Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der von dem Herrn Bundesinnenminister begründete Entwurf auf Drucksache 2268 findet bei einem Teil meiner Fraktionsfreunde keine Gegenliebe.
Wir möchten diesen Entwurf ablehnen. Ich sage das ausdrücklich im Anschluß an die Ausführungen meines Fraktionskollegen Dr. von Buchka. Wir nehmen diesen ablehnenden Standpunkt aber nicht etwa unter dem Gesichtspunkt des Schleiers ein, von dem Herr Kollege Schmitt hier sprach, sondern wir sind der Meinung, daß von der Bundesregierung und auch von den Länderregierungen zur Regelung dieser brennenden Frage im Laufe der letzten Jahre doch vielfach sehr energische Schritte unternommen worden sind,
die leider bei den Alliierten nach unserer Ansicht l nicht auf die nötige Sorgfalt und das notwendige Entgegenkommen gestoßen sind.
Ich möchte zu den Einzelheiten dieses Gesetzes nicht Stellung nehmen. Aber auch mir scheint die Befristung bis zum 31. Dezember außerordentlich lang. Im übrigen besteht nun einmal die Befürchtung, daß ein solches Gesetz, wenn es überhaupt geschaffen wird und befristet ist, im gegebenen Moment, wenn die Dinge noch nicht in Ordnung sind, erneut verlängert wird.
Deshalb bin ich trotz der Ausführungen meines Kollegen von Buchka der Meinung, daß man noch einmal sehr gründlich prüfen sollte, ob man diese Frage nicht auf Grund der vorhandenen Gesetze, Reichsleistungsgesetz usw., regeln kann. Wir erkennen die Verpflichtungen aus dem Truppenvertrag, besonders aus den Artikeln 37 und 48, ausdrücklich an. Aber wir sind der Meinung, daß die Bundesregierung das Finanzministerium noch dringender als bisher veranlassen sollte, für eine Verstärkung und Beschleunigung der Bauten für die Besatzungsverdrängten — denn es sind praktisch Bauten für die Besatzungsverdrängten, die wir für die Alliierten errichten — zu sorgen. Wir wissen, daß nicht etwa die wenigen Wochen Frostperiode dieses Problem bis jetzt unlösbar machten. Vielmehr hätte nach unserer Überzeugung in dieser Hinsicht schon vorher etwas mehr geschehen können.
Meine Herren Vorredner haben schon darauf hingewiesen, daß elf Jahre Besatzungsverdrängung
wirklich ausreichen. Wie ich schon sagte, fehlt es teilweise am guten Willen und in tragischen Härtefällen bei den Alliierten auch an einem ganz geringen Entgegenkommen, wo mit einer nur bescheidenen Abgabe von Wohnraum wirklich die elendesten Wohnungsverhältnisse der Verdrängten hätten gebessert werden können. Es sind zum Teil alte, kranke Leute, die durch diese Maßnahmen ihres Heimes beraubt worden sind und die praktisch nur darauf warten, daß sie die letzten Tage ihres Lebens noch in ihrem Heim verbringen können.
Wir müssen die Regierung auffordern, dafür zu sorgen — das hat auch der Herr Kollege Schmitt hier gefordert —, daß endlich die Wohnungen frei gemacht und freigegeben werden, die seit Monaten überhaupt nicht mehr bewohnt sind,
weil die Angehörigen dieser ausländischen Familien längst in Nordafrika oder sonstwo sind. Wir haben bestimmt keinen Grund, für Stationierungstruppen in Nordafrika in der Bundesrepublik die Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Ebenso müssen auch noch die Wohnungsen freigegeben werden, die bis heute noch von den Familien derjenigen Angehörigen der ausländischen Streitkräfte besetzt gehalten werden, die ebenfalls nicht mehr in der Bundesrepublik stehen. Es geht auch nicht, daß z. B. wie jetzt bei der Räumung einer deutschen Kaserne in Idar-Oberstein wohl die Truppen — oder wenigstens der größte Teil der Truppen — aus der Kaserne herausgenommen werden, gleichzeitig aber die Familien restlos in den Privatwohnungen bleiben. Auf diese Weise wird der Bedarf für Wohnungen der Stationierungsangehörigen nicht vermindert, sondern verstärkt.
Die Frage des Eigentums möchte ich nicht berühren. Mein Kollege von Buchka hat mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß es nach einer so langen Zeit notwendig wird, auch auf der andern Seite wieder etwas mehr Respekt vor dem Begriff des Eigentums zu bekommen.
Die Situation, wie sie augenblicklich besteht, hat sich auch deshalb so entwickelt, weil in bestimmten Gebieten der Bundesrepublik von den Alliierten und ihren Stationierungstruppen nicht das getan wurde, was ihrerseits nach Inkrafttreten der Pariser Verträge hätte unbedingt geschehen müssen und auch können. Ich verschließe mich im Gegensatz zu Herrn Kollegen Schmitt nicht der Meinung des Herrn Innenministers, daß unser nationales Ansehen es verlangt, diese Frage in einer sauberen Weise zu regeln. Aber, Herr Kollege Schmitt, es ist doch nicht so, wie Sie sagten, daß wir, wenn wir diese Angelegenheit nunmehr in ordnungsmäßiger Weise regeln, zu einem sogenannten „Übersoll" noch einmal ein Soll leisten. Denn ich glaube, Herr Kollege Schmitt, das, was die Bundesrepublik im Laufe der letzten Jahre außen- und innenpolitisch in Verbindung mit den Alliierten erreicht hat, rechtfertigt durchaus die Opfer, die die Bundesrepublik in dieser Hinsicht gebracht hat.
— Wenn Sie etwa darüber einen Zweifel haben,
verehrte Zwischenruferin, dann sehen Sie sich einmal die Freiheiten und den Lebensstandard in der
Bundesrepublik, unser außenpolitisches Ansehen und demgegenüber die Verhältnisse der „Deutschen Demokratischen Republik" an.