Rede:
ID0214016500

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Dr.: 1
    7. Keller.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 140. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. April 1956 7195 140. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. April 1956. Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Horn, Höcker und Ladebeck . . . 7197 A Eintritt des Abg. Dr. von Golitschek in den Bundestag 7197 A Aufsetzung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 2312) auf die Tagesordnung: Dr. Bucher (FDP) 7197 B Fragestunde (Drucksache 2300): 1. betr. Gesundheitskarte für Seeleute: Dr. Bergemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr . 7197 B 2. betr. Härten durch Widerruf laufender Unterstützungen nach Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 21. November 1955: Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7197 D 3. betr. Veteranensold für Frontkämpfer: Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7198 A Dr. Höck (CDU/CSU) 7198 B 4. bis 7. zurückgestellt 7198 B 8. betr. Fehlen eines Hinweises auf § 4 Abs. 4 des Straftilgungsgesetzes in Fragebogen für Bewerber für die Bundeswehr: Blank, Bundesminister für Verteidigung 7198 C 9. bis 10. zurückgestellt 7198 D 11. betr. Ausschluß Untersuchungsgefangener vom Bezug bestimmter Zeitungen und Zeitschriften: Neumayer, Bundesminister der Justiz 7198 D, 7199 B Rehs (SPD) 7199 A 12. betr. Programm für die ländliche Siedlung für 1956: Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 7199 C 13. betr. Veranschlagung und Ist-Ausgaben im Bundeshaushalt 1955/56 zur Durchführung des Gesetzes nach Art. 131 GG: Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7199 D 14. betr. Frage der Vereinbarung des Gesetzes über die innerdeutsche Rechts-und Amtshilfe in Strafsachen mit dem. Gesetz über die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten: Neumayer, Bundesminister der Justiz 7200 A, D Lotze (CDU/CSU) 7200 D 15. betr. Frage der Vereinbarung des § 467 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung mit dem Grundgesetz: Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7201 A 16. zurückgestellt 7201 A 17. betr. Befugnis zum Waffenbesitz: Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . 7201 A 18. betr. Normung der Milchkannen: Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 7201 C 19. betr. Übertragung des Typhuserregers durch tierische Futtermittel auf den Menschen: Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . 7201 D, 7Z02 C, D Frau Keilhack (SPD) 7202 C, D 20. betr. Planung der Übernahme der Fernsprechteilnehmer der Verteilerämter Heppenheim, Gardernheim usw. in das Mannheimer Fernsprechbuch: Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen 7203 A, C Ritzel (SPD) 7203 B, C 21. und 22. zurückgezogen 7203 D 23. betr. Schäden durch Befahren der wegen Frostschäden gesperrten Straße von Hiddesen nach Detmold durch 14 britische Panzer der 60-Tonnen-Klasse: Blank, Bundesminister für Verteidigung 7204 A 24. betr. Frage der Ermäßigung der Kraftfahrzeugsteuer für Lkw-Anhänger: Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7204 B 25. betr. Entschädigung für die durch Beschränkung der Wirtschaftlichkeit von Lkw-Anhängern nach der Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und der Straßenverkehrsordnung entstehenden Schäden: Dr. Bergemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr . 7204 D 7205 B, C Dr. Bleiß (SPD) 7205 B, C 26. betr. Intervention der Bundesregierung wegen Absetzung des französischen Dokumentarfilm „Nacht und Nebel": Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . . 7205 D, 7206 B Frau Renger (SPD) 7206 A, B 27. betr. Schutzimpfungen gegen die Kinderlähmung: Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . . 7206 C Nächste Fragestunde 7207 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Rede des Kapitäns zur See Zenker in Wilhelmshaven (Drucksache 2125) . . . 7207 A Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD), Anfragender 7207 A, 7232 A, C Blank, Bundesminister für Verteidigung . . 7212 D, 7227 D, 7228 B, C Heye (CDU/CSU) 7213 C Dr. Mende (FDP) 7222 A, 7228 B, C Dr. Böhm (Frankfurt) (CDU/CSU) . 7223 A von Manteuffel (Neuß) (DA) . . . . 7224 A Dr. Horlacher (CDU/CSU) 7225 A Dr. Strosche (GB/BHE) 7226 A Bausch (CDU/CSU) 7228 C Schneider (Bremerhaven) (DP) 7229 D, 7230 D Frau Dr. Hubert (SPD) 7230 D Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . 7231 A Frau Kalinke (DP), 7232 C Unterbrechung der Sitzung . 7235 A Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, DP, DA eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 2283) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, DP, DA eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 2282), mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, DP, DA eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Besteuerung der Kredit-Garantiegemeinschaften des Handwerks und des Handels auf den Gebieten der Körperschaftsteuer, der Vermögensteuer, der Gewerbesteuer, der Kapitalverkehrsteuer, der Erbschaftsteuer und der Grundsteuer (Drucksache 2281), mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 2293), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 2295), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Kaffeesteuergesetzes (Drucksache 2296), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Teesteuergesetzes (Drucksache 2297), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Leuchtmittelsteuergesetzes (Drucksache 2298), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Notopfergesetzes (Drucksache 2277), und mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 2312) . . . . 7235 B Vizepräsident Dr. Schmid . 7235 C, 7238 B, 7249 D, 7254 D Schmücker (CDU/CSU), Antragsteller 7235 D Seuffert (SPD), Antragsteller . . . 7238 B Regling (SPD), Antragsteller . . . 7243 A Dr. Gülich (SPD), Antragsteller . . 7244 D, 7259 B, 7262 A Dr. Miessner (FDP), Antragsteller . 7245 D Frau Lockmann (SPD), Antragstellerin 7250 A Frau Dr. Ilk (FDP), Antragstellerin 7251 C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7252 B Dr. Wellhausen (DA) 7255 A Dr. Keller (GB/BHE) 7256 C Margulies (FDP) 7260 C Dr. Lindrath (CDU/CSU) . . 7261 B, 7262 A Ausschußüberweisungen 7263 A Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 566) 7263 C Tagesordnung der nächsten Sitzung: Vizepräsident Dr. Schmid . 7250 D, 7251 A, B Dr. Bucher (FDP) 7251 A Frau Kalinke (DP) 7251 A Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 7263 B Anlage 2: Interfraktioneller Antrag betr Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 566) 7264 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
  • folderAnlagen
    *) Siehe Anlage 2. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Peters 15.7. Meitmann 15.7. Lulay 9.6. D. Dr. Gerstenmaier 12. 5. Frau Albertz 5.5. Kahn 1.5. Dr. Bartram 30. 4. Behrisch 30. 4. Dr. Starke 30. 4. Gedat 28. 4. Dr. Becker (Hersfeld) 27. 4. Altmaier 25. 4. Birkelbach 25.4. Fürst von Bismarck 25. 4. Erler 25. 4. Even 25.4. Gräfin Finckenstein 25. 4. Gerns 25. 4. Dr. Hellwig 25. 4. Höfler 25. 4. Haasler 25. 4. Kalbitzer 25. 4. Kiesinger 25. 4. Dr. Kopf 25. 4. Lemmer 25. 4. Dr. Lenz (Godesberg) 25. 4. Lücker 25. 4. Marx 25. 4. Dr. von Merkatz 25. 4. Metzger 25. 4. Frau Meyer-Laule 25. 4. Dr. Mommer 25. 4. Dr. Oesterle 25. 4. Paul 25. 4. Dr. Dr. h. c. Pünder 25. 4. Frau Dr. Rehling 25. 4. Dr. Reif 25. 4. Dr. Schmid (Frankfurt) 25. 4. Frau Schroeder (Berlin) 25. 4. Schütz 25. 4. Seidl (Dorfen) 25. 4. Trittelvitz 25. 4. Dr. Wahl 25. 4. Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) 25. 4. Euler 23. 4. Bauknecht 22. 4. Frau Dr. Bleyler (Freiburg) 21. 4. Dr. Leverkuehn 21. 4. Morgenthaler 21.4. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 21. 4. Müller-Hermann 21. 4. Odenthal 21. 4. Ollenhauer 21.4. Pelster 21. 4. Pusch 21. 4. Raestrup 21. 4. Dr. Rinke 21. 4. Dr. Schneider (Lollar) 21. 4. Seither 21. 4. Stahl 21. 4. Stierle 21. 4. Voß 21. 4. Wagner (Ludwigshafen) 21. 4. Dr. Baade 20. 4. Blachstein 20. 4. Eickhoff 19. 4. Dr. Elbrächter 19. 4. Feldmann 19. 4. Dr. von Golitschek 19. 4. Müller (Worms) 19. 4. Dr. Pferdmenges 19. 4. Dr. Preiss 19. 4. Schloß 19. 4. Bettgenhäuser 18. 4. Blöcker 18. 4. Brandt (Berlin) 18. 4. Brockmann (Rink erade) 18. 4. Heiland 18. 4. Jahn (Frankfurt) 18. 4. Dr. Kreyssig 18. 4. Lahr 18. 4. Leibfried 18. 4. Lermer 18. 4. Dr. Maier (Stuttgart) 18. 4. Mayer (Birkenfeld) 18. 4. Miller 18. 4. Dr. Mocker 18. 4. Dr. Orth 18. 4. Dr. Pohle (Düsseldorf) 18. 4. Rasch 18. 4. Frau Schanzenbach 18. 4. Scheel 18. 4. Stauch 18. 4. Unertl 18. 4. Dr. Werber 18. 4. Dr. Willeke 18. 4. Wullenhaupt 18. 4. Ziegler 18. 4. b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Neuburger 31. 5. Mensing 1. 5. Böhm (Düsseldorf) 28. 4. Anlage 2 Umdruck 566 (Vgl. S. 7263 C) Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse. Der Bundestag wolle beschließen: Der folgende Antrag wird gemäß § 99 Abs. 1 GO ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen: Antrag der Fraktion der DA betreffend Förderung des Baues von Rad- und Mopedwegen an Bundesstraßen (Drucksache 2307) an den Haushaltsausschuß (federführend) und an den Ausschuß für Verkehrswesen. Bonn, den 17. April 1956 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Dr. Mocker und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Wellhausen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Ausführungen waren darauf abgestellt, daß der Herr Bundesfinanzminister, wie mir angekündigt war, das Wort nicht ergreifen würde. Aber da er inzwischen gesprochen hat, muß ich mich ein wenig mit dem beschäftigen, was er gesagt hat.
    Es fällt mir schwer, die Gefühle zu schildern, die mich erfüllen, wenn es heute, nach mehr als einem Jahr, endlich dazu gekommen ist, daß von breiten Kreisen des Parlaments Anträge gestellt worden sind. Es fällt mir aber auch schwer, die Gefühle zu schildern, die mich beschleichen, wenn ich daran denke, daß die Bundesregierung keinerlei Gesetzesvorlage eingebracht hat, obwohl die Länder, wie Sie alle wissen, durch den Bundesrat einen Appell dazu an die Bundesregierung haben ergehen lassen. Ich möchte es nicht unterlassen, der FDP-Fraktion, der ich nicht mehr angehöre, dafür zu danken, daß sie als erste, nämlich vor ungefähr einem Jahr, die 10%ige lineare Steuersenkung vorgeschlagen hat.

    (Beifall rechts.)

    Inzwischen ist in der Presse eine Flut von Artikeln erschienen, und auch Zeitungen, die, wenn ich es so nennen darf, es ais das höchste Recht und als die Pflicht der Zeitungen ansehen, sich nicht zu wiederholen und immer aktuell zu sein, haben es mit außerordentlicher Hartnäckigkeit unternommen, immer wieder auf das Notwendige hinzuweisen. Es scheint mir richtig zu sein, wenn ich in diesem Augenblick und in diesem Zusammenhang, nachdem ich auch von dieser Zeitung völlig unabhängig bin, die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" erwähne.
    Die Gedankengänge in Steuerdingen, die meine Freunde und mich mit derselben Hartnäckigkeit immer wieder zu unseren Vorstößen veranlaßt haben — ich erinnere an den Deutschen Industrie-und Handelstag, ich erinnere an das Institut Finanzen und Steuern —, sind außerordentlich einfach. Der erste Leitsatz ist der, daß man nicht mehr Steuern erheben soll, als für die notwendigen Staatsausgaben erforderlich ist, daß man also in keiner Weise und unter keinen Umständen eine Vorratspolitik mit Steuergeldern treiben soll.

    (Abg. Seuffert: Richtig!)

    Der zweite beherrschende Gesichtspunkt ist von meinem, ich muß sagen, „ehemaligen" Freund Miessner bereits erwähnt worden: daß es nämlich unnatürlich ist, wenn man mehr als 50 % an Steuern bezahlt. Gegen diesen Grundsatz haben wir jahrelang verstoßen, — wenn ich ehrlich sein soll, in früherer Zeit zum Teil verstoßen müssen. Der dritte Gesichtspunkt ist der der Gerechtigkeit. Sie ist zwar ohnehin nach einem alten lateinischen Satz das Fundament des Staates; aber man sollte doch immer wieder darauf hinweisen. Das ist insbesondere in einer Zeit notwendig, in der, wenn ich mich höflich ausdrücken soll, es modern war, dieser Gerechtigkeit zugunsten der Bekämpfung der Konjunktur Fesseln anzulegen. Ich will aber über überholte Dinge hier nicht sprechen und es mir damit auch versagen, auf die überraschende Haltung der Wissenschaftlichen Beiräte mehrerer
    Bundesministerien im vorigen Sommer einzugehen. Ich halte es mit Busch: gehabte Schmerzen, die hab ich gern.
    Wenden wir uns also ausschließlich — und es wird nun langsam Zeit dazu — der Zukunft zu! Sie haben meine Ausführungen in diesem Hause oft gehört, in denen ich mich seit Jahren dafür ausgesprochen habe, daß die Zeit der Begünstigungen in jeder Form und auf jedem Gebiet zu Ende sein sollte. Es ist gar kein Zweifel, daß es für diese Begünstigungen auch heute noch alle möglichen Argumente und Gesichtspunkte gibt, die beachtlich sind. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Die kunststoffverarbeitende Industrie hat mir gerade vor kurzem in einem Brief auseinandergesetzt, sie befinde sich in einer solch schnellen technischen Entwicklung, daß man wohl mit Recht behaupten kann, normale Abschreibungssätze entsprechen nicht mehr der technischen Entwicklung. Aber auch hierfür wird es nicht möglich sein, zusätzliche gesetzliche Vorschriften zu erlassen. Man muß sich vielmehr darauf verlassen und sich darüber, wenn nötig, nochmals vergewissern, daß das Bundesfinanzministerium derart das Ohr am Puls der technischen Entwicklung hat, daß hier nichts versäumt wird. Mit großer Befriedigung habe ich vielen . Zuschriften insbesondere in den letzten Wochen entnommen, daß in allen Wirtschaftszweigen ohne Unterschied die allgemeine Tarifsenkung als das Vordringlichste und Wichtigste bezeichnet und betrachtet wird Das ist ein
    gutes Zeichen für die wachsende Erkenntnis bei den verschiedenen Zweigen der Wirtschaft. Sicherlich wäre diese Erkenntnis nicht eingetreten, wenn nicht die Bundesregierung durch ihre wirtschaftspolitische Haltung die Voraussetzungen dafür geschaffen hätte. Man sollte sich also freuen, daß wir endlich soweit gekommen sind. Es wird auch bekannt sein, daß der Bundesverband der deutschen Industrie, der anfangs eine etwas schwankende Haltung eingenommen hat, inzwischen auf die Gedankengänge des Industrie- und Handelstages eingeschwenkt ist.
    Ich bin also der Meinung, wir sollten mit aller Kraft und in aller Schnelligkeit zu einer allgemeinen Steuersenkung kommen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es unbedingt beim 1. Januar 1957 verbleiben muß. Ich fand schon den Termin, den die Anträge der Koalitionsparteien enthielten, nämlich den 1. Oktober 1956, als recht spät.
    Wenn wir davon ausgehen, daß die Vorschläge der Koalitionsparteien der gesamten Wirtschaft zugute kommen, dann dürfen wir annehmen, daß sie auch dem Mittelstand nützen. Ich würde Sie bitten, sich doch um Gottes Willen nicht einzubilden, daß Sie mit Bestimmungen, wie sie die §§ 10 a, 32 a und gar 32 b darstellen, dem Mittelstand behilflich gewesen sind. Das ist doch im letzten Ergebnis und in der Perfektion, zu der wir leider gekommen sind, mehr eine Hilfe für die Großfirmen gewesen; das ist vorhin schon mehrfach zum Ausdruck gekommen. Es war es nicht in den Anfängen von 1950; es ist aber im Laufe der Zeit dazu gekommen.
    Ich möchte, da wir an sich die Absicht hatten, von einer ersten Lesung oder einer Beratung der Anträge abzusehen, mich im Augenblick nicht mit dem Umsatzsteuergesetz beschäftigen. Ich könnte es natürlich unter Hinweis auf meinen Freund Dresbach tun, wenn ich sage: Ich habe kaum etwas so Unsystematisches gesehen, wie den Antrag


    (Dr. Wellhausen)

    auf Reform der Umsatzsteuer. Ich könnte ihn aber schlucken, Herr Schmücker, wenn ich annehmen dürfte, daß das ein Anfang für eine Senkung der Umsatzsteuer überhaupt sein sollte und daß diese uns in absehbarer Zeit beschert werden könnte.
    Alle anderen Anträge, die hier vorgebracht worden sind, sind nach meiner Ansicht zweitrangig, und wenn Sie sie nach meinen allgemeinen Ausführungen eingruppieren, werden Sie mir das auch nicht bestreiten. Ihre Behandlung paßt jedenfalls in eine erste Lesung, die sich mit der großen Linie beschäftigen sollte, nicht hinein. Ich möchte die Besteuerung der Ehegatten als einzige Frage davon ausnehmen. Aber dieses Thema ist zu kompliziert, als daß es hier in vollem Umfange ausdiskutiert werden könnte. Aber ich möchte in diesem Zusammenhang doch sagen, daß ich das Vergnügen habe, mit dem Herrn Bundesfinanzminister in der Auffassung einig zu sein, daß man es sich aus ethischen Gesichtspunkten überlegen sollte, ob man die Ehefrau auf alle mögliche Weise noch mehr in die Fabriken und in die Büros hineintreiben sollte, als das ohnehin schon der Fall ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich habe in dieser Beziehung aus ganz allgemeinen Erwägungen schwere Bedenken.
    Zu den Anträgen der SPD über das Notopfer Berlin möchte ich heute in diesem Zusammenhang bei Wahrung der Linie der ersten Lesung nur sagen: Ich habe natürlich ein Verständnis dafür, daß unser Freund Gülich in einem berechtigten Unwillen über die Nichtzweckbindung des Notopfers Berlin einen anderen Weg beschreitet. Er schüttet jetzt aber das Kind mit dem Bade aus.

    (Abg. Dr. Gülich: Er unterstreicht die Sache nur, ist aber nicht der Grund!)

    — Ich glaube aber, Herr Gülich, daß wir uns mit dem begnügen sollten, was die Regierung vorschlug und was sie uns heute — so habe ich Herrn Schäffer verstanden — als Begründung vortragen wollte.
    Ich könnte mir also denken, daß wir mit der Befreiung der Steuerpflichtigen vom Notopfer Berlin, die bis zu 30 DM zahlen, uns zunächst begnügen sollten. Letzten Endes ist das psychologische Moment, das für die Notopfermarke vielleicht zu Tode geritten worden ist, für das Notopfer Berlin doch nicht außer acht zu lassen.
    Was die Anträge der SPD zur Einkommensteuer angeht, so scheint mir Herr Seuffert die Gegensätze zu den Anträgen der Koalitionsparteien ein wenig übersteigert zu haben. In Wirklichkeit sind sie in mancher Beziehung ähnlich; aber es fehlt die allgemeine Steuersenkung, auf die ich, wie ich Ihnen ja schon gesagt habe, den größten Wert lege.
    Ich weiß nicht, was aus der ersten Lesung nun noch herauskommt, nachdem andere Herren auf ihre Wortmeldung nicht verzichtet haben. Ich glaube aber, daß ich Sie auffordern sollte, nun rasch an die Arbeit zu gehen, damit wirklich etwas entsteht. Der Bundesfinanzminister hat uns heute abend ein wenig enttäuscht. Aber ich glaube, daß es möglich ist, auch mit ihm auf eine gemeinsame Linie zu kommen. Wir waren, Herr Bundesfinanzminister, vielleicht schon auf dieser Linie; denn Sie hatten Ihren Widerstand in erster Linie gegen die gezielten Maßnahmen und nicht gegen die allgemeine Steuersenkung gerichtet. Ich möchte also
    hoffen, daß diese allgemeine Linie im Finanzausschuß wiederhergestellt werden kann, und ich gebe meinen Optimismus in bezug auf die Erwartungen und Ergebnisse dieser Beratung — mindestens vorläufig — nicht auf.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Keller.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilfried Keller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte angesichts der vorgeschrittenen Zeit zu meiner Entschuldigung sagen, daß ich zu denen gehöre, die auf das Wort verzichten wollten; aber man kann sich hier nicht gut ausschließen. Ich möchte mich auch bemühen, dem Charakter einer ersten Lesung, die nicht weitgehend in Einzelheiten einsteigen soll, Rechnung zu tragen.
    Das Steuerwesen ist eine sehr komplizierte Angelegenheit. Wir haben viele Steuerdebatten gehabt, wir werden weitere haben. Aus einer Steuerreform in dem Sinne, in dem man früher davon sprach, nämlich auch im Sinne einer Vereinfachung dieser doch wirklich furchtbar unübersichtlich gewordenen Materie, ist bisher auch nicht viel geworden. Man sprach von der Großen Steuerreform; es wurde eine kleine Steuerreform, wenn auch für die Großen! Wie gesagt: auf diesem Gebiete haben wir noch allerhand vor uns. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, allgemeine Betrachtungen anzustellen und allgemeine Bemerkungen zu dem, was uns heute vorliegt, zu machen.
    Es geht um Senkungen. Man könnte — der Herr Bundesfinanzminister hat es getan; es hat uns nicht überrascht — das Thema auch von der wirtschaftlichen und konjunkturpolitischen Seite her beleuchten. Ich muß sagen, Herr Schäffer steht hier mit seinen Betrachtungen nicht allein. Es gibt bemerkenswerte Äußerungen von Instituten, die davon offensichtlich etwas verstehen und die in die Fachpresse Eingang gefunden haben.
    Ich möchte — die Erlaubnis des Herrn Präsidenten darf ich wohl voraussetzen — zitieren, was z. B. das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin hierzu ausgeführt hat. Es sagte, daß man vom Standpunkt der Konjunkturpolitik unverändert und mit größtem Nachdruck wiederholen müsse, daß zur Zeit im Grunde sogar jede Steuersenkung unverantwortlich sei. Sie sei bis auf weiteres geeignet, die kaum gebundenen Kräfte, die auf starke Anhebung des allgemeinen Preisniveaus hinwirken würden, zu entfesseln.
    Nun, wir sehen unsere Aufgabe nicht in erster Linie darin, uns gerade mit dieser Seite des Problems zu beschäftigen. Es sind vielleicht dieselben Kreise, zumindest die politisch gleich gerichteten Kreise gewesen, die diesen Gesichtspunkten der Bedrohung der Währung vor einiger Zeit noch bei anderen Anlässen sehr viel und sehr beredte Sorge haben zuteil werden lassen. Wir wollen diesen Kräften die weitere Verantwortung dafür überlassen und sie ihnen nicht abnehmen.
    Aber es gibt eine weitere Betrachtungsseite, der ich mich nun zuwenden möchte. Wir haben z. B. auf diesem Gebiete vor geraumer Zeit — wir waren damals in Berlin zusammen — vorgeschlagen, eine Rüstungsgewinnabgabe zu erheben, für die wir nicht bloß konjunkturpolitische, sondern auch andere Gründe hatten, die nachher, offen-


    (Dr. Keller)

    sichtlich unabhängig von uns, der Herr Bundesfinanzminister in einer sehr bekanntgewordenen und damals sehr viel Aufsehen erregenden Rede aufgenommen hat. Aus Gründen, die wir uns vielleicht nur denken können, ist es um diese Initiative Herrn Schäffers seit dieser Zeit still geworden.
    Uns bewegt vor allem ein anderes. Meine Damen und Herren, man kann schlecht beides auf einmal tun. Man kann schlecht mit der einen Hand Steuersenkungen versprechen und mit der andern Hand Bewegungen machen, die auf die zu erwartenden und anerkannterweise — oft allgemein anerkannterweise — äußerst dringenden sozialen Reformen hinweisen sollen.

    (Beifall beim GB/BHE.)

    Insofern haben wir sicherlich keinen Anlaß, Herrn Schäffer für seine bisherige Haltung uns gegenüber besondere Kränze zu flechten. Aber wir geraten in diesem Falle in einer überraschenden, einer im letzten Grunde doch irgendwie natürlichen Logik in Bundesgenossenschaft mit ihm, die zumindest er vermutlich auf diesem Gebiete nicht erwartet hätte, indem wir sagen: Wie soll denn das, was sonst so oft versprochen wird, verwirklicht werden? Der Herr Bundeskanzler, hört man, sagt dann im Wahlkampf: „Dat muß aber bald anders werden." Meine Damen und Herren, wie sollen denn alle diese Dinge anders werden, wenn auf
    der andern Seite denen, die diese Aufgaben bewältigen müssen — das ist die öffentliche Hand, das
    ist der Bund —, die Mittel dafür entzogen werden? Ich brauche nicht die ganze Skala, die hier ansteht, aufzuzählen: Bundesversorgungsgesetz, Kriegsgefangenenentschädigung, Angelegenheiten der Vertriebenen, die nicht allein mit § 7 und § 7 e,
    deren Geltungsdauer dankenswerterweise verlängert werden soll, abgetan werden können. Ich brauche nicht die Skala all dieser Dinge zu erwähnen. Wir müssen etwas für die Menschen aus der sowjetischen Besatzungszone tun. Mit den Rezepten Herrn Oberländers, die er in Berlin gegeben hat, wird man sich auf die Dauer nicht zufrieden geben können. Und die Sozialreform? Meine Damen und Herren, ich will hier nicht billig polemisieren. Aber ich will die ernste Seite des Problems aufzeigen, daß man nicht ohne weiteres Dinge zugleich versprechen kann, die sich nicht so einfach zugleich und auf dem gleichen Nenner lösen lassen.
    Wie ernste Auswirkungen das zu zeitigen vermag, haben wir aus einem Schreiben entnommen, in dem Finanzminister Schäffer, wie man sich erzählt, den maßgeblichen Repräsentanten des Ausgleichsfonds in Bad Homburg mitgeteilt haben soll, daß eine Vorfinanzierung des Lastenausgleichs unter diesen Umständen selbstverständlich nicht in Frage kommen könne.

    (Abg. Dr. Kather: Hört! Hört!)

    Das wäre etwas, worüber man reden und rechten könnte, was in dieses Kalkül einzubeziehen aber schlecht ansteht, da sich der Gesetzgeber selbst damals — es sind vier Jahre her; manchen scheint es in Vergessenheit geraten zu sein — in einer selten klaren Form im Lastenausgleichsgesetz die konkrete Pflicht gesetzt hat, eine Vorfinanzierung bis zu 5 Milliarden DM — auch eine der großen Zahlen, die heute einmal genannt sein sollen — vorzusehen.

    (Sehr wahr! beim GB/BHE.)

    Ich kann auch nicht umhin — ich bin genau derselben Ansicht —, zu wiederholen, was die Vorredner der SPD und der Kollege Miessner von der FDP gesagt haben: daß eine zeitliche Begrenzung, die nach dem Kalender genau in die Zeit bis nach der nächsten Bundestagswahl fällt, nicht sehr überzeugend wirkt. Ich möchte manche, die heute glauben in zukunftsträchtiger Laune frohlocken zu sollen, an die Geschichte eines Gesetzes erinnern, das auch vor den Bundestagswahlen beschlossen worden ist, nämlich das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz,

    (Sehr richtig! beim GB/BHE)

    das nachher die bekannten Hürden zu überwinden hatte

    (Zuruf von der CSU: Vom ganzen Hause beschlossen worden ist!)

    — ja, vom ganzen Hause — und das von einem, der auch heute in diesem Hause keine kleine und unmaßgebliche Rolle spielt, von Herrn Schäffer, nachher doch ein wenig in seinem Lauf behindert worden ist.
    Meine Damen und Herren, ich muß Ihnen gestehen: man hat hier den Eindruck einer geisterhaften Unwirklichkeit. Ich muß auch sagen, ich kann es schwer zusammenkombinieren, daß vorhin dieselben Hände, die jeder Steuersenkung und jedem Antrag, der darauf gerichtet ist, Beifall gespendet haben, nachher dem Bundesfinanzminister bei seinem doch sehr stark einschränkenden deutlichen Appell zum Maßhalten genau denselben Beifall gespendet haben.

    (Beifall beim GB/BHE. — Zuruf von der Mitte: Wollen Sie kein Maß halten?)

    — Doch! In diesem Falle haben wir es ihm gedankt!

    (Zurufe von der Mitte: Aha!)

    — Das soll man ruhig sagen. Aber es liegt die reale Situation vor uns, daß wir die Anträge, die hier gestellt werden, in den Ausschüssen beraten und daß sie dann irgendwie ihren Lauf nehmen werden. Deswegen dazu einige wenige Worte.
    Der Frage der Förderung der Kreditgemeinschaften auf den verschiedensten Steuergebieten, also diesem Sammelantrag der Koalition, stehen wir in der Tendenz wohlwollend gegenüber, wobei wir unterstellen, daß es sich dabei um Organisationen des kleinen und des kleineren Mittelstandes handeln wird.
    Ein Wort zur Frage der Umsatzsteuer. Wir haben im einzelnen nichts dagegen, obwohl das Argument der Preissenkung, das auch in der öffentlichen Diskussion darum angeklungen ist, doch sehr wenig stichhaltig zu sein scheint, wenn man überlegt, daß in der großen Masse, die ja immer den Umsatz — wie man mit einem landläufigen Wort sagt — ausmacht, so kleine Beträge herauskommen, daß sie sich praktisch gar nicht auswirken können. Es wäre hier an eine geradezu anekdotenhafte Begebenheit zu erinnern, die an die letzte Zuckersteuersenkung angeknüpft wurde. Die Zuckerverarbeitende Industrie soll gesagt haben: also wir können nur einen Pfennig Preisabschlag bei den Süßwaren, bei den Bonbons usw. herauswirtschaften; das kann man nicht durchführen; deswegen werden wir die Qualität verbessern.
    — Die Qualität um einen Pfennig verbessern! Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn


    (Dr. Keller)

    man sich das überlegt, sieht man, wie schwierig das in der Auswirkung ist. Ich glaube, daß man vielleicht einem anderen Effekt, wenn er auch in diesen Umsatzsteueranträgen nicht gewollt sein mag, dem Effekt nämlich, daß diese Maßnahmen zu einer Entlastung des kleinen Einzelhandels und der kleineren mittelständischen Gewerbebetriebe auf dem flachen Land führen könnten, durchaus zustimmen könnte.
    Wir haben da die Frage der Verbrauchsteuern.

    (Abg. Dr. Dresbach: Aber das hat doch mit dem Wesen der Verbrauchsteuern nichts zu tun!)

    — Nein! Wir haben auf der Tagesordnung — das habe ich vergessen zu sagen — die Frage der Verbrauchsteuern, die die SPD und früher, glaube ich, auch die FDP hier ins Gespräch gebracht hat.
    Nun, es ist irgendwie die Tragik dieser ganzen Dinge, daß gerade — man kann das auch heute oder gerade heute sagen — die unsozialen Verbrauchsteuern dem Bund allein zufließen, während die — cum grano salis gesprochen — doch irgendwie auf sozialen Grundsätzen aufbauenden oder für die Zukunft aufbauenden Einkommen-und anderen Besitzsteuern mit den Ländern geteilt werden müssen, so daß der Bund, der nach dem Grundgesetz das Schwergewicht der sozialen Aufgaben zu tragen hat, im Falle einer positiven Erledigung dieser Anträge sich selbst verkürzen muß. Die Dimensionen, um die es sich handelt — die unverbindlichen Schätzungen bei Tee belaufen sich auf 14 Millionen und bei den Leuchtmitteln auf 26 Millionen —, wären zu verschmerzen und zu verkraften. Anders sieht es schon aus bei der Kaffeesteuer, wo der zu vermutende Steuerausfall 350 Millionen ausmacht und damit eben schon ein wenig an den Nerv rührt, an den zu rühren ich vorhin versucht habe. Trotzdem meinen wir, daß der Gesichtspunkt, der Kaffee sei ein Luxus, den man deshalb wie alle anderen Luxus- und Genußmittel besonders besteuern könne, falsch ist. Außerdem sind wir der Auffassung, daß, soweit Kaffee von dem kleinen Mann heute nicht schon getrunken wird, wir den kleinen Mann dann eben in die Lage versetzen müssen, ihn trinken zu können. Das ist nicht so paradox, wie es auf den ersten Augenblick klingen mag. Ich kenne Menschen, die mir das gesagt haben,_ sehr arme Menschen, ältere Menschen vor allem, die manchmal auf eine Mahlzeit verzichten, um sich dafür am Sonntag eine Tasse Kaffee kaufen zu können. Man sollte diese Gesichtspunkte nicht übersehen.
    Was die Frage des „ Notopfers" betrifft, nun ja, so gut wir uns sonst vertragen mögen, hier weichen wir von der Meinung der SPD etwas ab. Die Argumente des hochverehrten Kollegen Dr. Gülich in Ehren. Ich muß aber gestehen, ich hatte auch ein wenig an die Möglichkeit einer Verärgerung gedacht angesichts der auch von uns abgelehnten und auch uns unangenehm bewegenden Haltung der CDU/CSU bei dem Versuch der SPD, das Überleitungsgesetz so zu ändern, daß für das „Notopfer Berlin" wirklich eine echte Zweckbindung erreicht würde und ein Mißbrauch — man kann es schon so nennen — und eine Degradierung zum allgemeinen Deckungsmittel vermieden würde. Wir glaubten jedoch, daß man angesichts der optischen, der moralischen Bedeutung und angesichts der Notwendigkeit, in der gesamten Bevölkerung das Bewußtsein aufrechtzuerhalten, für Berlin
    etwas tun zu müssen, den Weg der vollkommenen Abschaffung des „Notopfers Berlin" nicht gehen sollte. Soweit in der Tat Mängel im System bestehen, die Herr Dr. Gülich sehr zutreffend angesprochen hat, wird die Regierungsvorlage, die im selben Augenblick auf dem Tisch des Hauses liegt, die Möglichkeit geben, in der Beratung und durch Änderungsanträge den berechtigten Bedenken zum Zuge zu verhelfen.
    Nun zum Kern der Einzelanträge, zu den Einkommensteuergesetzen. Durch die Anträge sowohl der Koalition als auch der Opposition sind viele positive Punkte in die Diskussion eingeführt worden. Ich möchte mich nicht im einzelnen darüber verbreiten.
    Ich weiß nicht, ob die zahlreichen detaillierten Anträge auf die Erweiterung der Sonderausgaben
    — im Gegensatz zu den erhöhten Pauschbeträgen
    — eine sehr breite, streuende Wirkung haben. Ich glaube auch nicht, daß einige Möglichkeiten der Erweiterung des 33 a, also die Frage des erleichterten Haltens von Hausgehilfinnen usw. — wir wissen, wie die Situation auf diesem Gebiete heute ist —, allzusehr in die Breite wirken werden.
    Aber es gibt auf allen Seiten positive Züge, so vor allem der Antrag der SPD zu § 19, durch einen allgemeinen Freibetrag von 600 DM eine gewisse erweiterte Möglichkeit zu schaffen, ferner die Herabsetzung der Altersgrenze für die Altersfreibeträge. Ich erwähne ferner die grundsätzliche Bitte an das Haus, das Mindestalter für die Einstufung in die Steuergruppe II herabzusetzen, einen Antrag, auf dem wir — ich darf das nebenbei bemerken — in den Unterschriften die Namen
    Dehler und Fraktion" sowie „Ollenhauer und Fraktion" und „Dr. Mocker und Fraktion" und nicht „Dr. Dehler und Fraktion" und „Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion" auf einem Blatt gefunden haben. Es gibt weitere positive Punkte: Erweiterung der Freibeträge für Ehefrauen, für Kinder. Das soll anerkannt werden.
    Ich möchte ausdrücklich dafür danken, daß in diesem Fall seitens der Koalition dem Wunsche, die §§ 7 a und 7 e in ihrer Geltung um vier Jahre zu verlängern — ein zweifellos wichtiges Anliegen der Vertriebenen und ähnlicher zu privilegierender Bevölkerungskreise — Rechnung getragen worden ist. Vielleicht ist es in der Hast der Vorbereitung entgangen, daß dahinein nach dem System und nach der wirtschaftlichen Notwendigkeit natürlich auch der § 10 a gehört. Wir haben uns erlaubt, einen entsprechenden Antrag zu unterbreiten.. Auf den verschlungenen Wegen dieses Hauses ist er heute noch nicht bis hierher gelangt. Ich wollte ihn bei dieser Gelegenheit ankündigen, und ich hoffe auf die Unterstützung der Damen und Herren, da hierdurch nur eine Lücke im System geschlossen würde, die zu schließen notwendig ist. Die Untersuchungen des Bundeswirtschaftsministeriums haben eindeutig ergeben, daß bei diesen Betrieben eine Blutarmut vorliegt und daß von einem gleichen Start — mehr wird nicht verlangt — mit gleichen Möglichkeiten, auch Schwächen und Krisen auszuhalten, nicht gesprochen werden kann, wenn nicht auf diesem Gebiet wiederum ein Nachholen erfolgt.
    Bei der linearen Senkung sind wir nicht einer Meinung mit der Koalition, und wir sprechen uns hier ausdrücklich für die Auffassung der SPD aus. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist


    (Dr. Keller)

    nicht angenehm, Steuern zu zahlen. Wer wollte behaupten, daß ihm das Vergnügen bereite! Aber wir leben in einer Zeit, in der wir auf der einen Seite bei soundso viel Fragen eben hören: das Geld ist nicht da, und in der auf der andern Seite soviel von der Gerechtigkeit gesprochen wird die wir bei der linearen Senkung kaum verwirklichen würden! Denn für ungleiche Voraussetzungen Gleiches zu schaffen heißt noch nicht, Gerechtigkeit zu verwirklichen,

    (Beifall beim BG/BHE und bei der SPD)

    sondern Ungleichheit zu verstärken oder zu versteinern.
    Man mag sich das einmal so vorstellen. Es besteht nicht die unbedingte Notwendigkeit, da sonst etwa die Welt einstürzen würde, den Plafond von 55 % auf 52 % zu senken, also einen Steuerzahler von einem Einkommen von 1 Million DM — es gibt deren nicht allzu wenige in der Bundesrepublik Deutschland — um 30 000 DM zu entlasten. Dabei würde übersehen, daß er ja immer noch 480 000 DM vom Einkommen behält. Die absoluten Größen, an die die Progression heranreicht, dürfen nicht so einfach abgetan oder übersehen werden.
    Unsere Meinung ist es überhaupt, daß bei dem Kuchen, den es zu verteilen gilt, die Rosinen nicht denen gereicht werden sollten, für die das am opportunsten erscheint, sondern denen — wenn hier überhaupt von Rosinen gesprochen werden kann —, bei denen die soziale Dringlichkeit, von der wir sonst sprechen, es eben erfordert.
    Wir werden uns an der Überweisung all dieser Anträge und an der Ausschußberatung beteiligen
    in der ernsten Absicht, daß man einen Grundsatz — der Begriff „Gerechtigkeit" ist heute schon so viel strapaziert worden — wirklich einmal in den Alltag hineinführen sollte, der mit diesen Steuergesetzen gestaltet wird: „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk."

    (Beifall beim GB/BHE und bei der SPD.)