Rede von
Dr.
Michael
Horlacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verlassen Sie sich darauf, daß ich hier für meine Person spreche. Ich begrüße es, daß mir persönlich einmal Gelegenheit gegeben ist, in einer so eminent wichtigen Frage meine eigene Meinung zu sagen. Meine eigene Meinung ist die, daß es zu begrüßen ist, daß die SPD diese Große Anfrage gestellt hat,
weil man dadurch Gelegenheit hat, dazu Stellung zu nehmen. Es handelt sich hier auch nicht um eine parteipolitische Frage,
sondern das ist eine Frage des ganzen Hauses,
eine eminent politische Frage!
Ich fühle mich berechtigt, zu dieser eminent politischen Frage zu reden, weil ich seit dem Jahre 1920 politisch tätig bin, weil ich durch den Landtag, den Reichstag, wieder den Landtag und durch den Bundestag hindurchgegangen bin und die Zeitverhältnisse alle miterlebt habe. Ich war vielleicht derjenige, der als erster, als andere es noch nicht wagten, über diese diffizilen Fragen zu reden, hierzu Stellung genommen hat. Es war im Jahre 1946, wo ich in einer großen politischen Versammlung gesagt habe — damals war der große Rummel der Entmilitarisierung usw. —: Ich möchte eines einmal mit aller Klarheit herausstellen: die Achtung vor unseren Landsern, die im Weltkrieg das Beste geleistet haben, lassen wir aus dem Herzen des deutschen Volkes nicht herausreißen!
Die Achtung ist um so größer, weil Millionen oft mit inneren Gewissenskonflikten und unter einer falschen Führung ihre Pflicht haben tun müssen. — Das ist die Lage.
Der zweite Gesichtspunkt — damit nichts ver-wurschtelt wird — ist der: Bei mir hört der Nationalsozialismus dort auf, wo der Geist des Nazitums versiegt ist. Aber dort hört er noch nicht auf, wo er immer noch herausquillt. Die trüben
Gewässer, das ist Has Gefährliche. Fs muß dafür
gesorgt werden, daß diese Quellen ein für allemal gestoppt werden.
Ich sehe das so an: Wenn man hier den echten Geist spürt, die Neueinstellung zu den veränderten politischen Verhältnissen, dann ist das in Ordnung. Wenn man aber den alten Geist mit Erinnerungen an frühere Zustände heraushört, dann ist das nicht in Ordnung.
Da kommt es nicht auf die fachliche Seite an, sondern auf die Geisteshaltung, auf die ganze Persönlichkeit, die hier steht.
Ich spreche hier mit einer gewissen seelischen Erschütterung, weil Sie auch an die Leute denken müssen, die damals vom Nationalsozialismus schwer verfolgt waren. Bei mir war die Sache so —in Millionen von Herzen von Deutschen denkt man da ein wenig anders —, daß ich in das Konzentrationslager wandern mußte, während mein Sohn mit der Waffe an der Front stehen mußte. Und da darf man nicht — das ist in einer solchen Lage immer sehr gefährlich — diese Konflikte aufreißen. Es muß dafür gesorgt werden, daß diese Konflikte nicht mehr entstehen können.
Wir wollen mit denen, die dem Nationalsozialismus einmal nachgelaufen sind, ehrlich zusammenarbeiten, wenn sie es ehrlich meinen.
Dann soll Schluß mit der Frage sein. Aber wir müssen Obacht geben, daß wir hier nicht in Fehler verfallen, die einmal da waren. Der Zusammenbruch im Jahre 1945 war so groß, daß wir alle Ursache haben, wachsam zu sein. „Widerstehe den Anfängen!" Laß die Dinge nicht wachsen und nicht gedeihen! Sorge dafür, daß die Dinge in Ordnung bleiben!
Der Fall Zenker ist bloß eine typische Sache für mich, keine generelle Sache. Aber er ist eine wesentlich typische Sache, weil damit nicht bloß militärische Betrachtungen, innerpolitische Betrachtungen zusammenhängen, sondern auch außenpolitisches Vertrauen zu uns. Die Herren sollen doch einmal bedenken, daß wir den Krieg total verloren haben und daß es unsere Aufgabe ist, uns das zurückgewonnene Vertrauen für das deutsche Volk zu erhalten und in keiner Weise erschüttern zu lassen!
Das ist die große Aufgabe, die hier vor uns liegt. Deswegen kann man einen solchen Fall nicht verteidigen, nicht bagatellisieren. Man kann nichts entschuldigen, was nicht zu entschuldigen ist.
Wir wollen auf jeden Fall haben. daß unter keinen Umständen mehr die Verquickung des Militärs mit der Politik stattfindet.
Das war das Unglück der vergangenen Tage. Die politische Führung gehört zur Politik, und die militärische Führung gehört zum Militär. Da muß eine ganz klare Trennungslinie bestehen. und es ist die gemeinsame Aufgabe dieses Hohen Hauses — nicht einmal die Aufgabe einer einzelnen Partei —. die neue Truppe, die wir herzlich begrüßen, mit dem neuen Geist zu erfüllen.
Es kommt daher auf die Gesamthaltung an. Auch kann man das, was der Herr Zenker gesagt hat, nicht entschuldigen, weil er es im Dienst gesagt hat. Jetzt muß eine führende Persönlichkeit auch beim Militär mit ihren Äußerungen vorsichtig sein, weil sie im Brennpunkt eines neuen Aufbaus steht und weil man genau von dieser Persönlichkeit wissen muß, wie es innerlich mit ihrem Gewissen aussieht. Man muß wissen, daß sie das, was sie innerlich denkt, freiwillig zum Ausdruck bringt. Und einer, der innerlich richtig denkt, der
macht nicht solche Ausführungen wie der Herr Zenker.
Das sind eben die Tatbestände, die hier herausgehoben werden müssen.
Zum Schluß möchte ich sagen: Je geschlossener unsere Front ist und je wachsamer wir alle miteinander sind, desto besser ist es für uns alle miteinander. Denn wir müssen eine Vertrauensgrundlage schaffen, damit wir miteinander zusammenarbeiten können an dem Bestand unseres demokratischen Staates und damit auch unsere Soldaten das Vertrauen zu uns haben. Wir wollen unser Vertrauen auch auf unsere Soldaten übertragen. Aber die Führung muß so sein, daß sie vollständig einwandfrei dasteht.