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ID0213103300

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    2. Deutscher Bundestag — 131. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1956 6779 131. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Februar 1956 Ergänzung der Tagesordnung 6779 D Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Abg. Unertl u. Gen. betr. Hilfe für die Hochwassergeschädigten in Vilshofen (Drucksachen 2124, 2091) 6779 D Ritzel (SPD) : als Berichterstatter 6779 D als Abgeordneter 6781 C Lermer (CDU/CSU) 6780 C Prennel (SPD) 6780 D Arndgen (CDU/CSU) 6781 B Dr. Vogel (CDU/CSU) 6781 D Vizepräsident Dr. Schmid 6782 A Schoettle (SPD) 6782 B Beschlußfassung 6782 B Nachruf für den Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bergbau Heinrich Imig: . 6792 B Vizepräsident Dr. Schmid 6792 B Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksache 2100, Entschließungsantrag Umdruck 522) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft (Drucksache 1848) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Vorlage des Entwurfs eines Hilfsgesetzes für die deutsche Landwirtschaft (Drucksache 2058) 6782 C Fassbender (DP), Antragsteller . 6782 D Kriedemann (SPD) 6784 B Lücker (München) (CDU/CSU) 6792 C, 6795 C Mauk (FDP) 6799 B, C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 6799 B Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 6802 B Struve (CDU/CSU) 6805 D Elsner (GB/BHE) 6807 D Müller (Wehdel) (DP) 6810 B Richarts (CDU/CSU) 6811 A Dr. Baade (SPD) 6812 C Bauknecht (CDU/CSU) 6813 B Beschlußfassung über den Entschließungsantrag Umdruck 522 6814 C Überweisung des Antrags Drucksache 1848 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen . 6814 D Überweisung des Antrags Drucksache 2058 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den. Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 6814 D Nächste Sitzung 6815 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6815 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zum Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft (Umdruck 522 [berichtigt]) . . 6815 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Peters 15. 7. Dr. Starke 30. 4. Lulay 7. 4. Dr. Kopf 31. 3. Gedat 24. 3. Ladebeck 10. 3. Dr. Orth 10. 3. Dr. von Merkatz 10. 3. Scheppmann 10. 3. Held 5. 3. Moll 4. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 3. 3. Böhm (Düsseldorf) 3. 3. Eberhard 3. 3. Graaff (Elze) 3. 3. Dr. Hammer 3. 3. Stahl 3. 3. Mensing 1. 3. Meitmann 29. 2. Dr. Eckhardt 25. 2. Glüsing 25. 2. Krammig 25. 2. Mellies 25. 2. Dr. Pohle (Düsseldorf) 25. 2. Schmidt (Hamburg) 25. 2. Srock 25. 2. Dr. Atzenroth 24. 2. Bender 24. 2. Fürst von Bismarck 24. 2. Blachstein 24. 2. Dr. Blank (Oberhausen) 24. 2. Brandt (Berlin) 24. 2. Even 24. 2. Feldmann 24. 2. Dr. Friedensburg 24. 2. Ehren 24. 2. Hahn 24. 2. Hilbert 24. 2. Dr. Horlacher 24. 2. Frau Kipp-Kaule 24. 2. Dr. Kreyssig 24. 2. Kunz (Schwalbach) 24. 2. Lenz (Trossingen) 24. 2. Horn 24. 2. Jaksch 24. 2. Dr. Jentzsch 24. 2. Dr. Löhr 24. 2. Dr. Maier (Stuttgart) 24. 2. Dr. Mocker 24. 2. Morgenthaler 24. 2. Müller-Hermann 24. 2. Neuburger 24. 2. Dr. Preller 24. 2. Dr. Dr. h. c. Pünder 24. 2. Solke 24. 2. Stücklen 24. 2. Thieme 24. 2. Dr. Werber 24. 2. Wiedeck 24. 2. Dr. Will 24. 2. b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Hörauf 17. 3. Albers 15. 3. Anlage 2 Umdruck 522 (berichtigt) (Vgl. S. 6791 D, 6812 C, 6814 C) Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2100, zu 2100). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat mit Befriedigung den Bericht der Bundesregierung zur Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis genommen und stimmt den vorgeschlagenen Maßnahmen im Grundsatz zu. Er erwartet, daß sie umgehend verwirklicht werden, und fordert die Bundesregierung auf, den Nachtragshaushalt hierfür und die notwendigen Gesetzesvorlagen sofort vorzulegen bzw. notwendige Rechtsverordnungen zu erlassen. Bonn, den 23. Februar 1956 Dr. Krone und Fraktion
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    Rede von Dr. Heinrich Lübke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dafür, daß der sogenannte Grüne Bericht heute zum erstenmal auf Grund des Landwirtschaftsgesetzes vom vorigen Jahr vorgelegt wird, ist das Echo wohl nicht nur durchaus zufriedenstellend, sondern in jeder Hinsicht positiv, und zwar nicht nur positiv für den Bericht, sondern auch positiv in der Einstellung zur gesamten deutschen Landwirtschaft, insbesondere zu den Hilfen, die für die bessere und weitere Entwicklung der deutschen Landwirtschaft vorgesehen sind.
    Ich möchte heute auf allgemeine Fragen nicht eingehen; dazu hatte ich gestern genügend Gelegenheit. Ich möchte aber auf die Anregungen eingehen, die heute gegeben worden sind, und auf die Zweifelsfragen antworten, die hier erörtert worden sind. Soweit in der weiteren Debatte von den einzelnen Rednern noch Anregungen vorgebracht werden, bin ich bereit, auch darauf einzugehen.
    Es sind Zweifel darüber laut geworden, ob die Abzüge, die z. B. bei dem Ansatz für die Bauersfrau für die Versorgung der eigenen Familienangehörigen, also für private Angelegenheiten, gemacht wurden, richtig seien, ob es also, wenn sie rein privat drei oder vier Leute zu versorgen hat, richtig sei, pro Person zwei Zehntel von dem Ansatz der vollen Arbeitskraft abzuziehen. Meine Damen und Herren, die Zweifel daran sind völlig unberechtigt. Wir wollen doch einen vollgültigen Vergleich mit vergleichbaren Berufsgruppen haben. Dann müssen wir doch berechtigt sein, auf die Angaben der wissenschaftlichen Institute einzugehen. Wir haben drei wissenschaftliche Institute damit befaßt, uns hierfür brauchbare Unterlagen zu liefern. Die drei Institute haben die Zahlen angegeben, und zwar das hier in Bonn 0,24, das in Gießen 0,24 und das hauswirtschaftliche Forschungsinstitut in Godesberg 0,21. Wir haben 0,2 eingesetzt. Ich glaube, da kann man nicht sagen, daß wir zu hoch gegriffen hätten. Der Vergleich mit anderen Berufsgruppen muß doch glaubhaft sein. Wir müssen jeder Frage nach dieser Richtung mit gutem Material entgegentreten können.

    (Abg. Lücke: Richtig!)

    Wenn ich das nicht mehr kann, verliere ich den
    Glauben in der Öffentlichkeit und habe nicht mehr
    das erforderliche Gewicht für den Grünen Bericht.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die ganze Bevölkerung, die die Kosten für den Grünen Plan aufbringt, muß überzeugt sein, daß wir hier im Bundestag einen klaren Weg gehen, den jeder übersehen kann.

    (Beifall.)

    Es wurde dann gesagt, in diesem Plan seien die einen oder anderen Maßnahmen nicht enthalten, die man gern gesehen hätte. Meine Damen und Herren, ich selber hätte auch noch manche anderen gern durchgesetzt und vor allen Dingen manche Maßnahmen sehr viel höher mit Finanzmitteln bedacht gesehen, daran ist doch wohl kein Zweifel. Hat es denn jemals so etwas gegeben, daß der betreffende Ressortminister z. B. bei der Vorlage eines Etats voll damit einverstanden sein konnte? Wieviel weniger werden es all die übrigen sein, die damit zu tun haben! Aber ich glaube, man kann wohl sagen, daß die Aufnahme in der Öffentlichkeit, hier im Hause und auch in der Landwirtschaft selbst positiv gewesen ist.
    Wenn ich hier noch eine Maßnahme erwähne, habe ich meinen besonderen Grund dazu. Ich war


    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    selbst ursprünglich der Meinung, man müsse hinsichtlich der Verbesserung der Milcheinnahmen noch etwas tun, und ich habe das bei den Erörterungen in unserem Hause als erstes vorgeschlagen. Allmählich habe ich mich von diesem Vorschlag entfernt, und zwar aus folgender grundsätzlichen Erwägung. Man setzt Subventionen nicht gern an das Ende, sondern lieber an den Anfang gewisser wirtschaftlicher Entwicklungen. Ich will mit ihnen die wirtschaftliche Entwicklung ankurbeln, will nachher den durch die Bemühungen des Bauern erzielten Ertrag sehen, aber nicht umgekehrt vorgehen.

    (Abg. Kriedemann: Sehr richtig!)

    Man fängt mit der Unterstützung der Leistung und nicht mit der Unterstützung des Produkts an.
    Ich sagte gestern nicht ohne Bedacht: die wirkliche Befriedigung, das Glück fließt aus der Entfaltung der eigenen Kräfte. Wenn ich dem einzelnen die Verantwortung abnehme und sage: „Soundsoviel tausend Mark haben dir gefehlt, bitte, hier kannst du sie dir abholen", was würde das für eine Landwirtschaft werden!

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Außerdem stehen wir beim Milchgeld im Januar 1956 bei 31,9 Pf pro 1 im Bundesdurchschnitt gegenüber 29,3 Pf im Januar 1955. Wir sind also um 2,6 Pf über dem Vorjahr, wenn ich den Monat Januar zugrunde lege. Selbstverständlich werden die Preise im Laufe des Frühjahrs und Sommers wieder heruntergehen. Aber wenn ich da z. B. den Vorschlag höre, man solle doch mit öffentlichen Subventionen die Auszahlung für Werkmilch auf 32 Pf stabilisieren, dann muß ich sagen, ich weiß nicht, wie ich das anfangen sollte. Dafür brauche ich ganz enorme Mittel, und ich würde damit bezüglich der Werkmilch jedes Risiko abnehmen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Es wurde die Anregung gegeben, den Bericht über die Lage der Landwirtschaft im nächsten Jahre etwas früher zu versenden. Nun, meine Damen und Herren, leicht ist das nicht; denn die Diskussionen über das, was notwendig ist, und über die Höhe der aufzubringenden Mittel ziehen sich in der Regel bis in die letzten Tage hinein, ziehen sich bis zur letzten Kabinettssitzung vor dem 15. Februar hin. Die Unterlagen müssen bis zur letzten Stunde geheimgehalten werden, damit nicht in der gesamten Öffentlichkeit schon alles zerredet wird, bevor überhaupt Beschlüsse gefaßt worden sind. Wir werden aber versuchen, im nächsten Jahr wenigstens eine Erweiterung der allgemeinen Angaben, die nicht geheimgehalten zu werden brauchen, vorzunehmen und sie etwas früher zu bringen.
    Sodann wurde das Erstaunen zum Ausdruck gebracht — vielleicht habe ich es auch falsch verstanden —, daß für die Freimachung der landwirtschaftlichen Werkwohnungen nichts eingesetzt sei.
    Das ist wohl ein Mißverständnis. Im Etat des Bundeswohnungsbauministers sind — und zwar neu eingesetzt für den Grünen Plan — 50 Millionen DM für die Freimachung von Werkwohnungen enthalten. Dabei laufen, Herr Kollege Kriedemann, die Mittel für die Erstellung von Werkwohnungen und Landarbeitereigenheimen ungekürzt weiter.
    Es wurde weiter gesagt, man habe keine Klarheit hinsichtlich der betriebsnotwendigen Arbeitskräfte gefunden. Man rechnet die betriebsnotwendigen Arbeitskräfte pro 100 ha. Ein Großbetrieb hatte früher im Durchschnitt zwischen 15 und 20 Arbeitskräfte auf 100 ha. Unsere großbäuerlichen Betriebe haben heute etwa 12, 14 oder 16 Arbeitskräfte pro 100 ha. Unsere zuckerrübenbauenden Betriebe liegen in der Regel über 20, bei 21 oder 22 Arbeitskräften pro 100 ha, und die Kleinbetriebe liegen fast alle wesentlich darüber.
    Es wurde von den zwei Familien auf dem Bauernhof gesprochen. Der Bauernhof, ob er groß oder klein ist, hat immer zwei Familien zu tragen: die Familie desjenigen, der den Hof abgegeben hat, und die Familie desjenigen, der selber schon Kinder hat, wenn er den Hof übernimmt. Deshalb stehen in der Regel mindestens zwei, vielfach drei familieneigene Vollarbeitskräfte, ganz gleich, ob der Hof 5 ha, 10 ha oder 20 ha groß ist, zur Verfügung. Wenn ich diesen Arbeitskräftebesatz auf 100 ha umrechne, komme ich bei 20 ha auf 15, bei 10 ha auf 30 und bei 5 ha auf 60 Arbeitskräfte. Das ist ein Arbeitskräftebesatz, wie er in den kleinen Betrieben tatsächlich vorhanden ist, der aber überhaupt nicht auszuwerten ist. Für den Grünen Plan können wir nicht Arbeitskräfte voraussetzen, die nicht auszuwerten sind; wir können nur die betriebsnotwendigen Arbeitskräfte ansetzen. Denn ob ich bei 100 ha eine einzige Dauerarbeitskraft mehr nehme oder nicht, das macht für die nachher in der Berechnung in Erscheinung tretende Disparität viele, viele Millionen aus. Wir haben — das ist sorgfältig errechnet worden — pro 100 ha 21 Vollarbeitskräfte angenommen — das ist von allen Kapazitäten, die sich mit diesen Dingen befaßt haben, als berechtigt anerkannt worden —, und auf diesen 21 beruht natürlich auch wesentlich die Berechnung der Disparität. Ich komme auf die Disparität nachher noch zurück.
    Dann ist von der Alterssicherung gesprochen worden. Meine Damen und Herren, das Problem ist gar nicht sehr einfach, weil in bäuerlichen Betrieben die verschiedensten Auffassungen darüber bestehen. Die kleinen Betriebe sind normalerweise nicht in der Lage, das notwendige Geld für eine normale private Versicherung aufzubringen, die ihnen später eine entsprechende Rente für das Alter zahlt. Bisher ist von berufsständischer Seite ein Zwang zur Versicherung nicht bejaht worden. Ich persönlich wäre dafür — das habe ich gestern bereits ausgesprochen —, daß jeder für sein Alter versichert sein muß, auch jeder Bauer, aber auch jeder andere in der Bevölkerung. Dann kann sich der Bauer die billigste und zweckmäßigste Versicherung aussuchen. Die allerbilligste, die es gibt, ist die sogenannte Umlageversicherung. Von den ganz kleinen Landwirten, und zwar nur von den hauptberuflich tätigen Landwirten, sind bereits 250 000 in der sogenannten Invalidenversicherung. Es handelt sich dann noch um etwa 1 Million oder vielleicht weniger. die in die Umlageversicherung hinein müßten. Der Rest wird sich privat versichern wollen. Wir hoffen, daß wir im nächsten Jahr mit diesen Dingen etwas weiter gekommen sind.
    Ferner wurde gesagt, es seien noch nicht alle Positionen klar angegeben; es fehlten noch z. B. die Positionen „Ankauf von Land für die Aufstokkung von Kleinbetrieben". Die ist nicht nur im Grünen Plan, sondern auch in den bisherigen Etatmitteln enthalten;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)



    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    dafür werden Zinsverbilligungsmittel gegeben, um
    die Zinsbelastung nicht zu hoch werden zu lassen.

    (Abg. Kriedemann: Wir haben das in der Aufstellung der besonderen Maßnahmen vermißt!)

    — Das betrifft die Agrarstruktur; dazu gehört die Aufstockung ohne weiteres.

    (Abg. Kriedemann: Um so besser; Hauptsache, das Geld ist da!)

    Dann ist geltend gemacht worden, gewisse Ausgaben seien an die Beteiligung der Länder, bei der Schulmilch sogar an die Beteiligung der Gemeinden gebunden. Nun, meine Damen und Herren, wenn wir die Schulmilchspeisung nicht an die Beteiligung der Lander und Gemeinden binden wollten, was wäre dazu wohl zu sagen? Wenn die Gemeinden kein Interesse an der Schulmilchspeisung haben und auch die Länder ihrerseits erklären, kein Interesse zu haben, kann doch der Bund nicht herkommen und die gesamte Schulmilchspeisung in der ganzen Bundesrepublik bezahlen; das ist völlig ausgeschlossen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Dafür haben wir doch den föderativen Aufbau der Bundesrepublik, daß zunächst einmal unten gesorgt werden muß. Wenn die kein Interesse haben, können wir uns nicht regen.

    (Abg. Kriedemann: Darunter muß dann die Landwirtschaft leiden!)

    — Ja, ich weiß; aber das kann man nicht ändern.

    (Abg. Kriedemann: Oh!)

    Im übrigen, Herr Kollege Kriedemann, ich habe Ihnen ja schon häufiger gesagt: wir müssen Ihnen ja auch noch etwas übrig lassen.

    (Heiterkeit.)

    Dann wurde beanstandet, die Handelsdüngerverbilligung sei speziell für die größeren Betriebe, und zwar für diejenigen Betriebe, die es schon gar nicht mehr nötig hätten, denen es ohnehin gut gehe. In dem einen Betriebe verbrauche man 235 DM pro Hektar und im anderen 44 DM. Die Zahlen sind absolut richtig; es ist vielleicht sogar eine noch etwas größere Disparität vorhanden, wenn ich die Unterlagen des Grünen Berichts nehme.

    (Abg. Kriedemann: Ganz sicher!)

    Aber das kann uns doch nicht davon abhalten, allgemein zu verbilligen. Soll sich etwa denjenigen, der ausreichend Kunstdünger verwendet, der also eine intensive Wirtschaft hat, dadurch bestrafen, daß ich sage: „Du kommst nicht mehr in Betracht!"?

    (Abg. Kriedemann: Er verdient ja genug!) Also sind wir uns in diesem Punkte einig.


    (Lebhafter Widerspruch bei der SPD. — Heiterkeit.)

    Ich bin immer für Einigkeit.

    (Abg. Dr. Baade: Wir werden uns einig werden!)

    Zweitens. Soll ich einen großen Verwaltungsapparat aufbauen, um festzustellen, wieviel Kunstdünger im einzelnen Betrieb verbraucht wird?

    (Abg. Dr. Baade: Ja!) -- Das ist gar nicht möglich. Ich glaube, das würde sich nicht lohnen.


    (Abg. Dr. Baade: Doch!)

    Das Netz dieser Verwaltungsbeamten oder -angestellten könnte nicht so dicht sein, daß sie nicht
    im gegebenen Falle hinters Licht geführt würden.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Abg. Kriedemann: Nicht komplizierter machen als es ist!)

    Es ist schon jetzt nicht ganz einfach, die Dinge an den richtigen Mann zu bringen, und zwar so, daß wir dabei nicht hintergangen werden. Das braucht nicht etwa bei der Landwirtschaft zu sein, das kann auch anderwärts passieren.
    Das Dritte. Ich bin der Meinung: Wenn der Bauer sich sagt: „20 % des Handelsdüngers, den ich im Jahr verwende, wird verbilligt, das wird auf den Bundesetat übernommen", dann sagt er sich gleichzeitig: „Je mehr ich anwende, um so mehr wird verbilligt". Und so ist die Ausgabe im Etat gemeint. Wenn der einzelne Bauer mehr Kunstdünger verwenden will als bisher, dann bekommt er eine entsprechend größere Verbilligung. Ich kann also nicht von einer festen Summe ausgehen. Die Summe, die im Etat steht — 226 Millionen DM —, ist entsprechend dem Verbrauch des vorigen Wirtschaftsjahrs angenommen; 20 % der Gesamtsumme des vorigen Jahres machen genau 226 Millionen DM. Wir verbilligen 20 % des gesamten aufgewendeten Düngerwertes. Keiner wird also geschädigt, wenn etwa ein sehr intensiv wirtschaftender Großbetrieb nun noch mehr anwendet.
    Wenn im übrigen Vorschläge in dieser Richtung gemacht werden — ich bin jederzeit dankbar dafür. Denn der Nachtragshaushalt, der von der Bundesregierung bzw. vom Bundesfinanzminister noch einzureichen ist, wird ja zumindest durch den Ernährungsausschuß und den Haushaltsausschuß gehen; dort können wir uns damit befassen. Ich möchte nur dringend schon jetzt daran erinnern, daß wir diese Beratungen nicht zu lange hinausziehen wollen. Denn der erste und wesentliche Schritt ist durch den Entschluß der Bundesregierung getan worden, die Mittel, die ich Ihnen gestern genannt habe, für diese Aufgabe zu geben, und nun muß das übrige rasch gehen.
    Neben den Beratungen im Bundestag und im Bundesrat sind natürlich auch die Verhandlungen mit den Länderregierungen zu führen. Alles das wird entsprechende Zeit dauern. Aber ich möchte gern, daß wir so bald wie möglich nach dem 1. April — dann beginnt das Rechnungsjahr — diese Mittel zur Verfügung haben und in die Landwirtschaft praktisch hineinbringen können. Dazu brauche ich die Mitarbeit des Berufsstandes. Ich komme nun auf die berühmte Disparität. Der Deutsche Bauernverband hat, ich glaube, unter dem gestrigen Datum, gesagt, es werde der ernste Versuch gemacht, der festgestellten erheblichen Disparität entgegenzuwirken; bei voller Würdigung der vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen müsse festgestellt werden, daß der Bericht die Disparität nicht in der tatsächlichen Höhe zum Ausdruck bringe, da die kalkulatorischen Posten nicht entsprechend den Vorschriften des Gesetzes als echte Kostenbestandteile und auch nicht in ihrer tatsächlichen Höhe eingesetzt worden seien. Nun, meine Damen und Herren, ich muß sagen, einen schwereren Vorwurf kann man eigentlich


    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    an diesem Tage gegen den amtierenden Minister kaum zum Ausdruck bringen.

    (Abg. Lücke: Sehr gut! — Weitere Zurufe in der Mitte und links.)

    Ich will mich damit gar nicht etwa polemisch auseinandersetzen, aber ich muß doch sagen: ich habe gestern mit mehreren Präsidenten des Bauernverbandes gesprochen und nichts Derartiges von ihnen gehört. Daß ich heute im Informationsdienst des Deutschen Bauernverbandes das auf den Tisch gelegt bekomme, ist immerhin verwunderlich.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU. — Zurufe von der Mitte und links.)

    Wir fangen mit dem heutigen Tage damit an, den Grünen Plan in die Praxis umzusetzen, und da, meine ich, sollte es die erste Aufgabe sein, die Verbands-Mitglieder draußen richtig zu unterrichten!

    (Lebhafte Zustimmung in der Mitte, links und rechts.)

    Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen sagen, daß in dem Bericht entsprechend dem Gesetz die Ertrag-Aufwand-Rechnung klar durchgeführt worden ist. Auf Grund der Bilanzierung, die nach den Gesamteinnahmen und Gesamtausgaben nach den Regeln der Bilanz aufgestellt wurde, haben wir die Disparität errechnet, und zwar unter Zugrundelegung von 21 Vollarbeitskräften pro 100 ha und unter Zugrundelegung eines Lohnes für die männlichen Arbeitskräfte von 4055 DM. Das ist der Durchschnittslohn, denn viele werden sagen, daß sie höhere Löhne zahlen. Natürlich werden manche Facharbeiter höher bezahlt, aber der genannte Betrag ist die Durchschnittslohnsumme für den Landarbeiter. Bei den Frauen beträgt der Lohn 2603 DM und die Durchschnittsbezahlung für Männer und Frauen zusammen 3500 DM. Die Damen und Herren haben wahrscheinlich diesen Betrag von 3500 DM im Ohr und glauben nun, das sei der Lohn für die Fachkräfte. Der Jahresdurchschnittslohn für männliche Arbeitskräfte beträgt also 4055 DM. Das ist eine Bezahlung, die, wie ich gestern ausgeführt habe, den Durchschnitt des Jahresverdienstes in der metallverarbeitenden Industrie, der Textilindustrie, der Industrie der Steine und Erden, in der Sägeindustrie und der holzverarbeitenden Industrie bildet. Wenn wir also nach dem Gesetz verpflichtet sind, vergleichbare Berufe zu nehmen, dann haben wir, glaube ich, richtig gehandelt.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Alle Beteiligten im Beirat waren mit allen diesen Ansätzen völlig einverstanden.
    Nun wird weiterhin gesagt, wir hätten die kalkulatorischen Posten — also Lohn, Betriebsleiterzuschlag und Verzinsung — nicht als echte Kostenbestandteile und auch nicht in ihrer tatsächlichen Höhe eingesetzt. Das ist unrichtig. Falls noch Mitglieder des Hohen Hauses da sind, die sich zu diesen Fragen äußern wollen, wäre ich außerordentlich dankbar, wenn wir uns noch damit auseinandersetzen können.

    (Abg. Kriedemann: Vor allem die, welche solche Behauptung aufstellen!)

    Disparitäten von 2 Milliarden DM, 3,5 oder 4,5 Milliarden DM, die auch Herr Kollege Mauk anführte,
    sind in diesen Einzelheiten im Beirat überhaupt nicht erörtert worden. Herr Kollege Mauk, wer Ihnen also etwas erzählt hat, beging nicht nur einen Vertrauensmißbrauch, sondern er hat Ihnen auch etwas erzählt, was nicht stimmt.

    (Abg. Lücke: Hört! Hört! — Zuruf von der Mitte: Das kommt vor!)

    Ich habe gestern außerdem gesagt: kein Mensch von denen draußen, die von Disparitäten erzählen, die höher liegen als die gestern von mir genannte Zahl, hat dafür eine Unterlage.

    (Hört! Hört! in der Mitte. — Abg. Kriedemann: Wer ist das bloß in Kuckucksnamen? — Abg. Hansen [Köln] : Namen nennen!)

    — Ich bin ja nicht beauftragt, Herr Kollege, mit einer Lupe oder mit einem Hörrohr umherzugehen, um festzustellen, wer das tut. Im übrigen wollen wir uns hier nicht auseinanderreden. Wir haben von allen Fraktionen eine einmütige Zustimmung, wenn auch mit einigen kritischen Anmerkungen, bekommen; ich möchte, daß der Berufsstand klar darüber informiert wird. Wir haben doch in engster Weise mit den Bauern zusammenzuwirken, um dieses bedeutende Werk in einem Jahr zu Ende führen zu können. Darum geht es mir.

    (Beifall auf allen Seiten des Hauses.)

    Und wenn wir den heutigen Tag trotz mancher Auseinandersetzungen als einen Anfang mit redlicher Aussprache bezeichnen können, ist damit den Bauern und auch der gesamten Bevölkerung am besten gedient.

    (Erneuter Beifall auf allen Seiten des Hauses.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Struve.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Detlef Struve


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Vorbereitung für die heutige Debatte hat sicher manches Mitglied dieses Hohen Hauses, das die Ehre hatte, bei den sehr langwierigen und schwierigen Verhandlungen im Unterausschuß für Parität mitzuwirken, einmal in diesen alten Sachen herumgeblättert, um festzustellen, ob es den Mitgliedern des Hohen Hauses in Verbindung mit den Vertretern der verschiedenen Ministerien in Verbindung mit dem zuständigen Minister, aber auch in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern aus den vielen Zweigen unserer deutschen Volkswirtschaft wohl gelungen sei, das zu verwirklichen, was uns damals vorschwebte, die Lage der Landwirtschaft in einem Bericht niederzulegen, und ob — die zweite Frage — dann auf Grund eines solchen Berichts Konsequenzen zu ziehen seien. In der öffentlichen Meinung haben die Ansichten über diese Dinge einen weiten Raum ausgefüllt, und sie sind sehr stark auseinandergegangen. Die einen sagten: Ein reines Statistikengesetz, in der Praxis nicht anwendbar! Die anderen sagten: Gefährlich für die Währung! Wieder andere sagten: Es verträgt sich nicht mit der sozialen Marktwirtschaft! Ich glaube, wenn wir den Grünen Bericht kritisch durchblättern, wenn wir die Maßnahmen der Bundesregierung einer kritischen Betrachtung unterziehen und wenn wir die heutige Debatte verfolgten, dann muß wohl gesagt werden, daß der Versuch dieses Hohen Hauses, auch für die deutsche Landwirtschaft ein Gesetz,


    (Struve)

    anfangs Paritäts-, dann Landwirtschaftsgesetz genannt, zu schaffen, durchaus Erfolg hatte. Ich möchte mit dem Herrn Minister sagen, daß alles das, was heute hier an Kritik vorgebracht worden ist, eigentlich mehr den Ausdruck Anregung verdient und daß es durchaus wertvolle Anregungen sind. Ich möchte vor allen Dingen allen Kritikern sagen: sie werden zugeben müssen, es ist tatsächlich bewundernswert, daß es der Verwaltung nach einer so kurzen Zeitspanne seit Verabschiedung des Gesetzes möglich gewesen ist, einen solchen Grünen Bericht vorzulegen.

    (Bravo! in der Mitte.)

    Ich bin überzeugt, daß er nicht nur in der deutschen Landwirtschaft, sondern in allen Kreisen unserer Wirtschaft und darüber hinaus auch im Ausland Beachtung findet. Wissen wir doch, daß bei unseren Beratungen schon damals Besuch aus dem Ausland hier war, um zu erkunden, wie das deutsche Parlament an diese Frage herangeht.
    Es ist heute verhältnismäßig einfach, hier in breiter Front eine Einigung zu erzielen, weil es den Beschlüssen unseres Kabinetts zu danken ist, daß in sehr umfangreicher und vielseitiger Form Mittel aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt werden, um dadurch idem Gesetz einen ersten guten Start zu geben. Wir wollen bei dieser Gelegenheit auch nicht die Schwierigkeiten verschweigen, die schon bei der Beratung auftauchten, als man untersuchte, wie man der Disparität, dem Auseinanderklaffen zwischen Ertrag und Aufwand beikommen könne. Ich meine, daß das erfreuliche Echo in der Vorbereitungszeit, in der Diskussion über den Grünen Bericht, auch in der deutschen Presse schlechthin, mit ein klarer Erfolg unseres Gesetzes gewesen ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Bei all diesen Betrachtungen haben die Preise immer wieder eine große Rolle gespielt. Den heute beschrittenen Weg fortzusetzen, wird dem Hohen Hause nur dann gelingen, wenn vor allem in der gewerblichen Wirtschaft die Preise nicht noch weiter steigen, wie es leider in den letzten drei Jahren zu verzeichnen war. Nach meinem Dafürhalten — wir haben auf diese Dinge schon während der Konjunkturdebatte hingewiesen — muß sehr stark beachtet werden, wie sich die Entwicklung besonders in den großen Ausgabeposten der deutschen Landwirtschaft weiter vollzieht. Nach wie vor schleichen sich auf den verschiedensten Gebieten, besonders auf dem Maschinen- und Bausektor im mer wieder Preiserhöhungen ein. Diese Erscheinungen sind unerträglich. Ich begrüße es deshalb, daß das Kabinett auch in der jüngsten Zeit vor allen Dingen über die Zölle versucht hat, hier einen gewissen Riegel vorzuschieben. Wir müssen — bei dem Vergleich der verschiedenen Dinge auf der Einnahmen- und der Ausgabenseite — unter allen Umständen versuchen, zu erreichen, daß nicht etwa durch den heutigen Vorschlag, den künstlichen Dünger um 20 % zu verbilligen, auf der Gegenseite etwa eine Bewegung entsteht, die in umgekehrter Richtung geht.
    Wir müssen seitens der Landwirtschaft in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, daß auf Teilgebieten in der deutschen Landwirtschaft Preiseinbußen zu verzeichnen sind. Das Hohe Haus beschließt alljährlich ein Getreidepreisgesetz. Wenn wir aber das ausgezeichnete, sehr sorgfältige Zahlenmaterial einmal prüfen, so stellen wir fest, daß bei gleichbleibenden Mindestpreisen in unserem Getreidepreisgesetz die Erlöse pro Doppelzentner bei den Bauern von Jahr zu Jahr geringer geworden sind. Hier hat sich durch ein Gestrüpp überspitzter und überspannter Verordnungen langsam eine echte Preisermäßigung eingeschlichen. Diese Dinge müssen wieder ausgeräumt werden.
    Darüber hinaus müssen wir auf allen Gebieten sehr bemüht sein, die Chance der Landwirtschaft dort zu nutzen, wo sie ohne besondere Schwierigkeiten durchzusetzen ist. Ich meine z. B., daß wir den Beimischungszwang für Raps um weitere drei Jahre verlängern müssen, um vor allem die Anbauplanung nicht zu stören und um nicht unnütze und unnötige Umstellungen herauszufordern, die in der Regel den Bauern sehr viel Geld kosten.
    Wenn ich zu einzelnen Maßnahmen noch einige Worte sagen darf, so meine ich, in diesem Hohen Hause besteht vor allem Einmütigkeit darüber, daß die Milchwirtschaft der tragende Pfeiler unserer deutschen Landwirtschaft ist und vor allen Dingen die Einnahmequelle für den klein- und kleinstbäuerlichen Betrieb darstellt. Oft haben wir in diesem Hohen Hause über dieses sehr wichtige Gebiet unserer deutschen Landwirtschaft debattiert, oft sind wir auch auf gesetzgeberischem Wege tätig geworden. Wenn im Augenblick am heutigen Tage ein besonderer Antrag diskutiert wird, wenn weitere Anträge zu dieser Frage im Ernährungsausschuß vorliegen, so sollten wir sie vor allen Dingen immer wieder unter dem kritischen Gesichtspunkt prüfen: wie können wir für die deutsche Landwirtschaft den gerechten Milchpreis durchsetzen? Da war es ja meine Fraktion, die bereits im Juni 1955 einen Antrag. auf Milchpreiserhöhung einbrachte. Wir wollen in diesem Zusammenhang nicht die Leidensgeschichte dieses Antrags und dieses Bemühens der deutschen Landwirtschaft aufrollen. Nach dem Landwirtschaftsgesetz und nach den aus diesem Bericht herauszuholenden Zahlen steht nach meiner festen Überzeugung eindeutig fest, daß die Produktion auf diesem wichtigen Zweig absinkt. Das ist immer das beste Alarmzeichen, auf Grund dessen man schon im voraus sagen kann, wo die Reise hingeht. Wenn es auch größeren Betrieben möglich ist, zugunsten des einen oder anderen Zweiges die Produktion etwas zu verlagern, — der Kleinbauernbetrieb ist dazu nicht in der Lage. Ich bin in diesem Punkt mit dem Minister einig, daß wir hier auf schnellstem Wege an die Arbeit gehen müssen. Aber eins steht auch fest: wir müssen den gerechten Milchpreis für die deutsche Landwirtschaft, einerlei ob die Milch als Trinkmilch verwendet oder ob daraus Butter, Käse oder Kondensmilch hergestellt wird, unter allen Umständen sicherstellen. Wir haben verschiedene Möglichkeiten. Wir haben den Bundesausgleich geschaffen. Aber all diese Mittel werden versagen, wenn nicht der richtige Ausgangspunkt eben in Form des gerechten Trinkmilchpreises obenan steht. Wir müssen uns um diese Dinge im Ausschuß sehr bemühen, damit wir zu einer gerechten Lösung kommen.
    Herr Kollege Kriedemann, der Herr Minister hat schon die Frage der Düngerverbilligung, die Sie ansprachen, behandelt. Wir müssen doch unterstellen, daß die deutsche Landwirtschaft hier für die Zeit vom 1. Juli 1954 bis zum 30. Juni 1955 die Bücher offengelegt hat. Wenn wir nun aus diesem Bericht herauslesen können, daß es


    (Struve)

    noch einzelne größere Betriebe in besonders günstigen Lagen gibt, die so einigermaßen um die Runde kommen, dann sollten wir das nicht zum Anlaß nehmen, die von der Bundesregierung vorgeschlagene und sonst von allen Rednern gebilligte Düngersubvention etwa zeitlich oder auch generell dadurch in Frage zu stellen, daß wir in eine Untersuchung darüber eintreten, wer sie braucht und wer sie nicht braucht. Täuschen wir uns nicht! Aus diesen Zahlen geht nicht hervor, daß größere Betriebe, die bei dieser Plus-Minus-Rechnung noch etwas besser dastehen, einen ungeheuren Bedarf an weiteren Investitionsmitteln haben.
    Die Verschuldung ist durchaus keine Angelegenheit etwa der einzelnen Betriebsgrößen oder der einzelnen Gegenden, sondern sie zieht sich leider durch die ganze deutsche Landwirtschaft hindurch. Die Illiquidität, die damit verbunden ist, ist für viele Betriebe der erste Anlaß, die erfolgreiche Betriebsführung zu verlieren. Ich bin deshalb sehr dankbar, daß die Frage der Umschuldung mit einen Punkt dieser Maßnahmen darstellt. Ich meine allerdings, daß die Anregung, die der Kollege Fassbender begründete, hier durch eine Zinsverbilligung einzuschreiten, nicht ausreicht. Täuschen wir uns nicht: die deutsche Landwirtschaft ist auf dem Wege, der jetzt durch die Maßnahmen des Landwirtschaftsgesetzes verbessert werden soll, nur dann in der Lage, rationelle Betriebe zu schaffen, wenn ihr langfristige Kredite und niedrig verzinsliche Pfandbriefkredite zur Verfügung stehen. Wir haben letzten Endes aus diesem Grunde vor ungefähr zehn Jahren als Gesetzgeber das Gesetz über die Landwirtschaftliche Rentenbank geschaffen. Die deutsche Landwirtschaft ist auf Grund dieses Gesetzes und auf Grund des Genossenschaftsgesetzes mit 200 Millionen DM belastet.
    Warum hat der Gesetzgeber diesen Weg beschritten? Nach meinem Dafürhalten, um von seiten der Landwirtschaft ein erstes Opfer zu fordern, damit ein Anfang mit einer landwirtschaftlichen Kreditpolitik, vor allem in den Zins- und Tilgungsproblemen gemacht wird. Die Regierung muß hier noch die notwendigen Schlußfolgerungen ziehen. Wir müssen diese Dinge im Ausschuß noch sehr vertiefen. Statt zu einer Zinsverbilligung müssen wir zu einer echten Konsolidierung der alten Verpflichtungen kommen. Wir müssen vor allen Dingen jenen Betrieben helfen, die aus irgendwelchen Gründen — in der Regel ist es der Leutemangel und die dann folgende Technisierung — hoch verschuldet sind. Sehr großer Kapitaleinsatz ist bei weitem nicht immer mit großen Erfolgen verbunden. Wie ist es in der Praxis? Ich glaube, mancher Berufskollege, der als Abgeordneter unter uns sitzt, weiß aus eigener Erfahrung, daß sehr oft sehr intensiv arbeitende Betriebe auch sehr hoch verschuldet sind. Deshalb müssen wir diese Dinge im Auge behalten.
    In diesem Zusammenhang — damit möchte ich schon zum Schluß kommen — ist bei einer kritischen Betrachtung noch einmal der Versuch gemacht worden, die Disparität in gewissen Größenordnungen festzustellen. Dies wird uns nach meinem Dafürhalten in zunehmendem Maße gelingen, wenn wir bemüht sind, das Ausgangsmaterial so zu erstellen, wie es dem Gesetzgeber vorgeschwebt hat. Ich zweifle nicht daran, daß die voneinander abweichenden Ansichten über die einzelnen Posten. einschließlich der kalkulatorischen Posten, auf diese Weise in Übereinstimmung gebracht werden.
    Ich bin mit manchem Diskussionsredner von heute
    der Meinung, daß wir keine Ursache haben, rückblickend schwierige und strittige Disparitätsrechnungen anzustellen, sondern, meine Damen und
    Herren, wir haben den Blick nach vorne zu
    wenden.

    (Richtig! in der Mitte.)

    Ich zweifle nicht daran, daß wir, wenn wir diese Probleme anfassen und wenn wir vor allen Dingen die einzelnen Maßnahmen schnell verabschieden — dies halte ich für ebenso wichtig wie die Lösung des Problems als solchen —, bei all den zahlreichen betroffenen Betrieben, einerlei ob groß oder klein, ob in- oder extensiv wirtschaftend, den nötigen Widerhall finden werden.
    Wir müssen aber an alle zuständigen Stellen — und das sind in erster Linie die Länder mit ihren Landwirtschaftsministerien — appellieren, damit den Betroffenen die nötige Hilfe auch schnell zuteil wird.
    Herr Kollege Kriedemann, Sie haben von einem Hilfsgesetz gesprochen und in diesem Zusammenhang insbesondere die Frage des langfristigen Kredits angeschnitten. In dieser Beziehung dürften wir in der Ausschußberatung ohne weiteres zu einer Klärung kommen. Wenn aber von Hilfsgesetzen die Rede ist, dann möchte ich in einer ganz anderen Richtung einen Appell an die deutsche Öffentlichkeit richten. Ich möchte die Hilfe der Länder vor allen Dingen auf den Gebieten erbitten, für die dieses Gesetz nicht zuständig ist. Ich erinnere die Kollegen an die Sitzung, in der wir den Namen „Landwirtschaftsgesetz" prägten. Damals gingen wir davon aus, daß vor allen Dingen in allen Bezirken des kulturellen und sozialen Bereichs noch unendlich viele Aufgaben zu erfüllen sind. Wenn ich an dieser Stelle die Länder anspreche, meine ich, schon in der richtig geleiteten und geförderten Volksschule liegt der Ansatzpunkt für die erbetene Hilfe.

    (Abg. Lücke: Richtig!)

    Wenn wir in diesem Zusammenhang zum erstenmal vor fünf Jahren dieses Problem in meiner Heimat zur öffentlichen Diskussion stellten und wenn in Verfolg dieser Diskussion das Landwirtschaftsgesetz und Mittelstandsprobleme standen, dann schwebte uns nicht nur das Schicksal der Bauernbetriebe vor Augen, sondern wir wollten im gleichen Sinne den Dorfhandwerker und den Dorfkaufmann, aber auch den in unserer Kreisstadt lebenden Mittelstand mit in diese Wirtschaftsförderung einbeziehen. Ohne Zweifel wird über rentable Bauernhöfe zu gleicher Zeit ein gesunder Mittelstand geschaffen sein. Wenn wir uns in diesem Sinne weiter bemühen, dann ist nicht nur der Grund gelegt, sondern dann sind wir bereits auf dem festen Wege zur Gesundung unserer deutschen Landwirtschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)