Rede von
Dr.
Gerhard
Schröder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe bereits vorhin auf die Uhr gesehen. Ich werde also mit Sicherheit vor 2 Uhr fertig sein, vielleicht sogar noch sehr viel früher.
Ich will nur zu vier Punkten Stellung nehmen und auf die Ausführungen einiger Kollegen eingehen, zunächst auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Felle r. Man fängt ja am besten mit dem letzten Redner an, weil dessen Ausführungen noch am plastischsten in Erinnerung sind. Herr Kollege Feller, Sie haben sich Sorge um meine Gefühlswelt gemacht,
um die Gefühle, die mich bei der Vertretung dieser Vorlage beseelt hätten. Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Kollege Feller: ich bin außerordentlich zufrieden. Die Auffassung, es sei noch nicht dagewesen, daß ein Ressortminister sich in einer solchen Lage so verhalten habe, mag richtig sein. Ich will das von Ihnen als einem geschichtskundigen Mann — ich glaube, Geschichte gehört zu Ihrer Sparte — ganz gern hinnehmen. Aber ich will Ihnen einmal eines sagen, und das ist meine Meinung: Eine Regierung besteht nicht aus einem Haufen von Ressorts, die man mehr oder weniger schlecht bündelt, sondern eine Regierung hat eine bestimmte Linie zu verfolgen, und der Verfolgung dieser Linie haben alle Ressorts zu dienen.
— Nun, darüber kann man streiten. Sie regieren augenblicklich nicht, sondern wir. Ich glaube nicht, daß das eine Zickzacklinie ist. Ich werde Ihnen gleich auseinandersetzen, daß wir eine ganz klare Meinung haben.
Es gibt gewisse Prioritäten, es gibt gewisse nationale Prioritäten, es gibt gewisse Prioritäten, denen sich der Patriot unter keinen Umständen entziehen wird. Eine solche nationale Priorität war hier gegeben, und deswegen habe ich so gehandelt, wie ich das vorhin hier auseinandergesetzt habe.
— Danke schön! — Es ist nicht etwa so, daß wir es nötig hätten, von Erklärungen von gestern oder vorgestern abzurücken. Das, was hier gemacht wird, geschieht in einer gesetzlich klaren, einwandfreien Weise auf der Basis freier Willensentscheidung.
Der Herr Kollege Eschmann hat so eine Art Damoklesschwert zitiert, indem er sich auf das Gesetz über die Überführung von Angehörigen der' Landespolizei in die Wehrmacht vom 3. Juli 1935 bezogen hat. Ich würde dem Herrn Kollegen empfehlen, sich nur einmal die Gesetzestexte anzusehen; dann wird er selbst finden, daß hier ein ganz wesentlicher Unterschied ist. Also das würde ich nicht hervorgehoben haben.
— Wieso „Methoden"? Schließlich sind die Methoden gesetzlich festgelegt, und ich bitte Sie gerade, sich mit den verschiedenen Texten, dem des Gesetzes von 1935 und dem des jetzt vorgelegten Gesetzes, vertraut zu machen. Dann werden Sie sehen, daß es mehr als eine Welt ist
— Herr Kollege Hansen, Sie waren nicht daran beteiligt —, was uns davon trennt. Wenn Sie der Wahrheit die Ehre geben wollen, werden Sie das allein schon aus dem Textvergleich unschwer erkennen können.
Ein Wort zu dem, was Herr Kollege Sehneider über die Frage des Personalgutachterausschusses gesagt hat. Die Lösung, die wir in dem Gesetzentwurf gewählt haben, habe ich motiviert. Er hat gefragt, was für „besondere Gründe" denn vorliegen könnten. Auf unsrer Seite liegen keine besonderen Gründe vor. Aber der Personalgutachterausschuß kann seinerseits „besondere Gründe" haben, was ich allerdings nicht annehme. Und hier muß man einmal mit allem Ernst und mit allem Nachdruck sagen: Die wenigen Angehörigen des Bundesgrenzschutzes, um die es sich dabei handeln wird — es ist eine Zahl in der Größenordnung von vielleicht 20 oder bis zu 20, vielleicht etwas mehr —, sind Männer, die alle eine Urkunde in den Händen haben, unter der die Unterschrift des Herrn Bundespräsidenten steht, und ich bin sicher, daß diese Unterschrift von jedermann honoriert werden wird.
Ich möchte mit einer anderen Bemerkung schließen. Wir müssen in diesem Hause immer wieder hören — wir haben es heute morgen gehört, als diese Vorlage auf die Tagesordnung gesetzt wurde, und wir haben es jetzt wieder gehört —, die Bundesregierung leite bei der Aufstellung von Streitkräften eine ungebührliche Hast. Ich weiß eigentlich gar nicht, woher man den Mut nehmen kann, das, was auf diesem Gebiet gesetzgeberisch geschieht, als überhastet zu bezeichnen.
Wir sprechen über diese Frage praktisch seit 1951. Wir haben darüber Wahlkämpfe geführt, 1952, 1953, wir haben darüber in den Landtagswahlkämpfen 1954 wieder gesprochen. Es ist doch wohl eine rein demagogische Floskel, wenn man einem solchen auf Jahre sich hinausziehenden Verfahren Überhastung unterstellt. Ich würde diese Bemerkung nicht gemacht haben, wenn ich nicht der Meinung wäre, daß unser Volk und Vaterland sich in einer sehr ernsten Lage befindet.
Werfen Sie nur einen Blick auf das, was in der Sowjetzone, vielleicht ohne Hast, aber in jahrelanger Intensität aufgebaut worden ist. Angesichts dessen sollte man aufhören, davon zu sprechen, daß hier bei uns irgend etwas überhastet wird.
Damit sind wir am Ende der heutigen Beratung. Bevor ich schließe, darf ich noch bekanntgeben, daß die für heute nachmittag angesetzte Sitzung des Haushaltsausschusses nicht stattfindet.
Ich berufe die nächste, die 128. Sitzung des Deutschen Bundestages, auf Donnerstag, den 9. Februar 1956, 14 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.