Rede:
ID0211801400

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2118

  • date_rangeDatum: 9. Dezember 1955

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    2. Deutscher Bundestag — 118. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1955 6277 118. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1955. Geschäftliche Mitteilungen 6277 C g Glückwünsche zum Geburtstag des Abg: Bauereisen 6277 B Mitteilungen über Beantwortung der Kleinen Anfrage 207 (Drucksachen 1865, 1925) 6277 C Mitteilung über Vorlage der Denkschrift fiber eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 1924) 6277 C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1956 (Haushaltsgesetz 1956) (Drucksache 1900) 6277 C Dr. Vogel (CDU/CSU) 6277 C, 6291 D, 6292 A Schoettle (SPD) . . 6286 A, 6291 D, 6292 A Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . . 6297 A Niederalt (CDU/CSU) 6301 D Dr. Kather (GB/BHE) . . . 6305 C, 6310 A Dr. Schild (Düsseldorf) (DP) . . . . 6312 B Überweisung an den Haushaltsausschuß 6317 C Nächste Sitzung 6317 C Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6317 A Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Kopf 31. März 1956 Mensing 1. März 1956 Dr. Starke 28. Februar 1956 Jahn (Frankfurt) 9. Januar 1956 Moll 1. Januar 1956 Peters 1. Januar 1956 Klingelhöfer 31. Dezember 1955 Neumann 21. Dezember 1955 Feldmann 17. Dezember 1955 Heiland 17. Dezember 1955 Hörauf 17. Dezember 1955 Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 17. Dezember 1955 Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 17. Dezember 1955 Welke 17. Dezember 1955 Dr. Luchtenberg 16. Dezember 1955 Dr. Reichstein 16. Dezember 1955 Dr. Graf (München) 15. Dezember 1955 Frau Rudoll 15. Dezember 1955 Schröter (Wilmersdorf) 15. Dezember 1955 Josten 12. Dezember 1955 Dr. Graf Henckel 11. Dezember 1955 Frau Albertz 10. Dezember 1955 Dr. Baade 10. Dezember 1955 Gedat 10. Dezember 1955 Eberhard 10. Dezember 1955 Kiesinger 10. Dezember 1955 Kriedemann 10. Dezember 1955 Kutschera 10. Dezember 1955 Onnen 10. Dezember 1955 Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Op den Orth 10. Dezember 1955 Frau Renger 10. Dezember 1955 Dr. Atzenroth 9. Dezember 1955 Brandt (Berlin) 9. Dezember 1955 Brese 9. Dezember 1955 Frau Dietz 9. Dezember 1955 Dopatka 9. Dezember 1955 Euler 9. Dezember 1955 Dr. Gleissner (München) 9. Dezember 1955 Gockeln 9. Dezember 1955 Glüsing 9. Dezember 1955 Haasler 9. Dezember 1955 Dr. Horlacher 9. Dezember 1955 Huth 9. Dezember 1955 Jacobi 9. Dezember 1955 Keuning 9. Dezember 1955 Kurlbaum 9. Dezember 1955 Kühlthau 9. Dezember 1955 Leibfried 9. Dezember 1955 Lermer 9. Dezember 1955 Dr. Leverkuehn 9. Dezember 1955 Lücker (München) 9. Dezember 1955 Frau Dr. Maxsein 9. Dezember 1955 Dr. Menzel 9. Dezember 1955 Morgenthaler 9. Dezember 1955 Dr. Reif 9. Dezember 1955 Scharnberg 9. Dezember 1955 Dr.-Ing. E. h. Schuberth 9. Dezember 1955 Schulze-Pellengahr 9. Dezember 1955 Frau Dr. Schwarzhaupt 9. Dezember 1955 Stahl 9. Dezember 1955 Unertl 9. Dezember 1955 Frau Vietje 9. Dezember 1955 Wagner (Ludwigshafen) 9. Dezember 1955 Wehking 9. Dezember 1955
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Martin Blank


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine beiden Herren Vorredner haben dem Herrn Bundesfinanzminister und seinem Ministerium den Dank dafür ausgesprochen, daß der Haushaltsvoranschlag 1956 so zeitig vorgelegt worden ist. Für meine Freunde und mich selbst kann ich mich diesem Dank nur anschließen.
    Lassen Sie mich bitte einen Augenblick bei dem gewaltigen Umfang der Drucksache 1900 und all dessen, was dazu gehört, bleiben. Ich habe den Eindruck, daß der Herr Bundesfinanzminister mit voller Absicht eine besondere Art von dünnem Papier hat wählen lassen, das sich auch schon bei der sogenannten Luxusausgabe des verabschiedeten Haushalts bewährt hat, damit man das Ganze überhaupt noch transportieren kann. Die „Allgemeinen Vorbemerkungen" sind in diesem Jahr zwar nicht dicker als im vorigen Jahr, aber dafür um eine ganz stattliche Anzahl von Seiten länger. Diese Allgemeinen Vorbemerkungen werden sich — das ist wohl mit Sicherheit zu erwarten — immer mehr zu einer durchaus regelmäßigen und sich ständig vervollkommnenden Einrichtung, die zum Bundeshaushalt gehört, entwickeln. Sie sind auch diesmal wieder eine Fundgrube von Material. Man kann sich, ich möchte beinahe sagen, weit über den Bereich des Bundesministeriums der Finanzen hinaus über fast alles, was in Deutschland im öffentlichen Bereich passiert ist, aus den Allgemeinen Vorbemerkungen unterrichten lassen.
    Die Fortschritte, die bei den Allgemeinen Vorbemerkungen zu verzeichnen sind, ergeben sich besonders auf dem Gebiete der Bundesbeteiligungen. Da stellen die konsolidierten Bilanzen der großen Bundesunternehmungen eine wirkliche Weiterentwicklung gegenüber dem dar, was uns noch im vorigen Jahr geliefert wurde. Ich kann das hier nur am Rande vermerken; denn über Einzelheiten der Bundesbeteiligungen zu sprechen, ist die erste Beratung des Bundeshaushalts nicht der richtige Ort. Wir haben ja sogar einen besonderen Unterausschuß dieses Hohen Hauses, der sich mit diesen Fragen beschäftigt.
    Als eine ausgesprochene Neuheit möchte ich auch den ausdrücklich als Entwurf bezeichneten Funktionenhaushalt besonders erwähnen. Meine Herren Vorredner haben ebenfalls schon davon gesprochen. Mein Eindruck bei der Durchsicht dieses Funktionenhaushalts geht dahin, daß schon durch diese Form der Beweis geliefert ist, daß ein Parlament einen nach Funktionen aufgegliederten Haushalt niemals wird verabschieden können. Wir werden höchst wahrscheinlich bei der institutionellen Aufgliederung des Haushaltsplans bleiben müssen. Das war ja auch der Eindruck der Mitglieder des Hohen Hauses, die im Sommer dieses Jahres in Amerika waren und die nun hier in schöner Gleichmäßigkeit nacheinander das Wort ergreifen; ich bin Numero 3. Wir haben uns drüben davon überzeugt, daß in dem Bundesstaat „Vereinigte Staaten von Amerika" sehr viele Probleme gleicher Art bestehen, daß aber die Form, in der man dieser Probleme Herr werden will, ganz andersartig und auch in den einzelnen Staaten sehr verschiedenartig ist. Aber ich will auch darauf nicht weiter eingehen. Allen Kollegen, die sich für diese Seite interessieren, darf ich die Lektüre unseres leider sehr umfangreich gewordenen Berichts, der vor einigen Monaten verteilt wurde, sehr ans Herz legen.
    Auch das Sachverzeichnis — es ist in dieser Form mehr ein technisches Hilfsmittel — ist zu begrüßen. Aber ebenfalls auf unsere amerikanischen Erfahrungen, insbesondere auf eine Bemerkung, die auch in unserem Bericht steht, gestützt, möchte ich folgende Bitte an den Herrn Bundesfinanzminister und seine Herren richten: bitte viel Information, möglichst konzentriert, aber bitte nicht zuviel Papier! Die Gefahr, daß man einen Bericht wegen seines Umfanges gar nicht erst zu lesen anfängt, ist bei allen Parlamentariern, die in der Weise in Anspruch genommen sind, wie das bei uns der Fall ist, sehr groß. Sie finden in unserem Amerikabericht eine Stelle, an der es heißt, daß auch die amerikanischen Stellen der Exekutive ihren Parlamentariern sehr dicke, sehr klein gedruckte, sehr lange Berichte vorlegen und daß die Berichte vielleicht in dem sicheren Vertrauen so ausgestaltet sind, daß sie dann nicht gelesen werden. Auf diesen Weg wollen wir uns bitte nicht begeben, nicht nur wegen der Kosten, sondern auch wegen des Gewissens der Abgeordneten, die ja die Verpflichtung fühlen oder fühlen sollten, die ihnen von der Regierung unterbreiteten Schriftstücke zu lesen!

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Einige Worte möchte ich dem Haushaltsgesetz widmen, das in dem jetzt vorgelegten Entwurf gegenüber 1955 verhältnismäßig wenig Änderungen aufweist. Mit meinen Herren Vorrednern bedauere ich aufs tiefste, daß der § 6 wiederum die Außerkraftsetzung des § 75 der Reichshaushaltsordnung vorsieht. Das heißt also, daß wir uns wieder einmal mit den Fehlbeträgen der Vorjahre, wie es das Gesetz vorschreibt, nicht befassen sollen. Meine Damen und Herren, wir haben — das hat der Herr Bundesfinanzminister mit Recht gesagt — einen gesunden, einen sicheren Haushalt. Er hat sich auf das Urteil des Bundesrates berufen, der ebenfalls diesen Haushalt als „innerlich gesund" bezeichnet. Ich stehe auf dem Standpunkt: Wenn wir im Zeichen noch weiter steigender Zahlen die Verpflichtung des § 75 nicht erfüllen, dann versäumen wir etwas. Ich will die Frage der Notwendigkeit des Verfahrens, das § 75 vorschreibt, hier


    (Dr. Blank [Oberhausen])

    gar nicht untersuchen. Wenn man glaubt, daß man auf die nachträgliche Abdeckung von Fehlbeträgen früherer Haushaltsjahre verzichten kann, bitte, dann soll man das Gesetz ändern, aber nicht sich selbst den bequemen Ausweg schaffen, durch einen kleinen Paragraphen die Anwendung eines Gesetzesparagraphen, der ja nicht zum Scherz in die Reichshaushaltsordnung hineingekommen ist, einfach von Jahr zu Jahr außer Kraft zu setzen. Ich finde, man muß die Vorschriften durchführen. Wenn sie undurchführbar geworden oder wenn sie unpraktisch, unanwendbar geworden sind, dann muß man sie ändern, darf sie aber nicht einfach so beiseite schieben.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.)

    Der Herr Bundesfinanzminister hat in seiner gestrigen Rede einen sehr kurzen Satz gesprochen, den meine Freunde und ich nur aufs nachdrücklichste bestätigen können: Die Finanzpolitik hat zu dienen. Das beste an diesem Satz ist diese uneingeschränkte Kürze, diese Feststellung: die Finanzpolitik hat zu dienen. Wir haben uns manchmal mit Situationen zu beschäftigen gehabt, in denen wir — Herr Kollege Schoettle hat in anderem Zusammenhang davon gesprochen — uns als Parlament gelegentlich der vom Ministerium gemachten Finanzpolitik glaubten erwehren zu müssen. Das von dem Herrn Bundesfinanzminister erwähnte englische Beispiel, das auf völlig anderen staatsrechtlichen und — wenn man das bei England sagen darf — verfassungsrechtlichen Grundlagen beruht, kommt ja für uns leider, leider nicht in Frage. Ich kann mir nicht vorstellen, daß in den zuständigen Instanzen eine Änderung unseres Grundgesetzes, das den Lauf der Gesetzgebung vorschreibt, irgendwie Aussicht auf Verwirklichung hätte. Also können wir nur mit Wehmut daran denken und sagen: Albion, in dieser Beziehung hast du's besser!
    Der Herr Bundesfinanzminister hat den Haushaltsvoranschlag 1956 als einen Haushalt der Sicherheit nach innen und nach außen bezeichnet. Wir sind durchaus bereit, anzuerkennen, daß das angestrebt ist, in weitem Umfange, soweit man das heute überhaupt übersehen kann, erreicht ist und daß es ein im höchsten Grade erstrebenswertes Ziel ist, einen solchen Haushalt der Sicherheit nach innen und nach außen aufzustellen. Eine Bemerkung kann ich mir in diesem Zusammenhang allerdings nicht verkneifen. Die Finanzpolitik hat zu dienen, darüber haben wir eben gesprochen. Die Sicherheit des Haushalts soll dem Ganzen dienen, nicht so sehr dem Finanzministerium. Jedenfalls darf das Sicherheitsgefühl, das durch den Haushaltsplan im Bundesfinanzministerium vielleicht hervorgerufen werden kann, den Steuerzahler nicht unnötig viel kosten.
    Angesichts der unerwartet günstigen Entwicklung der Konjunktur leben weiteste Teile unserer Wirtschaft, besonders aber auch die öffentliche Finanzwirtschaft in einem, man möchte beinahe sagen, euphorischen Zustand, von dem wir überzeugt sein müssen, daß er nicht ununterbrochen bis in fernste Zukunft andauern wird.

    (Abg. Dr. Willeke: Sehr richtig!) Das wird nicht immer so bleiben.

    Gerade in diesem Zusammenhang spielen die Überlegungen bezüglich der Sicherstellung der in den nächsten Jahren wachsenden Verteidigungsausgaben eine ganz besondere Rolle. Niemand denkt daran, sich den Verpflichtungen, soweit sie auf internationalen Verträgen beruhen, zu entziehen. Wichtig ist auch — das hat uns der Herr Bundesfinanzminister ja gestern versprochen —, daß die zu diesem Zweck für spätere Jahre angesammelten Mittel nicht schockartig auf die Wirtschaft losgelassen werden sollen im Wege plötzlich zu vergebender massierter Aufträge usw. Ein abweichender Vorschlag ist auch nicht gemacht worden, wie man anders, solange wir nicht die beneideten englischen Verhältnisse haben, die Deckung für das Anwachsen der Ausgaben sicherstellen könnte als durch eine gewisse Ansammlung; das häßliche Wort dafür heißt Hortung oder Thesaurierung.

    (Abg. Dr. Conring: Es ist bisher kein besserer Vorschlag gemacht worden!)

    — Es ist — das wollte ich gerade zum Ausdruck bringen — kein anderer Vorschlag gemacht worden. Wenn ich auch durchaus dafür bin, daß man, um mit dem Kollegen Schoettle zu reden, selbstverständlich auch die gute Stube der Verteidigung immer wieder von neuem abstauben muß — das ist ja auch in jedem anderen Zimmer erforderlich —, so bin ich doch der Meinung, daß hier in ganz besonderer Weise, solange kein besserer Vorschlag gemacht wird, auf dem vom Herrn Finanzminister vorgeschlagenen Wege die volle Erfüllung der uns hier erwachsenden Verpflichtungen sichergestellt werden sollte.
    Ich habe in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers einen Ausdruck gefunden, bei dem mir etwas unbehaglich wurde; der heißt „finanzwirtschaftliche Konjunkturpflege". So wie die Dinge noch lagen, als wir in Berlin zusammen waren, hätte ja dann die Pflege wohl in einer Abschwächung, in einer Abkühlung der damals vermuteten übermäßigen Konjunkturtemperatur bestehen müssen. Das alles hat sich mit der Abnahme der äußeren Temperatur auch in der öffentlichen Diskussion einigermaßen beruhigt. Konjunkturpflege möchte ich aber, soweit etwas Derartiges in einer sozialen Marktwirtschaft überhaupt zu erfolgen hat, lieber in der Gesamtpolitik der Bundesregierung durchgeführt sehen als nur durch das Finanzressort.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die finanzielle Ordnung ist oberstes Ziel der deutschen Finanzpolitik, hat der Herr Bundesfinanzminister gesagt. Selbstverständlich einverstanden, meine Damen und Herren! Finanzielle Ordnung aus vielen, vielen Gründen! Aber ich darf eine Bemerkung machen. Meine Freunde und ich glauben, daß zur finanziellen Ordnung auch die Vermeidung der Ansammlung zu hoher, nicht notwendiger Barbeträge in öffentlichen Kassen gehört.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Das eigentlich von alters her probateste und ganz gut bewährte Mittel scheint mir darin zu bestehen, daß weniger Steuern erhoben werden; dann kann der Überdruck in den Kassen nicht entstehen.

    (Beifall bei der FDP.)

    In einer Aussprache über den Bundeshaushalt muß natürlich auch die Einnahmeseite behandelt werden. Das hat auch der Herr Bundesfinanzminister getan. An den Seitenzahlen der Rede gemessen sind das, was der Herr Bundesfinanzminister zu etwa zu senkenden Steuern gesagt hat, dem Um-


    (Dr. Blank [Oberhausen])

    fange nach etwa 10 % gegenüber dem, was er über die Notwendigkeit der Ausgaben gesagt hat.
    Meine Freunde halten grundsätzlich ihre in den Anträgen Drucksachen 1762, 1763 und 1764 gestellten Forderungen auf Senkung der nach unserer Meinung auch heute noch übergroßen Steuerlast aufrecht. Ich darf die wichtigsten Forderungen hier noch einmal ganz kurz nennen. Wir fordern eine lineare Senkung des Tarifs der Einkommensteuer um 10 %.

    (Beifall bei der FDP' und in der Mitte.) Inzwischen hat die Bank deutscher Länder in ihrem November-Bericht, der heute schon zitiert worden ist, in dem Abschnitt über die öffentlichen Finanzen eine Darstellung gegeben, die nach unserer Überzeugung unserer Forderung in dieser Beziehung eine Stütze gibt, wie sie besser, klassischer und deutlicher gar nicht gegeben werden kann.


    (Abg. Raestrup: Sehr richtig!)

    Wir fordern auch eine Verbesserung — sie ist uns ja auch in Aussicht gestellt — der Ehegattenbesteuerung.

    (Abg. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders: Sehr richtig!)

    Wir sind allerdings der Auffassung, daß die Denkschrift des Bundesfinanzministeriums zu dieser Frage — über die ebenfalls schon gesprochen wurde — unsere Wünsche und Erwartungen nicht erfüllt, insbesondere auch insofern nicht, als wir mit voller Absicht eine Denkschrift der Bundesregierung erbeten hatten, aber eine Ausarbeitung des allerdings vordringlich zuständigen, aber nur eines Ressorts bekommen haben.

    (Abg. Seuffert: Das Familienministerium war sehr beteiligt!)

    — Ah, vielen Dank! Das wußte ich nicht. Ich kann mich immer noch nicht daran gewöhnen, daß es das gibt.

    (Heiterkeit. — Bundesminister Dr. Wuermeling: Das wird Ihnen noch gelingen, Herr Kollege!)

    — Ich bin überzeugt; aber es geht eben ein bißchen langsam.
    Meine Damen und Herren, wir verzichten in keiner Weise auf Verbrauchsteuersenkung gemäß unserer Drucksache 1762.

    (Abg. Dr. Gülich: Aber die Kollegen aus Ihrer eigenen Fraktion haben vorgestern dieselben Anträge Ihrer Fraktion im Finanzund Steuerausschuß abgelehnt! — Abg. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders: Sie haben sich enthalten!)

    — Sie haben sich enthalten, Herr Professor; die Dinge liegen doch etwas anders, als sie vereinfachterweise in der Zeitung stehen.

    (Abg. Dr. Gülich: Aber entschuldigen Sie mal, ich war doch dabei! Zum Teil Ablehnung, zum Teil Enthaltung, in keinem Falle Zustimmung!)

    — Für meine Fraktion habe ich das zu erklären, was ich hier eben gesagt habe.

    (Heiterkeit. — Abg. Dr. Gülich: Ich sage nur, wie es in Wirklichkeit gewesen ist! Abg. Schoettle: Das war ein eleganter Ausweg!)

    — Vielen Dank!
    Schließlich glauben wir, daß wir an der ebenfalls von uns in der Drucksache 1763 beantragten steuerlichen Begünstigung des Steinkohlenbergbaus festhalten müssen. Daß auf diesem Gebiet etwas Besonderes geschehen muß, halten wir für ein sehr dringendes Erfordernis im Interesse der Versorgung unserer Wirtschaft mit Grundstoffen.
    Wir müssen auch fordern, meine Damen und Herren, daß die Konsolidierung des ganzen Finanzwesens nicht ausschließlich bei den Bundesfinanzen selbst erfolgt. Dort ruft die angenehme Kassenlage höchstens besondere Begehrlichkeit hervor.

    (Abg. Scheel: Sehr richtig!)

    Wir sollten vielmehr auch bei den einzelnen Einkommensbeziehern und namentlich in den unteren und mittleren Kategorien vorsehen, daß auch dort eine Konsolidierung eintreten kann — um es vulgär auszudrücken: daß sich auch dort ruhig etwas Speck ansammelt —, damit die deutsche Volkswirtschaft im Jahre 1957 oder 1958 in der Lage sein kann, auch größere Beanspruchungen ohne Schwierigkeiten durchzustehen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wenn zusätzlich zu diesen Lohn- und Einkommensteuersenkungen noch Verbrauchsteuern, wie die Zucker- und die Zündwarensteuer, gesenkt werden können, wenn auch noch andere Verbrauchsteuern gesenkt werden können — wir haben eben davon gesprochen — und wenn außerdem bei Milch und Kohle die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden können, dann allerdings glauben wir, daß das ein abgerundetes Sofortprogramm auf dem Gebiete der Finanzen und Steuern ist. Dazu müßte aber vielleicht noch — diese Ergänzung möchte ich hier anbringen — die von dem Herrn Bundesfinanzminister selbst in Aussicht gestellte Erörterung der Frage kommen, ob gewisse Umsatzsteuerbelastungen in Fällen der Be- und Verarbeitung in Zukunft wegfallen können.
    Ob es richtig ist, beim Notopfer Berlin so vorzugehen, wie es der Herr Bundesfinanzminister in seiner gestrigen Rede in Aussicht gestellt hat, erscheint uns zweifelhaft. Wir glauben, daß die ganze Bevölkerung immer wieder auch in der Form einer finanziellen und im übrigen ja nicht untragbaren Belastung daran erinnert werden sollte, welche Aufgabe die Bundesrepublik in Berlin, für Berlin und damit für ganz Deutschland zu erfüllen hat.

    (Beifall bei der FDP.)

    Es ist völlig unmöglich — meinen Herren Vorrednern ist es genauso gegangen —, alle Gesichtspunkte zu behandeln, die der Herr Bundesfinanzminister in seiner gestrigen Rede herausgestellt hat, und es ist auch nicht möglich und nicht vorgesehen, in einer ersten Beratung in irgendeiner Weise auf Einzelprobleme des Haushalts einzugehen. Trotzdem darf ich einige ganz wenige Anmerkungen zu speziellen Fragen machen.
    Bezüglich des zukünftigen Schicksals der Bundesbahn sind wir nicht so pessimistisch, wie der Kollege Schoettle das eben geäußert hat.

    (Abg. Schoettle: Ich bin nicht pessimistisch! Sie müssen noch einiges tun!)

    — Der Meinung sind wir allerdings auch, und es geschieht ja schon eine ganze Menge. Vielleicht muß in der politischen Richtung etwas geschehen. Das muß erneut überlegt werden. Ich glaube aber,


    (Dr. Blank [Oberhausen])

    daß man dem Herrn Bundesfinanzminister — und das scheint mir auch im Sinne der Ausführungen des Kollegen Schoettle zu liegen — darin beistimmen muß, daß die Aufwendungen für die Bundesbahn, weil es sich um einen zur Zeit noch bestehenden laufenden Fehlbetrag handelt, von uns auch im ordentlichen Haushalt verkraftet werden müssen und nicht etwa, wie es der Bundesrat sich gedacht hat, in den außerordentlichen Haushalt aufgenommen werden können.

    (Abg. Dr. Vogel: Dann müßte aber erst ein endgültiger Finanzierungsplan vorgelegt werden!)

    - Es wäre ja überhaupt sehr erwünscht, wenn sich das eines Tages erreichen ließe.
    Meine Freunde begrüßen die zusätzlichen Aufwendungen für die ländliche Siedlung. Der Herr Bundesfinanzminister hat gestern die mich sehr erheiternde Bemerkung gemacht, der Appell an die Länder stehe in den Erläuterungen zu Kap. 10 02 Tit. 531. Ich bin der Meinung, daß es damit natürlich nicht getan ist. Ich habe mir die Erläuterungen zu Tit. 531 angesehen. Da steht: „Die Länder sollen . . .". Ich möchte, um die auch von dem Herrn Bundesfinanzminister ausgesprochene Erwartung und diesen mündlichen Appell zu unterstreichen, meinerseits erklären: Wir erwarten, daß sich die Länder an der Aufbringung der Finanzierungsmittel beteiligen, wie es in den Erläuterungen zu Tit. 531 von Kap. 10 02 steht.
    Selbstverständlich beobachten meine Freunde genau so wie die Herren Vertreter der anderen Fraktionen das weitere Anwachsen des Personalbestandes mit Sorge. Die Zahlen, die schon im Nachtragshaushalt 1955 und die ferner im Haushaltsvoranschlag 1956 — ohne Verteidigung — stehen, sind an sich objektiv nicht sehr groß. Aber der Trend geht eben leider immer noch nach oben, und wir müssen dahin kommen, daß es in dieser Beziehung rückwärts geht. Daß natürlich die Gesetzgebung dieses Hauses nicht unschuldig daran ist, daß die Ministerien glauben, die ihnen von uns übertragenen Arbeiten nur mit mehr Menschen erfüllen zu können, wollen wir zwar zugeben, und wir wollen uns auch selber vornehmen, diese Dinge stets im Auge zu behalten.

    (Abg. Niederalt: Wollen uns hoffentlich bessern!)

    Ich hatte neulich eine sehr interessante Unterhaltung mit dem Innenminister eines Landes, der sagte: Sie können auch bei uns sehr gut helfen, indem Sie nicht immer die obersten Landesbehörden in ihren Bundesgesetzen als die durchführende Stelle bestimmen. — Eine Sache, die wir uns gelegentlich einmal bei solchen Gesetzen überlegen müssen.

    (Abg. Dr. Vogel: Vor allen Dingen die Fassung der Durchführungsbestimmungen!)

    — Die Durchführungsbestimmungen tun dann auch noch ein weiteres dazu.
    Nachdrücklich anschließen möchte ich mich dem, was der Kollege Schoettle zur Frage des Luftschutzes gesagt hat. Die Summen, die in diesem Jahr für den zivilen Luftschutz vorgesehen sind, sind — gemessen an der Aufgabe — unendlich bescheiden, und wir brauchen uns bloß der vorgestrigen Diskussion über die Operation der Carte blanche zu entsinnen, um uns noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, welche Gefahren drohen. Ich
    möchte — das tue ich seit Jahren — die Dinge so betrachten: Wir alle sind, glaube ich, ohne Ausnahme, der Überzeugung, daß das Letzte geschehen muß, um einen Krieg zu verhindern. Aber wenn nachher ein Krieg, an dem wir vielleicht überhaupt gar nicht einmal selbst beteiligt sind, sondern in dem wir nur Objekt sind, über uns dahinbraust, und es ist in Deutschland zum Schutze der Zivilbevölkerung und auch der wichtigen Anlagen und Arbeitsplätze nichts geschehen, dann wird man sagen: Dafür, daß das passiert ist, seid ihr — das deutsche Parlament und die Regierung — verantwortlich. Wir müssen uns diese Sache sehr ernstlich überlegen, und es ist wirklich die Frage, was wichtiger ist — ich bitte um Entschuldigung, wenn ich diese beiden nicht miteinander in unmittelbarer Verbindung stehenden Dinge einmal in diese Verbindung setze —: Ist es wohl wichtiger, die gesetzlich zwingend nicht einmal vorgesehene Tilgung der Ausgleichsforderungen in Angriff zu nehmen und auf diesem Gebiet ein Milliardenprogramm durchzuführen — auf Jahre hinaus natürlich, aber der Luftschutz läßt sich auch nicht von heute auf morgen machen —, oder wäre es nicht doch mindestens erwägenswert, daß man die Mittel, die hier der Tilgung der Ausgleichsforderungen dienen sollen, vielleicht dem Schutz der Zivilbevölkerung dienstbar macht?
    Die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers über den Sozialetat haben uns in eindrucksvoller Weise vor Augen geführt, welche Leistungen unsere gesamte Volkswirtschaft für diesen Zweck erfreulicherweise hat aufbringen können.

    (Vizepräsident Dr. Schneider übernimmt den Vorsitz.)

    Es ist eine Binsenwahrheit, aber ich möchte es doch noch einmal sagen: nur eine ertragreiche Wirtschaft, eine Wirtschaft, die vorwärtsschreitet und Gewinne erzielt, kann Leistungen von dieser gewaltigen Milliardenhöhe aufbringen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Es .ist infolgedessen alles daran gelegen, daß der Weg, der uns bis zu diesem Maße wirtschaftlicher Aktivität und größeren Ertrages gebracht hat, auch weiter beschritten wird.

    (Beifall bei der FDP.)

    Der Einzelplan 14, der Haushalt des Bundesministeriums für Verteidigung, ist vorläufig noch im neuen Bundeshaushaltsplan ein Torso. Wir behandeln zur Zeit im Sicherheitsausschuß und im Haushaltsausschuß in gemeinsamen Sitzungen die Vorschläge, die zu einer beschleunigten Durchführung wenigstens der Anlaufmaßnahmen erforderlich sind. Hier wird sich ein Gesamtüberblick erst gewinnen lassen, wenn die Verwaltung in der Lage gewesen sein wird, uns die Einzelheiten in der Form eines Haushaltsvoranschlages zu unterbreiten. Beruhigend ist an dieser Sache, daß die vorgesehene Gesamtsumme im laufenden Haushaltsjahr unter keinen Umständen wird erhöht werden müssen oder können. Es wird also unbedenklich sein, selbst wenn die Einzelheiten im Augenblick der Verabschiedung des Haushalts 1956 noch nicht vorliegen, die Globalsumme zu beschließen.
    Der Herr Bundesfinanzminister und anschließend Herr Kollege Schoettle — ich weiß nicht, ob auch Sie etwas dazu gesagt haben, Herr Vogel; ich bitte um Entschuldigung — sind auf die Frage „Atom"


    (Dr. Blank [Oberhausen])

    — ich nenne einfach mal dieses Stichwort — eingegangen. Meine Freunde sind der Meinung, daß dieses Gebiet den nächsten Haushalt und die kommenden Haushalte stark in Anspruch nehmen wird. Die jetzt für die Bundesrepublik mögliche friedliche Nutzung der Kernenergien wird nicht nur dringende gesetzliche Maßnahmen erfordern, sondern auch materielle Bereitstellungen, um den schon sehr großen Vorsprung der anderen Staaten möglichst bald einzuholen. Ich möchte diese Notwendigkeit hier nicht im einzelnen begründen. Das wird sicherlich in Kürze bei der schon lange ausstehenden Aussprache über die diesen Fragenkomplex betreffende Große Anfrage mehrerer Abgeordneter aller Fraktionen ausgiebig geschehen. Dabei handelt es sich aber nicht etwa allein um die in der Öffentlichkeit so lebhaft diskutierte Frage der Planung und Aufstellung eines Atommeilers, sondern ganz allgemein auch um die Förderung der zentralen Forschung und Entwicklung, nicht zuletzt aber um die eigentlich schon überfällige Prüfung und Festlegung aller Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung, zur Überwachung von Wasser und Luft gegen radioaktive Verseuchung und anderes mehr. Hier wird eine gewisse Großzügigkeit in der Bereitstellung von Mitteln wahrscheinlich erforderlich sein. Gerade weil wir nicht in der Lage sein werden, so große Mittel aufzubringen wie beispielsweise die USA, Großbritannien oder sogar Frankreich, werden wir besonders überlegt vorgehen müssen, um den richtigen Einsatz zu sichern. Meine Fraktion wird jedenfalls in ,den Haushaltsberatungen energisch dafür eintreten, daß das Notwendige im Rahmen des Haushalts bereitgestellt wird.

    (Beifall bei der FDP.)

    Ein Wort lassen Sie mich zum Wohnungsbau sagen. Wir haben uns Laufe der letzten Jahre daran gewöhnt, 400, 500 Millionen DM für den sozialen Wohnungsbau als eine Selbstverständlichkeit anzusehen. Die Notwendigkeit für diese Aufwendungen besteht nach wie vor. Herr Kollege Schoettle hat sogar vorhin eine Verstärkung dieser Mittel um 200 Millionen gefordert. Man wird sich das überlegen müssen. Eine Verschiebung hat sich insofern ergeben, als nun ,allmählich durch das Fälligwerden einer größeren Anzahl von Bausparprämien, die ja aus den allgemeinen Wohnungsbauförderungsmitteln genommen werden müssen, das eigentliche, offizielle soziale Wohnungsbauprogramm beeinträchtigt wird. Das sollten wir, so wie die Dinge heute liegen, nicht zulassen. Meine Freunde und ich jedenfalls betrachten den Wohnungsbau noch immer als eine Aufgabe allererster Ordnung, als d i e Aufgabe im Bereich der Bundesrepublik. Ich möchte diesen Standpunkt auch von dieser Stelle aus ausdrücklich unterstreichen.
    Die Aufrechterhaltung der Kaufkraft unserer Währung, die Sicherheit der intervalutarischen Bewertung unserer Währung hatte der Herr Bundesfinanzminister als eine unserer wichtigsten Aufgaben bezeichnet. Wir können das nur bestätigen und auch das, unterstreichen, was zu diesem Punkt der Kollege Vogel in seinen Ausführungen gesagt hat. Es darf — so muß unsere Politik und insbesondere unsere Ausgabenpolitik beschaffen sein — überhaupt niemals der Gedanke aufkommen, die Währung könnte nicht stabil sein. Wir haben augenblicklich, wie uns der Herr Bundesfinanzminister gesagt hat, geradezu märchenhaft gute Deckungsverhältnisse des umlaufenden Geldes durch Gold und Devisen. Das wird nicht immer so
    bleiben; das gehört auch zu der Euphorie. Aber selbst wenn sich das in irgendeinem Zeitpunkt einmal ändern sollte, — unsere staatliche Ausgabenpolitik kann und darf niemals Anlaß auch nur zu Zweifeln geben an der Sicherheit und der Aufrechterhaltung des Wertes unserer Währung,
    Von meinen Herren Vorrednern ist schon verschiedentlich von der allmählich sehr notwendig gewordenen Reform des Haushaltsrechts gesprochen worden. Meine Kollegen Schoettle, Vogel und ich freuen uns sicherlich darüber, daß der Herr Bundesfinanzminister wesentliche Anregungen und Erkenntnisse, die wir in USA gewonnen haben und die in unserem Bericht niedergelegt sind, aufgreift. Auch uns erscheinen die Punkte: Rechnungsjahr gleich Kalenderjahr, Abschaffung des außerordentlichen Haushalts und dafür Einrichtung eines Kapital- oder Investitionshaushalts, Mehrjährigkeit gewisser Ausgabeermächtigungen, Anpassung der Reichshaushaltsordnung an die gegenwärtige staatsrechtliche Lage, Vermögensrechnung, Rechnungsabschluß, Bundesbeteiligungen usw. vordringlich zu sein. Wir freuen uns, wenn nun diese Arbeiten, die schon seit langem laufen, schnell weitergehen. Wir wissen, eine Reform des Haushaltsrechts ist eine unendlich komplizierte und langwierige Aufgabe. Wir glauben aber, daß man den Perfektionismus nicht zu weit treiben und dringliche Abänderungen in einer Art Kleiner Haushaltsrechtsreform lieber vorwegnehmen und gesetzlich verabschieden sollte. In diese Richtung führen ja auch die Ausführungen zu dem Thema auf den Seiten 228 und 229 der Allgemeinen Vorbemerkungen.
    In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses des Haushaltsausschusses lassen Sie mich sagen, daß wir im Rechnungsprüfungsausschuß besonders die Hoffnung haben, die Rechnungslegung und die Prüfung durch den Bundesrechnungshof mögen so beschleunigt werden, daß wir in einer nahen Zukunft aus den Erfahrungen und Ergebnissen vergangener Jahre und möglichst nahe zurückliegender Jahre Nutzanwendungen und Kenntnisse für die Behandlung des neuen Haushalts gewinnen können. Denn das ist ja eigentlich der letzte und tiefe Sinn einer Rechnungsprüfung. .

    (Abg. Dr. Vogel: Sehr richtig!)

    Namens meiner Freunde darf ich das Hohe Haus bitten, den Haushaltsvoranschlag, Drucksache 1900, dem Haushaltsausschuß zu überweisen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Niederalt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alois Niederalt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Jahres 1956 zeigt ein Merkmal, das äußerlich zunächst wohl am meisten auffällt. Es ist die Tatsache, daß auch in diesem Jahr das Haushaltsvolumen wieder nicht unerheblich angewachsen ist. Ich nenne nur drei Zahlen: 1954 hatten wir einen Etat von 27,1 Milliarden DM, 1955 einen solchen von 30,5 Milliarden DM, und der Haushalt 1956 liegt uns mit 32,5 Milliarden DM vor. Es ist richtig, das Wachstum des Haushalts gegenüber 1955 beträgt nur 6,5 % und steht damit vielleicht noch in einem tragbaren Verhältnis zum Anwachsen des Sozialprodukts, das bekanntlich in diesem Jahr über 10 % ausmacht. Trotzdem scheint mir aber in diesem unentwegten Wachsen des Haushaltsvolumens eine gefährliche Tendenz zu liegen. Ich möchte mich gegen diese


    (Niederalt)

    Tendenz wenden, und zwar vor allem deshalb, damit wir uns nicht einfach an diesen Umstand gewöhnen. Wenn das so weitergeht, müßten wir uns fragen: Bei welchem Haushaltsvolumen stehen wir im Jahre 1960?
    Ich glaube, es darf uns nicht wundernehmen, wenn dieses Wachstum des Haushaltsvolumens auch in der Öffentlichkeit ziemlich Kritik hervorgerufen hat. Ich meine, wir dürften an dieser Kritik nicht vorbeigehen. Ich sage „wir"; denn diese Kritik richtet sich nicht etwa in erster Linie gegen den Bundesfinanzminister, der etwa diese 2 Milliarden Mehrbetrag, wie ich jüngst in einer Zeitung gelesen habe, so ganz nebenbei verfrühstückt. Die Kritik richtet sich wirklich gegen uns, die wir eben die entsprechenden Entscheidungen im Bundestag fällen.
    Ich glaube, wir müssen uns im Laufe des Haushaltsjahrs öfter, als es bisher geschehen ist, daran erinnern, daß unsere Beschlüsse sehr reale Folgen haben. Manche unter uns, die ob des ständigen Anwachsens des Haushaltsvolumens heute vielleicht beunruhigt sind, denken im Laufe des Jahres, vor allem dann, wenn gerade i h r Antrag, wenn gerade i h r Arbeitsgebiet zur Debatte steht, nicht oder zuwenig daran, daß dieser ihr politischer Wille ein Teil der großen Summe ist, die dann den Haushalt ergibt. Der Haushalt ist nun einmal das Ergebnis der politischen Entscheidungen im Bundestag. Dieser Satz ist so selbstverständlich, daß man ihn kaum auszusprechen wagt. Und doch wird die Wahrheit des Satzes im Laufe des Jahres immer wieder übersehen.
    Ich bejahe diese Kritik am Anwachsen des Haushaltsvolumens. Sie soll uns Mahnung sein für unsere parlamentarische Alltagsarbeit, nicht bloß heute, sondern das ganze Jahr über. Diese Kritik sollten aber auch jene beherzigen, die draußen in irgendwelchen Interessentengruppen, in Verbänden immer wieder Forderungen erheben. Es wäre eine reizvolle Aufgabe, den Chor derjenigen, die heute in der Öffentlichkeit, in der Presse und im Rundfunk so Kritik an dem Ausmaß unseres Haushalts üben, näher zu besehen. Wir würden vermutlich sehr häufig feststellen, daß es die gleichen Leute sind, die das Jahr über durch ihre Stimme selbst Anlaß zur Kritik geben.
    So sehr ich diese Kritik bejahe, so wenig habe ich aber — das muß ich auch einmal in aller Deutlichkeit aussprechen — Verständnis für jene Art von Kritik, die nur in allgemeinen Redewendungen von „unerhörter Aufblähung des Bundeshaushalts" spricht oder in unsubstantiierte Klagen über eine leichtfertige Großzügigkeit oder gar Verschwendungssucht des Bundes ausbricht. Diese billige Art von Kritik findet man besonders häufig bei gewissen Politikern auf Landesebene, die von Verantwortungsbewußtsein, von Verantwortungsgefühl und Sachkenntnis gleichermaßen unbeschwert, als einzige politische Konzeption nur das Ressentiment gegen den Bund,

    (Beifall)

    wenn nicht noch mehr haben.

    (Hört! Hört!)

    Es lohnt an sich nicht, sich mit solchen Leuten auseinanderzusetzen, und zwar deshalb nicht, weil ja diese Art Leute gar keine Kritik üben wollen, sondern Polemik.

    (Abg. Dr. Gülich: Welch ein Wort aus diesem Munde!)

    Weil wir uns selbst immer wieder Rechenschaft ablegen sollen, möchte ich aber doch einmal von einer Aufstellung Kenntnis geben, die ich mir einmal in diesem Zusammenhang machen ließ. Diese Aufstellung enthält die Mehrbeträge, das Anwachsen des Haushalts seit dem Jahr 1954, seit der Zeit also, seit der dieser Bundestag die Verantwortung trägt. Der Etat 1956 ist gegenüber 1954 um 5,4 Milliarden angewachsen. Von diesen 5,4 Milliarden gehen automatisch 2,4 Milliarden — die bekannte Besatzungskostenrücklage — ab, so daß wir ein echtes Anwachsen von 3 Milliarden gegenüber dem Jahr 1954 haben. Diese 3 Milliarden sind — um Ihnen nur die allerwichtigsten Positionen aufzuzeigen — zurückzuführen auf Mehrausgaben bei den sozialen Kriegsfolgeleistungen und sonstigen Sozialleistungen in Höhe von 770 Millionen, auf eine Mehrausgabe bei den Ersatzleistungen, Entschädigungen — bei den sogenannten politischen Schulden — in Höhe von 453 Millionen, auf eine Mehrausgabe für unsere Bundesfernstraßen in Höhe von 333 Millionen, auf eine Mehrausgabe bei Tilgung, Inanspruchnahme aus Sicherheitsleistungen usw. in Höhe von 237 Millionen, auf eine Mehrausgabe für Wohnungsbau und Siedlung in Höhe von 120 Millionen, auf eine Mehrausgabe in der Bundessteuerverwaltung in Höhe von 109 Millionen, auf eine Mehrausgabe bei Subventionen und Vorratshaltung in Höhe von 73 Millionen, bei der Finanzhilfe Berlin in Höhe von 50 Millionen, bei der Hilfe für die Deutsche Bundesbahn in Höhe von 58 Millionen usw.
    Ich habe die hier erwähnten Beträge zusammengezählt; sie allein ergeben schon 2,2 Milliarden. Die vielen kleineren Positionen kann ich Ihnen im einzelnen hier nicht vortragen.
    Aus dieser Aufstellung, meine ich, ergibt sich klar — und jedermann hat ja die Möglichkeit, diese Übersicht nachzuprüfen —, daß das Anwachsen des Haushalts seit dem Jahr 1954 eben doch auf die Ordnung unseres sozialen, unseres wirtschaftlichen Lebens in unserem Nachkriegsdeutschland zurückzuführen ist. Ich wollte, die deutsche Öffentlichkeit könnte manchmal Zeuge unserer Beratungen im Haushaltsausschuß sein. Dann wäre die deutsche Öffentlichkeit überzeugt, daß man wirklich nicht — wenn man nicht Demagogie treiben will — von einer Ausgabefreudigkeit oder gar Verschwendungssucht sprechen kann.
    Was allerdings die Beurteilung der Frage anlangt, ob die eine oder andere Ausgabeposition vordringlich ist, — ja nun, meine Damen und Herren, da gehen natürlich die Ansichten auseinander je nach dem Standpunkt, den man eben einnimmt. Aber Tatsache bleibt doch, daß eine Mehrheit des Parlaments jeweils die betreffende Ausgabenposition für dringlich hält.
    Damit ist auch weitgehend schon die ernstzunehmende Kritik widerlegt, die das Institut „Finanzen und Steuern" am Anwachsen des Haushaltsvolumens geübt hat. Das Institut ist der Meinung, daß im wesentlichen die Einnahmenabundanz — so drückt es sich aus — schuld an der Ausgabenopulenz sei. An dieser Ansicht ist sicher richtig, daß Ausgaben im allgemeinen leichter beschlossen werden dürften, wenn dabei auf schon vorhandene Mittel zurückgegriffen werden kann, als dann, wenn zur Deckung dieser Ausgaben neue Steuern eingeführt oder Steuererhöhungen durchgeführt werden müssen. Aber auch das Institut kann uns nicht angeben, welche konkreten Ausgabepositionen ausgespart werden könnten. Es


    (Niederalt)

    kommt mit Ausnahme des doch sehr theoretischen Ausgabestopps, den es vorschlägt, zu nichts anderem als zu dem Allheilmittel der Einschränkung des Verwaltungsapparats.
    Ich habe mir nun auch die Ziffern der Personalausgaben geben lassen und stelle fest, daß sie vom Jahre 1954 bis zum vorliegenden Haushalt um 200 Millionen DM gewachsen sind. Zu diesem außergewöhnlich hohen Betrag muß natürlich sofort hinzugefügt werden, daß darin 150 Millionen DM für das Besoldungsänderungsgesetz und weiter etwa 20 Millionen DM enthalten sind, die im Zuge der Aufstockung des Bundesgrenzschutzes von 10- auf 20 000 Mann notwendig wurden. Damit ergibt sich in den Jahren 1954 bis 1956 ein echtes Anwachsen der Personalkosten in Höhe von 30 Millionen DM. Ich möchte diese Mehrausgabe, die durch die Personalvermehrung — 1954/55 waren es 1170 Kräfte, 1955/56 sind 1285 gewünscht — entstanden ist, weiß Gott nicht verniedlichen. Aber im ganzen gesehen muß doch festgestellt werden, daß diese 30 Millionen DM nicht die entscheidende Bedeutung haben, die ihnen manche um der Popularität willen so gern zugestehen.
    Wenn es wirklich so ist, daß das ständige Anwachsen des Haushalts uns hier im Parlament und den Kritikern draußen in der Öffentlichkeit eine ernste Sorge bedeutet, so kann es nur eine einzige Konsequenz geben: daß wir in Zukunft bei unseren Entscheidungen das ganze Jahr über an das Haushaltsvolumen denken und daß man auch draußen in der Öffentlichkeit bei den Wünschen und Forderungen die Zurückhaltung übt, die notwendig ist.
    Ich sagte schon, daß auch der Haushalt 1956 leider wieder erhebliche Personalwünsche enthält. Ich habe im vergangenen Jahr von dieser Stelle aus dazu sehr eingehend Stellung genommen. Herr Kollege Schoettle und Herr Kollege Blank haben zu diesem Thema heute schon einiges ausgeführt. Ich möchte mich deshalb sehr kurz fassen, vor allem auch deshalb, weil vor einigen Wochen hier in diesem Hohen Hause eine Debatte über Verwaltungsvereinfachung stattgefunden hat, bei der Herr Kollege Dr. Menzel ausgezeichnete und sehr zutreffende Ausführungen gemacht hat. Aber nach meiner Meinung wird man bei dem föderativen Charakter des Grundgesetzes auf der Bundesebene mit der zum Schlagwort gewordenen Verwaltungsvereinfachung nicht sehr weit kommen. Die Verwaltungsvereinfachung ist als echte Aufgabe in erster Linie den Ländern und den Kommunen gestellt.

    (Lebhafte Zustimmung bei der CSU und der FDP.)

    Was wir hier tun können, um das ständige Anwachsen des Personals zurückzudrängen, ist nach meiner Auffassung dies: Wir müssen uns wappnen, müssen unser Herz mit einem harten Panzer umgeben

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Aachen] : Hört! Hört!)

    — ja, das ist notwendig, wenn man die Haushaltsberatungen kennt —,

    (Abg. Dr. Blank [Oberhausen] : Sehr richtig!)

    um die Kraft zu besitzen, einfach rigoros nein zu sagen. Ich sage wiederum: wir , meine Damen und Herren, weil es nicht genügt, wenn das nur die Mitglieder des Haushaltsausschusses tun.

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Aachen]: Sehr richtig!)

    Ich sage „wir" und meine damit vor allem auch die Mitglieder der Fachausschüsse. Es hat sich in den letzten Jahren gezeigt, daß gerade die Fachausschüsse mit ihren korrespondierenden Ressorts in sehr enger Verbindung standen und sich bei den Haushaltsberatungen als die beredten Anwälte der Personalwünsche der Ressorts gebrauchen ließen.

    (Zustimmung in der Mitte und rechts. —Zurufe.)

    Vom Verteidigungsministerium und von den besonderen Dauerausgaben wie für Luftschutz oder für die Zugehörigkeit zur NATO oder anderen wirklichen Daueraufgaben abgesehen, müssen wir den Standpunkt einnehmen: Der personelle Aufbau unserer Verwaltung gilt als abgeschlossen. Wir haben deshalb — und ich freue mich sehr darüber — im Haushaltsausschuß Sonderwünsche zur Erfüllung vorübergehender Aufgaben unbedingt und ohne Ausnahme abgelehnt.
    Die Bundesregierung muß im Rahmen ihrer Organisationsgewalt dafür sorgen, daß echte Personalschwierigkeiten, die sicher immer und immer wieder auftreten können, durch einen Rückgriff auf das gesamte Personal der Bundesverwaltung überwunden werden. Ich vermute, daß die Bundesregierung das erst dann tun wird, wenn sie am entschlossenen Willen des Parlaments merkt, daß der wesentlich bequemere Weg, nämlich der Weg über die Neuanforderung von Personal, eben nicht mehr gangbar ist.
    In diesem Zusammenhang muß ich auch erwähnen, daß im neuen Haushaltsgesetz jene Bestimmung nicht mehr enthalten ist, die wir im vergangenen Jahr bei der dritten Lesung eingeführt haben und die besagt, daß jede vierte freiwerdende Planstelle und Angestelltenstelle nicht mehr besetzt werden soll. Ich bin damals, wie Sie sich erinnern können, für diese Bestimmung eingetreten, obwohl ich vom Gesetzestechnischen her gegen diese rohe und ungezimmerte Bestimmung allerhand Bedenken hatte. Ich bin damals dafür eingetreten — und ich habe das auch erklärt —, weil ich den Sinn dieser Bestimmung dahin verstehe: man soll in den Bundesressorts einmal klar und deutlich zur Kenntnis nehmen, daß wir weitere Personalwünsche nicht mehr entgegennehmen. Offensichtlich ist diese Bestimmung von einzelnen Bundesministerien nicht so verstanden worden; sonst wären die Personalwünsche im Haushalt 1956 nicht zu erklären.

    (Abg. Dr. Gülich: Herr Niederalt, verstanden schon, bloß ignoriert!)

    — Ich muß mich ja immer etwas vornehm ausdrükken, Herr Kollege Gülich, das wissen Sie doch.

    (Abg. Dr. Gülich: Das tue ich auch!)

    Als Sprecher einer Regierungspartei hat man es nicht so leicht, seine Meinung so deutlich zu sagen wie Sie.
    Wir werden die Frage im Haushaltsausschuß genau prüfen, werden uns einen Erfahrungsbericht vorlegen lassen, und wenn nicht wirklich überzeugende Argumente vorgebracht werden können, müssen wir auf der Einfügung dieser oder einer ähnlichen Bestimmung auch im Haushalt 1956 bestehen. Wir befinden uns dabei übrigens in recht guter Gesellschaft. Der Bundesrat, der doch weiß Gott etwas von Verwaltung versteht, hat den gleichen Vorschlag gemacht.


    (Niederalt)

    Noch ein ernstes Wort. Häufig wird denjenigen, die sich als Sprecher gegen die unentwegte Personalvermehrung hervortun, eine beamtenfeindliche Tendenz unterschoben. Ich selbst brauche wohl nicht besonders zu betonen, daß mir eine solche Einstellung wirklich nicht liegt. Ich darf auch für die anderen Rufer im Streite versichern, daß ihnen eine derartige Tendenz sicher nicht unterschoben werden kann. Wir wissen sehr genau, daß es sehr viele Bundesbedienstete gibt, die vor allem in leitender Stellung in aufopferungsvoller Hingabe buchstäblich jeden Tag — ich könnte Ihnen Namen nennen — manchmal bis weit in die Nacht hinein als Beamte oder Angestellte der Allgemeinheit dienen. Der Herr Kollege Dr. Vogel hat schon den Dank dafür ausgesprochen. Ich möchte mich aus ehrlichem Bedürfnis heraus diesem Dank anschließen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Das hindert aber nicht, daß wir der Auffassung sind, da und dort könnte durch eine bessere Organisation sowohl innerhalb der Ministerien wie auch vor allem im Verhältnis der Ministerien zueinander manche Doppelarbeit, mancher Leerlauf vermieden werden.

    (Sehr wahr! beim GB/BHE.)

    Da und dort müssen wir feststellen, daß wertvolle Arbeitskraft auf Sachgebieten verwendet wird, deren Bearbeitung uns zumindest nicht vordringlich erscheint. Ich erinnere nur daran, in welche Lebensbereiche die ungezählten Verordnungen, die uns täglich begegnen, heute schon vorgedrungen sind.
    In dieser Beziehung fällt aber auch — auch das hat der Kollege Dr. Blank schon angedeutet — auf das Parlament ein großer Teil der Schuld. Nur ein
    Beispiel für viele: Vor einigen Wochen haben wir, uns, zunächst noch ganz nebenbei, mit der Drucksache 1813 befaßt, dem Entwurf eines Bundesbaugesetzes. Dieses kleine Ungeheuer eines Gesetzentwurfs umfaßt mit der Begründung 81 Druckseiten, und der Inhalt ist voller verfassungsrechtlicher und wirtschaftspolitischer Problematik. Wieviel wertvollste Arbeitskraft von qualifizierten Ministerialbeamten hat dieser Entwurf wohl bisher schon in Anspruch genommen, wieviel Arbeitskraft wird er noch bei der Vorbereitung zu den Sitzungen der Ausschüsse und bei den Sitzungen selbst in Anspruch nehmen! War der Entwurf wirklich unerläßlich notwendig angesichts der Tatsache, daß unsere Gesetzesmaschine sowieso auf Hochtouren läuft?

    (Abg. Dr. Schild [Düsseldorf] : Jawohl!) Konnte man nicht noch zwei oder drei Jahre warten? Herr Kollege Dr. Schild, ich weiß, daß das Ihnen ein besonderes Anliegen ist. Wir müssen uns aber doch ganz allgemein, meine ich, dazu durchringen, eine Dringlichkeitsskala aufzustellen. Es gibt in unserem Nachkriegsdeutschland nun einmal Dinge, die meiner Auffassung nach wesentlich vordringlicher sind. Ich bin fest überzeugt, daß wir unsere Forderung bezüglich des Personalstopps nur dann praktisch verwirklichen können, wenn wir uns selbst bei unserer parlamentarischen Arbeit zu einer Reihenfolge nach der Dringlichkeit zwingen und uns dabei manchmal auch etwas bescheiden, uns für die nächste Zeit manchmal noch etwas behelfen.

    Nur dann wird es übrigens auch möglich sein, die ewige Unrast, die in diesem Hause ist, die kein überlegtes und kein überlegenes Arbeiten mehr gestattet, das ständige Hetzen von Sitzung zu Sitzung, von Besprechung zu Besprechung etwas zu bannen. Unter diesem ständigen Hetzen leiden wir alle oder doch wenigstens die meisten von uns so sehr, daß es leider Gottes manchen von unseren Kollegen schon den Tod gebracht hat.
    Meine Damen und Herren, ich möchte mich noch einem speziellen Punkt zuwenden. Der Herr Bundesfinanzminister hat in seiner Etatrede im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Förderung der Wirtschaft auch die regionalen Förderungsmaßnahmen für das Grenzland und das Zonenrandgebiet erwähnt. Er sagte in diesem Zusammenhang, daß diese Hilfsmaßnahmen trotz der derzeitigen guten Konjunktur auch im Haushaltsjahr 1956 fortgesetzt werden. Wir begrüßen diesen Beschluß der Bundesregierung sehr dankbar. Auch ich möchte die Notwendigkeit der Fortführung dieser Maßnahmen unterstreichen. Dort in den Grenz- und Zonenrandgebieten ist von der vielbesprochenen und vielbeschriebenen Überhitzung der Konjunktur noch nichts zu spüren.

    (Zuruf von der Mitte: Ganz richtig!)

    Dort weht noch ein kalter Wind, der Wind vom Osten her, der eine Überhitzung nicht aufkommen läßt. Gern anerkennen wir, daß die allgemein gute Konjunktur allmählich auch auf diese Gebiete etwas ausstrahlt. Gern stellen wir fest, daß die Mittel des Bundes im Wirtschaftsleben spürbar werden. Wir werden noch die eine oder andere Korrektur an den Programmen vornehmen müssen, insbesondere werden wir die Frachthilfe auf den Lkw-Verkehr ausdehnen müssen, und zwar ohne Beeinträchtigung der bisherigen Frachthilfe.

    (Zuruf von der Mitte: Das ist das Entscheidende!)

    Wir werden weiter dafür sorgen müssen, daß diese Gebiete mehr als bisher mit den zu erwartenden öffentlichen Aufträgen bedacht werden; eine Maßnahme, die nicht bloß im Interesse der Zonenrandgebiete oder Grenzgebiete, sondern ebenso sehr im gesamtwirtschaftlichen Interesse liegt, da dadurch die Spannungserscheinungen, die sich in den Ballungsräumen unserer Wirtschaft da und dort schon zeigen, vermindert werden können.

    (Abg. Stücklen: Sehr gut!)

    Diese eben erwähnten Maßnahmen dienen aber vornehmlich dazu, die in den Grenz- und Zonenrandgebieten schon vorhandenen Betriebe wirtschaftlich zu stärken. ,Daneben, meine ich, müssen wir uns ernsthaft bemühen, in jene Grenz- und Zonenrandgebiete, die noch aufnahmefähig sind, noch weitere Betriebe zu bringen, damit diese Gebiete ebenfalls wirtschaftlich allmählich durchblutet werden. Ich weiß, daß das nicht leicht ist und daß der Bundeswirtschaftsminister keine Möglichkeiten hat, hier Anweisungen zu erteilen. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat mir im vergangenen Jahr, als ich bei ihm persönlich Bedenken gegen seine Verhandlungen um ausländische Arbeitskräfte erhob, versichert, daß er bei sich bietender Gelegenheit die Unternehmer auf die im Grenzgebiet vorhandenen Arbeitsreserven aufmerksam mache. Er hat dies auch getan, und ich bitte ihn und alle maßgebenden Herren seines Hauses, dies immer und immer wieder zu tun, und zwar nicht bloß in öffentlichen Reden, sondern auch in Einzelbesprechungen, denn da scheint mir der Erfolg oft noch besser zu sein. Ich bitte weiter, bei Verhandlungen über die Aufnahme ausländischer Arbeitskräfte von Fall zu Fall auch zu prüfen, ob dem


    (Niederalt)

    Mangel an Arbeitskräften nicht durch die Errichtung von Zweig- und Filialbetrieben in den Grenz-
    und Zonenrandgebieten begegnet werden kann, und ich bitte ganz besonders für den Fall, daß zu irgendeinem Zeitpunkt etwa wieder Investitionsgespräche zum Zwecke der Rationalisierung geführt werden, dabei dann unbedingt auch die Frage einer Teilverlagerung der Betriebe in die Zonenrand- und Grenzgebiete mit in Erwägung zu ziehen.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Dieser Bitte an den Bundeswirtschaftsminister möchte ich von dieser Stelle aus auch die Bitte an die Industrie selbst anschließen, die Bitte, die Frage der Errichtung von Filialbetrieben im Grenzgebiet doch ernsthaft zu überlegen. Ich appelliere dabei — ich bin nüchtern genug — weiß Gott nicht an das Wohltätigkeitsgefühl der Unternehmer, ich appelliere aber an die wirtschaftliche und politische Vernunft. Die Tatsache, daß in den genannten Gebieten noch eine relativ große Arbeitsreserve steckt, die Tatsache, daß durch die Frachthilfe die Revierferne doch weitgehend ausgeschaltet ist, die Tatsache, daß dort vielfach weit günstigere Tarife gelten, die Tatsache, daß dort die Möglichkeit gewisser steuerlicher Erleichterungen und Sonderabschreibungen besteht, alle diese Tatsachen sollten doch vom rein Kaufmännischen her nicht unterschätzt werden.
    In diesem Zusammenhang ein Wort an die Länder. Die beteiligten Länder müssen wir, und zwar gerade vom Standpunkt des Bundeshaushalts her, dringend ersuchen, bei der Durchführung der verschiedenen Projekte, ob es sich um einen Straßenbau oder um den Bau einer gewerblichen Schule handelt, nicht die Landesmittel zu kürzen im Hinblick darauf, daß für dieses einzelne Projekt im Grenzgebiet Bundesmittel zu erwarten seien. Wenn unsere Beobachtungen, die wir in dieser Richtung leider machen mußten, sich verstärken würden, müßten wir von der bisherigen Verteilungsart der Globalzuwendungen abkommen und uns andere Wege überlegen. Die Bundesmittel sind, soweit sie nicht unmittelbar Wirtschaftsbetrieben zugute kommen, für die Gemeinden und Landkreise gedacht, damit sie in die Lage versetzt werden, die notwendigen strukturverbessernden Aufgaben durchzuführen, ohne dabei in eine unerträgliche Schuldenlast zu kommen;

    (Abg. Friese: Das ist sehr wichtig!)

    sie sind also als Zusatzmittel zu den Eigenleistungen gedacht. Ich halte den Grundsatz der Globalzuwendungen nach wie vor für richtig, aber nur im Grundsatz. Dieser Grundsatz setzt eine unbedingte Loyalität seitens der beteiligten Länder voraus.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Meine Damen und Herren, entschuldigen Sie bitte, wenn ich Sie mit diesem Einzelproblem vielleicht etwas länger aufgehalten habe. Die wirtschaftliche Förderung der Gebiete am Eisernen Vorhang ist wirklich ein eminent wichtiger Punkt, der uns alle miteinander angeht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es handelt sich dabei — ich betone das immer wieder — nicht um eine regionale Aufgabe, es handelt sich um eine Gesamtaufgabe. Es kann uns allen nicht gleichgültig sein, weder wirtschaftspolitisch noch sozialpolitisch noch allgemein politisch, daß sich in Westdeutschland in den Ballungsräumen unsere Wirtschaft so konzentriert, daß heute schon gewisse Spannungserscheinungen festzustellen sind, während ausgerechnet am Eisernen Vorhang eine wirtschaftliche Leere mit ihren zwangsläufigen Folgen auf sozialpolitischem und auch auf allgemein politischem Gebiet vorhanden ist.
    Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat, wie ich in der Presse feststellen konnte, vor kurzem in Italien erklärt, daß ein zu starkes soziales Gefälle in Europa für uns alle in Europa eine Gefahr darstelle. Ich meine, er hat damit recht. Aber wenn dies richtig ist, dann muß es um so mehr eine Gefahr sein, wenn ein solches soziales Gefälle etwa in einzelnen Teilen unserer westdeutschen Bundesrepublik und noch dazu am Eisernen Vorhang festzustellen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)