Rede von
Hasso
von
Manteuffel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche hier im eigenen Namen und begrüße allerdings die Mißbilligung, die der Bundesminister für Verteidigung dem Kapitän zur See Zenker wegen der Rede ausgesprochen hat. Die Damen und Herren des Sicherheitsausschusses werden wissen, daß ich an dem Tage, an dem uns der Herr Bundesminister für Verteidigung von der Rede im Wortlaut Kenntnis gab, mich auch entsprechend ausgedrückt habe, weil ich die Bedeutung dieser Rede zwar nicht überschätzen, aber auch nicht unterschätzen wollte. Es war in der Tat, wie es einer der Redner sagte, doch die Taufe dieser Kriegsmarine. Ich halte es nicht für die Aufgabe der fachlichen Militärs, dort zu einem erheblichen Politikum in dieser Weise Stellung zu nehmen, einem Problem, das im übrigen nicht nur bei der Marine vorliegt und das auch heute schon einmal von einem der Vorredner angesprochen worden ist. Ich habe nicht die Wehrmacht, die Heeresteile, zu vertreten; aber jedenfalls für einen Großteil meiner Kameraden im Heer muß ich dasselbe sagen, daß auch heute noch ehrenwerte unbekannte und bekannte Soldaten sowohl im östlichen wie im westlichen Gewahrsam sitzen. Das Problem wird auch bei der Luftwaffe vorliegen. Und weil dieses Problem eben bei den drei Wehrmachtsteilen vorliegt, bin ich der Auffassung, der ich damals Ausdruck gegeben habe. Wenn sich das Problem für den Ersatz oder die Güte des Ersatzes oder die Anzahl der Soldaten, die wir suchen, so schwer stellt, daß der kommissarische Leiter der Marine an diesem Tage der Taufe der Marine Stellung nehmen mußte, dann wäre es Aufgabe des uns verantwortlichen Ministers gewesen — der doch am selben Ort war, wie wir eben hörten —, dazu Stellung zu nehmen.
Ich begrüße deshalb, daß hier von zwei Rednern ein Leitbild des künftigen Offiziers gegeben wurde, insbesondere das, was der Herr Professor Carlo Schmid über die Übernahme der guten Traditionen des anständigen deutschen Soldatentums gesagt hat. Das war wahrscheinlich der Punkt, zu dem Zenker zu seinen Männern hätte sprechen sollen, um Zeugnis abzugeben von dem, was er, der sich in selbstloser Weise seit Jahren zur Verfügung gestellt hat, sich schon im Rahmen der Instruktion und des Lebens im Bundesverteidigungsministerium angeeignet hatte, und seinen jungen Soldaten zu sagen, was unser neues Wollen nunmehr ist. Diesem neuen Wollen hat auch eine geistige Reformation des Denkens in dem kleinen Rahmen einer militärtechnischen und militärfachlichen Ebene voranzugehen. Von den führenden Soldaten muß verlangt werden, daß sie nicht nur die Demokratie bejahen und dieses Bekenntnis abgeben, sei es vor dem Personalgutachterausschuß oder einigen Prüfstellen, sondern daß sie die Demokratie aus Überzeugung selbst vorleben und aus dieser Überzeugung dann ihren jungen Leuten einimpfen. Insofern kann ich meinem verehrten Freund H e y e auch nicht zustimmen. Ich muß doch von den führenden Soldaten ein politisches Einfühlungsvermögen verlangen, ohne daß sie selber deshalb Politik machen. Wir haben mit den politisierenden Generalen in Deutschland etwas Pech gehabt. Aber ich meine, das, was hier an positiven Leitsätzen für die innere Haltung des Offiziers gegeben ist, das sollte Gültigkeit haben und muß nun auch Geltung in den Streitkräften bekommen.
Ich habe persönlich gar keinen Zweifel am Persönlichkeitswert des Kapitäns zur See Zenker, so wie er uns dargestellt ist. Ich persönlich habe ihn erst nach der Rede einmal kennengelernt. Aber ich meine, es wäre zweckmäßiger gewesen, wenn er zu diesem politischen Problem jedenfalls in dieser Form nicht Stellung genommen hätte, wenigstens nicht ohne ganz klar zum Ausdruck zu bringen, daß auch wir, die ehemaligen Soldaten und die künftigen, die dazu Stellung zu nehmen haben, von diesen Scheußlichkeiten, die uns hier noch einmal vor Augen geführt worden sind, unter allen Umständen abrücken. Dabei muß ich Ihnen, Herr Professor Schmid, wenn Sie sagten, daß jeder Stabsgefreite der Wehrmacht doch wissen mußte, wie, in welcher Form die Ausrottung der Juden beispielsweise vorgesehen war, sagen — Sie wissen, ich habe mich je als Freund der Gerechtigkeit als freiwilliger Zeuge nach Nürnberg gemeldet und das dort zu Protokoll gegeben, und Sie werden es mir vielleicht glauben —, daß ich von der Art und Weise der Ausrottung und diesen Scheußlichkeiten
— Aus der Zeitung, das gebe ich zu. Ich war an der Front. Ich habe von einer Ausrottung in der Art, wie sie etwa Kogon beschrieben hat, keine Ahnung gehabt. Einen solchen Kameradenmord muß ja jeder verantwortungsbewußte — —
— Wir haben von den Gasöfen in der Tat nichts gewußt.
— Herr Professor Schmid, Sie werden es mir jetzt nicht glauben, Tatsache ist, daß ich von dem entsetzlichen Mord an Rommel erst einige Tage nach der Gefangennahme etwas erfahren habe.
Wir hatten an der Front unsere Augen am Feind. Ich war, wie die Herren wissen, immer an der Front, ich habe das nicht gewußt.
— Das haben wir nicht erfahren. Ich glaube, das sollte man jetzt auch gar nicht hier anrühren. Wir wollen uns ja auch davon absetzen. Wir dürfen es nicht dulden, daß darüber nicht gesprochen wird, sondern wir müssen unseren jungen Leuten die Augen dafür öffnen und ihnen das sagen. Es war
von dem Kapitän zur See Zenker zweifellos falsch, daß er es so getan hat. Ich meine, der Herr Bundesverteidigungsminister steht hier vor einer schwierigen Aufgabe. Er wird — diese Hoffnung habe ich — aus dieser Debatte die Anregung mitnehmen, seinen Offizieren unser Anliegen in diesem Sinne zu übermitteln.