Rede von: Unbekanntinfo_outline
den Bundesgrenzschutz als Institution weiter bestehen zu lassen. Wir glauben, daß es dafür gewichtige Gründe gibt. Erstens ist der Bundesgrenzschutz die einzige Einrichtung der Bundesexekutive auf dem Gebiet des Polizeiwesens. Die Zusammenziehung der Länderbereitschaftspolizeien, Herr Kollege Eschmann, gemäß Art. 91 dürfte zu sehr komplizierten Unterstellungs- und Befehlsverhältnissen führen, die uns möglicherweise in katastrophalen Situationen in Schwierigkeiten bringen. Ich erinnere Sie daran, daß einmal einige tausend FDJ-Funktionäre, die in Berlin beim Pfingsttreffen gewesen sind, es verstanden haben, mit ihrem gesamten Material in die Bundesrepublik zu kommen und Schwerpunkte zu bilden, an denen dann geradezu mit Gewalt die unkontrollierte Infiltration zu Hunderten und zu Tausenden insbesondere in Schleswig-Holstein und Niedersachsen möglich gemacht wurde. Als dann die Frage der Einschaltung der Länderbereitschaftspolizeien geklärt werden sollte, vergingen Tage, bis die Unterstellungs- und Befehlsverhältnisse geklärt werden konnten. Wir glauben, daß der Bundesgrenzschutz aus politischen Gründen, aber auch noch aus Gründen unserer
Sicherheit weiterbestehen sollte. Es ist besser — gerade im zweigeteilten Deutschland —, an der Zonengrenze Bundesexekutivsoldaten des Bundesgrenzschutzes zu haben, wenn ich sie so nennen darf, als NATO-Soldaten. Bei Zusammenstößen würde sehr leicht der ganze NATO-Mechanismus ausgelöst werden müssen, wenn es sich um Grenzzwischenfälle zwischen Soldaten der NATO und des Warschauer Pakts handelt, während bei der Anwesenheit von Bundesgrenzschutzangehörigen sich Zusammenstöße durchaus als innerdeutsche Angelegenheit lokalisieren lassen und die Gefahr eines größeren Konflikts dadurch zumindest verringert, wenn nicht gar vermieden wird.
Die Frage des Weiterbestehens ist aber auch eine Frage der Angleichung der Stellung des Bundesgrenzschutzangehörigen an die Stellung des Soldaten, insbesondere in der Besoldung. Ich erinnere daran, daß alle Fraktionen dieses Hauses, als wir vor mehreren Monaten das Problem diskutierten, der Auffassung waren, daß die Besoldung des Bundesgrenzschutzes an die Besoldung der Wehrmachtangehörigen angeglichen werden muß und daß eine Differenzierung nicht möglich ist. Wenn das allerdings nicht geschieht, dann gebe ich Herrn von Stülpnagel recht: dann weiß ich nicht, woher der Nachwuchs zur Auffüllung des Bundesgrenzschutzes kommen soll.
Bezüglich des inneren Gefüges äußerte Herr Kollege Eschmann gewisse Bedenken. Nachdem wir den Bundesgrenzschutz seit fünf Jahren in seinem Dienst verfolgen und kontrollieren können, habe ich Sorgen bezüglich der Entwicklung des inneren Gefüges nicht. In diesem Hause ist ein einziger Fall, der berühmte Braunschweiger Bierflaschen-
und Gesangs-Fall, diskutiert worden; mehr ist bisher bezüglich irgendwelcher Entartungen oder Entgleisungen beim Bundesgrenzschutz nicht bekanntgeworden. Weder dieses Haus noch der Bundesinnenminister brauchten also einzugreifen. Ich glaube, daß wir alle auch zum inneren Gefüge des Bundesgrenzschutzes Vertrauen haben können. Im übrigen, Herr Kollege Eschmann, haben wir es durch unsere kontrollierenden Maßnahmen einerseits — die parlamentarische Kontrolle — und durch die Gesetzgebung andererseits in der Hand, mögliche Entartungen rechtzeitig zu stoppen und jene Entwicklungen einzuleiten, die uns. allen am Herzen liegen, wenn wir einen Soldaten und einen Bürger in Uniform haben wollen.
Wir stimmen daher der Übernahme des Bundesgenzschutzes nach dem Prinzip der auch in diesem Gesetz verankerten Freiwilligkeit zu. Wir stimmen ebenfalls dem Plan der Auffüllung zu und werden daher die Bemühungen des Herrn Bundesinnenministers in dieser Frage nachdrücklich unterstützen.