Rede:
ID0214300400

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2143

  • date_rangeDatum: 4. Mai 1956

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    2. Deutscher Bundestag — 143. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4.. Mai 1956 7479 143. Sitzung Bonn, Freitag, den 4. Mai 1956. Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 243 (Drucksachen 2304, 2354) . . 7480 A Erste Beratung des Entwurfs eines Wehrpflichtgesetzes (Drucksache 2303) . . . . 7480 A Blank, Bundesminister für Verteidigung 7480 A, 7548 A, 7553 D, 7554 D Dr. Kliesing (CDU/CSU). . . . . 7484 D, 7486 C, D, 7487 A Schmidt (Hamburg) (SPD) 7486 C, 7538 B, C Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) : als Abgeordneter . . . . 7486 D, 7487 A als Vizepräsident 7516 D, 7531 A, 7537 D, 7538 B, C, 7540 D, 7548 B Vizepräsident Dr. Schneider . . . . 7488 A Erler (SPD). 7493 A, 7499 B, 7530 D, 7533 D, 7535 B, C, D, 7537 B, 7552 C, D, 7554 C Kiesinger (CDU/CSU) 7499 A Dr. Vogel (CDU/CSU) 7499 B von Manteuffel (Neuß) (DA) . . . 7504 D Dr. Reif (FDP): zur Geschäftsordnung 7516 C zur Sache 7551 B Rasner (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 7516 C Dr. Mende (FDP) . 7516 D, 7531 A, 7534 B, 7536 D, 7537 D, 7541 A Feller (GB/BHE) 7526 C Dr. Jaeger (CDU/CSU) . 7530 C, 7531 A, D, 7533 D, 7534 B, 7535 C, D, 7536 D, 7537 B, D, 7538 A, D Mellies (SPD) 7531 D, 7537 C, D Schneider (Bremerhaven) (DP). . .7539 A, 7540 D., 7541 A Eickhoff (DP) 7543 B Merten (SPD) 7543 C Wehner (SPD) 7548 B Frau Hütter (FDP) 7548 B Nellen (CDU/CSU) 7549 B Berendsen (CDU/CSU) 7552 B, D Dr. Bucher (FDP) 7554 B Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung und an den Rechtsausschuß 7555 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Organisation der militärischen Landesverteidigung (Drucksache 2341) 7555 A Blank, Bundesminister für Verteidigung . . 7555 A, 7558 B, 7562 C Dr. Reichstein (GB/BHE) 7555 D Dr. Mende (FDP) 7557 B Schmidt (Hamburg) (SPD) 7558 C Berendsen (CDU/CSU) 7562 D Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung, an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung 7563 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (Rentenversicherungsgesetz) (Drucksache 2314) . . 7563 D Dr. Schellenberg (SPD), Antragsteller 7563 D, 7571 D Storch, Bundesminister für Arbeit . 7570 C Horn (CDU/CSU) 7571 C Frau Finselberger (GB/BHE) . . 7572 B Dr. Hammer (FDP) 7573 A Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 7573 C Dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) (Drucksachen 2353, 2270, 722, 601, 5; Umdrucke 596, 597, 598) 7573 C Lücke (CDU/CSU) . . . . 7573 D, 7576 D Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 7574 D Jacobi (SPD) 7576 B, 7579 B Vizepräsident Dr. Schneider 7576 D, 7578 B Dr. Will (FDP) 7577 A Frau Heise (SPD) 7578 B Körner (DA) 7578 C, 7581 B Graaff (Elze) (FDP) 7580 B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7580 D Stierle (SPD) 7581 A Abstimmungen 7581 B, D Nächste Sitzung 7582 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 7582 B Anlage 2: Änderungsantrag der Fraktion der FDP, GB/BHE, DP zum Entwurf eines Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes (Umdruck 596) 7583 A Anlage 3: Änderungsantrag der Fraktion der FDP zum Entwurf eines Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes (Umdruck 597) 7583 B Anlage 4: Änderungsantrag der Fraktionen der DA, DP zum Entwurf eines Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes (Umdruck 598) 7583 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schneider eröffnet.
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordneter beurlaubt bis einschließlich Dr. Starke 31. 7. Peters 15. 7. Meitmann 15. 7. Blachstein 30. 6. Gedat 30. 6. Dr. Atzenroth 16. 6. Dr. Brühler 16. 6. Dr. Hellwig 16. 6. Runge 16. 6. Frau Geisendörfer 9. 6. Altmaier 2. 6. Jahn (Frankfurt) 2. 6. Müller-Hermann 2. 6. Kahn 1. 6. Dr. Bartram 31. 5. Neuburger 31. 5. Frau Dr. Steinbiß 19. 5. Frau Friese-Korn 12. 5. D. Dr. Gerstenmaier 12. 5. Moll 12. 5. Pusch 12. 5. Frau Kalinke 10. 5. Dr. Moerchel 10. 5. Frau Niggemeyer 10. 5. Rehs 10. 5. Dewald 9. 5. Karpf 9. 5. Ollenhauer 8. 5. Dr. Orth 6. 5. Albers 5. 5. Frau Albertz 5. 5. Dr. Franz 5. 5. Dr. Greve 5. 5. Klingelhöfer 5. 5. Lemmer 5. 5. Lenz (Brühl) 5. 5. Dr. Maier (Stuttgart) 5. 5. Morgenthaler 5. 5. Pelster 5. 5. Schneider (Hamburg) 5. 5. Bauer (Wasserburg) 4. 5. Bender 4. 5. Fürst von Bismarck 4. 5. Brandt (Berlin) 4. 5. Dr. Bucerius 4. 5. Dr. Deist 4. 5. Frau Döhring 4. 5. Ehren 4. 5. Gerns 4. 5. Glüsing 4. 5. Heiland 4. 5. Dr. Graf Henckel 4. 5. Jacobs 4. 5. Dr. Keller 4. 5. Knobloch 4. 5. Kramel 4. 5. Leibfried 4. 5. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 4. 5. Schill (Freiburg) 4. 5. Schmitt (Vockenhausen) 4. 5. Schoettle 4. 5. Schrader 4. 5. Dr. Strosche 4. 5. Frau Wolff (Berlin) 4. 5. Ziegler 4. 5. b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Dr. Gille 16. 6. Dr. Köhler 19. 5. Anlage 2 Umdruck 596 (Vgl. S. 7580 B, 7581 B) Änderungsantrag der Fraktionen der FDP, GB/BHE, DP zur dritten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) (Drucksachen 2353, 2270, zu 2270, 5, 601, 722, 2279 [neu]). Der Bundestag wolle beschließen: In § 18 a) erhält Abs. 1 Satz 2 folgende Fassung: Vom Rechnungsjahr 1957 ab stellt der Bund hierfür einen Betrag von mindestens 700 Millionen Deutsche Mark im Bundeshaushalt zur Verfügung. b) werden folgende neue Absätze 1 a und 1 b eingefügt: (1 a) Von dem in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Betrag werden im Rechnungsjahr 1958 10 vom Hundert, im Rechnungsjahr 1959 20 vom Hundert und im Rechnungsjahr 1960 30 vom Hundert für Zins- oder Annuitätszuschüsse zur zusätzlichen Förderung des Baues von Familienheimen bereitgestellt. Die nach Satz 1 gewährten Zins- oder Annuitätszuschüsse werden jeweils auf die Dauer von 20 Jahren gegeben. (1 b) Vom Rechnungsjahr 1961 ab stellt der Bund jährlich einen Betrag im Bundeshaushalt zur Verfügung, der sich gegenüber dem in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Betrag je Rechnungsjahr um 70 Millionen Deutsche Mark verringert, soweit er nicht für die in Absatz 2 genannten Zins- oder Annuitätszuschüsse benötigt wird. Bonn, den 4. Mai 1956 Dr. Dehler und Fraktion Feller und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Anlage 3 Umdruck 597 (Vgl. S. 7582 A) Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) (Drucksachen 2353, 2270, zu 2270,1 5, 601, 722, 2279 [neu]). Der Bundestag wolle beschließen: in § 110 a) die 'Überschrift wie folgt zu ergänzen: Überleitungsvorschriften für öffentlich geförderte Eigenheime, Kleinsiedlungen, Kaufeigenheime und Eigentumswohnungen; b) in Abs. 1 zwischen Satz 1 und 2 folgenden neuen Satz einzufügen: Öffentlich geförderte Eigentumswohnungen, auf die die Vorschriften des Ersten Wohnungsbaugesetzes anzuwenden sind, sind auf Antrag als eigengenutzte Eigentumswohnungen anzuerkennen, wenn sie den in § 12 Abs. 1 Satz 2 bestimmten Voraussetzungen entsprechen. Bonn, den 4. Mai 1956 Graaff (Elze) Dr. Dehler und Fraktion Anlage 4 Umdruck 598 (Vgl. S. 7581 B, D) Änderungsantrag der Fraktionen der DA, DP zur dritten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) (Drucksachen 2353, 2270, zu 2270, 5, 601, 722, 2279 [neu]). Der Bundestag wolle beschließen: In § 32 Abs. 1 erhält Buchstabe b die folgende Fassung: b) über die Anzahl der nachweislich noch unzumutbar untergebrachten Wohnungsuchenden, insbesondere solcher, die in Lagern, Baracken, Bunkern, Nissenhütten oder ähnlichen nicht dauernd für Wohnzwecke geeigneten Unterkünften untergebracht sind. Bonn, ,den 4. Mai 1956 Körner von Manteuffel (Neuß) und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion
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    Rede von Dr. Georg Kliesing


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dieser Beratung tritt die Erörterung der Frage, welches Wehrsystem, welche Wehrverfassung dem Aufbau der Bundeswehr zugrunde gelegt werden soll, eine Frage, die die Öffentlichkeit in der letzten Zeit bereits sehr lebhaft beschäftigt hat,

    (Zuruf von der SPD: Gott sei Dank!)

    in ihr entscheidendes Stadium. — Selbstverständlich „Gott sei Dank"! Ich begrüße das auch sehr, und deshalb erwähne ich es eigens hier.
    Die außerordentliche soziologische, staatspolitische und wohl auch außenpolitische Bedeutung des Problems Wehrpflicht oder Berufsarmee läßt eine sehr gründliche Behandlung des Gesetzentwurfs in den zuständigen Ausschüssen erhoffen und als wünschenswert erscheinen. Dies um so mehr, als mit der grundsätzlichen Frage nach der Wehrpflicht auch andere Fragen unlösbar verbunden sind, etwa die nach der Dauer der Grundausbildung, der Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen und die Frage nach der Organisation des Wehrersatzwesens, um zunächst einmal nur die wichtigsten Fragen zu erwähnen.
    Nun sagt man uns, der Zeitpunkt der heutigen Debatte sei vielleicht etwas unglücklich gewählt. An sich ist das nichts Neues, und es gehört eigentlich schon zu dem Zeremoniell der ersten Lesungen von Wehrgesetzen, daß der Zeitpunkt als inopportun angesprochen wird.

    (Sehr gut! und Heiterkeit in der Mitte.)

    Ich denke jetzt auch an gewisse Argumente, die draußen in der Öffentlichkeit gebracht worden sind. Da hat man uns gefragt, ob es denn richtig sei,


    (Dr. Kliesing)

    gerade jetzt, während der Londoner Abrüstungsgespräche, mit diesen Dingen im Parlament zu kommen. Nun, der Stand der Londoner Verhandlungen — ich möchte ausdrücklich sagen: der bedauerliche Stand dieser Verhandlungen — unterstreicht dieses Argument wohl in keiner Weise. Kein Volk der Erde würde glücklicher sein als das deutsche, wenn es zu einer wirklichen globalen Abrüstung käme. Aber angesichts des wahrhaft entmutigenden Standes der Londoner Gespräche müssen wir uns doch ernstlich die Frage vorlegen, ob wir durch einen Verzicht auf die heutige Beratung dem Gedanken der Abrüstung überhaupt einen Dienst oder nicht einen Bärendienst erweisen würden und ob auch durch eine derartige Vorleistung von unserer Seite der Osten nicht viel mehr ermuntert würde, an seiner bisherigen Taktik zermürbender und ergebnisloser Verhandlungen festzuhalten.

    (Zuruf von der SPD: Das ist sehr logisch!)

    — Allerdings.

    (Erneuter Zuruf von der SPD: Ja, ja!)

    Was die angebliche Erschwerung der Wiedervereinigung durch den vorliegenden Gesetzenwurf angeht, so glaube ich, meine Damen und Herren, mich in diesem Augenblick damit begnügen zu können, einmal an den Charakter und die Art des Ostberliner Mai-Aufmarsches zu Anfang dieser Woche zu erinnern.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die Bilder müssen doch geradezu den Gedanken aufzwingen, ob es nicht höchste Zeit ist,

    (anhaltende Zurufe von der SPD)

    auch auf dem Gebiete der Verteidigung der Bundesrepublik das nachzuholen, was nötig wäre, um den anderen die Wiedervereinigung in ihrem Sinn und damit die Verewigung der gegenwärtigen Zustände in der Zone und ihre Ausbreitung auf die Bundesrepublik zu erschweren.
    Ich habe gerade heute morgen einen Bericht von drüben bekommen, der in sehr interessanter Form nachweist, daß beispielsweise — —

    (Abg. Eschmann: Da war der Bericht ja gerade rechtzeitig hier!)

    — Ja, er ist gerade vor einer Stunde gekommen, Herr Eschmann. Ich bin so menschenfreundlich, daß ich ihn Ihnen sofort darbieten will. Da wird gesagt — —

    (Abg. Wehner: Bleiben Sie beim Manuskript!)

    — Ich bleibe nicht beim Manuskript; ich bleibe hier bei dem, was ich zu sagen habe. Es wird auch Sie interessieren, Herr Wehner, man sollte an solchen Tatsachen nicht achtlos vorbeigehen: daß beispielsweise die taktische und strategische Ausbildung der Volkspolizeioffiziere nur zu etwa 10 % auf die Verteidigung der Zone, dagegen zu 90 % auf partisanenartige Angriffsaktionen ausgerichtet ist. Das sind Dinge, die wir doch immerhin, sagen wir einmal, zur Kenntnis nehmen sollten. Man kann ja dazu stehen, wie man will, das ist jedem unbenommen, aber man soll sie doch wenigstens nicht lächerlich finden.

    (Zuruf von der SPD: Findet ja keiner!)

    — Sie haben sich aber doch den Anschein gegeben.
    Ehe ich mich nun mit dem Grundproblem der Wehrpflicht befasse, gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, zwei Vorbemerkungen zur meines Erachtens notwendigen Klarstellung. Erstens: In der öffentlichen Diskussion dieses Problems ist seit längerem u. a. die Meinung vertreten worden, es gebe zur Frage Wehrpflicht oder Berufsheer noch eine weitere Alternative, nämlich die Milizverfassung. Ich muß diese Auffassung ganz entschieden zurückweisen, da sie geeignet ist, der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Keine Regierung in einem demokratischen Lande wäre in der Lage, auch nur einen Mann zum Milizdienst einzuberufen, wenn ihr die Voraussetzungen dazu — nämlich in der Form eines Wehrpflichtgesetzes — fehlten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Milizverfassung steht in keinem Gegensatz zur Wehrpflicht, sondern sie ist eine Form dieser Wehrpflicht. Am klarsten und entschiedensten hat das meines Wissens Karl Kautsky mit den Worten ausgesprochen, — —

    (Lachen bei der SPD und Zurufe.)

    — Ja, wir interessieren uns auch für die Äußerungen aus Ihrem Lager. Oder ist es etwa Ihr Monopol, Kautsky zu zitieren?

    (Abg. Neubauer: Sie sollten nur mehr von ihm lesen! — Heiterkeit links.)

    — Habe ich schon getan! Wenn Sie so viel von ihm
    gelesen haben wie ich, können Sie zufrieden sein.

    (Anhaltende Unruhe bei der SPD.) Also Karl Kautsky sagt folgendes:

    Milizsystem bedeutet nicht Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht, sondern sie wird durch es erst voll in Kraft gesetzt.
    Die Frage „Stehendes Heer oder Miliz" ist also keine grundsätzliche Entscheidung, sondern eine Frage der wirtschaftlichen, sozialen, aber vor allem verteidigungspolitischen Zweckmäßigkeit. Nun, über die verteidigungspolitische, die militärische Zweckmäßigkeit hat der Herr Minister bereits einiges gesagt. Sollte Sie das nicht überzeugt haben, so ist, glaube ich, mein Freund Berendsen gern bereit und in der Lage, Ihnen dazu noch einige zusätzliche fachliche Argumente zu liefern. Ich hoffe ja, daß Sie nicht nur für politische, sondern auch für fachliche Argumente ansprechbar sind.
    Eine zweite Bemerkung! Die Frage nach der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht ist eng gekoppelt mit der Frage nach der personellen Höchststärke der Bundeswehr. Der Herr Minister hat die Auffassung der Bundesregierung auch in dieser Frage bereits dargelegt. Ich verzichte darauf, seine Argumente, die ich übrigens voll anerkenne, zu wiederholen; ich möchte ihnen nur eines hinzufügen.
    Meine Damen und Herren, es ist die objektive historische Wahrheit, daß im Gesamtverlauf der Beratungen der Pariser Verträge in diesem Hohen Hause von keiner Seite irgendwann ernstlich bestritten wurde, daß die Verpflichtungen aus dem EVG-Vertrag auf die Pariser Verträge zu übertragen seien.

    (Abg. Berendsen: Sehr richtig!)

    Im Gegenteil, die Zahl 500 000 und die zu ihrer
    Aufbringung erforderliche Einführung der allge-


    (Dr. Kliesing)

    meinen Wehrpflicht bildeten die ganz selbstverständliche Diskussionsgrundlage, und das zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamten Protokolle der Verhandlungen. Um diese Behauptungen zu beweisen, gestatten Sie mir, Herr Präsident, einiges aus den damaligen Verhandlungen kurz zu zitieren. Zum Beispiel in der ersten Lesung, und zwar in der 62. Sitzung dieses Hohen Hauses vom 16. Dezember 1954, befaßte sich mein Freund Rasner mit der finanziellen Seite des Verteidigungsbeitrags, und er wurde von dem Kollegen Ritzel mit der Frage unterbrochen: „Sind Sie in der Lage, die Behauptung zu entkräften, daß die Erstausstattung der 500 000-Mann-Armee der Bundesrepublik mindestens ca. 60 Milliarden DM kosten wird? Ja oder nein?" — Ich will hier nicht auf die Finanzfrage eingehen, sondern ich habe das zitiert, um Ihnen zu beweisen, daß auch der Kollege Ritzel bei seiner Frage doch von der ganz selbstverständlichen Annahme ausging,

    (Lachen bei der SPD)

    daß es sich hier um 500 000 Mann handelte.

    (Anhaltendes Lachen und Zurufe von der SPD. — Abg. Neubauer: Das ist doch kindisch, was Sie da sagen! — Abg. Wienand meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    — Einen Augenblick! Wenn Sie das als kindisch empfinden, dann hören Sie doch bitte weiter zu, was ich als nächstes zitiere.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?

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    Rede von Dr. Georg Kliesing


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Im Augenblick möchte ich das nicht, sondern erst nach dem nächsten Zitat.

    (Fortgesetzte Zurufe von der SPD. — Abg. Wehner: Die authentischen Texte und nicht solche Zitate! — Abg. Schmidt [Hamburg] : Sie können doch die 500 000 Mann nicht mit Hilfe von Herrn Ritzel beweisen wollen? — Heiterkeit bei der SPD.)

    — Nein, aber ich will sie jetzt mit Hilfe der SPD beweisen, Herr Kollege Schmidt.

    (Zuruf von der SPD: Geistige Armut!)

    — Hören Sie mir doch bitte zu,

    (Abg. Wehner: Das müssen wir ja! Leider!)

    und seien Sie nicht so besorgt um das, was kommen wird! — Als wenig später in dieser ersten Lesung mein Freund Richard Jaeger sich mit dem Ohne-Mich-Komplex beschäftigte, sagte er, daß man draußen im Lande überall Plakate angeschlagen habe, auf denen zu lesen sei — ich zitiere wörtlich —: „Ergebnis der Pariser Konferenz: 500 000 Deutsche in die Kasernen. Unterschrift: SPD."

    (Abg. Wehner: Lesen Sie doch mal den Accord spécial vor! — Abg. Schmidt [Hamburg] : Ist das der Autoritätsbeweis, Herr Kliesing?)

    — Über den Accord spécial haben wir uns im Verteidigungsausschuß auch dieses 2. Bundestages unterhalten.

    (Abg. Wehner: „Unterhalten"! Lesen Sie vor!)

    Das Protokoll der Sitzung aber vermerkt an dieser Stelle: „Zurufe von der SPD: Stimmt doch!" Meine Damen und Herren, was stimmt denn, Ihre heutige Behauptung, daß es sich nicht um 500 000
    Mann handle, oder Ihre damalige Behauptung, daß I es sich doch um 500 000 Mann handle?

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    — Meine Damen und Herren von der SPD, ich frage Sie — und bitte, antworten Sie mir darauf klar —: wenn Sie heute ernstlich die Verpflichtung der Bundesrepublik, einen Verteidigungsbeitrag in Höhe von 500 000 zu stellen, bezweifeln, wie kamen Sie dann vor anderthalb Jahren dazu, an sämtlichen Litfaßsäulen der Bundesrepublik mit Ihrer Unterschrift zu verkünden: Die Pariser Verträge bedeuten 500 000 Deutsche in die Kasernen?!

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)