Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem eben begründeten Antrag möchte ich mir erlauben, einige Worte zu sagen, aus denen hervorgehen soll, daß sich bei der Verwirklichung des zweiten Teils des Antrags einige praktische, aber auch rechtliche Schwierigkeiten ergeben. Soweit der Antrag lediglich darauf gerichtet ist, daß der deutsche Beitrag zum OEEC-Jahresbericht dem Bundestag oder einem Ausschuß, dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik, zur Kenntnis gebracht wird, bestehen selbstverständlich keine Schwierigkeiten. Aber die Einholung einer Stellungnahme des Bundestages verursacht solche Schwierigkeiten.
Damit Sie diese Schwierigkeiten erkennen, erlaube ich mir, mit wenigen Worten die Art des Berichtsverfahrens und den Gang der Handlung zu erläutern. Jährlich gibt die OEEC in Paris Richtlinien bekannt, nach denen die Länder ihre Berichtsbeiträge liefern sollen. In Deutschland setzen wir uns dann im interministeriellen Ausschuß zusammen und entwerfen gemeinsam den deutschen Beitrag. An diesem Ausschuß sind alle Ministerien beteiligt, die sich für die Arbeit und die Angelegenheiten der OEEC interessieren. Außerdem wirkt das Statistische Bundesamt sehr stark mit. Der Ausschuß bildet auch Arbeitskreise. Ich möchte die zwei wichtigsten nennen. Der eine Arbeitskreis ist für die Probleme der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, der zweite Arbeitskreis für die Fragen der Zahlungsbilanzstatistik gebildet. Die Arbeiten dieser Arbeitskreise dürften es sein, die gerade auch unter dem Blickpunkt des Antrags interessant sind.
Nach diesen Vorarbeiten geht der gemeinsam formulierte Entwurf ins Kabinett und wird dort genehmigt oder geändert. Erst dann überreichen wir ihn in Paris.
Nun wird dieser deutsche Beitrag keineswegs sofort inhaltlich oder wörtlich übernommen, sondern die OEEC setzt dann das sogenannte Länderexamen an, dem jedes Mitgliedsland unterworfen ist. Dieses Länderexamen wird durch formulierte Fragen vorbereitet, die von jeweils zwei Ländern unter Mitarbeit des Länderreferenten der handelspolitischen Abteilung der OEEC aufgesetzt werden. Zu diesen Fragen muß jedes Land, also auch die deutsche Bundesrepublik, binnen sehr kurzer Zeit Stellung nehmen. Es folgt dann die Examensverhandlung selbst, die mündlich in Paris stattfindet. Dieses Examen sieht auf der einen Seite die Vertreter der OEEC und auf der anderen Seite die deutschen Regierungsvertreter.
Noch vor dem Examen geht die OEEC an die Ausarbeitung des endgültigen Länderkapitels Deutschland. Dieses endgültige Kapitel wird uns vor seiner Drucklegung zugesandt. Wir können dann noch Änderungswünsche äußern; das tun wir auch. Die OEEC ist aber in der Gestaltung ihres Berichts hinsichtlich der einzelnen Länder einschließlich Deutschlands frei. Unser Berichtsentwurf ist nur Material ebenso wie die Ergebnisse des Länderexamens und die sonstigen Statistiken oder Unterlagen, die sich die OEEC auf andere Weise beschafft.
Es schließt sich daran die Arbeit der OEEC an dem allgemeinen Teil an, der die einzelnen Länderkapitel überdeckt und in dem die Gesamtlage der in der OEEC vereinigten Länder beurteilt und einer Würdigung unterworfen wird. Dann folgt eine Darstellung der künftigen Entwicklung und Aussichten. Auch diese Arbeit wird jedem einzelnen Land zugestellt, und so ist auch Deutschland in der Lage, dazu Stellung zu nehmen. Diese ganze Berichtsarbeit wollen Sie bitte unter dem Blickpunkt sehen, daß die Arbeit der OEEC unter dem Aspekt einer kritischen Darstellung und Würdigung der Wirtschaftslage der einzelnen Mitgliedsstaaten und der Zukunftsaussichten steht. Es scheint mir ungemein schwierig zu sein, eine verantwortliche Mitarbeit des Bundestages oder eines Ausschusses in dieses Verfahren einzugliedern, weil sich dieses Verfahren in mehreren Etappen abspielt. Wenn eine echte Mitwirkung sachlicher Art erfolgen sollte, müßte eigentlich der Ausschuß oder müßten wenigstens eine Reihe von Mitgliedern desselben in jeder Phase beteiligt sein. Das ist praktisch wohl kaum darzustellen.
Noch schwieriger wäre die etwaige Mitwirkung im Examen in Paris, weil dort auf der Länderseite immer nur Regierungsvertreter aufzutreten pflegen, überhaupt nur auftreten können. Allerdings können die Regierungsvertreter Sachverständige zuziehen, was auch vorkommt. Aber ein Bundestagsmitglied könnte nicht als solches, nicht in seiner Eigenschaft als Bundestagsmitglied auftreten. Außerdem könnten die deutschen Regierungsvertreter bei der Vertretung einer These auch nicht mit dem Einwand kommen, sie werde zwar nicht von ihnen, sondern vom Bundestag oder einem seiner Ausschüsse vertreten. Mit diesem Einwand würden sie nicht gehört werden, weil der OEEC gegenüber eben die Vertreter der Bundesregierung für das Vorgetragene verantwortlich sind. — Soweit meine Bedenken und meine Schilderung der Hindernisse auf der praktischen, verwaltungstechnischen Seite.
Ich muß mir erlauben, auch noch einige rechtliche Bedenken hinzuzufügen. Soweit die Einschaltung des Bundestages oder des Wirtschaftspolitischen Ausschusses über die lediglich zu Informationszwecken erfolgende Berichterstattung der Bundesregierung hinausgeht, soweit mehr als ein Kenntnisnehmen, vielleicht auch ein kritisches Kenntnisnehmen erfolgen soll, nämlich ein Stellungnehmen mit aktiver Beteiligung, scheinen mir die Kompetenzen des Parlaments überschritten zu sein.
Rechtlich ist die Berichtstätigkeit Deutschlands die Erfüllung einer völkerrechtlichen Verpflichtung, nämlich der des Art. IX der Konvention über wirtschaftliche Zusammenarbeit. Diese völkerrechtliche Pflicht zu erfüllen, ist Aufgabe der Regierung. Die Staatsrechtler stimmen mit dem Grundgesetz darin überein, daß hier die Aufgabe des Parlaments ihre Grenze findet. Am Abkommen selbst mitzuwirken, ist Sache des Parlaments; aber die Ausführungshandlungen vorzunehmen, die Berichterstattung selbst und auch die Verantwortung dafür zu tragen, ist Sache der Regierung. Ich erlaube mir, die Meinung zu äußern, daß ein Hineinragen der einen Tätigkeit in die andere immer unschön und eine saubere Trennung der Kompetenzen zu empfehlen ist.
Ich habe mit Absicht die mehr praktischen Hindernisse an den Anfang meiner Ausführungen ge-
stellt und ihnen etwas mehr Raum gegeben als den rechtlichen, weil ich weiß, daß nur rechtliche, besonders staatsrechtliche Betrachtungen oft formalistisch sind und als Vorwände für andere Gründe gelten können, die nicht genannt werden. Aber immerhin wollte ich darauf aufmerksam machen.
Was den Wunsch nach Information betrifft, so kann ich erklären, daß unser Haus gern bereit ist, ihn voll zu erfüllen. Ich glaube auch gerade für meinen Minister, Herrn Dr. Blücher, sagen zu können, daß es ihm nicht die Erfüllung einer lästigen Pflicht bedeutet, den Wirtschaftspolitischen Ausschuß auf dem laufenden zu halten, sondern es ihn geradezu befriedigt, um nicht zu sagen, ihm eine Freude macht, wenn er dem Ausschuß diese Dinge unterbreiten kann. Denn wir haben im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit immer das Empfinden gehabt, daß die Beiträge Deutschlands zu den Arbeiten der OEEC dem Parlament und darüber hinaus der Öffentlichkeit nicht genügend zur Kenntnis gelangen. Diesen Wunsch zu erfüllen, wäre mir ein ernstes Anliegen und verspreche ich. Insoweit, glaube ich sagen zu können, gehen wir mit Ihrem Antrag durchaus konform.