Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit werde ich mich kurz fassen, zumal ich als Vertreter einer kleineren Fraktion sowieso das Pech habe, daß meine Herren Vorredner immer schon sehr viel von dem gesagt haben, was auch ich sagen möchte.
Ohne etwa Alarm schlagen zu wollen, kann man wohl feststellen, daß wir heute einen gewissen Verkehrsnotstand im Lande haben. Ich komme auf das zurück, was der Kollege Rademacher hier ausgeführt hat. Der Unterausschuß „Verkehrssicherheit" des Verkehrsausschusses des Deutchen Bundestags befaßt sich zur Zeit mit Maßnahmen, die dazu dienen können, die Verkehrssicherheit allgemein zu steigern. Das einzige, was ich daran zu kritisieren habe, ist, daß er das erst jetzt tut. Wir hätten, nachdem die Probleme seit Jahren in der Öffentlichkeit stehen, viel eher zu solchen Maßnahmen greifen sollen.
— Vielen Dank, Herr Kollege Rademacher! —
Ich bringe die Meinung meiner Fraktion zu diesen Problemen vielleicht am kürzesten dadurch zum Ausdruck, wenn ich mich mit der Resolution identifiziere, die die an der Konferenz beteiligten Minister des Bundes und der Länder damals gefaßt haben und in der es heißt, daß die noch immer steigende Zahl der Unfälle im Straßenverkehr, insbesondere die weiter wachsende Zahl der getöteten und verletzten Menschen, mehr denn je nachhaltige und umfassende Maßnahmen zur Hebung der Verkehrssicherheit erforderlich machten. In der Erkenntnis, daß nur die Mitarbeit aller zum nachhaltigen Erfolge führen kann, rufen sie jeden einzelnen Teilnehmer am Straßenverkehr auf, sich der Verantwortung für Leben und Gesundheit seiner selbst und seiner Mitmenschen bewußt zu sein und durch vernünftiges, vorsichtiges und rücksichtsvolles Verhalten die behördlichen Bemühungen um die Hebung der Verkehrssicherheit auf unseren Straßen zu unterstützen. Sie treten — die Minister und damit auch wir; das könnte den Eindruck erwecken, als wären wir auch Minister, aber ich meine jetzt meine Fraktion — mit Nachdruck allen Versuchen entgegen, die erschütternden Verluste an Menschenleben, die das deutsche Volk im Straßenverkehr zu beklagen hat, zu bagatellisieren oder als unabänderliche Begleiterscheinung der Motorisierung des Straßenverkehrs hinzustellen. — Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Resolution ist an sich kein Wort hinzuzufügen.
Im übrigen sind meine Freunde von der Deutschen Partei und ich der Ansicht, daß wir mit gesetzlichen, polizeilichen, behördlichen und verwaltungsmäßigen Maßnahmen allein auf diesem Gebiet nichts oder nur wenig erreichen werden, wenn wir nicht das beherzigen, was der Kollege Brück zum Schluß seiner Rede gesagt hat, daß nämlich auch hier der Mensch im Mittelpunkt stehen muß, daß auch hier Rücksicht auf den Menschen genommen werden muß, daß überhaupt, aber speziell im Verkehr, das Miteinander statt des Gegeneinander bzw. eben die Rücksicht aufeinander im Vordergrund stehen muß. Wenn es uns nicht gelingt, zu einer anderen Verkehrsgesinnung in Deutschland zu kommen, werden alle anderen Maßnahmen fruchtlos bleiben.
Ich darf vielleicht sagen, daß wir hier mit einigem Neid beispielsweise auf Amerika und auch auf England schauen. Ich habe jedenfalls bei dem Besuch in diesen Ländern festgestellt, daß die Verkehrsgesinnung, die uns in Deutschland heute leider noch fehlt, speziell in diesen Ländern weitgehend verbreitet ist.
Aus dem großen Bukett von Wünschen kann ich nur einige ganz kurz herausgreifen. Ich beschränke mich deswegen darauf, auf die Verhältnisse besonders in den Ortschaften und Städten hinzuweisen, die oftmals ganz erschütternd sind, erschütternd deswegen, weil diese Städte und Ortschaften häufig gar nicht in der Lage sind, das Volumen des heutigen Verkehrs aufzunehmen und durchzuschleusen. Ich möchte 'deswegen nachdrücklich von diesem Platze aus außer der generellen Forderung, daß wir Straßen, Straßen und noch einmal Straßen bauen müssen, die Forderung aufstellen, daß man insonderheit die Gemeinden und Städte in den Stand versetzen muß, durch den Bau von Umgehungsstraßen Lärm, Geruchsbelästigung und vor allem die großen Gefahren, die der Verkehr mit sich bringt, aus diesen Ortschaften herauszubringen.
Ich möchte darüber hinaus das unterstützen, was der Kollege Brück hier gesagt hat. Auch meine
Freunde und ich sind der Ansicht, daß wir um eine Geschwindigkeitsbeschränkung — jedenfalls in den Gemeinden, Städten und Ortschaften — nicht herumkommen werden. Ich möchte nicht so weit gehen, auch eine Geschwindigkeitsbeschränkung für die Autobahnen und für die Fernverkehrsstraßen zu fordern. Aber in den Ortschaften ist sie heute auf jeden Fall angebracht. Ich bin manchmal erschüttert und erstaunt darüber, wie wenig heute noch von dieser Möglichkeit in vielen Kommunen Gebrauch gemacht wird.
Ein weiteres wichtiges Kapitel im Rahmen des Straßenbaus ist die Anlegung von Radfahrwegen. Hier haben wir den Beweis, daß durch den Bau der Radfahrwege, der in den letzten Jahren erheblich betrieben worden ist, und durch die Fortnahme der Radfahrer von den Hauptstraßen ein schlagartiger Rückgang der Verkehrsunfälle eingetreten ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt wäre die Frage des Führerscheins. Hier kann man auch die Ausführungen des Kollegen Brück unterstützen, wenn ich auch nicht so weit gehen möchte, uns 14 Tage lang den Führerschein zu entziehen. Herr Kollege Brück, es genügt schon, wenn wir uns alle verpflichten, uns entsprechend rücksichtsvoll im Straßenverkehr zu verhalten. Aber ich möchte auf eine Gefahr hinweisen. Gerade in letzter Zeit — Sie werden es auch gelesen haben — ist es wiederholt vorgekommen, daß sich Fahrer, vor allen Dingen jugendliche Fahrer, oftmals dazu noch unter dem Einfluß von Alkohol, Fahrzeuge bei Autoverleihen geliehen haben und dann Amok gefahren sind und Tote und Verletzte zu beklagen waren. Es muß gewährleistet sein, daß die Allgemeinheit vor solchen Jugendlichen und auch vor Fahrern, die oftmals ein Jahr und länger nicht am Steuer gesessen haben, geschützt wird. Es muß verhindert werden können, daß jeder Hinz und Kunz sich einen Wagen leihen kann, obgleich er vielleicht lange Zeit nicht mehr am Steuer gesessen hat, und auf die Bevölkerung losgelassen wird.
Ein weiteres Problem, dem sowohl der Bund wie die Länder ihre Beachtung schenken sollten, ist die zunehmende Lärm- und Geruchsbelästigung in den Städten. Kürzlich hat in Bremen in den Hauptverkehrszeiten eine Untersuchung stattgefunden, die zu einem geradezu erschütternden Ergebnis geführt hat. Wir sollten alle die Forderung erheben, daß Wissenschaft und Forschung sich mehr denn je um Erkenntnisse bemühen, mit denen die Lärmbekämpfung und die Bekämpfung der Geruchsbelästigung — beide Belästigungen können letzten Endes zu Gesundheitsschäden führen — besser vorgenommen werden können, als das zur Zeit der Fall ist. Ich glaube, angesichts der Tatsache, daß wir mit einem ständig wachsenden Verkehrsvolumen zu rechnen haben, ist es dringend notwendig, auch dieser Frage entsprechende Aufmerksamkeit zu schenken. In letzter Zeit ist von verschiedenen Seiten die Forderung erhoben worden, beispielsweise zu versuchen, die Abgase von Benzinfahrzeugen zu filtern. Diese Forderung wird vielleicht im Augenblick noch belächelt; es wird aber sicher nicht sehr lange dauern, dann wird auch sie Allgemeingut sein.
Ich komme zum Schluß meiner Ausführungen. Meine Freunde und ich begrüßen es, daß der — ich möchte einmal sagen — Kalte Krieg zwischen Schiene und Straße offenbar doch sein Ende gefunden hat; das ist in diesem Falle auch ein wichtiges Stück Verteidigungsbeitrag. Wir hoffen nur, daß dieser Kalte Krieg auch wirklich definitiv zu Ende ist. Er wird allerdings auf einer anderen Seite noch weitergeführt; denn die andauernde Verkehrsunsicherheit, in der wir uns noch befinden, ist leider Gottes auch ein Kalter Krieg. Ich möchte mit dem schließen, was der Kollege Rademacher hier sehr richtig ausgeführt hat. Er sagte, daß die Forderung der nächsten Jahre lauten müsse, Straßen, Straßen und noch einmal Straßen zu bauen. Die Verantwortlichen werden uns, dem Parlament, entgegenhalten: Dann sagt uns, woher die Mittel kommen sollen. Ich kann hier auch nur mit dem Kollegen Rademacher darauf hinweisen, daß es bei einer entsprechenden Aufgeschlossenheit nicht nur des Verkehrsausschusses, sondern auch besonders des Herrn Finanzministers, möglich sein muß, mehr zu tun, als in den vergangenen Jahren auf diesem Gebiet getan worden ist.
— Wir werden standhaft bleiben!