Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich ergreife jetzt noch das Wort zu dieser Angelegenheit, weil ich den Eindruck habe, daß in der Öffentlichkeit ein Mißverständnis über die Grundhaltung meiner Fraktion und der Mitglieder meiner Fraktion, die dem Verteidigungsausschuß angehören, entstehen könnte. Diese Sache ist von so außerordentlicher Wichtigkeit, daß wir Mißverständnisse nicht aufkommen lassen dürfen. Heute wird eine Weichenstellung in diesen geradezu lebenswichtigen Fragen unseres Volkes vorgenommen. Diese Weichenstellung muß geradlinig, eindeutig und unmißverständlich sein.
Ich möchte doch feststellen, daß wir uns im Verteidigungsausschuß mit dieser Angelegenheit, der Rede des Herrn Kapitäns zur See Zenker, sehr gründlich befaßt haben und daß sich bei dieser Aussprache im Verteidigungsausschuß eine weithin übereinstimmende, eine fast völlig übereinstimmende Meinung herausgebildet hat. Man war sich zunächst darüber einig, daß die Motive des Herrn Zenker durchaus ehrenhafte waren. Es war niemand da, der bezweifelt hätte, daß Herr Zenker nicht nur ein anständiger Soldat, sondern nach allen uns gemachten Mitteilungen auch ein anständiger Demokrat ist.
Das hat niemand bezweifelt. Ich möchte das nur feststellen, Herr Greve. Wahrscheinlich wissen Sie nicht, was wir im Verteidigungsausschuß verhandelt haben. Deshalb will ich darüber reden.
— Darauf komme ich nachher zu sprechen. Ich werde meine Meinung sehr deutlich sagen.
Zunächst geht es mir darum, das zu tun, was der Herr Kollege Professor Böhm hier gesagt hat. Man
sollte, wenn man eine Aussprache führt, auch an die denken, die irgendwie von dieser Aussprache mitbetroffen sind. Wir sollten uns deshalb auch ganz ruhig vornehmen, diese Aussprache so zu führen, daß auch der Herr Zenker, der Mann, um den es hier geht,
irgendwie angesprochen wird und merkt, daß wir auch mit ihm ein Gespräch führen wollen. Wir sprechen hier für das Volk. Aber auch für einen Mann wie den Kapitän Zenker, der auch zu diesem Volk gehört.
— Darauf komme ich jetzt zu sprechen.
— Jetzt warten Sie doch mal ab, was ich zu dieser Sache zu sagen habe.
Ich habe den Eindruck gehabt, daß wir uns im Verteidigungsausschuß bei der Besprechung der Rede des Herrn Zenker völlig klar darüber waren, daß es eine Unmöglichkeit ist, wohl von den militärischen Leistungen der Marine, der führenden Männer der Marine und der Sauberkeit der militärischen Führung der Marine — die unbestritten ist
— zu sprechen, aber dabei völlig auszuklammern, daß ein Mann wie Dönitz der besondere politische Vertrauensmann des Herrn Hitler war. Darüber bestand völlige Klarheit. Ein solches Verfahren haben wir als unmöglich empfunden.
Ich habe im Verteidigungsausschuß gesagt: Wenn der Herr Hitler den Herrn Dönitz gewürdigt hat, sein Nachfolger zu sein, so hat er das deswegen getan, weil der Herr Dönitz eine besonders geartete politische Grundhaltung hatte, die ihn in den Augen Hitlers geeignet erscheinen ließ, sein Amt zu übernehmen. Herr Hitler wär nach meiner Auffassung ein Verbrecher. Des besonderen politischen Vertrauens eines Verbrechers gewürdigt zu werden, ist eine Sache, die man nicht ignorieren kann und über die man, wenn man eine solche Rede zu halten hat, wie sie Herr Zenker zu halten hatte, nicht einfach hinweggehen kann.
Herr Zenker — ich sage das jetzt in aller Freundschaft, weil es mir wirklich darum geht, die Dinge in menschlich anständiger Weise auszutragen — hat bis zu seinem Eintritt in die neue Marine zehn Jahre Zeit gehabt, sich über politische Dinge zu unterrichten und sich über politische Dinge eine Meinung zu bilden. Ich habe den Eindruck, daß er diese Zeit schlecht genutzt hat, sonst hätte er eine solche Rede nicht gehalten.
Seine Rede war unmöglich, und eine solche Rede
hätte nach meiner Überzeugung nie gehalten werden dürfen
Das war auch die fast übereinstimmende Meinung sämtlicher Mitglieder des Verteidigungsausschusses meiner Fraktion. Wenn es sich jetzt darum handelt, die Bundeswehr und damit auch die Marine neu aufzubauen, dann, muß ich sagen, muß über diese Dinge völlige Klarheit bestehen. Dann muß das Wort gelten: Widerstehe den Anfängen! Führende Männer der Bundeswehr und der Marine
dürfen keine Reden halten, die politisch zweideutig sind oder die mißverstanden werden können.
Herr Zenker hätte bei der Gelegenheit, die Marine aus der Taufe zu heben, nach meiner Auffassung eine gute Möglichkeit gehabt, den jungen Anwärtern für die Marine einen klaren, unmißverständlichen und wirksamen staatsbürgerlichen Unterricht zu erteilen.
Er hätte ganz ruhig etwas darüber sagen können, daß die Marine sauber und anständig gekämpft hat und daß das zu sagen ein Bedürfnis auch vor der Öffentlichkeit ist. Er hätte auch etwas sagen können über das schwere menschliche Schicksal etwa von Männern wie Raeder und Dönitz — Herr Kollege Schmid, Sie haben es ja auch getan —; auch dagegen wäre gar nichts einzuwenden gewesen. Aber er hätte dann auch in klaren und unmißverständlichen Worten etwas darüber sagen müssen, daß das politische Verhalten des Herrn Dönitz falsch und verkehrt war und daß sein Verhalten mit dazu beigetragen hat, daß ein so großes Unglück über uns gekommen ist.
Auch dies hätte gesagt werden können.
Vor allen Dingen aber hätte er dann — und daß er das nicht getan hat, ist das, was ich an seinem Verhalten am meisten bedaure — ein klares, unmißverständliches Bekenntnis zur freiheitlichen Staatsordnung ablegen müssen,
ein Bekenntnis der Treue zur Demokratie. Er hätte den jungen Leuten sagen müssen, daß, wenn wir ähnliche Dinge in der Zukunft vermeiden wollen, wir uns mit den letzten Kräften, mit ungeteiltem Herzen und mit der Hingabe unseres ganzen Willens einsetzen müssen für eine freiheitliche Gemeinschaftsordnung der Menschen unseres Landes.
Meine Damen und Herren, ich möchte dem Wunsche Ausdruck geben, daß, wenn Männer der Bundeswehr oder der Marine künftighin irgendwo vor der Öffentlichkeit das Wort ergreifen, sie es dabei an dieser Klarheit des politischen Willens und der politischen Überzeugung niemals fehlen lassen und das sie das Letzte dazu tun, um die jungen Menschen, die in der Bundeswehr stehen, dazu anzuhalten, gemeinsam mit uns, die wir hier im Parlament versammelt sind, den Weg zu gehen, der zur besseren und sicheren Verankerung einer freiheitlichen Staatsordnung in den Herzen der breiten Schichten unseres Volkes führt.