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ID0211502200

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    6. Bundesminister: 1
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    8. Auswärtigen.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 115. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1955 6155 115. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1955. Geschäftliche Mitteilungen 6155 C Vorlage des Berichts des Bundesministers der Finanzen über Maßnahmen der Bundesregierung betr. Städtebaulicher Ideenwettbewerb „Hauptstadt Berlin" und Architektenwettbewerb „Wiederherstellung Reichstagsgebäude" (Drucksache 1907) 6155 C Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung vom 1. Dezember 1955 betr. Genfer Außenministerkonferenz, europäische Sicherheit, Wiedervereinigung Deutschlands, Ost-West-Kontakte (Entschließungsanträge Drucksachen 1898, 1909) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Genfer Außenministerkonferenz der Vier Mächte (Drucksache 1723) 6155 C Ollenhauer (SPD) . 6155 C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 6162 C Kiesinger (CDU/CSU) . . . 6163 B, 6166 B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) 6165 D, 6166 B Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . . 6172 A Dr. Gille (GB/BHE) . 6178 D Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen 6185 A Kraft, Bundesminister für besondere Aufgaben . 6185 C Dr. Brühler (DP) 6185 D Dr. Lenz (Godesberg) (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) . 6187 D Abstimmungen 6188 A Nächste Sitzung 6188 C Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6188 Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Kopf 31. 3. 1956 Mensing 1. 3. 1956 Dr. Starke 28. 2. 1956 Jahn (Frankfurt) 9. 1. 1956 Moll 1. 1. 1956 Peters 1. 1. 1956 Neumann 31. 12. 1955 Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 17. 12. 1955 Dr. Luchtenberg 16. 12. 1955 Dr. Reichstein 16. 12. 1955 Dr. Graf (München) 15. 12. 1955 Schröter (Wilmersdorf) 15. 12. 1955 Frau Rudoll 14. 12. 1955 Eberhard 10. 12. 1955 Stahl 9. 12. 1955 Leukert 5. 12. 1955 Frau Albertz 2. 12. 1955 Dr. Baade 2. 12. 1955 Bauknecht 2. 12. 1955 Bazille 2. 12. 1955 Diekmann 2. 12. 1955 Even 2. 12. 1955 Hansen (Köln) 2. 12. 1955 Dr. Horlacher 2. 12. 1955 Frau Hütter 2. 12. 1955 Jacobi 2. 12. 1955 Dr. Keller 2. 12. 1955 Kramel 2. 12. 1955 Kriedemann 2. 12. 1955 Dr. Maier (Stuttgart) 2. 12. 1955 Menke 2. 12. 1955 Dr. Mocker 2. 12. 1955 Dr. Mommer 2. 12. 1955 Neuburger 2. 12. 1955 Frau Pitz 2. 12. 1955 Dr. Pohle (Düsseldorf) 2. 12. 1955 Rasner 2. 12. 1955 Struve 2. 12. 1955 Wagner (Ludwigshafen) 2. 12. 1955 Dr. Wahl 2. 12. 1955 Welke 2. 12. 1955
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    Rede von Dr. Alfred Gille


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Danke schön! — Ich möchte also auch auf die Gefahr hin, daß mich der politische Bannstrahl treffen könnte, doch der folgenden ketzerischen Auffassung Ausdruck geben. Ich sprach schon davon, daß wir hinsichtlich des völkerrechtlichen und des innerpolitischen Status und der Entscheidungsfreiheit Gesamtdeutschlands offenbar alle einer Meinung sind. Nun geht es um die Entscheidungsfreiheit hinsichtlich des sogenannten militärischen Status Gesamtdeutschlands. Meine Damen und Herren, eine Gretchenfrage: Glaubt jemand im Ernst, daß es auf dem Gebiet des militärischen Status eine echte, volle Entscheidungsfreiheit für Gesamtdeutschland überhaupt einmal geben kann?

    (Sehr richtig! beim GB/BHE.)

    Ja, ich möchte noch weiter fragen: glaubt jemand, daß in der enggewordenen Welt irgendein anderer souveräner Staat in diesem Sinne volle Entscheidungsfreiheit hat? Die Grenzen für einen Ermessensspielraum, für einen Entscheidungsspielraum sind doch hier durch die harte Wirklichkeit sehr eng gezogen. Dort nämlich, wo das Sicherheitsbedürfnis oder die Gefahr für die eigene Sicherheit der Nachbarn beginnt, hört es in der Praxis doch schon mit der Entscheidungsfreiheit auf.
    Diese Bemerkungen sollen nur dazu dienen, bei der Behandlung des zukünftigen Status Gesamtdeutschlands zu erkennen, daß wir — ich gebrauche ein Wort von Herrn Kiesinger — aus dem Teufelszirkel, in den wir hineingeraten sind, einfach nicht herauskommen, wenn wir nicht alle Bemühungen anstellen, über den militärischen Status Gesamtdeutschlands so oder so irgendwie Klarheit zu gewinnen. Vier müssen dazu ja sagen; wir allein haben ohnehin im echten Sinne nie die Entscheidungsfreiheit.
    Ich weiß nicht, Herr Bundesaußenminister, ob Sie nicht zustimmen werden, wenn ich darauf hinweise, daß auch die mehreren Vorschläge, die uns von den Westmächten gemacht worden sind und für die wir, d. h. Gesamtdeutschland, eine echte Wahlmöglichkeit haben, nicht das sind, was man eine volle Entscheidungsfreiheit nennt. Es ist in allen Vorschlägen beispielsweise enthalten, daß in der Mitte Europas, also dort, wo wir wohnen und wo unser deutscher Gesamtstaat einmal sein wird, eine neutrale oder entmilitarisierte Zone oder etwas Ähnliches bestehen wird. Über diese Frage würden wir doch auch bei der Durchführung der Pläne der Westmächte nicht mehr eine volle Entscheidungsfreiheit haben. Bitte, ich will kein Spiel mit Worten treiben, Herr Bundesaußenminister; aber bei der Behandlung dieser schweren Problematik würden wir ein gut Stück vorangekommen sein, wenn nicht gleich der Bannstrahl gegen denjenigen gerichtet würde, der einmal Überlegungen darüber anstellt, wie es denn militärisch einmal sein soll.

    (Beifall beim GB/BHE.)



    (Dr. Gille)

    Ich habe seitens des Gesamtdeutschen Blocks/BHE gar keine Veranlassung, zur Frage der Pariser Verträge im gegenwärtigen Augenblick etwas Besonderes zu sagen. Wir empfinden nicht das Bedürfnis, unsere Zustimmung zu den Pariser Verträgen heute noch einmal besonders zu begründen; denn in Genf ist es nicht um die Pariser Verträge, d. h. um den militärischen Status der Bundesrepublik gegangen, sondern um den militärischen Status Gesamtdeutschlands.

    (Abg. Feller: Ja leider auch nicht!)

    — Doch, in Vorschlägen ist darüber schon gesprochen worden. Hierzu meinen wir — und darin stimme ich mit Herrn Ollenhauer überein; das ist eine Frage, die völlig nüchtern, ohne jede Leidenschaft und ohne jede Parteitaktik besprochen werden sollte —: Ist wirklich in Genf an die Sowjetunion die entscheidende Frage gestellt worden, wie sie sich den militärischen Status Gesamtdeutschlands vorstellt? Ich will dazu nicht etwa sagen, daß man sich die Antwort nicht vielleicht schon vorher selbst geben könnte; das ist nicht das Entscheidende. Sowjetrußland hat zweierlei gesagt. Es hat einmal gesagt, der Sicherheitspakt, den es vorschlägt, beinhaltet im letzten Ziel die Beseitigung aller militärischen Bündnisse innerhalb dieses künftigen Sicherheitspaktes. Wenn es in diesem Zusammenhang ferner gesagt hat: Auch für Gesamtdeutschland keine Bündnisse, dann war das nicht zusätzlich, sondern ergab sich aus dem eigenen Sicherheitspaktvorschlag.
    Ich weiß nicht, Herr Bundesaußenminister, ob ich mich verständlich mache, ob ich richtig verstanden werde, wenn ich meine: die Antworten, die Molotow gegeben hat, lassen zwar — es ist ja nicht schwer, hier seine Phantasie spielen zu lassen — eine ganze Reihe von klaren und für uns völlig unmöglichen Antworten erkennen. Es ist aber nicht zu bestreiten, daß er bisher auf die Kernfrage noch keine Antwort hat zu geben brauchen.

    (Sehr richtig! beim GB/BHE.)

    Wir meinen, daß nach dieser Richtung Überlegungen durchaus geboten sind. Das bedeutet keine Kritik, das bedeutet insbesondere keine Kritik an den drei westlichen Außenministern. Meine Damen und Herren, lesen Sie sich die Reden durch! Es wird Ihnen manchmal das Herz warm werden nicht nur über die Qualität, mit der dort für die deutsche Sache in Übereinstimmung mit dem Sicherheitsbedürfnis des Westens gefochten wurde, sondern auch über die wirklich überzeugenden Formulierungen, die man direkt als Schlagzeilen für die deutsche Presse verwenden könnte. Das wollen wir gar nicht verkennen und wir wollen auch keine Kritik damit verbinden. Wir möchten aber die Notwendigkeit herausstellen, hierüber einmal eine Frage zu stellen.
    Wenn wir uns hierüber nicht klar sind und wenn sich das deutsche Volk nicht über den Einsatz klar ist, um den es bei dieser Entscheidung geht, dann werden wir keine einheitliche Linie finden. Ich glaube, die einheitliche Linie in der deutschen Außenpolitik ist erst dann zu finden, wenn auch der Rest irgendwelcher ungeklärt gebliebener Fragen, wenn auch das letzte Zwielicht über die Absicht hier und da beseitigt worden ist. Ich glaube, es ist der Mühe wert, auf diesem Wege voranzukommen. Vielleicht kommen wir schneller zu einer Einheitsfront auch in der letzten Frage, nachdem wir heute alle mit großer Befriedigung festgestellt haben, daß hinsichtlich der Entscheidungsfreiheit Gesamtdeutschlands auf innerpolitischem Gebiet hier in diesem Hause — und wir meinen, im deutschen Volke — nur eine einzige Meinung möglich ist.
    Daß die Grenze unserer Entscheidung in Fragen des militärischen Status unsere eigene Sicherheit, unser eigenes Sicherheitsbedürfnis ist, das ist eine Selbstverständlichkeit. Aber das ist auch nicht ein absoluter Begriff, auf den es nur eine Antwort gibt. Es kommt doch letzten Endes einmal der Tag — ich glaube, wir werden ihm nicht entgehen —, an dem vor das deutsche Volk die Frage gestellt sein wird: Was ist dir die Wiedervereinigung an Übernahme von Risiken wert? Es kann doch keiner annehmen, daß uns eines Tages das wiedervereinigte Deutschland ohne jedes eigene Risiko in den Schoß gelegt wird, wenn einmal ein guter Stern über irgendeiner Konferenz schwebt. Wir laben den Großteil des Weges selbst zu gehen, haben den Großteil des Weges selbst uns abzumühen.
    Ich bin deshalb der Meinung, daß auch die Frage der sogenannten technischen Kontaktstelle, von der die SPD vor einigen Wochen gesprochen hat, noch nicht ausgetragen ist. Herr Bundesaußenminister, ich möchte mit aller Deutlichkeit erklären: wir begrüßen die Stellung und die Haltung der Bundesregierung, alles zu versuchen, um die völkerrechtliche Anerkennung der sogenannten DDR zu verhindern, meinetwegen auch mit Mitteln, die nicht gerade höflich sind; da stehen wir völlig hinter Ihnen. Aber es hieße doch den Kopf in den Sand stecken, wenn wir nicht sehen wollten, daß auf der anderen Seite Machthaber am Werke sind, die auch vor echten Erpressungen nicht zurückschrecken werden.
    Auf der anderen Seite steht die Not — nicht nur die materielle, sondern auch die seelische Not — der siebzehn, achtzehn Millionen deutscher Brüder. Wird die Bundesrepublik nicht eines Tages doch in die Notwendigkeit versetzt werden, etwas zu tun — mehr will ich gar nicht sagen, um Gottes willen, meine Damen und Herren —, irgend etwas zu tun? Gespräche müssen doch vielleicht einmal geführt werden. Wir sitzen ja in dieser Frage nicht am längeren Hebelarm, sondern am kurzen, und zwar an einem sehr kurzen.
    Dieser Tatbestand hat bereits in der Sitzung des Bundestages am 23. September meinen Fraktionsvorsitzenden Dr. Mocker veranlaßt, eine Anregung zu geben. Ich habe die Rede des Herrn Außenministers nachgelesen und will also die Voraussetzungen, die er für neue Pläne und Anregungen hier stellt, noch einmal zum Vortrag bringen, weil ich hoffe, daß ich sie erfülle, Herr Bundesaußenminister, und daß Sie das, was ich jetzt hier zu sagen habe, nicht als außerhalb der von Ihnen gesetzten Voraussetzungen liegend empfinden: „Wer neue und zusätzliche Beziehungen zu errichten wünscht, sollte in einer Weise, die jeden Zweifel ausschließt, sagen, was er damit meint." Jawohl, Herr Bundesaußenminister, wir haben — weil es ja nicht so schwer war, vorauszusehen, daß die freien Wahlen in Gesamtdeutschland vielleicht nicht konzediert werden würden — am 23. September den Vorschlag gemacht, zu überlegen, wie die Russen darauf reagieren würden, wenn man nicht gesamtdeutsche Wahlen insgesamt, sondern freie Wahlen in den einzelnen Teilen Deutschlands zur Bildung eines Gremiums, das Gespräche aller Art, die nicht nur heute, sondern in Zukunft in


    (Dr. Gille)

    verstärktem Maße notwendig werden, führen könne, vorschlüge. Wir haben damit nicht — das liegt auch nicht in dem Vorschlag und auch nicht in den Folgen des Vorschlages — eine völkerrechtliche Anerkennung der DDR verbinden wollen. Das müßte dann genau so gegen den Vorschlag der Europa-Union, den Friedlaender-Plan, zutreffen. Also in dieser Beziehung kann es gar keinen Zweifel geben. Den Einwand: Das werden die Sowjets ohnehin nicht tun, werden Sie, Herr Bundesaußenminister, mir, glaube ich, nicht machen. Das sollte man abwarten. Im übrigen wäre das niemals ein Grund, einen von unserm Standpunkt aus denkbaren und vernünftigen Vorschlag nicht zu verfolgen; es ist gleichgültig, ob er Aussicht auf politische Wirksamkeit hat.
    Meine Damen und Herren, wir sind uns darüber gar nicht im unklaren, daß hierin natürlich Probleme stecken. Wir sind nicht so unbescheiden, zu glauben, daß wir Ihnen hier ein Allheilmittel anbieten könnten, insbesondere ein Allheilmittel gegen die von uns befürchteten Erpressungen zu Lasten der Sowjetzonenbevölkerung. Aber wir möchten meinen, man sollte sich einmal darüber unterhalten und sollte versuchen, mit den Russen auch darüber ins Gespräch zu. kommen. Dabei wird es entscheidend von den möglichen Garantien für die Freiheit der Wahl abhängen, wie man alle die Probleme der Aufgabenstellung, der Zuständigkeit und das angeblich so schwierige Problem der richtigen Verhältniszahl hinsichtlich der Stärken, die von der einen und von der anderen Seite kommen, wird lösen können.
    Wir haben, wie gesagt, kein Allheilmittel; aber wir haben den dringenden Wunsch, neben all den anderen Anregungen, wozu wir im einzelnen auch einige Formulierungen im Entschließungsantrag der SPD zählen, sämtliche Anträge, die heute gekommen sind und die im politischen Raum irgendwie einmal aufgetaucht sind, im Auswärtigen Ausschuß in einer völlig leidenschaftslosen Aussprache zu erörtern. Ich sehe, daß der Herr Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses mir zunickt, und entsinne mich noch sehr gut der Worte, mit denen er uns das letzte Mal verabschiedet hat. Er hat zum Ausdruck gebracht, daß er endlich einmal etwas anderes sein möchte als der Vorsitzende eines Ausschusses, der sich nur im Frage-und-Antwort-Spiel betätigt. Ein solcher Wunsch des ganzen Ausschusses wurde mir nämlich vorhin bestritten; aber ich glaube, Herr Kiesinger, Sie sind mit mir der Meinung, daß wir über alle Pläne nicht hinauskommen und nicht zu einer immer stärkeren Einmütigkeit kommen, wenn wir uns nicht entschließen, die Dinge einmal offen und ehrlich Auge in Auge miteinander auszutragen. In diesem Zusammenhang haben wir den Wunsch, daß man auch die Anregung, die mein Fraktionsvorsitzender am 23. September gegeben hat, als Material verwendet.
    Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Vielleicht darf ich mit wenigen Sätzen noch etwas zu den uns vorliegenden Entschließungen sagen. Wie wenig Wert man auf die politische Meinung meiner Fraktion legt, ist uns soeben ad oculos demonstriert worden.

    (Abg. Albers: Sie sind doch beide da!)

    — Danke schön, Herr Kollege! Ich habe ja gesagt: „soeben"! Ich freue mich, daß es jetzt im Augenblick anders ist.
    Der Entschließungsantrag der Regierungskoalition ist — nehmen Sie es mir bitte nicht übel — doch wirklich sehr, sehr inhaltsleer.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er ist ausgezeichnet!)

    Ich habe fast den Eindruck, daß das vielleicht die Kompromißformel der von der FDP abgeforderten Garantieerklärung ist

    (Heiterkeit beim GB/BHE)

    und daß man das vielleicht verwechselt hat. Jedenfalls ist es eine Demonstration, hinter der nichts steckt, und wir sind nicht in der Lage, ihr zuzustimmen. Im übrigen hat man offenbar auch nicht mehr das Bedürfnis, unsere Meinung zu solch wichtigen politischen Fragen zu hören und darüber zu sprechen.
    Zu dem Entschließungsantrag der SPD habe ich bereits gesagt, daß nach unserer Auffassung in den einzelnen Formulierungen Anregungen und Gedanken stecken, die man endlich einmal diskutieren sollte. Wir sind aber der Meinung, daß es sich zum Teil um bereits vorweggenommene Ergebnisse handelt, daß die Formulierung etwas zu perfektionistisch ist und zu weit geht. Wir können deshalb diesen Antrag zwar als eine wertvolle Diskussionsgrundlage anerkennen, aber nicht das bereits vorweggenommene Ergebnis.

    (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt]: Herr Kollege, nicht alles, was man zu Ende gedacht hat, ist perfektionistisch!)

    — Das ist richtig, Herr Professor Schmid. Aber wenn man bei einem solchen Entschließungsantrag, wo der eine Teil alles zu Ende gedacht hat, von einem Dritten verlangt, daß er zustimmt, ist dieser etwas überfordert. Man sollte ihm Gelegenheit geben, das auch einmal zu Ende zu denken; und um diese Gelegenheit habe ich bereits gebeten.
    Ein kurzes Wort zur Kriegsgefangenenfrage, und zwar nur deshalb — vielleicht darf ich Sie daraufhin ansprechen, Herr Bundesaußenminister —, weil heute in der deutschen Presse ein Artikel der russischen Zeitung „Isvestija" steht. Danach wird der Stopp der Transporte in Verbindung gebracht mit angeblichen Drangsalierungen und Zurückhaltungen gegen den Willen der Sowjetbürger, die sich noch hier befinden. Ich glaube, daß die Angehörigen der Kriegsgefangenen, auf die wir warten, von denen wir mit Recht hoffen, daß sie bald kommen, sehr beruhigt sein würden, wenn der Herr Bundesaußenminister vielleicht die Gelegenheit der heutigen Debatte benutzte — es ist nicht für uns; wir wissen, wie die Dinge liegen —, noch einmal ganz unmißverständlich zu erklären, daß jeder Angehörige der Sowjetunion, der durch die Kriegsereignisse hierhergekommen ist, unter allen nur möglichen Garantien jederzeit die Möglichkeit hat, in sein Vaterland zurückzukehren, wenn sein Wille dahin geht. Das ist angesichts der Tatsache, daß dieses ganze Problem so außerordentlich leidenschaftlich in unserer Öffentlichkeit erörtert wird, aus verständlichen Gründen notwendig.
    Wir erklären uns ausdrücklich bereit, die Mitverantwortung für die deutsche Außenpolitik zu tragen, wie jeder sie tragen muß, gleichgültig, ob er sich innerhalb oder außerhalb der Regierungsverantwortung befindet. Wir sind zu jedem offenen und ehrlichen Gespräch bereit und bitten nochmals dringend, uns endlich die Gelegenheit zu diesen offenen Aussprachen zu bieten. Damit, daß wir


    (Dr. Gille)

    hier die Überzeugung ausdrücken, es werde schon keine Resignation im deutschen Volke geben, die Regierung werde nicht resignieren, also werde auch das deutsche Volk nicht resignieren, sollten wir es aber nicht genug sein lassen. Hier muß etwas getan werden. Der letzte entscheidende Faktor in der Frage der Wiederherstellung der deutschen Einheit ist der entschlossene Wille des ganzen deutschen Volkes. Alles andere ist, wenn dieser entschlossene Wille nicht da ist, leeres Treiben. An der Herstellung und Erhaltung dieses entschlossenen Willens mitzuwirken, werden wir auch in Zukunft als unsere Aufgabe betrachten.

    (Beifall beim GB/BHE und vereinzelt bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich von Brentano


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind zwei Gründe, die mich veranlassen, einige Worte zu sagen.
    Erstens. Herr Kollege Gille hatte die Abwesenheit des Herrn Bundeskanzlers beanstandet.

    (Abg. Dr. Gille: Und des Herrn Bundesaußenministers!)

    — Und auch die meine. Ich möchte hierzu sagen, daß der Herr Bundeskanzler hier im Hause um 12 Uhr ein Gespräch mit dem Regierenden Bürgermeister der Stadt Berlin geführt hat, und Sie werden verstehen, daß dieses Gespräch keinen Aufschub duldete. Das war auch der einzige Grund, weswegen ich für drei Minuten die Sitzung verlassen habe.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Ich hatte ausdrücklich den Leiter der Politischen Abteilung gebeten, in dieser Zeit Ihre Rede zu verfolgen, damit ich in der Lage war, auch zu Ihren Erklärungen Stellung zu nehmen.
    Zweitens. Ich bin nur dankbar für den Hinweis des Herrn Kollegen Gille auf die Erklärung in der „Iswestija", und ich folge sehr gern seiner Anregung. Es ist eine Selbstverständlichkeit — und wir haben es auch in Moskau, als am letzten Verhandlungstag diese Frage angeschnitten wurde, ausgesprochen —, daß jeder Sowjetbürger, aber auch jeder andere, der den Wunsch hat, nach der Sowjetunion zurückzukehren, von uns nicht an der Rückkehr gehindert wird. Das entspricht den Grundlagen unserer demokratischen Ordnung, der absoluten Freizügigkeit. Wir haben auch schon in Moskau erklärt, daß wir der Sowjetunion, falls sie Zweifel daran hat, gerne die Erkenntnis verschaffen, daß in der Bundesrepublik kein Bürger der Sowjetunion, aber auch kein anderer daran gehindert wird, freiwillig nach der Sowjetunion zurückzukehren. Also die Behauptung, daß man die Kriegsgefangenen zurückbehalten dürfe, weil hier der eine oder andere gegen seinen Willen zurückgehalten werde, wird nicht ausreichen, das feierlich gegebene Versprechen von Moskau nicht einzulösen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und beim GB/BHE.)