Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU umfaßt nur ein Teilgebiet des Komplexes der Sicherheit im Straßenverkehr. Sie behandelt das Verschulden der Fahrer und der Fahrzeughalter, die Mängel an den Fahrzeugen, die Verstöße gegen das Güterkraftverkehrsgesetz, die Verkehrsüberwachung und schließlich die Rechtsprechung bei Verstößen gegen die Verkehrsgesetze. Es handelt sich also hierbei im wesentlichen um eine Materie, die nicht in die Zuständigkeit der Legislative, sondern in die Zuständigkeit der Exekutive gehört.
Uns wäre es lieber gewesen, wenn sich die notwendige Aussprache über die Verkehrssicherheit über den ges a m t en Komplex erstreckt hätte und dabei auch das Gebiet der vorbeugenden Maßnahmen des Staates, z. B. der Straßenbau, zur Sprache gekommen wäre. Sie haben den Straßenbau vorhin kurz erwähnt, Herr Kollege MüllerHermann. Ich werde mir erlauben, darauf kurz einzugehen.
Wenn es auch richtig ist, wie hier betont wurde, daß eine Vielzahl von Verkehrsunfällen durch technische Mängel der Fahrzeuge und durch menschliches Versagen verschuldet wird, so kann, glaube ich, nicht geleugnet werden, daß die Zahl der Unfälle erheblich geringer wäre, wenn durch eine vernünftige Verkehrs- und Finanzpolitik das Straßennetz rechtzeitig den Bedürfnissen der wachsenden Motorisierung angepaßt worden wäre.
Der Herr Bundesverkehrsminister hat soeben dem Sinne nach festgestellt, daß die Legislative durch die Verabschiedung einiger Gesetze ihrer Pflicht genügt und damit praktisch ihr Soll erfüllt habe. Das kann nur hinsichtlich der Regelung des Verkehrs auf den Straßen gelten. In der Anpassung der Verkehrswege an die gestiegene Motorisierung hat die Legislative, soweit es die Mittelbewilligung angeht, ihre Aufgabe bisher nicht, auch nicht annähernd erfüllt. Ich glaube, daß mangelnde Planung, überspitztes fiskalisches Denken und vor allem Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ministerien die Hauptursachen für die bisherigen, so verhängnisvollen Versäumnisse auf dem Gebiet des Straßenbaues sind. Wir werden auf diese Zusammenhänge ausführlicher zu sprechen kommen, wenn der Verkehrshaushalt für das neue Rechnungsjahr zur Debatte steht, in der Hoffnung, daß bis dahin der sagenhafte Zehnjahresplan des Bundesverkehrsministeriums endlich der Öffentlichkeit mitgeteilt wird.
Nun zur Großen Anfrage im speziellen. Hier ist zunächst, Herr Kollege Müller-Hermann, von der Verkehrsüberwachung gesprochen worden. Wir befürworten im Interesse des Schutzes des menschlichen Lebens die notwendige personelle Verstärkung und die bessere Ausstattung der Polizeikräfte. Wir halten eine enge Zusammenarbeit der verschiedenen Polizeibehörden für dringend erforderlich. Wir glauben aber, daß es darüber hinaus notwendig ist, für die in der Obhut des Bundes stehenden Straßen eine besondere Formation, eine Bundesverkehrspolizei zu schaffen. Eine solche Bundesverkehrspolizei sollte sich aus Beamten zusammensetzen, die von den Ländern abgestellt, zu bestimmten Einheiten zusammengefaßt und nach einheitlichen Richtlinien ausgerichtet werden.
Erst nach der Schaffung einer solchen Bundesverkehrspolizei wird eine verstärkte Überwachung und Kontrolle des Verkehrs auf den großen Durchgangsstraßen und eine bessere Erfassung der Verkehrssünder möglich sein. Ich glaube — das scheint mir das wichtigste Anliegen bei einer solchen Einrichtung zu sein —, daß der wechselnde Einsatz der Einheiten und eine gründliche Kontrolle viele rücksichtslose Fahrer zur Vorsicht mahnen wird. Die Anhaltspunkte für den jeweils zweckmäßigsten Einsatz der Verkehrspolizei sollten aus einer verbesserten Auswertung einer tunlichst zentralisierten Unfallstatistik gewonnen werden.
Natürlich wird die Schaffung einer Bundesverkehrspolizei die Frage der ministeriellen Zuständigkeit aufwerfen. Hierüber wird man noch sprechen müssen, ebenso hinsichtlich der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes. Wenn aber eine solche Bundesverkehrspolizei geschaffen werden sollte, dann wäre es nach meiner Auffassung am zweckmäßigsten, sie der Zuständigkeit des Bundesverkehrsministeriums zu unterstellen und innerhalb des Ministeriums ein besonderes Dezernat zur Bekämpfung von Straßenunfällen einzurichten. Die Zuständigkeit des Bundesverkehrsministers könnte daraus abgeleitet werden, daß die Bundesverkehrspolizei einen gewissen Analogiefall zur Bahnpolizei darstellt. Die Bahnpolizei ist nicht dem Innenministerium, sondern der Bundesbahn unterstellt.
Ich glaube, wenn eine solche Bundesverkehrspolizei geschaffen wird, ist es durchaus notwendig, auch einen engen Kontakt mit den Verkehrspolizeibehörden der Länder herzustellen, um in besonderen Fällen den gleichzeitigen Einsatz aller Verkehrspolizeikräfte zu ermöglichen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch ein Wort zur Frage der Verkehrsdisziplin sagen. Ich bin der Meinung, daß vieles Unglück sich verhüten läßt, wenn die Disziplin der Fahrer nur um ein weniges angehoben werden könnte. Beispiele in anderen Ländern, in England und in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, sind ein typischer Beweis dafür. Ich möchte deshalb auch von dieser Stelle aus einen Appell an die Organisationen der gewerblichen Wirtschaft und des gewerblichen Güterkraftverkehrs richten, von sich aus in regelmäßigen Abständen auf die Beachtung der Verkehrsvorschriften hinzuweisen und ihre Mitglieder zur Rücksichtnahme auf andere Verkehrsteilnehmer anzuhalten.
Man hat mitunter den Eindruck, daß mit der zunehmenden Größe und Schwere der Fahrzeuge auch der Anspruch auf eine bevorzugte Benutzung der Verkehrswege wächst. Es ist vorhin von einem Rowdytum auf der Straße gesprochen worden. Ich möchte nicht so weit gehen; aber ich glaube, eine genaue Überwachung des Straßenverkehrs könnte viel Unheil verhindern.
Die Bundeszentralgenossenschaft für das Straßenverkehrsgewerbe hat kürzlich damit begonnen, allgemeine Lehrgänge für Kraftfahrer abzuhalten, um die Fahrer mit der Verkehrsgesetzgebung vertraut zu machen. Ich würde es begrüßen, wenn dieses Beispiel auch bei anderen Organisationen Schule machen und das Bundesverkehrsministerium derartigen Einrichtungen eine besondere Aufmerksamkeit widmen würde. Vielleicht läßt sich auch eine finanzielle Unterstützung solcher Einrichtungen ermöglichen.
Meine Damen und Herren, ein paar Bemerkungen zu dem Teil der Großen Anfrage, der sich mit den Überladungen der Fahrzeuge beschäftigt. Herr Kollege Müller-Hermann, Sie sind in der Formulierung der Fragen sehr vorsichtig gewesen. Aber wenn ich es richtig lese, dann steckt hinter Ihren Fragen doch die Forderung, bei Überladungen das Fahrzeug sicherzustellen, das beförderte Gut zwangsweise umzuladen und eventuell dem Fahrzeughalter die Lizenz zu entziehen. Das sind drei sehr rigorose Maßnahmen, die meines Erachtens eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes erforderlich machen. Wenn man diese Dinge durchsetzen will, wird man entsprechende Anträge stellen müssen; sonst würde die Große Anfrage ja eine leere Deklamation sein. Ich möchte also annehmen, Herr Kollege Müller-Hermann — Sie sind ja im allgemeinen als recht antragsfreudig bekannt —, daß Sie entsprechende Anträge stellen werden. Über diese Anträge werden wir dann im Ausschuß noch etwas ausführlicher sprechen müssen.
Eines darf ich aber heute schon feststellen: wenn man Überladungen wirksam ausschalten will, dann müssen unvermutbare, überraschende Gewichtskontrollen auf allen Straßen stattfinden. Die Überprüfung der Gewichte wird von uns befürwortet. Ich möchte noch einen Schritt weitergehen und den Herrn Bundesverkehrsminister bitten, im Zusammenhang mit der Beratung der Verkehrssicherheitsgesetze dem Verkehrsausschuß realisierungsreife Vorschläge zu unterbreiten und dabei Erfahrungen in den Vereinigten Staaten beim fliegenden Einsatz von Einheiten zwecks Überprüfung der Gewichte zu berücksichtigen.
— Bitte!