Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundestag hat im Juli des vergangenen Jahres durch seine fast einstimmige Annahme des Landwirtschaftsgesetzes zum Ausdruck gebracht, daß er gewillt ist, der Entwicklung der agrarwirtschaftlichen Verhältnisse seine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Das Gesetz bestimmt, daß die Bundesregierung jährlich einen Bericht über die Lage der Landwirtschaft dem Bundestag und Bundesrat vorlegt und sich gleichzeitig dazu äußert, welche Maßnahmen sie beabsichtigt, um die wirtschaftliche und soziale Gleichstellung der Landwirtschaft mit vergleichbaren Berufsgruppen zu sichern. Der „Grüne Bericht", wie man den in diesem Jahr erstmals vorgelegten Bericht der Bundesregierung kurz nennen kann, wird also jedes Jahr dieses Hohe Haus beschäftigen. Er wird die breite Öffentlichkeit mit den Sorgen und Nöten der Landwirtschaft bekanntmachen. Der Bericht kann nur dann seinen Zweck in vollem Umfang erfüllen, wenn er in der gesamten Bevölkerung Verständnis für die Maßnahmen der Regierung zur Erhaltung und Steigerung der Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft zu erwecken vermag.
Die vom Gesetz vorgeschriebenen Unterlagen sind termingemäß vorgelegt worden. Ich kann an dieser Stelle den Inhalt nur andeuten und dazu kurze Erläuterungen geben. Dabei darf ich die Bitte aussprechen, den gesamten Bericht und die darin enthaltenen Zahlenangaben einem eingehenden Studium zu unterziehen.
Zunächst darf ich kurz auf die Ursachen eingehen, die eine tiefe Beunruhigung in der Landwirtschaft hervorgerufen haben. Es war schon in der Regierungserklärung vom, 20. Oktober 1953 gesagt worden, daß die Landwirtschaft seit Anfang 1952 in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung mit den übrigen Berufssparten nicht mehr Schritt halten konnte.
— Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie der Auffassung sind, ,daß die zahl- und umfangreichen Unterlagen, die ich Ihnen vorgelegt habe, schon ausreichen, um sich ein genügendes Bild verschaffen zu können, dann würde ich mir gerne diese Ausführungen sparen. Wir haben am heutigen Tage keine gute Einleitung gehabt; aber ich meine, wir sollten uns diesem Tagesordnungspunkt mit etwas mehr Andacht widmen.
Die ungünstige Entwicklung hat sich trotz der zahlreichen Förderungsmaßnahmen, die für die Landwirtschaft durchgeführt und eingeleitet wurden, fortgesetzt. Sie ist verschärft warden durch die Auswirkung der Ernten der Jahre 1954 und 1955, die in großen Teilen der Bundesrepublik, besonders aber in Schleswig-Holstein und Niedersachsen — in Niedersachsen bei der letzten Ernte besonders auch in den Zuckerrübenbaubetrieben —, aber auch in einigen Teilen West- und Süddeutschlands eine weitere Verschlechterung der Situation herbeigeführt haben. U. a. haben in diesem Jahre die Gebiete bei Hildesheim und Braunschweig, die in der Regel zu den besten unserer Anbaugebiete gehören, erhebliche Verluste zu verzeichnen.
Ganz besonders ins Gewicht fällt ,aber, daß die Landwirtschaft sowohl in der Bundesrepublik als auch in der gesamten freien Welt sich zur Zeit in einem Umstellungsprozeß größten Ausmaßes befindet. Eine grundlegende Wandlung der Arbeits-und Produktionsmethoden ist allgemein im Gange. Dieser Prozeß vollzieht sich in der Landwirtschaft später als in den meisten anderen Wirtschaftsbereichen. Die erste, mit der Dampfkraft verbundene Entwicklungsstufe der Technik blieb ihr weitgehend verschlossen. Erst in der zweiten Phase drangen die neuen Kraftquellen der Elektrizität und des Verbrennungsmotors auch in die Landwirtschaft vor. So ist die zeitliche Phasenverschiebung in der Entwicklung von Industrie und Landwirtschaft in mancher Hinsicht zu erklären.
Für die deutsche Landwirtschaft wurde die Umstellung besonders stark verzögert. Während die Farmer in den Vereinigten Staaten und die Bauern in anderen westeuropäischen Ländern, wie Dänemark, Schweden, den Niederlanden usw., ihre Betriebe stetig modernisieren konnten, wurde die Entwicklung bei uns durch zwei Weltkriege und deren Auswirkungen um rund zwei Jahrzehnte hinausgeschoben. Die deutsche Landwirtschaft muß nun ihren Produktionsapparat in relativ kurzer Zeit umstellen, wenn sie mit der übrigen Wirtschaft im Wettbewerb um ihre Mitarbeiter Schritt halten will.
Die Vollbeschäftigung mit ihren hohen Löhnen hat neben den Vorteilen den Mißstand mit sich gebracht, daß nur noch wenige Menschen bereit sind, die schwere Arbeit auf den Höfen zu leisten. Die Arbeit liegt deshalb vielfach auch auf großen Höfen auf den Schultern der Familienmitglieder, denen damit entweder eine übermäßige Beanspruchung zugemutet oder eine kurzfristige Mechanisierung aufgezwungen wird. In der Mehrzahl der bäuerlichen Höfe fehlen aber zunächst die Voraussetzungen der Mechanisierung und Rationalisierung. Die Wirtschaftsgebäude sind vielfach unmodern, und deshalb sind Umbauten sehr schwierig. Neubauten sind teuer. Die Gesamtkosten für Umbau und Mechanisierung übersteigen neben den notwendigen Ausgaben für Meliorationen, Wegebauten, Wiederaufbau- der Viehbestände und Seuchenbekämpfung — von den normalen Betriebsausgaben ganz abgesehen — die finanziellen Möglichkeiten der Betriebe.
Wie der Wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in seinem Gutachten betont hat, konnte die Landwirtschaft am Kapitalmarkt dabei nur ungenügend versorgt werden. Ausreichende Möglichkeiten der Selbstfinanzierung sind ihr nicht geboten. Im Gegenteil, die an den jährlichen Wachstumsrhythmus gebundene Produktion bedingt einen langsamen Kapitalumsatz und erfordert finanzielle Vorleistungen, die erst im Laufe der Jahre im Betriebserfolg zum Ausdruck kommen. Unter diesen Umständen ist in den letzten Jahren selbst in an sich rentablen Betrieben eine ständige Illiquidität, teilweise sogar eine nicht ungefährliche kurzfristige Verschuldung entstanden, die das Wirtschaften außerordentlich erschwert und zu einer verständlichen Unruhe in der Landbevölkerung geführt hat.
Neben sich sieht die Landwirtschaft — und das ist nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine sehr starke psychologische Belastung — eine florierende gewerbliche Wirtschaft, die in der Lage ist, hohe Löhne zu zahlen, sich aber nicht in der Lage sieht, der Landwirtschaft die Produktionsmittel aus industrieller Fertigung zu Preisen anzubieten, die dem Indexstand der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise entsprechen würden.
Wir haben, 1938/39 = 100 gerechnet, im Jahre 1953/54 für die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise einen Indexstand von 195 gehabt, im folgenden Jahr 1954/55 einen Indexstand von 202. In beiden Jahren hatten wir aber für landwirtschaftliche Maschinen und Geräte einen Indexstand von 230.
Der Bericht der Bank deutscher Länder vom Januar 1956 sagt über die Entwicklung im letzten Jahr: Der Index für Ernährungskosten stieg im letzten Jahr um 1,7 %, der Index der Erzeugerpreise der Industrie um 2,6 %, der Index der Rohstoffe agrarischen Ursprungs um 2,6 % und der Index der industriellen Rohstoffe um 4,5 %. Die für die Landwirtschaft trotz der hohen Nachfrage nach Veredelungsprodukten ungünstige Entwicklung hält also an. Besonders müssen Sie dabei berücksichtigen, in welch außerordentlichem Umstellungsprozeß wir uns heute befinden. Aber nicht nur die ungünstige Situation hinsichtlich der Produktionsmittelpreise, auch der Abzug der Arbeitskräfte, die Zweckentfremdung der Werkwohnun-
gen und Landarbeitereigenheime und die Anpassung der Löhne an den Lohnstand der Industriearbeiter kennzeichnen die schwierige Lage der Landwirtschaft in der Hochkonjunktur.
Wenn sich im Gesamtrahmen unserer Wirtschaft derartige Spannungen entwickeln, ist es Aufgabe der Wirtschaftspolitik, für Abhilfe zu sorgen. Denn wie unser Volk — im Rahmen unserer vorläufigen Grenzen — ein Ganzes ist, so bildet auch unsere Wirtschaft einen einzigen zusammenhängenden und unlöslich miteinander verzahnten Komplex. Wenn ein so wichtiger Zweig der deutschen Wirtschaft wie die Landwirtschaft zurückbleibt oder kümmert, so leidet das Ganze nicht nur materiell, sondern auch moralisch und politisch. Kein Stand wird es auf die Dauer mit ansehen wollen, sich im Kreise der verschiedenen Berufszweige in eine Aschenbrödelrolle drängen zu lassen.
Das Zurückbleiben des landwirtschaftlichen Einkommens gegenüber dem gewerblichen Einkommen sehen wir aber nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen freien Welt. Welchen Opfern und Anstrengungen sich die wichtigsten Länder der freien Welt unterwerfen, um ihre Landwirtschaft gesund zu erhalten, welche wirtschaftlichen Bindungen sie im Rahmen einer Wettbewerbswirtschaft auf sich genommen haben, das können Sie ersehen aus der „Übersicht über Maßnahmen anderer Länder zur Hebung des landwirtschaftlichen Einkommens", die Ihnen in der Druckschrift „Zum Grünen Bericht" vorliegt.
Das Landwirtschaftsgesetz gibt der Bundesregierung auf, dem Bundestag und damit der deutschen Öffentlichkeit einen objektiven Bericht über die Situation der Landwirtschaft abzustatten. Der auf Grund des Landwirtschaftsgesetzes zu erstellende Bericht liegt Ihnen in einem umfangreichen Zahlenwerk vor. Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile: Teil I — Drucksache 2100 — ist der große Bericht, der die Erzeugungsgrundlagen der Landwirtschaft sowie die Stellung und Bedeutung der Landwirtschaft behandelt. Er ist dem Bundestag fristgerecht vor dem 15. Februar zugestellt worden. Die Abschnitte A und B zu Drucksache 2100 sind Ihnen heute übergeben worden. Dazu erhielten Sie die Druckschrift „Zum Grünen Bericht" mit der Übersicht über Maßnahmen anderer Länder, die ich eben erwähnte.
Der Abschnitt A behandelt die Maßnahmen der Bundesregierung, die sie zur Förderung der Landwirtschaft bis zum 15. Februar 1956 ergriffen hat, der Abschnitt B die Maßnahmen, die von der Bundesregierung durchgeführt werden sollen, um der Landwirtschaft die Teilnahme an der fortschreitenden Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft zu sichern.
Die für den ersten Bericht vorliegenden Unterlagen reichen zur Bildung eines vollgültigen Urteils über die Situation der Landwirtschaft und die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Betriebsgrößen noch nicht aus. Die Vergleichbarkeit wird durch folgende Umstände und Mängel beeinträchtigt.
Erstens. Zur Zeit liegen nicht 6- bis 8000 landwirtschaftliche Buchführungsergebnisse vor, sondern 5900, von denen rund 5000 zur Auswertung herangezogen werden konnten.
Zweitens. In den Betriebsgrößen von 5 bis 20 ha mit 655 000 Betrieben sind 1271 Buchführungsergebnisse ausgewertet worden. Die Anzahl der herangezogenen Betriebe unter 20 ha ist zu gering und daher nicht voll repräsentativ.
Drittens. Bei den bäuerlichen Betrieben konnte trotz unserer Bemühungen eine genaue Erfassung des betriebsnotwendigen Arbeitskräftebesatzes noch nicht vorgenommen werden.
Viertens. Auch die agrarstrukturellen Unterschiede und Nachteile konnten bei der Auswahl der Betriebe noch nicht voll berücksichtigt werden.
Die teilweise ungünstigen Wirtschaftsergebnisse der kleineren Betriebe lassen daher aus verschiedenen Gründen noch kein endgültiges Urteil zu. Es soll versucht werden, durch ergänzende wissenschaftliche Arbeiten für die nächsten Berichte größere Klarheit zu schaffen.
Da das Ministerium nicht nur 5000 buchführende Betriebe ausgewertet hat, sondern auch die Untersuchungen wissenschaftlicher Institute, Studiengesellschaften und Untersuchungen einzelner Wissenschaftler als Vergleichsmaterial herangezogen werden konnten, gewähren diese Unterlagen einen brauchbaren Einblick in die Ertragsverhältnisse unter den verschiedenen Wirtschaftsbedingungen. Sie reichen aber nicht aus, um eine exakte landwirtschaftliche Gesamtbilanz aufzustellen. Versucht man auf Grund aller verfügbaren Unterlagen eine derartige Gesamtberechnung durchzuführen so wird man auf einen Fehlbetrag von etwa 2 Milliarden DM kommen. In diesem Betrage sind aber die Verluste aus Betrieben mit unterdurchschnittlichen Produktionsbedingungen enthalten; diese dürfen nicht übersehen werden, sie sind jedoch sehr schwer zu schätzen.
Ich muß in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß wir in dem Bericht einen durchschnittlichen Arbeitslohn von 3500 DM für Frauen und Männer errechnet haben. Diese Zahl ist nicht willkürlich aus der Luft gegriffen, sondern wir haben vergleichbare Berufsgruppen für die Berechnung herangezogen: die Bauarbeiter, die Textilarbeiter, die Arbeiter der Berufsgruppe Steine und Erden sowie der metall-
und holzverarbeitenden Industrie. Daraus ergibt sich ein durchschnittliches Arbeitseinkommen von 3500 DM, und zwar für Männer von etwas -über 4000 DM und für Frauen von etwa 2700 DM. Sie werden mir zugeben, daß diese Vergleichslöhne nicht übertrieben hoch sind. Sie liegen aber um 29 % über den bisherigen landwirtschaftlichen Tariflöhnen und über denjenigen Löhnen, die laut Bericht in der heutigen Situation in der Landwirtschaft gezahlt werden.
Wenn wir nun aber — und das ist draußen in einzelnen Versuchen geschehen — das Jahreseinkommen pro Landarbeiter und pro Familienmitglied in der Vergleichsrechnung nur um 100 DM erhöhen, dann ergibt das eine Erhöhung des Fehlbetrags von 300 Millionen DM. Daraus können Sie ersehen, wie einfach es ist, große Minusbilanzen zu produzieren. Es wäre sehr wünschenswert, wenn man von diesen problematischen Rechnungen draußen in der Öffentlichkeit in vollem Umfang Abstand nehmen würde.
Wir haben so viel Zahlenmaterial zum Studium vorliegen; es reicht aus, um sich für die -nächsten Monate voll damit zu beschäftigen; es reicht aber nicht aus, um derartige problematische Bilanzen aufzustellen, Bilanzen von vielleicht 3,5 Milliarden
DM oder sogar 5 bis 6 Milliarden DM Unterdeckung, wie sie jetzt bei den Wahlkämpfen in Baden-Württemberg errechnet worden sind. Solche Bilanzen können nur den Sinn haben: erstens jede Hilfe der Bundesregierung, wie hoch sie auch sein mag, als völlig ungenügend erscheinen zu lassen,
zweitens: die Unruhe in der Landwirtschaft aufrechtzuerhalten und radikalen Elementen entgegenzukommen, und drittens: der Jugend innerhalb der Landwirtschaft, soweit sie noch keinen tieferen Einblick hat, die Freude am eigenen Beruf zu verleiden.
Man muß sich auch darüber klar sein, daß alle Versuche, von der Staatshilfe aus eine Verbesserung der Situation in der Landwirtschaft herbeizuführen, immer nur pari passu mit der Selbsthilfe verbunden sein können. Man kann auch nicht, wenn man etwa einen Fehlbetrag von 2 Milliarden DM ausrechnet, sagen, die Bundesregierung habe dafür zu sorgen, daß diese 2 Milliarden ausgefüllt würden, und es seien nach § 6 die notwendigen Einstellungen in den Bundeshaushalt zu machen. Wenn das so einfach wäre, dann hätte man diesen Weg vielleicht schon längst beschritten. Jede Agrarpolitik, die sich auf diesen Weg hinschieben läßt, wird zweifellos im Laufe der Jahre Schiffbruch erleiden.
In dem Bericht Drucksache 2100 ist dargelegt, daß der Vergleichsaufwand voll gedeckt ist in der Kategorie Zuckerrübenbetriebe sowie in den Betrieben der Gruppe Hackfruchtbau mit mehr als 50 ha und in den Hackfrucht-Getreidebaubetrieben über 50 ha in Nordwestdeutschland.
Meine Damen und Herren, nun werden Sie wissen wollen, wieviel Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche durch diese Gruppe von Betrieben gedeckt sind. Es sind ganze 8 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche, und nach der Zahl der Betriebe sind es vielleicht 6 %. Diese Gruppe ist also in ihrer Bedeutung so klein, daß wir sie bei den Maßnahmen nicht etwa besonders aussparen können, insbesondere deshalb nicht, weil, wie ich vorhin schon andeutete, im Jahre 1955 gerade die Zuckerrübenernte in Nordwestdeutschland besonders schlecht ausgefallen ist.
Der Vergleichsaufwand ist zweitens annähernd gedeckt — zu 80 bis 100 % — in den Gruppen Hackfruchtbaubetriebe bis zu 50 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, der Hackfrucht-Getreidebaubetriebe mit Ausnahme der Betriebsgrößenklasse unter 10 ha in Süddeutschland und der gleichen Betriebsgrößenklasse in der Einheitswertgruppe unter 1000 DM/ha. Weiter gehört auch die Gruppe der nordwestdeutschen Getreide-Hackfruchtbaubetriebe in diese Kategorie.
Der Vergleichsaufwand wird drittens nur zum Teil gedeckt — 70 bis 80 % — bei den GetreideHackfruchtbaubetrieben Süddeutschlands, den Hackfrucht-Getreidebaubetrieben aus den Betriebsgrößenklassen unter 10 ha und bei der Einheitswertgruppe unter 1000 DM/ha in Bayern sowie der Gruppe der Getreide-Futterbaubetriebe Nordwestdeutschlands.
Der Vergleichsaufwand wird viertens in wesentlichen Teilen nicht gedeckt — unter 70 % — in den Gruppen der Futterbaubetriebe, der HackfruchtFutterbaubetriebe sowie der Getreide-Futterbaubetriebe Süddeutschlands.
Sie erkennen daraus, daß in der Mehrzahl der Betriebe die Aufwands-Ertragsrechnung unter Berücksichtigung der Vergleichsposten keine Dekkung gefunden hat.
Nach dem Landwirtschaftsgesetz ist vorgeschrieben, daß Ihnen eine Aufstellung — in den Abschnitten A und B der vorliegenden Unterlage zu Drucksache 2100 — über das gegeben wird, was bisher von seiten der Bundesregierung geschehen ist, um diese Situation zu verbessern, und welche neuen Maßnahmen und neuen Etatmittel dem Bundestag vorgeschlagen werden.
Zu dem Abschnitt A, der alle Maßnahmen bis zum 15. Februar dieses Jahres aufführt, möchte ich im einzelnen keine Stellung nehmen. Er gibt ein umfangreiches Zahlenmaterial. Es würde im Rahmen dieser Ausführungen zu weit führen, Ihnen all diese Zahlen zu nennen. Ich möchte nur sagen: er wird die Mär, für die Landwirtschaft sei in den vergangenen Jahren von der Bundesregierung aus nichts geschehen, gründlich zerstören.
Diejenigen, die sich zur Zeit damit abgeben, Fehlbeträge der landwirtschaftlichen Bilanzen zu errechnen, mögen sich mit diesem Zahlenmaterial beschäftigen; dann werden sie für ihre Reden draußen in den landwirtschaftlichen Versammlungen Material genug haben.
Das Bedauerliche ist, daß man sehr häufig, wenn man draußen in die landwirtschaftlichen Versammlungen kommt, feststellen muß, daß das, was seit Monaten für die Landwirtschaft geschehen ist, bis auf den heutigen Tag bei den einzelnen nicht bekannt ist.
Die neuen Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage, die die Bundesregierung dem Bundestag und Bundesrat hiermit vorschlägt, will ich im einzelnen hier aufführen und kurze Anmerkungen dazu machen.
Diese Maßnahmen stellen Förderungsmaßnahmen dar, die auf die Verminderung der Betriebsausgaben, auf die produktivere Gestaltung der landwirtschaftlichen Erzeugungs- und Absatzmethoden und auf die Verbesserung der Agrarstruktur hinwirken sollen. Außerdem sollen auf dem Lande günstigere Arbeits- und Sozialverhältnisse und eine Stärkung der Möglichkeiten zur Selbsthilfe durch Ausbildung und Beratung herbeigeführt werden.
Zunächst die Maßnahmen zur Verminderung der Betriebsausgaben: Die landwirtschaftlichen Produkte sollen beim Erzeuger von der Umsatzsteuer freigestellt werden, wodurch eine Erlösverbesserung für die Landwirtschaft um etwa 190 Millionen DM eintreten wird.
Es ist mir hier der Einwand gemacht worden, die Befreiung von der Umsatzsteuer komme den Kleinbetrieben nicht zugute. Meine Damen und Herren, Sie brauchen sich nur einmal die Zahl derjenigen Betriebe zu merken, die mehr als 5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche haben. Wir haben — bei insgesamt 1,3 Millionen hauptberuflich betriebenen Landwirtschaften — 780 000 Betriebe
mit mehr als 5 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Umsatzsteuer zahlen aber 930 000 Betriebe. Das heißt also: von den Betrieben, die kleiner sind als 5 ha, zahlen noch 150 000 Umsatzsteuer.
Ich glaube nicht, daß man danach behaupten kann, die Beseitigung der Umsatzsteuer erstrecke sich nicht auf die Kleinbetriebe.
Sodann soll die Betriebsbeihilfe für Dieselkraftstoff erhöht werden. Der Preis für Dieselkraftstoff liegt für die Landwirtschaft unter Berücksichtigung der auf Grund des Verkehrsfinanzgesetzes gewährten Beihilfe zwischen 33,7 und 36,2 Pf je Liter. Um einen Preis zu erreichen, der dem in anderen europäischen Ländern vergleichbar ist, erscheint eine weitere Senkung angebracht. Der Dieselkraftstoffpreis beträgt in der Schweiz 30,7 Pfennig pro Liter, in Österreich 34,1 Pfennig, in Frankreich 44,4 Pfennig pro Liter. In den Ländern Europas aber, mit denen wir, insbesondere bei einem kommenden gemeinsamen europäischen Markt, in Konkurrenz liegen, wie in Belgien, Holland und Dänemark, liegen die Preise bei 17,2 bis 18,5 Pf.
Die Senkung soll durch Fortfall des Zolls und der Umsatzausgleichsteuer erreicht werden. Unter Berücksichtigung der Inlandserzeugung von Dieselkraftstoff errechnet sich die Belastung durch Zoll und Umsatzausgleichsteuer auf 7,75 Pf je Liter. Bei einem Verbrauch von 440 000 t ergibt sich eine Ausgabenminderung für die Landwirtschaft in Höhe von 40,1 Millionen DM.
Erlaß der Lastenausgleichsabgabe für bestimmte Niederungsgebiete, insbesondere diejenigen, die unter den Marschenerlaß fallen, auf drei Jahre: Die besondere Lage der Grünlandbetriebe in bestimmten Niederungsgebieten, insbesondere in den Marschen, erfordert zusätzliche steuerliche Erleichterungen, die diesen Betrieben nach noch zu erlassenden Richtlinien durch Erlaß der Lastenausgleichsabgabe auf drei Jahre zu gewähren sind. Der Jahresbetrag wird nach vorläufigen Schätzungen rund 16 Millionen DM betragen, die dem Lastenausgleichsfonds aus Mitteln des Haushalts zu erstatten sind.
Wir haben in jahrelanger Arbeit versucht, denjenigen Betrieben, die durch die heutige Situation in der Landwirtschaft besonders betroffen sind, nämlich den ausgesprochenen Futterbaubetrieben in den Marschen an der Nordküste Niedersachsens wie der Westküste Schleswig-Holsteins und in manchen gebirgigen Teilen Deutschlands, zu helfen. Dabei hat sich die Lastenausgleichsabgabe wegen der sehr hohen Einheitswerte, die dort für die Grundstücke festgelegt sind, als besonders belastend herausgestellt. Es war nicht möglich, die Lastenausgleichsabgabe etwa an den Schluß der Zahlungsperiode anzuhängen oder inzwischen zu stunden und auf die restlichen Termine zu verteilen; es war nur möglich, diese Betriebe durch die Übernahme der 16 Millionen DM auf den Etat auf drei Jahre zu entlasten. Dadurch werden natürlich hauptsächlich Niedersachsen und Schleswig-Holstein entlastet werden.
Eine Reihe von Betrieben ist mit kurzfristigen Krediten zu hohen Zinssätzen übermäßig verschuldet. Erforderlich ist die Ablösung eines Volumens kurzfristiger Kredite in Höhe von 1 Milliarde DM. Eine Konsolidierung dieser Verpflichtungen erscheint geboten, weil die Betriebe durch den hohen Zinssatz liquiditätsmäßig belastet und durch die jederzeit drohende Fälligstellung gefährdet sind. Zur Herabsetzung der Zinsbelastung sind 40 Millionen DM vorgesehen.
Die Maßnahmen zur Senkung der Betriebsausgaben bedürfen der Ergänzung durch solche, die eine produktivere Gestaltung der Erzeugungs- und Absatzmethoden bezwecken. Sie sind im wesentlichen „gezielte" Maßnahmen, die in erster Linie solchen Betrieben zugute kommen werden, bei denen der Aufwand unter Berücksichtigung der Vergleichswerte gemäß § 4 des Landwirtschaftsgesetzes — vergleichbare Entlohnung der Arbeitskräfte einschließlich der mitarbeitenden Familienangehörigen, Betriebsleiterzuschlag, Kapitalverzinsung — nicht durch den Ertrag gedeckt ist. Darüber hinaus ist eine Reihe von Maßnahmen unerläßlich, die das Ziel verfolgen, eine Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungskraft des Dorfes, insbesondere in übervölkerten und verkehrsentlegenen Bezirken, herbeizuführen. Die hier in Frage stehenden Maßnahmen werden sich auf die bäuerliche Betriebswirtschaft und die allgemeinen Lebensverhältnisse, insbesondere auf die Entlastung der bäuerlichen Hausfrau, günstig auswirken. Bezirke, in denen Kleinbauern, Bergbauern und strukturgeschädigte Betriebe besonders hervortreten, werden bei der Durchführung aller gezielten Maßnahmen bevorzugt berücksichtigt.
Zunächst die Verbilligung und die Steigerung der Handelsdüngerverwendung. Die angestrebte Verbesserung der Produktivität der Landwirtschaft setzt eire Steigerung der Produktion und diese wieder eine vermehrte Anwendung von Handelsdinger voraus. Das ist allein mit den Mitteln der Wirtschaftsberatung nicht zu erreichen. Eine fühlbare Senkung der auf Handelsdünger entfallenden Betriebsausgaben, und zwar um 20 % des Preises für den gesamten Handelsdüngeraufwand, erscheint deshalb notwendig. Sie bedeutet eine Entlastung der Landwirtschaft um 226 Millionen DM pro Jahr.
An dieser Verbilligung wird sich ein Teil der Handelsdüngerindustrie auch selbst beteiligen. Es war vorgesehen, die gesamte Handelsdüngerindustrie, wenigstens die Stickstoffindustrie, die Kaliindustrie und die Phosphatindustrie, teilnehmen zu lassen. Bisher haben sich aber nur die Thomasmehlerzeuger dazu bereit erklärt, ohne Rücksicht darauf, ob die anderen Gruppen der Handelsdüngererzeuger mitgehen. Dabei handelt es sich hier natürlich nicht um solche Beträge, wie der Bund sie zur Verfügung stellen kann. Der Handelsdüngerindustrie war vorgeschlagen worden, im ersten Jahr zusätzlich 2 1/2 % — das hätte für den gesamten Handelsdünger schon 28 Millionen DM ausgemacht —, im zweiten Jahr 4 % und im dritten Jahr 5 % zu bewilligen. Die Kaliindustrie konnte sich bisher nicht entschließen, wird aber im Laufe dieses Jahres ihren Beschluß mitteilen. Die Stickstoffindustrie hat ebenfalls noch nicht eine positive Erledigung dieser Anfrage ermöglichen können. Wir hoffen aber, daß sich diese Industrien der Aufforderung nicht verschließen werden.
Zur Frage der Milchwirtschaft: Für die Zusammenlegung unwirtschaftlich arbeitender Molkereibetriebe und eine entsprechende Beratung der
Milchwirtschaft sowie zur Förderung einer stärkeren Beteiligung der kleinbäuerlichen Betriebe an den Milchkontrollvereinen sind auf die Dauer von mehreren Jahren Zuschüsse in Höhe von jährlich 10 Millionen DM veranschlagt. Die bereits laufende Zinsverbilligung für Molkereikredite um 2 %, mit der Kredite in Höhe von 100 Millionen DM verbilligt werden können, bleibt davon unberührt und wird fortgesetzt.
Zur Verbesserung der Milchqualität sind Beihilfen für die Anschaffung von Kühleinrichtungen ins Auge gefaßt. Vorgesehen ist ein Zuschuß des Bundes in Höhe von 6 Millionen DM. Einzugsgebiete von Molkereien, die die Sicherung einer geschlossenen Kühlkette gewährleisten, werden bevorzugt berücksichtigt.
Wir haben im Jahre 1954 in den Milchkontrollverbänden der Länder 1,6 Millionen Kühe auf ihren Leistungsstand überprüfen können. Im ganzen bedürfen aber 5,6 Millionen Kühe dieser Überprüfung. Der durchschnittliche Kuhbestand in den Kontrollverbänden ist bis heute 8 Kühe pro Betrieb, d. h. also, daß in den Kontrollverbänden die mittleren und größeren Betriebe zusammengeschlossen sind, die eine Leistung von rund 1200 Litern pro Jahr und Kuh mehr aufweisen als diejenigen Betriebe, die nicht den Leistungsverbänden angeschlossen sind. Das ist bei einem Durchschnittsertrag von etwas über 3000 Litern pro Jahr eine enorme Ertragssteigerung. Die Mitgliedschaft bei den Kontrollverbänden kostet aber pro Kuh 16 DM im Jahr; es sind damit erhebliche Kosten verbunden. Für einen Kleinbetrieb mit einem Bestand von 5 Kühen bedeutet das also rund 80 DM im Jahr. Wir werden den Landeskontrollverbänden die entsprechenden Zuschüsse geben, um auch den Kleinbetrieben die Teilnahme an dieser wichtigen Arbeit — Fütterungsberatung, Feststellung der Erträge bei der einzelnen Kuh usw. — zu ermöglichen.
Es ist vorgesehen, Kühlapparate und Kühlzellen in den einzelnen Betrieben oder in den Dörfern für die Verbilligung der Milch aufzustellen. Dazu ist folgendes zu sagen. Wenn die Milch von der Kuh kommt, ist sie sehr keimarm. Wenn sie sofort unter 9 Grad C gekühlt wird, entwickeln sich die Keime, weder schädliche noch günstige, nicht weiter. Fällt die Temperatur unter 6 Grad C, sterben die Keime ab. Sie können sich also vorstellen, welch ungeheure Verbesserung man durch Schaffung einer Kühlkette vom Stall des einzelnen Bauern bis zur Molkerei für die Trinkmilch erreichen kann. Die Maßnahmen dienen sowohl dem Erzeuger wie dem Verbraucher.
Für die Seuchenbekämpfung, insbesondere zur Bekämpfung der Tbc und der Brucellose, sind 20 Millionen DM Bundeszuschüsse vorgesehen. Schon im letzten und im vorletzten Jahre hat die Bundesregierung je 10 Millionen DM für die Seuchenbekämpfung gezahlt. Die Länderzuschüsse betrugen im gleichen Zeitraum in 1954 20 Millionen und in 1955 28,5 Millionen. Die Länder haben sich also an dieser Bekämpfung in sehr beachtenswerter Weise beteiligt.
In Kleinbetrieben kostet die Anlage eines Futtersilos pro Kubikmeter Siloraum 15 Mark mehr als in mittleren und größeren Betrieben wegen der kleineren Anlage. Wir werden den kleinen Bauern die 15 Mark pro Kubikmeter durch Zuschüsse zuweisen müssen.
Für die Durchführung von Schulmilchspeisungen werden vom Bunde ebenfalls 6 Millionen DM zur Verfügung gestellt, allerdings unter der Voraussetzung, daß sich die Länder und die Gemeinden mit je 6 Millionen pro Jahr beteiligen werden.
Nun kommt die gesteigerte Anwendung von hochwertigem Pflanz- und Saatgut. Wir haben bei uns im Kartoffelbau folgende Situation: Bei schlechten Ernten werden immer größere Bezirke zu der Versorgung mit Eßkartoffeln herangezogen. Infolgedessen glaubt ein großer Teil der Bauern immer noch, er könnte jedes Jahr Eßkartoffeln verkaufen. In der Regel wird dadurch aber bei normalen Ernten eine solche Überfüllung des Marktes herbeigeführt, daß ein Preisdruck entsteht. Wir- würden mit 26 % der Kartoffelanbaufläche den gesamten Eßkartoffelbedarf decken können, und wenn wir auf dem übrigen Teil der Fläche stärkereiche Kartoffelsorten anbauten, dann könnten wir pro Hektar der Fläche 500 Kilo Schweinefleisch mehr erzeugen, ohne ein Quentchen neuen Aufwand. Wir brauchten nur diese Einsicht zu fördern, damit möglichst viel stärkereiche Futterkartoffeln angebaut werden. Wir wollen durch die Bereitstellung von öffentlichen Mitteln erstens ein größeres Angebot von Pflanzkartoffeln und zweitens eine größere Nachfrage durch Verbilligung der Pflanzkartoffeln herbeiführen.
Dasselbe geschieht natürlich auch auf dem Gebiet der Getreidesaaten. Wir bringen durch besseres Saatgut und Pflanzgut ohne Neuaufwendungen, ohne Steigerung der Kunstdüngeranwendung, ohne eine Verbesserung der gesamten ackerwirtschaftlichen Bearbeitung Mehrerträge heraus.
Der heimische Obst- und Gemüsebau bedarf besonderer Stützung, um sich gegen den wachsenden Einfuhrdruck behaupten zu können. Das soll erfolgen durch Förderung der Absatzeinrichtungen und der Qualitätserzeugung. Vorgesehen ist die Ausmerzung veralteter Bestände im Obstbau sowie die Anlage von Kühlhäusern für Obst- und Gemüse und die Einrichtung von gemeinschaftlichen Sortieranlagen und Verladekontrollen. Eine größere Zahl von gemeinschaftlichen Sortieranlagen und Verladekontrollen soll auch in den Hauptversand-gebieten für Speisekartoffeln eingerichtet werden. Die Bereinigung von Obsterzeugungsanlagen soll durch eine Rodungsaktion im großen eingeleitet werden. Für diese Maßnahmen will die Bundesregierung 10 Millionen DM als Zuschüsse und 5 Millionen DM als Kredite zur Verfügung stellen. In manchen Teilen Deutschlands wird sich der Obstbau und der Gemüsebau, besonders aber der erste, nicht modernisieren und rentabel gestalten lassen, ohne zunächst eine allgemeine Bereinigung der Bestände vorzunehmen. Andere Länder bezahlen für die Rodungsaktionen Prämien. Wir wollen dieses Beispiel nachahmen. Wir wollen aber beim Neuaufbau von Plantagenobstbeständen mit größter Vorsicht vorgehen.
Wir haben im Jahre 1949 etwa 70 000 Schlepper in Deutschland gehabt und haben heute etwa 450 000. Wir haben dabei eine Unzahl von schweren Anbaugeräten, um mehrere Arbeitsgänge gleichzeitig auf dem Acker durchführen zu können und dabei Arbeitskräfte zu sparen. Was nützen den Bauern in denjenigen Gemeinden, in denen z. B. Niederungsmoor oder leicht aufweichbarer Boden — Lehmboden, Lößboden usw. — vorhanden
ist und die Feldwege nur mit einer Grasnarbe geschützt werden können, diese Wege, wenn keine gehärteten Decken für sie vorhanden sind. Die schweren Maschinen gehen bis an die Achsen in den Morast. Deshalb müssen schon aus diesem Grunde Schlepper angeschafft werden, die eine wesentlich höhere Motorenstärke haben. Wir wollen daher durch eine Verstärkung des Wirtschaftswegebaues, und zwar durch eine Vermehrung um 8- bis 10 000 km pro Jahr, dafür sorgen, daß diesem Umstand Rechnung getragen wird. Dabei will sich der Bund mit 35 Millionen DM Krediten und 35 Millionen Zuschüssen beteiligen unter der Voraussetzung, daß die Länder und Gemeinden auch je 35 Millionen DM aufbringen.
Die Verstärkung der elektrischen Überlandnetze und die Durchführung der Restelektrifizierung ist wirtschaftlich von entscheidender Bedeutung, weil ohne Einsatz von Elektromotoren eine Rationalisierung und Mechanisierung der Hofwirtschaft unmöglich ist. Wir haben in Süddeutschland Bezirke, wo, wenn eine Dreschmaschine im Dorfe läuft und ein weiterer Elektromotor angestellt wird, sofort die Funken aus dem Apparat schlagen. In manchen Dörfern werden diejenigen, die weitere Elektromotoren anstellen, wenn bereits welche laufen, bestraft. Unter diesen Umständen von einer Rationalisierung oder Mechanisierung der Hofarbeit zu sprechen oder von einer Entlastung der Hausfrau, ist völliger Unsinn. Die Restelektrifizierung und die Verstärkung der Netze müssen also in kurzer Zeit durchgeführt werden. Vom Bund aus sind 15 Millionen DM Zuschüsse und 20 Millionen DM Kredite vorgesehen unter der Voraussetzung, daß sich die Gemeinden und die Elektrizitätsversorgungsunternehmen dabei beteiligen. Dazu werden noch ERP-Kredite zur Verfügung gestellt.
Die Zinsverbilligung für Neu- und Umbauten landwirtschaftlicher Gebäude, die sich schon bisher außerordentlich bewährt hat, soll auf 12 Millionen DM verdoppelt werden. Wir haben die Umbauten und Neubauten landwirtschaftlicher Gebäude schon mit den bisherigen Zinsverbilligungen außerordentlich fördern können. Wir haben im Interesse gerade der klein- und mittelbäuerlichen Betriebe in denjenigen Bezirken, in denen nicht sofortige Umlegungen erfolgen können, den Betrag verdoppelt.
Für die Förderung der gemeinschaftlichen Anwendung von Maschinen und Einrichtungen wird der Betrag auch um 3 Millionen DM erhöht. Hiermit sollen insbesondere diejenigen Apparaturen verbilligt werden, die geringe Serienzahlen aufweisen, wie z. B. Grabenräummaschinen für Bezirke an der Küste oder Hopfenpflückmaschinen und ähnliche. Es sollen aber auch zinsverbilligte Kredite für diejenigen Maschinen gegeben werden, die gemeinsam benutzt werden. Wir haben Maschinen wie z. B. Mähdrescher, Kartoffelvollroder und ähnliche, die so viele—von einem mittel- oder kleinbäuerlichen Betriebe allein nicht voll ausnutzbare — Arbeitsreserven in sich haben, daß wir demjenigen, der diese Maschinen anschafft und sie im Interesse der übrigen Gemeindemitglieder anwendet, entsprechende Zinsverbilligungen zufließen lassen wollen.
Aus Gründen der Raumordnung, die bei Begründung von Betriebsstätten gewerblicher Natur die Bezirke mit einsatzbereiten Arbeitskräften berücksichtigt und eine weitere Massierung von Menschen in Großstädten vermeidet, fördert die Bundesregierung die Errichtung gewerblicher und industrieller Betriebe in ausgesprochen kleinbäuerlichen Bezirken. Dadurch werden für ländliche Arbeitskräfte, insbesondere für die in Kleinbetrieben vielfach nicht oder nicht voll ausnutzbaren Familienarbeitskräfte, zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten geschaffen. Zugleich wird die Wirtschaftskraft der verkehrsentlegenen Dörfer wesentlich gestärkt werden. Für diesen Zweck ist im Etat eine besondere Summe nicht vorgesehen. Aber die Anträge, die von den Ländern in dieser Richtung an die Bundesregierung gestellt werden, werden auf entsprechendes Verständnis stoßen. Denn das Wirtschaftsministerium und zweifellos auch das Finanzministerium sind bereit, die Investitionen der Betriebe für diesen Zweck entsprechend zu unterstützen.
Daß die Verbesserung der Agrarstruktur in diesem Rahmen nicht fehlen kann, ist selbstverständlich.
Für Flurbereinigung, Aufstockung und Aussiedlung inner- und außerhalb der behördlichen Verfahren sind daher von seiten des Bundes 20 Millionen DM Zuschuß und 60 Millionen DM an unverzinslichen Krediten vorgesehen, wobei natürlich auch eine Beteiligung der Länder erwartet wird.
Dazu kommt eine Erhöhung des Bundeswasserwirtschaftsfonds um 15 Millionen DM an Zuschüssen und 10 Millionen DM an Krediten. Die Mittel sollen in erster Linie für landeskulturelle Vorhaben im norddeutschen Niederungsgebiet — für Maßnahmen hinter den Deichen — und in Süddeutschland Verwendung finden.
Dann kommt die Gruppe der Maßnahmen, die eine Verbesserung der landwirtschaftlichen Arbeits- und Lebensverhältnisse vorsieht. Hierher gehören die Wasserversorgung, die Kanalisation, die Abwässerbeseitigung und -verwertung. Hier herrschen auf dem Lande vielfach noch völlig unvertretbare Zustände. Man redet so viel von der Entlastung der Bauersfrau. Man beklagt so sehr, daß sie eine sehr kurze Lebenserwartung hat. Wir haben aber die Tatsache zu verzeichnen, daß 40 % aller Höfe keine eigene Wasserversorgung haben.
Das gesamte Wasser für Vieh und Menschen wird von der Bauersfrau, dem Bauern oder den Kindern vom Brunnen bis zum Stall oder bis zur Küche herangeschleppt. 40 % ist, glaube ich, eine recht eindrucksvolle Zahl.
Was das arbeitswirtschaftlich, rentabilitäts- und gesundheitsmäßig im Gefolge hat, werden Sie sich vorstellen können. Vom Bund sind für diese Zwecke an Zuschüssen 20 Millionen DM und an Krediten 10 Millionen DM vorgesehen. Außerdem werden gerade für diesen Zweck erhebliche ERP-Mittel zur Verfügung gestellt.
Durch Verträge mit der italienischen Regierung ist für die Versorgung der Landwirtschaft mit italienischen Saisonarbeitern im Jahre 1956 gesorgt worden.
Die Förderung des Baues von Landarbeitereigenheimen und Werkwohnungen wird laufend betrieben. Die Zweckentfremdung von Werkwoh-
nungen für landwirtschaftliche Arbeitnehmer und auch von Landarbeitereigenheimen, deren Bau vom Staat unterstützt worden ist, hat aber dazu geführt, daß manche Höfe, die tadellose Werkwohnungen hatten und die auch den Bau erstklassiger Landarbeitereigenheime mit eigenen Mitteln unterstützt hatten, keine einzige Wohnung für Landarbeiter mehr frei haben. Die Zweckentfremdung besteht darin, daß die Arbeiter, die in diesen Wohnungen wohnen, in die Industrie gegangen sind. Ich bin vor kurzer Zeit mit meinem Auto zufällig vor einem Hof von 500 Morgen liegengeblieben. Dieser Hof hatte fünf Landarbeiterwohnungen, und alle fünf waren zweckentfremdet.
Ihre Bewohner waren in die Industrie gegangen.
Von der Bundesregierung ist für die Freimachung dieser Werkwohnungen ein Betrag von 50 Millionen DM eingesetzt worden, aber nicht im Etat des Landwirtschaftsministeriums, sondern im Etat des Wohnungsbauministeriums.
Zur allgemeinen Angleichung der Sozialleistungen der in der Landwirtschaft Beschäftigten an die vergleichbarer Berufsgruppen wird eine Verbesserung der Geldleistungen in der Sozialversicherung durch Bewertung der Naturallöhne zu Marktpreisen und eine Verbesserung der landwirtschaftlichen Unfallrenten durch angemessene Bewertung der Jahresarbeitsverdienste angestrebt. Der gesetzliche Jugendarbeitsschutz soll sich künftig auch auf die Landwirtschaft erstrecken.
Die überkommene Form der Altersversicherung — nach der ihre Höfe abgebende Bauern lediglich ein sogenanntes Ausgedinge erhalten — reicht für manche mittleren und fast alle kleinen Betriebe nicht mehr aus. Die rechtzeitige und geschlossene Hofübergabe unterbleibt häufig, weil der Hof die Altenteilslasten nicht tragen kann. In Realteilungsgebieten ist die Übergabe des Hofes nach wie vor mit einer Übereignung von Grundstücken an die weichenden Erben, d. h. also mit einer neuen Flurzersplitterung verbunden. Die Bundesregierung prüft daher die Möglichkeit, gleichzeitig mit der Durchführung der geplanten Sozialreform eine Altersversorgung der bäuerlichen Bevölkerung einzurichten, wobei die Versicherungsform für den einzelnen frei wählbar bleiben soll.
Ich bin mir aber klar darüber, daß wir eine allgemein wirksame Alterssicherung gerade für die mittleren und kleinbäuerlichen Betriebe nicht erreichen, wenn wir nicht eine Versicherungspflicht einführen, daß sich also jeder wenigstens irgendwie versichert haben muß;
wo und wie, soll ihm überlassen bleiben. Dann wird sich selbstverständlich die billigste Versicherung — und das kann natürlich nur eine Umlagenversicherung sein — durchsetzen. Wenn wir aber an dem heutigen Zustand nichts ändern, werden wir die Alterssicherung niemals erreichen.
Der Landjugendplan zur beruflichen Förderung und staatspolitischen Bildung der Jugend auf dem Lande wird auch im Haushaltsjahr 1956 fortgesetzt werden. Die hierfür im Bundesjugendplan veranlagten Mittel — im Bundesministerium des Innern — sind auf 2 Millionen erhöht worden.
Ausbildung und Beratung beeinflussen die Ertragslage der Landwirtschaft auf längere Sicht.
Daß Wissen und Können der Betriebsleiter von entscheidender Bedeutung für das Betriebsergebnis sind, geht allein daraus hervor, daß die Betriebsergebnisse der 180 000 Betriebe der ehemaligen Landwirtschaftsschüler im allgemeinen über dem Durchschnitt des Bundesgebietes liegen. In denjenigen Betrieben, die sich die Wirtschaftsberatung zunutze machen, sind große Erfolge erzielt worden. So konnten beispielsweise in den Jahren 1949 bis 1953 im Durchschnitt von rund 2300 Betrieben nicht nur eine wesentliche Steigerung der Roherträge, sondern in der Regel auch eine Erhöhung des Reinertrags erreicht werden. Ins Gewicht fallende Möglichkeiten einer Steigerung der Leistungen liegen in der Erhöhung der Milchleistung je Kuh, wie ich eben schon angeführt habe. — Zur Verbesserung der Allgemeinbildung auf dem Lande, der landwirtschaftlichen Berufsausbildung und der Wirtschaftsberatung will die Bundesregierung eine zusätzliche jährliche Beihilfe in Höhe von 10 Millionen DM zur Verfügung stellen.
Die Bundesregierung beabsichtigt, die vorgesehenen Maßnahmen unverzüglich in Angriff zu nehmen und beschleunigt durchzuführen. Es ist deshalb von größter Bedeutung, daß die Länder, in deren Zuständigkeit die Mehrzahl der vorgesehenen Maßnahmen liegt, durch eine ihren Kräfteverhältnissen entsprechende Mehrleistung diese Aktion nachdrücklich unterstützen.
Meine Damen und Herren, nach dieser Gesamtübersicht will die Bundesregierung aus ihren Mitteln einen Betrag von 896 Millionen
im kommenden Rechnungsjahr zur Verfügung stellen. Davon sind 706 Millionen Zuschüsse und Fortfall von Umsatzsteuer und Zoll bei Dieselkraftstoff sowie 140 Millionen als Kredite und 50 Millionen als Wohnungsbaukredite — im Etat des Wohnungsbauministers — vorgesehen. Das ergibt zusammen 896 Millionen. Einschließlich der ERP-Kredite, der Zuschüsse und der Kredite der Länder umfaßt dieses Entwicklungsprogramm einen Betrag von über einer Milliarde DM.
Die Bundesregierung hat dieses Entwicklungsprogramm nicht im Sinne einer Glasglockenhilfe aufgestellt, die vor Gefahren bewahrt und damit auch die Verantwortung und Selbständigkeit des einzelnen mindert. Die Aktion soll vielmehr den Glauben der bäuerlichen Bevölkerung an sich selbst wieder stärken und ihr damit neuen Mut geben zur Weiterführung ihrer schweren Aufgabe. Die Last der Arbeit und die Verantwortung für die richtige Art der Betriebsführung kann und will die Bundesregierung niemandem abnehmen; denn der einzelne Bauer bewirtschaftet seinen Hof in voller Selbstverantwortung. Befriedigung und Glück fließen nur aus der selbständigen Entfaltung der eigenen Kräfte.
Die Möglichkeit, in unserer Agrarpolitik ein Beispiel zu bieten, stellt Westdeutschland mitten in die heutige Weltpolitik, und zwar vor die Aufgabe, in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zwischen Ost und West unser euröpäisches Agrarsystem als überzeugende Lösung anzubieten.
Im friedlichen Wettbewerb mit den staatlichen Großbetrieben des Ostens werden wir beweisen, daß unsere bäuerliche Struktur im doppelten Sinne überlegen ist: in sozialer Hinsicht durch Erhaltung eines breiten Fundaments selbständiger Berufe und in wirtschaftlicher Hinsicht durch höhere Produktivität und damit die Möglichkeit, den Nahrungsbedarf der Menschen wirklich zu befriedigen.