Rede von
Erwin
Schoettle
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Herrn Präsidenten eigentlich dankbar, daß er meine Wortmeldung übersehen und dem Sprecher der größten Regierungsfraktion zuerst das Wort gegeben hat. So ist eine Situation vermieden worden, wie sie in den vergangenen Jahren gelegentlich eintrat, daß nämlich der erste Sprecher der Regierungskoalition in dem Bemühen, die Argumente der Opposition abzuwehren, in erster Linie zum Apologeten des Herrn Bundesfinanzministers und der Bundesregierung wurde. Heute hat man wenigstens auch einige andere Töne gehört, und das war zur Bereicherung der Debatte durchaus angemessen. Denn Gesprächspartner in diesem besonderen Falle einer Haushaltsdebatte sind ja nicht Opposition und Regierungskoalition, Gesprächspartner sind Parlament und Bundesfinanzminister.
Der Herr Bundesfinanzminister begann gestern seine Rede mit einem Lob für die vielen, die dabei mitgewirkt haben, daß der Haushaltsplan 1956 auch in diesem Jahr einen Monat vor der bestimmungsgemäß vorgeschriebenen Zeit dem Parlament vorgelegt werden kann. Ich möchte dieses Lob nicht im geringsten einschränken, ja, ich möchte noch eine anerkennende Bemerkung hinzufügen, die die Form des Haushalts, die Aufmachung, die Begleitpapiere betrifft, die ja einen wesentlichen Schritt nach vorne in der Durchleuchtung und in der Möglichkeit der Beurteilung des Haushaltsplans bedeuten.
In dieser Hinsicht hat sich vieles gebessert, und man muß denen, die dafür viel Mühe und Arbeit aufgewandt haben, Dank wissen.
Allerdings muß ich sagen, meine Damen und Herren, daß ich die Schlußfolgerung des Herrn Bundesfinanzministers aus seiner lobenden Bemerkung, daß die Verabschiedung des Haushalts zu dem im Grundgesetz vorgeschriebenen Termin möglich sein sollte, nicht akzeptieren kann, und zwar ganz einfach aus diesem Grunde: Auch der Herr Bundesfinanzminister muß ja schließlich die umständliche Gesetzgebungsmaschine kennen, die uns das Grundgesetz beschert hat. Er wird wohl selbst kaum glauben, daß wir in der uns noch verbleibenden Woche vor den Weihnachtsferien einen wesentlichen Teil des Haushalts beraten können. Und dann bleiben uns praktisch im ganzen noch drei Monate bis zum 1. April 1956, dem Termin, an dem nach den Erfordernissen des Grundgesetzes der neue Haushalt in Kraft treten sollte. Diese drei Monate reichen nach allen Erfahrungen nicht aus, um Bundestag und Bundesrat, die ja beide an der Verabschiedung des Haushalts beteiligt sind, unter Wahrung aller Fristen Gelegenheit zu einer gründlichen und verantwortlichen Beratung zu geben. Meine Freunde und ich müssen Wert darauf legen, daß insbesondere die gründliche Beratung dieses Haushalts möglich ist. Ich würde es übrigens für entschieden zweckmäßiger halten, wenn der Herr Bundesfinanzminister durch eine solche Bemerkung — ich möchte sie im Rahmen des Ganzen nicht überbewerten —, von der er wissen muß, daß sie eine technische Unmöglichkeit fordert, die parlamentarischen Beratungen nicht unter einen ungewöhnlichen Zeitdruck stellen wollte. Wir haben schließlich in diesem Hause Tote und schwer Angeschlagene genug, und ich glaube, wir brauchen nicht auch noch einige aus dem Haushaltsausschuß hinzuzufügen.
Der Herr Bundesfinanzminister hat gestern hier versucht, die Kritik vorwegzunehmen, die gegenüber seiner Publikationspraxis laut geworden ist. Ich glaube nicht, daß dieser Versuch ganz gelungen ist. Natürlich weiß auch ich, daß die Voraussetzungen für die Übertragung der englischen Praxis des Budget-day, d. h. der Konzentration der Veröffentlichung des Budgets auf einen einzigen Tag, in der Bundesrepublik schon infolge der Doppelgleisigkeit der gesetzgeberischen Arbeit nicht gegeben sind. Die Art aber, wie der Herr Bundesfinanzminister nach der Verabschiedung des Haushaltsentwurfs im Kabinett an die Öffentlichkeit gegangen ist, muß doch kritisiert werden.
Ich möchte nicht den Eindruck aufkommen lassen, daß meine Freunde und ich — ich besonders habe gar keine Veranlassung dazu — etwa die Information der Presse und damit der Öffentlichkeit unterbinden wollen. Wir sind im Gegenteil der Meinung, daß diese Information rechtzeitig und vollständig sein soll, damit die Öffentlichkeit auch Anteil an den politischen Entscheidungen nehmen kann, die in diesem Hause getroffen werden. Es kommt aber auf das Wie der Information und auf die politische Wirkung an, die damit erzielt wird. Der Herr Bundesfinanzminister legt ja schließlich den Entwurf eines Haushalts vor, einen Entwurf, der prinzipiell in allen seinen Teilen der Veränderung durch parlamentarische Beschlüsse zugänglich sein muß. Wir wissen, wie eng leider die Grenzen der parlamentarischen Beeinflussungsmöglichkeiten gegenüber den Einzelheiten des Haushaltsplans sind. Die Gründe dafür brauche ich hier nicht auseinandersetzen; sie sind oft genug hier ausgesprochen worden. Es heißt aber das Parlament zu einer zweitrangigen Verfassungsfigur degradieren, wenn in der Berichterstattung über die Pressekonferenz des Herrn Bundesfinanzministers über den Haushaltsplanentwurf landauf, landab zu lesen stand: Die Bundesregierung stellt für diesen oder jenen Zweck im Haushalt 1956 diese oder jene Summe zur . Verfügung, — gerade so, als ob mit der Verabschiedung im Kabinett bereits die Entscheidungen in allen Fragen getroffen sind. Das
mag ein Mißverständnis bei den Journalisten sein. Aber ich glaube, dieses Mißverständnis ist nicht zum geringsten durch die Art der Publikation und der Information der Öffentlichkeit erzeugt worden. Es geht hier gar nicht um eine Prestigefrage, sondern es geht um die prinzipielle Frage, wer in diesem Stadium der Haushaltsentwicklung den Vorrang hat, das Parlament oder die Regierung. Wir sollten auf die Klarstellung dieser Dinge einen gewissen Wert legen, weil das Parlament im Bewußtsein der Öffentlichkeit sowieso noch einiges an Prestige zuzugewinnen hat.
In England ist ja schließlich ein Finanzminister gegangen worden, weil ihm nachgewiesen wurde, daß er eine Stunde vor seiner Haushaltsrede einem befreundeten Journalisten Mitteilungen über den Inhalt seines Budgets gemacht hatte. Bei uns in der Bundesrepublik tritt ein Finanzminister nicht einmal zurück, wenn er von seiner eigenen Mehrheit in entscheidenden Finanzfragen im Stich gelassen wird. Dafür haben wir ja ein Grundgesetz.
Das kennzeichnet aber doch wohl den Unterschied am besten, und ich muß sagen, ich habe es nicht gerade als besonders taktvoll empfunden, wenn der Herr Bundesfinanzminister über ein Gespräch mit einer englischen Wirtschaftsjournalistin so berichtet hat, als ob wir hier in der Bundesrepublik auf allen Gebieten sozusagen eine Nasenlänge vor den Engländern wären.
Wir sollten darauf bestehen, daß bei aller Anerkennung des Bedürfnisses nach korrekter Unterrichtung der Öffentlichkeit die staatsrechtlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Positionen der gesetzgebenden und der administrativen Gewalt nicht immer mehr zuungunsten des Parlaments verschoben werden. In der modernen Massengesellschaft, im modernen Industriestaat liegt die Gefahr ja so sehr nahe, daß eine solche Verschiebung zugunsten der Administration oder, genauer gesagt, zugunsten der Bürokratie eintritt und das Parlament immer mehr zu einem Schattendasein verdammt wird.
Uns genügt es schon — und das muß in diesem Zusammenhang auch gesagt werden —, daß das böse Wort von der „Kanzlerdemokratie" in der öffentlichen Diskussion herumgeistert, und eine „Finanzministerdemokratie" kann ich mir noch als viel weniger wünschenswert vorstellen als die Diktatur — entschuldigen Sie, meine Damen und Herren, die Demokratie, die unter dem Vorzeichen der absoluten Unantastbarkeit des Regierungschefs steht.
Der Herr Bundesfinanzminister präjudiziert nach unserer Meinung wichtige Parlamentsentscheidungen, wenn er vor jeder parlamentarischen Beratung detaillierte Angaben über den Umfang seiner Bereitschaft zu Steuersenkungen oder zu sonstigen finanzpolitischen Maßnahmen macht und damit von vornherein schon die Grenze absteckt, innerhalb deren er überhaupt bereit ist, über bestimmte Maßnahmen zu verhandeln. Das scheint uns eine Methode zu sein, die auf die Dauer nicht tragbar ist.
Daß der Herr Bundesfinanzminister auch sonst eine Neigung zeigt, die Information des Parlaments hinter die der Presse zu setzen — wobei ich nichts gegen die Presse gesagt haben will —, hat er schließlich damit gezeigt, daß er die vom Bundestag am 23. Februar 1955 gewünschten Denkschriften zur Frage der Ehegattenbesteuerung und der steuerlichen Entlastung der Arbeitseinkünfte der Presse übergeben hat, ehe ein Abgeordneter sie überhaupt zu Gesicht bekommen hat.
Das scheint uns nicht die richtige Methode zu sein, auf Beschlüsse des Parlaments zu reagieren.
Bei der Gelegenheit übrigens eine Bemerkung zur Frage der Ehegattenbesteuerung selbst, die zwar unmittelbar nichts mit dem sachlichen Inhalt der Vorschläge des Herrn Bundesfinanzministers zu tun hat, wohl aber mit der Behandlung dieser Dinge durch ihn. Der Deutsche Bundestag hat es mehrmals mit eindrucksvollen Mehrheiten abgelehnt, dem Herrn Bundesfinanzminister auf seinem Wege zur gemeinsamen Veranlagung im Arbeitsprozeß stehender Ehegatten zu folgen. Es ist zwar ein Zeichen der Beharrlichkeit des Herrn Bundesfinanzministers, daß er immer wieder mit derselben Idee kommt; aber wäre es nicht ein Zeichen für einen gewissen Respekt vor der Meinung des Parlaments, das mehrmals entschieden hat, wenn er diese Meinung endlich zur Kenntnis nehmen wollte?
Nun, meine Damen und Herren, es ist bei dieser ersten Beratung nicht möglich, den Haushaltsentwurf in allen Einzelheiten zu untersuchen, ganz abgesehen davon, daß wir uns in diesem Stadium mit den Grundsätzen auseinanderzusetzen haben, die in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers zum Ausdruck kamen und die auch in dem Entwurf ihren Niederschlag finden. Trotzdem gestatten Sie mir einige allgemeine Bemerkungen zu Form und Struktur des Haushaltsentwurfs.
Leider sind die Allgemeinen Vorbemerkungen — und ich muß diese Klage hier wiederholen, obwohl der Herr Kollege Vogel sie schon zu einem Teil selber vorgebracht, zu einem Teil abgeschwächt hat — zu einem Zeitpunkt in die Hand der Abgeordneten gekommen — nämlich vor zwei Tagen —, wo es völlig ausgeschlossen ist, sie in dieser kurzen Zeit auch nur annähernd gründlich zu studieren. Ich bedaure das außerordentlich. Denn in diesen Allgemeinen Vorbemerkungen stekken die Ansatzpunkte — aber auch nur die Ansatzpunkte — zu einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die wir Sozialdemokraten bei vergangenen Haushaltsdebatten mit Nachdruck gefordert haben.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat dem Hohen Hause einen Antrag unterbreitet, der wohl bei der dritten Beratung des Haushalts zur Entscheidung kommen wird, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß des Bundestages den Jahresbericht der Bundesregierung an die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit — abgekürzt: OEEC — v o r dessen Absendung rechtzeitig zur Kenntnis zu bringen und die Stellungnahme des Ausschusses dazu einzuholen. In einem anderen Antrag fordern wir, daß dem Bundestag die Berechnungen und Schätzungen des Sozialprodukts und die statistischen Unterlagen für die Errechnung des Steueraufkommens, die dem Haushalt 1956 zugrunde gelegt worden sind, bekannt-
gegeben werden. Ich weiß, daß diese Anträge heute nicht entschieden werden können; das ist auch nicht der Sinn der ersten Beratung. Aber die Absicht dieser sozialdemokratischen Anträge ist es — und darum erwähne ich sie —, daß dieses Haus über die fragmentarischen Allgemeinen Vorbemerkungen hinaus, die wir als eine erfreuliche Verbesserung der bisherigen Praxis betrachten, detailliertere Unterlagen für seine eigenen Entscheidungen in finanz-, steuer- und wirtschaftspolitischen Fragen bekommt, als es sie bisher zur Verfügung hatte.
Es ist nicht einzusehen, daß die Bundesregierung in umfangreichen Vorarbeiten Materialien für eine supranationale Organisation wie die OEEC erstellt, deren Nützlichkeit und Bedeutung wir durchaus anerkennen, daß aber dieselben Unterlagen dem eigenen Parlament nur in einem beschränkten Umfang zur Verfügung stehen sollen.
Wir müssen schließlich Entscheidungen treffen, die unmittelbar in das Schicksal jedes einzelnen Staatsbürgers eingreifen, und haben deshalb ein Recht darauf, ausreichend, vollständig und gründlich informiert zu sein. Wir meinen, daß wir durch die Annahme der von uns gestellten Anträge dem Ziel näherkommen können, das uns mit einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung vorschwebt, ohne daß wir damit etwa die Illusion verbinden, daß diese volkswirtschaftliche Gesamtrechnung uns nun auf lange Zeit Aufschluß über alle, auch die subtilsten Bewegungen im volkswirtschaftlichen Prozeß geben könnte. Das glauben wir auch nicht, und deshalb haben wir immer erklärt, diese volkswirtschaftliche Gesamtrechnung solle ein Orientierungsmittel, nicht aber ein gesetzlich bindendes Instrument sein.
Inwieweit der Funktionenhaushalt, der erstmalig dem Gesamtplan des Bundeshaushalts angeschlossen ist, einen wesentlichen Fortschritt bedeutet und eine klarere Übersicht über die Verwendungszwecke der Haushaltsmittel gibt, wird sich im Laufe der Beratungen im Haushaltsausschuß zeigen müssen. Daß der Versuch gemacht wurde, ist begrüßenswert. Damit hat wohl zum erstenmal die weitgestreute internationale Diskussion über das Problem des sogenannten Leistungsbudgets in unserer Haushaltspraxis einen Niederschlag gefunden.
Die Reform unseres Haushaltsrechts steht allerdings immer noch aus. Meine anläßlich der letzten Haushaltsberatung erhobene Forderung, daß sich das Parlament rechtzeitig in die Behandlung dieses sein ureigenstes Recht berührenden Problems einschalten soll, bleibt nach wie vor bestehen. Was der Herr Bundesfinanzminister aus dem Reisebericht einiger Mitglieder des Haushaltsausschusses und der Verwaltung über ihre Beobachtungen im Bereich des amerikanischen Haushaltswesens gestern thesenmäßig herausgegriffen hat, akzeptieren wir auch, freilich nur als gute Vorsätze; das muß ich ausdrücklich hinzufügen. Denn entscheidend ist, daß die guten Vorsätze auch verwirklicht werden.
Ich habe schon von der Haushaltsordnung gesprochen, deren Reform dringend notwendig ist. Aber daß der Herr Bundesfinanzminister gestern in der Frage der Umstellung des Haushaltsjahrs auf das Kalenderjahr eine so zögernde Haltung eingenommen hat und so sehr betont hat, daß die Länder bisher nicht mittun, das muß ich, offengestanden, bedauern. Es will mir scheinen, daß dieser Schritt längst überfällig wäre.
Wir haben in diesen Tagen im Haushaltsausschuß — Herr Kollege Vogel hat schon in einem anderen Zusammenhang davon gesprochen — den hoffentlich von Erfolg begleiteten Versuch gemacht, eine der unangenehmsten Begleiterscheinungen unserer jetzigen Haushaltspraxis zu mildern oder zu beseitigen.
Das Haus wird sich demnächst mit einem Vorschlag zu beschäftigen haben, der aus den Reihen der Regierungskoalition kommt und den der Haushaltsausschuß modifiziert hat, einem Vorschlag, der es möglich macht, die Mittel für den Straßenbau, die in diesem Entwurf für das Haushaltsjahr 1956 vorgesehen sind, im Wege der Bindungsermächtigungen an den Beginn des Haushaltsjahrs vorzuziehen. Das ist ein bescheidener erster Schritt und ein Notbehelf, der den berechtigten Klagen der Bauwirtschaft über das späte Fließen der Haushaltsmittel für Bauzwecke vielleicht ein Ende bereiten mag. Aber es muß eine Lösung für das Gesamtproblem gefunden werden.
Ich bedaure sehr, daß der Herr Bundesfinanzminister die Überlegungen, die vor einiger Zeit angestellt wurden, daß man nämlich die Haushaltsperiode einmal nur auf neun Monate beschränken solle, um damit den Anschluß an das Kalenderjahr zu finden, nicht zu Ende geführt hat. Einmal müssen wir den Sprung machen, und ich glaube, je eher je besser.
Allerdings hat der Herr Bundesfinanzminister mit seinem Hinweis nicht Unrecht, daß die Länder — und vor allem die Länder! — zögern. Aber wäre es nicht gut, wenn wir einmal durch einen kühnen Entschluß einen sanften Zwang auf die zögernden Länder ausübten?
Ich bin überzeugt, daß sie nachkommen würden.
Als ich in meiner letzten Haushaltsrede hier im Hause davon sprach, daß die Post zum Kalenderjahr als ihrem Wirtschaftsjahr übergegangen sei, bekam ich einen leise vorwurfsvollen Brief des Finanzchefs der Deutschen Bundesbahn, in dem er mich armen Parlamentarier darauf hinwies, daß nicht nur die Deutsche Bundespost, sondern schon seit 30 Jahren das größte Unternehmen der öffentlichen Wirtschaft, nämlich die Deutsche Bundesbahn, das Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr habe. Nun, meine Damen und Herren, wenn zwei so gewaltige Faktoren der öffentlichen Wirtschaft das Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr haben, dann müßte es doch nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn uns unüberwindliche Schwierigkeiten den Entschluß erschweren oder gar unmöglich machen sollten, dasselbe zu tun.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch ein Strukturproblem dieses Haushaltsplans herausgreifen, auf das wir Sozialdemokraten unsere nachdrückliche Kritik richten müssen. Wir haben immer gefordert, daß das Aufkommen aus dem Notopfer Berlin zweckgebunden werde und in vollem Umfang zur Stützung des Haushalts des Landes Berlin
Verwendung finde. Deshalb haben wir stets beantragt, daß im Einzelplan 45, dem Einzelplan, in dem die Hilfsmaßnahmen für Berlin auf der Ausgabenseite ausgewiesen wurden, nicht nur die Aufwendungen für Berlin als Ausgaben, sondern auch das Aufkommen aus dem Notopfer als Einnahme eingestellt werden. Was ist statt dessen geschehen? Der Herr Bundesfinanzminister hat den Einzelplan 45 einfach verschwinden lassen, die Einnahmen aus dem Notopfer Berlin in den Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung — übergeführt und dazu gesagt: Nun stehen ja Einnahmen und' Ausgaben in e in e m Einzelplan.
Mir scheint das ein Verfahren zu sein, das allen politischen Überlegungen widerspricht und unter gar keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt ist.
Schließlich, meine Damen und Herren, ist es ja nicht einfach eine haushaltstechnische Angelegenheit, sondern eine eminent politische Frage, die sich in den Hilfsmaßnahmen für Berlin widerspiegelt.
Wir freuen uns darüber, daß der Herr Bundesfinanzminister Erleichterungen für einen bestimmten Kreis von Steuerzahlern angekündigt hat, indem er auf die Erhebung des Berliner Notopfers insoweit verzichten will, als es bisher bis zu 30 DM betragen hat. Das kann aber doch nicht irgendwie die Hilfe für Berlin einschränken. Wir sind der Meinung, daß die Hilfe für das Land Berlin im Gegenteil ausschließlich unter den allgemeinen politischen Gesichtspunkten und Erfordernissen gesehen werden muß, und zwar ohne Rücksicht auf die fiskalischen Überlegungen im Bundesfinanzministerium.
Ich möchte mich nun vor allem der Einführungsrede des Herrn Bundesfinanzministers selbst zuwenden. Freilich kann ich ihm dort nicht folgen, wo er den Versuch gemacht hat, bestimmte Züge seiner Finanzpolitik sozusagen ideologisch zu untermauern. Daß die Finanzpolitik zu dienen hat, ist — Herr Bundesfinanzminister, entschuldigen Sie das etwas harte Wort — ein Gemeinplatz. Das wissen wir alle. Die Frage ist, wem sie zu dienen hat, in wessen Diensten sie steht. Sie haben gesagt, die Finanzpolitik, die Haushaltspolitik müsse dazu dienen, die Politik der Regierung durchzuführen. Das ist der Grund, warum wir auch Ihre Finanzpolitik kritisiert haben; denn wir stehen ja in einer Reihe von Fragen im Widerspruch zu der Politik der Regierung. Wir haben es immer richtig verstanden, daß Sie als Minister dieser Regierung eine bestimmte Finanzpolitik und keine andere treiben. Wir haben Ihnen daraus keinen Vorwurf machen können. Unsere Kritik richtet sich gegen die Grundlagen der Politik. Ich möchte gleich hinzufügen — was leider in der Bundesrepublik gelegentlich einmal notwendig ist, weil es manche Leute gern übersehen oder vielleicht nicht begreifen können —, daß Gegnerschaft gegen eine temporäre Regierung — und jede Regierung ist temporär und nicht definitiv — nicht mit Gegnerschaft gegen den Staat und seine Rechtsgrundlagen gleichbedeutend ist. In diesem letzteren Punkte können wir Sozialdemokraten absolut keiner Mißinterpretation unserer eigenen Absichten und Ansichten ausgesetzt sein.
Meine Damen und Herren, einen großen Teil seiner Rede hat der Minister der Abwehr bestimmter Forderungen gewidmet, die im Parlament und in der Öffentlichkeit gegenüber seiner Finanzpolitik erhoben worden sind. Diese Forderungen und Wünsche an den Bundesfinanzminister gehen von der unbestreitbaren Tatsache aus, daß infolge der Hochkonjunktur das Aufkommen aus Steuern und Abgaben weit über die Schätzungen hinausgeht und daß deshalb die Bundeskasse wie manche andere öffentliche Kasse über einen hohen Bestand an liquiden Mitteln verfügt. Die Forderung nach Steuersenkungen auf der einen und nach Verbesserung der sozialen Leistungen auf der anderen Seite mögen in ihren Motiven und Absichten verschiedener Art sein. Sie beruhen aber im letzten Grund auf der These, daß der Staat von seinen Bürgern nicht mehr fordern soll, als er zur Bestreitung seiner aktuellen Ausgaben braucht.
Demgegenüber hat der Bundesfinanzminister eine andere These aufgestellt, die meine Freunde und ich für höchst bedenklich und auf die Dauer für unerträglich halten, die These nämlich, daß er als Finanzminister mit seiner Finanzpolitik jetzt schon Reserven für künftige Jahre ansammeln müsse. Im Zusammenhang damit hat er ein Argument gebraucht, das in einem geradezu grotesken Widerspruch zu allen haushaltsrechtlichen Vorstellungen steht, die wir bisher für gültig gehalten haben. Er hat nämlich, um seine Politik der Aufspeicherung von Mitteln, die mit einem schönen deutschen Wort auch Thesaurierungspolitik genannt wird, zu rechtfertigen, den Grundsatz der Einheit des Haushalts kühn über Bord geworfen und den Verteidigungshaushalt mit seinen 9000 Millionen als eine Art „Blümlein Rührmichnichtan" dem übrigen Haushalt gegenübergestellt.
Hier, wo die entscheidenden Positionen des Sozialhaushalts, der Wirtschafts-, der Agrar- und Finanzpolitik zu Buche stehen, sollen alle Kompromisse zwischen drängenden Forderungen der Zeit und der Menschen und den fiskalischen Bedürfnissen des Herrn Bundesfinanzministers im engen Raum ausgetragen werden, während in der „guten Stube" der Verteidigung überhaupt nicht abgestaubt werden darf.
Mir scheint das eine unmögliche These zu sein, die man auf die Dauer einfach nicht durchhalten kann, wenn man nicht zu absolut unmöglichen Proportionen bei der Aufbringung der Mittel für allgemeine Aufgaben kommen will.
Mit einer eleganten Handbewegung hat der Herr Bundesfinanzminister alle Einwände gegen diese seine Thesaurierungspolitik abgetan. Aber die Beispiele, die er aus der Zeit der reinen Besatzungskostenwirtschaft herangezogen hat, sind nicht schlüssig. Wir bewegen uns ja jetzt in einem Raum, in dem wir, da wir ja souverän sind, allein zu bestimmen haben, wenngleich ich natürlich zugebe, daß vertragliche oder Rechtsverpflichtungen nicht einfach beiseite geschoben werden können. Aber der Bundeshaushalt ist ein Ganzes und muß es bleiben.
— Es kommt darauf an, welche finanziellen Volumina man in diese Vertragsverpflichtungen hin-
eingeheimnist oder hineininterpretiert, und da gehen die Meinungen auch auseinander, Herr Kollege Conring!
Der Herr Bundesfinanzminister hat übrigens diesmal im Gegensatz zu früheren Jahren mit entwaffnender Offenheit von seinen Gründen für seine Aufspeicherungspolitik gesprochen. Ich habe selten so klar gesehen oder mindestens aus den Worten des Herrn Ministers herausgehört, warum er das tut. Ich zitiere ihn. Er sagte:
Vielmehr ist damit zu rechnen, daß in der Anlaufzeit die Ausgaben geringer sind, um in den späteren Jahren Spitzen zu erreichen, die für das einzelne Jahr zu überhöhten Belastungen führen würden, wenn nicht vorausschauend auch finanzpolitisch für diese Jahre vorgesorgt würde.
Ich muß offen sagen, ich bedaure zutiefst, daß der Herr Bundesfinanzminister in unserer allgemeinen verfassungsrechtlichen Konstruktion ein so bequemes Bett für diese Methode bekommen hat. Das englische Beispiel, das er gelegentlich einmal, mit einem gewissen Anflug von Wunschträumen, heranzieht, ist da viel überzeugender. Da muß der Finanzminister nämlich jedes Jahr den Belastungssatz des Steuerzahlers dem Parlament neu vorschlagen und kann sich nicht darauf verlassen, daß die Steuerquellen ja so lange in der angenehmen Höhe fließen, als nicht durch Parlamentsentscheidungen andere Sätze festgelegt werden. Es wäre gut, wenn wir diese Methode erreichen würden. Ich fürchte leider, daß vorher eine Reihe von verfassungsrechtlichen Konsequenzen geklärt werden müssen. Aber wenn man das, was der Herr Bundesfinanzminister in seinem vorhin zitierten Satz sagte, auf eine einfache deutsche Formel bringen will, dann müßte man sagen: die Medizin soll dem Kinde löffelweise beigebracht werden. Oder man kann auch anders sagen: man hält das Niveau der steuerlichen Belastung jetzt höher, als es auf Grund der aktuellen Aufgaben sein müßte, damit man nicht später steuerliche Belastungen vornehmen muß, die politisch unangenehm sein würden.
Es bleibt zu untersuchen, wie sich die Dinge in Wirklichkeit verhalten. Ich wage da zunächst einmal zu behaupten, daß die Manövriermasse in der Bundeskasse — ich rede jetzt von der Kasse, nicht vom Haushalt — größer ist, als es der Herr Bundesfinanzminister zugeben will. Er bewertet, jedenfalls nach unserer Meinung, die Rückzahlungsforderungen von seiten der Besatzungsmächte — ich muß mich korrigieren: der Herr Bundesfinanzminister hat gestern das interessante Wort „Stationierungsmächte" gebraucht, das mir bisher noch nicht begegnet ist — zu hoch. Die „Stationierungsmächte" werden nicht dieselben hohen Forderungen stellen und vermutlich auch nicht stellen können, wie sie der Herr Bundesfinanzminister immer annimmt. Das ist das eine.
Zum andern hat vor einigen Wochen der Deutsche Bundestag in Berlin eine konjunkturpolitische Debatte durchgeführt. Als Resultat dieser Debatte und vermutlich auch unter dem Eindruck der Diskussion über den Unterschied zwischen den Haushaltsansätzen 1955 und dem tatsächlichen Aufkommen hat sich auch der Herr Bundesfinanzminister entschließen müssen, Steuersenkungen für möglich zu halten. Vorsorglich hat er gleich den Betrag genannt, den er — nicht etwa das Parlament, sondern er — zur Verfügung stellen wolle. Er hat es auch gestern wiederholt. Daraus geht hervor, daß er sich nur in einem sehr mäßigen Umfang auf eine Herabsetzung der Steuerlast einlassen möchte. Er fürchtet vermutlich, daß seine Methode des Rufspeicherns von Mitteln im Wege der Ansammlung von Ausgaberesten bei einer Anpassung der Steuerlast an den aktuellen Bedarf nicht mehr möglich ist, und vielleicht spielt dabei auch die Überlegung eine Rolle, daß, wenn jetzt die Steuern so gesenkt würden, wie sie gesenkt werden könnten, man möglicherweise im Wahljahr 1957 die Steuern erhöhen müßte. Und das wäre doch höchst unangenehm, höchst unpopulär;. denn dann würde einiges sichtbar, was man bisher bestritten hat.
— Das halte ich für sehr wahrscheinlich.
— Herr Kollege Dr. Willeke, ich glaube, wir unterhalten uns am besten in dieser Richtung und nicht quer durch das Haus.
Ich muß nochmals sagen, der allgemeine Eindruck ist: Man hält das Niveau der Steuerlast jetzt höher als nötig, um zu einem politisch ungünstigen Zeitpunkt dem Wähler nicht die Wahrheit über die wirklichen Verteidigungslasten sagen zu müssen.
In diesem Zusammenhang noch ein Wort zur Frage der Steuersenkung überhaupt. Ihre Notwendigkeit und ihre Möglichkeit werden heute kaum mehr bestritten. Meinungsverschiedenheiten bestehen über Umfang und Richtung. Die konjunkturpolitische Situation würde dringend in die Richtung einer Senkung der Verbrauchsteuern weisen, so wie die Sozialdemokratie es in ihren Anträgen zur Konjunkturpolitik gefordert hat. Aus den Beratungen in den Ausschüssen des Bundestages wissen wir allerdings, daß ein großer Teil der Regierungsmehrheit Verbrauchsteuersenkungen überhaupt nicht mehr will und sich um so nachdrücklicher für eine Senkung der Einkommensteuer einsetzt. Hier klafft ein Widerspruch nicht nur zwischen den offenkundigen konjunkturpolitischen Notwendigkeiten, sondern auch zwischen den Absichten der Regierung, soweit sie erkennbar waren, und den Wünschen bestimmter Wirtschaftskreise, die ihre Sprecher bei der Mehrheit dieses Hauses haben. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wäre — ich kann das erklären — durchaus bereit, einer weiteren Senkung von Steuersätzen zuzustimmen, wenn die vordringlichen Forderungen auf Senkung der Verbrauchsteuern befriedigt worden sind. Das Übergewicht der Verbrauchsteuern lastet in erster Linie nicht auf den Leuten mit steuerpflichtigem Einkommen, sondern auf der ganzen Masse der Bevölkerung. Wenn sich die Absicht jener Kreise durchsetzte, die aus sehr eigennützigen Gründen die Ertragsteuern senken und die Verbrauchsteuern in ihrer jetzigen Höhe belassen möchten, dann würde der groteske Zustand eintreten, daß die Rüstungsausgaben fast ausschließlich aus Verbrauchsteuern finanziert werden.
Wir Sozialdemokraten müssen einer derartigen Politik, wie sie auch in der gestrigen Rede des Herrn Bundesfinanzministers zum Teil spürbar wurde, entschiedene Gegnerschaft ansagen.
Es war übrigens bemerkenswert und sicher nicht ganz zufällig, daß der Herr Bundesfinanzminister in seiner Rede immer dann, wenn er die Gefahren für die Währung schilderte, die Lohn- und Gehaltsforderungen der Arbeitnehmerschaft unter den Gefahrenquellen an erster Stelle nannte.
Warum eigentlich immer diese Warnungen an die Arbeitnehmer, wenn von Gefahren für die Währung die Rede ist?
Gibt es nicht andere Gefahren, meine Damen und Herren? Haben die Wünsche der Arbeitnehmerschaft nach einem besseren Anteil am Sozialprodukt in der Geschichte Deutschlands jemals dieselbe währungszerstörende Rolle gespielt wie die zwei Kriege, die unnötigerweise geführt worden sind und die zur Zerstörung der Währungsgrundlagen geführt haben?
Man soll uns doch nicht immer mit solchen Dingen kommen!
— Mein lieber Herr Kollege, die Warnungen an die Arbeitnehmer bei jeder Lohn- und Gehaltsforderung sind billig, weil sie nämlich nicht kompensiert werden durch gleichartige und gleichgewichtige Warnungen an Leute, deren Aktionen I die Währung viel eher gefährden als die bescheidenen Wünsche der breiten Masse der Arbeitnehmer.
Ich sage nochmals: unsere nationale Substanz ist zweimal vernichtet worden durch Kriege, aber nicht durch Lohn- und Gehaltsbewegungen oder gar Rentenerhöhungen.
— Herr Kollege Pelster, ich polemisiere doch nicht gegen Sie. Ich weiß doch auch, wo Sie im Herzen stehen.
— Vielleicht fragen Sie ihn selber, Frau Kalinke!
— So schüchtern? Das traue ich Ihnen gar nicht zu!
Besonders interessant fanden wir die Bemerkung des Herrn Bundesfinanzministers über die Verteilung des Sozialprodukts. Seine Behauptung, daß jeder Bevölkerungsteil an dem größer gewordenen Volkseinkommen seinen Anteil erhalten habe, verlangt nach unserer Meinung eine kleine Ergänzung, nämlich die, daß die Anteile für die verschiedenen Schichten der Bevölkerung leider verschieden groß waren, auch ihrem Gewicht nach verschieden groß. Der Kampf geht ja schließlich darum,
den Anteil derjenigen Schichten unseres Volkes am gestiegenen Sozialprodukt zu erhöhen, die bisher zu kurz gekommen sind. Ich hätte es eigentlich nicht für möglich gehalten, daß sich ausgerechnet der Herr Bundesfinanzminister zu der Behauptung versteigen würde, die Forderung nach einem größeren Anteil am Volkseinkommen würde mit Sicherheit dazu führen — ich muß ihn hier zitieren —, daß der Kuchen „Bruttosozialprodukt" nicht mehr aus 100 Hundertteilen, sondern aus 150 oder mehr bestehen sollte. Ich weiß, daß der Herr Bundesfinanzminister sich zu verschiedenen Malen in Additionskünsten versucht hat, wobei er ungleichartige und nicht addierbare Dinge zusammenrechnete.
Aber ich bin doch nach wie vor der Meinung, daß Herr Finanzminister Schäffer nicht die Absicht hat, in die Geschichte der Bundesrepublik als Bundesmilchmädchen einzugehen,
und ich finde, die Geschichte mit den 150 Hundertteilen war eigentlich nicht sein Stil. Auch wir haben in der Schule rechnen gelernt.
Auch wir Sozialdemokraten, meine Damen und Herren, sind aus unserer Verpflichtung gegenüber den Interessen des Volksganzen für ein gesundes Maß. Die Frage ist nur, wo dieses gesunde Maß liegt; und da darf ich doch darauf hinweisen, daß im Maßhalten manche Leute in der Bundesrepublik in den letzten Jahren sich viel geringere Zurückhaltung auferlegt haben als die breiten Massen der arbeitenden Bevölkerung.
Das dürfte wohl eine Feststellung sein, der man nicht widersprechen kann, wenn man durchs Land geht und um sich blickt.
Wir wehren uns dagegen, daß jeder Versuch, die Konsumkraft der breiten Massen durch Erhöhung ihres Einkommens oder durch Senkung der Verbrauchsteuern zu steigern, damit beantwortet wird, daß man den Teufel des Währungsverfalls an die Wand malt. Die Stabilität der Währung ist für uns eine genauso wichtige Sache wie dem Herrn Bundesfinanzminister und hoffentlich allen in diesem Hause.
Aber ich habe mich eigentlich etwas gewundert über eine Bemerkung des Herrn Kollegen Vogel, deren Bedeutung mir noch nicht ganz klargeworden ist. Ich polemisiere sonst nicht gegen Sie; ich habe es heute nicht nötig, da Sie ja vor mir sprachen. Sie sagten, Herr Kollege Vogel — und ich überlege mir immer noch, worauf Sie hinauswollten —, daß in dem Augenblick, in dem die Sicherheit der Währung etwa durch die übersteigerten Forderungen aus dem Sicherheitskomplex in Gefahr geraten würde, Sie zugunsten der Sicherung der Währung auf Elemente der Sicherheit lieber verzichten würden. Habe ich Sie richtig verstanden?