Meine Damen und Herren! Der vorliegende Freundschaftsvertrag hat naturgemäß seine Probleme; denn er ist abgeschlossen zwischen ehemaligen Siegern und Besiegten. Das ein bißchen zu hochgestochene Phatos dieses Vertrags verdeutlicht eher diese Schwierigkeiten, als daß es sie verdecken würde. Man wird den Eindruck nicht ganz los, daß einige der Formulierungen in ihrer prinzipiellen Tiefe mehr die Hand der amerikanischen als der deutschen Diplomatie verraten. Man muß auch sagen, daß er in einigen Punkten auf eine Phrasenhaftigkeit ausgeht, und zwar in bezug auf die Frage des Schutzes des Privateigentums; denn der betreffende Artikel, der auf frühere Handels- und Freundschaftsverträge zwischen USA und Deutschland zurückgeht, hat nicht verhindert, daß in beiden Weltkriegen das Feindvermögen beschlagnahmt und verwertet worden ist.
Allerdings haben wir erlebt, daß der Herr Bundeskanzler vor der Bundestagswahl 1953 laut erklärt hat, daß es ihm gelungen sei, auf Grund seiner guten Beziehungen zur amerikanischen Regierung, insbesondere zu seinem großen Bruder Mr. Dulles, mindestens 100 Millionen Dollar deutschen Vermögens in den Vereinigten Staaten zurückzuerhalten. Diese damalige Behauptung hat sich leider nicht verwirklichen lassen.
Bis heute sind wir nicht darüber hinausgekommen, daß man zwar Verhandlungen führt, aber keine Ergebnisse hat zeitigen können. Es drängt sich deshalb die Vermutung auf, daß die damaligen Behauptungen vor der Wahl zu ausgesprochenen Propagandazwecken lanciert worden sind. Das ist der wirklichen Lösung des Problems natürlich nicht förderlich gewesen, sondern kann die Fronten nur versteift haben.
Der vorliegende Vertrag allerdings gibt der deutschen Seite für die Verhandlungen um die Rückgabe des deutschen Vermögens weitere Stützen, und insofern ist der Vertragsabschluß im Hinblick auf das deutsche Eigentum in den Vereinigten Staaten durchaus zu begrüßen. Er stützt die deutsche Forderung in zwei Punkten: einmal schon in der Überschrift dadurch, daß ja von einem Freundschaftsvertrag gesprochen wird und ein Freundschaftsvertrag natürlich sehr schlecht in die Nachkriegspraxis der Beschlagnahme von Feindvermögen hineinpaßt, zum zweiten in der in diesem Vertrag ausdrücklich garantierten Nichtdiskriminierung, wechselseitig also der Deutschen in den USA und umgekehrt.
Ich habe aber gerade in den letzten Tagen erfahren, daß die Amerikaner das deutsche Vermögen als ehemaliges Feindvermögen erheblich schlechter behandeln als Vermögen anderer Mächte, die mit Nazi-Deutschland während des
zweiten Weltkrieges verbündet waren, der Länder Ungarn, Bulgarien und Rumänien. Diesen drei kleineren Ländern ist das Eigentum im Prinzip zurückgegeben worden, es befindet sich nur insoweit unter Beschlagnahme, als die wirklichen Eigenturner infolge der politisch-ökonomischen Veränderungen im Balkanraum heute physisch nicht in der Lage sind, dieses ihr Eigentum zu übernehmen. Es ist also zugunsten der Privateigentümer beschlagnahmt worden, es ist nicht enteignet. Wenn dem so ist, und zwar mit der ausdrücklichen Begründung der amerikanischen Regierung, daß man sich die Freundschaft und das Vertrauen dieser Menschen auf dem Balkan nicht verscherzen wolle, so ist es zweifellos eine ausgesprochene Diskriminierung, wenn man gegenüber der Bundesrepublik, mit der man gerade einen Freundschaftspakt abschließt, nicht ebenso handelt und also auch hier das Eigentum zurückgibt, wobei noch in Deutschland eben für die Deutschen der Vorteil darin besteht, daß sie zu ihrem großen Glück nicht physisch gehindert sind, ihr Eigentum auch tatsächlich zu übernehmen.
Aber der Vertrag hat noch in zwei anderen Punkten eine gewisse Aufmerksamkeit für die deutsche Politik in ihren Beziehungen zu den befreundeten Vereinigten Staaten von Amerika verdient. Da ist einmal der Art. VIII, der den Bürgern beider Länder ausdrücklich verbietet, sich im anderen Lande politisch zu betätigen, d. h. die Deutschen dürfen in Amerika keine Fünfte Kolonne gründen, was selbstverständlich ist, und umgekehrt dürfen sich Amerikaner in Deutschland nicht in die deutsche Innenpolitik einmengen. Das wird jedoch ganz zweifellos u. a. in den Aktivitäten des Komitees Freies Europa, des Free Europe Commitee getan. Dieses Komitee, das sich bekanntlich zur Aufgabe gestellt hat, Propaganda hinter den Eisernen Vorhang zu tragen, worüber ich mich in diesem Zusammenhang nicht verbreiten will, wird in Deutschland tätig, unterhält in Deutschland Radiostationen und vertritt in seinen Rundfunksendungen und in seinen schriftlichen Äußerungen eine Politik, die der deutschen Politik in vitalen Lebensfragen entgegensteht.
Durch den Abschluß dieses Freundschaftsvertrags ist die legale Basis des Free Europe Committee aufgehoben, und ich gestatte mir deshalb die Frage an die Bundesregierung, wann und ob sie etwa sofort Schritte unternehmen wird, damit die vertraglichen Bindungen für das Free Europe Committee nun beendet werden. Es ist selbstverständlich, daß der Freundschaftsvertrag, den zu schließen wir in dieser Stunde beabsichtigen, einem privaten Vertrag mit dieser privaten Organisation amerikanischer Staatsbürger vorgehen muß.
Drittens möchte ich die politische Aufmerksamkeit des Hauses und der Bundesregierung noch auf den Art. XVIII lenken, der ein gemeinsames Vorgehen beider Regierungen gegen internationale Kartellabreden vorsieht, d. h. eine Politik im internationalen Rahmen postuliert, wie sie zur Zeit gerade in der Kartelldebatte, die in diesem Hause in den Ausschüssen durchgeführt wird, zum Ausdruck kommt. Diese Absprache zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik, gemeinsam gegen internationale Kartelle und deren überhöhte Preise vorzugehen, bezieht sich — ich will keine Rundreise durch alle internationalen Kartelle antreten — zweifellos auf das de facto bestehende internationale Ölkartell, welches zum Prinzip hat, Öl z. B. aus dem Mittleren Osten, aus Arabien, Persien usw., nicht nach den Gestehungskosten in diesen Ländern zu verkaufen, sondern nach Kosten, die auf der anderen Seite der Erde, nämlich in Texas und anderen Gegenden in den Vereinigten Staaten als Gestehungskosten angesehen werden. Auf diese Art — das ist ja allgemein bekannt; denn es sind amerikanische Feststellungen, die ich hier wiederhole — ist der Rohölpreis in Deutschland künstlich außerordentlich überhöht. Das ist ein typischer Fall des Art. XVIII, und ich gestatte mir deshalb den Hinweis gegenüber der Bundesregierung, daß sie den jetzt zu bestätigenden Freundschaftsvertrag dahin anwenden sollte, diesem Mißbrauch eines internationalen Kartells in freundschaftlicher Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika ein Ende zu bereiten.
Damit habe ich meine Bemerkungen schon beendet und darf nur noch für meine sozialdemokratischen Freunde und mich feststellen, daß wir diesem Vertrag gern unsere Zustimmung geben, weil er im Interesse der internationalen Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wirtschaft, der Seeschiffahrt und in vielen anderen Punkten liegt und weil er Deutschland eine günstige, loyale Position gegenüber den Vereinigten Staaten einräumt, wie selbstverständlich auch die Bundesrepublik bereit und in der Lage ist, dasselbe gegenüber den Vereinigten Staaten zu tun.