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ID0213003100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 130. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1956 6747 13 0. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1956. Begrüßung von Mitgliedern des englischen Unterhauses 6748 A Glückwunsch zum Geburtstag des Abg Dr. Brühler 6748 A Termine der nächsten Fragestunden . . 6748 B Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . . . 6748 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 221, 222, 223, 224, 225 (Drucksachen 2016, 2114; 2022, 2105; 2055, 2111; 2056, 2109; 2057, 2106) 6748 B Mitteilung über Vorlage von Berichten des Bundesministers für Wirtschaft über die Energiewirtschaft (Drucksache 2107) und über die Preisgestaltung bei Erwerbsunternehmen der öffentlichen Hand (Drucksache 2110) 6748 C Mitteilung über Vorlage eines Nachtrags zum Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für 1955 6748 C Mitteilung über Vorlage des Voranschlags der Deutschen Bundespost für 1956 . . . 6748 C Antrag betr. Aufsetzung der Beratung der Gesetzentwürfe zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes auf die Tagesordnung: Zur Geschäftsordnung: Pohle (Eckernförde) (SPD) 6748 C Rasner (CDU/CSU) 6749 B Aufsetzung abgelehnt 6749 C Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksache 2100) 6749 D Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 6749 D Beratung vertagt 6757 A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Prüfung von Vorgängen in der Einfuhr- und Vorratsstelle für Fette (Drucksache 2032) 6757 A Kriedemann (SPD), Antrag- steller 6757 A, 6758 D Dr. Horlacher (CDU/CSU) 6758 A Struve (CDU/CSU) 6759 C Beschlußfassung 6760 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Förderung von Flüchtlingsstudenten und Schülern aus der sowjetischen Besatzungszone (Drucksache 1967) in Verbindung mit der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Finanzielle Sicherung der Vorbereitungslehrgänge für Abiturienten und Studenten aus der sowjetischen Besatzungszone (Drucksache 1968) 6760 B Dr. Mommer (SPD), Anfragender 6760 B, 6773 D Bleek, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . . 6763 C, 6769 A Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . 6766 D, 6770 B Wienand (SPD) 6769 B, 6770 B Kutschera (GB/BHE) 6771 C Dr. Seffrin (CDU/CSU) 6773 A, D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) (Drucksache 2072) . . 6774 A Zur Geschäftsordnung: Wittrock (SPD) 6774 B, D Rasner (CDU/CSU) 6775 A Überweisung an den Sonderausschuß „Wasserhaushaltsgesetz" 6775 B Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts (Drucksache 2103) 6775 C Überweisung an den Rechtsausschuß . 6775 C Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 2077) 6775 D Überweisung an die Ausschüsse für Finanz- und Steuerfragen und für Jugendfürsorge 6775 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Fristenänderungsgesetz) (Drucksache 2046); Mündlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Drucksache 2093) . 6775 D Zühlke (SPD), Berichterstatter . . 6775 D Beschlußfassung 6776 A Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 521 [berichtigt]) 6776 C Beschlußfassung 6776 C Nächste Sitzung 6776 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6777 A Anlage 2: Interfraktioneller Antrag betr Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 521 [berichtigt]) . . . 6777 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 2. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Lulay 7. 4. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 1. 4. 'Dr. Kopf 31. 3. Ladebeck 10. 3. Dr. von Merkatz 10. 3. Dr. Orth 10. 3. Böhm (Düsseldorf) 3. 3. Graaff (Elze) 3. 3. Dr. Hammer 3. 3. Mensing 1. 3. Meitmann 29. 2. Dr. Eckhardt 25. 2. Glüsing 25. 2. Krammig 25. 2. Mellies 25. 2. Dr. Pohle (Düsseldorf) 25. 2. Schmidt (Hamburg) 25. 2. Srock 25. 2. Albers 24. 2. Dr. Atzenroth 24. 2. Bender 24. 2. Fürst von Bismarck 24. 2. Brandt (Berlin) 24. 2. Feldmann 24. 2. Geiger (München)' 24. 2. Hahn 24. 2. Hilbert 24. 2. Frau Kipp-Kaule 24. 2. Kunz (Schwalbach) 24. 2. Lenz (Trossingen) 24. 2. Dr. Maier (Stuttgart) 24. 2. Dr. Mocker 24. 2. Morgenthaler 24. 2. Dr. Dr. h. c. Pünder 24. 2. Solke 24. 2. Stücklen 24. 2. Wiedeck 24. 2. Frau Dr. Bleyler (Freiburg) 23. 2. Frau Friese-Korn 23. 2. Hörauf 23. 2. Horn 23. 2. Karpf 23. 2. Lemmer 23. 2. Maier (Mannheim) 23. 2. Schneider (Bremerhaven) 23. 2. Dr. Welskop 23. 2. b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Peters 15. 7. Dr. Starke 30. 4. Gedat 24. 3. Scheppmann 10. 3. Held 5. 3. Moll 4. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 3. 3. Eberhard 3. 3. Stahl 3. 3. Anlage 2 Umdruck 521 (Berichtigt) (Vgl. S. 6776 C) Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse. Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden gemäß § 99 Abs. 1 GO ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen: 1. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Verwendung der für den Wohnungsbau bestimmten Lastenausgleichsmittel (Drucksache 2082) an den Ausschuß für den Lastenausgleich (federführend); 2. Antrag der Abgeordneten Dr. Graf (München), Wieninger, Dr. Hesberg, Geiger (München) und Genossen betreffend Maßnahmen zur Förderung und Festigung von kriegssachgeschädigten Unternehmen (Drucksache 2095) an den Ausschuß für den Lastenausgleich, an den Ausschuß für Heimatvertriebene und an den Ausschuß für Geld und Kredit; 3. Antrag der Abgeordneten Klausner, Niederalt, Dr. Franz, Höcherl und Genossen betreffend Zinsverbilligungsmittel für den Fremdenverkehr (Drucksache 2096) an den Haushaltsausschuß (federführend), an den Ausschuß für Verkehrswesen; 4. Antrag der Fraktion der SPD betreffend Besucher aus der sowjetisch besetzten Zone (Drucksache 2080) an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (federführend), an den Ausschuß für Kommunalpolitik und an den Ausschuß für Sozialpolitik. Bonn, den 21. Februar 1956 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Dr. Mocker und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion ■
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karl Wienand


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Kollegin Brökelschen, ich möchte die Antwort hier sofort geben. Ich bin nicht mit Ihnen der Meinung, daß diese Unterscheidung heute keine Rolle mehr spielt. Aus dem
    vorhin Dargelegten ist einwandfrei ersichtlich, daß es leider nicht so ist. Ich wäre froh, Ihnen zustimmen zu können.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Um meinen vorhin aufgegriffenen Gedanken zu Ende zu führen: Wir sollten uns doch bemühen, den geringeren Prozentsatz der Kosten, die der Student selbst aufbringen muß, auch noch zu übernehmen, wenn wir durch eine strengere Auslese bei der Begabtenförderung zu einem größeren Nutzeffekt in dieser Angelegenheit kämen. Ich glaube, das wäre sozialpolitisch, volkswirtschaftlich oder wie Sie es auch nennen wollen, gerechtfertigter als das Prinzip, das bis jetzt bei uns angewandt wird.
    Lassen Sie mich von diesen ABFlern zu einem anderen Punkt übergehen, der mir vorhin nicht sehr gefallen hat. Gewiß bin ich mit der Regierung und auch mit Ihnen, Frau Kollegin Brökelschen, der Meinung, daß es heute darauf ankommt, Schulbeispiele dafür zu geben, daß wir die gewiß guten Kräfte, die aus der DDR zu uns kommen, nicht brachliegen lassen, um sie unserer Gesellschaftsordnung gegenüber nicht verbittert werden zu lassen. In dem Zusammenhang muß man aber doch auch einmal Überlegungen darüber anstellen, wie man sie hier eingliedern kann. Ich weiß, daß das nicht nur ein finanzielles Problem ist. Aber man kann es auch nicht so machen, wie es das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen bisher versucht hat, indem man pseudowissenschaftliche Traktätchen von einem Falk und Andrae herausgibt, die letztlich das, was hier unter freiheitlichem Demokratismus verstanden wird, was wir als Sozialdemokraten vertreten, in einer nicht mehr zu verantwortenden Form auch noch herunterziehen. So kann man die Auseinandersetzung mit den Menschen, die zu uns kommen, auf die Dauer gesehen auch nicht führen. Das sollte hier gesagt werden, damit auch auf diese Dinge einmal die Aufmerksamkeit gelenkt wird.
    Nun zu dem, was vorhin über das Notaufnahmeverfahren gesagt wurde. Ich weiß, daß Verhandlungen mit dem Ziel im Gange sind, das Notaufnahmeverfahren abzuschaffen. Ich weiß auch, daß man noch einmal um eine gewisse Karenzzeit oder Zwischenzeit gebeten hat. Aber ich glaube, wir sollten hier sehr betont herausstellen, daß es nicht sehr vorteilhaft für uns ist, wenn all diejenigen, die in die Bundesrepublik kommen, der Befragung durch die Alliierten ausgesetzt werden. Das sollte offen ausgesprochen werden, und es sollte alles und jedes versucht werden, um dies abzuschaffen.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    — Ich freue mich, daß ich auch hier die Zustimmung des Hauses feststellen darf.

    (Abg. Dr. Graf: Aber nur in Berlin, Herr Kollege!)

    Durch die Änderung des § 3 der Ersten Durchführungsverordnung zum Überleitungsgesetz wollen wir erreichen — und ich glaube, da waren wir uns bei der Ausarbeitung des interfraktionellen Antrages durchaus einig —, daß alle Flüchtlinge unter 25 Jahren anerkannt werden. Damit wollten wir aber doch in weiterer Konsequenz auch erreichen, daß sie nicht mehr der Befragung durch die Alliierten in Berlin ausgesetzt sind.
    Ich habe vorhin schon gesagt, daß es darauf ankommt, einen größeren Prozentsatz der Studenten


    (Wienand)

    in die allgemeine Studentenförderung einzubeziehen. Berlin hat hier durchaus ernst zu nehmende Praktiken entwickelt. Denken wir an das, was in Berlin hinsichtlich der Währungsbeihilfen und Sozialstipendien getan wird. Dies können wir anderen Ländern durchaus zur Nachahmung empfehlen. Sie haben ja — denn so leichtsinnig sind die Berliner wirklich nicht — in das Ausleseverfahren auch eine gewisse ,Begabtenauslese mit eingeschlossen. Aber sie helfen doch immerhin durch Währungsbeihilfen und durch die Sozialstipendien über 50 % der Studenten, was man von den westdeutschen Universitäten leider nicht sagen kann.
    In diesem Zusammenhang wäre auch nötig, darauf hinzuweisen, daß es vor allen Dingen erforderlich ist, ein besonderes Augenmerk auf die Vorbereitungskurse, die zur Zeit noch bei den höheren Schulen liegen, zu richten. Ich glaube, daß es zweckmäßiger wäre, wenn man diese Vorbereitungs- oder Anerkennungskurse nicht mehr so sehr auf Heime konzentrierte, sondern den Versuch unternähme, sie möglichst in die Universitätsstädte zu bringen, damit dort die Möglichkeit des Einlebens und der Kontaktnahme mit dem westdeutschen Universitätsbetrieb gegeben ist. Davon würde nach meinem Dafürhalten der einzelne mehr profitieren, als es der Fall ist, wenn er jetzt fern der Universitätsstadt nur auf ein ganz bestimmtes Examen vorbereitet wird und nachher mit dem freiheitlichen Universitätsprinzip, wie es nun einmal bei uns im Gegensatz zur „DDR" vorherrscht, konfrontiert wird.
    Diese wenigen Gedanken über diese Frage wollte ich hier noch aussprechen. Zum Schluß habe ich noch eine Bitte. Wir sollten von den Oberschülern, die zu uns kommen, um die Anerkennungsprüfungen zu machen, nicht noch die Prüfungsgebühr von 30 Mark verlangen, wie es in den einzelnen Ländern geschieht. — Ich weiß nicht, möglicherweise ist die Gebühr in der Zwischenzeit wieder abgeschafft worden. — Wenn die Möglichkeiten des Bundes, darauf hinzuwirken, nicht ausreichen, dann sollten wir überlegen, ob wir nicht Mittel dafür zur Verfügung stellen, daß wir also die 30 Mark ablösen. Dies scheint mir im Gesamten gesehen ein sozialpolitisches, ein gesamtdeutsches Anliegen zu sein wie die ganze Frage, die heute diskutiert worden ist.
    Abschließend darf ich, um vielleicht das Interesse des Hohen Hauses für diese Fragen noch etwas zu erwärmen, wenigstens noch auf einen Auszug aus dem Gesetzblatt der „Deutschen Demokratischen Republik" — ich darf das mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren — Teil I Nr. 15 vom 10. Februar 1956 hinweisen, der mir vorliegt. Danach werden für die Jugend in der Zone rund 2 1/2 Milliarden ausgegeben. Ich weiß, daß das ganz bestimmte Tendenzen hat; ich weiß, daß das zweckbetont ist, daß es nicht so sehr auf den einzelnen ankommt, dem man helfen will, und ich weiß, daß wir das mit unserer Hilfe nicht vergleichen können. Aber es beweist doch auch, daß diese Frage drüben zumindest mit einer größeren Aufgeschlossenheit — wenn auch aus zweckbetonten Motiven — gesehen wird, als es bei uns im Gesamten gesehen der Fall gewesen ist. Ich hoffe, daß es mir mitdiesem Hinweis gelungen ist, Ihre besondere Aufmerksamkeit auf diese Frage zu lenken. Vielleicht trägt er mit dazu bei, daß der für den Haushaltsausschuß und für das gesamte Parlament vorgetragen herzliche Aufruf der Frau Kollegin Brökelschen in letzter Konsequenz auch den Finanzminister erreicht. Dann tun wir uns in dieser Sache leichter und können helfen; denn das ist der Sinn unserer Anfrage gewesen, nicht etwa, daß wir Politik damit machen wollen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Kutschera.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Walter Kutschera


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine politischen Freunde und ich freuen sich darüber, daß die Fraktionen sich heute so eingehend mit diesem Problem beschäftigt haben. Wir sind auch nicht dadurch beeindruckt, daß ein großer Teil unserer lieben Kolleginnen und Kollegen im Augenblick eine wichtigere Beschäftigung hat. Wir sind der Auffassung, daß das Problem, dessen Besprechung heute ansteht, unsere ganze Kraft in Anspruch nimmt und vor allen Dingen von der politischen Seite aus stärker als bisher angesprochen werden muß. Die Oststudenten und -schuler, die zu uns kommen, kommen doch, weil sie die seelische Belastung in der Sowjetzone einfach nicht mehr ertragen können. Sie kommen zu uns, weil sie sich als ungeeignet gezeigt haben, dem dortigen System vorbildlich zu dienen. Wenn sie das nämlich täten, dann würden sie dort ihre Förderung bekommen. Wenn sie sich zu diesem System auch nur einigermaßen bekennen könnten, würden sie drüben in der Zone bleiben können. Weil sie es nicht können, weil sie einfach ihre innere Einstellung nicht überwinden können, weil sie einfach die Grundsätze einer echten demokratischen Berufung fühlen und nur hier leben können, deshalb kommen sie zu uns, und deshalb brauchen sie so dringend unsere Hilfe.
    Wir haben heute vielleicht zuwenig nach Berlin gesehen. Ich halte es deshalb für notwendig, einige Worte über die dortige Situation zu sagen. Wir haben gerade in Berlin feststellen müssen — und das war ja bei unserem letzten Besuch der Hauptzweck —, daß die Förderung der Ostabiturienten und -schüler ein ganz entscheidendes Problem darstellt. Allein in Berlin wollen etwa 1100 junge Menschen ihr Studium zu Ende führen. Man versucht nun, diese jungen Menschen in Heimen unterzubringen und zu betreuen. Zum großen Teil ist das möglich. Ein geringer Teil versucht, sich durch Privatunterkünfte durchzuschleppen, und wieder ein kleiner Teil muß mit dem Pendelverkehr vorliebnehmen.
    Nun haben gerade die letzten Wochen eine bedeutende Erschwernis gebracht. Infolge der verstärkten Werbung für die kasernierte Volkspolizei und infolge der eingeführten Wehrpflicht für die sogenannte Volksarmee ist es diesen jungen Menschen kaum mehr möglich, zurückzugehen und ihre Eltern zu besuchen. Hier müssen wir also ebenfalls nach Wegen suchen, diesen Menschen den Aufenthalt bei uns zu erleichtern, ihnen die Möglichkeit zu geben, auch hier in Westdeutschland das Studium zu vollenden.
    Wir wissen, daß bei der Wiedervereinigung gerade diese Menschen eine entscheidende Rolle spielen werden. Es muß uns daran liegen, daß wir die jungen Menschen, die auf Grund ihrer Schulausbildung einmal im Leben eine führende Stelle einnehmen, für uns behalten können, sie ausbilden können, um sie in dem Augenblick der Wiedervereinigung an den Stellen, an denen sie gebraucht werden, zur Verfügung zu haben.


    (Kutschera)

    Von diesem Gesichtspunkt aus ist deshalb auch zu überprüfen, ob wir nicht bessere Möglichkeiten der Anerkennung ihres bisherigen Studiums f in-den können. Ich denke dabei vor allem — es ist von Herrn Kollegen Mommer schon aufgezeigt worden — an die Wertung der Kenntnisse in slavischen Fremdsprachen.

    (Abg. Dr. Graf [München]: Ist ja längst geschehen! Seit fünf Jahren schon!)

    — Das ist mir völlig neu. Die Auswirkung in der Praxis sieht nicht so aus. Daß seit fünf Jahren bereits darauf Rücksicht genommen wird, ist völlig unbekannt. Vielleicht ist das eine „geheime Reichssache".

    (Abg. Dr. Graf [München] : Das hat sich halt bei Ihnen noch nicht herumgesprochen, Herr Kollege!)

    — Das hat sich bis zu mir noch nicht herumgesprochen. Das ist denkbar.

    (Abg. Dr. Graf [München] : Es spricht aber nicht gegen die Sache!)

    Sie sind jedenfalls mit mir der Auffassung, daß man die Kenntnisse in slavischen Sprachen entsprechend werten sollte; denn wir brauchen diese Voraussetzung.

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf]: In Berlin wird das gemacht!)

    Wenn wir von Wiedervereinigung sprechen, müssen wir gleichzeitig von unserer Nachbarschaft sprechen, und dazu brauchen wir die slavischen Sprachen.

    (Zuruf von der Mitte: Vor allem Russisch!)

    Die Erhöhung der Förderung auf drei Semester ist auch nach unserer Auffassung eine absolute Notwendigkeit, und wir geben unserer Freude darüber Ausdruck, daß wir bei diesem Antrag eine einheitliche Meinung im ganzen Hause hatten.
    Lassen Sie mich zu der Situation der Studenten noch eins offen aussprechen! Ich habe manchmal das Gefühl, daß man einige Dinge zu verniedlichen versucht, auch die Sozialprobleme unserer studierenden jungen Menschen. Man glaubt, die Dinge werden sich schon irgendwie erledigen; außerdem ist es klar, daß der tüchtige Mensch sich ohne Prothese irgendwie zurechtfindet. Dazu muß man doch folgendes sagen. Es ist sicherlich kein Geheimnis, daß rund 30 % unserer jungen Studenten mit höchstens 50 Mark Verpflegungsgeld im Monat auskommen müssen. Das bedeutet doch, daß sie jede freie Stunde und Minute, die andere Generationen dazu benutzen konnten, sich vorzubereiten, sich weiterzubilden, dazu benutzen müssen, sich durch Arbeit Geld zu verdienen. Und diese Arbeiten sind recht mannigfaltig. Es beginnt damit, daß man früh um fünf bereits den ersten begegnet, die als Schaffner tätig sein müssen, die sich ihre fünf Stunden herumschlagen, um nachher auf der Schulbank wieder weiterlernen zu können. Wir sehen sie beim Kohlenschippen, wir finden sie beim Zeitungsverkauf und finden sie beim Würstchenanbieten. Überall haben wir die jungen Menschen, die sich so durchschlagen müssen. Sie tun es, und wir sind auch stolz darauf, daß sie es tun. Nur: sollten wir es ihnen nicht wirklich etwas leichter machen?

    (Abg. Dr. Strosche: Richtig!)

    Sollten wir nicht wirklich noch ernster überlegen, ob wir nicht gerade hier ansetzen, gerade hierfür Mittel freimachen können?

    (Zuruf von der Mitte: Das geschieht auch!)

    Im Volke geht die Sage, in unserem Parlament sitze der sparsamste Mann Deutschlands. Das ist sehr schön. Aber gerade bei diesem Gebiet, über das wir heute sprechen, sollte man einmal fragen: Ist die Sparsamkeit nicht gerade bei der jungen Generation, die uns dringendst braucht, außerordentlich schlecht am Platze? Wir müssen uns also Gedanken darüber machen, wie wir an diese Dinge noch stärker herangehen können, wobei ich, wie gesagt, vor der ausgesprochenen Verniedlichung warnen möchte.
    Dann ist hier noch eine Frage aufgetaucht, die ich nicht unbeantwortet lassen darf, wenngleich auch schon mein Herr Vorredner darauf eingegangen ist. Es handelt sich um die Sorge, durch die Förderung der sowjetzonalen Studenten und Schüler würden die Einheimischen benachteiligt und es könne dadurch das Gefühl aufkommen, daß hier eine Rivalität entstehe.

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf]: Auch das noch!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir die Situation dieser Menschen genau kennen, dann wissen wir doch, daß sämtliche Beihilfen, die gegeben werden, nur die allernotwendigste Voraussetzung zum weiteren Studium schaffen. Wir werden auf keinen Fall der Auffassung folgen können, daß damit einheimische Studenten benachteiligt würden. Wir würden uns dagegen auch schwer verwahren, und zwar im Interesse dieser Menschen, über die wir heute sprechen; denn diese Menschen wollen gar keine Bevorzugung gegenüber anderen, sie wollen nur gerechte, gleiche Startmöglichkeiten. Ich möchte also bitten, sich auch darüber Gedanken zu machen, ehe man den Schluß zieht, durch die Unterstützung dieser Menschen könne eine Rivalität entstehen. Immer, auch bei gleichen finanziellen Voraussetzungen, laufen diese Menschen um ein gute Länge hinterher, weil ihnen die beste Voraussetzung, nämlich das Elternhaus, in den meisten aller Fälle fehlt.
    Zu der Frage der Heimunterbringung wäre vielleicht noch zu sagen, daß wir stärker als bisher von der reinen Heimunterbringung abrücken und versuchen sollten, in größerem Maße auf Familienanschluß hinzuwirken, um diese Menschen in die Familien, in das Familienleben und damit in dieses ganze Niveau stärker hineinführen zu können. Dazu wird es notwendig sein, daß wir den sogenannten Pflegeeltern finanziell etwas unter die Arme greifen. Denn es kann nicht so sein, daß nur der, der es sich finanziell leisten kann, einen Gast aufzunehmen, dafür in Frage kommt, sondern es muß so sein, daß wir die Familien in Betracht ziehen, bei denen unsere jungen Menschen gut untergebracht sind.
    Die anderen Fragen wurden von meinem Vorredner entsprechend gewürdigt. Wir brauchen uns da nur anzuschließen.
    Ich möchte Sie abschließend herzlich darum bitten, die Fragen der finanziellen Hilfe nicht in dem Sinne der Ausführungen des Bundesvertriebenenministers in Berlin zu behandeln,

    (Sehr gut! beim GB/BHE)

    daß man nämlich von dem Gesichtspunkt ausgeht:
    ja, wir können nicht so günstige Unterstützungen
    geben; denn es besteht die Gefahr, daß der Osten


    (Kutschera)

    dann, um unsere Währung zu gefährden, auf einen Schub Tausende von Menschen abstellt.

    (Abg. Dr. Keller: Das war Geistesakrobatik! — Abg. Dr. Mommer: Das war der kleine Moritz in der Politik!)

    Das, was in Berlin passiert ist und was sich auf die Häftlinge bezog, könnte sich natürlich so weiter fortpflanzen, wenn wir das nicht einmal deutlich aussprechen.
    Ich bitte also, von dieser Methode abzurücken, soweit Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, das nicht auch schon längst getan haben. Die Durchführung des vor einigen Wochen gemeinsam angenommenen Antrags Drucksache 2034 wird zeigen, ob es dem Hohen Hause ernst ist mit den Auffassungen, die heute hier vertreten worden sind.

    (Beifall beim GB/BHE und bei der SPD.)