahren, daß in gewissen Fällen politische Gefangene amnestiert worden sind und daß Urteile in früheren Prozessen desavouiert worden sind. Und wir haben zur Kenntnis genommen, meine Damen und Herren, daß auch in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands in diesen letzten Wochen und Monaten davon gesprochen worden ist, die Gesetzlichkeit sei in gewissen Fällen verletzt worden, und in Zukunft sollten die Rechte der Bürger besser gewahrt werden.
    Grotewohl hat gestern in einer Rede gesagt, es seien „Maßnahmen zur Auflockerung des Strafgesetzbuchs" in Angriff genommen. Er hat auch gesagt, in beiden Teilen Deutschlands erwarte die Bevölkerung, daß sich in Deutschland eine „Politik der Entspannung" durchsetze. Nun, Spitzenfunktionäre des sowjetzonalen Regimes haben bei verschiedenen Gelegenheiten den Eindruck zu erwecken versucht, als ob ihnen neben einer Hinwendung zu rechtsstaatlichen Gesichtspunkten an einer Erleichterung der innerdeutschen Beziehungen und an einer Normalisierung der Lage in Berlin gelegen sei. Eben diese Themen haben wir in der Großen Anfrage, über die heute gesprochen werden soll, aufgeworfen.
    Es darf jedoch festgestellt werden, und ich finde, es m u ß festgestellt werden, daß wir von den sowjetzonalen Stellen bisher zwar viele mehr oder weniger schöne Worte gehört, aber noch wenig entsprechende T a t en gesehen haben. Nach allem, was hinter uns liegt, sind es jedoch allein Taten und Tatsachen, die zu überzeugen vermögen. In der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands hat sich, was das Leben der Menschen betrifft, bisher so gut wie nichts geändert.

    (Hört! Hört!)

    Auf dem Gebiet des innerdeutschen Verkehrs hat sich in diesen letzten Monaten so gut wie nichts verändert.

    (Hört! Hört!)

    Was die Freilassung von Gefangenen angeht, so ist einiges angekündigt worden. Die tatsächlichen Freilassungen scheinen sich bisher im wesentlichen auf die etwa 700 Fälle zu beschränken, in denen das Eingreifen auf sowjetische Instanzen zurückzuführen war und in denen es auch sowjetische Stellen gewesen waren, die die ursprüngliche Verurteilung direkt oder indirekt bewirkt hatten.
    Ich stelle also zweierlei fest. Erstens: Es besteht auf den Gebieten, die hier heute zur Erörterung stehen, in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands ein peinliches Mißverhältnis zwischen Worten und Taten. Zweitens: Die sowjetisch besetzte Zone Deutschlands hinkt nach, auch wenn man so bescheiden ist, ihr Verhalten nur zu vergleichen mit den Meldungen aus der Sowjetunion und aus gewissen osteuropäischen Staaten, insbesondere Polen.
    Dieser zweite Punkt verdient vielleicht noch eine zusätzliche Bemerkung. Die sowjetzonalen Stellen sind, wie alle, die die Dinge verfolgen, wissen, eifrig bemüht, die Entstalinisierung im sowjetischen Machtbereich zu bagatellisieren oder gar — was die Meldungen darüber angeht — zu unterschlagen. Die Machthaber im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands versuchen sich sogar mit der dreisten Behauptung herauszureden, daß sie sich nicht zu korrigieren brauchten, denn sie hätten sich strenger als die übrigen Ostblockstaaten in den hinter uns liegenden Jahren an die Formen der Gesetzlichkeit gehalten.

    (Hört! Hört! bei der SPD und in der Mitte.)

    Das bedeutet natürlich nichts anderes — darüber sollte man sich an zuständiger Stelle im klaren sein —, als daß Pankow objektiv weiterhin alles tut, um die angekündigten Wandlungen der sowjetischen Politik im deutschen Bereich unglaubwürdig erscheinen zu lassen.

    (Sehr richtig! bei der SPD und in der Mitte.)

    Die deutsche und die ausländische Öffentlichkeit mag eine kurze Antwort auf die Frage erwarten, was der eigentliche Sinn, die eigentliche Motivierung dieser Interpellation ist. Ich darf dazu folgendes sagen. Einmal kam es uns, den Kollegen aus allen Fraktionen dieses Hauses, die über die Dinge vorbereitend gesprochen haben, auf eine I öffentliche Bestandsaufnahme der Lage in der


    (Brandt [Berlin])

    Zone und der innerdeutschen Beziehungen an. Wir und die durch uns vertretenen Menschen möchten ganz einfach wissen, was ist. Wir möchten uns und andere vor Fehleinschätzungen und auch vor der Annahme bewahren, es habe sich bereits etwas Grundlegendes verändert. Zugleich aber möchten wir möglichst vorurteilsfrei prüfen, ob sich Möglichkeiten für die eine oder andere Veränderung abzeichnen. Dabei leitet uns gewiß die Hoffnung, daß sich die Lage für unsere Menschen und die innerdeutschen Beziehungen zum Besseren verändern mögen; denn wir fühlen uns, wie wir es häufig gesagt haben, dem ganzen Volk und dem ganzen Deutschland verpflichtet. Wir sollten nicht darauf verzichten, uns von jetzt ab laufend über die Lage in der Zone und über die innerdeutschen Beziehungen und Entwicklungen berichten zu lassen und uns unsere Meinung darüber zu bilden.
    Zum anderen kann unsere Rolle — auch das war eine gemeinsame Überzeugung derer, die hier vorbereitend miteinander gesprochen haben — nicht die von passiv Abwartenden sein. Bei dem, womit wir uns heute befassen, handelt es sich nicht um die Weltpolitik; hier handelt es sich auch nicht um die Erörterung der außenpolitischen Voraussetzungen für die Lösung der deutschen Frage. Aber hier handelt es sich darum, ob wir in einem bescheideneren Rahmen Einfluß nehmen können und wie wir Einfluß nehmen wollen, um ein Höchstmaß an Beziehungen zwischen den Menschen in den beiden Teilen Deutschlands zu sichern oder wieder zu erreichen.
    Niemand sage, daß wir auf die Entwicklung im anderen Teil Deutschlands ohne Einfluß seien. Es hat sich schon in der Vergangenheit, obgleich die Fronten viel mehr erstarrt waren, als sie es heute sind, gezeigt, daß Landsleute vor dem Tode bewahrt werden konnten, weil wir unsere Meinung gesagt haben und weil die öffentliche Meinung reagiert hat. Pankow und seine Hintermänner sind nicht so taub, wie sie sich gelegentlich stellen. Pankow ist gar nicht unempfindlich, wenn wir es zwingen, Farbe zu bekennen.
    Drüben diskutiert gerade in dieser Lage die Bevölkerung, drüben diskutieren heute bis zu einem gewissen Grade auch die Angehörigen der SED. Und wir verdienten alle miteinander geprügelt zu werden, wenn wir nicht prüften, ob und wie wir solche Entwicklungen fördern könnten, die geeignet wären, den Landsleuten das Leben zu erleichtern und der Wiedervereinigung vom innerdeutschen Rahmen her den Weg zu ebnen.

    (Beifall links und vereinzelt in der Mitte.)

    Wenn es noch, meine Damen und Herren, eines Beweises bedurft hätte, daß unser Wort auch gegenüber den Machthabern auf der anderen Seite der willkürlichen Zonengrenze einiges Gewicht hat, so ist dieser Beweis gestern erbracht worden. Die Volkskammer war einberufen worden, und Herr Grotewohl mußte sich des längeren mit der Tatsache auseinandersetzen, daß wir heute über diese Große Anfrage beraten. Dort wurde zwar betont, eigentlich habe es einer solchen Interpellation nicht bedurft, einige unserer Fragen seien provokatorisch oder irreführend, aber dann fiel immerhin das Wort von den „ernsthaften Bemühungen".
    Jawohl, das wollen wir vor dem eigenen Volk und vor der Welt klarwerden lassen, daß wir ernsthaft bemüht und von einem festen Willen geleitet
    sind, wenn es sich darum handelt, soviel an uns liegt, das Leben im willkürlich gespaltenen Deutschland zu erleichtern und eines Tages — hoffentlich bald — sinnvoll wieder zusammenzufügen, was sinnlos auseinandergerissen worden ist.

    (Beifall auf allen Seiten.)

    Die entscheidende Frage eins lautet dahin, ob der Bundesregierung Tatsachen bekanntgeworden sind, die auf eine Hinwendung zu allgemein rechtsstaatlichen Prinzipien in der Sowjetzone schließen lassen könnten.
    Wir fragen dann im ersten Abschnitt auch danach, ob der Regierung Unterlagen dafür vorliegen, daß die angekündigten neuen Methoden auf dem Gebiet des Arbeitsrechts zu tatsächlichen Veränderungen geführt haben, und ob es zutrifft, daß durch die Bildung von Produktionsgenossenschaften der Druck auf das Handwerk verschärft worden ist.
    Wir fragen ferner, wieviel Prozesse wegen sogenannter Abwerbung in den letzten Monaten in der Zone stattgefunden haben und ob solche Verfahren noch andauern.
    Mit der letzten Frage, meine Damen und Herren, richten wir das Scheinwerferlicht nochmals auf den empörenden Zustand, daß Deutsche bis in diese Tage zu Zuchthausstrafen verurteilt werden, weil sie die Absicht haben, ihren Arbeitsplatz von einem Teil Deutschlands in den anderen zu verlegen, oder beispielsweise auch nur deswegen, weil sie während eines Besuchs in der Zone von Arbeitsmöglichkeiten sprechen; sie werden dann wegen Boykotthetze abgeurteilt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die Entwicklung des sowjetzonalen Arbeitsrechts und Arbeitsstrafrechts — und das ist das Arbeitsrecht in der Zone weitgehend — verdient unsere besondere Aufmerksamkeit. Was sich dort dieser Tage unter der Parole der „vollen Ausnutzung des Arbeitstags" als neuer Parole zur Antreiberei abspielt und was sich in Gestalt der neu geschaffenen Kontrollposten der FDJ in den Betrieben abspielt, das ist einfach ein Skandal. Es muß auch zu denken geben, wenn das Organ des FDGB-Vorstandes schreibt, daß die „Arbeitsdisziplin nichtallein durch Überzeugungsarbeit erreicht werden könnte, sondern mit Hilfe einer besseren Anwendung der demokratischen Arbeitsgesetze" sichergestellt werden müsse.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    In diesen Tagen haben viele von uns Briefe aus der Zone erhalten, aber auch hier aus dem deutschen Westen, Briefe, in denen viele Einzelheiten aufgeworfen werden, mit denen wir uns heute nicht befassen können, kleine Fragen, wie man häufig sagt, aber Fragen, die unsere volle Aufmerksamkeit verdienen. Da schildert der eine, daß es immer noch abgelehnt werde, das Evakuierten-gut armer Leute, auch bei kleinen Dingen ohne großen materiellen Wert, in den Westen herüberkommen zu lassen. Ein anderer berichtet, wie der legale Umzug der nächsten Angehörigen behindert wird, wenn es sich um die Wiederzusammenführung der Familien von politischen Flüchtlingen handelt. Wir werden all diese Einzelfragen weiter aufmerksam und vielleicht noch aufmerksamer als bisher prüfen müssen.


    (Brandt [Berlin])

    Das Kernstück dieses Teils der Großen Anfrage stellen jedoch die Fragen dar, die sich auf das Schicksal der politischen Gefangenen beziehen. Wir fragen, wieviel politische Gefangene nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten Monaten freigelassen worden sind. Wir fragen, wie groß die Zahl der aus politischen Gründen in der Zone noch immer Verurteilten bzw. Verhafteten ist, in welchen Gefängnissen und Zuchthäusern sie sich befinden, auf Grund welcher Bestimmungen sie verurteilt worden sind, wie groß noch jetzt die Zahl der Gefangenen ist, die der Zonenverwaltung durch die sowjetischen Besatzungsbehörden zur Verurteilung bzw. zum Vollzug der durch Militärtribunale verhängten Strafen übergeben wurden, und ob sich noch Verurteilte des 17. Juni 1953 in den Strafanstalten der Zone befinden.
    Nicht ohne Grund, meine Damen und Herren, haben wir die Opfer des 17. Juni hierbei besonders erwähnt, handelte es sich doch um die Opfer einer Erhebung, einer Erhebung von Arbeitern 1m wesentlichen, gegen die stalinistischen Herrschaftsmethoden in der Zone. Wir hätten vielleicht auch fragen sollen, wieviel junge Menschen noch heute wegen sogenannter antistalinistischer Äußerungen in den Strafanstalten der Zone sitzen,

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Landsleute, die doch nun nach allem, was wir inzwischen gehört haben, deswegen sitzen, weil sie Ulbricht um einiges voraus waren,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    wenn es sich darum handelte, Stalin und den Stalinismus zu durchschauen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir hoffen, daß die Regierung in ihrer Antwort in der Lage sein wird, uns eine umfassende Übersicht zum Problem der politischen Gefangenen zu geben. Aber wir würden sie nicht angreifen können, wenn sie nicht über alle Einzelheiten verfügte; denn bekanntlich ist es mit einigen Schwierigkeiten verbunden, sich umfassende Informationen über ein solches Gebiet zu sichern.

    (Abg. Brookmann [Kiel]: Sehr richtig!)

    Außerdem kann man zu unterschiedlichen Beurteilungen über die Gesamtzahl der politischen Gefangenen schon deswegen sehr leicht kommen, weil man den Begriff des politischen Gefangenen unterschiedlich beurteilen kann, weil die Grenze beispielsweise zu den Wirtschaftsstraftatbeständen nicht ganz leicht abzustecken ist. Immerhin möchte ich hier auf drei Gesichtspunkte hinweisen.
    Grotewohl hat gestern gesagt, es handle sich bei den Strafgefangenen in der Zone nicht um Leute, die wegen ihrer politischen Überzeugung verurteilt worden seien, sondern um solche, die Hetze, Wühlarbeit, Spionage und Sabotage getrieben hätten. Aber vorher hatte er von Entlassungen gesprochen und davon, daß man sich noch in der weiteren Überprüfung befinde. Ein anderer Zonenfunktionär, Herr Nuschke, hatte am Pfingstsonntag von Entlassungen gesprochen und hinzugefügt, daß — wie er sagte und wie wir hoffen — noch viele, viele folgen werden und daß es dazu gewisser Beratungen bedürfe. Und dann hat Herr Girnus vom sowjetzonalen Ausschuß für deutsche Einheit angekündigt, daß alle wegen politischer Vergehen gefällten Urteile — es müssen dann wohl doch solche Urteile gefällt worden sein — in der Sowjetzone nachgeprüft werden sollten. Die Behauptung, es gebe keine politischen Gefangenen in der Zone — eine Behauptung, die wir in den letzten Wochen zwischendurch immer wieder gehört haben —, kann einfach nicht aufrechterhalten werden.

    (Abg. Dr. Krone: Sehr richtig!)

    Zum andern: Herr Melsheimer, noch Generalstaatsanwalt der Sowjetzone, hat kürzlich angekündigt, daß der berüchtigte Art. 6 der Sowjetzonenverfassung geändert werden soll, jener Artikel, der ja dazu gedient hat, mit den dehnbaren Begriffen der Friedensgefährdung und der Boykotthetze Tausende von Menschen in die Zuchthäuser und Gefängnisse zu bringen. Da drängt sich doch nun unwillkürlich die Frage auf, ob die nach diesen Kautschukbestimmungen willkürlich Verurteilten weiter sitzen sollen, während das Pankower Justizkollegium seelenruhig — anscheinend seelenruhig — über neue Formulierungen berät.
    Als besonders empörend will uns auch der Tatbestand erscheinen, daß heute in der Zone aus ein und derselben Gruppe von Verhafteten die ursprünglich von der sowjetischen Besatzungsmacht als die leichteren Fälle betrachteten weiterhin sitzen, während die seinerzeit von der sowjetischen Besatzungsmacht als besonders ernste Fälle Betrachteten inzwischen auf Grund der Amnestie auf freiem Fuße sind. Hier kann es sich doch wahrscheinlich nur darum handeln, daß die sowjetische Regierung nicht hinreichend und nicht richtig darüber informiert ist, was sich auf diesem sie unmittelbar betreffenden Gebiet in der Zone abspielt; darum habe ich es noch einmal aufgegriffen.
    Wir waren uns bei unseren Vorberatungen darüber einig, daß konkrete Unterlagen zum Gefangenenkomplex noch wichtiger sind als Gesamtziffern und daß alle mit diesen Dingen befaßten Stellen so sorgfältig wie möglich an der Prüfung des vorhandenen und des noch zu erlangenden Materials arbeiten sollten. Es sollte aber, von allen großen Ziffern abgesehen, allen Beteiligten klarwerden, daß es uns in diesem Deutschen Bundestag um jeden einzelnen Menschen geht,

    (Beifall im ganzen Hause)

    daß wir uns durch jeden einzelnen Akt der willkürlichen Verhaftung getroffen und herausgefordert fühlen und daß wir es — auch das sei allen in Frage Kommenden gesagt — jenseits aller großen oder kleinen Politik für unsere einfache menschliche Pflicht halten, uns für diese Landsleute einzusetzen, die für uns eine Last mittragen.

    (Lebhafter Beifall im ganzen Hause.)

    Aber, meine Damen und Herren, wenn ich von der menschlichen Verpflichtung gesprochen habe, dann muß ich und darf ich ein Wort hinzufügen über das, was mit den Häftlingen geschieht, solange noch keine umfassende Haftentlassung stattgefunden hat. Darauf bezieht sich eine unserer Fragen:
    Unter welchen Bedingungen leben diese Gefangenen? Seit wann dürfen ihnen keine Pakete mehr geschickt werden?
    Gewiß, wir haben in den letzten Wochen einige Meldungen darüber erhalten, daß sich die Lage der Gefangenen hier und da etwas verbessert habe. Aber dem stehen doch erschütternde Berichte, erschütternde Briefe gegenüber, die wir in allen Teilen dieses Hauses bis in die letzten Tage erhalten, erschütternd vor allem, soweit sie den Gesund-


    (Brandt [Berlin])

    heitszustand der Menschen in den Haftanstalten betreffen, insbesondere seitdem im vorigen Herbst die Paketsperre verhängt wurde.
    Ich habe hier vor mir den Brief einer Frau aus der Zone, der dieser Tage eingegangen ist, und ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten ein paar Sätze daraus verlesen. Diese Frau schreibt:
    Nun bitte ich Sie — und ich bitte im Namen wohl aller Frauen und Angehörigen —: weisen Sie doch immer wieder darauf hin, daß wenigstens die so dringend benötigten Pakete von sechs Pfund monatlich geschickt werden dürfen! Jeder, der Besuche zur Sprechzeit im Zuchthaus macht, wird bekümmert auf der Rückfahrt die immer wiederkehrenden Worte im Ohr haben: „Hunger, Hunger, Hunger!",

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    die immer zwischen den Redewendungen in
    der Unterhaltung eingeflochten werden. Die
    Wachbeamten dürfen das natürlich nicht hören.
    Dann sagt diese Frau, und das geht uns alle an:
    Sie wissen es bestimmt nicht, wenn man bei
    jeder Mahlzeit an den Angehörigen denken
    muß, wie wenig, viel zuwenig er jetzt nur hat.
    Und dann stellt sie die Frage, die an das Gewissen des ganzen Hauses und des Volkes rühren muß, die Frage nämlich: Warum muß die Ostzone den Krieg bezahlen?

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir haben Berichte von Stellen, die die Dinge verantwortlich prüfen, über den Gesundheitszustand und insbesondere darüber, daß sich die Zahl der Tbc-Erkrankungen seit dem Wegfall der Pakete katastrophal erhöht hat, daß man in manchen Haftanstalten damit rechnet, daß 40 % aller Inhaftierten an offener Tbc leiden, und daß die Untersuchungen der SBZ-Entlassungen im Lager Friedland bestätigt haben, daß der Gesundheitszustand ganz allgemein zu den allergrößten Besorgnissen Anlaß gibt. Hier muß etwas geschehen, und hier muß rasch etwas geschehen.
    Die vielzitierte Hinwendung zur Gesetzlichkeit müßte auch mit einer Rückkehr zur Strafprozeßordnung verbunden sein, in der es heißt, daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens des Beistands eines Verteidigers bedienen kann und daß zu Verteidigern die bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwälte gewählt werden können. Bis zum März 1948 galt das auch noch in der Zone, und bis zum Juni 1953 konnten noch Anwälte aus Westberlin in großer Zahl auch im Osten tätig sein. Dann hat man unter Mißachtung der auf Viermächtebasis erteilten Anwaltszulassungen auch diesen Anwälten in Berlin das Wirken im ganzen Gebiet ihrer Stadt unmöglich gemacht. Heute muß eine der Forderungen lauten, daß auch den deutschen Rechtsanwälten wieder gestattet sein muß, als Verteidiger vor Strafgerichten in der Zone aufzutreten. Mindestens aber — als Übergang — muß den Berliner Anwälten, soweit sie eine Zulassung aus der Zeit vor 1949 besitzen, die Möglichkeit eingeräumt werden, vor Ostberliner Gerichten Verteidigungen zu führen.
    Noch ein Wort zur Frage der innerdeutschen Beziehungen; das ist der Teil II unserer Großen Anfrage. Auch hier handelt es sich zunächst um die öffentliche Bestandsaufnahme. Darum fragen wir unter Ziffer 11, was in den letzten Monaten geschehen ist, einmal seitens der Bundesrepublik, zum andern seitens der Verwaltung der Zone, um den Verkehr zwischen den beiden Teilen Deutschlands zu erleichtern. Wir verweisen auf die wiederholten Bemühungen des Bundestages, insbesondere auf unsern Beschluß vom 26. Mai vorigen Jahres. Ich nehme an, daß es heute wie früher unser gemeinsames Bestreben ist, wo immer möglich von uns aus aufzulockern, möglichst wenig Kontrollen zu haben, möglichst viel zu tun, um zur Freiheit des Verkehrs von Menschen, Waren und kulturellen Gütern zu gelangen.
    Wir fragen in diesem Teil danach, ob es wahr ist, daß die Zonenbehörden die Genehmigung zu Besuchen von Verwandten in der Bundesrepublik weiter eingeschränkt haben und welche weiteren Schritte unsere Regierung empfiehlt, um die innerdeutschen Beziehungen zu fördern, welche Schritte insbesondere erfolgen könnten, um den geistigen und kulturellen Zusammenhalt zwischen den beiden Teilen Deutschlands zu pflegen, und welche Vereinbarungen der vier Kontrollmächte untereinander oder mit deren Einverständnis zwischen deutschen Verwaltungsstellen geeignet wären, die innerdeutschen Verbindungen und damit die Wiedervereinigung Deutschlands zu erleichtern.
    Ich darf sagen, worum es uns ging und gehen soll: es geht einfach um die Existenz als Nation. Über die gesamtdeutsche Zukunft entscheidet nicht allein das, was mit den und zwischen den beteiligten Mächten ausgehandelt wird und ausgehandelt werden muß, sondern entscheidend ist auch, ob es gelingt, ein Höchstmaß an Beziehungen zwischen den Menschen in diesem Volk aufrechtzuerhalten. Uns geht es nicht um das viel zitierte „brüderliche Gespräch" mit irgendwelchen Zonengewaltigen, sondern um das vielfältige Gespräch mit der Bevölkerung, jenes innerdeutsche umfassende Gespräch, das die willkürlichen Grenzen aufweichen soll. Es geht — so haben wir es bei unseren Vorberatungen aufgefaßt — nicht um die Anerkennung einer demokratischen Legitimität dort, wo sie nicht anerkannt werden kann. Es geht nicht und kann auch nicht gehen um die völkerrechtliche Anerkennung eines zweiten Deutschland. Aber die Frage steht, was geschehen kann und soll, um unter Beachtung dieser Vorbehalte zu einem Ausbau bisheriger Regelungen und zu neuen Regelungen oder Abkommen zu gelangen, die dem bezeichneten Zweck dienen können. Es geht darum, daß die andere Seite auch auf diesem Gebiet Farbe bekennen soll. Die Anstrengungen auf diesem Gebiet — es handelt sich um die Demarkationslinie mitten durch unser eigenes Land — müssen doch wohl angesichts der Meldungen aus Ungarn, die besagen, daß zwischen Ungarn und Österreich die bisherige Stacheldrahtabsperrung abgeschafft werden soll, besonders energisch sein. Wir sind uns gewiß darüber im klaren, daß es sich hier nicht nur um eine Aufgabe des Staates, sondern auch um eine Aufgabe der vielen einzelnen in unserem Volk handelt und daß durch die Anstrengungen der vielen einzelnen unendlich viel dazu beigetragen werden kann, die Anstrengungen des Staates zu unterstützen, zu unterbauen.
    Uns erreichen gerade auch zu dieser Frage
    Briefe, die wir nicht unbeachtet beiseite legen
    dürfen. Hier ein langer Brief aus der Zone, in I dem es heißt, daß es auf die starken Herzen ankomme, um die Zonengrenzen zu beseitigen. Der


    (Brandt [Berlin])

    Mann schreibt, er denke nicht an politische Briefe, sondern an die Bekenntnisse von Mensch zu Mensch, und er sagt, daß die Bekundungen der Gemeinsamkeit sich nicht im zum Dank verpflichtenden Eßpaket verlieren dürften. Solche Hilfe könne manchmal auch sehr wichtig sein, aber viel wichtiger sei die wirkliche, die persönliche Anteilnahme des einzelnen am Schicksal seines Bruders.
    Schließlich, meine Damen und Herren, befaßt sich der dritte Teil dieser Großen Anfrage mit der Lage in Berlin. Es sind diesmal nicht akute Schwierigkeiten in Berlin, die uns dazu veranlassen, die Lage in Berlin mit in diese Debatte einzubeziehen. Die Dinge in Berlin gehen gut voran; wir befinden uns nicht in einer akuten Bedrängnis, obgleich es nützlich ist, immer mal wieder auch gegen die Auffassung anzugehen, das bedeute eine Normalisierung der Dinge in Berlin. Es ist gewiß keine Normalisierung, solange zusätzlich zur Spaltung Deutschlands ein zweiter Schnitt mitten durch die deutsche Hauptstadt geht. Die andere Seite könnte — dazu bedürfte es keines großen Palavers — gerade in Berlin zeigen, ob sie guten Willens ist. In Berlin gibt es eine Vielzahl praktischer, technischer Fragen, die für das Leben der Menschen von großer Bedeutung sind und in denen man dadurch eine Besserung erreichen kann, daß man verwaltungsmäßig einfach auf den Knopf drückt, buchstäblich auf den Knopf drückt. Wir fragen auch hier, einfach um klarzustellen, was ist, wie die Regierung die erwähnten Erklärungen der anderen Seite über eine Normalisierung in Berlin beurteilt und welche Möglichkeiten sie für eine Erleichterung des Verkehrs von und nach Berlin sieht, auf welchen Gebieten nach Kenntnis der Bundesregierung technische Kontakte zwischen den beiden Teilen der deutschen Hauptstadt unverzüglich wiederhergestellt werden könnten, wenn es die östliche Verwaltung zuließe, und wie die Regierung die serienmäßige Verhängung von Geldstrafen gegen solche Bewohner des Ostsektors beurteilt, die in Westberlin arbeiten oder deren Kinder Westberliner Schulen besuchen. Wir fragen, ob es noch in der letzten Zeit vorgekommen ist, daß sich Angehörige von Ostberliner Betrieben oder Verwaltungen schriftlich verpflichten mußten — im Zeichen der angeblichen Bemühungen um eine „Normalisierung" der Lage! —, Westberliner Boden nicht mehr zu betreten.
    Wir fragen, wieviel Fälle von Menschenraub aus Westberlin nach Kenntnis der Bundesregierung in der letzten Zeit vorgekommen sind, nachdem dieser empörende Vorgang des Menschenraubs immer wieder im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stand. Uns allen sind Fälle wie die des Dr. Walter Linse, Fälle wie die von Alfred Weiland, von Karl Fricke und Robert Bialek noch in guter Erinnerung, und sie werden in besonderem Maße mit im Mittelpunkt solcher Erörterungen bleiben müssen.
    Wir fragen auch noch einmal nach all den vielen Tausend Kleingärtnern und Siedlern, denen die Nutzung ihrer Grundstücke in den Zonenrandgebieten genommen worden ist.
    Wir fragen, ob Westberliner noch immer daran gehindert werden, die Friedhöfe in der Umgebung der Stadt zu besuchen.
    Schließlich fragen wir — das ist die Frage 23; sie berührt den Status von Berlin —, wie die Bundesregierung das Mißverhältnis zwischen den Rechten und Pflichten, die die Vier Mächte für Berlin übernommen haben, und der Tatsache beurteilt, daß im Ostsektor bewaffnete sogenannte „Kampfgruppen" und Formationen der sowjetzonalen Streitkräfte aufmarschieren.
    Gestatten Sie eine Schlußbemerkung! Ich bin fest davon überzeugt — und ich hoffe, wir sind es alle —, daß diejenigen nicht recht haben, die meinen, daß ein Sich-Befassen mit den heute hier zu erörternden Fragen ein Sich-ablenken-Lassen von den Fragen der großen Wiedervereinigungspolitik oder ein Sich-Abgeben mit kleinen Geschäften bedeute. Nein, es handelt sich um etwas anderes: es handelt sich darum, auch auf dieser Ebene alles uns Mögliche zu tun, um den Bestand als Volk zu wahren und um dadurch der Wiedervereinigung den Weg mit ebnen zu helfen.

    (Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Regierungsparteien.)

    Wir wissen gut genug, daß das nicht identisch ist mit dem sozusagen weltpolitischen Problem der Wiedervereinigung. Das steht hier insoweit auch nicht zur Debatte. Aber es schadet meiner Überzeugung nach nichts, wenn auch das Ausland zur Kenntnis nimmt — auch im Zusammenhang mit Erörterungen dieser Art —, wie wenig wir uns mit dem Zustand der willkürlichen Spaltung abfinden,

    (Sehr richtig!)

    daß wir auch in Perioden zwischen den Konferenzen, auch in Situationen, die eine Lösung der deutschen Frage angeblich noch nicht ermöglichen oder tatsächlich nicht ermöglichen, immer wieder bohren, uns immer wieder fragen und uns und andere vor dem verhängnisvollen Mißverständnis und dem tragischen Irrtum bewahren, daß wir uns abgefunden hätten.

    (Beifall im ganzen Hause.)

    Wir haben uns nicht abgefunden, wir w er d en uns nicht abfinden und wir werden alles tun, um auf dieser Ebene und auf anderen immer wieder neue Anstrengungen zu machen, um den Weg zum ganzen Deutschland zu bereiten.

    (Erneuter Beifall bei allen Parteien.)

    Ich hoffe — ich glaube, das auch im Namen der Kollegen aus allen Fraktionen sagen zu dürfen —, daß uns in zweieinhalb Wochen der 17. Juni, der Tag der deutschen Einheit, allen miteinander erneut die Möglichkeit gibt, in sinnvoller Weise und mit dem Blick nach vorn gerichtet den Willen unseres Volkes sichtbar werden zu lassen. Nichts wird uns dabei, auch wenn wir uns mit den vielen kleinen Fragen befassen — das läßt sich so leicht sagen, „kleine Fragen"; da steckt das Schicksal von Menschen darin —, nichts wird uns, auch wenn wir uns mit den kleinen Fragen der innerdeutschen Beziehungen befassen, von unserem Rechtsanspruch auf die deutsche Einheit ablenken können. Wir erinnern daran besonders nachdrücklich — und wir werden es auch in anderem Zusammenhang noch tun — in einer Zeit, in der in Moskau wieder von dem, wie es heißt, „Leninschen Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Völker" die Rede ist und, wie es in diesen Erklärungen heißt, insoweit Stalinsche Methoden abgelöst werden sollen.
    Dazu ist zu sagen, daß der Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines


    (Brandt [Berlin])

    anderen Volkes für Deutschland und in Deutschland die Preisgabe des Regimes Ulbricht-Grotewohl-Melsheimer-Benjamin bedeuten müßte; denn dieses Zonenregime ist durch seine Existenz und durch seine Aktivität die denkbar brutalste Intervention in die inneren Angelegenheiten unseres Volkes.

    (Beifall bei allen Fraktionen.)

    Dem Selbstbestimmungsrecht als einem Grundrecht im Zusammenleben der Völker werden wir weiter Bahn zu brechen versuchen, auch dadurch, daß wir uns um die Verbindungen zwischen den Menschen in den beiden Teilen Deutschlands bemühen und indem wir die Übereinstimmung dieses unseres Strebens mit dem wohlverstandenen Interesse derer in der Welt immer wieder klarwerden lassen, denen es nicht nur um fromme Sprüche zu tun ist, sondern denen es mit uns zu tun ist um die Ordnung in Europa und um den Frieden in der Welt.

    (Langanhaltender Beifall auf allen Seiten des Hauses.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sie haben die Begründung der Großen Anfrage gehört. Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung begrüßt die Anfrage aller Fraktionen des Deutschen Bundestages, die Kollege Brandt eben begründet hat, über die jüngste Entwicklung in der Sowjetzone und die Möglichkeit engerer Verbindungen zwischen der Bundesrepublik, der deutschen Hauptstadt Berlin und Mitteldeutschland; denn damit wird die zentrale Aufgabe aller deutschen Politik, die Wiedervereinigung in Freiheit, in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt.
    Die Bundesregierung verfolgt mit Sorgfalt die neuere Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Sie sucht ständig nach Möglichkeiten zu engerer Verbindung zwischen der Bevölkerung der getrennten Teile Deutschlands. Sie versucht zu ermitteln, ob — insbesondere entsprechend den Erklärungen von Spitzenfunktionären auf der 3. Parteikonferenz der SED im März dieses Jahres in Ost-Berlin — konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß erstens in der Sowjetzone eine Hinwendung zu allgemein rechtsstaatlichen Prinzipien stattfindet, zweitens dort Erleichterungen im Verkehr der Menschen zwischen den beiden Deutschlands durchgeführt werden, drittens eine Normalisierung der Lage in der deutschen Hauptstadt Berlin erfolgt.
    Zu den einzelnen Fragen der Großen Anfrage nimmt die Bundesregierung wie folgt Stellung.
    Zu Frage 1:
    Sind der Bundesregierung Tatsachen bekanntgeworden, die auf eine Hinwendung zu allgemeinen rechtsstaatlichen Prinzipien in der Sowjetzone schließen lassen könnten?
    Auf der 3. Parteikonferenz der SED im März 1956 ist sowohl von Ulbricht als auch von Grotewohl die Einhaltung der sogenannten demokratischen Gesetzlichkeit gefordert und auf ernsthafte Fehler in der Justiz hingewiesen worden. Die inzwischen verstrichene Zeit ist noch zu kurz, als daß sich die
    Bundesregierung abschließend äußern könnte, ob die Beschlüsse dieser Parteikonferenz der SED wirklich zu einer Hinwendung zu rechtsstaatlichen Prinzipien führen werden, zumal zu beachten ist, daß die Schlüsselfigur des unerbittlichen Stalinismus auf deutschem Boden, nämlich Ulbricht, nach wie vor die Geschicke der Zone in der Hand hält. Es ist zudem nicht zu übersehen, daß die Beschlüsse zur demokratischen Gesetzlichkeit auf der Parteikonferenz nur Wiederholungen dessen darstellen, was bereits im Rahmen des sogenannten Neuen Kurses und erneut nach dem Volksaufstand des 17. Juni 1953 versprochen worden war. Was insbesondere der Generalstaatsanwalt Melsheimer auf der 3. Parteikonferenz und am 10. Mai 1956 auf einer Arbeitstagung von Richtern und Staatsanwälten äußerte, ist zu einem wesentlichen Teil beinahe wörtlich das gleiche, was er bereits vor drei Jahren erklärt hatte. Melsheimer erklärte in der sowjetzonalen Zeitschrift „Neue Justiz" vom 20. September 1953 folgendes:
    Sorgfältigste Prüfung des Sachverhalts, eingehende Beschäftigung auch mit der Person des Beschuldigten sind oberste Pflicht des Staatsanwalts, bevor er anklagt oder gar richterlichen Haftbefehl erwirkt. Gesetzlichkeit und Schutz der Rechte der Bürger erfordern auch, daß Schluß gemacht wird mit der Verzögerung bei der Entlassung aus der Straf- und Untersuchungshaft. ... Aus den in der Vergangenheit gemachten Fehlern zu lernen und auf Grund der so gewonnenen Erkenntnisse den neuen Kurs kühn, verantwortungsbewußt und unbeirrt zu gehen, das lehrt uns die Entschließung der 15. Tagung des Zentralkomitees der SED.
    Das war vor drei Jahren. Aber es änderte sich nichts. Auf der 3. Parteikonferenz 1956 erklärte der gleiche Dr. Melsheimer:
    Was die Verhaftungen und vorläufigen Festnahmen angeht — Genosse Grotewohl hat mit Recht hier eine Reihe unberechtigter Verhaftungen gerügt —, so muß sich in immer stärkerem Maße das Prinzip durchsetzen, erst zu ermitteln und auf Grund des Ermittlungsergebnisses und nur bei exakter Feststellung der gesetzlichen Voraussetzungen eine Verhaftung vorzunehmen.
    Also 1956 stellt der Generalstaatsanwalt nach allem, was er 1953 über die obersten Pflichten eines Staatsanwalts gesagt hatte, fest: das Prinzip müsse sich durchsetzen, erst zu ermitteln und dann zu bestrafen.
    Von bestimmten Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit war also schon 1953 einmal die Rede. Heute, 1956, ist erneut davon die Rede. Damals geschah nichts. Wie, so frage ich, könnten wir uns heute darauf verlassen, wenn die Worte aus dem gleichen Munde kommen wie damals! Zudem bestätigte Melsheimer damals wie heute die Unterordnung der Justiz unter die Politik. 1953 sagte Melsheimer:
    Wir haben uns formal an die Gesetze gehalten und unterschiedslos, insbesondere ohne genügende Würdigung der Persönlichkeit des Beschuldigten, angeklagt, ohne zu beachten, daß wir als Staatsanwälte in einem Staat der Werktätigen dazu berufen sind, den Standpunkt der Arbeiterklasse durchzusetzen, und unser juristisches Denken sich nicht loslösen


    (Bundesminister Kaiser)

    kann von dem obersten Gebot, für diesen Staat, für die Arbeiterklasse streng parteiisch zu denken.
    Am 10. Mai 1956 sagte er:
    Es liegt auf der Hand, daß wir heute angesichts der politischen Entwicklung in der Welt vor neuen Aufgaben stehen, die es notwendig machen, zu anderen Maßstäben auch in der Strafjustiz zu kommen, als sie etwa in den Jahren 1946 oder 1952 den damaligen Bedingungen entsprechend angelegt werden mußten. Gewisse Entscheidungen insbesondere in dem Strafmaß hingen auf das engste mit der auf dem XX. Parteitag der KPSU als falsch erkannten Theorie Stalins von der absoluten Verschärfung des Klassenkampfes beim erfolgreichen Aufbau des Sozialismus und seiner Vollendung zusammen.
    Auch der Justizminister Hilde Benjamin hat sich damals wie heute ganz im gleichen Sinne geäußert. Sie führte nach der „Neuen Justiz" vom 20. April 1956 zu den von Grotewohl auf der Parteikonferenz erhobenen Vorwürfen u. a. aus:
    Wir, die wir auf dem Gebiete des Rechtes arbeiten, stehen vor der unausweichlichen Forderung, unsere gesamte Arbeit daraufhin zu überprüfen, ob wir unsere sozialistische Gesetzlichkeitmit dem Ernst und der Parteilichkeit wahren, wie es der Aufbau des Sozialismus erfordert.
    Sie hat also erneut eine parteiliche Justiz gefordert und greift die unparteilich ergangenen Entscheidungen gerade deshalb an, weil sie die „sozialistische demokratische Gesetzlichkeit" verletzten. Dabei muß man hier „sozialistisch" selbstverständlich gleich „kommunistisch" setzen. Das ist mit den primitivsten Erfordernissen eines Rechtsstaates nach unser aller Überzeugung unvereinbar.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die Bundesregierung kann angesichts dessen, was trotz der offiziellen Worte vom Jahre 1953 an Unrecht in der Zone geschehen ist, und der jetzigen Wiederholung der Worte von 1953 leider nicht der Überzeugung sein, daß sich bereits ein Weg zur Rechtsstaatlichkeit abzeichnet. Dem stehen zudem auch Personen wie Ulbricht, Benjamin und Melsheimer entgegen.
    Zu Frage 2:
    Wieviel politische Gefangene sind nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten Monaten freigelassen worden?
    Nach Unterlagen der Bundesregierung sind Häftlinge, die in sowjetzonalen Zuchthäusern einsaßen, aber von sowjetischen Militärtribunalen verurteilt worden sind, in folgendem Umfang entlassen worden: Im Januar 1954 6143, April bis Juni 1954 1200, im Dezember 1955 etwa 2000, im Januar 1956 140, im April 1956 220. Insgesamt sind das etwa 9703 SMT-Häftlinge, d. h. Häftlinge, die von sowjetischen Militärtribunalen verurteilt waren.

    (Hört! Hört!)

    Im Rahmen des Waldheim-Komplexes — d. h. von der sowjetischen Besatzungsmacht Verhaftete, aber auf deren Weisung von sowjetzonalen Gerichten Verurteilte — sind entlassen worden: im Oktober 1952 rund 1590 Häftlinge, im Juni 1954 850, zu Silvester 1955 500 Häftlinge. Insgesamt beträgt die Zahl der entlassenen Waldheim-Häftlinge danach etwa 2940. Ende April dieses Jahres wurden weitere 698 Gefangene entlassen. Bei ihnen handelt es sich um Männer und Frauen, die von sowjetischen Militärtribunalen oder von sowjetzonalen Gerichten zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt worden waren. Ende April 1956 sind darüber hinaus weitere 87 Häftlinge zur Entlassung gekommen. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind somit nach Januar 1954 bis heute insgesamt 13 428 Häftlinge entlassen worden, davon seit Dezember 1955 1285.
    Auf Grund von allgemeinen Amnestien haben Entlassungen von Häftlingen, die durch sowjetzonale Gerichte verurteilt worden sind, in den letzten Jahren nicht stattgefunden. Von diesen politischen Gefangenen, die meistens nach der Kontrollratsdirektive 38 und später auch nach dem vom Kollegen Brandt vorhin schon erwähnten berüchtigten Art. 6 der sowjetzonalen Verfassung verurteilt wurden, sind lediglich einzelne auf Grund individueller Gnadenerweise und im Wege der bedingten Strafaussetzung nach Verbüßung von in der Regel mindestens der Hälfte der Strafe entlassen worden.
    Zu Frage 3:
    Wie groß ist die Zahl der aus politischen Gründen in der Sowjetzone noch immer Verurteilten bzw. Verhafteten? In welchen Gefängnissen und Zuchthäusern befinden sie sich?
    Die Bundesregierung ist, soweit dies bei den Verhältnissen in der Zone überhaupt möglich ist, über die Zahl der aus politischen Gründen noch immer Verurteilten bzw. Verhafteten im allgemeinen unterrichtet. Sie ist im Besitz von beinahe vollständigen Namensunterlagen. Jede bekanntwerdende oder bekundete Entlassung eines Häftlings wird vermerkt. Dabei muß berücksichtigt werden, daß Namen von Entlassenen zum Teil erst später Bekanntwerden, vor allem wenn sie in der Zone bleiben.
    Nach dem Stand von Anfang Mai 1956 ergibt sich — mit der erwähnten Einschränkung — noch immer eine Zahl von rund 18 900 politischen Häftlingen.

    (Lebhafte Rufe: Hört! Hört! und Pfui!)

    Das, meine Damen und Herren, ist eine einfach erschütternde Zahl von Menschen.

    (Sehr richtig!)

    Diese politischen Häftlinge befinden sich in den Strafvollzugsanstalten Bautzen, Berlin I und II, Brandenburg-Görden, Bützow-Dreibergen, Coswig, Cottbus, Döbeln, Dresden, Erfurt, Gotha, Gräfentonna, Halle, Hohenleuben, Luckau, Magdeburg, Neustrelitz, Plauen, Rostock, Sudenburg, Torgau, Untermaßfeld, Waldheim, Zwickau und den dazugehörenden Außenlagern.
    Zur Vervollständigung des Bildes muß aber noch hinzugefügt werden: Seit dem 8. Mai 1945 sind insgesamt über 70 000 in sowjetzonalen Lagern und Haftanstalten Verstorbene ermittelt worden,

    (lebhafte Rufe: Hört! Hört!)

    darunter über 1000 Jugendliche unter 18 Jahren.

    (Erneute lebhafte Rufe: Hört! Hört!)

    Weiter ergeben die Namensunterlagen rund 23 500 Vermißte und rund 24 000 Verschollene. Bei


    (Bundesminister Kaiser)

    den Vermißten handelt es sich um Verhaftete, bei denen seit der Verhaftung jeder Hinweis auf ihren weiteren Verbleib fehlt.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Die Verschollenen sind solche Inhaftierte, die sich nach der Festnahme in der Zeit bis zum 31. Dezember 1949 noch einmal aus einer Haftanstalt meldeten oder als in einer Haftanstalt befindlich von Gewährsleuten bekundet worden sind.
    Zur Frage 4:
    Unter welchen Bedingungen leben diese Gefangenen? Seit wann dürfen ihnen keine Pakete mehr geschickt werden?
    Die politischen Gefangenen leben oft sogar noch unter schlechteren Bedingungen als kriminelle.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Als Verpflegung gibt es morgens allgemein Wassersuppe aus Graupen. Haferflocken oder Gerstenmehl. Mittags wird Eintopf aus Trockengemüse und durchweg minderwertigen Kartoffeln ausgegeben. Fleisch gibt es nur selten. Die Abendverpflegung besteht aus Brot, 30 g Zucker, 30 g Marmelade, 30 g Margarine. Arbeitende Gefangene erhalten jeden zweiten Tag eine Scheibe Wurst. Es mangelt an Eiweiß, Fett und Vitaminen. Entlassene Häftlinge erklären, daß die Verpflegung im allgemeinen mengenmäßig ausreichend, jedoch qualitativ völlig unzulänglich ist. Sie weisen immer wieder darauf hin, daß Pakete mit konzentrierten Lebensmitteln für die Gefangenen das Rückgrat der Erhaltung ihres Gesundheitszustandes und überhaupt ihres Lebens bildeten.
    Seit dem 1. November 1955 dürfen die politischen Häftlinge keine Pakete mehr empfangen. Nur in einzelnen Fällen werden heute noch Pakete ausgehändigt, so z. B. bei der Haftkrankenanstalt KleinMeusdorf. Die Gefangenen dürfen statt der Pakete Geldbeträge erhalten, deren Höhe unterschiedlich ist, je nachdem, ob der Inhaftierte arbeitet oder nicht. Die zugelassenen Summen differieren zwischen 10 und 30 DM Ost im Monat. Mit diesen Beträgen können in den HO-Stellen der Haftanstalten etwas Lebensmittel wie Marmelade, Kunsthonig oder Margarine gekauft werden, daneben in beschränktem Umfang Zigaretten, die gemeinsam unter Aufsicht — die Gefangenen sind dabei meist stehend angetreten — geraucht werden dürfen. Aber diese Geldunterstützung stellt keinen angemessen Ersatz für das ausgefallene 6-Pfund-Paket dar. Als Ersatz für die Pakete müßte jeder Gefangene entsprechend den HO-Preisen mindestens 80 bis 100 DM Ost im Monat erhalten. Aber diese Summe kann die Großzahl der Angehörigen der Zone kaum aufbringen. Den in der Bundesrepublik wohnenden Angehörigen verweigern die zuständigen sowjetzonalen Behörden die Überweisung. Es besteht ernste Gefahr, daß sich der Gesundheitszustand aller politischen Gefangenen durch den Ausfall der Pakete wesentlich verschlechtert.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Die Krankenversorgung wird fast ausschließlich durch Ärzte wahrgenommen, die selbst inhaftiert sind. Die Versorgung mit Medikamenten hat sich in den letzten Jahren etwas gebessert. Dabei ist der Gesundheitszustand der entlassenen Häftlinge insgesamt schlechter als jener der Heimkehrer aus der Sowjetunion.

    (Hört! Hört! in der Mitte und rechts.)

    Das Deutsche Rote Kreuz in der Bundesrepublik hat sich bei dem sowjetzonalen Roten Kreuz für eine angemessene Regelung der Unterstützung der Gefangenen durch Pakete oder durch Zusendung von Geldmitteln eingesetzt. Die Angehörigen warten seit Monaten darauf, daß eine solche Regelung in Kraft gesetzt wird bzw. daß die Paketsperre und die Geldsperre wieder aufgehoben werden, solange man die Menschen noch gefangenhält.
    Der weitaus größte Teil der Gefangenen befindet sich im Arbeitseinsatz in Zweigstellen volkseigener Betriebe innerhalb der Haftanstalten.
    Jeder Häftling kann monatlich einen Brief von zwanzig Zeilen an einen Empfänger richten, von dem er im gleichen Zeitraum wiederum nur einen Antwortbrief von zwanzig Zeilen erhalten darf. Die in der Zone lebenden Angehörigen können den Häftling einmal im Vierteljahr für 30 Minuten in Gegenwart von Haftpersonal besuchen. Sprecherlaubnis für in der Bundesrepublik oder in West-Berlin lebende Angehörige erteilen die Ostberliner Zentralbehörden in Ausnahmefällen. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß sich in letzter Zeit, was die Sprecherlaubnis angeht, gewisse Erleichterungen ergeben haben.
    Zu Frage 5:
    Auf Grund welcher Bestimmungen sind diese Gefangenen verurteilt worden?
    Der überwiegende Teil der von Gerichten der Zone verurteilten politischen Gefangenen ist auf Grund der Kontrollratsdirektive 38 wegen angeblicher Erfindung und Verbreitung friedensgefährdender, tendenziöser Gerüchte und seit Inkrafttreten der sowjetzonalen Verfassung zugleich auf Grund des vorhin schon erwähnten Art. 6 dieser Verfassung — Boykotthetze, Kriegshetze, Agententätigkeit, Verächtlichmachung staatlicher Einrichtungen und Organisationen und ähnliches — verurteilt worden.
    Im übrigen sind zur Anwendung gelangt das Gesetz zum Schutz des Friedens vom 15. Dezember 1950, das Gesetz zum Schutz des Volkseigentums und anderen gesellschaftlichen Eigentums vom 2. Oktober 1952 und der Befehl 160 der SMAD. Auch der größte Teil der Verurteilungen wegen sogenannten Wirtschaftsverbrechens muß als Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze angesehen werden. Hier sind besonders zu nennen die Wirtschaftsstrafverordnung vom 28. September 1948, das Gesetz zum Schutz des innerdeutschen Handels vom 21. April 1950, das Gesetz zur Regelung des innerdeutschen Zahlungsverkehrs vom 15. Dezember 1950 und die Anordnung über die Ein- und Ausfuhr von Zahlungsmitteln der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und ausländischen Zahlungsmitteln aus und nach den westlichen Besatzungszonen Deutschlands und dem Ausland vom 30. März 1949.
    Die zur Strafverbüßung in der Zone befindlichen SMT-Häftlinge sind überwiegend abgeurteilt nach Art. 58 Ziffer 6 — Spionage —, Ziffer 10 — antisowjetische Propaganda — und Ziffer 11 — illegale Gruppenbildung — des Strafgesetzbuchs der UdSSR.
    Die geringe Zahl der wegen angeblicher Straftaten, die im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen stehen, jetzt noch festgehaltenen SMT-Häftlinge verbüßt fast ausschließlich Strafen nach Art. 58 Ziffer 2 des Strafgesetzbuchs der UdSSR


    (Bundesminister Kaiser)

    und nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 — Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit —.
    Die Waldheim-Verurteilten wurden auf Grund des SMAD-Befehls 201, der Kontrollratsdirektive 38 und teilweise auf Grund des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 verurteilt.
    Nun zu Frage 6:
    Wie groß ist jetzt noch die Zahl der Gefangenen, die der Sowjetzonenverwaltung durch die sowjetischen Besatzungsbehörden zur Verurteilung bzw. zum Strafvollzug der durch Militärtribunale verhängten Strafen übergeben wurden?
    Nach der Entlassung von weiteren 500 WaldheimHäftlingen im Dezember 1955 betrug die Zahl der Zurückgehaltenen dieser Gruppe noch etwa 150. Im April 1956 wurden 698 Häftlinge entlassen, die zum Teil durch sowjetische Militärtribunale verurteilt, zum Teil aber Waldheim-Häftlinge waren. Die Ermittlungen, wieviel Häftlinge zu dem einen oder zu dem anderen Teil gehören, sind noch nicht abgeschlossen. Es ist möglich, daß die im Dezember 1955 noch zurückgehaltenen restlichen 150 Waldheim-Häftlinge sich unter den im April 1956 entlassenen 698 Häftlingen befinden.
    Die Zahl der Häftlinge, die von sowjetischen Militärtribunalen verhängte Strafen verbüßen, beträgt daher gegenwärtig noch ungefähr 1200.
    Zu Frage 7:
    Befinden sich noch Verurteilte des 17. Juni 1953 in den Strafanstalten der sowjetisch besetzten Zone?
    Von den der Bundesregierung bekanntgewordenen etwa 800 zu Freiheitsstrafen Verurteilten des 17. Juni 1953 befinden sich noch etwa 600 in Haft.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Die etwa 200 Entlassenen haben einzeln — meist mit bedingter Strafaussetzung — ihre Freiheit wiedererlangt. Es ist selbstverständlich, daß das deutsche Volk, daß die Weltöffentlichkeit die Entwicklung in der Zone nicht zuletzt auch am Schicksal dieser Männer und Frauen beurteilen und messen.
    Zu Frage 8:
    Liegen der Bundesregierung Unterlagen dafür vor, daß die angekündigten neuen Methoden auf dem Gebiete des Arbeitsrechts zu tatsächlichen Veränderungen geführt haben?
    Meine Damen und Herren, der Bundesregierung liegen noch keine Unterlagen dafür vor, daß auf dem Gebiet des Arbeitsrechts in letzter Zeit Veränderungen eingetreten sind. Zwar ist seit längerer Zeit ein neuen Arbeitsgesetz angekündigt worden. Dieses soll jedoch im wesentlichen nur eine Zusammenfassung der jetzt geltenden Bestimmungen bringen. Bemerkungen einzelner Funktionäre, z. B. daß Bezahlung von Ausschußware nicht mehr den gesellschaftlichen Erfordernissen entspricht, lassen erkennen, daß wahrscheinlich weitere Bestimmungen zuungunsten der Arbeiterschaft geändert werden dürften. Auch wurde auf der Dritten Parteikonferenz wie auch in der Presse besonders auf die Bedeutung der Arbeitsdisziplin hingewiesen. Da der Steigerung der Produktion durch Automatisierung und Rationalisierung insbesondere auch infolge Materialschwierigkeiten gewisse Grenzen gesetzt sind, zeichnet sich in solchen Hinweisen die Tendenz eines weiteren verschärften Druckes auf den Arbeiter ab.
    Zu Frage 9:
    Trifft es zu, daß seit Anfang dieses Jahres durch die Bildung von „Produktionsgenossenschaften" der Druck auf das Handwerk verschärft worden ist?
    Durch die Bildung von Produktionsgenossenschaften ist nicht erst seit Anfang dieses Jahres, sondern bereits nach Erlaß der „Verordnung über Produktionsgenossenschaften des Handwerks" vom 18. August 1955 ein verschärfter Druck auf den selbständigen Handwerker ausgeübt worden. Als Mittel hierzu dienen:
    1. Die Zwangseintreibung von Steuerrückständen. Durch sogenannte „Tiefenprüfungen" des Finanzamtes werden bei den selbständigen Handwerkern angebliche Steuerrückstände errechnet, deren sofortige Streichung für den Fall zugesagt wird, daß der Handwerker seine Selbständigkeit aufgibt und einer Produktionsgenossenschaft beitritt.
    2. Die Materialkontingentierung. Die Produktionsgenossenschaften werden bevorzugt mit Material beliefert. Nur sie erhalten öffentliche Aufträge.
    Auch diese Bestimmungen schränken die Selbständigkeit der Handwerker ständig weiter ein.
    Zu Frage 10:
    Wieviel Prozesse wegen sogenannter Abwerbung haben in den letzten Monaten in der Sowjetzone stattgefunden? Dauern solche Verfahren noch an?
    Nach zuverlässigen Unterlagen sind von Juli 1955 bis Ende April 1956 55 Sowjetzonenbewohner in 40 Strafverfahren wegen sogenannter Abwerbung zu insgesamt 265 Jahren Zuchthaus verurteilt worden,

    (Hört! Hört!)

    also durchschnittlich zu je fast fünf Jahren. Zwei Todesurteile wurden nach dem Protest der gesamten freien Welt und insbesondere unseres Volkes in lebenslängliche Zuchthausstrafen umgewandelt. Außerdem wurde noch ein weiterer Häftling zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt.
    Aus Urteilsbegründungen ergibt sich, daß Artikel 6 der sowjetzonalen Verfassung nunmehr auch dazu benutzt wird, Menschen zu bestrafen, die einem Dritten lediglich mitteilen, daß die Arbeitsbedingungen in der Bundesrepublik in irgendeinem Gewerbe günstiger sind. Das gilt dann als „Abwerbung", als „Hetze gegen demokratische Einrichtungen", als „Boykotthetze".
    Als eine der Hauptaufgaben wurde noch im Mai dieses Jahres die „Unschädlichmachung jener volksfeindlichen Elemente gefordert, die versuchen, Arbeitskräfte abzuwerben".
    Es ist also nicht damit zu rechnen, daß die Strafverfolgung wegen sogenannter Abwerbung eingestellt wird. Wir stehen hier vor einem neuen und besonders krassen Verstoß gegen jedes rechtsstaatliche Denken. Der Gebrauch des natürlichen Rechtes auf Freizügigkeit und Wahl des Arbeitsplatzes im eigenen Land wird als Verbrechen geahndet.


    (Bundesminister Kaiser) Zu Frage 11:

    Was ist in den letzten Monaten
    a) seitens der Bundesrepublik,
    b) seitens der Verwaltung der Sowjetzone geschehen, um den Verkehr der Menschen zwischen den beiden Teilen Deutschlands zu erleichtern?
    Seit Abschaffung des Interzonenpasses werden von den Behörden der Bundesrepublik keinerlei Reiseausweise für das Überschreiten der Sowjetzonengrenze verlangt, es genügt vielmehr, daß sich der Reisende durch einen Personalausweis als Deutscher ausweisen kann.
    Im Eisenbahnverkehr hat sich die Deutsche Bundesbahn bemüht, zu Ostern dieses Jahres Entlastungszüge im Interzonenverkehr — die bereits in den Winterfahrplan 1955/56 aufgenommen waren — zu fahren. Diese Bemühungen führten nach langen Verhandlungen jedoch nur teilweise zum Erfolg. Infolgedessen konnte ein Teil der Züge im Bundesgebiet nur bis zur Sowjetzonengrenze verkehren. Für den Pfingstverkehr erreichte es die Bundesbahn, daß die notwendigen Entlastungszüge gefahren wurden.
    Ob die neuerdings von der sowjetzonalen Reichsbahn gezeigte Bereitschaft, von Fall zu Fall Sonderzüge aus besonderen Anlässen einzulegen, anhalten wird, bleibt abzuwarten.
    Auf die erneuten Vorschläge der Bundesbahn, zwischen Berlin und dem Bundesgebiet Schnelltriebwagenverbindungen einzurichten, ist die sowjetzonale Reichsbahn bisher leider nicht eingegangen. Auch konnte bisher trotz aller Bemühungen um eine Verkürzung der Reisezeiten nicht erreicht werden, daß die Kontrolle der Reisenden und ihres Gepäcks von den sowjetzonalen Grenzstellen während der Fahrt vorgenommen wird, wie es auf westdeutscher Seite geschieht. Infolgedessen entsteht ein zusätzlicher Stillstand der Züge von durchschnittlich einer Stunde.
    Die Deutsche Bundesbahn läßt auf den Übergangsbahnhöfen Arbeiten durchführen, die der besseren Abwicklung des Interzonenverkehrs dienen sollen. In der Hauptsache handelt es sich um Befestigung, Verlängerung und Überdachung der Bahnsteige sowie Einrichtung oder Ausbau von Wartehallen.
    Schließlich hat die Bundesregierung den Reiseverkehr dadurch weiter gefördert, daß einem großen Teil der Besucher aus der Zone auf Kosten des Bundes freie Rückfahrt gewährt wird.
    Zu Frage 12:
    Trifft es zu, daß die Behörden der sowjetisch besetzten Zone die Genehmigung zu Besuchen von Verwandten in der Bundesrepublik weiter eingeschränkt haben?
    Übereinstimmende Berichte aus verschiedenen Bezirken der Zone lassen erkennen, daß die behördlichen Anweisungen für die Erteilung der Erlaubnis zur Ausreise in das Bundesgebiet sowohl schriftlich wie auch in Dienstbesprechungen erheblich eingeengt worden sind. Nach wie vor müssen Sowjetzonenbewohner, die in das Bundesgebiet reisen wollen. ihren Personalausweis gegen eine Personalbescheinigung eintauschen. Ohne Zustimmung des Bürgermeisters, der vorher den Hausvertrauensmann zu hören hat, darf dem Antrag nicht entsprochen werden. Die Entscheidung trifft die Kreispolizeibehörde, d. h. praktisch der Staatssicherheitsdienst.

    (Abg. Schütz: Sehr richtig!)

    Im allgemeinen gilt die Personalbescheinigung für vier bis sechs Wochen. In letzter Zeit müssen die Antragsteller meistens ausdrücklich versichern, daß sie Verwandte in der Bundesrepublik besuchen wollen. Dabei müssen Alter und frühere Wohnsitze der zu Besuchenden angegeben werden. Anträge zum Besuch von Freunden oder Bekannten werden in den meisten Fällen abgelehnt. In manchen Fällen wird auch eine polizeilich beglaubigte Bescheinigung über den Wohnsitz des westdeutschen Gastgebers verlangt. Im übrigen scheinen den Verwaltungsbezirken Höchstzahlen für Ausreisegenehmigungen vorgeschrieben zu sein. An manchen Orten, in manchen Bezirken und Kreisen werden nur 10 bis 15 % der Ausreiseanträge genehmigt. Eine Begründung für die Ablehnung wird in den meisten Fällen nicht gegeben.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Häufig wird dem Antragsteller anheimgegeben, den Antrag später zu wiederholen. Oft wird auch Überlastung der Verkehrsmittel vorgeschützt.
    Folgende Personengruppen sind besonderen Erschwerungen ausgesetzt:
    Eltern, deren Söhne oder Töchter seit 1953 in das Bundesgebiet geflohen sind; ihre Anträge werden mit der Begründung abgelehnt, die Familie könne am besten durch Rückkehr der „Republikflüchtlinge" wiedervereinigt werden;
    Antragsteller, von denen nahe Verwandte seit 1953 in das Bundesgebiet übergesiedelt sind;
    Eheleute, wenn sie die Reise gemeinsam unternehmen wollen;
    männliche Personen zwischen 18 und 30 Jahren, in Einzelfällen bis zu 35 Jahren;

    (Abg. Lenze [Attendorn]: Hört! Hört!)

    Angehörige von Spezialberufen; vielfach bedarf es bei ihnen sogar einer Sondergenehmigung durch ein sowjetzonales Ministerium;
    Studenten, denen mitunter entgegengehalten wird, die Ferien seien nicht für Besuche, sondern zum Lernen bestimmt;
    Jugendliche unter 18 Jahren, denen neuerdings häufiger die Ausreisegenehmigung versagt wird, wenn sie die Reise nicht in Begleitung von Erziehungsberechtigten unternehmen;
    Angehörige der öffentlichen Verwaltung oder der Verwaltungen volkseigener Betriebe, insbesondere Techniker. In diesen Fällen muß der Verwaltungsleiter bescheinigen, daß der Antragsteller ein gesinnungstreuer Bürger der DDR ist und wieder in die Zone zurückkehren wird. Da der Dienststellenleiter befürchten muß, daß ihm für den Fall, daß der Antragsteller nicht von der Reise zurückkehrt, Unannehmlichkeiten entstehen werden, wird er die Zustimmung nur selten geben.
    Was die Bewohner der Bundesrepublik angeht, so wird für sie zur Einreise in die Zone nach wie vor eine besondere Aufenthaltsgenehmigung gefordert. Sie muß von dem Sowjetzonenbewohner, der besucht werden soll, beim Bürgermeister bean-


    (Bundesminister Kaiser)

    tragt werden. Immer stärker zeigt sich dabei die Tendenz, diesen Reiseverkehr einzuschränken. Einreisegenehmigungen sollen vorzugsweise Mitgliedern von sogenannten Delegationen, nicht aber Einzelreisenden erteilt werden. Es handelt sich natürlich dabei um das Bestreben, den Reiseverkehr in der Zone politisch zu kanalisieren.
    Zu Frage 13.
    Welche Schritte empfiehlt die Bundesregierung, um die innerdeutschen Beziehungen zu fördern?
    Die Bundesregierung bezieht sich bei Beantwortung dieser Frage auf den einstimmigen Beschluß des Deutschen Bundestages vom 26. Mai 1955 und den dazu von mir erstatteten Bericht vom 12. November 1955, Drucksache 1856. Sie ist bestrebt, über die vorhandenen Kontaktstellen die Probleme technischer Art, die durch die Errichtung der Zonengrenze entstanden sind, zu regeln. Von den zahlreichen Vorschlägen zur Förderung der innerdeutschen Beziehungen seien hier die wichtigsten aufgeführt.
    1. Abschaffung aller Sonderausweise, die die Sowjetzonenverwaltung im Personenverkehr noch verlangt,

    (Sehr richtig!)

    d. h. der Personalbescheinigungen, der Aufenthaltsgenehmigungen und der Passierscheine für Westberliner.
    2. Wiedereröffnung sämtlicher Grenzübergänge, die seit der Errichtung der Zonengrenze im Jahre 1945 gesperrt sind.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    » Es muß daran erinnert werden, daß damals 42 Eisenbahnstrecken und 157 Landstraßen, darunter 4 Autobahnen und 34 Reichs- bzw. Bundesstraßen, unterbrochen wurden, dazu Tausende von Gemeindewegen.
    3. Aufhebung der Sperrzone. Der sowjetzonale Ministerrat hat am 3. Mai 1956 eine Verordnung erlassen, die angeblich der Erleichterung der Verhältnisse im Zonengrenzgebiet dienen soll. Danach bleiben aber der 10-m-Kontrollstreifen, der 500-m-Schutzstreifen und die 5-km-Sperrzone bestehen. Alle Bewohner der Sperrzone müssen sich nach wie vor besonders registrieren lassen. Sie müssen im Besitz besonderer Ausweise sein. Die scharfen Bestimmungen für die Einreise in die Sperrzone und den Schutzstreifen, wofür ein besonderer Passierschein notwendig ist, behalten weiterhin Gültigkeit.

    (Hört! Hört!)

    Auch ist wie bisher jedermann verpflichtet, Personen, die sich widerrechtlich in der Sperrzone aufhalten, sofort den zuständigen Grenzpolizeistellen zu melden. Eine Erleichterung des Verkehrs im Zonengrenzgebiet bringt die neue Verordnung somit nicht.
    Den großen Schäden, die im Zonengrenzgebiet, insbesondere auch an der Grenze zwischen Westberlin und der Zone durch die völlige Unterbindung des sogenannten kleinen Grenzverkehrs seit 1952 laufend entstehen, könnten die Behörden der Zone dadurch vorbeugen, daß sie den Grundstücksbesitzern den freien Zutritt zu ihrem Grund und Boden und allen Arbeitnehmern die Erreichung ihrer Arbeitsstätte wieder gestatteten.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Als weitere Vorschläge sind zu nennen:
    4. Erleichterung und Beschleunigung der unbedingt notwendigen Kontrollen durch die sowjetzonalen Grenzorgane sowie Angleichung dieser Kontrollen an das von den Behörden der Bundesrepublik angewandte Verfahren.
    5. Erweiterung des Interzonenhandels.
    6. Wiederherstellung und Verbesserung der Verkehrswege, Wiederaufbau von Eisenbahnstrecken und endlich Wiedereinbau der zweiten Gleise auf den Hauptstrecken; Förderung des Straßenverkehrs durch Wiederherstellung der noch zerstörten Brükken im Zuge wichtiger Durchgangsstraßen; gemeinsame Planung des Straßenbaues, um ein einheitliches deutsches Verkehrsnetz wieder zu erzielen; Zulassung neuer Kraftfahrlinien; Befreiung des Verkehrs mit Personenwagen von besonderen Erlaubnissen oder von besonderen Eintragungen in Reisepapiere usw.
    7. Verhandlungen zwischen den Eisenbahnverwaltungen über die Vermehrung der Zahl der Reise- und der Güterzüge.
    8. Technische Verbesserungen im Fernsprech-, Fernschreib- und Telegrammverkehr, Abschaffung der Zensur im Postverkehr.
    9. Beseitigung der sowjetzonalen Bestimmungen über die Einschränkung des Paket- und Päckchenverkehrs, um den Versand von Liebesgaben und damit die Beziehungen von Mensch zu Mensch zu fördern.
    Viele dieser Vorschläge könnten durch einseitigen Verwaltungsakt der sowjetzonalen Dienststellen verwirklicht werden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Soweit Verhandlungen erforderlich sein sollten, wären sie von den beiderseitigen fachlich oder örtlich zuständigen Dienststellen zu führen.
    Zu Frage 14:
    Welche Schritte könnten insbesondere erfolgen, um den geistigen und kulturellen Zusammenhalt zwischen den beiden Teilen Deutschlands zu pflegen?
    Meine Damen und Herren, die Wahrung des geistigen und kulturellen Zusammenhaltes ist Anliegen und Aufgabe aller Deutschen diesseits und jenseits der Zonengrenze.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Bund und Länder sind in dem Umfang, der ihnen durch Grundgesetz und Landesverfassungen zugewiesen ist, zu ihrem Teil stets darum bemüht gewesen, die geistige und kulturelle Verbundenheit zwischen den getrennten Teilen Deutschlands trotz aller Hindernisse zu erhalten. Bund und Länder handeln dabei gemäß den Richtlinien, wie sie in der Entschließung der Kultusministerkonferenz vom 4. März 1955 in Berlin zum Ausdruck kamen. Es heißt darin:
    Die Kultusminister der Länder der Bundesrepublik ... bekunden den Willen, alle Möglichkeiten kultureller Verbindung mit der Bevölkerung der sowjetischen Besatzungszone fruchtbar zu machen. Dagegen sind sie nicht bereit, mit solchen Stellen in Verbindung zu treten, die die Kultur in den Dienst ihrer politischen Absichten zwingen.


    (Bundesminister Kaiser)

    In diesem Geiste sollen insbesondere die Beteiligung an wissenschaftlichen Kongressen, die Übernahme von Gastvorlesungen, die Beschickung von Kunstausstellungen, die Veranstaltung von Gastspielen und Studienreisen behandelt werden.
    Auch soll den Besuchern aus der sowjetischen Besatzungszone — sofern sie nicht politische Sendlinge sind — Gelegenheit geboten werden, am kulturellen Leben Westdeutschlands in voller Freiheit teilzunehmen.
    Gegen die dirigierten Aktionen des Ostens ist jeder einzelne Deutsche aufgerufen, in persönlicher Verantwortung seine Entscheidung so zu treffen, daß jede bewußte oder fahrlässige Unterstützung des Regimes in der sowjetischen Besatzungszone vermieden und die Schärfe der Auseinandersetzungen zwischen Kultur und Unfreiheit nicht verwischt wird.
    Die Kultusministerkonferenz erkennt an, daß bei Anwendung dieser Grundsätze Berlin (West) in seinem Kampf um Selbstbehauptung durch solidarisches Handeln zu unterstützen ist.
    Im Sinne dieser Entschließung haben Bund und Länder stets an der Festigung der geistigen und kulturellen Bande gearbeitet. Auf gemeinsamen Kongressen, Tagungen und sonstigen gemeinsamen Veranstaltungen haben sich die Bewohner der Bundesrepublik mit der Bevölkerung der Zone immer wieder zu den Grundlagen der deutschen Kultur bekannt.
    Die menschliche Begegnung auf Kongressen, Tagungen, Festspielen und sonstigen Veranstaltungen wird auch weiterhin gepflegt und unterstützt werden.
    Leider — leider, meine Damen und Herren! — unterliegt jedoch der Kontakt zu den Bewohnern der Zone in vielfacher Hinsicht willkürlichen Beschränkungen. Das gilt insbesondere auch für den Besuch von Wissenschaftlern und Künstlern in der Zone. Wissenschaftler und Künstler unterliegen ja den gleichen Beschränkungen wie alle übrigen Reisenden.
    Insbesondere wird auch Journalisten in fast allen Fällen die Einreise in die Zone verweigert. In der Bundesrepublik herrscht keinerlei Beschränkung, auch nicht für Journalisten aus der Zone. Die Bundesregierung setzt sich für freie, ungehinderte Berichterstattung in ganz Deutschland ein.
    Nichts wäre natürlicher als der freie Austausch von Zeitungen und Zeitschriften in ganz Deutschland. Wesentliche Voraussetzung dafür ist aber die Abschaffung des einseitigen Monopols der Postzeitungsliste in der Zone. Der freie Vertrieb und der freie Bezug aller Druckerzeugnisse muß für die Bevölkerung der Zone gewährleistet sein. Es ist selbstverständlich, daß die Bundesrepublik dem freien Austausch von Zeitungen und Zeitschriften keine Hindernisse in den Weg legen wird, wenn die Gegenseitigkeit gewährleistet und die Pressefreiheit wiederhergestellt wird.
    Selbst der Bezug wissenschaftlicher Zeitungen und Zeitschriften unterliegt in der Zone heute noch einschränkenden Kontrollen.

    (Hört! Hört!)

    Wissenschaftliche Zeitungen und Zeitschriften aus der Zone können demgegenüber in der Bundesrepublik ungehindert bezogen werden.
    Der freie Bezug von Büchern ist im Rahmen des Interzonenhandels geregelt. Darüber hinaus sollte jedermann, der in der Bundesrepublik nur immer in der Lage dazu ist, seinen Verwandten, seinen Freunden und Bekannten ab und zu ein gutes Buch schicken. Dabei ist allerdings von politischer Literatur abzusehen.
    Was den Rundfunk angeht, so wird in der Bundesrepublik der Empfang keines Senders der Zone gestört. Dagegen wächst die Zahl der großen und kleinen Störsender in Mitteldeutschland ständig.

    (Hört! Hört!)

    Die Bundesregierung fordert im Interesse des freien geistigen Austausches die Beseitigung aller Behinderungen des freien Rundfunkempfangs.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Es ist von besonderer Bedeutung, daß vor allem für unsere Jugend die geistige und kulturelle Einheit Deutschlands erlebte Wirklichkeit bleibt. Deshalb begrüßt und fördert die Bundesregierung alle Bestrebungen, die der Jugend die Möglichkeit geben, sich gegenseitig kennenzulernen und Land und Leute diesseits und jenseits der Zonengrenze zu erleben.
    Das gleiche gilt für die sportlichen Begegnungen, die dem gleichen Ziele dienen.
    Das starke Echo, das alle kulturellen Bemühungen aus dem freien Teil Deutschlands bei der Bevölkerung der Zone finden, ermutigt zu weiteren Schritten, an denen sich alle kulturellen Einrichtungen des Bundes und der Länder, alle Universitäten, Rundfunkanstalten, geistes- und naturwissenschaftlichen Institute, Vereinigungen und Gesellschaften, unsere Theater und Orchester nach Möglichkeit beteiligen sollten.
    Nun zu Frage 15:
    Welche Vereinbarungen der Vier Kontrollmächte, die nach allen bekannten Verträgen die Verantwortung für ganz Deutschland behalten haben, untereinander oder mit deren Einverständnis zwischen deutschen Verwaltungsstellen wären geeignet, die innerdeutschen Verbindungen und damit die Wiedervereinigung Deutschlands zu erleichtern?
    Vereinbarungen der Vier Mächte, die die innerdeutschen Verbindungen erleichtern sollen und die damit auch der Wiedervereinigung förderlich sein können, sind insbesondere bei Beendigung der Blockade von Berlin im Jahre 1949 zustande gekommen. Damals haben sich die Vier Mächte untereinander verpflichtet, im innerdeutschen Güterund Personenverkehr ein normales Funktionieren aller Verbindungswege für die deutsche Bevölkerung zu gewährleisten. Die Regierung der UdSSR hat zwar im vorigen Jahr die sogenannte Deutsche Demokratische Republik mit der Bewachung und Kontrolle der Verbindungswege zwischen der Bundesrepublik und Berlin beauftragt; ihre Verpflichtungen aus dem erwähnten Abkommen sind aber dadurch nicht berührt worden. Die Westmächte haben in verschiedenen Noten an die Sowjetunion darauf hingewiesen, daß diese auch weiterhin an die Verpflichtungen gebunden bleibt, die sie gegenüber den drei Westmächten in bezug auf Deutschland eingegangen ist. Dem hat die Sowjetunion nicht widersprochen.
    Wenn Schwierigkeiten hinsichtlich der Durchführung des erwähnten Viermächteabkommens von


    (Bundesminister Kaiser)

    1949 aufgetreten sind, so ist dafür das Regime der Sowjetzone verantwortlich. Sie haben die zu einem reibungslosen Verkehr erforderlichen und weitgehend bestehenden Kontakte ihres technischen Charakters zu entkleiden versucht und sind bemüht, sie zu politisieren und sie von der Ebene unterer oder mittlerer Verwaltungsorgane auf Regierungsebene zu übertragen. Sie wollen die Bundesregierung zwingen, Schritte zu unternehmen, die sie dann als Anerkennung der Sowjetzonenregierung auslegen würden.
    In den Vereinbarungen von 1949 ist vorgesehen, daß die Vier Mächte deutsche Sachverständige heranziehen können. Besprechungen zwischen Sachverständigen, d. h. Kontakte auf technischem Gebiet sind seit langem vorhanden. Die Bundesregierung ist an ihnen interessiert und wird sich dafür einsetzen, daß sie weitergeführt und intensiviert werden, soweit sie im Interesse der deutschen Bevölkerung diesseits und jenseits der Zonengrenze liegen. Die Bundesregierung muß aber nach wie vor Kontakte auf Regierungsebene ablehnen, weil sie in dem Regime der Sowjetzone keinen legitimen Vertreter der dortigen deutschen Bevölkerung erblicken kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Zu dem III. Abschnitt der Großen Anfrage erklärt die Bundesregierung nach eingehender Fühlungnahme und Beratung mit dem Senat des Landes Berlin das folgende:
    Zu Frage 16:
    Wie beurteilt die Bundesregierung die erwähnten Erklärungen, und welche Möglichkeiten
    sieht sie für eine Erleichterung des Verkehrs
    von und nach Berlin?
    Die Bundesregierung vermag in den Erklärungen von sowjetzonalen Spitzenfunktionären keine Anzeichen wirklicher Entspannung in Berlin zu sehen, da ihnen bisher auf keinem Gebiet praktische Maßnahmen zur Normalisierung gefolgt sind.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Insbesondere kann von Erleichterungen im Personenverkehr zwischen Westberlin und der Sowjetzone nicht gesprochen werden. Westberliner dürfen nach wie vor das Gebiet der Sowjetzone nur betreten, wenn sie im Besitz eines Passierscheines sind, der persönlich bei einer der vier Ausgabestellen im Sowjetsektor beantragt werden muß. Passierscheine werden nur selten, praktisch nur bei Todesfällen und wichtigen, hauptsächlich familiären Anlässen erteilt. Selbst in solchen Fällen werden sie noch häufig verweigert.
    Westberlin verlangt dagegen für den Personenverkehr in die Zone und in umgekehrter Richtung keinerlei Genehmigung; es findet auch keine Kontrolle der Personalpapiere an der Grenze statt. Lediglich für den Waren- und Geldverkehr bestehen allgemeingültige Vorschriften.
    Bewohner der Zone bedürfen für eine Reise nach Berlin in der Regel keiner besonderen sowjetzonalen Genehmigung. Da innerhalb Berlins an der Sektorengrenze der Personenverkehr weder von der Ostberliner noch von der Westberliner Verwaltung kontrolliert wird, können Bewohner der Zone im allgemeinen auch Westberlin ungehindert besuchen. Lediglich für die Einreise mit Kraftwagen ist ein besonderer Ausweis erforderlich.
    Stark behindert wird dieser Verkehr jedoch durch die regelmäßige, oft willkürlich gehandhabte Personen- und Gepäckkontrolle an der Zonengrenze und in den Verkehrsmitteln auf der Fahrt nach Berlin. Wer dabei auf die Frage nach den Reisegründen, der Art seines Gepäcks, den mitgeführten DM-Ost-Beträgen usw. keine befriedigende Erklärung abgeben kann, wird an der Weiterreise gehindert. Die letzte, plötzlich im ganzen Gebiet der Zone durchgeführte Behinderung des Reiseverkehrs nach Berlin war zur Zeit der „Grünen Woche" Anfang Februar 1956 zu verzeichnen. Auch auf der S-Bahn durften damals die Bewohner der Randgebiete um Berlin nur dann nach Westberlin weiterfahren, wenn sie berufliche Gründe nachzuweisen vermochten. Andere Reisende dagegen wurden aus den Zügen herausgeholt oder schon an den Fahrkartenschaltern abgewiesen. Nach Beendigung der „Grünen Woche" fielen diese Beschränkungen ebenso plötzlich wieder fort.
    Die Bundesregierung hält es in Übereinstimmung mit dem Senat des Landes Berlin für durchaus möglich, daß die Verwaltungen in Ostberlin und der Zone durch Verwaltungsanordnungen erheblich zur Erleichterung des Verkehrs zwischen den beiden Stadtteilen und zwischen Westberlin und der Zone beitragen können. Vor allem könnte die Aufhebung des Passierscheinzwangs für Westberliner und die ausschließliche Beschränkung der Kontrollen auf den Waren- und Zahlungsmittelverkehr auf Grund klarer, allgemeingültiger und öffentlich bekanntgemachter Vorschriften den Verkehr wesentlich erleichtern. Es bleibt zu hoffen, daß diese Möglichkeiten bald genutzt werden.
    Zu Frage 17:
    Welche technischen Kontakte zwischen den beiden Teilen Berlins bestehen noch und welche — z. B. Straßenbahn, Telefon — könnten nach Kenntnis der Bundesregierung unverzüglich wiederhergestellt werden, wenn es die östliche Verwaltung zuließe?
    Die zwischen den beiden Teilen Berlins bestehenden technischen Kontakte sind leider nicht zahlreich. Es handelt sich dabei in der Hauptsache um den durchgehenden Verkehr der Untergrundbahn, die trotz getrennter Verwaltungen technisch einheitlich betrieben wird, der S-Bahn, die in ganz Berlin unter sowjetischer Verwaltung steht, um sehr geringfügige technische Kontakte bezüglich der Entwässerungsanlagen und der Wasserversorgung, um den Post- und Paketaustausch und den Telegrammverkehr sowie um einen beschränkten Amtshilfeverkehr auf polizeilichem Gebiet und in der Rechtspflege.
    Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß sich bei gutem Willen der Ostberliner Stadtverwaltung diese Kontakte wesentlich erweitern ließen. Als besonders dringlich seien hier kurz folgende Möglichkeiten genannt: Wiederherstellung eines einheitlichen Fernsprechverkehrs, die Einrichtung durchgehender Straßenbahnlinien — wie sie bis Ende 1952 bestanden haben — sowie der notwendigen Omnibuslinien, ungehinderter Verkehr auf den Berliner Wasserstraßen, freie Wahl des Arbeitsplatzes für Ostberliner in Westberlin und umgekehrt, ferner ungehinderte Möglichkeit für Ostberliner, die vom Westberliner Senat die Zuzugsgenehmigung erhalten haben, ihr Umzugsgut mitzunehmen. Weiter ist zu denken an die Brandbekämpfung durch den gemeinsamen Einsatz der


    (Bundesminister Kaiser)

    Feuerwehren, an eine engere Zusammenarbeit von Gesundheits- und Veterinärverwaltungen, an das Amtsvormundschaftswesen und die Regelung von Unterhaltsansprüchen und -zahlungen. Die Aufzählung der vielen sonstigen notwendigen und möglichen Verbindungen würde hier zu weit führen.
    Zu Frage 18:
    Wie beurteilt die Bundesregierung die serienmäßige Verhängung von Geldstrafen gegen Bewohner des Ostsektors, die in Westberlin arbeiten oder deren Kinder Westberliner Schulen besuchen?
    Die Gesamtzahl der Bewohner Ostberlins und der Zone, die in Westberlin arbeiten und bestimmungsgemäß einen Teil ihres Arbeitsentgelts bei der Westberliner Lohnausgleichskasse in D-Mark (Ost) umtauschen, betrug Ende 1955 etwa 37 000 und hat bis Ende April 1956 um etwa 3000 oder um rund 8 % abgenommen. Neben anderen Gründen wird dies auf den verstärkten Druck zurückzuführen sein, dem in der letzten Zeit die in Westberlin arbeitenden Ostberliner und Sowjetzonenbewohner ausgesetzt waren. Bewohnern der Randgebiete wurde mit der Zwangsaussiedlung in abgelegene Gegenden der Zone gedroht.
    Nach wie vor werden Erziehungsberechtigte in Ostberlin, die ihre Kinder Westberliner Schulen besuchen lassen, mit Geldstrafen belegt.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Die Strafverfügungen setzen Strafen zwischen 90 und 500 DM fest.
    Alle diese Bestrafungen und Drohungen, die in den letzten Monaten noch zugenommen haben, stehen im Gegensatz zu den von sowjetzonalen Spitzenfunktionären abgegebenen Erklärungen, mit denen der Eindruck erweckt werden soll, als ob eine Normalisierung der Lage Berlins angestrebt würde. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß derartige Bestrafungen und Drohungen mit rechtsstaatlichen Grundsatzen nicht zu vereinbaren sind.

    (Beifall in der Mitte.)

    Zu Frage 19:
    Sind noch in der letzten Zeit Fälle vorgekommen, in denen sich Angehörige Ostberliner Betriebe oder Verwaltungen schriftlich verpflichten mußten, Westberliner Boden nicht zu betreten?
    In letzter Zeit werden, wie es scheint, Angehörige von Ostberliner Betrieben oder Verwaltungen nicht mehr schriftlich verpflichtet, Westberliner Boden nicht zu betreten. Nach wie vor besteht aber für Funktionäre der Parteien und Massenorganisationen, für höhere Angestellte der öffentlichen Verwaltung und der volkseigenen Betriebe, für die Bediensteten der Justiz und der Polizei sowie für die Angehörigen der sogenannten Nationalen Volksarmee das Verbot, sich nach Westberlin zu begeben. Wer zuwiderhandelt, wird wegen sogenannten undemokratischen Verhaltens mit der Entfernung aus dem Dienst bestraft.

    (Hört! Hört! in der Mitte.) Zu Frage 20:

    Wie viele Fälle von Menschenraub aus BerlinWest sind nach Kenntnis der Bundesregierung in der letzten Zeit vorgekommen?
    Der Polizeipräsident in Berlin hat für die Zeit vom 1. Januar bis 8. Mai 1956 drei Gewaltentführungen und vier Fälle versuchten Menschenraubes festgestellt.
    Zu Frage 21:
    Wie hoch ist die Zahl der Westberliner Siedler und Kleingärtner, denen seit Verhängung der Sperrmaßnahmen im Jahre 1952 die Nutzung ihrer Grundstücke in den Randgebieten der Sowjetzone verwehrt wird?
    Die Zahl der in Berlin-West wohnenden Siedler und Kleingärtner, denen im Jahre 1952 die Nutzung ihrer Grundstücke in den Randgebieten der Stadt versagt wurde, beträgt nach Auskunft des Senats von Berlin rund 40 000. Selbst den Besitzern von Grundstücken, die unmittelbar an der Stadtgrenze liegen, wird die Bewirtschaftung ihres Grund und Bodens, ja, sogar dessen bloßer Besuch nicht gestattet.
    In diesem Zusammenhang sollen aber auch die zahlreichen Westberliner nicht vergessen werden, die nur deshalb, weil sie ihre Wohnung in Westberlin hatten, von einem Tag zum anderen ihren in Ostberlin gelegenen Handwerksbetrieb, ihr Einzelhandelsgeschäft oder ihr sonstiges Unternehmen aufgeben mußten.
    Zu Frage 22:
    Werden die Westberliner noch immer daran gehindert, die in den Randgebieten der Stadt gelegenen Friedhöfe zu besuchen?
    Der Besuch der Friedhöfe in den Berliner Randgebieten — das sind vor allem die Friedhöfe von Ahrensfelde, Glienicke, Staaken und Stahnsdorf — ist nur mit Passierschein möglich. Dieser wird aber seit längerer Zeit nur noch zu den Totengedenktagen und zu den großen kirchlichen Feiertagen, darüber hinaus nur zur Teilnahme an Beerdigungen, ausgegeben. Allerdings wurden in diesem Jahr zu Pfingsten alle Passierscheinanträge abgelehnt.

    (Abg. Dr. Krone: Hört! Hört!) Zu Frage 23:

    Wie beurteilt die Bundesregierung das Mißverhältnis zwischen den Rechten und Pflichten, die die Vier Mächte für Berlin übernommen haben, und der Tatsache, daß im Ostsektor bewaffnete „Kampfgruppen" und Formationen der sowjetzonalen Streitkräfte aufmarschieren?
    Die Bundesregierung beobachtet die Tatsache, daß im Ostsektor Berlins bewaffnete Kampfgruppen und Formationen der sowjetzonalen Streitkräfte aufmarschieren, mit wachsender Besorgnis. Sie hat es deshalb begrüßt, daß die Vertreter der drei Westmächte in verschiedenen Noten den für diese Fragen zuständigen Vertreter der Sowjetunion darauf hingewiesen haben, daß die demonstrativen und provokatorischen Aufmärsche von „Kampfgruppen" und militärischen Formationen im Sowjetsektor notwendigerweise zu einer Beunruhigung der Bevölkerung führen und die Spannungen in Berlin erhöhen müssen.

    (Sehr richtig!)

    Die Bundesregierung hat es ebenso begrüßt, daß die Vertreter der drei Westmächte die Sowjetunion auf ihre Verpflichtung hingewiesen haben, die Sicherheit und das Wohlergehen der Bevölkerung


    (Bundesminister Kaiser)

    in ihren Sektoren gegen alle Angriffe, woher sie auch kommen mögen, zu schützen.
    Wie bekannt, ist in Berlin der Zivilbevölkerung das Tragen von Waffen durch eine Reihe von Gesetzen, die von den Vier Mächten erlassen wurden, verboten. Die drei Westmächte messen diesen Gesetzen große Bedeutung bei und haben über ihre Befolgung sorgfältig gewacht. Das gleiche gilt von den deutschen Behörden. Die Bevölkerung von Berlin-West hat diese Gesetze genauestens beachtet. Die Bundesregierung kann nur hoffen, daß die Regierung der UdSSR als die verantwortliche Instanz das Ihre dazu beitragen wird, den Frieden in Berlin zu sichern. Die Bundesregierung wird in jedem Falle darauf hinweisen, daß die Duldung des Auftretens und der Betätigung derartiger bewaffneter Organisationen mit den Rechten und Pflichten, welche die Vier Mächte für Berlin übernommen haben, nicht vereinbar ist. Im übrigen steht die Bundesregierung hinsichtlich aller Fragen Berlins und seiner Verbindungswege dauernd in engem Kontakt mit den drei Westmächten und bringt ihnen ihre Wünsche und Auffassungen zu Gehör.
    Soweit die Beantwortung der Fragen.
    Und nun namens der Bundesregierung noch dieses: Die Große Anfrage aller Fraktionen des Bundestages gab Veranlassung, das tragische Geschick Deutschlands in seiner Zerrissenheit wenigstens in einigen Zügen erneut sichtbar zu machen. Dieses Geschick lastet besonders schwer auf den 18 Millionen in der Zone und in Ostberlin. Gewiß, meine Damen und Herren, zeichnen sich in der Politik der Sowjetunion und in den west-östlichen Beziehungen Veränderungen ab, die alle Aufmerksamkeit erfordern. Was Deutschland selbst betrifft, so müssen wir jedoch bei gewissenhafter Prüfung feststellen: Im sowjetischen Einflußbereich, in der Behandlung unserer 18 Millionen Menschen ist der Uhrzeiger kaum merklich über Stalin hinausgerückt.

    (Sehr richtig!)

    In der Zone sind immer noch die gleichen Männer und die gleichen Methoden.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Noch immer schmachten Tausende in den Zuchthäusern und in den Gefängnissen. In dieser Zeit, in der sich die Völker bemühen, zu einer allgemeinen Entspannung zu kommen, in dieser Zeit, in der auch im Ostblock viele Tausende von politischen Gefangenen entlassen werden, können die Tore der Zuchthäuser in Mitteldeutschland unmöglich geschlossen bleiben.

    (Beifall im ganzen Hause.)

    Das ist die Überzeugung der gesamten deutschen Öffentlichkeit, die in diesen Tagen und Wochen mit wachsendem Nachdruck immer wieder zum Ausdruck kam.
    Unter diesem Druck hat das Regime der Zone versucht, eine Parallele zu ziehen zwischen der politischen und parteilichen Justiz auf der einen und der Justiz eines Rechtsstaates auf der anderen Seite. Eine solche Parallele gibt es nicht.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    In der Bundesrepublik urteilen unabhängige Gerichte nach den Bestimmungen des Gesetzes, das
    vom Gesetzgeber, nämlich vom frei gewählten Parlament, nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verabschiedet wurde. Den Angeklagten stehen unabhängige und freie Rechtsanwälte als Verteidiger zur Seite. In der Zone — wir haben dafür das Zeugnis der führenden Funktionäre des Regimes — steht über der Justiz die Politik, über dem Gericht die Partei. Deshalb sind Argumente, wie sie Herr Pieck gegenüber dem Herrn Bundespräsidenten anwandte, bloße politische Propaganda.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Nach allen Grundsätzen von Recht, Gerechtigkeit und Menschlichkeit kann den politischen Gefangenen in Mitteldeutschland die Freiheit nicht mehr vorenthalten werden.

    (Beifall im ganzen Hause.)

    Die Entlassung der politischen Gefangenen in der Zone würde im übrigen einen Anhaltspunkt geben, daß sich der Uhrzeiger in Mitteldeutschland doch bewegt.
    Die Frage von Gefangenen, die wegen Taten, die sich gegen den Bestand der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unseres Staates richten, in Haft sind, kann nicht in Parallele zur Frage der politischen Gefangenen der Zone gestellt werden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Diese Taten werden von unseren unabhängigen Gerichten auf Grund streng rechtsstaatlicher Gesetze beurteilt, die vom freiheitlich gewählten Deutschen Bundestag beschlossen sind.
    Die Bundesregierung wird mit Aufmerksamkeit die weitere Entwicklung in der Zone verfolgen. Sie wird von sich aus alles tun, um die Freizügigkeit in ganz Deutschland zu fördern und die geistige und kulturelle Einheit Deutschlands zu stärken und zu vertiefen. Dabei ist sich die Bundesregierung im klaren darüber, daß alle Bemühungen vor allem Vorbereitungen bleiben für den Tag, an dem sich frei gewählte Repräsentanten aus beiden Teilen Deutschlands zusammenfinden, um gemeinsam das Werk der Einigung zu vollziehen.

    (Beifall im ganzen Hause.)