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    2. Deutscher Bundestag — 132. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. März 1956 6817 13 2. Sitzung Bonn, Dienstag, den 6. März 1956. Mitteilung über Austritt der Abgeordneten Euler, Hepp, Dr. Wellhausen, Dr. Henn, Dr. Berg, Dr. Schäfer, Hübner, Dr. Preiß, Dr. h. c. Blücher, Körner, von Manteuffel (Neuß), Dr. Blank (Oberhausen), Lahr, Dr. Schneider (Lollar), Dr. Preusker, Neumayer aus der Fraktion der FDP und über ihren Zusammenschluß als „Arbeitsgemeinschaft Freier Demokraten" (AFD) 6818 C Niederlegung des Mandats des Abg. Grafen von Spreti 6818 C Eintritt des Abg. Dr. Winter in den Bundestag 6818 C Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 6818 D Vorlage von Ausführungen des Bundesrats zum Nachtragshaushaltsgesetz (Drucksache 2129) 6818 D Verlangen des Bundesrats auf Einberufung des Vermittlungsausschusses zu den Gesetzen zur Förderung der deutschen Eierwirtschaft (Drucksache 2130) und über die Tilgung von Ausgleichsforderungen (Drucksache 2131) 6818 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 227, 228 und 232 (Drucksachen 2068, 2144; 2078, 2148; 2099, 2141) . . . . 6818 D Mitteilung über Vorlage der Verordnung Z. Nr. 1/56 über die Preise für Zucker . . 6819 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksachen 124, 125, 171); Zweiter Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksachen 2150, 2187, Umdrucke 525, 529) 6819 A, 6845 C Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU/CSU): als Berichterstatterin 6819 A Schriftlicher Bericht 6856 B Dr. Gille (GB/BHE) 6820 D Dr. Jaeger (CDU/CSU) . . . 6822 C, 6845 C Dr. Arndt (SPD) 6823 D Mellies (SPD) 6847 A Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 6848 A Dr. Mende (FDP) 6848 B Abstimmungen 6820 C, 6826 C, 6848 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) (Drucksache 1700); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung (Drucksachen 2140, 2186, Umdrucke 524, 526 bis 528, 530 bis 533) 6827 A, 6849 B Merten (SPD): als Berichterstatter 6827 A Schriftlicher Bericht 6860 B als Abgeordneter 6833 D Schneider (Bremerhaven) (DP): zur Sache 6827 C, 6828 B, 6829 C, D, 6833 A, 6840 C, D, 6841 B, 6843 C, 6852 D, 6854 D, 6855 B zur Geschäftsordnung 6843 D Dr. Kleindinst (CDU/CSU) 6828 A Dr. Mende (FDP) . . 6828 C, 6829 A, 6832 C, 6851 A Präsident D.. Dr. Gerstenmaier. . 6829 C, D, 6843 D, 6844 A Dr. Jaeger (CDU/CSU) . . . 6830 A, 6841 B Dr. Kliesing (CDU/CSU) . . . 6831 B, 6838 D, 6839 D Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . . . 6833 C Feller (GB/BHE) 6836 A, 6852 B Heye (CDU/CSU) 6837 A Erler (SPD) . 6840 B, 6841 C, 6842 B, 6850 D Becker (Hamburg) (DP) 6841 C Berendsen (CDU/CSU) . . . 6842 D, 6849 B Abstimmungen . .. . 6828 D, 6830 C, 6839 B, D, 6840 B, C, 6842 A, D, 6844 B, 6855 B, C Unterbrechung der Sitzung . . . 6844 C Tatsächliche Erklärung der Fraktion der FDP nach § 36 der Geschäftsordnung zu • der Mitteilung über die Bildung der „Arbeitsgemeinschaft Freier Demokraten": Dr. Bucher (FDP) 6844 C Persönliche Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung zu Pressemeldungen betr. Ausführungen des Abg. Dr. von Brentano auf einer Wahlversammlung in Karlsruhe zu dem Diskussionsentwurf eines Deutschlandplanes des Abg. Dr. Mende: Dr. Mende (FDP) 6845 A Nächste Sitzung 6855 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6856 A Anlage 2: Zweiter Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über die von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP und FDP eingebrachten Gesetzentwürfe zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksache 2150) 6856 B Anlage 3: Änderungsantrag der Fraktion des GB/BHE zu den von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP und FDP eingebrachten Gesetzentwürfe zur Änderung des Grundgesetzes (Umdruck 525) 6860 A Anlage 4: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu den von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP und FDP eingebrachten Gesetzentwürfe zur Änderung des Grundgesetzes (Umdruck 529) . . . 6860 A Anlage 5: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung über den Entwurf eines Soldatengesetzes (Drucksache 2140) 6860 B Anlage A: Stellungnahmen des Paters Dr. Hirschmann, Frankfurt a. M., des Staatsministers Osterloh, Kiel, des Prälaten D. Kunst, Bonn und des Stadtrats Schäfer, Ludwigshafen, zur Frage der Vereidigung von Soldaten 6873 A Anlage 6: Änderungsantrag der Fraktion der DP zum Entwurf eines Soldatengesetzes (Umdruck 526) 6882 C Anlage 7: Änderungsantrag der Abg. Dr Kliesing u. Gen. zum Entwurf eines Soldatengesetzes (Umdruck 524) 6883 A Anlage 8: Änderungsantrag der Fraktion der FDP zum Entwurf eines Soldatengesetzes (Umdruck 527) 6883 C Anlage 9: Änderungsantrag des Abg. Dr Mende zum Entwurf eines Soldatengesetzes (Umdruck 528) 6883 D Anlage 10: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Soldatengesetzes (Umdruck 530) 6884 A Anlage 11: Änderungsantrag der Abg. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders u. Gen. zu Anlage 7 (Umdruck 531) 6884 A Anlage 12: Änderungsantrag des Abg. Merten zum Entwurf eines Soldatengesetzes (Umdruck 532) 6884 C Anlage 13: Änderungsantrag der Fraktion der DP zur dritten Beratung des Entwurfs eines Soldatengesetzes (Umdruck 533) 6884 C Die Sitzung wird um 11 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Peters 15. 7. Dr. Starke 30. 4. Lulay 7. 4. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 1. 4. Dr. Kopf 31. 3. Gedat 24. 3. Hörauf 17. 3. Albers 15. 3. Miller 14. 3. Blachstein 10. 3. Brockmann (Rinkerode) 10. 3. Graaff (Elze) 10. 3. Hahn 10. 3. Ladebeck 10. 3. Dr. von Merkatz 10. 3. Dr. Orth 10. 3. Richter 10. 3. Scheppmann 10. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 9. 3. Jaksch 8. 3. Stücklen 8. 3. Dr. Will 8. 3. Frau Brauksiepe 6. 3. Eckstein 6. 3. Fassbender 6. 3. Frühwald 6. 3. Gibbert 6. 3. Jacobs 6. 3. Dr. Kihn (Würzburg) 6. 3. Koenen (Lippstadt) 6. 3. Leukert 6. 3. Margulies 6. 3. Mattick 6. 3. Mauk 6. 3. Dr. Mocker 6. 3. Neuburger 6. 3. Onnen 6. 3. Dr. Pohle (Düsseldorf) 6. 3. Rademacher 6. 3. Schloß 6. 3. Seiboth 6. 3. Dr. Wellhausen 6. 3. b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Mensing 15. 4. Diedrichsen 31. 3. Dr. Hammer 31. 3. Meitmann 31. 3. Moll 31. 3. von Manteuffel (Neuß) 28. 3. Horn 24. 3. Bender 17. 3. Dr. Deist 17. 3. Held 17. 3. Dr. Luchtenberg 17. 3. Anlage 2 Drucksache 2150 (Vgl. S. 6819 A) Zweiter Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16. Ausschuß) über die von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP (Drucksache 124) und von der Fraktion der FDP (Drucksachen 125, 171) eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes. Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dr. Schwarzhaupt Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht legt dem Plenum des Bundestages den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vor. Diese Vorschläge beruhen auf Anträgen der Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE und DP - Drucksache 124 - und der Fraktion der FDP - Drucksachen 125, 171 -, die dem Plenum des Bundestages bereits in seiner 17. Sitzung am 26. Februar 1954 vorgelegen haben. Auf Grund des Ersten Berichts des Abgeordneten Dr. von Merkatz über die Verhandlungen des Rechtsausschusses zu diesen Anträgen wurde das Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 26. März 1954 (BGBl. I S. 45) erlassen, das die Nrn. 3, 4 und 9 der Drucksachen 124 und 125 erledigte. Zu den übrigen Nummern dieser Anträge und zu dem Antrag der Fraktion der FDP über die Regelung des Oberbefehls Drucksache 171- hat der Verteidigungsausschuß als mitberatender Ausschuß in seinen Berichten an den Rechtsausschuß vom 16. und 18. Januar 1956 Stellung genommen. Der Rechtsausschuß hat in seinen Beratungen diesen Vorschlägen die aus der Anlage ersichtliche Fassung gegeben. 1. Im allgemeinen Sämtliche Änderungen des Grundgesetzes, die hier vorgeschlagen werden, sollen der Einordnung der Bundeswehr in den verfassungsmäßigen Aufbau des Staates dienen. Im Ausschuß war die Meinung darüber geteilt, inwieweit eine Änderung des Grundgesetzes zur Aufstellung von militärischen Verbänden und zum Erlaß der vorgesehenen Wehrgesetze rechtsnotwendig ist. Es bestand aber Einmütigkeit darüber, daß es zweckmäßig und erwünscht ist, eine Änderung des Grundgesetzes vorzunehmen und auch eine Reihe von Bestimmungen aufzunehmen, die nach Auffassung eines Teils der Mitglieder nur der Verdeutlichung dienen. Die Änderungen haben die Einschränkung einiger Grundrechte zum Inhalt, die Regelung von Kompetenzen in bezug auf die Bundeswehr und die Schaffung neuer Institutionen, die in einem inneren Zusammenhang mit der Wehrverfassung stehen. Beide Ausschüsse waren der übereinstimmenden Meinung, daß der deutsche Soldat, soweit es die Natur eines militärischen Verbandes zuläßt, im Besitz seiner bürgerlichen Rechte bleiben soll. Dem Soldaten sollen Grundrechte, wie die Gleichheit aller vor dem Gesetz (Art. 3), das Recht auf freie Religionsausübung (Art. 4), das Recht der Koalitionsfreiheit (Art. 9) und das aktive Wahlrecht, erhalten bleiben. Andere Grundrechte vertragen sich nach der übereinstimmenden Auffassung aller Mitglieder des Ausschusses nicht oder wenigstens nicht in ihrem vollen Umfang mit dem Dienst in einem militärischen Verband. Es war deshalb notwendig, durch einen neu eingefügten Art. 17 a den Gesetzgeber zu ermächtigen, in Bestimmungen über Wehr- und Ersatzdienst bestimmte Grundrechte für die Dauer dieses Dienstes einzuschränken. Alle hiermit zugelassenen Einschränkungen von Grundrechten können nur durch Bundesgesetze eingeführt werden, die dem Art. 19 Abs. 1 und 2 GG genügen. (Frau Dr. Schwarzhaupt) Die zu regelnden Kompetenzen betreffen insbesondere die Feststellung des Verteidigungsfalles, das Recht, Offiziere und Unteroffiziere zu ernennen, die Befehls- und Kommandogewalt und die Zuständigkeiten von Bund und Ländern für Aufgaben der Wehrverwaltung und des Schutzes der Zivilbevölkerung. Neu einzurichten sind Dienststrafgerichte, Dienstgerichte und Wehrstrafgerichte als Bundesgerichte. Außerdem wurden zwei Sonderregelungen zur Ausübung der parlamentarischen Kontrolle in bezug auf die Bundeswehr getroffen; es soll ein Wehrbeauftragter eingesetzt und die Rechtsstellung des Verteidigungsausschusses geändert werden. II. Im einzelnen Zu Art. 1 Abs. 3 Die Neufassung soll klarstellen, daß a 11 e Ausübung von Staatsgewalt an die Grundrechte gebunden ist. Dies war auch bisher der Wille des Grundgesetzes. Der Ausdruck „vollziehende Ge-wait" statt „Verwaltung" entspricht dem in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und 3 benutzten Wortlaut und soll jeden Zweifel daran beheben, daß auch alle staatlichen Maßnahmen, die die Bundeswehr betreffen, mit eingeschlossen sind. Die Änderung entspricht dem Vorschlag des mitberatenden Ausschusses für Verteidigung und einem einstimmigen Beschluß des Rechtsausschusses. Zu Art. 12 Abs. 2 Satz 2 a) Der Ausschuß hat geprüft, ob es notwendig ist, ausdrücklich klarzustellen, daß das Grundgesetz die Heranziehung von Staatsbürgern zu Dienstleistungen im zivilen Luftschutz nicht ausschließt. Von einer Klarstellung wurde abgesehen, da nach einhelliger Auffassung des Ausschusses Dienstleistungspflichten für den zivilen Luftschutz herkömmliche Dienstleistungen im Sinne des Art. 12 Abs. 2 sind. b) Die Mehrheit des Ausschusses war in bezug auf den Ersatzdienst für Kriegsdienstverweigerer der Auffassung, daß er bereits nach Art. 4 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 75 Nr. 1 zulässig ist und daß sich aus der gleichen Bestimmung ergebe, daß die Regelung dieses Ersatzdienstes die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen dürfe. Angesichts der abweichenden Meinung der Minderheit stimmte die Mehrheit des Ausschusses jedoch der in Art. 12 Abs. 2 Satz 2 bis 4 vorgesehenen ausdrücklichen Klarstellung zu. Man war einig darüber, daß es der Bestimmung über die gleiche Dauer des Ersatzdienstes nicht widersprechen würde, wenn von dem Ersatzdienstpflichtigen verlangt wird, daß er die Dienstzeit, zu der Wehrpflichtige in späteren Reserveübungen herangezogen werden, im Anschluß an die erste Ersatzdienstzeit ableistet. Zu Art. 12 Abs. 3 (neu) Der Vorschlag beruht auf einem einstimmigen Beschluß des Ausschusses. Der erste Satz weicht von einem entsprechenden Vorschlag des Verteidigungsausschusses nur in der Formulierung ab. Der zweite Satz geht über diesen Vorschlag insofern hinaus, als er auch einen freiwilligen Dienst der Frau mit der Waffe in keinem Fall zuläßt. Das Verbot, Frauen auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung zu Dienstleistungen im Verband der Streitkräfte zu zwingen, schließt ihre Heranziehung zur Dienstpflicht zum zivilen Luftschutz nicht aus. Zu Art. 17 a a) Die Initiativanträge — Drucksachen 124, 125 — hatten eine Generalklausel, wie sie Art. 133 Abs. 2 der Weimarer Verfassung enthält, vorgeschlagen. Diese sollte den einfachen Gesetzgeber ermächtigen, für die Angehörigen der Streitkräfte einzelne Grundrechte einzuschränken. Der Verteidigungsausschuß hat empfohlen, die einzuschränkenden Grundrechte einzeln aufzuführen. Er hielt die Art. 5, 6, 8, 9, 11, 12 und 17 für betroffen. Der Rechtsausschuß folgte dem Vorschlag des Verteidigungsausschusses und zog die Einzelaufführung der einschränkbaren Grundrechte vor. b) Bei Erörterung der Grundrechte, deren Einschränkung im einzelnen vorzusehen war, war die Mehrheit der Auffassung, daß es jedenfalls insoweit nicht zwingend geboten sei, Einschränkungen für Grundrechte vorzusehen, als sich die Einschränkbarkeit unmittelbar und unvermeidbar aus dem Wesen des in Art. 73 Nr. 1 vorgesehenen Wehrverhältnisses ergebe. Bei Art. 5 vertrat die Mehrheit darüber hinaus die Auffassung, daß - c) entsprechend der Rechtsprechung zur Weimarer Verfassung und nach einem neueren Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 1953 Akt.Z. 2 C 21/53 - auch das Soldatengesetz als „allgemeines Gesetz" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG angesehen werden müsse; das Recht der freien Meinungsäußerung finde also bereits in einem solchen Gesetz seine Schranken. Da die Minderheit einen gegenteiligen Standpunkt vertrat, erschien dem Ausschuß eine Klarstellung im Grundgesetz zweckmäßig. d) Im Bestreben, den Soldaten die verfassungsmäßigen Grundrechte, soweit es möglich ist, zu erhalten, wurde die Einschränkung des Grundrechts von Art. 5 nur auf das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten, bezogen. Dagegen soll der Art. 5 nicht eingeschränkt werden, soweit er das Recht schützt, sich aus allgemein zugänglichen Quellen, insbesondere also aus Zeitungen und Zeitschriften, ungehindert zu unterrichten. Ebenso wurde das Recht zur Einbringung von Bitten und Beschwerden (Art. 17) nur für Sammelpetitionen und Sammelbeschwerden für beschränkbar erklärt, während jedem Soldaten das Recht, sich mit Einzelpetitionen oder -beschwerden an die zuständigen Stellen oder an die Volksvertretung zu wenden, unbeschränkbar erhalten bleiben soll. Die Einschränkung von Sammeleingaben hielt der Rechtsausschuß allerdings für notwendig, um Erscheinungen zu unterbinden, die unter Umständen mindestens schwerwiegende Disziplinwidrigkeiten darstellen würden. Eine Sammelbeschwerde oder -petition sah der Ausschuß auch in einer Eingabe, die ein Soldat in Gemeinschaft mit Nichtsoldaten einreicht. e) Der Ausschuß hat ferner davon abgesehen, eine Einschränkung des Vereinigungsrechts nach Art. 9 vorzuschlagen. Er ging dabei von der Auffassung aus, daß Vereinigungen, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderläuft, ohnehin verboten sind und daß das Vereinigungsrecht nicht die Befugnis in sich schließt, im Bereich der Truppe eine Agitation zu entfalten. Die Mehrheit des Aus- (Frau Dr. Schwarzhaupt) schusses war der Ansicht, daß diese Beschränkungen genügen werden, um Zersetzungsversuche extremer und undemokratischer Vereinigungen zu verhindern. Die Mitglieder der Opposition erklärten nachdrücklich, daß sie sich der Notwendigkeit einer weiteren Verfassungsergänzung nicht verschließen würden, falls sich diese Erwartung als unrichtig erweisen sollte. e) Hinsichtlich des Art. 9 Abs. 3 GG war der Ausschuß einhellig der Meinung, daß sich aus diesem Absatz — falls er überhaupt für dien Wehrpflichtigen von Bedeutung sein sollte — kein Streikrecht für den Soldaten ergebe und daß die Mitgliedschaft eines Wehrpflichtigen bei der Gewerkschaft, der er auf Grund seines Zivilberufes angehört, unangetastet bleibt. Für den Berufssoldaten gelten hier ähnliche Grundsätze wie für den Beamten. f) Die Anführung von Art. 8 beruht auf einem Mehrheitsbeschluß. Obgleich der Entwurf eines Soldatengesetzes keine Einschränkung des Versammlungsrechts vorsieht, erschien es der Mehrheit des Ausschusses zweckmäßig, der Gesetzgebung eine Handhabe dafür zu geben, daß in Krisenzeiten die Beteiligung von Soldaten an Versammlungen ausgeschlossen werden kann. Diese Bestimmung erschien notwendig zum Schutze des Soldaten selbst. Die Minderheit teilte diese Auffassung nicht. g) Eine Anführung des Art. 6 wurde nicht für notwendig gehalten, da das Erziehungsrecht der Eltern gegenüber ihren Kindern, wie es in Art. 6 verstanden wird, durch die Einführung der Wehrpflicht nicht berührt wird. h) Bei Einschränkung der Art. 11 und 13 durch Art. 17 a Abs. 2 ist für normale Zeiten etwa an die Beschränkung der Freizügigkeit nach dem Schutzbereichgesetz und an die Einschränkung der Unverletzlichkeit der Wohnung durch Inanspruchnahme von Quartieren bei Manövern zu denken. Zu Art. 36 Abs. 2 (neu) Die Bestimmung entspricht dien Vorschlägen der Initiativanträge Drucksachen 124 und 125, dem Vorschlag des Verteidigungsausschusses zu Art. 32 a Abs. 2 und einem einstimmigen Beschluß des Rechtsausschusses. Auch die Weimarer Verfassung enthielt eine ähnliche Bestimmung. Zu Art. 45 a, 45 b und 49 Die Heraushebung der Stellung des Verteidigungsausschusses entspricht einem einstimmigen, und die Einfügung des Wehrbeauftragten einem Mehrheitsbeschluß des Verteidigungsausschusses. Der Rechtsausschuß übernahm beide Vorschläge. Beide Neuregelungen sind gedacht als eine Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle, die durch die Einfügung eines starken Machtfaktors wie der Bundeswehr in den Gesamtaufbau der Staatsordnung eine erhöhte Bedeutung erhält. Während die Weimarer Verfassung (Art. 35) einen ständigen Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten vorsah, der die Rechte eines Untersuchungsausschusses hatte, sieht das Grundgesetz bisher nur einen ständigen Ausschuß vor, und zwar zur Wahrung der Rechte des Bundestages gegenüber der Bundesregierung zwischen zwei Wahlperioden. Dieser Ausschuß hat auch die Rechte eines Untersuchungsausschusses (Art. 45). Der Entwurf sieht vor, daß der Bundestag in Zukunft einen Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und einen Ausschuß für Verteidigung bestellt, die beide auch zwischen zwei Wahlperioden tätig werden können. Der Ausschuß für Verteidigung soll auch die Rechte eines Untersuchungsausschusses (Art. 44) haben. Dafür soll Art. 44 Abs. 1 auf dem Gebiete der Verteidigung keine Anwendung finden. Der Ausschuß für Verteidigung soll hiernach im Rahmen seines Sachgebietes d i e Aufgaben und d i e Rechte haben, die ein Untersuchungsausschuß im herkömmlichen Sinne bisher hatte. Zur Erfüllung dieser Aufgaben sollen ihm die Rechte aus Art. 44 Abs. 2 und 3 zustehen. Hierbei soll er auch aus eigener Initiative auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder, also auch ohne Auftrag des Plenums, tätig werden. Dabei soll er nach der übereinstimmenden Meinung aller Mitglieder des Rechtsausschusses nicht verpflichtet sein, dem Plenum Bericht über das Ergebnis seiner Untersuchungen zu erstatten, es sei denn, daß das Plenum dieses im Einzelfall verlangt. Übereinstimmend ging man hierbei davon aus, daß die Sitzungen des Ausschusses für Verteidigung nach den Vorschriften der Geschäftsordnung vertraulich sind. Die Einrichtung des Wehrbeauftragten schließt nicht aus, daß Soldaten oder Nichtsoldaten sich mit Einzelpetitionen und Einzelbeschwerden, die die Bundeswehr betreffen, auch unmittelbar an den Petitionsausschuß oder an einzelne Mitglieder des Bundestages wenden können. Zu Art. 59 a Der Vorschlag entspricht im wesentlichen dem Beschluß des Verteidigungsausschusses, der einstimmig (bei vier Enthaltungen) gefaßt worden ist. Der Rechtsausschuß hat den Vorschlag übernommen. Bei Abs. 1 ist vor allem an den Fall gedacht, daß über den Eintritt einer Bündnisverpflichtung zu entscheiden ist, während Abs. 2 den Fall regelt, daß wegen Gefahr im Verzug eine schnelle politische Entscheidung zu treffen ist. Die Beschlüsse nach Abs. 1 und 2 werden mit der Verkündung wirksam. Sie können auf jede nach Lage des Falles mögliche Weise verkündet werden; Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG gilt nur für die Verkündung von Gesetzen. Zu Art. 60 Abs. 1 Die Bestimmung entspricht den Initiativanträgen Drucksachen 124 und 125 und den einstimmigen Beschlüssen der beteiligten Ausschüsse. Sie beruht auf dem System des Grundgesetzes. Zu Art. 65 a Dieser Artikel regelt den Fragenkomplex des früher so genannten Oberbefehls. Im Ausschuß bestand weitgehend Übereinstimmung darüber, daß das, was zur kaiserlichen und auch zur Weimarer Zeit noch als Oberbefehl oder Kommandogewalt bezeichnet wurde, in der modernen parlamentarischen Demokratie keinen Bestand mehr haben kann. Die aus dem so genannten Oberbefehl nach früheren Begriffen resultierenden Befugnisse müssen den Organen zukommen, die nach dem System des Grundgesetzes hierfür zuständig sind: (Frau Dr. Schwarzhaupt) a) Die Repräsentationsbefugnisse und auch das Ernennungs- und das Begnadigungsrecht müssen dem Staatsoberhaupt zugewiesen werden. Dies ist hinsichtlich des Ernennungsrechts in der neuen Fassung des Art. 60 Abs. 1 geschehen. Hinzu kommen die äußerst wichtigen Kompetenzen des Staatsoberhaupts für den Verteidigungsfall, wie sie in dem neuen Art. 59 a vorgesehen sind. b) In den früheren Begriff des Oberbefehls war auch ein Verordnungsrecht eingeschlossen. Die Neuregelung läßt die alleinige Gesetzgebungskompetenz bei dem Bundestag mit der bisher geltenden Maßgabe, daß nur dieser nach Art. 80 die Exekutive zum Erlaß von Verordnungen ermächtigen kann. Unberührt bleiben auch die Befugnisse der Legislative zur Mitwirkung bei internationalen Verträgen nach Art. 59 Abs. 2, die durch die Befehls- und Kommandogewalt keine Einschränkung erfahren. c) Die eigentliche Befehlsgewalt muß dagegen der dem Parlament verantwortlichen Exekutive zukommen. Für den Normalfall soll der Bundesminister für Verteidigung die Befehls- und Kommandogewalt ausüben. Die Fassung „Befehls- und Kommandogewalt" soll klarstellen, daß alle militärischen Befehls- und Kommandobefugnisse ihre Spitze in der Person des Verteidigungsministers finden und daß es keine ihm entzogene besondere Kommandogewalt gibt. Dabei bleibt die Richtlinienbefugnis des Bundeskanzlers unberührt. Im Verteidigungsfall soll die Befehls- und Kommandogewalt auf den Bundeskanzler übergehen, damit für diesen Fall eine Konzentration aller Entscheidungen gewährleistet bleibt. Zu Art. 87 a Abs. 1 begründet die Kompetenz des Bundes für die Aufstellung der Streitkräfte, eine Regelung, die nicht streitig war. Abs. 2 enthält eine Handhabe für die Ausübung der Kontrolle des Parlaments. Zu Art. 87 b Die Bestimmung beruht auf einer eingehenden Beratung mit Vertretern des Bundesrates und einem einstimmigen Beschluß des federführenden Ausschusses. Sie weicht von dem Entwurf des Verteidigungsausschusses ab. Die Beratung hatte ergeben, daß die eingehendere Regelung des Art. 87 b erforderlich ist. Zu Abs. 2 legten die Vertreter des Bundesrates Wert auf die Feststellung, daß die Worte „ganz oder teilweise" bedeuten, daß ein Verwaltungsbereich zwischen Bund und Ländern nur dann aufgeteilt werden kann, wenn eine Trennung nach Materien möglich ist; ein Instanzenzug von Bundes- zu Landesbehörden soll durch diese Bestimmung nicht ermöglicht werden. Zu Art. 96 Abs. 3 Es entspricht einem praktischen Bedürfnis ebenso wie dem System des Grundgesetzes, wenn entsprechend der Regelung für Beamte und Richter auch für Dienststrafverfahren gegen Soldaten sowie für Entscheidungen über Beschwerden von Soldaten Bundesgerichte eingerichtet werden. Der Vorschlag entspricht einstimmigen Beschlüssen beider Ausschüsse. Zu Art. 96 a Der Verteidigungsausschuß hatte vorgeschlagen, den Bund zur Errichtung von Militärstrafgerichten, die zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz gehören sollten, zu ermächtigen; er hatte weiter den Rechtsausschuß gebeten, eine Formulierung auszuarbeiten, die es gewährleistet, daß weder in Kriegs- noch in Friedenszeiten deutsche Staatsbürger, die in keiner Beziehung zu den Streitkräften stehen, von Militärgerichten verurteilt werden können. Der Rechtsausschuß stimmte diesen Vorschlägen zu; er hielt darüber hinaus eine präzisere Regelung der Zuständigkeit der Militärgerichte in Friedenszeiten für erforderlich. In Friedenszeiten solle eine Wehrstrafgerichtsbarkeit nur über Angehörige der Streitkräfte ausgeübt werden können, die in das Ausland entsandt oder an Bord von Kriegsschiffen eingeschifft sind. In allen anderen Fällen sollen die Soldaten in Friedenszeiten den ordentlichen Gerichten unterstehen. Es bestand auch Einverständnis darüber, daß unter „Fähigkeit zum Richteramt" die Fähigkeit zum Richteramt in der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu verstehen ist und daß bei jeder Entscheidung mindestens ein Richter mit der Fähigkeit zum Richteramt als Vorsitzender mitwirken muß. Standgerichte, d. h. Gerichte, in denen keine ordnungsmäßig bestellten Richter mitwirken, sind damit schlechthin ausgeschlossen. Zu Art. 137 Abs. 1 Der Vorschlag entspricht übereinstimmenden Beschlüssen der beiden beteiligten Ausschüsse. Es entspricht dem System des Grundgesetzes, wenn es eine Beschränkung der Wählbarkeit der Berufssoldaten und der freiwilligen Soldaten auf Zeit in ähnlicher Weise ermöglicht wie für Richter und Angehörige des öffentlichen Dienstes. Zu Art. 143 Der Verteidigungsausschuß hatte durch einstimmigen Beschluß angeregt, der Rechtsausschuß möge eine Ergänzung des Art. 91 GG erwägen, durch die der Einsatz der Bundeswehr im Fall eines inneren Notstandes zur Unterstützung der Polizeikräfte geregelt wird. Der Rechtsausschuß sah sich nicht in der Lage, in der zur Verfügung stehenden Zeit eine derartige Regelung zu erarbeiten und zu beschließen. Er hielt es aber für geboten, daß durch einen neu eingefügten Art. 143 klargestellt wird, daß bei der gegenwärtigen Verfassungslage keine Befugnis besteht, die Bundeswehr bei einem inneren Notstand einzusetzen. Die Worte „. . . zulässig wird" bringen dies zum Ausdruck. Ein Einsatz der Bundeswehr und die Feststellung eines inneren Notstandes ist nach übereinstimmender Auffassung des Ausschusses erst möglich, wenn durch ein verfassungsänderndes Gesetz die Frage geklärt worden ist, wer feststellt, daß ein Fall des Notstandes eingetreten ist, und wer die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte in diesem Fall ausübt. Bonn, den 1. März 1956 Frau Dr. Schwarzhaupt Berichterstatterin Anlage 3 Umdruck 525 (Vgl. S. 6820 D, 6826 C) Ãnderungsantrag der Fraktion des GB/BHE zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksachen 2150, 124, 125, 171). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Artikel I Nr.9: Dem Artikel 65 a Absatz 1 werden folgende Sätze 2 und 3 hinzugefügt: Der Bundesminister für Verteidigung bedarf zu seiner Amtsführung des Vertrauens des Bundestages. Er muß zurücktreten und ist vom Bundespräsidenten zu entlassen, sobald ihm der Bundestag durch ausdrücklichen Beschluß sein Vertrauen entzieht. Bonn, den 5. März 1956 Feller und Fraktion Anlage 4 Umdruck 529 (Vgl. S. 6826 D) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksachen 2150, 124, 125, 171). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Artikel I Nr. 10: Artikel 87 a erhält folgende Fassung: Artikel 87 a Die zahlenmäßige Stärke der vom Bunde zur Verteidigung aufgestellten Streitkräfte und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben. Bonn, den 6. März 1956 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Drucksache 2140 (Vgl. S. 6827 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung (6. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) (Drucksache 1700). Berichterstatter: Abgeordneter Merten Der Deutsche Bundestag hat in seiner 105. Sitzung vom 12. Oktober 1955 den Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) — Drucksache 1700 — federführend dem Ausschuß für Verteidigung und dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zur Mitberatung überwiesen. Auf Beschluß des Ältestenrates wurde das Gesetz am 18. Oktober 1955 ferner an den Ausschuß für Beamtenrecht — mitberatend — überwiesen. Der Ausschuß für Verteidigung hat sich in 11 Sitzungen, der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht in 7 Sitzungen und der Ausschuß für Beamtenrecht in 11 Sitzungen mit dem Gesetz befaßt. Der Verlauf und das Ergebnis der Verhandlungen wird den Mitgliedern des Deutschen Bundestages durch den nachstehenden Bericht zur Kenntnis gebracht. I. Allgemeines Der Ausschuß für Verteidigung als federführender Ausschuß ist in eine allgemeine Debatte über das Soldatengesetz nicht eingetreten. Ein großer Teil der Fragen, die in diesem Gesetz geregelt werden sollen, ist von dem Ausschuß bereits bei früheren Gelegenheiten zur Verhandlung gestellt worden. Insbesondere haben die Arbeitsgruppen für soldatische Ordnung, Pflichten und Rechte der Soldaten, Diszipfinar- und Beschwerdeordnung bereits vorbereitende Arbeiten geleistet und dem Ausschuß darüber Bericht erstattet. Die Arbeitsgruppe I für das Gebiet der soldatischen Ordnung hat Richtlinien für den inneren Dienst, das Truppenzeremoniell, das Vorgesetztenverhältnis und die Grußpflicht, den Vertrauensmann und die Truppenbetreuung am 14. Oktober 1954 dem Ausschuß vorgelegt. Die Arbeitsgruppe II für die Pflichten und Rechte der Soldaten hat besonders zu folgenden Punkten Bericht an den Ausschuß erstattet: die Achtung der Menschenwürde, die Freiheit der Person, die Glaubens- und Gewissensfreiheit, die freie Meinungsbildung, die Versammlungs- und Koalitionsfreiheit, das Petitionsrecht, das aktive und passive Wahlrecht, der völkerrechtliche Unterricht, die Annahme von Belohnungen, die Übernahme von Vormundschaft und Ehrenämtern, der Anspruch auf freie Unterkunft, freie Bekleidung und freie Verpflegung, die Berufsfürsorge und Truppenversorgung, das Recht der Einsichtnahme in die Personalakten und die Lösung des Dienstverhältnisses. Das Ergebnis der Arbeiten der Arbeitsgruppe III für die Disziplinar- und Beschwerdeordnung ist in diesem Gesetz nur kurz angesprochen, weil diese Fragen in besonderen Gesetzen geregelt werden sollen. Die Vorarbeiten der Arbeitsgruppen und ihre Ergebnisse fanden zum Teil ihren Niederschlag im Entwurf der Bundesregierung, zum Teil wurden sie vom Ausschuß in den Gesetzentwurf eingearbeitet. In der 1. Beratung des Gesetzentwurfs und in der Regierungserklärung vom 27. Juni 1955 war die Frage der Änderung des Grundgesetzes als Voraussetzung für die Aufstellung der Bundeswehr angesprochen worden. Der Ausschuß hat vor Eintritt in die Beratungen über das Soldatengesetz die notwendig erscheinenden Änderungen und Ergänzungen des Grundgesetzes beraten und das Ergebnis seiner Beratungen dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zur weiteren Behandlung übermittelt. Der Ausschuß war sich darüber im klaren, daß nach vorheriger Änderung und Ergänzung des Grundgesetzes die rechtlichen Einwände gegen verschiedene Bestimmungen des Gesetzes gegenstandslos werden und damit sowohl die Verabschiedung als auch die Ausführung des Gesetzes erleichtert wird. Durch dieses Gesetz wird die Rechtsstellung des Soldaten in einem freiheitlich demokratischen Staat in einer Form festgelegt, die der freiheitlich demokratischen Grundordnung dieses Staates entspricht. Die Rechte und Pflichten des Staatsdieners in der Uniform des Soldaten werden begründet und eingeordnet in weitgehender Entsprechung der Regeln, die auch für die übrigen Staatsdiener gültig sind. Bei diesem Bestreben mußten in einigen Fällen Abweichungen vom Recht der übrigen Staatsdiener vorgenommen werden. Der Ausschuß war bestrebt, dies nur in den Fällen zu tun, wo es unbedingt erforderlich war. Ohne Zweifel mußte (Merten) dabei in vielen Fällen von alten Traditionen und liebgewordenen Gewohnheiten Abstand genommen werden. Der Ausschuß war entschlossen, neue Wege konsequent zu gehen und die hierfür notwendigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. Der Ausschuß war sich bewußt, daß das Gesetz nur eine Voraussetzung dafür sein kann, daß der von ihm gewollte freiheitlich demokratische Geist in der Bundeswehr wirksam ist. Auf den gesetzlichen Voraussetzungen aufbauend, ist es die Aufgabe der Verwaltung und der Truppenführung, den Willen des Gesetzgebers in die Praxis umzusetzen. Im Hinblick auf das gesteckte Ziel ergaben sich besonders eingehende Erörterungen zur Frage der Grundpflicht des Soldaten, zur feierlichen Verpflichtung, zu Befehl und Gehorsam, zur politischen Betätigung, zum Wahlrecht und zur Fürsorge der Soldaten. Der Ausschuß hat bei seiner Arbeit ständig berücksichtigt, daß unter den derzeit herrschenden Verhältnissen des Kalten Krieges und der Teilung Deutschlands nur ein Soldat seiner Aufgabe voll gerecht werden kann, der auf dem Boden unserer demokratischen Grundordnung steht und die hohen Werte des Rechts und der Freiheit auch im täglichen Dienst vorlebt und weitervermittelt. Der Ausschuß ging bei seiner Arbeit ferner von der Überzeugung aus, daß es in einer modernen Truppe keinen blinden Gehorsam geben kann. Alle Maßnahmen der Erziehung der Truppe müssen durch den einzelnen Soldaten unterstützt werden, durch seinen Willen zur Selbstdisziplin und zur Selbsterziehung. Die vollkommen neuartigen Verhältnisse auf dem Gebiet des militärischen Lebens stellen an den einzelnen Soldaten weit höhere Anforderungen als früher und verlangen viel von seiner eigenen Entscheidungskraft und der Freudigkeit zur Verantwortung. Hieraus waren auch bestimmte Folgerungen für die gesetzlichen Grundlagen der Rechte und Pflichten des Soldaten zu ziehen. Der praktische Zweck des vorliegenden Gesetzes besteht darin, das Gesetz über die vorläufige Rechtsstellung der Freiwilligen in den Streitkräften (Freiwilligengesetz) vom 23. Juli 1955 (BGBl. I S. 449) zu ersetzen. Allerdings werden darüber hinaus im vorliegenden Gesetz auch Angelegenheiten angesprochen, die nicht nur für die freiwillig dienenden Soldaten, sondern auch für die Wehrpflichtigen von Bedeutung sind. Dies gilt besonders für den Ersten Abschnitt. Er enthält die Vorschriften, die für die Gesamtheit der Bundeswehr gelten. Dabei war der Gedanke maßgebend, daß der Dienst als Soldat als Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht anzusehen ist. Daher darf der Soldat nicht außerhalb des öffentlichen Lebens und des politischen Geschehens stehen. Er nimmt an diesem Lében und diesem Geschehen teil wie jeder andere Staatsbürger. Seine Teilnahme geschieht jedoch unter der besonderen Verantwortung, zu der ihn der Dienst für die Gesamtheit zwingt. Einen besonderen Raum nimmt die im Zweiten Abschnitt des Gesetzes geregelte Rechtsstellung der Berufssoldaten und der Soldaten auf Zeit ein. Hier ist nunmehr die endgültige Rechtsgrundlage für die freiwillig dienenden Soldaten geschaffen. Dabei ist berücksichtigt, daß gerade die Berufssoldaten und die Soldaten auf Zeit von der freiwilligen Verpflichtung und dem zeitlichen Umfang ihrer Dienstzeit her gesehen den Berufsbeamten entsprechen. So wird auch ihre Rechtsstellung weitgehend in Übereinstimmung mit dem Recht der Beamten geregelt. Die Bestimmungen für die Wehrpflichtigen werden im Dritten Abschnitt lediglich in den Grundzügen angedeutet. Die Regelung im einzelnen bleibt dem Wehrpflichtgesetz vorbehalten, in dem die persönlichen und zeitlichen Grenzen der Wehrpflicht, ihr Inhalt, das Verfahren bei der Einberufung und der Beendigung des Wehrdienstes geregelt werden müssen. Der Aufbau der- Streitkräfte machte zunächst Vorschriften für die freiwillig dienenden Soldaten erforderlich. Erst wenn die Ausbilder und Einheitsführer ausgebildet sind, ist es möglich, eine allgemeine Wehrpflicht zu verwirklichen. Aus dem Vorhergesagten ergibt sich von selbst, daß im Vierten Abschnitt dem Soldaten für Klagen und Beschwerden der Rechtsweg geöffnet wird, der auch den Beamten in solchen Fällen zugänglich ist. Im Fünften Abschnitt mußte eine verhältnismäßig große Zahl von Überleitungs- und Schlußvorschriften Aufnahme finden, weil zahlreiche Gesetze noch fehlen, die für die Organisation und das Leben der Bundeswehr unbedingt erforderlich sind. Dies gilt insbesondere für die Regelung der Geld- und Sachbezüge, der Versorgung, der Disziplinarverfahren und der Laufbahnen. Auch für die Verwendung der Angehörigen der ehemaligen Wehrmacht mußte eine gesetzliche Bestimmung getroffen werden. Ferner war es notwendig, aus dem Freiwilligengesetz diejenigen Bestimmungen herauszunehmen und in diesem Gesetz neu zu verankern, die mit dem 31. März 1956 nicht außer Kraft treten dürfen, weil sie weiterhin gültig bleiben müssen. Bis auf die Bestimmungen über die feierliche Verpflichtung der Soldaten und die Bezeichnung der Streitkräfte als Bundeswehr sind alle Vorschriften des Gesetzes im Verteidigungsausschuß einstimmig verabschiedet worden. II. Die einzelnen Bestimmungen ERSTER ABSCHNITT Zu 1. Allgemeines Mit der Frage der Änderung des Grundgesetzes als Voraussetzung für die Wehrgesetzgebung hat sich der Ausschuß für Verteidigung eingehend befaßt. Die Ergebnisse der Beratungen wurden dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht übermittelt. Dieser Ausschuß wird in einem eigenen Bericht die Ergebnisse seiner Beratung dem Bundestag vorlegen. Damit sind die in der Stellungnahme des Bundesrates zum Soldatengesetz geäußerten Bedenken ausgeräumt. Sie brauchten bei der weiteren Beratung des Soldatengesetzes vom Verteidigungsausschuß nicht mehr berücksichtigt zu werden. Zu §1 A b s. 1 bestimmt den Begriff des Soldaten. Dabei wird vorausgesetzt, daß die Bundeswehr auf der Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht aufgebaut wird. In der Bundeswehr werden aber über das Wehrpflichtverhältnis hinaus insbesondere die Ausbilder, die Fachleute und die militärischen Führer Soldaten sein, deren Wehrdienstverhältnis auf einer freiwilligen Verpflichtung beruht. (Merten) Bei der Beratung beschäftigte sich der Ausschuß mit der Frage, ob für den Fall einer Verminderung der Planstellen durch Bundesgesetz oder välkerrechtliche Verpflichtung den Soldaten Sicherheiten für die wirtschaftlichen Grundlagen ihrer Existenz gegeben werden sollten. Zur Begründung dieser Forderung wurde auch die Frage der wirtschaftlichen Benachteiligung in anderen Fällen, z. B. bei einer Umorganisation der Bundeswehr, besprochen. Der Ausschuß hat sich dafür ausgesprochen, daß das Verhältnis der Soldaten zum Staat als gegenseitiges Treueverhältnis ausdrücklich gekennzeichnet wird. Hieraus ergibt sich, daß eine besondere Regelung für den Fall einer Verminderung der Bundeswehr oder einer Umorganisation innerhalb der Bundeswehr im Gesetz nicht vorgesehen werden muß. Abs. 1 a. Der Ausschuß für Beamtenrecht hat es für notwendig erachtet, die Statusbegriffe im Soldatenrecht klar festzulegen, weil auch spätere Gesetze auf sie zurückgreifen müssen. Die Erwähnung der Soldaten, die zu einem Dienstgrad befördert worden sind, erscheint erforderlich, weil sonst unter einem Wehrpflichtigen immer nur derjenige verstanden werden kann, der eingezogen worden ist und erstmalig seiner Wehrdienstpflicht genügt. Es soll deutlich gemacht werden, daß auch die Unteroffiziere und Offiziere der Reserve während der Leistung einer Übung als Wehrpflichtige anzusehen sind. A b s. 2 stellt fest, daß für die freiwilligen Soldaten zwei Möglichkeiten eines besonderen Dienstverhältnisses bestehen: das Dienstverhältnis auf Lebenszeit (Berufssoldat) und das Dienstverhältnis für begrenzte Zeit (Soldat auf Zeit). In A b s. 3 ist einmal der Begriff des Vorgesetzten dahin bezeichnet worden, daß Vorgesetzteneigenschaft mit Befehlsbefugnis gleichbedeutend ist. Ferner ist die Rechtsverordnung, die zur Ausgestaltung des Vorgesetztenverhältnisses ergeht, näher dahin bestimmt worden, daß es Vorgesetzte auf Grund der Dienststellung, des Dienstgrades, besonderer Anordnung und eigener Erklärung geben kann. Die Schaffung eines allgemeinen Vorgesetztenverhältnisses auf Grund des Dienstgrades allein ist jedoch ausgeschlossen. Die Fälle, in denen durch eigene Erklärung eine Befehlsbefugnis begründet werden darf, sind im einzelnen im Gesetz aufgezählt. Der Ausschuß befaßte sich auch mit der Frage, ob es ein Vorgesetztenverhältnis eines Soldaten gegenüber einem Nichtsoldaten geben kann. Hierbei ist u. a. an Fachleute wie Ingenieure und Ärzte gedacht worden. Diese Frage soll nicht in diesem Gesetz geklärt werden. Sie regelt sich grundsätzlich aus der Organisationsgewalt und wird in anderen Gesetzen einer Regelung zugeführt. Die Frage der Befehlsbefugnis eines Nichtsoldaten gegenüber einem Soldaten ist ebenfalls eine Angelegenheit der Organisationsgewalt. Auf Grund der Ermächtigung des Abs. 3 kann diese Frage durch die vorgesehene Rechtsverordnung geregelt werden. A b s. 4 des Regierungsentwurfs ist unverändert. Die näheren Einzelheiten bleiben der Regelung durch die Wehrdisziplinarordnung vorbehalten. Zu §2 Es wurde die Fassung angenommen, die der Bundesrat vorgeschlagen hatte. Die Überschrift wurde durch den Ausschuß dem Text des § 2 angepaßt. Wegen des Beginns und der Beendigung der Rechte und Pflichten des Soldaten mußte besonderer Wert auf eine rechtlich klare Formulierung des § 2 gelegt werden. Insbesondere erschien dies notwendig wegen möglicher versorgungsrechtlicher, haftungs- und disziplinarrechtlicher Folgen. Es muß Rechtssicherheit darüber bestehen, wann dem einzelnen Staatsbürger die besonderen Pflichten eines Soldaten obliegen und wann die Unterwerfung unter diese Pflichten endet. Aus diesem Grunde hat der Ausschuß eine besonders sorgf äl-tige Prüfung der Formulierung dieser Bestimmungen vorgenommen. Für den Beginn ist die festgesetzte Zeit des Diensteintritts maßgeblich, nicht der tatsächliche Diensteintritt. Der Einberufene kann also durch Fernbleiben nicht verhindern, daß er den militärischen Pflichten unterworfen wird. Das Dienstverhältnis endet mit Ablauf des Tages, an dem der Soldat aus dem Wehrdienst ausscheidet. Zu § 2 lagen dem Ausschuß zwei Anträge vor, das Wort „Streitkräfte" durch das Wort „Bundeswehr" oder durch die Worte „Wehrmacht des Bundes" zu ersetzen. Der Ausschuß hat sich mit Mehrheit dafür entschieden, im ganzen Gesetz das Wort „Streitkräfte" jeweils durch das Wort „Bundeswehr" zu ersetzen. Zu § 3 Die Formulierung wurde an den Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 GG angeglichen. Jedoch hat der Ausschuß die negative Formulierung des Grundgesetzes in diesem Gesetz in eine positive Forderung für das Personalwesen der Bundeswehr gekleidet. Zu §4 A b s. 1. Der Beamtenrechtsausschuß hielt es für notwendig, die Überführung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten oder umgekehrt als Umwandlung des Dienstverhältnisses in Abs. 1 Nr. 1 a aufzuführen. Dieser Auffassung schloß sich der Verteidigungsausschuß an. Der Wehrpflichtige wird durch die Einberufung in dem für seinen Dienstantritt festgesetzten Zeitpunkt kraft Gesetzes Soldat; insoweit bedarf es daher keiner Ernennung. A b s. 2. Die hierzu vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesrates und einer Minderheit des Beamtenrechtsausschusses konnten durch den Hinweis auf die gleichzeitig zur Beratung stehenden Änderungen des Grundgesetzes beseitigt werden. Der Bundesminister für Verteidigung hat danach die Befugnis, die Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten, zu Mannschafts- und Unteroffiziersdienstgraden zu ernennen. A b s. 3 sieht für den Bundespräsidenten die Befugnisse vor, die Dienstgradbezeichnungen der Soldaten festzusetzen und Bestimmungen über die Uniform zu treffen. Bereits bisher hatte der Bundespräsident dieses Recht auf Grund des § 2 des Freiwilligengesetzes in Verbindung mit den §§ 76 und 81 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes. Hierbei handelt es sich um das hergebrachte Recht eines Staatsoberhauptes. Zu §5 § 5 regelt nach einem Vorschlag des Bundesrates entsprechend der Vorschrift des § 50 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes die Zuständigkeit des Bundespräsidenten in bezug auf die Ausübung des Gnadenrechts, soweit sich Strafurteile auf die Rechtsstellung des Soldaten auswirken. Die Zuständigkeit erstreckt sich auch auf die Rechte aus einem früheren Soldatenverhältnis. (Merten) Zu 2. Pflichten und Rechte der Soldaten Der Ausschuß hat eine ausführliche und gründliche Diskussion über die Rechte und Pflichten der Soldaten geführt. Dabei befaßte er sich insbesondere mit denjenigen Rechten und Pflichten, die sich aus der Grundkonzeption des Staatsbürgers in Uniform ergeben. Der Ausschuß ging von dem Grundsatz aus, daß die staatsbürgerlichen Rechte des Soldaten soweit wie möglich erhalten bleiben sollen. Die soldatischen Pflichten gründen sich auf die Verantwortung, die der Soldat für die demokratische Grundordnung übernimmt. Der Ausschuß hat daher ausdrücklich die Bestimmung über die staatsbürgerlichen Rechte des Soldaten an den Anfang dieses Unterabschnitts gestellt, weil er die Anerkennung der staatsbürgerlichen Rechte als Voraussetzung fur die Forderung einer besonderen Art der Pflichterfüllung ansieht. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß mit der Grundpflicht des Soldaten zu treuem Dienst, der Verteidigung von Recht und Freiheit des deutschen Volkes, zu Tapferkeit, zum Eintreten fur die freiheitliche demokratische Grundordnung, zum Gehorsam, zur Kameradschaft und zur Wahrhaftigkeit erhebliche Anforderungen an den Charakter und die gesamte Persönlichkeit der einzelnen Soldaten gestellt werden. Diese Anforderungen sind jedoch unumgänglich im Hinblick auf die besondere Verantwortung, die der Soldat sowohl im Zustande des Kalten Krieges als auch im Verteidigungsfall durch die völlig neuartige Form der gewaltsamen Auseinandersetzung trägt. Der Ausschuß war sich der besonderen Schwierigkeiten bewußt, die sich daraus ergeben, wenn ethische Forderungen in Bestimmungen eines Gesetzes niedergelegt werden sollen, aus denen sich dann für die Disziplinarordnung und andere Rechtsgebiete entsprechende rechtliche Folgerungen ergeben. Zu § 5 a Auf Antrag des Abg. Dr. Kliesing wurde § 5 a neu in das Gesetz eingefügt. Der Ausschuß nahm damit einen Gedanken auf, der bereits bei dem ersten Entwurf des Verteidigungsministeriums berücksichtigt war. Dieser Gedanke wurde später aus staatsrechtlichen Gründen nicht weiter verfolgt. Der Ausschuß sah jedoch keine Schwierigkeiten staatsrechtlicher Art und hat aus den bereits erwähnten Gründen die Aufnahme dieser Bestimmung in das Gesetz fur zweckmäßig gehalten. Die staatsbürgerlichen Rechte eines Soldaten bleiben in vollem Umfang erhalten, soweit sie nicht ausdrücklich durch gesetzliche Bestimmungen eingeschränkt werden. Der Ausschuß war der Auffassung, daß durch die Aufnahme des § 5 a in das Gesetz der Standort des Soldaten in einem demokratischen Staat noch besonders verdeutlicht werden soll. Zu §6 Bei der Festlegung dieser Bestimmung sah sich der Ausschuß besonderen Schwierigkeiten gegenüber. Im Regierungsentwurf vermißte der Ausschuß die Bezeichnung des Dienstherrn, dem der Soldat zu treuem Dienst verpflichtet ist. Ferner gab der Begriff „Vaterland" Anlaß zu gründlicher Überlegung. Der Ausschuß wünschte klarzustellen, daß der Soldat Befehle und Anweisungen von den Organen der Bundesrepublik entgegenzunehmen und treu zu erfüllen hat, daß er sich aber dabei für das Schicksal des gesamten deutschen Volkes, auch soweit es nicht im Geltungsbereich des Grundgesetzes lebt, verantwortlich weiß. Es mußte klar P herausgestellt werden, daß Recht und Freiheit des gesamten deutschen Volkes von dem Soldaten verteidigt werden müssen, daß aber andererseits der Begriff des deutschen Volkes bei der Gehorsamspflicht zu Schwierigkeiten führen kann. Aus diesem Grund ist als Dienstherr ausdrücklich die Bundesrepublik Deutschland genannt worden. Die Behörden der sowjetischen Besatzungszone behaupten, auch im Namen des deutschen Volkes zu handeln. Es mußte Klarheit darüber geschaffen werden, daß von dieser Seite keinerlei Rechte in Anspruch genommen werden können, die mit der Verteidigung von Recht und Freiheit des deutschen Volkes zusammenhängen. Besondere Erörterungen des Ausschusses gingen um die Frage, ob das Wort „tapfer" in die Grundpflicht des Soldaten aufgenommen werden sollté oder nicht. Aus der Diskussion ergab sich, daß Tapferkeit das Ziel der Erziehung und Selbsterziehung des Soldaten sein soll, dessen Wille zur treuen Pflichterfüllung stärker als die Furcht ist. Der besondere Ernst seiner Aufgabe soll ihm deutlich vor Augen gestellt werden, damit er die Einsicht gewinnt, daß die Verteidigung von Recht und Freiheit den Einsatz der ganzen Person notwendig macht. Der Ausschuß war der Auffassung, daß hierbei nicht nur an den Verteidigungsfall gedacht werden dürfe, sondern daß das gesamte Verhalten des Soldaten auch im Frieden unter dem Gesichtspunkt dieser Crundpflicht stehen müsse. Zu § 7 Der Ausschuß hat sich entschlossen, entsprechend den Beschlüssen des Rechtsausschusses das in der Regierungsvorlage enthaltene Wort „bekennen" durch „anerkennen" zu ersetzen. Der Ausschuß ging dabei von der Auffassung aus, daß diese Bestimmung auf alle Soldaten, also auch auf die Wehrpflichtigen, Anwendung findet. Bei den auf Grund eines Wehrpflichtgesetzes eingezogenen Soldaten kann ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes ernstlich nicht von allen verlangt werden. Andernfalls besteht die Gefahr, daß das Bekenntnis zu einem Lippenbekenntnis wird. Jedoch muß von allen Soldaten wie von allen Staatsbürgern gefordert werden können, daß sie die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankerte freiheitliche demokratische Grundordnung als verbindlich ansehen. Sie können ja auch die Rechte in Anspruch nehmen, die ihnen das Grundgesetz als Staatsbürger gewährt. Der Unterschied zu der in § 52 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes gefundenen Regelung, in der das Wort „bekennen" verwendet wird, ergibt sich daraus, daß das Beamtenrecht es nur mit Personen zu tun hat, die sich freiwillig für den Beruf des Beamten entscheiden und von denen daher auch Pflichten erwartet werden können, die über die allgemeinen Verpflichtungen des Staatsbürgers hinausgehen. Der Ausschuß war übereinstimmend der Auffassung, daß an Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit Anforderungen gestellt werden müssen, die dem Bundesbeamtenrecht entsprechen. Dies ergebe sich auch aus dem § 32 Abs. 1 Nr. 2, der von dem freiwillig länger dienenden Soldaten verlangt, daß er die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Diese Pflicht wirkt für Offiziere und Unteroffiziere auch außerhalb des aktiven Dienstes nach, wie sich aus § 20 Abs. 2 ergibt. Wenn sich Offiziere und Unteroffiziere, die nicht mehr im aktiven Dienst stehen, als Gegner (Merten) der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erweisen, muß die Möglichkeit gegeben sein, sie wegen der Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten disziplinarisch zur Verantwortung zu ziehen. Zu § 7 a Der Soldateneid hat den Ausschuß in mehreren Sitzungen beschäftigt. Zu dieser Frage wurden gehört als Vertreter der katholischen Kirche Pater Dr. Hirschmann, S. J., Frankfurt, Prälat Böhler, Köln, als Vertreter der evangelischen Kirche Staatsminister Osterloh, Kiel, Prälat D. Kunst, Bonn, und als Vertreter des Deutschen Volksbundes für Geistesfreiheit Stadtrat Schäfer, Ludwigshafen. Staatsminister Osterloh, Kiel, sprach sich für eine Vereidigung aller Soldaten aus, die vier anderen genannten Vertreter erklärten sich gegen eine Vereidigung der Soldaten. Der Ausschuß nahm zur Kenntnis, daß Staatsminister Osterloh nur für seine Person, jedoch nicht für die evangelische Kirche sprach. Die grundsätzlichen Erklärungen von P. Dr. Hirschmann, S. J., Staatsminister Osterloh, Prälat D. Kunst und Stadtrat Schäfer werden wegen der Wichtigkeit der Angelegenheit als Anlage (siehe S. 6873 A) dem. Ausschußbericht beigefügt. Der Ausschuß hat sich zunächst mit der grundsätzlichen Frage beschäftigt, ob eine Vereidigung überhaupt empfohlen werden könne oder nicht. Die geschichtliche Entwicklung des Soldateneides wurde eingehend besprochen. Es wurden ferner die religiösen Grundlagen und die Rechtsfolgen des Eides einer eingehenden Erörterung unterzogen. Nach der Grundsatzdebatte hat der Ausschuß die Vereidigung aller Soldaten, d. h. also sowohl der Wehrpflichtigen als auch der freiwillig dienenden Soldaten, gegen vier Stimmen abgelehnt. Der Ausschuß hat dann darüber beraten, ob lediglich die Berufssoldaten und die Soldaten auf Zeit verpflichtet werden sollten, einen Diensteid zu leisten. Ein entsprechender Antrag wurde mit 13 : 13 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Es wurde dann der Antrag zur Abstimmung gebracht, nur die Berufssoldaten, dagegen nicht die Soldaten auf Zeit zu vereidigen. Auch dieser Antrag wurde mit demselben Stimmenverhältnis abgelehnt. Schließlich hatte der Ausschuß noch über den Antrag zu entscheiden, alle Offiziere, und zwar sowohl die Berufsoffiziere als auch die Offiziere auf Zeit und die Reserveoffiziere zu vereidigen. Auch dieser Antrag wurde bei Stimmengleichheit und einer Enthaltung abgelehnt. Der Ausschuß befaßte sich dann mit der Frage, ob alle Soldaten in einer besonders feierlichen Form verpflichtet werden sollten. Bei 2 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen wurde eine Entscheidung getroffen, die feierliche Verpflichtung im Gesetz zu verankern. Es bestand Übereinstimmung darüber, daß Gegenstand dieser Verpflichtung die in § 6 niedergelegte Grundpflicht des Soldaten sein müsse. Daher wurde der Wortlaut dieser Verpflichtung entsprechend formuliert. Der Ausschuß war der Auffassung, daß das nunmehr im Gesetz verankerte feierliche Gelöbnis von den Wehrdienstpflichtigen erst nach Abschluß der Grundausbildung verlangt werden sollte, damit vorher eine eingehende Belehrung über den Sinn und den Umfang seiner Pflichten erfolgen kann, die ihm dieses Gesetz auferlegt. Zu § 8 Der Ausschuß hat die gesetzliche Regelung der Pflichten des Vorgesetzten im Zusammenhang mit der in § 9 geregelten Gehorsamspflicht des Soldaten behandelt. Das gesamte Problem Befehl und Gehorsam wurde vom Ausschuß eingehend untersucht. Dabei wurden vor allem diejenigen Erkenntnisse berücksichtigt, die sich aus der Behandlung strafrechtlicher Tatbestände des zweiten Weltkrieges durch die Gewahrsamsstaaten der deutschen Kriegsgefangenen ergeben haben. Der Ausschuß versucht, eine Regelung zu finden, die dem Befehlsgeber die Verantwortung für den Befehl und seine Folgen überträgt, andererseits aber dem Untergebenen einen blinden Gehorsam nicht zumutet. Zu A b s. 1 hat der Ausschuß sich der Auffassung des Bundesrates, das Wort „Beispiel" durch „Vorbild" zu ersetzen, nicht angeschlossen. Er folgte dem Entwurf der Regierung, durch den von dem Vorgesetzten in Haltung und Pflichterfüllung verlangt wird, den Untergebenen beispielhaft voranzugehen. Hieraus ergibt sich, daß zwar keine neuen Pflichten begründet werden, jedoch bei der Erfüllung der soldatischen Pflichten erhöhte Anforderungen gestellt werden und damit auch im Falle von Pflichtverletzung schärfere Maßstäbe angelegt werden. Zu A b s. 2 hat der Ausschuß die Auffassung zum Ausdruck gebracht, daß die Pflicht zur Dienstaufsicht des Vorgesetzten über die Überwachung der Untergebenen hinausgeht, die sich lediglich darauf erstreckt, Pflichtverletzungen oder Straftaten zu verhindern. Die Pflicht zur Dienstaufsicht hat auch den Charakter der Fürsorge dafür, daß die Untergebenen nicht zu Schaden kommen. Die Verantwortung für die Disziplin der Untergebenen ist eine Folge der Vorgesetzteneigenschaft. A b s. 3 ist für die menschlichen Beziehungen zwischen Vorgesetztem und Untergebenem von besonderer Bedeutung. Dem Vorgesetzten muß das Wohl und Wehe seiner Untergebenen am Herzen liegen. Seine Pflicht zur Fürsorge wird wesentlich dazu beitragen, seine Untergebenen zu einer echten Gemeinschaft zu formen. Ohne eine rechte Fürsorge wird auch die Disziplin in Frage gestellt. Unabhängig von der Fürsorgepflicht des Vorgesetzten besteht im Rahmen des Treueverhältnisses für den Staat selbst eine Rechtspflicht zur Fürsorge für den Soldaten (§ 26 a). A b s. 4 legt dem Vorgesetzten die Pflicht auf, die Grenzen seiner Befehlsgewalt streng zu beachten. Es soll der Mißbrauch der Befehlsgewalt durch den Vorgesetzten verhindert werden. Damit zugleich soll dem Untergebenen ein Schutz davor gewährt werden, daß er in seinen Rechten durch rechtswidrige Befehle beeinträchtigt wird. Zu Abs. 4 hat es der Ausschuß für zweckmäßig gehalten, die Verantwortlichkeit des Vorgesetzten für seine Befehle wegen der Wichtigkeit dieser Vorschrift in einem besonderen Absatz zu regeln. Diese Verantwortung betrifft zunächst die Rechtmäßigkeit, die Zweckmäßigkeit und die Durchführbarkeit des gegebenen Befehls. Sie umfaßt jedoch darüber hinaus auch das rechtlich nicht immer faßbare Gebiet der allgemeinen sittlichen Verantwortung für Form und Inhalt des Befehls und seine Folgen. Hier ist insbesondere die Verpflichtung des Abs. 1 von Bedeutung, dem Untergebenen ein Beispiel zu geben. Der Vorgesetzte muß im Rahmen seiner Pflichten Befehle durchsetzen und für reibungsloses Funktionieren der militärischen Organisation Sorge tragen. Das folgt aus seiner Verantwortung für die ihm gestellte militärische Aufgabe und aus seiner Verantwortung für die Disziplin. (Merten) Der Beamtenrechtsausschuß war zwar der Auffassung, daß die Verhältnismäßigkeit der Mittel zur Durchsetzung eines Befehls ohnedies nach den für den Verwaltungsvollzug bestehenden Grundsätzen auch hier Geltung habe und durch die Begrenzung der Befehlsgebung in Abs. 4 geregelt sei. Der Rechtsausschuß jedoch hielt es für richtig, im Gesetz ausdrücklich zu sagen, daß Befehle in einer Weise durchzusetzen seien, die den jeweiligen Umständen angemessen ist. Der Ausschuß hat sich der Auffassung des Rechtsausschusses angeschlossen. Die Formulierung des Abs. 6 wurde vom Ausschuß bei der Behandlung der Frage der politischen Betätigung (§ 15) und der Kameradschaft (§ 10) gefunden. Das Vertrauen des Untergebenen zum Vorgesetzten kann dann eine erhebliche Belastung erfahren, wenn der Vorgesetzte nicht den Forderungen der Toleranz und der Gerechtigkeit entspricht und sich in der Behandlung seiner Untergebenen nicht völlig unparteiisch verhält. Von einem Soldaten, der Vorgesetzter von Soldaten der verschiedensten Auffassungen und Haltungen ist, muß erwartet werden, daß er auch andere Meinungen gelten läßt. Zu §9 Der Ausschuß ist der Auffassung, daß die Pflicht, einem Befehl zu gehorchen, unerläßlich ist für das Funktionieren jeder militärischen Organisation. Diese Verpflichtung des Untergebenen zum Gehorsam bedürfte keinerlei Einschränkung, wenn nicht damit gerechnet werden müßte, daß auch Befehle erteilt werden können, die den in § 8 geregelten Anforderungen an einen Befehl nicht in vollem Umfang oder gar nicht entsprechen. In Abs. 1 hat der Ausschuß daher den Untergebenen die Möglichkeit eingeräumt, einen Befehl dann nicht zu befolgen, wenn er die Menschenwürde des Untergebenen oder eines Dritten verletzt oder wenn er nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist. Es sollte hier insbesondere der schikanöse Befehl getroffen werden, und ferner Befehle, die Vorgesetzte in privaten Angelegenheiten erteilen. Hier soll der Untergebene die Ausführung eines Befehls ablehnen können. Allerdings trifft ihn in diesen Fällen die Verantwortung für eine Gehorsamsverweigerung, wenn er sich über den Charakter des betreffenden Befehls in einem Irrtum befunden hat. Der Ausschuß hat in diesem Zusammenhang auch die Entwicklung der Rechtsprechung der früheren deutschen militärischen Gerichtsbarkeit geprüft. Insbesondere hat sich der Ausschuß in seinen Überlegungen zu einer Entscheidung des Reichskriegsgerichtes bekannt, derzufolge die Pflicht zum Gehorsam entfällt, wenn ein rechtswidriger Befehl so entscheidend in die Ehre, das Ansehen, die militärische Stellung, die Gesundheit, das Leben und das wirtschaftliche Dasein des Untergebenen eingreift, daß diesem die Ausführung des Befehls nicht zugemutet werden kann. Es ist ein wesentlicher Zug freiheitlicher Ordnung, der Gehorsamspflicht dort Grenzen zu setzen, wo Grundwerte verletzt oder Forderungen gestellt werden, die nichts mit der eigentlichen Aufgabe zu tun haben. In diesen Fällen sind die menschlichen Grundrechte wichtiger als das rein mechanische Funktionieren eines Apparates. Zu A b s. 2 wird verwiesen auf den Bericht zu § 8 in bezug auf die Berücksichtigung der strafrechtlichen Praxis der Gewahrsamsstaaten. Dem Untergebenen wird die Verantwortung für einen Befehl. durch den Verbrechen oder Vergehen begangen würden, grundsätzlich nicht auferlegt. Hiervon gibt es jedoch zwei Ausnahmen. Erstens trifft den Untergebenen die Verantwortung für die Ausführung des Befehls dann, wenn er selbst weiß, daß durch den Befehl ein Verbrechen oder ein Vergehen begangen wird. Diese Regelung entspricht in etwa der Regelung des § 47 des früheren Militärstrafgesetzbuches. Zweitens soll der gehorchende Untergebene auch dann die Verantwortung tragen, wenn er zwar den verbrecherischen Charakter des Befehls nicht erkannt hat, ihn aber nach den obwaltenden Umständen hätte erkennen müssen. Diese Bestimmung richtet sich besonders gegen Untergebene, die in gewissenloser Weise handeln oder die an ihr Handeln keinerlei moralische Maßstäbe anlegen. Gewissenlose Untergebene sollen ihrer Verantwortung nicht entzogen werden, wenn sie sich darauf berufen, daß ihnen das Verbrechen oder Vergehen bei der Ausführung des Befehls nicht zum Bewußtsein gekommen sei. Hier sollen die höheren sittlichen Normen gegenüber Menschen bestimmend sein, die glauben, diese Normen außer acht lassen zu können. Der Ausschuß hat sich zur Frage „Befehl und Gehorsam" mit zahlreichen Eingaben und Anträgen befaßt. Er glaubt, daß das ernsthafte Anliegen aller dieser Eingaben und Anträge in der gefundenen Formulierung der §§ 8 und 9 seinen Niederschlag gefunden hat. Zu § 10 Die in § 8 Abs. 6 dem Vorgesetzten in besonderem Maße zur Pflicht gemachte Toleranz gegenüber den Untergebenen wird hier allen Soldaten als Verpflichtung auferlegt. Der Ausschuß war sich darüber klar, daß der Begriff Kameradschaft einen ethischen Gehalt hat, der in der Sprache des Gesetzes nicht zu fassen ist und der in seinem vollen Gehalt nicht als Verpflichtung einem jeden Soldaten vorgeschrieben werden kann. Der § 10 enthält daher nur die Mindestanforderungen, die an jeden Soldaten gestellt werden müssen, damit er sich in die Truppe einfügt und damit nicht durch einzelne Soldaten diese Gemeinschaft in empfindlicher Weise gestört wird. Zu § 12 Der Ausschuß ist der Auffassung, daß es sich hier nicht um die Verpflichtung zu einem allgemein moralischen Verhalten des Soldaten handelt. In § 12 wird vielmehr nur die Verpflichtung des Soldaten zu der Wahrheit entsprechenden dienstlichen Aussagen geregelt. Diese Verpflichtung ist notwendig, weil von den dienstlichen Aussagen die Bildung eines militärischen Urteils und die Erteilung von Befehlen abhängt, die erhebliche Folgen haben können. Aus diesem Grunde ist die Wahrheitspflicht gefordert in Angelegenheiten, die den Dienst betreffen. A b s. 2 entspricht den Beschlüssen des Rechtsausschusses und des Beamtenrechtsausschusses. Er dient dem Schutz der Untergebenen vor mißbräuchlicher Ausnutzung seiner Verpflichtung, wahrheitsgemäß Auskunft zu erteilen. Ein Vorgesetzter kann nur dann eine Auskunft unter dieser Verpflichtung fordern, wenn der Dienst es rechtfertigt. Damit ist insbesondere ein unzulässiges Eindringen in die private Sphäre des Soldaten verboten. Zu § 13 Die Pflicht zur Verschwiegenheit hat eine Regelung gefunden, die dem § 61 Abs. 1 bis 4 und § 62 des Bundesbeamtengesetzes entspricht. (Merten) Zu § 15 Die staatsbürgerlichen Rechte des Soldaten werden in § 5 a ausdrücklich garantiert. Daraus ergibt sich, daß die politische Meinungsäußerung des Soldaten im kameradschaftlichen Gespräch nicht beschränkt werden soll. Der Ausschuß ist jedoch der Auffassung, daß im Dienst die parteipolitische Betätigung des Soldaten keinen Platz haben kann. Abs. 1 a regelt die politische Betätigung innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen außerhalb des Dienstes. Im Ausschuß bestand Klarheit darüber, daß unter dienstlichen Unterkünften und Anlagen auch dienstlich angewiesene Quartiere während Übungen, Manövern und Märschen zu verstehen sind. Grundsätzlich soll hier die politische Betätigung in den Fällen geregelt werden, in denen der Soldat außerhalb des Dienstes durch die militärischen Verhältnisse genötigt ist, mit Kameraden zusammenzuleben. Aus diesem Grunde bildet hier die Forderung der Kameradschaft die Schranke für seine politische Betätigung. Diese Schranke ist deutlich gemacht durch das ausgesprochene Verbot, für eine politische Gruppe Ansprachen zu halten, Schriften zu verteilen oder sich als Funktionär zu betätigen. Abs. 2. Die Teilnahme am politischen Leben soll dem Soldaten außerhalb des Dienstes und der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen nicht verwehrt werden. Allerdings wird ihm wie dem Beamten auferlegt, sich hier zurückzuhalten und zu mäßigen, weil er als Soldat im Dienste der Gesamtheit auch Verpflichtungen gegenüber der Gesamtheit hat. Daraus ergibt sich das Verbot, in Uniform an politischen Versammlungen teilzunehmen. Hier sind nicht gemeint politische Akte, die von Staats wegen durchgeführt werden, sondern lediglich Veranstaltungen politischer Gruppen, die im Rahmen der Versammlungsfreiheit und zur Ausübung des Rechtes der freien Meinungsäußerung durchgeführt werden. Abs. 2 a unterstreicht noch einmal im Zusammenhang mit § 8 Abs. 6 die Pflicht des Vorgesetzten, seine dienstliche Stellung nicht zur politischen Beeinflussung der Untergebenen zu mißbrauchen. Diese Verpflichtung des Vorgesetzten gilt für ihn sowohl im Dienst als auch außerhalb des Dienstes. Zu § 15 a Der Ausschuß hat die Regelung des Verhaltens der Soldaten im Ausland als besonderen Paragraphen formuliert, weil dieses Verhalten über den Umfang der politischen Betätigung hinaus berücksichtigt werden muß. Bereits in Friedenszeiten besteht die Möglichkeit, daß zahlreiche Soldaten ihren Dienst außerhalb der Bundesrepublik zu tun haben. Entsprechend den Vorschriften für die Angehörigen des diplomatischen Dienstes ist es auch den Soldaten verboten, sich in irgendeine Angelegenheit einzumischen, die den Aufenthaltsstaat betrifft. Zu § 15b Das Verhältnis des Untergebenen zum Vorgesetzten außerhalb des Dienstes war im Ausschuß Gegenstand längerer Erörterungen. Der Ausschuß war der Auffassung, daß es im Interesse der allgemeinen Disziplin erforderlich sei, daß der Untergebene auch außerhalb des Dienstes dem Vorgesetzten in seiner Person Achtung entgegenbringt. In diesem Zusammenhang wurde die Grußpflicht gegenüber dem Vorgesetzten außerhalb des Dienstes erörtert. Der Ausschuß nahm dabei Bezug auf die bereits früher bei der Behandlung der inneren Führung erarbeiteten Grundsätze. Im einzelnen soll diese Frage jedoch in den Vorschriften des Verteidigungsministers über den inneren Dienst ihre Regelung finden. Die Vorschrift des A b s. 1 beinhaltet nicht von sich aus die Grußpflicht außerhalb des Dienstes. Der Ausschuß wünscht eine möglichst weitgehende Einschränkung der Grußpflicht auch im Hinblick auf die Anwesenheit zahlreicher ausländischer Truppenteile in dem Gebiet der Bundesrepublik. Abs. 2 entspricht der Regelung im Beamtenrecht, wie sie in § 54 Satz 3 des Bundesbeamtengesetzes niedergelegt ist. Abs. 3 enthält eine besondere Verpflichtung für die Offiziere und Unteroffiziere und entspricht der Regelung des § 20 Abs. 2 Nr. 2. Diese Bestimmung geht über die entsprechende Regelung des Beamtenrechts in § 77 des Bundesbeamtengesetzes hinaus, weil im Gegensatz zum Beamtenrecht bei Offizieren und Unteroffizieren jederzeit und besonders im Verteidigungsfalle mit einer Wiederverwendung gerechnet werden muß. A b s. 4 hat im Ausschuß zu längeren Diskussionen geführt. Zunächst mußte die Bestimmung über die Erhaltung der Wehrtüchtigkeit so präzisiert werden, daß daraus klar hervorgeht, daß es sich hier lediglich um die Erhaltung der Gesundheit handelt. Der Soldat sollte gegen eine mißbräuchliche Anwendung der Bestimmung geschützt werden. Andererseits mußte jedoch verhindert werden, daß sich Soldaten mutwillig zum Wehrdienst untauglich machen, um sich der Wehrpflicht ganz oder teilweise zu entziehen. Eine Pflichtverletzung liegt nur dann vor, wenn die Beeinträchtigung der Gesundheit vorsätzlich oder grob fahrlässig geschieht. Die leicht fahrlässige Beeinträchtigung darf nicht als Pflichtverletzung angesehen werden. Der Ausschuß hat sich dann mit der Frage befaßt, wieweit der Art. 2 Abs. 2 GG mit der Notwendigkeit zu vereinbaren ist, daß im Interesse der Gemeinschaft in gewissen Fällen der Soldat ärztliche Eingriffe in seine körperliche Unversehrtheit dulden muß. Hierzu hat der Ausschuß die Bundestagsabgeordneten, die von Beruf Ärzte sind, zu einer Stellungnahme aufgefordert. Aus dieser Stellungnahme hat der Ausschuß die Bestimmung übernommen, daß der Soldat dann ärztliche Eingriffe in seine körperliche Unversehrtheit dulden muß, wenn diese Eingriffe der Seuchenbekämpfung dienen. Es ist hierbei in erster Linie an Schutzimpfungen gedacht. In allen anderen Fällen können ärztliche Eingriffe und Behandlungen nur mit Zustimmung des Soldaten durchgeführt werden. Damit soll die Achtung vor der Person des Soldaten zum Ausdruck kommen und das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gefördert werden. Eine Benachteiligung des Soldaten kann nur in den Fällen eintreten, in denen er eine ärztliche Behandlung ablehnt, obwohl sie zumutbar wäre, und durch diese Ablehnung seine Dienst- oder Erwerbsfähigkeit ungünstig beeinflußt wird. In diesen Fällen kann ihm insoweit eine Versorgung versagt werden, die ihm andernfalls zugestanden hätte. Weitere Nachteile, insbesondere disziplinärer Art, dürfen dem Soldaten hieraus nicht entstehen. Nachteile entstehen dem Soldaten jedoch nicht, wenn er eine ärztliche Behandlung ablehnt, die mit einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit verbunden ist oder die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeutet, wie es z. B. bei einer Operation der Fall ist. Zu dieser Frage hat der Ausschuß als Sachverständige (Merten) Herrn Generalarzt a. D. Dr. Kritzler-Kosch und Herrn Professor Dr. Elbel gehört. Zu § 15 c Diese Vorschrift entspricht dem § 4 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes vom 6. August 1953 (BGBl. I S. 899). Die Notwendigkeit dieser Vorschrift wurde in Übereinstimmung mit dem Beamtenrechtsausschuß bejaht, weil durch das Gesetz sichergestellt werden muß, daß die Pflicht des Soldaten zum gemeinsamen Wohnen und zur Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung nicht in Zweifel gezogen werden kann. Zu § 15 d Diese Bestimmung entspricht dem § 70 des Bundesbeamtengesetzes. Zu § 17 Die Absätze 1 bis 4 und 6 entsprechen der Regelung des Beamtenrechts in den §§ 64 ff. des Bundesbeamtengesetzes. Die in § 69 erteilte Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung über die Nebentätigkeit der Beamten gilt auch für die Berufssoldaten und die Soldaten auf Zeit entsprechend. In dieser Rechtsverordnung kann bestimmt werden, ob und inwieweit der Soldat für eine im öffentlichen Dienst ausgeübte oder auf Anordnung, Vorschlag oder Veranlassung seines Vorgesetzten übernommene Nebentätigkeit eine Vergütung erhält oder eine erhaltene Vergütung abzuführen hat. Weiter kann für einzelne Gruppen von Soldaten, soweit es nach der Natur des Dienstverhältnisses erforderlich ist, auch die schriftstellerische, wissenschaftliche, künstlerische oder Vortragstätigkeit, ferner die mit Lehr- und Forschungsaufgaben zusammenhängende Gutachtertätigkeit von Soldaten an wissenschaftlichen Instituten und Anstalten von einer Genehmigung abhängig gemacht werden. Eine besondere Regelung findet die Frage der Nebentätigkeit für die Soldaten, die als Wehrpflichtige Wehrdienst leisten. Ihnen steht die Nebentätigkeit grundsätzlich frei. Allerdings besteht im Falle einer Gefährdung der Dienstfähigkeit oder Beeinträchtigung der dienstlichen Erfordernisse die Möglichkeit, ein Verbot auszusprechen. Zu § 18 Die Übernahme staatsbürgerlicher Ehrenämter ist auch dem Soldaten möglich. Sie darf ihm nur versagt werden, wenn zwingende dienstliche Gründe für die Übernahme eines derartigen Ehrenamtes keine Möglichkeit lassen. In den Fällen, in denen die Übernahme eines staatsbürgerlichen Ehrenamtes eine gesetzliche Pflicht für den Staatsbürger ist, wird dem Soldaten mit Rücksicht auf seine dienstliche Beanspruchung die Möglichkeit gegeben, die Übernahme abzulehnen. Zu § 19 Diese Vorschrift stimmt sachlich mit dem § 60 des Bundesbeamtengesetzes überein. Zu § 20 A b s. 1 entspricht dem § 77 des Bundesbeamtengesetzes. Abs. 2 enthält besondere Bestimmungen für die Soldaten, die von dem Bundesbeamtenrecht abweichen. Es werden von diesen Bestimmungen nicht nur die Soldaten im Ruhestand betroffen, sondern alle Angehörigen der Reserve. Die Nr. 2 zieht in ihrem letzten Halbsatz die Folgerungen aus der Verpflichtung in § 15 b Abs. 3. A b s. 3 überläßt es dem Gesetz über die Wehrdisziplinarordnung, das Nähere zu regeln. Zu § 21 Die Frage der Haftung ist entsprechend § 78 des Bundesbeamtengesetzes geregelt. — In A b s. 1 wird jedoch für den Soldaten eine abweichende Regelung insoweit getroffen, als er für schadenstiftende Handlungen im Ausbildungsdienst oder im Einsatz nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zum Ersatz herangezogen werden darf. Dies ergibt sich aus der besonderen Natur des militärischen Dienstes. Zu § 22 Die Frage des aktiven Wahlrechts der Soldaten braucht an dieser Stelle nicht mehr ausdrücklich angesprochen zu werden, nachdem der Soldat entsprechend § 5 a alle Rechte eines Staatsbürgers besitzt. Der Ausschuß befaßte sich daher an dieser Stelle ausschließlich mit der Frage des passiven Wahlrechts. Nach einer eingehenden Diskussion hat der Ausschuß sich einstimmig dafür ausgesprochen, das passive Wahlrecht des Berufssoldaten zum Bundestag in derselben Form zu regeln, wie dies bei den Beamten durch das Gesetz über die Rechtsstellung der in den Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes vom 4. August 1953 (BGBl. I S. 777) geregelt ist. Der Ausschuß hat dann weiterhin beschlossen, auch das passive Wahlrecht zu einem Landtag oder zu einer kommunalen Vertretungskörperschaft in derselben Weise wie für die Wahl zum Bundestag zu regeln. Dadurch wird erreicht, daß Berufssoldaten auch bei der Wahl in einen Landtag oder eine kommunale Vertretungskörperschaft in den Ruhestand treten, solange sie dieser Körperschaft angehören. Im Hinblick auf die besondere Verpflichtung des Vorgesetzten in § 8 Abs. 6 hielt es der Ausschuß nicht für richtig, einen Berufssoldaten nach der Wahl in einen Landtag oder eine kommunale Vertretungskörperschaft im Dienste zu belassen. Eine besondere Regelung mußte für die Soldaten auf Zeit getroffen werden, weil für sie das für den Beamten geltende Recht in der vorliegenden Form nicht angewandt werden kann. Für sie wird eine Regelung getroffen, wie sie bei den Angestellten im Dienst des Bundes vorgesehen ist. Jedoch werden Dienstbezüge nur bis zum Ablauf der Verpflichtungszeit gezahlt. Zu § 23 Der Dienstgrad des Soldaten wird als geschützter Rechtsstand sichergestellt. Dies erscheint notwendig, weil mit dem Dienstgrad häufig die Vorgesetzteneigenschaft verbunden ist. Ferner gewährt er im internationalen Kriegsgefangenenrecht bestimmte Rechte. Außerdem sind mit dem Dienstgrad persönliche Rechte — wie Besoldung und Urlaub — verknüpft. In den Fällen der §§ 44, 48, 51 und 52 dieses Gesetzes geht der Dienstgrad in den dort geregelten Fällen verloren. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Aberkennung durch Richterspruch im Disziplinarverfahren. Eine Degradierung durch Disziplinarvorgesetzte ist ausgeschlossen. Nähere Einzelheiten über den Verlust des Dienstgrades durch Richterspruch werden in dem Gesetz über die Wehrdisziplinarordnung geregelt. Zu § 23 a Dem Wunsch des Bundesrates auf eine nähere Abgrenzung der in A b s. 1 vorgesehenen Rechts- (Merten) verordnung ist durch den Ausschuß Rechnung getragen worden. Zu A b s. 2 wurde auf Grund eines Antrags des Abg. Heye die Frage diskutiert, ob bei der Einteilung der Rangklassen als oberster Mannschaftsdienstgrad der „Korporal" eingeführt werden solle. Sollte der Unteroffiziersdienstgrad wegfallen, wird dafür die Rangklasse der Unteroffiziere erst bei dem Stabsunteroffizier beginnen. Über diesen Antrag wurde im Rahmen dieses Gesetzes nicht entschieden, sondern er wurde mit Zustimmung des Antragstellers dem Verteidigungsminister zur Stellungnahme überwiesen. Die Mitwirkung des Bundespersonalausschusses bei der Beförderung von Soldaten ist in A b s. 4 entsprechend der Regelung des Beamtenrechts festgelegt. Bei dem Überspringen von Dienstgraden in besonderen Fällen hat die Mitwirkung des Bundespersonalausschusses auch dann besondere Bedeutung, wenn Außenseiter mit besonderen Fähigkeiten verwendet werden sollen. A b s. 5 gibt den Unteroffizieren die Möglichkeit, Offizier zu werden, ohne daß bei ihnen das Reifezeugnis einer höheren Schule oder ein entsprechender Bildungsstand vorausgesetzt wird. Die Voraussetzungen der Dienstzeit von drei Jahren unter Ablegung der Offiziersprüfung gelten für sie ebenso wie für die Laufbahnoffiziere. A b s. 7 trifft Bestimmungen über die Zusammensetzung des Bundespersonalausschusses, die für die Behandlung militärischer Angelegenheiten geändert werden mußte gegenüber der Behandlung der Beamtenangelegenheiten. Zu § 24 Die Regelung des Urlaubs der Soldaten entspricht den Regelungen des Beamtenrechts, wie sie in § 89 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes festgelegt sind. Der Ausschuß hat die Frage erörtert, ob im Urlaub und außer Dienst von den Soldaten ohne besondere Erlaubnis Zivilkleidung getragen werden darf. Hierzu wurde festgestellt, daß das Recht zum Tragen von Zivilkleidung im allgemeinen nicht beschränkt ist. Ohne eine besondere Regelung in diesem Gesetz hat der Soldat die Möglichkeit, im Urlaub und außer Dienst Zivilkleidung zu tragen. Eine besondere Einschränkung dieses Rechts insbesondere in Zeiten besonderer Spannung oder im Verteidigungsfalle ist nach § 5 a Satz 2 im Rahmen der besonderen Erfordernisse des militärischen Dienstes von Fall zu Fall zu regeln. Zu § 25 Die Abs. 1 und 3 entsprechen dem § 90 des Bundesbeamtengesetzes. Über das Beamtenrecht hinaus geht die Regelung des Abs. 2. Aus Gründen der militärischen Erziehung wird den Disziplinarvorgesetzten zur Pflicht gemacht, dem Soldaten seine Beurteilung in allen Punkten zu eröffnen, die sich auf seine Laufbahn, seine Beförderung oder beziehen. Dienstverhältnis beziehen. Dies geschieht pflichtgemäß, ohne daß der Soldat einen Antrag zu stellen braucht. Zu § 26 Die eigenen Ansprüche des Soldaten auf Geld-und Sachbezüge, Heilfürsorge und Versorgung werden dem Grunde nach anerkannt. Bis zur endgültigen Regelung durch besondere Gesetze werden diese Ansprüche durch die Übergangsregelung des § 57 a geregelt. Die Weiterführung der Versicherungen der Reichsversicherungsordnung und der Arbeitslosenversicherung für den Wehrpflichtigen und seine Angehörigen muß noch besonders geregelt werden. Diese Angelegenheit wurde zurückgestellt. Sie muß jedoch spätestens bis zur Verabschiedung des Wehrpflichtgesetzes geregelt sein. A b s. 2 entspricht einem Beschluß des Beamtenrechtsausschusses, der übernommen worden ist. Zu § 26 a Diese Bestimmung entspricht einem Vorschlag des Beamtenrechtsausschusses. Satz 1 regelt die Fürsorgepflicht des Staates gegenüber den Berufssoldaten und den Soldaten auf Zeit so, wie es auch im Beamtenrecht für die Beamten — § 79 des Bundesbeamtengesetzes — vorgesehen ist. Für die Soldaten, die ihrer Wehrpflicht genügen, können die Bestimmungen des Beamtenrechts keine Anwendung finden. Jedoch muß auch für sie und für ihre Familien eine Fürsorgepflicht des Staates während des Wehrdienstes gewährleistet werden. Diese Frage wird in anderen Gesetzen ihre Regelung finden müssen. Zu § 27 Es entspricht der Fürsorgepflicht des Staates, nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses dem Soldaten den Weg in das Berufsleben zu erleichtern. Dies gilt nicht nur für die freiwillig dienenden Soldaten, sondern auch für die Wehrpflichtigen. Aus diesem Grunde hat jeder Soldat Anspruch auf einen Beleg über die im Wehrdienst verbrachte Zeit. Auf Antrag kann er weiterhin ein Zeugnis erhalten, das nähere Auskunft über seine Tätigkeit, seine Leistungen und seine Führung gibt und damit den Zeugnissen entspricht, die auch in arbeitsrechtlichen Verhältnissen erteilt werden. Abs. 2 gibt dem Soldaten das Recht, ein vorläufiges Dienstzeugnis zu verlangen, damit er sich noch während des Wehrdienstes um freie Stellungen bewerben kann und sein Übertritt in das Berufsleben in unmittelbarem Anschluß an den Wehrdienst erleichtert wird. Zu § 28 Der Ausschuß hat sich der Formulierung angeschlossen, die im Rechtsausschuß erarbeitet worden ist. Sie entspricht den Gedanken, die in der Arbeitsgruppe Innere Führung des Verteidigungsausschusses entwickelt worden waren. Im Zusammenhang mit der Regelung des staatsbürgerlichen und völkerrechtlichen Unterrichts müssen die §§ 7 (Eintreten für die demokratische Grundordnung), 8 (Pflichten des Vorgesetzten), 10 (Kameradschaft), 15 (politische Betätigung), 15 a (Verhalten in anderen Staaten) beachtet werden. Der Ausschuß gab einhellig der Auffassung Ausdruck, daß dieser Unterricht für den Soldaten von außerordentlicher Bedeutung ist, weil er wesentlich dazu beitragen soll, die Bundeswehr in die demokratische Ordnung der Bundesrepublik einzugliedern. Der Unterricht hat auch das Verständnis für das in § 7 a vorgeschriebene feierliche Gelöbnis der Soldaten zu wecken. Die Kenntnis der staatsbürgerlichen Pflichten und Rechte soll für den Soldaten den Weg ebnen zum Verständnis seines Dienstes für die Gesamtheit. Die Kenntnis des Völkerrechts wird sich in erster Linie auf die Regeln der Haager Landkriegsordnung von 1905 und der vier Genfer Abkommen von 1949 zu beziehen haben. Darüber hinaus wird (Merten) es wichtig sein, den Soldaten die sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik darzustellen. Der Unterricht soll möglichst abwechslungsreich und interessant gestaltet werden. In der Regel wird er dem für den Dienst verantwortlichen Offizier obliegen. Darüber hinaus sollen aber auch Persönlichkeiten außerhalb der Bundeswehr herangezogen werden. Bei diesem Personenkreis kann auch in Kauf genommen werden, daß persönliche Meinungen vorgetragen werden, deren Kenntnis zur Erreichung des Unterrichtszieles von Bedeutung ist. Zu § 29 Das Recht des Soldaten, sich zu beschweren, wird durch die Wehrbeschwerdeordnung gesetzlich geregelt. Bis dahin gilt auch auf militärischem Gebiet der Art. 19 Abs. 4 GG, soweit nicht die Vorschrift des § 53 a in Frage kommt. Zu § 30 Die Einführung eines Vertrauensmannes in der Bundeswehr entspricht den Auffassungen, die der Arbeitskreis Innere Führung des Verteidigungsausschusses bereits früher erarbeitet hat. Der Vertrauensmann ist nichts Neues, sondern war bereits in der Reichswehr nach § 9 des Wehrgesetzes von 1921 vorgesehen. Ihm kommt große Bedeutung zu für die enge Zusammenarbeit zwischen Vorgesetzten und Untergebenen und damit für das gesamte Innere Gefüge der Bundeswehr. Der Ausschuß war daher der Auffassung, daß die wesentlichen Bestimmungen über den Vertrauensmann nicht, wie es der Regierungsentwurf vorsah, in einer Rechtsverordnung, sondern in diesem Gesetz geregelt werden müssen. Abs. 1 grenzt die Bereiche ab, in denen Vertrauensleute gewählt werden müssen. Damit ist die Stufenvertretung ausgeschlossen. Abs. 2 regelt die Aufgaben, die dem Vertrauensmann gestellt sind. Die verantwortungsvolle Zusammenarbeit zwischen Vorgesetzten und Untergebenen und die Erhaltung des kameradschaftlichen Vertrauens in seinem Wahlbereich müssen in seiner gesamten Tätigkeit der leitende Gedanke sein. In Fragen des inneren Dienstbetriebes, der Fürsorge, der Berufsförderung und des außerdienstlichen Gemeinschaftslebens soll er gehört werden und Vorschläge machen. Er muß daher jederzeit über die Auffassungen der Soldaten zu diesen Dingen in seinem Wahlbereich im Bilde sein und diesen Auffassungen Geltung zu schaffen versuchen. In zahlreichen Fällen werden die Vorschläge des Vertrauensmannes Bedeutung haben über seinen Wahlbereich hinaus. In diesem Fall muß er die Vorschläge dem Führer seiner Einheit vorlegen, der sie seinerseits weiterzureichen hat. Eine Umgehung des zuständigen Einheitsführers durch den Vertrauensmann ist nicht gestattet. Abs. 3 regelt das Wahlverfahren, indem er geheime und unmittelbare Wahl vorschreibt. Die sonstigen Einzelheiten der Wahl werden einer besonderen gesetzlichen Regelung überlassen. Abs. 4 enthält die Vorschriften für diejenigen Fälle, die durch die Wahlbereiche des Abs. 1 nicht gedeckt sind. Hier sollen die Vorschriften des Personalvertretungsgesetzes vom 5. August 1955 (BGBl. I S. 477) entsprechend angewendet werden. Dabei mußte berücksichtigt werden, daß in den Fällen des Abs. 4 die Soldaten in aller Regel gemeinsam ihren Dienst tun mit den Gruppen des öffentlichen Dienstes, für die das Personalvertretungsgesetz gilt. Zu § 31 Zur Frage der Seelsorge und Religionsausübung in der Bundeswehr nahm der Ausschuß die Berichte von Prälat D. Kunst für die Evangelische Kirche und von Prälat Dr. Böhler für die Katholische Kirche entgegen. Die Einzelheiten der Seelsorge in den Streitkräften werden durch besondere Abmachungen zwischen der Bundesregierung und der Evangelischen bzw. Katholischen Kirche geregelt. Die gesetzlichen Grundlagen für diese Abmachungen werden im Organisationsgesetz zu treffen sein. Das vorliegende Gesetz hat lediglich die Rechte der Soldaten in bezug auf die Seelsorge und Religionsausübung anzusprechen. Der Anspruch des Soldaten ist in dieser Richtung festgelegt. Ein Zwang darf auf diesem Gebiet nicht ausgeübt werden. Die Teilnahme an gottesdienstlichen Veranstaltungen ist immer freiwillig. Es bestand im Ausschuß Übereinstimmung darüber, daß der Anspruch auf ungestörte Religionsausübung dann nicht als eingeschränkt anzusehen ist, wenn dringende dienstliche Erfordernisse in einzelnen Fällen der Möglichkeit der ungestörten Religionsausübung entgegenstehen. ZWEITER ABSCHNITT Zu § 32 Die Voraussetzungen der Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten oder eines Soldaten auf Zeit entsprechen dem Beamtenrecht in § 7 des Bundesbeamtengesetzes. Zu § 33 A b s. 1 zählt die Hindernisse auf, die einer Ernennung zum Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit im Wege stehen. Dieser Katalog geht über die im Bundesbeamtengesetz genannten Straftaten hinaus und übernimmt die staatsgefährdenden Delikte(§ § 88 bis 97 StGB), weil sie schwere Verletzungen der staatsbürgerlichen Treuepflicht darstellen, die ebenso wie Hoch- und Landesverrat vom Dienst in der Bundeswehr ausschließen müssen. Abs. 1 Nr. 1 bildete Gegenstand einer besonderen Erörterung im Ausschuß. Es wurde Klarheit darüber erzielt, daß die Verurteilungen durch ausländische Gerichte keinen gesetzlichen Ausschlußgrund darstellen, jedoch in jedem einzelnen Fall geprüft werden sollen. Insbesondere werden Verurteilungen aus politischen Gründen, wie sie nach dem zweiten Weltkrieg in großer Zahl im Auslande erfolgt sind, die Frage der Eignung für die Bundeswehr in der Regel nicht berühren. Dies gilt jedoch nicht für Verurteilungen, die wegen gemeiner Verbrechen auch nach deutschem Strafrecht erfolgt wären. Zu Ab s. 1 a: Strafen, die von deutschen Gerichten außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes verhängt worden sind, sind nach dem Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 2. Mai 1953 (BGBl. I S. 161) nur insoweit zu berücksichtigen, als ihre Art und Höhe nach rechtsstaatlichen Grundsätzen angemessen sind und nicht dem Zweck eines Bundesgesetzes widersprechen. Abs. 2 soll dem Bundesminister für Verteidigung auch die Möglichkeit geben, bei Verurteilungen in (Merten) der Zeit vor dem 8. Mai 1945 im Einzelfall zu prüfen, ob sie dem heutigen Rechtsempfinden entsprechen, und gegebenenfalls ihre Wirkung auf die Einstellung in der Bundeswehr zu beseitigen. Zu § 34 Das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten kann erst beginnen mit der Beförderung zum Feldwebel. Unterhalb dieses Dienstgrades wird es keine Berufssoldaten geben. Offiziersanwärter werden mit der Beförderung zum Leutnant Berufssoldaten sein können. Ferner können Offiziere auf Zeit und der Reserve in das Berufssoldatenverhältnis überführt werden. Zu § 35 Die Soldaten auf Zeit, d. h. die freiwillig länger Dienenden, werden in der Bundeswehr einen großen Teil des Ausbildungspersonals bilden. Sie werden weiterhin dort einen großen Teil der Soldaten bilden, wo es auf besondere Fachkenntnisse ankommt, wie z. B. bei der Marine und der Luftwaffe. Für alle Soldaten auf Zeit gilt, daß sie sich auf mindestens vier und höchstens zwölf Jahre zu verpflichten haben. Über das 32. Lebensjahr hinaus sollen Mannschaften und Unteroffiziere auf Zeit nicht berufen werden, weil andernfalls ihre Eingliederung in das Berufsleben auf Schwierigkeiten stoßen könnte. Durch eine Übergangsregelung in § 54 Abs. 4 wird die Altersgrenze von 32 für diejenigen Soldaten auf Zeit aufgehoben, die als Angehörige der früheren Wehrmacht wiederverwendet werden. Zu § 36 Der Ausschuß hat sich hier dem Vorschlag des Beamtenrechtsausschusses angeschlossen, der eine Angleichung der Bestimmungen über Begründung und Umwandlung des Dienstverhältnisses an den Entwurf des Beamtenrechtsrahmengesetzes vorgesehen hatte. Zu § 37 Die Bestimmungen über die Form der Beförderung entsprechen dem Beamtenrecht in § 6 des Bundesbeamtengesetzes. Zu § 39 Die Bestimmungen entsprechen dem Beamtenrecht in den §§ 41, 42, 43, 44, 47, 81 und 106 des Bundesbeamtengesetzes sowie den §§ 6 und 16 des Vorläufigen Bundespolizeibeamtengesetzes. Die Bestimmungen wurden zusammengefaßt und systematisch geordnet. Zu § 40 Die Altersgrenze wurde vom Ausschuß für alle Berufssoldaten auf das vollendete 60. Lebensjahr vorläufig festgesetzt. Die endgültige Regelung soll innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes getroffen werden. Der Bundesminister für Verteidigung ist ermächtigt worden, in Einzelfällen die Altersgrenze um jeweils ein Jahr, jedoch höchstens fünf Jahre hinauszuschieben. Diese Regelung entspricht dem § 16 des Vorläufigen Bundespolizeibeamtengesetzes. Für die wiederverwendeten Soldaten der früheren Wehrmacht ist im § 54 Abs. 3 eine Übergangsregelung getroffen worden, die es ermöglichen soll, sie auch über die Altersgrenze hinaus einzustellen. Zu § 41 A b s. 1 entspricht dem Beamtenrecht in § 29 des Bundesbeamtengesetzes. A b s. 2 geht über das Bundesbeamtenrecht insofern hinaus, als er die in § 12 des Bundesbeamtengesetzes vorgesehene Zurücknahme einer Ernennung nicht kennt, sondern statt dessen zwingend die Entlassung vorsieht. A b s. 3 entspricht dem Beamtenrecht im § 30 des Bundesbeamtengesetzes. A b s. 3 a trifft eine Regelung der Entlassung für den Sonderfall, daß die militärische Ausbildung eines Berufssoldaten mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war. In diesem Fall muß er die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung ersetzen. Jedoch kann er genau wie alle anderen Berufssoldaten auf eigenen Antrag aus dem Dienst ausscheiden. Der Kostenersatz wurde deshalb vorgeschrieben, weil die Ausbildung auf verschiedenen Fachgebieten von Staats wegen erfolgt und damit dem Staat erhebliche Kosten entstehen. Die Erfahrungen anderer Bundesbehörden wurden vom Ausschuß zur Kenntnis genommen und führten zu der getroffenen Regelung. Abs. 4 hat keine entsprechende Bestimmung im Beamtenrecht, weil ein Berufssoldat schon in einem verhältnismäßig niedrigen Lebensalter ernannt werden kann. Wenn sich dann mangelnde Eignung herausstellt, kann es im Interesse der Bundeswehr liegen, daß er aus dem Dienst ausscheidet. Die Versorgung für diesen Sonderfall soll im Soldatenversorgungsgesetz geregelt werden. Zu § 42 Zuständigkeit, Anhörungspflicht und Fristen bei der Entlassung entsprechen den Grundsätzen des Beamtenrechts, wie sie in den §§ 13, 33, 35 und 47 des Bundesbeamtengesetzes und dem § 8 des Vorläufigen Bundespolizeibeamtengesetzes niedergelegt sind. Zu § 43 Die Bestimmungen über den Verlust der Rechtsstellung eines Berufssoldaten entsprechen dem § 48 des Bundesbeamtengesetzes. Die Ausdehnung auf die staatsgefährdenden Delikte ist bereits in § 33 erwähnt worden. Zu § 44 Abs. 1 Satz 1 ist die Folge der Regelung des § 2 dieses Gesetzes. Satz 2 regelt die Frage des Wehrdienstverhältnisses auf Grund der Wehrpflicht für diejenigen Soldaten, deren besonderes Dienstverhältnis als Berufssoldat endet. Abs. 2 bestimmt, daß im Falle einer nicht ehrenhaften Entlassung und des Verlustes der bisherigen Rechtsstellung als Berufssoldat auch der Dienstgrad verlorengeht und der Soldat damit mit dem niedrigsten Mannschaftsdienstgrad in das Reserveverhältnis zurücktritt. Abs. 3 entspricht § 34 Satz 1 und § 49 des Bundesbeamtengesetzes. Abs. 4 entspricht § 34 Satz 2 und § 81 Abs. 4 des Bundesbeamtengesetzes. Zu § 45 Abs. 1 wurde vom Ausschuß eingehend erörtert. Der Ausschuß kam zu der Auffassung, daß die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand auf alle Angehörigen des Generalsranges ausgedehnt werden soll. Es soll damit zum Ausdruck gebracht wer- (Merten) den, daß der Umfang ihrer Verantwortung der des sogenannten politischen Beamten entspricht. A b s. 2 regelt die dienstrechtlichen Folgen der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand entsprechend den §§ 37 bis 40 des Bundesbeamtengesetzes. Zu § 46 Der ehemalige Berufssoldat wird in § 46 in einem weitergehenden Maße für wehrpflichtig erklärt als der normale Reservist. Er steht in einem besonderen Treueverhältnis zum Staat, da er sich zu lebenslangem Dienst bereit erklärt hat und eine entsprechende Versorgung erhält. Deshalb soll er auch in einem erhöhten Maße zum Dienst herangezogen werden, damit er jederzeit wieder verwendet werden kann. Abs. 3 entspricht dem § 45 des Bundesbeamtengesetzes. Zu § 47 Die Vorschrift entspricht dem § 51 Abs. 1, 2 und 4 des Bundesbeamtengesetzes. Zu § 48 Abs. 1 entspricht dem § 162 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes. Abs. 2 trifft eine besondere Regelung für den Soldaten, der auch in den Fällen, in denen er seine Ansprüche auf Versorgung behält, seinen Dienstgrad verlieren kann. Zu § 49 Abs. 1 und 2 entspricht der Regelung, die auch für die Berufssoldaten in § 38 getroffen ist. Abs. 3 gibt die Möglichkeit, in Ausnahmefällen das Dienstverhältnis der Soldaten auf Zeit auch gegen ihren Willen um einen Zeitraum zu verlängern, der drei Monate nicht übersteigen darf. Die allgemeine Verlängerung für alle Soldaten auf Zeit kann nur durch eine Rechtsverordnung erfolgen, die aus zwingenden Gründen der Verteidigung und nur in diesem Fall erlassen werden kann. In Einzelfällen kann der Bundesminister für Verteidigung die Verlängerung anordnen, jedoch auch nur, wenn zwingende Gründe der Verteidigung eine derartige Anordnung erforderlich machen. Zu § 50 Abs. 1 regelt die zwingenden Entlassungsgründe für die Soldaten auf Zeit in derselben Weise wie für den Berufssoldaten. Abs. 2 sieht bei Dienstunfähigkeit die Entlassung in der gleichen Weise vor, wie sie für die Versetzung in den Ruhestand der Berufssoldaten geregelt ist. Abs. 3 gibt dem Soldaten auf Zeit die Möglichkeit, bereits vor Ablauf seiner Verpflichtungszeit seine Entlassung zu beantragen. Jedoch müssen für ihn persönliche, berufliche oder wirtschaftliche Gründe vorliegen, durch die ein weiteres Verbleiben im Wehrdienst eine besondere Härte für ihn bedeuten würde. Abs. 4 gibt die Möglichkeit, den Offiziersbewerber schon vor dem Ablauf der Verpflichtungszeit zu entlassen, wenn sich während der Ausbildungszeit herausstellt, daß er infolge mangelnder Eignung nicht Offizier werden kann. Abs. 5 entspricht einer Bestimmung des Beamtenrechts für Beamte auf Probe und auf Widerruf, wie sie in § 31 Abs. 1 Nr. 1 und § 32 Abs. 1 Satz 2 des Bundesbeamtengesetzes niedergelegt ist. Durch diese Bestimmung wird erreicht, daß ein besonderes Verfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienstverhältnis in den ersten vier Dienstjahren nicht notwendig ist. Jedoch steht dem Soldaten die Möglichkeit frei, gegen die Entlassungsverfügung nach Art. 19 Abs. 4 GG Rechtsschutz bei dem zuständigen Gericht zu suchen. A b s. 6 trifft für die Soldaten auf Zeit Regelungen, die den Vorschriften für die Berufssoldaten entsprechen. Zu § 51 Die Folgen der Entlassung und des Verlustes der Rechtsstellung eines Soldaten auf Zeit sind entsprechend der Bestimmung für Berufssoldaten in § 44 dieses Gesetzes geregelt. Zu § 52 Für die Wiederaufnahme des Verfahrens und für Verurteilungen nach Beendigung des Dienstverhältnisses gelten ebenfalls die entsprechenden Bestimmungen für Berufssoldaten in den §§ 47 und 48 dieses Gesetzes. DRITTER ABSCHNITT Zu § 53 Hier handelt es sich um eine Sonderbestimmung für die Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten. Ihre Heranziehung zum Wehrdienst und die Beendigung ihres Wehrdienstes werden durch das Wehrpflichtgesetz geregelt werden. A b s. 2 regelt ihre Beförderung, bei der die Formalitäten gegenüber den Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit wesentlich vereinfacht sind. Über die Pflichten und Rechte der Wehrpflichtigen sind im Ersten Abschnitt dieses Gesetzes die erforderlichen Bestimmungen getroffen. VIERTER ABSCHNITT Zu § 53 a Die Vorschriften über den Rechtsweg entsprechen dem § 172 des Bundesbeamtengesetzes. Der Ausschuß hat Wert darauf gelegt, daß das im Bundesbeamtengesetz vorgesehene Verfahren auch den Soldaten erhalten bleibt. Abs. 3 Satz 2 entspricht dem § 174 Abs. 3 des Bundesbeamtengesetzes. FÜNFTER ABSCHNITT Zu § 54 Für die Einstellung von Soldaten und Beamten der früheren Wehrmacht mußten besondere Bestimmungen getroffen werden, weil durch die inzwischen verstrichene Zeit und das dadurch bedingte höhere Lebensalter für sie besondere Verhältnisse entstanden sind. Auch ist es für ihre Verwendung wesentlich, wie sie ihr Leben in der Zwischenzeit gestaltet haben und welche besonderen Lebenserfahrungen sie nunmehr in die Bundeswehr mitbringen können. Dies gilt auch für Be- (Merten) werber, die als sogenannte Außenseiter Verwendung in der Bundeswehr finden sollen. Für beide Gruppen ist die Einberufung zu einer Eignungsübung vorgesehen, die entsprechend den Bestimmungen des Eignungsübungsgesetzes durchgeführt wird. Sie genießen dadurch einen besonderen Schutz in ihren sonstigen Arbeits- und Dienstverhältnissen. Zu § 55 Für die Angehörigen der früheren Wehrmacht und die Außenseiter mußte außer den in § 41 Abs. 2 Nr. 3 geregelten Entlassungsgründen noch eine besondere Bestimmung getroffen werden, weil ein grob ehrenrühriges Verhalten in der Vergangenheit oder strafgerichtlich nicht abgeurteilte Verfehlungen die Würdigkeit und Brauchbarkeit für den Dienst in Frage stellen können, ohne daß es sich dabei um strafbare Handlungen gehandelt haben muß. Insbesondere wird auch entsprechend den Richtlinien für die Einstellung von freiwilligen Soldaten das Verhalten in der Kriegsgefangenschaft besonders zu würdigen sein. Auch hier muß noch nach der Einstellung die Möglichkeit bestehen, eine Entlassung anzuordnen, wenn sich erst später Tatsachen herausstellen, die bei der Einstellung noch nicht bekannt waren. Die Feststellung des Sachverhalts ist wegen des Rechtsschutzes der Betroffenen einem Disziplinargericht übertragen. Die Entlassung selbst jedoch wird nicht von einem disziplinargerichtlichen Urteil abhängig gemacht, sondern bleibt Verwaltungsakt des Dienstherrn. Zu § 57 a Die vorläufige Regelung der Geld- und Sachbezöge wurde vom Beamtenrechtsausschuß vorgeschlagen und durch den Verteidigungsausschuß übernommen. Sie ermöglicht es bis zum Inkrafttreten des Besoldungsgesetzes, die bisherige Praxis gemäß § 4 des Freiwilligengesetzes vom 23. Juli 1955 (BGB1. I S. 449) auch nach dem Ablauf dieses Gesetzes beizubehalten. Ferner ist die bisher noch nicht geregelte truppenärztliche Versorgung, die Versorgung mit Dienstbekleidung oderKleidergeld, der Einkleidungszuschuß für die Offiziere und die Entschädigung für Abnutzung der Dienstkleidung geregelt. Zu § 57b Bis zum Inkrafttreten des Soldatenversorgungsgesetzes wird die Versorgung der Berufssoldaten und ihrer Hinterbliebenen nach den Vorschriften des Bundesbeamtengesetzes für Beamte auf Lebenszeit erfolgen. Für die Soldaten auf Zeit werden die Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes angewandt, wenn sie in Ausübung des Wehrdienstes einen Unfall oder eine gesundheitliche Schädigung erleiden oder wenn infolge ihres Todes für die Hinterbliebenen gesorgt werden muß. Zu § 57c Da die Wehrdisziplinarordnung bisher noch nicht in Kraft getreten ist, gilt bis dahin die Bundesdisziplinarordnung entsprechend. Die Zusammensetzung der Bundesdisziplinarkammer und die Bezeichnung der Dienstvorgesetzten wird für Verfahren gegen Soldaten besonders geregelt. Zu § 57 d Das Freiwilligengesetz tritt an 31. März 1956 außer Kraft. Den Soldaten, die nach diesem Gesetz ein Rechtsverhältnis gegenüber dem Bund begründet haben, bleibt ihre bisherige Rechtsstellung erhalten. Es ist hier zwingend vorgeschrieben, daß sie nach erfolgreicher Beendigung ihrer Eignungsübung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten oder eines Soldaten auf Zeit nach diesem Gesetz zu überführen sind. Abs. 2 bestimmt, daß sich ihre Pflichten sofort nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nach den entsprechenden Bestimmungen dieses Gesetzes richten. Zu § 57 e Da bis zum Ablaufen des Freiwilligengesetzes am 31. März 1956 die Vorlage des in § 7 des Freiwilligengesetzes vorgesehenen Gesetzes über die Organisation und seine Verabschiedung nicht möglich sein wird, mußte der § 7 des Freiwilligengesetzes in dieses Gesetz übernommen werden, um seine Fortgeltung zu sichern. Zu § 57 f Um jeden Zweifel auszuschließen, wird die unveränderte Gültigkeit des Personalgutachterausschuß-Gesetzes vom 23. Juli 1955 (BGBl. I S. 451) noch einmal festgestellt. Dies geschieht insbesondere deshalb, weil in diesem Gesetz bei den Gründen, die einer Einstellung in die Bundeswehr entgegenstehen, die Zustimmung des Personalgutachterausschusses nicht ausdrücklich erwähnt ist. Zu § 57 g Im Zusammenhang mit der Erörterung des aktiven und des passiven Wahlrechts der Soldaten ergab sich die Notwendigkeit, die Bestimmungen des BGB über den Wohnsitz von Soldaten neu zu fassen. Damit soll der Unsicherheit ein Ende bereitet werden, ob der § 9 BGB als durch die Gesetzgebung des Alliierten Kontrollrats aufgehoben angesehen werden muß oder nicht. Die neue Fassung entspricht inhaltlich der Fassung, die § 9 BGB auch vor seiner Aufhebung bereits hatte. Zu § 57 h Für die zivilen Arbeitnehmer in der Bundeswehr mußte eine Änderung der Arbeitszeitordnung erfolgen, weil sich aus zwingenden Gründen der Verteidigung die Notwendigkeit zur Leistung von Mehrarbeit ergeben kann. Wenn die zwingenden Gründe der Verteidigung eine Änderung der Arbeitszeitgrenzen notwendig macht, wird dies durch Rechtsverordnung des Bundesministers für Verteidigung festgestellt werden. Bis dahin bleibt es bei den jetzigen Bestimmungen der Arbeitszeitordnung vom 30. April 1938. Zu § 57 i Das Personalvertretungsgesetz gilt auch für die zivilen Arbeitnehmer der Bundeswehr. Jedoch darf die Personalvertretung sich nicht in die militärischen Angelegenheiten einmischen, und daher ist ihre Mitwirkung bei der Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen beschränkt. Zu § 57 k Für die Aufbauzeit der Bundeswehr können die in § 23 a Abs. 2 Nr: 2 Buchstabe b für die Offiziere (Merten) vorgesehenen Laufbahndienstzeiten auf 14 Monate verkürzt werden. Diese Möglichkeit endet fünf Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes. Zu § 58 Die Rechtsverordnungen über die Nebentätigkeit, die Laufbahnen, den Urlaub der Soldaten und die Verlängerung der Dienstzeit von Soldaten auf Zeit erläßt die Bundesregierung. Die Regelung des Vorgesetztenverhältnisses bleibt einer Rechtsverordnung des Bundesministers für Verteidigung vorbehalten. Zu § 59 Das Soldatengesetz muß am 1. April 1956, 0 Uhr, in Kraft treten, weil das Freiwilligengesetz am 31. März 1956, 24 Uhr, außer Kraft tritt. Hierdurch wird eine zeitliche Lücke in den Rechtsverhältnissen der freiwilligen Soldaten vermieden. Bonn, den 29. Februar 1956 Merten Berichterstatter Anlage A (Vgl. S. 6835 C) Stellungnahmen zur Frage der Vereidigung von Soldaten (§ 7 a) Pater Dr. Hirschmann, S. J., als Vertreter der Katholischen Kirche: Es ist nicht ganz so einfach, sich zu dieser Frage in der Form zu äußern, daß dabei der Standpunkt der Katholischen Kirche zu dieser Frage sichtbar wird; denn es gibt in dieser Frage ein gewisses Gemeinsames bei allen katholischen Christen, und es gibt verschiedene Fragen, über die wir selber verschiedener Meinung sind und auch nicht zu einer einheitlichen Auffassung gekommen sind. Ich will versuchen, beiden hier gerecht zu werden. Die Stellungnahme der Katholischen Kirche zu diesen Fragen ist natürlich durch das Verständnis des Eides im Rahmen der Katholischen Kirche bestimmt. Vielleicht ist es gut, darüber kurz einiges Wesentliche zu sagen. Wir sehen im Eid selbst eine Anrufung Gottes zum Zeugen der Wahrheit einer Aussage oder zum Bürgen der Zuverlässigkeit eines Versprechens. Damit ist bereits zum Ausdruck gebracht, daß es hauptsächlich zwei Gruppen von Eiden gibt, .den Aussageeid und den Versprechenseid. Der Eid, der uns hier beschäftigt, würde als Versprechenseid zu fassen sein, wobei vielleicht doch darauf hingewiesen werden darf, daß nach katholischer Auffassung auch jeder Versprechenseid ein gewisses Minimum von einem Aussageeid in sich insofern enthält, als der den Eid Leistende damit auch eidlich im Sinne eines Aussageeides zum Ausdruck bringen will, daß es ihm mit dem Versprechen, das er ablegt, ernst ist, daß es sich tatsächlich um ein ernst gemeintes Versprechen handelt. Das ist eine Versicherung, und die steht unter dem Gesetz des Aussageeides. Welches ist der Sinn einer Verknüpfung Gottes mit einer derartigen Aussage oder mit einem derartigen Versprechen? Der an Gott selbst glaubende Mensch stellt sich in diesem Akt, der ja ein kultisches Geschehen darstellt, in einer qualifizierten Weise unter Gottes Gericht, und das gibt seiner Aussage oder seinem Versprechen — wenn es ernst gemeint ist — eine qualifizierte Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit. Auf diese Glaubwürdigkeit kommt es sowohl bei der Aussage wie bei dem Versprechen an. Es muß angenommen werden, daß der Mensch im Angesicht Gottes nicht leichtfertig die Unwahrheit sagt oder ein Versprechen macht. Es muß angenommen werden, daß der religiöse Mensch der Überzeugung ist, daß hier nicht bloß ein Verhalten seiner Person Gott gegenüber stattfindet, sondern gleichzeitig doch auch mit einer entsprechenden Stellungnahme Gottes gegenüber den Menschen gerechnet wird, und eben das meinte ich mit den Worten: Der Mensch unterstellt sich in einer qualifizierten Weise Gottes Gericht. Selbstverständlich spricht bei alledem gleichzeitig auch eine gewisse Rücksichtnahme und ein Rechnen mit der menschlichen Schwäche mit. Wäre es so selbstverständlich, daß alle Menschen in ihren Aussagen glaubwürdig und in ihren Versprechen zuverlässig sind, dann wäre nicht einzusehen, warum es zwei Arten von Aussagen und Versprechungen geben sollte: solche, die einfach den Charakter des ja, ja und nein, nein haben, und solche, bei denen irgend etwas mitschwingt, was darüber hinaus ist. Wir erinnern uns an das Wort der Bergpredigt: Ihr sollt überhaupt nicht schwören, eure Rede sei ja, ja, nein, nein. Was darüber hinaus ist, ist vom Übel. — Dieses Wort ist im traditionellen Verständnis der Katholischen Kirche von Anfang an — wir haben Diskussionen darüber bereits in den ersten christlichen Jahrhunderten und auch im Zusammenhang mit soldatischen Verpflichtungen — nicht so gemeint, daß damit der Eid schlechthin umfaßt wäre, sondern damit ist das im Umkreis des Lebens Christi damals so häufige tagtägliche Schwören gemeint. Wenn ich mich nun speziell dem uns beschäftigenden Eid als einem Versprechenseid zuwende, so ist auch darüber noch etwas Klärendes zu sagen. Nach katholischer Auffassung übernimmt derjenige, der den Eid selbst schwört, eine zusätzliche Verpflichtung zu der Verpflichtung, die das gegebene Wort bereits in sich enthält, eben jene Verpflichtung, die darin begründet liegt, daß er Gott bei seinem Versprechen anruft. Es ist also eine religiöse Verpflichtung, und diese religiöse Verpflichtung macht eigentlich das Wesentliche der Eidesverpflichtung aus. Sie ist aber wesentlich zusätzlich, d. h. sie setzt eine bereits vorhergehende Verpflichtung kraft des gegebenen Wortes voraus. Besteht die Verpflichtung des Versprechens selbst nicht, ist z. B. der Inhalt des Versprochenen unsittlich, dann kommt auch überhaupt keine eidliche Verpflichtung zustande. Es ist also nicht so, (Pater Dr. Hirschmann) als ob durch den Eid irgendeine Verpflichtung erst konstituiert würde — auch die militärische Verpflichtung kann nicht konstituiert werden —, sondern es wird vorausgesetzt, daß das, was im Eid geschworen wird, in sich selbst sittlich einwandfrei ist. Eine eidliche Verpflichtung, etwas Unsittliches zu tun, kann nur als eine Sinnlosigkeit betrachtet werden. Das ist überhaupt kein Eid. Die Grundsätze, nach denen die Katholische Kirche derartige Eide beurteilt, sind im wesentlichen diese: Zunächst einmal: Der Eid stellt einen religiösen, sittlichen und sozialen Wert dar. Die Katholische Kirche setzt sich infolgedessen in Widerspruch mit den Auffassungen, die den Eid grundsätzlich verwerfen. Es ist ein religiöser Wert. Er liegt vor allen Dingen in der Anerkennung Gottes, in seinem kultischen Charakter. Es ist ein sittlicher Wert; denn durch diese qualifizierte Verbindung des religiösen und des sittlichen Moments der Treue zum gegebenen Wort wird die sittliche Verpflichtung noch einmal in ihrer Bedeutsamkeit bekräftigt. Es ist eine sozial bedeutsame Wertung; denn der Eid geschieht ja zum großen Teil im Dienst des menschlichen Zusammenlebens. Zweitens: Nach katholischer Auffassung hat der Staat auch grundsätzlich das Recht, von seinen Bürgern in entsprechenden Situationen den Eid zu verlangen. Infolgedessen beschränkt sich die Möglichkeit des Eides selbst oder der Eidesforderung nach katholischer Auffassung nicht auf die Religionsgemeinschaften in ihrem inneren Eigenleben oder auf das freie, private menschliche Zusammenleben, sondern auch auf das Zusammenleben der Menschen im Staat. Dritter Grundsatz: In welchem Umfang nun der Staat von seiner grundsätzlichen Fähigkeit, den Eid zu fordern, Gebrauch macht oder nicht, ist eine Angelegenheit, die er selbst zu entscheiden hat und wo man nicht sagen kann: Der Staat ist grundsätzlich verpflichtet, in bestimmten Situationen einen Eid zu verlangen. Das würde zu weit gehen. Damit ist bereits zum Ausdruck gebracht, daß es sich bei der Frage, die Sie zu entscheiden haben, nach katholischer Auffassung um eine Angelegenheit handelt, die auch ihren Ermessensanteil hat. Man wird das Für und Wider für und gegen den Eid klug abzuwägen haben. Wir haben auch innerkatholisch keine Meinungsverschiedenheiten in den vorhin genannten grundsätzlichen Gesichtspunkten, sondern nur in der Wertung dieses Für und Wider. Ich will versuchen, kurz die Gründe darzulegen, die in unseren Reihen für den Eid dargelegt werden, und dann die Gesichtspunkte darlegen, die in unseren Reihen gegen die Wiedereinführung eines solchen Eides vorgebracht werden. Der erste Gesichtspunkt, der für den Eid geltend gemacht wird, ist die Bedeutung, die eine eidliche Verpflichtung immerhin bei sehr vielen Menschen, die gläubig sind, im Ernstfall hat. Es gibt, wenn man diejenigen fragt, die den Eid abgelegt haben und die im Dienst gestanden haben, immer wieder Menschen, die einem ernst versichern, daß für sie der Gedanke an den Eid von einer nicht geringen Bedeutung gewesen ist. Selbst wenn im Zusammenhang mit den Eiden, die im Hitlerregime geschworen wurden, die Bedeutsamkeit dieses Moments sehr erheblich herabgesetzt wurde, so weisen diese Leute doch darauf hin, daß, wenn es gelingt, jetzt in unserem Staatswesen dem Dienst mit der Waffe selbst wiederum den Sinn zu geben, der ihm allein zukommen kann, und wenn es ferner gelingt, eine entsprechende Einführung in den Sinn des Eides zu geben, das, was in früheren Jahrhunderten hier erreicht wurde, auch noch erreicht werden kann, also eine Bekräftigung des einzelnen Soldaten, vor allen Dingen im Ernstfall von dieser seiner religiösen Bindung her zum gegebenen Wort zu stehen. Ein zweiter Gesichtspunkt. Gerade in dieser Bindung der soldatischen Pflichterfüllung mit einem Eid sehen viele von uns eine bedeutsame Unterstreichung des Zusammenhangs zwischen Staat und sittlicher Ordnung. Es wird für uns ein Anliegen bleiben müssen, die Anliegen unseres Staates selbst unseren Bürgern auch sittlich glaubhaft zu machen. In einer derartigen Bindung entscheidender staatsbürgerlicher Pflichten an die sittliche Ordnung würde in dieser Beziehung neben der Bedeutsamkeit des Fahneneides für den kritischen Ernstfall dann auch ein positiver Wert für die Entfaltung eines sittlichen, staatsbürgerlichen Pflichtbewußtseins überhaupt liegen. Die Menschen würden dann eben auch ganz klar sehen, daß sie dem Staat nicht letztlich aus Angst, sondern aus tieferen Gründen gehorchen. Ein dritter Gesichtspunkt, der in diesem Zusammenhang geltend gemacht wird, ist der, daß die zweifellos vorhandenen religiösen Kräfte in unserem Volk durch eine derartige Institution auch für eine wichtige politische Entscheidung fruchtbar gemacht würden. Eine große Anzahl, die Mehrzahl der Menschen in unserem Volk steht positiv zur religiösen Wirklichkeit, sie steht positiv zum Staat. Eine derartige Verbindung von Politischem und Religiösem kann infolgedessen auch selber einen positiven Gehalt haben. In dieser Beziehung sehen die gleichen Kräfte in der vollständigen Abschaffung der Institution des soldatischen Eides eine weitere Säkularisierung unseres politischen Lebens, ein weiteres Auseinanderentwickeln der religiösen Wirklichkeit und der politischen Wirklichkeit, in der unsere Menschen stehen, und sie sagen: Wir dürfen das nicht begünstigen. Schließlich ein zusätzlicher Gesichtspunkt, der vielleicht aber weniger bedeutsam ist, weil das ganze Problem j a vielleicht nicht so schwer wiegt; es ist nur praktisch für den Eid derer, die Berufssoldaten sind. Hier ist nicht einzusehen, warum, wenn wir überhaupt einen Diensteid derer haben, die dem Staat in einem besonderen Treueverhältnis gegenüberstehen, dieser Eid bei den Soldaten fehlen sollte. Selbstverständlich, wer grundsätzliche Bedenken gegen den Beamteneid überhaupt hat, für den wird dieser Gesichtspunkt allein nicht durchschlagend sein. Wir haben aber auf Grund der vorhin genannten Überlegungen keine grundsätzlichen Bedenken gegen den Beamteneid als solchen, sondern wir sehen dieses auch positiv. Das Gesagte bedeutet selbstverständlich nicht, daß man den Eid in dieser religiösen Form allen auferlegen kann. Es ist selbstverständlich, daß bei der religiösen Situation unseres Volkes mit Menschen gerechnet werden muß, die aus religiösen Gründen, aus Gründen ihrer religiösen Überzeugung oder aus im Religiösen begründeten sittlichen Gründen den Eid selbst grundsätzlich ablehnen. Es ist ein Grundsatz der katholischen Sittenlehre, daß niemals irgendein Mensch von jemandem gezwungen werden darf, positiv etwas zu tun, was er (Pater Dr. Hirschmann) — und sei es, katholisch betrachtet, auch auf Grund eines unverschuldeten irrigen Gewissens — hier und jetzt als unsittlich betrachten muß. Genauso wie das seine Konsequenzen für den Problemkreis der Kriegsdienstverweigerung hat, hat es selbstverständlich auch seine Konsequenzen für die Eidesverweigerung. Wir müssen also, selbst wenn wir in diesem Bereich für den Eid sind, für diejenigen, die aus Gewissensgründen den Eid ablehnen, eine andere Form der Verpflichtung wählen, wenn die Form der Verpflichtung überhaupt als eine Form feierlicher Indienstnahme bestehenbleiben soll. Welches sind die Bedenken, die in unserem Bereich gegen die Ausdehnung des Eides auf alle Soldaten geltend gemacht werden? Ich möchte diese Bedenken klar unterscheiden von den Bedenken, die gegen den Eid der Berufssoldaten bestehen. Zunächst müssen wir selbstverständlich aus religiösen Gründen Wert darauf legen, daß es, wenn eine Institution, wie ein so universaler Eid, erhalten bleibt, dann wirklich auch ein kultisches Geschehen, ein echt religiöser Akt bleibt. Besteht hinreichend Gewißheit, daß, wenn Millionen einen solchen Eid äußerlich zu sprechen veranlaßt werden, bei der überwältigenden Mehrheit dieser Leute ein echter religiöser Akt zustande kommt? Wenn man nämlich befürchten müßte, daß aus irgendwelchen Gründen eine sehr erhebliche Anzahl, vielleicht sogar die Mehrzahl der Leute, hier bloß äußerlich etwas tut, innerlich dagegen gar nicht mitgeht, dann müßte man sagen, daß das eine kollektive Gotteslästerung und keineswegs eine Ehrung Gottes wäre. Daran kann kein religiöser Mensch ein Interesse haben. In der Beurteilung der Situation des heutigen Menschen sind wir Katholiken nun, offen gesagt, nicht einer Meinung. Es gibt sehr viele von uns, die sagen, man sollte nicht zu pessimistisch sein. Wir haben in der Mehrzahl in unserem Volk doch noch mit gläubigen Menschen zu rechnen. Vor allen Dingen wenn eine entsprechende Einführung in den Eid gegeben wird, muß man damit rechnen, daß bei der überwältigenden Mehrzahl unserer Leute dieser Eid selber ein echtes religiöses Erlebnis bleiben wird, das die vorhin genannten Wirkungen haben wird. Andere bestreiten das, und je nachdem gehen hier die Meinungen schon auseinander. Eine zweite Gruppe von Schwierigkeiten ergibt sich daraus, daß eigentlich ein solcher Eid nur dann sinnvoll ist, wenn ein eindeutiges Verständnis im wesentlichen über das zu erreichen ist, was dieser Eid tatsächlich bedeutet. Wenn ich weder genau weiß, was ich im Grunde hier verspreche, noch weiß, was der religiöse Gehalt dieses Versprechens zusätzlich für eine Bedeutsamkeit hat, dann ist die Gefahr, daß hier kein echtes religiöses Geschehen zustande kommt, von einer anderen Seite her sehr groß. Dann kann nämlich das, was hier geschieht, entscheidend mißverstanden und auch entscheidend mißbraucht werden. Und mit diesem Mißverständnis und diesem Mißbrauch des Eides müssen wir nach dem Zeugnis der letztvergangenen Geschichte in einem ziemlich umfangreichen Maß rechnen. Wir müssen, sagte ich, rechnen mit Mißverständnissen des Eides. Denn — nehmen wir die Dinge sofort konkret — „Ich schwöre, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland zu wahren, treu zu dienen und Vaterland und Freiheit unter Einsatz meiner Person tapfer zu verteidigen". Wenn ich sagte, es handelt sich hier doch zunächst darum, daß ein Versprechen religiös bekräftigt wird, dann frage ich mich: Welches ist der Inhalt dieses Versprechens? Das kommt hier zum Ausdruck: ,,... das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland zu wahren". Vielleicht ist es noch am leichtesten möglich, den wesentlichen Inhalt dieses Versprechens zu präzisieren; denn hier bin ich im Rechtsbereich, und im Rechtsbereich lassen sich die Dinge relativ leicht determinieren. „treu zu dienen", — ist es genau so leicht festzulegen, was das als Versprechen eigentlich meint, vor allem wenn ich daran denke, daß dieses Versprechen nachher eidlich bekräftigt werden soll und infolgedessen das ganze Gewicht des Eides auch auf dem treuen Dienen liegt? Wenn ich mir dann die Begründung etwa des Gesetzentwurfs durchsehe und dort an einer anderen Stelle bei den Pflichten des Soldaten sehe, daß die pflegliche Sorge für die Waffe schon zum Treueid dazugehört, dann frage ich mich natürlich: Was ist hier alles Gegenstand des Eides? Ich bin der Überzeugung, daß das für den Soldaten selbst und für denjenigen, dem er den Eid ablegt, klar sein muß. Darf ich Ihnen hier aus unserer eigenen Erfahrung im Ordensleben einmal eine Parallele bringen, die hier vielleicht gut das Anliegen veranschaulicht. Wir Ordensleute sind über den Rahmen hinaus, in dem der gewöhnliche katholische Christ religiös gebunden ist, religiös gebunden durch unsere Gelübde. Die Gelübde haben als religiöser Akt etwas Ähnliches an sich wie der Eid. Sie sind ein freiwilliges Gott gemachtes Versprechen. Wenn ich jetzt gefragt werde: In welchem Fall verletzest du eigentlich als Ordensmann . dein Gehorsamsgelübde?, dann kann ich Ihnen darauf eine klare Antwort geben, weil das in unserem Ordensrecht eindeutig determiniert wird: erstens dann, wenn ich mich der Gebundenheit an meine religiöse Gemeinschaft überhaupt entziehe, wenn ich also eines Tages durchbrenne. Zweitens gibt es ganz bestimmte qualifizierte Tatbestände, die bei uns in der Verfassung des Ordens niedergelegt sind, und wir sind alle unter Gelübde verpflichtet, das dort Gesagte zu tun. Das sind sehr wenige, sehr genau umgrenzte Tatbestände. Und drittens haben bestimmte höhere Obere — keineswegs jeder — bei uns im Orden das Recht, mir in einer schweren Situation einmal mit Berufung auf das Gelübde, also unter Gelübde etwas Bestimmtes aufzuerlegen. Wenn ich dann nicht pariere, dann verletze ich die Gehorsamspflicht, die ich im Gelübde übernommen habe. Wird es nun gleich gut möglich sein, dem Soldaten zu sagen: Eidesverletzung ist erstens Fahnenflucht, zweitens die Begehung ganz bestimmter schwerer Vergehen gegen seine militärische Dienstpflicht, die in ihrer Eigenart ganz eindeutig und bestimmt gekennzeichnet sind. Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit, bestimmten Militärs mit Berufung auf den Eid einmal in einer bestimmten Situation etwas Bestimmtes abzuverlangen. Wenn ich diese Klarheit allen Soldaten vermitteln könnte, dann wäre klar, was ein Soldateneid bedeutet. Frage: Ist zu erwarten, daß wir zu einer derartigen Klarheit über den Inhalt des Soldateneides kommen werden, und zwar zu einer gemeinsamen Klarheit, oder werden wir nicht damit rechnen müssen, daß hier die stärksten Meinungsverschiedenheiten bestehenbleiben über das, was der Eid nun tatsächlich bedeutet? Das ist eine zweite Schwierigkeit. Ich gebe zu, daß das Gewicht dieser Schwierigkeit (Pater Dr. Hirschmann) für mich erheblich geringer wäre, wenn der Umfang der Verpflichtungen, die unter den Eid fallen, sich rechtlich genau determinieren ließe. Ich möchte aber auch sagen, daß die Schwierigkeit für mich um so größer wird, wenn geradezu mit Bewußtsein Formulierungen gewählt werden, die keinen rechtlichen Charakter haben, wie z. B. „Vaterland und Freiheit unter Einsatz meiner Person tapfer zu verteidigen". Ich habe eine sehr bestimmte Auffassung davon, was mein Vaterland ist. Ich habe auch eine sehr bestimmte Auffassung von dem, was jene Freiheit ist, die man unter Einsatz seiner Person zu verteidigen hat. Ist zu erwarten, daß wir ein gemeinsames Verständnis für diese Worte haben werden? Das ist meine Schwierigkeit. Die dritte Schwierigkeit: Wir müssen ja doch, wie ich vorhin bereits sagte, die Möglichkeit offenhalten, daß ein bestimmter Prozentsatz von Soldaten mit Berufung auf ihr Gewissen den Eid verweigern wird. Wir haben dann doch zwei Sorten von Soldaten. Wir werden auch in der Formulierung selber Unterschiede machen zwischen denen, die die Worte „Ich schwöre" ablehnen und eine andere Form gebrauchen können, und denen, die die Worte „so wahr mir Gott helfe" ablehnen. Nun kann man sich ja auf den Standpunkt stellen, rechtlich und praktisch sei kein Unterschied zwischen denen, die einen ernsten religiösen Eid schwören, und denjenigen, die an seiner Stelle ein entsprechendes anderes feierliches Gelöbnis ablegen. Aber wenn das auch vielleicht der Fall ist und wenn auch die religiöse Seite rechtlich überhaupt nicht mehr faßbar wird — es gibt ja keinen Tatbestand der Eidesverletzung, der etwa strafrechtlich faßbar wäre —, so frage ich mich zunächst einmal objektiv: Sind die Verpflichtungen, die hier die Gläubigen auf sich nehmen, und die Verpflichtungen derer, die den Eid verweigern, denn dieselben? Ich müßte sagen: objektiv besteht nach meiner Auffassung ein sehr erheblicher Unterschied zwischen diesen Verpflichtungen. Wenn er auch vielleicht rechtlich und strafrechtlich nicht faßbar ist, so ist doch das dem Gläubigen hier durch den Eid Auferlegte eine schwerere und andere Verpflichtung als die, die dem anderen auferlegt ist. Die- Frage ist: Sollen wir zu einer derartigen Ungleichheit kommen? Haben wir sie nötig, urn das Ziel zu erreichen?, aber auch: Sind die Schwierigkeiten, die ich hier ausspreche, nicht kompensiert durch die Gesichtspunkte, die ich vorhin dafür nannte, daß eben auch sehr vieles gegen die Abschaffung spricht. Eine vierte Gruppe von Schwierigkeiten ergibt sich aus der historischen Belastung des Eides. Die Zeit liegt noch nicht weit zurück, wo der Eid in entscheidender Weise mißverstanden wurde. Jeder weiß, was sehr viele, auch hochgestellte Soldaten im letzten Krieg glaubten, ihrem Eid schuldig zu sein, ohne daß objektiv eine solche Bindung bestand. Jeder weiß, was diese Gewissensschwierigkeit im Zusammenhang mit der Bewertung von Situationen wie der des 20. Juli bedeutet, und jeder weiß auch, in welchem Umfang der Eid mißbraucht werden kann. Ich würde bereits einen Mißbrauch darin sehen, wenn man bloß um des irrationalen Gehaltes oder um des reinen Traditionsgehaltes willen den Eid bejahte. Er muß, wenn er bejaht wird, um seines religiösen Wertes willen bejaht werden. Sonst wird hier das Religiöse zu einem Mittel im Dienst niederer Werte gemacht und damit religiös entwürdigt. Das ist die vierte Schwierigkeit. Ich weiß nicht, ob die politischen Verhältnisse so konsolidiert sind, daß wir sagen können: Es ist nicht zu befürchten, daß in unserem jetzigen Staatswesen derartige Gewissenschwierigkeiten, wie sie in der Zeit nach 1933 enstanden, sich wiederholen können. Die fünfte Gruppe von Schwierigkeiten ergibt sich aus der Belastung, die es nach der Auffassung vieler von uns mit sich bringen wird, wenn zu der Arbeit, dem deutschen Volk den Wehrdienst überhaupt wiederum tragbar erscheinen zu lassen, nun die zusätzliche Schwierigkeit kommt, auch noch den Eid mit dazuzunehmen. Jeder weiß, mit wievielen Schwierigkeiten eine allgemeine Dienstpflicht zu rechnen hat. Verbindet sich die allgemeine Dienstpflicht mit einer allgemeinen militärischen Eidespflicht, dann bekommen wir eine zusätzliche Schwierigkeit praktischer Art. Diese Gesichtspunkte, die ich unter den Bedenken aufgezählt habe, sind teilweise Gesichtspunkte, die sich aus der katholischen Sicht des Eides ergeben. Teilweise sind es allgemeinere Gesichtspunkte, die jeder von uns mit zu vollziehen imstande ist. Es würde sich also nun darum handeln — wenn ich zunächst einmal vom Standpunkt der Katholischen Kirche sprechen darf —, abzuwägen, ob das Gewicht dessen, was gegen den Eid spricht, was auch pastoral und religiös gegen den Eid spricht, groß genug ist, um das Gewicht der Gründe für den Eid aufzuwiegen. Hier sind wir nun nicht einer Meinung. Nach den Überlegungen, die in entsprechenden zuständigeren Gremien von Kirchenleitungen und von Theologen angestellt wurden, habe ich den Eindruck, daß zunächst einmal der Wegfall jedes Eides im militärischen Bereich einschließlich der eidlichen Verpflichtung der Berufssoldaten sehr weitgehend und von der Mehrzahl nicht begrüßt würde. Ich glaube auch noch, daß in dem eben genannten Kreise die Mehrzahl dazu neigt, man solle den Eid beibehalten unter gewissen Voraussetzungen: daß erstens die Formulierung noch einmal überprüft würde, vor allem hinsichtlich der Worte „treu zu dienen", „Vaterland und Freiheit" und „Einsatz meiner Person", und daß weiter gewisse Sicherungen getroffen würden, daß die Tatbestände, die hier unter Eidespflicht fallen, ganz klar zum Bewußtsein zu bringen sind, und daß auch gewährleistet würde, daß in einer entsprechenden Form eine Einführung in den Eid gegeben wird, bevor er abgelegt wird, und letzlich, daß er in einer Weise abgelegt wird, die der religiösen Würde des Aktes gerecht wird. Wenn das gewährleistet ist, sind sie in der Mehrzahl für die Beibehaltung des Eides, und zwar auch deswegen, weil sie der Meinung sind, daß die Mehrzahl der Leute selbst grundsätzlich noch religiös eingestellt ist. Die Mehrzahl ist dafür, daß eine Formel gewählt wird, die die Eidesformel des gewöhnlichen Soldaten als die allgemeine Regel unterstellt und die das andere zur Ausnahme macht. Eine Minderheit unter uns ist der Überzeugung, daß die zweite Gruppe von Bedenken entschieden schwerer wiegt als die erste und daß trotz des Bedauerlichen, das der Verzicht auf den Eid wenigstens unter den augenblicklichen Verhältnissen mit sich bringen würde, doch alles in allem der Religion ein größerer Dienst geschehe, wenn man den Eid opfere. In dem Bericht über die beiden Gruppen von Ansichten habe ich meine persönliche Meinung (Pater Dr. Hirschmann) vielleicht an der einen oder anderen Stelle etwas in den Akzenten durchschimmern lassen, die ich setzte; aber es kam mir mehr darauf an, einen Bericht darüber zu geben, wie die Dinge bei uns stehen. Staatsminister Osterloh: Darf ich, damit gar keine Mißverständnisse entstehen können, sagen, daß ich hier in meiner Eigenschaft als lutherischer Theologe und als Staatsbürger den Versuch machen werde, Ihnen ein sachliches Gutachten über die Stellung eines lutherischen Theologen zur Frage der Vereidigung von Soldaten heute vorzutragen. Ich spreche also nicht als Beamter eines Bundesressorts und auch nicht als Mitglied einer Landesregierung. Ich habe im Grunde nur zwei Thesen zu vertreten. Die erste These lautet, daß es vom Standpunkt der lutherischen Theologie aus nicht möglich ist, die Einführung eines Eides zu begründen, daß es aber ebensowenig möglich ist, die Ablehnung eines eventuell vom Staat geforderten Eides mit theologischen Argumenten zu unterbauen. Dadurch komme ich zu der zweiten These, daß trotz gegenteiligen Anscheins alle Stimmen aus dem Raume der evangelischen Kirche, die sich bisher zum Eid geäußert haben, in Wirklichkeit politische Stellungnahmen sind und nicht zurückgeführt werden können auf biblisch-theologisch dogmatische Argumente. Die dem Parlament vorgelegte Frage kann nur mit rein politischen Erwägungen entschieden und im Ergebnis nicht abgeleitet werden aus genuin theologischen Grundpositionen. Ich komme zur Begründung meiner ersten These. Die Ansicht, daß Christen, insbesondere evangelisch-lutherische Christen, den Eid überhaupt verweigern müßten, wird begründet mit dem Wortlaut von Matthäus 5, 34. Diese Stelle überliefert ein Herrenwort: „Ich aber sage euch, daß ihr überhaupt nicht schwören sollt". Die Frage lautet, ob Jesus mit dieser Aussage seinen Anhängern die Leistung des von Behörden geforderten Eides verbieten wollte, ob er also die Absicht hatte, eine Regel für das bürgerliche und politische Verhalten seiner Jünger zu geben. Diese Frage kann nur beantwortet werden, wenn das Problem des Gesamtverständnisses der Bergpredigt gelöst wäre. Will sie Maßstab und Grundlage einer staatlichen Gesetzgebung sein? Stellt sie das besondere Gesetz der Christen etwa im Gegensatz zum Gesetz der Heiden und Juden dar? Rechnet die Bergpredigt damit, daß sie als Lebensregel in allen ihren Forderungen durch aktives Handeln befolgt werden kann, oder will sie dem Menschen so, wie er immer tatsächlich lebt, handelt und denkt, einen Spiegel vorhalten, in dem er die Bosheit und Gottwidrigkeit seines faktischen Wollens und Tuns erkennt? Nun, bei der Auslegung der Forderung: „Ärgert dich deine rechte Hand, so haue sie ab und wirf sie von dir!", läßt sich in dieser Frage eine eindeutige Erkenntnis erlangen. Diese Forderung will bestimmt nicht wörtlich befolgt werden. Die Frage bezüglich der Eidesleistung läßt sich aber auch in einem speziellen Sinne beantworten durch die Beobachtung des Verhaltens Jesu und der Apostel selbst. Das Neue Testament hat das Eidesverbot in der Bergpredigt nicht als bürgerliches Recht verstanden. Jesus leistet — Matthäus 26, 62 ff. — den vom Hohen Priester verlangten Eid und weist die Schwurformel nicht zurück. Auch Paulus schwört — Galater 1, 20, 2. Korinther 1, 23. Die Forderung in der Bergpredigt wendet sich wahrscheinlich in erster Linie gegen die Verwendung der Eidesformel im Privatleben zur Durchsetzung eines vermeintlichen eigenen Rechtes und Anspruchs. In der damaligen Zeit wurden Eid- und Fluchformeln im Alltag häufig mißbraucht, um sich persönlich gegen Angriffe zu wehren und sich mit seinen privaten Absichten durchzusetzen. Die ganze Bergpredigt richtet sich in Wirklichkeit gegen die Neigung des Menschen, sich auf den Buchstaben des Gesetzes zu berufen, um die eigene Makellosigkeit und Korrektheit, ja, um die persönliche Sündlosigkeit unter Beweis zu stellen. Die Aussagen Jesu entziehen dieser pharisäischen Grundhaltung die Begründung. Jesus will die unausweichliche Forderung Gottes so vor den Menschen hinstellen, daß dieser sich als Übertreter und Sünder erkennen muß und keine andere Möglichkeit mehr hat als die Zuflucht zur Vergebung. Der Angriff Jesu gegen die Berufung auf den Eid ist in Wirklichkeit die Enthüllung der Tatsache, daß schon das schlichte Ja und Nein des Menschen vor Gott verantwortet werden muß. Jesus macht deutlich, daß das, was der Eid erreichen will, nämlich Wahrhaftigkeit und Treue, im Verständnis der Bibel untrennbar miteinander verbunden ist, so daß hier kein Unterschied zwischen dem assertorischen und dem promissorischen Eid besteht, da Wahrhaftigkeit und Treue schon geboten sind für die schlichte Aussage ohne jede religiöse Formel. Man kann das auch so sagen: Jesus macht die gewöhnlich als Ausnahmesituation betrachtete Lage des schwörenden Menschen, daß er nämlich Zeugenschaft und Gericht Gottes anruft, zum Charakteristikum seiner gesamten Existenz. Für unsere Frage bedeutet das: Jesus verbietet den Eid, sofern der einzelne damit für sich persönlich die Absicht verfolgt, sich zu sichern. Dabei stellt er seine Anhänger mit ihrem ganzen Leben insofern ständig in die Eidessituation, als er das Ja und das Nein unbedingt unter die Verantwortung vor Gott stellt. Die alte Kirche hat die Bergpredigt nicht anders verstanden als Jesus und die Apostel. Sie hat Kreise, die aus der Bergpredigt ein rigoroses Lebensgesetz machen wollten, als Ketzer und Häretiker ausgeschieden. Insofern steht die Reformation mit ihrer Abwehr der wiedertäuferischen Eidesverweigerung auf dem gleichen Boden wie die alte Kirche. Die Stellung der Reformation ist in den Bekenntnisschriften niedergelegt. Die Bekenntnisschriften stellen für die evangelische Kirche zwar kein zeitlos gültiges starres Lehrgesetz dar; sie bedeuten aber mehr als einen bloßen Diskussionsbeitrag auf der Ebene der Auseinandersetzung zwischen verschiedenen protestantischen Gruppen; denn sie sind für die landeskirchlichen Pfarrer verbindliche Hinweise auf die evangelische Orientierung einzelner biblischer Aussagen an einem leitenden Gesamtverständnis der Schrift. Man wird bei der Ordination auf die Bekenntnisschriften verpflichtet. In Oldenburg bestand sogar die Unsitte, daß man darauf einen körperlichen Eid ablegen mußte. Diese Unsitte habe ich abgeschafft, nicht aber die Verpflichtung. Dieses Gesamtverständnis der Schrift ist unabhängig von subjektiven, individuellen oder kollektiven, spezifisch religiösen Überzeugungen und verlangt seine Aktualisierung in unserer Gegenwart als Aufdeckung der auch unsere „ungläubige" oder (Staatsminister Osterloh) „gottlose" Existenz tatsächlich tragenden und bestimmenden Wirklichkeit. Ich gebe jetzt die wesentlichen Texte der klassischen lutherischen Bekenntnisschriften: Confessio Augustana XVI Von der Polizei und weltlichem Regiment ... daß Christen mögen in Oberkeit, Fürsten- und Richter-Amt ohne Sunde sein, nach kaiserlichen und anderen üblichen Rechten Urteil und Recht sprechen, Übeltäter mit dem Schwert strafen, rechte Kriege fuhren, streiten, kaufen und verkaufen, aufgelegte Eide tun, Eigens haben, ehelich sein etc. ... Dann so der Oberkeit Gebot ohn Sund nicht geschehen mag, soll man Gott mehr gehorsam sein, dann den Menschen. Der Eid ist also keine absolute ewige Größe. Er überträgt nicht endgültig die Verantwortung von dem Schwörenden auf den, dem der Eid geleistet wird. Apologie XVI .. daß wir den Gesetzen sollen gehorsam sein und der Obrigkeit, darunter wir wohnen, es sein Heiden oder Christen, und daß wir in solchem Gehorsam unser Liebe erzeigen sollen. Konkordienformel XII, der Artikel gegen die Wiedertäufer, von denen gesagt wird, daß sie im politischen Bereich untragbare Lehren vertreten. Die Lehren werden charakterisiert: Daß ein Christenmensch mit gutem Gewissen kein Eid schweren noch mit Eide seinem Landesfürsten oder Oberherrn die Erbholdigung tun könne. Das wird als eine untragbare Lehre abgelehnt. Im Großen Katechismus sagt Luther zum 2. Gebot: Und aus diesem Verstand hat man die Frage leichtlich aufgelöset, damit sich viel Lehrer bekümmert haben, warümb im Evangelio verpoten ist zu schweren, so doch Christus, S. Paulus und andere Heiligen oft geschworen haben. Und ist kürzlich diese Meinung: schweren soll man nicht zum Bösen, das ist zur Lügen, und wo es nicht not noch nütz ist; aber zum Guten und des Nächsten Besserung soll man schweren. Denn es ist ein recht gut Werk, dadurch Gott gepreiset, die Wahrheit und Recht bestätigt, die Lügen zurückgeschlagen, die Leute zu Friede bracht, Gehorsam geleistet und Hader vertragen wird; denn Gott kommpt selbs da ins Mittel und scheidet Recht und Unrecht, böse und gut voneinander. Schweret ein Teil falsch, so hat es sein Urteil, das der Strafe nicht wird entlaufen, und, ob es ein Weile lang anstehet, soll ihm doch nichts gelingen .. . Vgl. dazu Mt. 26, 63 f; Gal. 1, 20; 2. Kor. 1, 23. — CA. XXVII: „ ... Dann ein gottlos Gelubd, und das wider Gotts Gebot geschehen, ist unbundig und nichtig; wie auch die Canones lehren, daß der Eid nicht soll ein Band zur Sunde sein." Die Bekenntnisschriften der reformierten Kirchen weichen in der Beantwortung der uns hier beschäftigenden Frage nicht wesentlich von den klassischen lutherischen Aussagen ab. Dabei ist in der ganzen Bibel und in den Bekenntnisschriften selbstverständlich, daß innerhalb der christlichen Verkündigung keine Möglichkeit für eine Auffassung des Eides besteht, die den Eid als ewigen Wert verabsolutiert und die behauptet, der Treueid bedeute eine uneingeschränkte Übertragung der Verantwortung vom Gehorchenden auf den Befehlenden. Der evangelisch verstandene Eid steht in der Begründung und Begrenzung der mit ihm vollzogenen Verpflichtung unter dem geoffenbarten Gebot Gottes. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland hat sich anläßlich einer Anfrage von Pädagogen und Theologen aus Lippe grundsätzlich mit dem Problem des promissorischen Eides befaßt. Diese Pädagogen und Theologen hatten Bedenken, den Eid auf die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen abzulegen. Der Eid ist dann geleistet worden, nachdem der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland sich ein vom Kirchenpräsident Brunotte entworfenes Schreiben zu eigen gemacht hat, in dem ausgeführt wird, daß die Obrigkeit nach evangelischem Verständnis, in dem kein Unterschied zwischen den Lutheranern und den Reformierten sei, das Recht habe, Beamteneide zu fordern, und daß es dabei gleichgültig sei, ob es sich um eine römisch-katholische, um eine evangelische oder um eine andersgläubige oder um eine ungläubige Obrigkeit handle. Das heißt also, daß die repräsentative Leitung der evangelischen Kirche in Deutschland diese Auffassung der Lehre der evangelischen Kirche jetzt auch praktiziert hat. Ich fasse zusammen: Die prinzipielle, religiös begründete Ablehnung eines Eides, die sich auf die Bergpredigt beruft, kann nicht begründet werden mit der auch heute rechtlich und faktisch in der evangelischen Landeskirche praktizierten Lehre. Das heißt also, die Frage, ob unter bestimmten Bedingungen und in unserer Gegenwart überhaupt Eide, insbesondere Diensteide, Treueide und Fahneneide, verlangt werden sollen oder nicht, ist kein kirchliches, sondern ein staatliches, kein theologisches, sondern ein politisches Problem. An der Lösung dieses Problems kann der evangelische Christ sich nicht durch ein unmittelbares Zeugnis vom Inhalt seines Glaubens, sondern nur mittelbar als Staatsbürger durch den Hinweis auf seine Sicht der Bedeutung des Eides für Gehorsam und Verantwortung des Soldaten und für die gegenwärtigen staatspolitischen Aufgaben der Nation beteiligen. Selbstverständlich ist aus dem evangelischen Bereich die Warnung vor jedem magischen, massenpsychologischen, leichtfertigen und auch konfessionspolitischen Mißbrauch des Eides durch den, der ihn fordert, und durch den, der ihn leistet. Selbstverständlich sollte auch der Hinweis darauf sein, daß der Eid — ich habe das schon ausgeführt — nicht die prinzipielle und uneingeschränkte Übertragung der Verantwortlichkeit bewirken kann, sondern in jedem Falle die Anrufung einer dritten Instanz bedeutet, die nämlich den Inhalt und die Grenze der im Eid vollzogenen Bindung für den Schwörenden durch den Gewissensappell festlegt. Mir scheint bedeutsam, daß wir gerade heute ernsthaft die Feststellung berücksichtigen, daß die (Staatsminister Osterloh) Eidesleistung, auch unter ausdrücklicher Nennung des Namens Gottes, nicht abhängig gemacht werden kann von der Profilierung des religiösen Bewußtseins der Beteiligten. Es ist nicht möglich, daß der Staat vorher ein theologisches Examen ablegen läßt oder ein Gläubigkeitsthermometer anlegt. Die politische Entscheidung für oder gegen die Vereidigung von Soldaten — und jetzt rede ich als Untertan und Staatsbürger; ich bitte das nicht als Nichtachtung der mir bekannten Ansicht der Mehrheit dieses Ausschusses anzusehen; es ist aber, ich muß es eingestehen, meine bisher nicht widerlegte private Überzeugung — spiegelt heute die grundsätzliche Gewißheit oder Unsicherheit der Verantwortlichen über den Inhalt ihrer eigenen Verantwortlichkeit in der Findung des entscheidenden Volkswillens und die Gewißheit oder Unsicherheit ihres Bewußtseins von ihrer Vollmacht, Gehorsam zu verlangen, wider. Ich meine damit das gesamte Parlament. Der zeitweise Verzicht auf die Vereidigung kann eine notwendige volkspädagogische Reaktion auf den Mißbrauch des Eides und eine bewußte Vorbereitung auf spätere echte Eidesleistung und Eidesmöglichkeit sein. Der grundsätzliche Verzicht auf den Eid aber kann individualistische und liberalistische Selbsttäuschung, eine Zersetzungserscheinung der Staatssubstanz und objektiv Vorbereitung zu totalitärer Versklavung sein. Forderung und Leistung des Fahneneides können für die Verkündigung des Evangeliums der Anlaß zum Zeugnis von der entscheidenden Verantwortung und dem freien Gehorsam des Soldaten sein. Aber diese Predigt von der letzten Bindung und der letzten Freiheit des Soldaten ist ihrem Wesen nach unabhängig von der Entscheidung für oder gegen den Fahneneid. Ich bitte Sie, mir zu erlauben, daß ich nun noch in wenigen Worten meine ganz persönliche Sorge ausspreche, und bitte Sie, mir zu glauben, daß ich damit niemandem von meinen Freunden und von allen, mit denen ich darüber gesprochen habe, wehtun und daß ich nicht beleidigend werden möchte. Ich habe die Angst, daß ein demokratisches Parlament, das grundsätzlich auf die Vereidigung der Soldaten verzichtet, das aber Beamte vereidigt, und zwar nicht nur Juristen, die unmittelbar an der Wahrung und Entwicklung des Verfassungsrechts mitwirken, nicht nur Rechtskundige, sondern auch Philologen, Volksschullehrer und Oberlehrer, daß ein solches Parlament ein Vakuum lassen könnte, das die Gefahr in sich hält, daß in kritischen weltanschaulichen Gesamtsituationen unverantwortliche chaotische, zur Diktatur greifende Elemente sich dieses Vakuums bemächtigen. Ich möchte es ganz schlicht sagen: Sollte einmal die mir nicht ganz unwahrscheinlich erscheinende Situation eintreten, daß ein deutscher General über nennenswerte Atomstreitkräfte verfügt, dann möchte ich, daß dieser General, wenn er von politischen Machtträumen angefochten wird, mindestens in denselben Konflikten steht, in denen die verantwortlichen Offiziere standen, die wegen ihres Eides auf Adolf Hitler sich nicht in der Lage sahen, sich an der Aktion des 20. Juli zu beteiligen. Man mag über die faktische Bedeutung des Eides reden, wie man will. Es steht literarisch fest, daß er für den Soldaten, der zu der Erwägung gedrängt wird, ob er nicht eine eigene, von der Staatsführung unabhängige, ihr entgegenstehende Verantwortung für das Volksganze hat, in Deutschland an einigen Punkten -geschichtlicher Entscheidung die Bedeutung gehabt hat, daß die Bindung, die der Eid darstellte, stärker war als der Inhalt politischer Erwägungen. Ich möchte, daß derjenige, der über atomare Streitkräfte verfügen kann, mit den stärksten Mitteln gebunden ist an das geltende Recht, an den Gehorsam und die Treue gegenüber den der Verfassung entsprechenden repräsentativen und faktischen Organen der Staatsführung. Ich glaube nicht, daß ich eine romantische Auffassung vom Eid habe. Ich bin Soldat gewesen und weiß, wie wenig für den Einsatz der Truppe das Bewußtsein eine Rolle gespielt hat, einmal einen Eid geschworen zu haben. Ich weiß aber, und zwar auch von mir persönlich, daß bei der Erörterung der Frage, was man seinem Volk schuldig ist und wie weit die Disziplin zu gehen hat, doch auch die Erinnerung an den Wortlaut des Eides den Soldaten, der überhaupt auf ethische und, darf ich sagen, transrationale Bindung ansprechbar ist, in engem Kontakt mit der vorhandenen Staatsgewalt hält. Ich habe nicht den Wunsch, daß die parlamentarische Demokratie irgend etwas unterläßt, um die von ihr selbst geschaffenen Instrumente davor zu bewahren, sich einmal gegen sie zu kehren. Wenn man auf die Vereidigung der Berufssoldaten, auf die Vereidigung der Generalität verzichtete, könnte ich es nicht verstehen, warum man Regierungsmitglieder vereidigt, über die das Parlament ja auch Gewalt hätte, wenn es sie nicht vereidigte. Meine Leidenschaft, meine wirkliche Sorge gilt dem Phänomen, das wir ja kennen, daß cue parlamentarische Demokratie geneigt ist, die Güte, Zuverlässigkeit, subjektive Qualität der Träger von Verantwortung und Teilgewalten zu überschätzen und die Zentralgewalt, die zuletzt vom Parlament verantwortete Gesamtgewalt zuwenig zu schützen gegen Mißbrauch durch partielle Aushöhlung. Ich habe den Wunsch, daß das Parlament eine Entscheidung trifft, die nicht nur möglichst Reibungen vermeidet, den Aufbau der Streitkräfte der Situation anpaßt, sondern die auch an die Zukunft denkt und die Position der parlamentarischen Instanzen auch auf diesem Gebiet so stark befestigt, wie es eben möglich ist. Ich möchte damit abschließen, daß die Erwägungen der von mir verehrten Bischöfe der evangelischen Kirche, die darauf hinweisen, daß die Diskussion über die Gewissensfrage die Eidesleistung sehr erschwere, daß bei einer allgemeinen Wehrpflicht ein nicht ganz mit der Beamtenschaft vergleichbarer Zustand geschaffen werde, daß das Gottesbewußtsein in unserer Jugend problematisch sei, mich nicht überzeugen konnten. Ich will zu einigen Dingen nur Bemerkungen machen. Das Gottesbewußtsein ist in der Zeit des Mittelalters, wenn man es demoskopisch, nach Gallup-Methoden untersucht, nicht besser gewesen als heute. Die Verschiedenheit religiöser Überzeugungen ist allezeit gleich. Das Schwören, die Anrufung Gottes, beinhaltet nicht eine profilierte, trinitarische Theologie. Man müßte, wenn man diese Gesichtspunkte für durchschlagend hielte, konsequenterweise auch den Eid vor Gericht, den assertorischen Eid, ablehnen. Der Hinweis auf die besondere Situation, die durch den Mißbrauch des Eides in der hinter uns liegenden Vergangenheit entstanden sei, scheint mir mit den Jahren an Gewicht zu verlieren. (Staatsminister Osterloh) Ich schließe: Ich befürchte, daß wir als parlamentarische Demokratie zu sehr verzichten auf transrationale, symbolkräftige Momente, die das Individuum in der Mitte seiner Existenz verpflichten, für diesen Staat, für dieses Recht, für diese so verfaßte Nation mit allen Kräften einzutreten. Prälat D. Kunst als Vertreter der Evangelischen Kirche: Die gegenwärtige Stellung der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Soldateneid halte ich beinahe für unverständlich ohne eine Erinnerung an die verflossenen beiden Jahrzehnte. Im dogmatischen und ethischen Urteil der Evangelischen Kirche ist volle Klarheit darüber, daß die Weisungen der Bergpredigt, über die Herr Minister Osterloh gesprochen hat, im Wesen etwas anderes sind als etwa die zehn Gebote Gottes. Darüber möchte ich gleich noch ein Wort sagen. Aber belangvoll für unsere Stellungnahme ist die Erinnerung daran, was wir nach 1933 erlebt haben. Damals ist es in der Geschichte unserer Kirche zum erstenmal passiert, daß wir unmittelbar vor jene Frage des Eides gestellt worden sind. Es gab damals eine sogenannte Nationalsynode, die nur durch den Bruch des Rechtes in breiter Front zustande gebracht werden konnte. Auf dieser Nationalsynode hatten sich die Nationalsozialisten eine sichere Zweidrittelmehrheit verschafft. Diese Nationalsynode beschloß, allen Geistlichen und kirchlichen Beamten einen Diensteid aufzuerlegen, in dem die Verpflichtung auf Hitler und den Reichsbischof in einer vollständig unmöglichen Form miteinander verbunden war. Darauf antwortete der Bruderrat der Bekenntnissynode mit großer Heftigkeit. Ich lese Ihnen den kurzen Absatz vor, der entscheidend ist: Die sogenannte Nationalsynode, ihre Verhandlungen und Beschlüsse sind nach kirchlichem und nach weltlichem Recht ungültig. Wer sie befolgt, bricht selbst Verfassung und Recht der Kirche. Wir weigern uns dessen und rufen die Gemeinden und Kirchen auf, sich auch ihrerseits nicht des Verfassungs- und Rechtsbruches mitschuldig zu machen. Der Bruderrat hat angeordnet, daß dieser geforderte Eid auf Hitler und den Reichsbischof nicht zu leisten sei. Es bedarf keines Kommentars, welche Flut der Verleumdungen und der Bestrafungen die Folge war. Immerhin, stillschweigend mußten die Machthaber das Gesetz fallen lassen. Es ist nicht exekutiert worden. Eine Variante dazu war der sogenannte Staatseid, der Beamteneid. Es war ein bedeutsames Ereignis, als Karl Barth, seinerzeit Professor für Dogmatik hier in Bonn, als Staatsbeamter den Beamteneid mit dem Zusatz leisten wollte: „Soweit ich es als evangelischer Christ verantworten kann." Er hat damals die Bekennende Kirche um eine offizielle Verlautbarung zu seinen Gewissensbedenken gebeten, ebenso den Reformierten Bund. Karl Barth ist reformierter Konfession. Beide Gremien haben dahin votiert, daß die Anrufung Gottes im Eid der Treue- und Gehorsamsverpflichtung den Ernst der Verantwortung vor Gott und damit ihre rechte Begründung gebe. Durch die Berufung auf Gott sei jedes Tun ausgeschlossen, das gegen Gott geboten sei. Karl Barth war daraufhin bereit, den vorgeschriebenen Eid ohne Zusatz zu leisten. Es kam nicht dazu, weil er inzwischen aus seinem Amt entfernt wurde. Viel breiter aber wurde die Erregung und das Mißtrauen in der Kirche, als die mit Partei- und Staatsfunktionären weithin durchsetzte Kirchenbehörde von den Amtsträgern der Kirche die Ablegung des normalen Beamteneides verlangte. Es wurde behauptet, daß der Staat diese Forderung gestellt habe, weil die Kirche eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, die Pfarrer Urkundsbeamte seien usw. Nach langem Kampfe wurde der Eid unter Abgabe einer Erklärung zu den Personalakten, wie und in welchen Grenzen wir den Eid verstünden, von einem großen Teil der Pfarrer geleistet. Nach der Eidesleistung wurde bekannt, daß wir in aller Form betrogen worden waren. Es hatte keine Anweisung des Staates vorgelegen. Die Staatsfunktionäre hatten den Eid benutzt, um eine Erfolgsmeldung zur Festigung ihrer eigenen Position zu haben. Ich sage dies alles nicht, weil ich heute morgen mit Ihnen ein kirchengeschichtliches Kolleg exerzieren möchte, sondern damit Sie verstehen, daß in unserer Zurückhaltung zum Eid die Erinnerung. an den schamlosen Mißbrauch des Eides in unseren eigenen Reihen mitschwingt. Der Soldateneid stand in der nationalsozialistischen Zeit nicht zur Diskussion. Es waren nur wenige Pfarrer, die den Soldateneid verweigert haben. Zu ernsten Auseinandersetzungen kam es mit dem nationalsozialistischen Staat, als die Eidespflicht immer weiter ausgedehnt wurde bis hin zu den Kindern in der Hitlerjugend. Inzwischen freilich hatten die Abschnürungen, Verhaftungen usw. die Folge, daß der Angriff gegen diesen Mißbrauch des Eides nicht in der Breite vorgetragen werden konnte, wie es nötig gewesen wäre. Aber Sie machen sich schwer eine Vorstellung davon, was damals im Kampf gegen den Mißbrauch des Eides in jeder einzelnen Gemeinde durchgestanden und erlitten worden ist. Ich erinnere an diese Dinge heute nur, weil alle Männer, die heute in der Evangelischen Kirche Deutschlands in der Leitung eine Verantwortung tragen, weder vergessen können noch vergessen wollen, was sich in unserem Volk in der Sache des Eides begeben hat. Zu einer Diskussion von Belang in der Frage des Eides kam es nach 1945 erst im Zusammenhang mit dem Problem der Wiederbewaffnung. Auch die Männer, die geglaubt haben, nicht öffentlich gegen eine neue Streitmacht auftreten zu müssen, haben mit Nachdruck vor einem neuen Fahneneid gewarnt. Noch im Oktober des vergangenen Jahres hat sich der Landesbischof von Hannover, D. Lilje, in der „Jungen Stimme" gegen einen Fahneneid ausgesprochen. Er hat drei Gründe geltend gemacht: 1. Die Voraussetzung des Fahneneides war der Landesherr, dem Persönlich man die Treue schwor. Ihn gibt es in Deutschland nicht mehr. Das mythische Element der Fahnen ist unserer Generation nicht mehr gegenwärtig wie den Vätern. Es muß dem Eindruck bei der Jugend gewehrt werden, als solle sie einen Eid auf etwas leisten, was nicht mehr recht real ist. 2. So bedrückend es ist, aber bis heute ist im Bewußtsein unseres Volkes noch ungeklärt die Frage, wie man das Verhältnis der Männer vom 20. Juli zu ihrem Fahneneid bewerten soll. Damit fehlen heute entscheidende geistige und ethische Voraussetzungen für einen Fahneneid. 3. Unter allen Umständen muß verhindert werden, daß sich der Nationalismus der neuen Streit- (Prälat D. Kunst) macht bedient. Deshalb sollte alles vermieden werden, was pathetisch wirken könnte. Wir sollten unser Vaterland nicht weniger lieben als unsere Väter, aber in einer veränderten Welt sollten wir es in Freiheit von allem nationalen Egoismus lieben. Gerade im Blick auf Europa sollten wir die Soldaten dahin erziehen, von ihrem Vaterland im Zusammenhang mit anderen Völkern zu denken. Landesbischof Lilje meint: Die Disziplin in der Truppe kann man mit normalen gesetzlichen Mitteln sicherstellen. Auch die Probleme um den Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen könnten unbefangener behandelt werden, wenn es keinen Fahneneid gibt. Sein Votum also — ich meine immer noch das Votum von Landesbischof Lilje — will ausdrücklich nicht dogmatisch verstanden werden in einer grundsätzlichen Ablehnung des Fahneneides unter Heranziehung der Heiligen Schrift als Begründung. Er spricht von der gegenwärtigen Situation, in der eine Entscheidung zu fällen ist. Er möchte jede nicht zwingende Komplikation bei der Aufstellung der neuen Streitmacht verhindert sehen. Es fehlt aber auch nicht am grundsätzlichen Einspruch. Am präzisesten ist er von Professor Strath-mann vorgetragen worden, dem Neutestamentler in Erlangen, dem früheren Reichstagsabgeordneten. Herr Minister Osterloh hat sich in der Sache schon auf ihn bezogen und seine Begründungen abgewehrt. Er sagt: Das Wesen des Eides ist die bedingte Selbstverfluchung. Gottes Fluch wird herausgefordert für den Fall, daß dem Eid die Treue nicht gehalten wird. Der Mensch kann gar nicht so treu sein, daß er nicht der Vergebung bedürfe. Im Eid aber sage er: Ich will in dieser Sache keine Vergebung haben. Er hält dies für eine Lästerung der Majestät der göttlichen Vergebungsgnade. Professor Strathmann geht so weit, daß er sogar das Wort „Schwören" eliminiert sehen möchte, weil es im allgemeinen Bewußtsein noch einen religiösen Beigeschmack habe. Er hält eine Beteuerung für innerlich redlicher, dem christlichen Glauben wie auch der allgemeinen geistigen Situation der Gegenwart für angemessener. Die Evangelische Kirche in Deutschland ist in ihrer offiziellen Vertretung den Argumenten von Professor Strathmann nicht gefolgt, und zwar weder im Rat noch in der Kirchenkonferenz — also in beiden Konferenzen —, noch in der Synode, was nicht hindert, daß die von Professor Strathmann vorgetragenen Thesen diskussionswürdig sind. Rat und Kirchenkonferenz haben aber in ihrer Sitzung vom 7. Juli 1955 eine Erklärung beschlossen, die auf dem basiert, was die Kirche 1934 in Sachen des Eides ausgesprochen hat und was ich soeben zitierte. Der Rat und die Kirchenkonferenz haben mich einstimmig beauftragt, das Parlament und die Regierung zu bitten, auf den Soldateneid zu verzichten und ihn durch ein Gelübde zu ersetzen. Ich sage ausdrücklich: Das ist ein einstimmiges Votum der offiziellen Vertretung unserer Kirche. Unter allen Umständen sollte auf den Soldateneid bei den Wehrpflichtigen verzichtet werden. Wir glauben nicht, daß jetzt schon die inneren Voraussetzungen für einen Soldateneid in der gegenwärtigen Jugend gegeben sind. Wir meinen, es sollte Geduld mit dieser Jugend geübt und die Gewissen nicht strapaziert werden. Natürlich sind dieses, wenn Sie so wollen, volkspädagogische Gründe; aber es geht ja um eine Entscheidung für den Menschen unserer Tage. Da sind wir der Meinung, daß diese Gründe nicht deshalb beiseite geschoben werden können, weil sie nicht biblisch begründet werden können mit der Ablehnung des Eides überhaupt. Vor allem aber wurden diese Sorgen wach im Blick auf den vorgeschlagenen Soldateneid, der Ihnen allen bekannt ist. Wir haben die äußersten Zweifel, ob ein Wehrpflichtiger — der normale Wehrpflichtige — das Grundgesetz so kennt, daß er sich darauf verschwören kann, daß er es wahren und ihm treu dienen wolle. Hier liegt eine innere Strapazierung, eine innere Überforderung vor. Denn was wir bisher bei unserer Jugend an staatspolitischer Kenntnis gefunden haben, ist so minimal, daß wir glauben, daß mindestens eine lange Einführung in das Grundgesetz vorangegangen sein müßte, damit der Wehrpflichtige überhaupt weiß, was er beschwören soll. Viel heftiger aber ist unser Einspruch gegen das, was im zweiten Teil des Eides folgt: „Vaterland und Freiheit unter Einsatz meiner Person tapfer zu verteidigen". Wir denken, wir sind mit dem ganzen Parlament einig, wenn wir mindestens Dresden und Stettin, Görlitz und Saarbrücken als noch zum deutschen Vaterland gehörig ansehen. Dies alles könnte doch von der Bundeswehr erst dann verteidigt werden, nachdem es zuvor erobert worden ist oder nachdem sonst im politischen Raum irgend etwas passiert ist, was uns die Wiedervereinigung gebracht hätte. Auch wenn eine Formulierung für den Eid gefunden würde und unsere Bedenken ausgeräumt würden, glauben wir, daß der sichere Schade größer als der mögliche Gewinn ist. In jedem Falle wären wir dankbar, wenn Sie bei Ihrer Prüfung besonders der Tatsache unseres geteilten Vaterlandes eingedenk sein würden. Bis auf diesen Tag sind wir nicht müde geworden, unser Volk daran zu erinnern, welche Konsekutiva dieses geteilte Vaterland von uns fordert. Wir sind der Meinung, es sollte auch Gewicht haben bei der Frage des Soldateneides. Wir befürchten auch, daß der metaphysische Glanz, der mit dem Fahneneid verbunden ist, für das gesunde innere Wachstum in der Truppe nicht gut ist. Der Verschleiß des Eides, die Aushöhlung beinahe aller edlen Begriffe in der Vergangenheit — ich brauche Ihnen nicht die Summe der Gründe aufzuzählen, die uns bewogen haben, zu sagen: Jetzt nicht, vor allem aber jetzt keinen Soldateneid für die Wehrpflichtigen. Ich darf Ihnen aber ein letztes nicht verschweigen. Gerade die Männer in der Kirche, die nicht von vornherein gegen eine neue Streitmacht waren, bemühten sich, die Diskussion in unserer kirchlichen Jugend dadurch zu fördern, daß sie eine Reihe von Sachfragen der neuen Streitmacht in, ich kann beinahe sagen, zahllosen Tagungen zur Besprechung stellten. Von Anfang an baten wir die Herren in der damaligen Dienststelle Blank aus der Rechtsabteilung und der Abteilung für das Innere Gefüge, uns dabei zur Verfügung zu stehen. Ich würde etwas schuldig bleiben in dem von mir erbetenen Bericht, wenn ich in der Rückschau nicht ausspräche, daß diese Herren in sicher nach mehrreren Hunderten zählenden Vorträgen über Grundsatz- und Einzelfragen einen wesentlichen, wahrscheinlich den wesentlichsten Beitrag geleistet haben, daß in der evangelisch-kirchlichen Jugend im Blick auf die Wehrfrage eine Wandlung gegenüber 1951 eingetreten ist. Durch eine ruhige, sachliche, gelegentlich an das Charismatische grenzende Weise haben sie Frage für Frage ausgehalten und viele ernste Gewissensnot ausgeräumt. Immer aber haben diese Männer gesagt: die Auffassung (Prälat D. Kunst) ihres Hauses mit Einschluß ihres Herrn Ministers sei, der Soldateneid solle durch ein Gelübde ersetzt werden. Natürlich haben sie auch gesagt, daß das letzte Wort selbstredend der Souverän, das Parlament, habe. Aber da aus dem parlamentarischen Raum kaum Stimmen für den Soldateneid laut wurden, war unsere Jugend der Meinung, der Verteidigungsminister würde sich mit seiner Konzeption in dieser Sache durchsetzen. Bitte, ersparen Sie mir, vor Ihnen auszusprechen, was ich in den verflossenen Monaten an harten Vokabeln von dieser Jugend habe hören müssen und wie ich gefragt worden bin, ob am Ende die ganze bisher entwickelte Konzeption noch etwas anderes gewesen sei als ein Lockvogel, daß sie zunächst einmal auf die neue Streitmacht überhaupt zugingen, ob also die Konzeption des neuen Soldaten als Bürger in Uniform in Frage gestellt sei. Selbstverständlich wissen wir in der Leitung der Kirchen, daß die Herren des Verteidigungsministeriums und der Herr Verteidigungsminister selber in voller Redlichkeit in den vergangenen Jahren ihre persönliche Überzeugung vertreten haben, und wir unterstellen .auch, daß es bis heute ihre Überzeugung ist. Aber es geht ja nicht um uns, sondern es geht um unsere Jugend. Sie kann jedenfalls — wie Sie zugeben müssen — sehr schwer begreifen, daß jahrelang unangefochten von den verantwortlichen Männern diese These vertreten worden ist: Der Soldateneid wird durch ein Gelübde ersetzt, und auf einmal stellt sich heraus, es kommt im Parlament etwas vollständig anderes heraus. Wir wissen es noch nicht. Im allgemeinen geht der Bürger ja davon aus, daß die Regierungsvorlage, die ja dann eine breite Mehrheit in der Koalition hat, nicht ohne weiteres zum Scheitern verurteilt ist, sondern auch eine gewisse Chance hat, durchzukommen. Aber jedenfalls darf ich heute hier nicht nur vor Ihnen stehen als der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche Deutschlands, sondern ich stehe ausdrücklich vor Ihnen auch als der Anwalt der evangelisch-kirchlichen Jugend, wenn ich Sie bitte: Ersparen Sie uns den Soldateneid, ganz besonders den Soldateneid für den Wehrpflichtigen! Sie machen es vielen Jugendlichen leichter, den erforderlichen Dienst zu leisten. Stadtrat Schäfer als Vertreter des Deutschen Volksbundes für Geistesfreiheit: Ich komme im Auftrage des Deutschen Volksbundes für Geistesfreiheit. Der Deutsche Volksbund für Geistesfreiheit ist ein Rechtsschutzverband; in ihm sind die freiheitlichen Organisationen zusammengeschlossen. Herr Professor von Frankenberg hat mich beauftragt, meine Stellungnahme hier vorzutragen, weil ich Präsident des Bundes freireligiöser Gemeinden Deutschlands bin und auch im Namen der Unitarier spreche. Vereidigung kann grundsätzlich nur in Frage kommen, wenn derjenige, der den Eid leistet, sich freiwilig zum Dienst gemeldet hat, nicht aber, wenn er — etwa durch ein Gesetz — zur Dienstleistung gezwungen ist. Ist die Verweigerung des Eides mit irgendwelchen Nachteilen bedroht, so ist die Eidesleistung moralisch anfechtbar und praktisch ohne Wert. Dies würde um so mehr gelten, wenn jemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen würde, was ja zur Zeit noch durch Art. 4 GG verboten ist. Falls eine Vereidigung stattfinden soll, muß die Möglichkeit bestehen, den Eid in der weltanschaulich neutralen Form zu leisten (Art. 140 GG und Art. 136 der Reichsverfassung vom 11. August 1919). Das würde aber bei der heute herrschenden Mentalität vielfach zu einer Diffamierung derjenigen führen, die aus Gründen ihrer Religion oder Weltanschauung die neutrale Form wählten, oder auch umgekehrt. Unter diesen Umständen empfiehlt der Deutsche Volksbund für Geistesfreiheit, von einer Vereidigung der Soldaten ganz abzusehen und sich mit einer Verpflichtung in feierlicher Form zu begnügen. Selbstverständlich kann man solche Verpflichtung ebenfalls nur Menschen abnehmen, die nicht der Meinung sind, daß Kriegsdienst mit der Waffe gegen ihr Gewissen verstoßen würde. Gesetzt den Fall, daß aber jemand, der aus Gewissensgründen den Militärdienst ablehnt, trotzdem zu diesem einberufen werden sollte, so müßte allerdings von ihm verlangt werden, daß er in feierlicher Form erklärt, nichts gegen Deutschland zu unternehmen, was die Sicherheit des Staates gefährdet, beispielsweise auch Spionage zugunsten ausländischer Mächte. Anlage 6 Umdruck 526 (Vgl. S. 6827 C ff.) Änderungsantrag der Fraktion der DP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) (Drucksachen 2140, 1700). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die Einleitung wird wie folgt gefaßt: Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:• Die Wehrmacht ist zur Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland berufen. Leistung und gegenseitiges Vertrauen werden Geist und Wert der Wehrmacht und ihre Stellung im Volk bestimmen. Der Wehrdienst stellt die höchste Forderung der Gemeinschaft an den einzelnen dar. Der Staat ist verpflichtet, sich zum Soldaten zu bekennen und für ihn zu sorgen. Das Wesen der soldatischen Disziplin liegt in der Einheit von Befehl in Verantwortung und von Gehorsam in Vertrauen; Ehrfurcht vor der Würde des Menschen und freiwillige Einordnung aus Einsicht sind ihre tragenden Pfeiler. 2. Im § 2 ist das Wort „Bundeswehr" durch das Wort „Wehrmacht" zu ersetzen. In der Folge ist das Wort „Bundeswehr" jeweils durch das Wort „Wehrmacht" zu ersetzen. 3. § 7 a erhält folgende Fassung: § 7a Eid (1) Der Soldat hat folgenden Diensteid zu leisten: „Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe. (2) Der Eid kann auch ohne die Worte „so wahr mir Gott helfe" geleistet werden. 4. § 8 Abs. 1 wird wie folgt gefaßt: „(1) Der Vorgesetzte hat in seiner Haltung und Pflichterfüllung Vorbild zu sein." 5. Im § 8 wird Abs. 6 gestrichen. 6. Im § 9 Abs. 1 ist Satz 3 zu streichen. 7. Im § 41 Abs. 2 wird Nr. 4 wie folgt gefaßt: „4. wenn er sich weigert, den Diensteid (§ 7 a) zu leisten;" 8. § 57f wird gestrichen. Bonn, den 6. März 1956 Schneider (Bremerhaven) Dr. Brühler und Fraktion Anlage 7 Umdruck 524 (Vgl. S. 6831 A ff., 6839 C ff.) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kliesing, Dr. Jaeger, Berendsen und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) (Drucksachen 2140, 1700). Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 7 a erhält folgenden Wortlaut: § 7a Eid und feierliches Gelöbnis (1) Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit haben folgenden Diensteid zu leisten: „Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe." Der Eid kann auch ohne die Worte „so wahr mir Gott helfe" geleistet werden. Gestattet ein Bundesgesetz den Mitgliedern einer Religionsgesellschaft, an Stelle der Worte „ich schwöre" andere Beteuerungsformeln zu gebrauchen, so kann das Mitglied einer solchen Religionsgesellschaft diese Beteuerungsformel sprechen. (2) Soldaten, die nur auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten, bekennen sich zu ihren Pflichten durch das folgende feierliche Gelöbnis: „Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen." 2. In § 41 Abs. 2 Nr. 4 werden die Worte „das feierliche Gelöbnis" durch die Worte „den Eid" ersetzt. Bonn. den 5. März 1956 Dr. Kliesing Dr. Jaeger Berendsen Frau Ackermann Arndgen Brück Etzenbach Even Franzen Dr. Furler Günther Harnischfeger Hoogen Kemmer (Bamberg) Kemper (Trier) Kortmann Kramel Krammig Dr. Krone Kunze (Bethel) Lücke Mühlenberg Pelster Frau Pitz Rasner Richarts Rösing Sabel Schlick Dr.-Ing. E. h. Schuberth Teriete Frau Vietje Vol?. Wacker (Buchen) Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) Dr. Weber (Koblenz) Wullenhaupt Anlage 8 Umdruck 527 (Vgl. S. 6831 A, 6839 B) Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) (Drucksachen 2140, 1700). Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 7 a erhält folgenden Wortlaut: § 7a Eid und feierliches Gelöbnis (1) Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit haben folgenden Diensteid zu leisten: „Ich schwöre, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und alle in der Bundesrepublik geltenden Gesetze zu wahren und meine Pflichten gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe." (2) Der Eid kann auch ohne die Worte „so wahr mir Gott helfe" geleistet werden. (3) Gestattet ein Gesetz den Mitgliedern einer Religionsgesellschaft, an Stelle der Worte „ich schwöre" andere Beteuerungsformeln zu gebrauchen, so kann das Mitglied einer solchen Religionsgesellschaft diese Beteuerungsformel sprechen. (4) Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten, bekennen sich zu ihren Pflichten durch das folgende feierliche Gelöbnis: „Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen." 2. In § 41 Abs. 2 Nr. 4 werden die Worte „das feierliche Gelöbnis" durch die Worte „den Eid" ersetzt. Bonn, den 6. März 1956 Dr. Mende Dr. Dehler und Fraktion Anlage 9 Umdruck 528 (Vgl. S. 6829 A, 6830 C) Änderungsantrag des Abgeordneten Dr. Mende zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) (Drucksachen 2140, 1700). Der Bundestag wolle beschließen: Im § 2 ist das Wort „Bundeswehr" durch das Wort „Wehrmacht" zu ersetzen. In der Folge ist das Wort „Bundeswehr" jeweils durch das Wort „Wehrmacht" zu ersetzen. Bonn, den 6. März 1956 Dr. Mende Anlage 10 Umdruck 530 (Vgl. S. 6842 A, D) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) (Drucksachen 2140, 1700). Der Bundestag wolle beschließen: § 15 Abs. 2 erhält folgende Fassung: (2) Der Soldat darf bei politischen Veranstaltungen keine Uniform tragen. Bonn, den 6. März 1956 Ollenhauer und Fraktion Anlage 11 Umdruck 531 (Vgl. S. 6833 C, 6839 C) Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. Dr. h. c. Lüders und Genossen zum Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kliesing, Dr. Jaeger, Berendsen und Genossen (Umdruck 524) zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) (Drucksachen 2140, 1700). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Im § 7 a Abs. 1 und Abs. 2 sind in der Eidesbzw. Gelöbnisformel nach den Worten „treu zu dienen" jeweils die Worte einzufügen: „und das Grundgesetz". 2. Im § 7 a Abs. 2 ist das Wort „nur" zu streichen. Bonn, den 6. März 1956 Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Dr. Bucher Dr. Mende Anlage 12 Umdruck 532 (Vgl. S. 6830 D) Änderungsantrag des Abgeordneten Merten zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) (Drucksachen 2140, 1700). Der Bundestag wolle beschließen: Der bisherige Wortlaut des § 5 wird Absatz 1. Es wird folgender Absatz 2 angefügt: (2) Wird im Gnadenwege der Verlust der Soldatenrechte in vollem Umfange beseitigt, so gilt von diesem Zeitpunkt ab § 51 Abs. 1, 2 und 4 des Bundesbeamtengesetzes entsprechend. Bonn, den 6. März 1956 Merten Anlage 13 Umdruck 533 (Vgl. S. 6854 D, 6855 B) Änderungsantrag der Fraktion der DP zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) (Drucksachen 2186, 2140, 1700). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Im § 8 wird Abs. 6 gestrichen. 2. § 57 f wird gestrichen. Bonn, den 6. März 1956 Schneide (Bremerhaven) Dr. Brühler und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Abgeordneter Schneider. es ist in diesem Fall wahrscheinlich ein reines Versehen meinerseits. Ich hatte angenommen, daß Sie sich dazu noch einmal melden würden. Ich hatte mich beim Schriftführer erkundigt, ob diese Meldung erfolgt war; wir haben sie hier nicht bemerkt. Herr Abgeordneter Schneider, ich mache Ihnen den Vorschlag, daß Sie das, was Sie sachlich zu diesem Änderungsantrag ausführen wollten, schriftlich hier vorlegen und daß das in das Protokoll voll aufgenommen wird.

    (Abg. Schneider [Bremerhaven] : Zur Geschäftsordnung!)

    — Ich gebe Ihnen jetzt noch einmal das Wort zur Geschäftsordnung, dann aber nicht mehr.


Rede von Herbert Schneider
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren. ich muß gegen dieses Verfahren nachdrücklichst Einspruch erheben. Hier handelt es sich darum, daß wir alle in gemeinsamer großer Verantwortung an einem Gesetzeswerk arbeiten, das nicht mit der linken Hand gemacht werden kann.

(Zurufe.)

**) Siehe Anlage 6.


(Schneider [Bremerhaven])

— Schon längst nicht mit der linken Hand, sondern nur gemeinsam!
Herr Präsident, ich bitte es mir nicht zu verübeln, wenn ich mit dieser Hartnäckigkeit darauf bestehe, daß ich zu den Anträgen und zu den Fragen, die meine Fraktion besonders bewegt haben, hier das Wort erhalte. Ich kann mich unter keinen Umständen mit dem hier geübten Verfahren einverstanden erklären.

(Zurufe.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Abgeordneter, wenn Sie dem Präsidenten oder dem Präsidium unterstellen, daß Ihnen mit Absicht das Wort nicht gegeben worden sei, als Sie Anspruch darauf hatten, dann täuschen Sie sich. Ich und das ganze Präsidium haben nicht bemerkt, daß Sie sich zum Wort gemeldet haben.

    (Abg. Schneider [Bremerhaven] : Herr Präsident, — —)

    Ich habe Ihnen gesagt, falls es auf einem Irrtum oder einem Versehen meinerseits beruht

    (Abg. Schneider [Bremerhaven] : Es ist das zweite Mal!)

    — lassen Sie mich reden, ich lasse Sie auch reden —, dann schlage ich Ihnen vor, diese Erklärung zu Protokoll zu geben. Wenn Sie davon keinen Gebrauch machen wollen, dann stelle ich das fest und fahre in der Verhandlung fort.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Schneider [Bremerhaven] : Herr Präsident, ich werde noch Gelegenheit nehmen, diesen Antrag zu begründen!)

    Ich komme zu den §§ 57 g, — 57 h, — 57 i, —57 k, — 58 und 59. — Wer diesen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit Mehrheit angenommen.
    Über Einleitung und Überschrift haben wir bereits beraten und beschlossen; ich brauche sie deshalb in der zweiten Lesung nicht noch einmal aufzurufen.
    In diesem Augenblick wird vorgeschlagen, nach Beendigung der zweiten Lesung — wir sind jetzt gleich mit der zweiten Lesung fertig — eine Pause von einer Stunde eintreten zu lassen. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist.

    (Widerspruch.)

    — Einen Augenblick! Lassen Sie mich erst die zweite Lesung hiermit feierlich schließen.
    Nun der Antrag auf Vertagung bzw. Unterbrechung für eine Stunde. Diesem Vorschlag wird hier widersprochen.

    (Zurufe.)

    — Einverstanden?

    (Erneute Zurufe.)

    — Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist vereinbart worden, daß nach Möglichkeit mindestens eine halbe Stunde, möglichst aber eine Stunde unterbrochen wird. Ich glaube, daß dieser Vorschlag seinen Sinn hat, und möchte Ihnen doch empfehlen, nunmehr eine Stunde Pause zu machen.

    (Widerspruch.)

    — Nein?

    (Teils lebhafte Zustimmung, teils Widerspruch.)

    — Meine Damen und Herren, wenn Widerspruch laut wird, dann muß ich abstimmen lassen. Der Herr Abgeordnete Dr. Menzel hat beantragt, die Sitzung für eine Stunde zu unterbrechen. Ich schlage vor, daß bis 15 Uhr 30 unterbrochen wird. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Das ist die große Mehrheit.
    Die Sitzung ist bis 15 Uhr 30 unterbrochen.

    (Unterbrechung der Sitzung: 14 Uhr 39 Minuten.)

    Die Sitzung wird um 15 Uhr 34 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier wieder eröffnet.