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ID0212801800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Februar 1956 6661 128. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Februar 1956. Mitteilung über Vorlage von Berichten über die Preise bei militärischen Aufträgen (Drucksache 2073) und über die Frage der finanziellen Maßnahmen zur Erneuerung und zum Ausbau der Schiffahrt- und Fischerei-Tonnage (Drucksache 2076) . . 6661 C Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Eingliederung von Flüchtlingen, Vertriebenen, Evakuierten und Heimkehrern (Drucksache 1961) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Politik der Bundesregierung in den Angelegenheiten der Vertriebenen, Sowjetzonenflüchtlinge und Evakuierten (Drucksache 1896), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache 1965) und mit der Ersten Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Ausgleichsleistungen an Sowjetzonenflüchtlinge (Drucksache 1966) 6661 C Kuntscher (CDU/CSU), Anfragender 6661 D Dr. Dr. Oberländer, Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte . . . . 6667 C, 6685 A Jaksch (SPD), Antragsteller 6680 A, 6682 A, 6691 C Niederalt (CDU/CSU) 6682 A Dr. Klötzer (GB/BHE), Antragsteller 6685 B Dr. Hellwig (CDU/CSU) . . 6687 D, 6691 C Rehs (SPD) 6692 B Dr. Czermak (FDP) 6696 A Weiterberatung vertagt 6698 C Nächste Sitzung 6698 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6698 C Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Lulay 7. 4. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 1. 4. Dr. Kopf 31. 3. Böhm (Düsseldorf) 3. 3. Graaff (Elze) 3. 3. Dr. Hammer 3. 3. Mensing 1. 3. Meitmann 29. 2. Peters 29. 2. Dr. Starke 28. 2. Dr. Eckhardt 25. 2. Glüsing 25. 2. Mellies 25. 2. Dr. Pohle (Düsseldorf) 25. 2. Schmidt (Hamburg) 25. 2. Srock 25. 2. Gleisner (Unna) 18. 2. Hörauf 13. 2. Dr. Arndt 11. 2. Bauer (Wasserburg) 11. 2. Eberhard 11. 2. Kriedemann 11. 2. Dr. Lenz (Godesberg) 11. 2. Maier (Stuttgart) 11. 2. Morgenthaler 11. 2. Pelster 11. 2. Siebel 11. 2. Bauknecht 10. 2. Frau Beyer (Frankfurt) 10. 2. Dr. Blank (Oberhausen) 10. 2. Even 10. 2. Gockeln 10. 2. Hilbert 10. 2. Kemper (Trier) 10. 2. Lemmer 10. 2. Dr. Miessner 10. 2. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 10. 2. Müller-Hermann 10. 2. Naegel 10. 2. Raestrup 10. 2. Scheel 10. 2. Frau Dr. Steinbiß 10. 2. Dr. Will 10. 2. Dr. Berg 9. 2. Fuchs 9. 2. Geritzmann 9. 2. Hansen (Köln) 9. 2. Heiland 9. 2. Kinat 9. 2. Kühlthau 9. 2. Dr. Mocker 9. 2. Dr. Schellenberg 9. 2. Schmitt (Vockenhausen) 9. 2. Dr. Schranz 9. 2. Spörl 9. 2. Graf von Spreti 9. 2. Sträter 9. 2. Varelmann 9. 2. Dr. Welskop 9. 2. Wolf (Stuttgart) 9. 2. b) Urlaubsanträge Ladebeck 10. 3. Dr. Orth 10. 3. Dr. von Merkatz 10. 3. Krammig 25. 2. Odenthal 18. 2.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Fritz Hellwig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich glaube, daß wir damit nicht weiterkommen, Herr Kollege Jaksch. Das Problem ist doch, daß bei der Kapazität, die dem für Umsiedler bestimmten Wohnungsbau kapital-und leistungsmäßig zur Verfügung steht, dieser in Konkurrenz mit anderen Vorhaben, z. B. für die industrielle Produktion in diesen Bezirken, tritt. Ich erwähne den Bergarbeiterwohnungsbau. Das sind ebenso wichtige Angelegenheiten, und je mehr Sie diese Dinge in die industriellen Ballungszentren hineinbringen, um so schärfer wird die Konkurrenz der anderen Vorhaben in diesen Bezirken. Ich glaube, wir sollten uns hier aber in der Aufforderung an den Herrn Bundeswirtschaftsminister einigen, aus diesem und noch aus vielen anderen Gründen, über die an anderer Stelle einmal ausführlicher gesprochen werden sollte, dem Problem der industriellen Aussiedlung nunmehr eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der DP.)

    Hier kommen viele Dinge zusammen. Wir haben das Problem der landwirtschaftlichen Notstandsgebiete, wir haben das Problem der Grenz- und Zonenrandgebiete, und wir haben das Problem der Flüchtlingsabgabeländer. Wenn nun die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung ohnehin allmählich an ihre Grenze in der Arbeitskräftesituation gestoßen ist, sollten wir gerade bei der Industrie selbst das eigene Interesse an der Aussiedlung in derartige Bezirke wecken und fördern. Wir erwarten, daß hierfür wirklich einmal eine Initiative von diesem Hause und von der Bundesregierung ausgeht.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU und bei der DP.)

    Abschließend noch eine Bemerkung, die von dem rein Ökonomischen wieder zum Menschlichen zurückführen soll. Die Leistungen, die in materieller Gestalt an die Vertriebenen und Flüchtlinge ausgeschüttet werden konnten und weiter ausgeschüttet werden, sind minimal im Verhältnis zu dem, was verlorengegangen ist. Wir alle sollten uns da im Hause und im Lande nichts vormachen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)



    (Dr. Hellwig)

    Aber ihr Wert kann wesentlich davon abhängen, wie es gegeben wird und wie es gemacht wird. Die Kompliziertheit dieser Materie, die Fülle von kaum noch zu überschauenden Gesetzen und Vorschriften, hat zu einer Anonymität dieser Leistungen gegenüber dem Empfänger und Leistungsberechtigten geführt, die ich als eines der schwierigsten Probleme der wirklichen, der geistigen und seelischen Eingliederung betrachte.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der DP.)

    Wie sieht es denn draußen aus? Hier ist einer Vielzahl von Behörden und Dienststellen eine Mitwirkung zugewiesen worden. Und wie fühlt sich der einzelne, der hier betroffen ist? Er wird sich zunächst seiner Ohnmacht immer wieder bewußt. Er sieht die Macht der Behörde als eine anonyme Kraft, und er wird immer wieder nur auf seine eigene persönliche Ohnmacht hingewiesen. Das geht jeden einzelnen von uns an, vor allem aber diejenigen, die in Dienststellen, in Behörden, aber auch in Organisationen und Verbänden irgendwie mit diesen Dingen zu tun haben. Die menschliche Seite der Frage, wie die Leistungen gegeben werden, wie die Dinge behandelt werden, wird entscheidend sein.
    Ich habe nur einen Wunsch und eine Besorgnis, die mir auch durch die Ausführungen des Herrn Bundesministers für Vertriebenenfragen bestätigt zu sein scheint: Von einer Koordinierung aller in diesen Dingen zuständigen behördlichen Organe sind wir noch weit entfernt.

    (Abg. Ehren: Sehr richtig!)

    Vieles, was in diesem Hause mit gutem Willen und Initiative an Anregungen erarbeitet und was an Planungen wirklich auf den Weg gebracht wird, stößt sich doch allzu hart im Raum des behördlichen Gestrüpps auf den anderen Ebenen, wofür zunächst wiederum die Bundesregierung verantwortlich gemacht wird. Wenn die heutige Aussprache die Gesamtverantwortung aller, die auf diesem Gebiete öffentliche Verantwortung in der Bundesrepublik tragen, noch einmal besonders wirksam anspricht, sollte der Zweck dieser Aussprache zu einem wesentlichen Teile erfüllt sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der DP.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Rehs.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Reinhold Rehs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Hellwig hat sich für seine Fraktion mit einem bemerkenswerten Mut in die kritische Auseinandersetzung hineingestellt, und er hat mit anerkennenswertem Freimut und mit einer in einer Reihe von Fragen sehr positiven Haltung Notwendigkeiten einer Änderung der Dinge aufgezeigt, die auch ich und meine Freunde in vollem Umfang unterstreichen. Herr Kollege Hellwig, Sie sagten eingangs unter Hinweis auf meinen Parteifreund Jaksch, wir sollten doch nicht die Leistungen verkleinern und einen falschen Eindruck entstehen lassen. Ich meine, Sie sollten doch nicht übersehen, daß diese Leistungen nur in einem richtigen Verhältnis zu dem betrachtet und beurteilt werden können, was noch nicht geschehen ist. Vor allen Dingen können sie richtig nur gesehen werden auf dem Hintergrund der Zeit, die bereits abgelaufen ist, insbesondere auch auf dem Hintergrund der gehorteten Milliarden, die jetzt im
    Bundeshaushalt zur Verfügung stehen. Sie hätten in weitem Umfang für diese Aufgaben schon zu einem viel früheren Zeitpunkt herangezogen werden können. Sie müssen die bisherigen Leistungen auch im Zusammenhang mit dem gesamten Sozialprodukt sehen, mit den Investitionen, mit dem ganzen übrigen Wirtschaftsspiegel, den Dividenden, den Aktien. Wenn Sie das alles im Zusammenhang betrachten, werden Sie zu dem Ergebnis kommen, daß die Möglichkeiten, die in der Bundesrepublik bestanden haben, nicht ausgeschöpft worden sind.
    Sie haben in einer Reihe von Fällen, ich sagte es schon, sehr positive Anregungen ausgesprochen. Es wird darauf ankommen, Herr Kollege Hellwig, welche Konsequenzen Sie und Ihre Freunde in der Fraktion aus diesen Ihren eigenen Worten ziehen werden. Es ist Ihr Finanzminister, Herr Kollege Hellwig, und es ist Ihr Vertriebenenminister — jedenfalls der Minister, der zu Ihnen gehört —, und Sie sind die größte Fraktion, Sie haben die Möglichkeit, Ihren Worten auch die Taten folgen zu lassen. Im anderen Fall wird auch Ihre gute und wohlklingende Rede nur eine mehr in der Reihe der schönen, platonischen Erklärungen Ihrer Fraktion zu diesem Problem gewesen sein.

    (Pfui-Rufe in der Mitte. — Abg. Leukert: Das war ja sehr gescheit!)

    — Ja, Herr Kollege, es ist doch nicht anders! Wir haben es doch immer erlebt; Sie können es gar nicht bestreiten!

    (Abg. Dr. Kather: Haben wir immer erlebt! — Herr Hellwig, wir werden uns sprechen!)

    Wir haben diese Frage seit Jahr und Tag hier immer wieder aufgerollt. Was ich aber auch heute zu den Ausführungen des Herrn Vertriebenenministers feststellen muß, ist: Diese Rede war wieder das Muster einer Ministerrede über Vertriebenenfragen, wie wir sie seit Jahren in diesem Hause kennen. Mit einem Aufwand von Worten ist über all das hinweggeredet worden, worauf es uns ankommt.

    (Zuruf von der Mitte: Sie haben wohl nicht zugehört!)

    Mit einem Wirbel von Zahlen, Hinweisen auf finanzielle Maßnahmen, mit Ankündigungen und Projektierungen ist versucht worden, den Eindruck zu erwecken, als ob eigentlich alles in bester Ordnung sei.

    (Zuruf von der Mitte: Das hat er nicht gesagt!)

    als ob das Vertriebenenministerium geradezu berste vor Initiative, Entschlossenheit und Gedankenfülle. Und wenn Sie diesen Wortschwamm der Ministerrede zusammendrücken, dieser anderthalbstündigen Rede, dann müssen Sie feststellen, daß sich seit den Tagen des Ministers Lukaschek bis heute an der eisigen Haltung der Bundesregierung zu diesem Problem auch nicht ein Gran geändert hat

    (Beifall beim GB/BHE)

    und daß der Herr Bundesfinanzminister Schäffer trotz seiner gelegentlichen rührungsvollen Bekenntnisse heute weniger denn je bereit ist, aus dem prallen, in seinen Nähten platzenden Staatssäckel etwas zu einer durchgreifenden und raschen Behebung der Kriegsfolgenöte beizusteuern. Sie müssen feststellen, daß der Herr Minister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte auf


    (Rehs)

    der ganzen Linie vor ihm und dem Kabinett kapituliert hat.

    (Sehr richtig! beim GB/BHE. — Zuruf von der CDU/CSU: Beweise! — Abg. Dr. Kather: Stimmt haargenau!)

    — Der Herr Minister hat es doch selber vorgetragen! Ich werde Ihnen hier noch einige konkrete Beispiele dafür anführen.
    Die Sozialdemokratische Partei will, daß der soziale Teil der Vertriebenen- und Kriegsgeschädigtenprobleme endlich abgeschlossen werden kann, aber mit Hilfe materieller Anstrengungen, zu denen die Bundesregierung heute bei gutem Willen durchaus in der Lage wäre. Wir wollen nicht, daß Hunderttausende von Menschen auf oder vor dem Altar des Wirtschaftswunders geopfert bleiben. Wir wollen, daß diese emotionalen Spannungsursachen aus dem menschlichen und politischen Raum bei uns herauskommen, und deshalb wollen wir, daß die Spiegelfechtereien mit diesen Dingen endlich aufhören, die die Öffentlichkeit verwirren und bisher jeden ernsthaften und durchgreifenden Entschluß verhindert haben.

    (Abg. Leukert: So was! Deswegen kommen so viele Vertriebene in die Münchener Stadtverwaltung!)

    — Herr Kollege, Ihre Zwischenrufe verhindern nicht, was ich sage, und sie verhindern auch nicht, daß ich es sage; sie zeigen nur, daß Sie entweder ein schlechtes Gewissen haben oder daß Sie nicht tief genug in die Dinge eingedrungen sind.

    (Abg. Leukert: Aber Ihr Oberbürgermeister hat ein schlechtes Gewissen!)

    — Mein Oberbürgermeister? Ich weiß nicht, welchen Sie jetzt meinen. Meinen eigenen? Das mag allerdings sein. — Na ja, bei einer solchen Geographie ist es natürlich kein Wunder, daß die Vertriebenen zu kurz kommen.
    Der Kollege Jaksch hat hier zu der Frage der Umsiedlung bereits eingehende Ausführungen gemacht. Ich möchte nur noch wenige Bemerkungen hinzufügen, gerade im Hinblick auf das, was Kollege Hellwig hierzu ausgeführt hat. Sie wissen doch, Herr Minister Oberländer, daß aus den drei Hauptflüchtlingsländern Anträge für insgesamt rund 250 000 Personen vorliegen. Sie wollen hiervon ungefähr 50 bis 60 % auf die innere Umsiedlung abschreiben. Das ist im höchsten Grade problematisch, weil der Bund für die innere Umsiedlung kein Geld zur Verfügung stellt. Aber Sie wissen andererseits, daß bei dem dann noch verbleibenden großen Teil der Menschen die Familienzusammenführung nur in begrenztem Umfang das treibende Motiv ist, daß es um die Familien ohne Ernährer geht, die Halbfamilien, die in den jetzigen Wohnländern nicht eingegliedert werden und keinen Arbeitsplatz finden können. Das ist der harte Kern des Problems, der schwierigste, menschlich der bitterste Teil. Für sie bietet die Umsiedlung nach wie vor die einzige Chance, endlich einmal aus ihrer hoffnungslosen Lage herauszukommen.
    Sie haben zum Finanzproblem Ausführungen gemacht, die dem Haus keinerlei Gewähr für die sichere Durchführung geben können. Sie haben erklärt, daß der Finanzbedarf für die weitere Umsiedlung einschließlich der 50 000 Evakuierten in Höhe von rund 285 Millionen DM durch Zweckbindung der für den Wohnungsbau bereitzustellenden Bundeshaushaltsmittel und durch Zweckbindung der Wohnraumhilfe-, also Lastenausgleichsmittel gedeckt werden soll. Sie wissen selbst — das haben Sie ja auch eingeräumt —, daß die Zweckbindung der Zustimmung der Länder wie auch des Kontrollausschusses bedarf. Bisher hat der Kontrollausschuß seine Zustimmung zu einer Zweckbindung von Wohnraumhilfemitteln für das Jahr 1956 nicht erteilt. Sie wissen, daß die Länder der Zweckbindung der allgemeinen Wohnungsbauhaushaltsmittel ebenfalls grundsätzlich widersprochen haben. Alles, was Sie bisher über die Finanzierung der weiteren Umsiedlung nach der neuen Umsiedlungsverordnung angekündigt haben, hängt also im Augenblick jedenfalls noch in der Luft. Aber mag der Kontrollausschuß darüber entscheiden! In jedem Falle stellt das Angebot der sogenannten Erleichterung, von dem Sie gesprochen haben, ganz eindeutig eine Verschleierung der Tatsache dar, daß die Bundesrégierung selber Haushaltsmittel für den Umsiedlungswohnungsbau nicht zur Verfügung stellen, sondern daß sie den Lastenausgleichsfonds damit belasten will. Sie gibt diesem jetzt zwar aus dem derzeitigen Mittelüberschuß, aus dem Juliusturm, um die Optik zu verbessern, einige Gelder. Der Lastenausgleich muß sie später aber wieder zurückzahlen. Das ist doch der entscheidende Punkt.
    Herr Minister, bei Ihren Worten klang durch, daß es von der Haltung der Länder abhänge, ob die Verordnung auch finanziell unter Dach komme. Da klang so etwas der Versuch durch, schon jetzt den Ländern den Schwarzen Peter dafür zuzuschieben, wenn das eventuell nicht klappen sollte. Nun, Sie kennen die Lage genau. Sie wissen, daß die Länder bisher einstimmig die Notwendigkeit weiterer Umsiedlung bejaht, daß sie sich aber gegen die bisherige Finanzierungspraxis gewendet haben, und zwar deshalb, weil es sich bei der Umsiedlung um eine Kriegsfolgenaufgabe des Bundes handelt. Die Länder wehren sich dagegen, daß auf diese Weise die auf sie entfallenden Bundeswohnungsbaumittel zur Befriedigung ihres allgemeinen Wohnungsbaubedarfs gemindert werden sollen. Gerade diese Finanzierungspraxis hat ja bisher insbesondere die drei Hauptflüchtlingsländer insofern benachteiligt, als diese den ihnen zustehenden Schlüsselanteil an den allgemeinen Wohnungsbaumitteln nur aus den durch Zweckbindungen reduzierten Summen erhalten haben.
    Man muß in diesem Zusammenhang nur noch wissen und in Betracht ziehen, daß der Bund von den für den Wohnungsbau zugunsten der äußeren Umsiedlung bisher bereitzustellenden nachrangigen Förderungsmitteln selbst bisher tatsächlich nur 200 Millionen DM zusätzlich, d. h. zu den durch den Bund ohnehin bereitzustellenden Wohnungsbaumitteln, gegeben hat und daß es sich bei diesen 200 Millionen DM zudem noch um einen Betrag handelt, der vom Bundestag bereits am 16. Mai 1952 in Zusammenhang mit der Verabschiedung des Lastenausgleichsgesetzes durch Beschluß gefordert worden war. Erst jetzt, bald vier Jahre danach, hat sich die Bundesregierung, wie wir aus dem Bulletin vom 4. Februar ersehen konnten, dazu bequemt, diesen Beschluß des Bundestages auszuführen und die letzten 97.4 Millionen von diesen 200 Millionen DM mit Wirkung vom kommenden 1. April zur Verfügung zu stellen.
    Wenn Sie objektiv gewesen wären, Herr Minister, dann hätten Sie bei der Beantwortung der Großen Anfrage mindestens den Antrag meiner


    (Rehs)

    Fraktion vom 1. Dezember 1955, Drucksache 1899 Buchstabe A, zu Rate gezogen. Sie haben ja diese Große Anfrage — das weiß jeder mit den Dingen in diesem Hause Beschäftigte und Vertraute — nicht nur selber bestellt, sondern mehr oder minder mit Kollegen aus der CDU/CSU gefertigt. Also Sie haben doch den Zweck, der damit verfolgt wurde und der von Ihnen verfolgt wurde, genau übersehen. Es wäre also doch mindestens ein Gebot der Fairneß für Sie gewesen, die sachlichen Anregungen und die sachlichen Möglichkeiten, die durch diese Anträge aufgezeigt worden sind, in Ihrem eigenen Vorbringen zu berücksichtigen. Auf diese Anträge aber einzugehen, dazu gehört freilich Herrn Bundesfinanzminister Schäffer gegenüber auch der Mut zu Konsequenzen.
    Zur Frage der Altlager: Herr Kollege Kuntscher hat dazu gemeint — und er hat das, soweit ich ihn verstanden habe, eigentlich als sein einziges Anliegen in dieser Frage angesehen —,. der Herr Bundesfinanzminister möge doch darauf bedacht sein, daß die Länder daraufhin kontrolliert werden, daß die Ersparnisse aus den Kriegsfolgemitteln, soweit sie auf die Länder entfallen, nicht für andere Zwecke, sondern auch tatsächlich für die Auflösung der Lager verwandt werden. — Natürlich sollen die Länder das. Aber um das zu erreichen, Herr Kollege Kuntscher, werden eben die Länderparlamente aufpassen müssen, und Sie selbst brauchen sich ja deswegen nur an Ihre zuständigen Fraktionskollegen in den Ländern zu wenden, um auf diesem direkten Wege ihren eigenen Landesfinanzminister dazu zu zwingen.
    Der Schwerpunkt des Problems liegt doch ganz woanders. Der Schwerpunkt liegt in der einfachen Frage, ob und mit welchen Mitteln die Bundesregierung endlich bereit ist und sich dazu aufraffen will, in dieser traurigen Angelegenheit — die doch angesichts der in dem Bundesfinanzministerium gehorteten 6 Milliarden einen Schandfleck darstellt — etwas Durchgreifendes zur Beseitigung der Mißstände zu tun. Was wir dazu heute von dem Herrn Minister Oberländer gehört haben, war wieder nur der Versuch, an der Fassade herumzuretuschieren.

    (Zuruf vom GB/BHE: Noch zuviel gesagt!)

    — Richtig. — Herr Minister Oberländer, Sie haben eine Menge philosophischer Betrachtungen zu diesem Punkt angestellt, über das Attribut totalitärer Staatsformen, und daß man sich aus der gefährlichen Gewohnheit reißen müßte, die Lager als selbstverständlich anzusehen. Sie haben von Gründen der Staatssicherheit gesprochen. Natürlich ist das alles richtig; aber ich habe nur zu fragen: Warum sagen Sie das nicht der Bundesregierung und warum setzen Sie nicht im Kabinett durch, daß diese Gesichtspunkte berücksichtigt werden?

    (Beifall bei der SPD und beim GB/BHE.)

    Uns hier brauchen Sie das nicht zu erzählen; wir wissen das alle. Aber sorgen Sie endlich dafür, daß diese Gesichtspunkte bei Ihren eigenen Kabinettskollegen berücksichtigt werden!

    (Abg. Dr. Kather: Kapitulation auf allen Fronten!)

    Sie haben zu diesem Punkte dann ausgeführt, daß der Bundesregierung seit dem Überleitungsgesetz die Verfügung über die Pauschalmittel entzogen sei. Ich habe dazu nur zu fragen: Warum führen Sie das an, wenn Sie nicht gleichzeitig sagen, daß dann eben noch andere Mittel eingesetzt
    werden müssen, um diesem Problem zu Leibe zu gehen? Sie haben ja noch vor gar nicht allzu langer Zeit in Kiel etwas ganz anderes erzählt. Sie haben uns heute gesagt, Bundeshaushaltsmittel stünden für diesen Zweck nicht mehr zur Verfügung. Nun bitte, vor sechs Wochen in Kiel waren Ihre Erklärungen genau umgekehrt! Was ist nun davon zu halten, Herr Minister?

    (Abg. Petersen: Das ist nicht neu bei ihm! — Abg. Dr. Kather: Das ist die „Wendigkeit"!)

    Ich will auf die Einzelheiten dieses Problems nicht weiter eingehen. Ich will auch nicht darauf hinweisen, daß die einjährige Kassenhilfe, von der Sie noch gesprochen haben, Herr Minister, doch als ernsthafte Vorfinanzierung überhaupt nicht angesehen werden kann; denn sie soll ja bereits aus den Pauschbeträgen des nächsten Jahres wieder getilgt werden, fehlt also dann bei diesen Mitteln. Das ist also doch — um es in der Studentensprache auszudrücken — nichts anderes als ein Leim für Füchse. Aber Sie haben auch hier den Antrag meiner Fraktion vom 1. Dezember 1955 völlig übergangen, wo nämlich die Handhabe und der Weg gezeigt worden sind, wie allein weiterzukommen ist. Der Antrag steht heute nicht auf der Tagesordnung; ich will infolgedessen nicht auf seine Einzelheiten eingehen. Das Parlament wird bei seiner Behandlung zu zeigen haben, ob es bereit ist, ein Machtwort zu sprechen. Insbesondere wird der Vertriebenenflügel der CDU/CSU hierzu Farbe bekennen müssen. Zu dem Problem Räumung der Lager hat Herr Minister Oberländer zusammenfassend oder abschließend die Erklärung abgegeben, daß die Finanzierung der Lagerauflösung „zunächst für 1956" als gesichert angesehen werden kann. Das heißt doch mit dürren Worten, daß das bisherige Schneckentempo bleibt; es heißt mit dürren Worten, daß Sie, wenn Sie nicht eine Wendung herbeiführen und sich zu anderen Maßnahmen entschließen

    (Abg. Dr. Kather: Kehrtwendung!)

    — Richtig! Kehrtwendung auf der ganzen Linie! —, noch in 13 Jahren die letzte Baracke stehen haben werden. Das ist der Gesichtspunkt, unter dem überhaupt jede Erörterung dieses Problems stattzufinden hat. Es ist mir unbegreiflich, Herr Minister Oberländer, wie Sie bei diesen Ihnen genau bekannten Tatsachen ein solches Eingeständnis, daß „zunächst für das Jahr 1956" diese Finanzierung gesichert sei, mit Ihrem Verantwortungsbewußtsein als Minister für diese betroffenen Menschen vereinbaren wollen.
    Ein kurzes Wort zu dem Kapitel der Vertriebenenwirtschaft. Sie haben, Herr Minister, den vertriebenen Unternehmern Anerkennung und Lob für ihre Haltung gezollt. Sie haben von dem alarmierenden Ergebnis der Untersuchung gesprochen, davon, daß dieses Ergebnis ein Ruf an die Regierung und die gesamte Volkswirtschaft sei. Man war gespannt, was denn nun kommen würde. Wenn man genau hinhörte, dann stellte man fest, daß wieder einmal ein ungeheurer Schaumberg aufgeblasen wurde, in dem aber auch nichts Konkretes zur wirklichen Lösung dieser Fragen enthalten ist.

    (Abg. Dr. Kather: Sehr richtig!)

    Sie haben gesagt, die Regierung sei von der Notwendigkeit überzeugt, weitere fördernde Maßnahmen zu ergeifen. Ich brauche auf diese Maßnahmen, soweit es sich um die steuerliche Seite


    (Rehs)

    handelt, nicht näher einzugehen. Hierzu hat der Kollege Hellwig ja genau das gesagt, was in dieser Richtung erforderlich ist.
    Aber außerdem hat das Problem ja noch eine andere, eine ganz entscheidende Seite. Das ist die Frage, was mit der Umschuldungsanleihe und mit ihren Kursen geschieht, wenn die Sperrfrist vom Februar 1958 abgelaufen ist. Wie soll dann die Kurspflege dieser Umschuldungsanleihe weitergeführt werden? Sie wissen, Herr Minister, daß der Unterausschuß für Vertriebenenwirtschaft im Einvernehmen mit der Lastenausgleichsbank gewünscht hat, der Finanzminister möge bestimmte Zusicherungen auf Bereitstellung von Haushaltsmitteln für diese Kurspflege geben. Hierüber haben Sie in Ihren Ausführungen kein Sterbenswörtchen verlauten lassen. Den entscheidenden Punkt, der die Vertriebenenwirtschaft interessiert, haben Sie überhaupt nicht angesprochen.
    Dabei wissen Sie — das ist auch uns bekannt, Herr Minister —, was Sie in dieser Frage mit dem Finanzministerium erst kürzlich abgesprochen haben. Warum haben Sie nicht den Mut, das auch in diesem Hause offen zu bekennen? Sie haben ein Abkommen mit dem Finanzminister getroffen, in dem zuerst die Erklärung abgegeben wird, daß die Kurspflege grundsätzlich Aufgabe der Emittenten sei und daß das auch für die Lastenausgleichsbank gelte, daß im übrigen aber das Finanzministerium ein allgemeines finanzpolitisches Interesse an der Kurspflege der Anleihen des Bundes und der übrigen öffentlich-rechtlichen Institute — und damit auch der Lastenausgleichsbank — habe.

    (Zurufe von der Mitte: Na also!)

    — Na ja, ein allgemeines Interesse! Was „kaufen sich die Leute" — um den Ausdruck zu gebrauchen
    — für ein solches allgemeines Interesse ohne eine konkrete Zusage: In der und der Größenordnung stehen Finanzmittel, Haushaltsmittel des Bundes dafür zur Verfügung? Durch diese Erklärung ist leider nur klargestellt, daß die Schwierigkeiten, wie wir sie im vergangenen Herbst mit der Lastenausgleichsanleihe erlebt haben, erneut entstehen werden. Die Kurspflege der Lastenausgleichsbank war ja, obwohl es sich um ein öffentlich-rechtliches Institut handelt und obwohl gerade in diesem Falle das Interesse des Bundes besonders groß hätte sein müssen, so mangelhaft, daß ein sehr bedenkliches Abgleiten der Kurse gar nicht verhindert werden konnte, während zur selben Zeit — aber das ist Ihnen ja alles nicht unbekannt — die Bundesanleihen selbst von der Bank deutscher Länder in Kurs gehalten worden sind.
    Es kam also für Sie, Herr Minister, darauf an, nach dieser Richtung hin die Karten auf den Tisch zu legen und zu erklären, ob und was konkret Sie beim Bundesfinanzminister in diesem Punkte erreicht haben. Wir stellen fest: gar nichts.

    (Zurufe vom GB/BHE: Nichts! — Gegenrufe von der CDU/CSU.)

    — Das, Herr Kollege, ist einer der Beweise für meine vorherige Behauptung, daß hier die erforderlichen Anstrengungen auch von Ihrer Fraktion nicht gemacht worden sind.

    (Abg. Kuntscher: Das stimmt aber nicht!)

    — Natürlich stimmt das, Herr Kollege Kuntscher!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie müssen ein bißchen zuwarten, dann werden Sie es selber verstehen!)

    — Na, bitte sehr!
    Wir haben in der Ziffer 2 unseres Antrags nicht ohne Grund gefordert, daß die Bundesregierung — der Bundestag beschließt das hoffentlich — endlich eine definitive Bilanz und einen Gesamtbericht über die bei der Eingliederung der Vertriebenen noch zu lösenden Probleme unter Berücksichtigung ihrer strukturellen Beschaffenheit und der hierfür erforderlichen Mittel vorlegt. Wir können das, was wir heute als Zwischenbericht und als Vorbereitung für diesen Gesamtbericht aus dem Ministerium gehört haben, als in keiner Weise ausreichend ansehen. Sie haben sich bereit erklärt, Herr Minister, diesen Bericht zu geben. Ich habe nur zu fragen, wann, in welchem Zeitraum wir damit rechnen können, eine genaue Ubersicht über die Dinge zu erhalten. Wir wollen aus dem Nebel, in dem diese Fragen liegen, heraus. Wir wollen, daß solche Auseinandersetzungen 'und solche Beschwichtigungsreden, wie sie heute auch von Herrn Hellwig hier versucht worden sind, nicht mehr möglich sind. Wir können nur dann zu einem Abschluß in der Behandlung dieser Dinge gelangen, wenn der Bundestag und die Öffentlichkeit genau wissen, welche Fragen hinsichtlich der einzelnen Gruppen noch ungelöst geblieben sind und welcher finanzielle Gesamtaufwand für ihre Lösung benötigt wird. Im anderen Falle werden wir uns in jedem Jahr erneut um diese Dinge hier streiten müssen.
    Zum Abschluß möchte ich Ihnen selber, Herr Minister Oberländer, noch folgendes sagen. Wir haben seinerzeit bei Ihrer Amtsübernahme namens der Fraktion erklärt, daß wir bereit seien, Sie bei allen positiven Maßnahmen für die Geschädigten zu unterstützen. Wir haben Sie aber auch eindringlich gewarnt und Ihnen wie weiland Frundsberg zugerufen: „Mönchlein, Mönchlein, du gehst einen schweren Gang!" Aber Sie waren kein Luther: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders!" Sie konnten immer anders.

    (Sehr richtig! und Beifall bei der SPD und beim GB/BHE.)

    Immer wieder haben wir Sie in der Zwischenzeit gemahnt und wiederholt auch von dieser Stelle aufgefordert, auf den äußeren Schein einer Betriebsamkeit zugunsten einer konstruktiven und entschlossenen Lösung Ihrer Aufgaben zu verzichten. Wir haben Ihnen eine lange Schonfrist gegeben, Sie haben sie nicht genutzt. Seit Lukaschek sind in Ihrem Ministerium die Probleme, um die es hier geht, praktisch nur verwaltet worden.

    (Abg. Dr. Kather: Sehr richtig!)

    Es ist nichts wirklich Neues, Schöpferisches zu einer beschleunigten Lösung der Dinge herausgekommen.

    (Abg. Petersen: Moralische Aufrüstung! — Heiterkeit beim GB/BHE.)

    Ihre heutige Rede hat gezeigt, daß Sie auch weiterhin den Weg des geringsten Widerstandes gehen wollen. Es soll bei dem bisherigen Kurs bleiben, d. h. wir hören zwar über Verbesserung um einige Prozente, aber wie bisher von Jahr zu Jahr diese Erfolgsreden des Ministeriums, die in Wirklichkeit Mißerfolgsbestätigungen sind, und wir sollen das ächzende Karussel der Vertriebenendebatte in diesem Hause weiter drehen. Herr Minister, meine Freunde sagen dazu nein. Das Urteil über das Ergebnis einer Amtstätigkeit von über zwei Jahren ist — unter diesem Gesichtpunkt betrachtet — vernichtend. Die Vertriebenen und Geschä-


    (Rehs)

    digten haben nur die Feststellung zu treffen: Gewogen und zu leicht befunden.

    (Beifall bei der SPD und beim GB/BHE. — Abg. Samwer: Eine üble Demagogie!)