Frau Abgeordnete Weber, die Redner müssen leider auf das Geräusch im Saal Rücksicht nehmen und deswegen lauter sprechen, als sie es sonst gern möchten. Es liegt also am Hause, zu bestimmen, wie laut der Redner spricht!
Eschmann , Anfragender: Es ist bei den Dienstgruppen bereits zu Entlassungen gekommen. Dazu auszugsweise nur einige Beispiele. In der französischen Zone betrafen die Entlassungen zum 1. September 1955 2 800 Mann, obwohl seitens der Franzosen kurz vorher noch erklärt worden war, es seien keine Personalkürzungen beabsichtigt. In der amerikanischen Zone kamen am 1. Juli 1955 2 500 Mann zur Entlassung, weitere Entlassungen sind zu erwarten, und in vielen Fällen sind die von der Entlassung Betroffenen alte Leute und Verheiratete mit mehreren Kindern. Diese Entlassungen haben aber leider zur Folge, daß die verbleibenden Dienstgruppenangehörigen erhebliche Überarbeit und Mehrarbeit leisten müssen, in vielen Bereichen sogar über 90 Stunden in der Woche,
und darüber hinaus noch Sonntags- und Feiertagsarbeit leisten müssen, ohne daß dafür ein Pfennig mehr bezahlt wird.
Nach den jetzt schon vorgenommenen Entlassungen müssen die verbleibenden Dienstgruppenangehörigen die Arbeit, die bisher von den jetzt Entlassenen geleistet wurde, zusätzlich übernehmen, denn der Umfang der Arbeit ist ja derselbe geblieben. Auch hierfür gibt es keinen Pfennig mehr Lohn oder Gehalt. Leider ist sogar das Gegenteil der Fall: bei den Direktbeschäftigten sind erhebliche Lohn- oder Gehaltskürzungen eingetreten. Aber darüber wäre gleich bei Punkt 2 unserer Anfrage einiges mehr zu sagen.
Sie sehen, meine Damen und Herren, an diesen nur wenigen Beispielen — ich könnte ihre Zahl noch beliebig vergrößern —, daß die Dienstgruppen nach wie vor in einer bitteren Zwielichtigkeit stehen. Nur ist unverkennbar diese Zwielichtigkeit heute eine andere, als sie in den Debatten des 1. Bundestages zum Ausdruck kam. Die Entwicklung ist auch hier fortgeschritten. Die Besorgnis, daß die Dienstgruppen eine vormilitärische Einrichtung seien, daß sie eine im stillen vorbereitete Kadertruppe deutscher Streitkräfte seien, die man unbesehen in Bausch und Bogen in die deutschen
Streitkräfte übernehmen könne, ist wohl heute nicht mehr zu hegen. Nach Pressemeldungen der letzten Tage ist allerdings in dieser Hinsicht um die Dienstgruppen etwas Bewegung entstanden. Erst kam die Diskussion um den Grenzschutz, und nun sind die Dienstgruppen an der Reihe. Inwieweit den einzelnen Pressemeldungen Tatsachen zugrunde liegen, will ich hier nicht untersuchen. Was aber die Meinung des Herrn Verteidigungsministers betrifft, so kann ich nur sagen, daß er noch kürzlich im Sicherheitsausschuß auf mein Befragen hin erklärte, daß eine globale Übernahme der Dienstgruppen oder die Übernahme geschlossener Einheiten überhaupt nicht in Frage käme.
Nun können sich allerdings Meinungen sehr schnell ändern. Man hört ja aus dem Verteidigungsministerium heraus über diese Sache wie auch über andere Dinge nicht allzuviel. Die Presseleute gehen auch gar nicht mehr besonders gern zum Einholen von Informationen dorthin, weil eine Berührung von Journalisten mit dem Verteidigungsministerium sehr leicht in eine Schlacht ausarten oder zur Beschlagnahme von Filmen wie kürzlich in Köln führen kann. Aber vielleicht hören wir heute etwas über die wirklichen Absichten des Verteidigungsministeriums in bezug auf die Dienstgruppen. Es könnte zur Aufklärung und Beruhigung von einigen Gemütern nach meiner Meinung jedenfalls nichts schaden.
Abgesehen davon liegt eine solche Absicht der geschlossenen Übernahme auch nicht im Interesse der Dienstgruppen selbst. Sie haben von sich aus bisher noch nie ein solches Ansinnen gestellt. Meine persönliche Meinung ist, daß sie sich zu einer globalen Übernahme schon auf Grund ihrer altersmäßigen Zusammensetzung gar nicht eignen. In der GSO in der britischen Zone, um nur ein Beispiel herauszunehmen, beträgt das Durchschnittsalter der Männer der Dienstgruppen 38 Jahre, vielleicht sogar noch mehr. Von diesen Angehörigen der Dienstgruppen sind zwei Drittel verheiratet, ein Drittel ledig; 75 % sind Heimatvertriebene und Flüchtlinge.
Über den Dienstgruppen schwebt nach wie vor die große bange Frage: was wird aus uns? So war es schon im Anfang seit ihrer Entstehung der Fall, und diese Sorge hat die Männer immer begleitet. Heute aber geht es zunächst einmal nur darum, sie unverzüglich aus der jetzigen Zwielichtigkeit herauszubringen. Der nicht mehr tragbare Zustand eines Besatzungsrechts muß beseitigt werden. An seine Stelle muß genau wie bei den Direktbeschäftigten deutsches Arbeitsrecht treten und dann aber auch klar und ohne Abschwächung zur Anwendung kommen.
Hierzu wünschen wir, daß gerade die alliierten Stellen den Sinn unserer heutigen Großen Anfrage zur Kenntnis nehmen und danach handeln. Wenn die Alliierten, wie auch aus Pressemeldungen hier und da zu entnehmen ist, Befürchtungen über die Abwanderung von Spezialisten aus den Dienstgruppen zu den deutschen Streitkräften hegen, — nun, sie haben und sie hatten es doch selber in der Hand, die Verhältnisse durch ihr eigenes Verhalten für ihre eigenen Zwecke besser zu gestalten.
Der Bundesregierung und dem Bundesfinanzministerium empfehlen wir, hierin das notwendige Rückgrat zu zeigen und die Härte zu haben, die nun einmal zur Lösung dieses Problems unbedingt erforderlich ist.
Zum Punkt 1 unserer Großen Anfrage möchte ich abschließend noch folgendes ausführen und dabei besonders wieder das Verteidigungsministerium ansprechen. Es gibt bei den Dienstgruppen tatsächlich eine große Anzahl von Männern, die auf Grund ihrer langjährigen Tätigkeit bei den Alliierten über gute Erfahrungen und Unterrichtung auf vielen Gebieten, auch auf militärischen, verfügen. Sie sind im Laufe der Zeit z. B. mit Waffen und Gerät der Besatzungsmächte vertraut geworden; sie sind auf diesem Gebiet nicht zuletzt in sprachlicher Hinsicht gut geschult. Mir scheint, sie sind ebenfalls charakterlich und in ihrer sonstigen allgemeinen Lebensweise und Einstellung zur heutigen Zeit gereift. Daher glaube ich, daß sie durchaus geeignet sein könnten, in den deutschen Streitkräften Verwendung zu finden. Daß der Herr Verteidigungsminister auch an diesen Spezialkräften besonders interessiert ist, hat er ebenfalls kürzlich in einer Diskussion im Sicherheitsausschuß bestätigt.
Eines aber muß völlig klar sein: Die interessierten Männer der Dienstgruppen müssen sich genau wie jeder andere deutsche Staatsbürger auf dem üblichen Wege bewerben, wenn sie in die Streitkräfte eingestellt werden wollen. Ebenso unterliegen sie den gleichen Kontrollen wie jeder andere. Eine besondere Vorrechtstellung haben sie nicht und können sie nicht haben.
Ich habe aber an das Verteidigungsministerium die Bitte, bei eventuellen Überprüfungen von Bewerbern oder deren Einstellung daran zu denken, daß es bei diesen Leuten neben Zivilisten nicht nur ehemalige Offiziere, sondern auch viele gute Angehörige aus dem früheren Mannschaftstande und ehemalige — besonders technisch qualifizierte — Unteroffiziere und Feldwebel gibt. Ich hoffe und wünsche, daß bei einer eventuellen Berücksichtigung von Bewerbern — und gerade bei den ehemaligen Soldaten — eine gleichwertige Behandlung erfolgt.
Und nun, meine Damen und Herren, zu Punkt 2 unserer Großen Anfrage. Dieser Punkt betrifft hauptsächlich die Direktbeschäftigten bei den Besatzungsmächten. Seit dem 1. Februar dieses Jahres gibt es für diesen Teil der Zivilbediensteten einen Tarifvertrag — abgekürzt: TVAL — vom 1. Februar 1955. Wie inzwischen bekannt wurde, ist dieser Vertrag aber bereits von der Gewerkschaft ÖTV federführend für alle gekündigt worden. Auf Einzelheiten dieses Vertrages hier an dieser Stelle einzugehen, würde sicherlich zu weit führen. Es muß aber an dieser Stelle etwas gesagt werden zu den Begebenheiten um die Auslegung und die Anwendung dieses Vertrages und zu den Auswirkungen, die sich daraus .für die Betroffenen ergeben. Was hierbei leider, meine Damen und Herren, an Einseitigkeit und Willkür festzustellen ist,
ja teilweise sogar auch an Diffamierung für die Bediensteten, ist nun wirklich alles andere als erfreulich. Ich sagte schon zu Beginn meiner Ausführungen, daß es auch heute noch, nach über zehn Jahren, in diesem Bereich Dinge gibt, die leider nichts von den unmöglichen Zuständen der damaligen turbulenten Zeit nach 1945 verloren haben. In diesen Bereich, den der Auslegung und Anwendung des Tarifvertrages, fällt z. B. die Neueingruppierung der Beschäftigten nach einem im
Vertrag vorgesehenen, ziemlich fest umrissenen Katalog. Bei diesem Eingruppierungsverfahren zeigt sich leider, daß Einseitigkeit und Willkürlichkeit — um nichts Schlimmeres zu sagen — erhebliche personelle und materielle Nachteile für die Betroffenen herbeiführen, die — auch das muß gesagt werden — ebenso zu einem großen Teil zu Lasten der alliierten Behörden gehen. Zur Erhärtung einige wenige Beispiele von vielen.
Ein Angestellter, 54 Jahre alt, verheiratet, mit einem Kind, erhält nach Vergütungsgruppe VII bisher ein Gesamtgehalt von 505 DM, nach dem TVAL Anhang 6 Gruppe 3 Stufe 2 aber jetzt nur noch 406 DM. Mithin hat er eine Gehaltseinbuße von 99 DM im Monat. Ein anderes, noch krasseres Beispiel: Ein Angestellter, 44 Jahre alt, verheiratet, sechs Kinder, erhielt bisher 681 DM; nach der neuen Situation erhält er nur noch 480 DM, er hat mithin eine Einbuße von monatlich 201 DM.
Sie können sich sicher vorstellen, meine Damen und Herren, wie es einer solchen Familie zumute ist, die sich doch in ihrer ganzen Lebenshaltung auf das bisherige höhere Einkommen eingerichtet hatte und nun erheblich weniger bekommt.
Und noch ein anderes Beispiel. Bei einer anderen Gelegenheit werden qualifizierte angelernte Munitionsarbeiter willkürlich als ungelernte weitergeführt, Erschwernis- und Gefahrenzulagen einfach nicht mehr gezahlt,
obwohl der TVAL, Anhang S, Ziffer 4 bis e und folgende, diese Zahlungen klar und eindeutig vorsieht. Auch das bedeutet erhebliche Einkommensminderung.
Wie gesagt, die Beispiele könnten beliebig erweitert werden; die Unterlagen dafür liegen schwarz auf weiß vor.
Die Hoffnungen auf Lohn- und Gehaltsaufbesserungen nach dem Inkrafttreten des TVAL sind nach diesen einseitigen Auslegungen des Vertrages mit einem Schlage zerstört worden. Die Verbitterung bei den Betroffenen ist mit Recht groß und wächst ständig.
Hier erhebt sich die Frage an die Bundesregierung, an das Bundesfinanzministerium: Was gedenkt man zu tun, um diesen bitteren Verhältnissen Einhalt zu gebieten?
Ein anderes Kapitel sind die Entlassungen, die ja auch bei den Direktbeschäftigten im Augenblick vorgenommen werden. Betroffen sind hier ebenfalls in erster Linie ältere Leute und Verheiratete mit Kindern. In unserer letzten Anfrage vom 17. Februar 1955 habe ich schon ausgeführt, daß diese Menschen es sehr schwer haben, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Einmal sind sie zu alt, um noch günstig vermittelt werden zu können, auch wenn sie erst um die 40 herum sind, und leider ist das auch in der augenblicklichen sogenannten überhitzten Konjunktur nicht viel anders. Zum andern trifft es leider immer noch zu, was schon damals zur Begründung unserer Anfrage gesagt wurde, daß nämlich die Industrie diese Menschen nicht gern aufnimmt. Man sagt es ihnen zwar nicht unmittelbar ins Gesicht, daß man sie deshalb nicht nimmt, weil sie bei den Alliierten beschäftigt gewesen sind — man findet dafür zumeist irgendeine andere fadenscheinige Begründung —; aber immer noch weisen in erster Linie diejenigen diese Menschen ab, die einer Partnerschaft mit den
Alliierten, die damals der Inkraftsetzung der Pariser Verträge und heute einer beschleunigten Wiederaufrüstung allzu eifrig das Wort reden.
Das Bedauerlichste an der ganzen Tatsache aber ist folgendes. Die Betroffenen lassen diese erbärmlichen Geschehnisse über sich ergehen, weil sie regelrecht unter Druck und Angst gestellt sind, unter den Druck und die Angst nämlich, daß sie, wenn sie Einspruch erheben, gekündigt werden und ihre Beschäftigung verlieren und dann so leicht nicht mehr unterkommen. Dafür nehmen sie lieber eine Minderbezahlung in Kauf und gehen mit bitteren Gefühlen den unteren Weg.
Sie werden zugeben, meine Damen und Herren, daß das wirklich nicht mehr mit der deutschen Auffassung von arbeitsrechtlichen Bedingungen zu vereinbaren ist. Hinzu kommt noch, daß sich der betroffene Personenkreis selten eine gut funktionierende Vertretung, Betriebsräte usw., hat schaffen können, weil da oft mit unüberwindlichen Schwierigkeiten gerechnet werden mußte, und zwar nicht nur bei den alliierten Behörden, sondern leider auch bei deutschen Stellen. Also von daher gab es nicht allzuviel Unterstützung für sie.
Hierzu möchten wir heute eingehend erfahren, gründlicher jedenfalls als beim letztenmal, gerade auch in bezug auf Punkt 3 unserer Großen Anfrage, wie die Bundesregierung, wie das Bundesfinanzministerium oder das Bundesarbeitsministerium es sich vorstellen, daß hier Abhilfe geschaffen wird. Bitte nehmen Sie die Angelegenheit nicht auf die leichte Schulter! Die Situation ist wirklich ernst. Der Einseitigkeit und Willkür bei der Auslegung der Tarifbestimmungen muß ein Ende gemacht werden. Gerechte Entlohnung, sozial gerechtfertigte Bedingungen bei Entlassungen, gerechte Eingruppierungs- und Einstufungsverfahren müssen Platz greifen. Das Problem bleibt auch dann bestehen, wenn der TVAL jetzt von der Gewerkschaft ÖTV für alle gekündigt ist; das spielt dabei gar keine Rolle. Hier ist man wirklich geneigt, zu sagen: Bundesregierung, Bundesfinanzministerium, werde endlich hart! Sagen Sie uns bitte heute zu den Punkten 2 und 3 unserer Anfrage, welche konkreten Maßnahmen Sie ergreifen wollen, um den betroffenen Menschen die dringend notwendige Unterstützung zu geben.
Nun zum letzten Punkt unserer Großen Anfrage. Aus Art. 45 Abs. 5 des Truppenvertrages ergibt sich, daß die alliierten Mächte zumindest seit dem 5. Mai 1955 zu einer arbeits- und tarifrechtlichen Regelung der Arbeitsverhältnisse für die Dienstgruppen grundsätzlich verpflichtet sind. Es heißt dort wörtlich:
Die bei Inkrafttreten dieses Vertrages. geltenden Arbeitsbedingungen im Sinne des Unterabsatzes des Abs. (5) des Art. 44 werden alsbald
— und das Wörtchen „alsbald" muß hier unterstrichen werden —
im Einvernehmen zwischen den deutschen Behörden und den Behörden der Streitkräfte überprüft und im wesentlichen einheitlich festgelegt.
Allerdings hatten sich die Alliierten schon am 28. Januar 1955 zu diesen Maßnahmen verpflichtet, als sie den Tarifvertrag für die Direktbeschäftigten genehmigten, der in § 1 Ziffer 3 vorsieht, daß die Arbeitsbedingungen in einem Sonderabkommen geregelt werden.
Nach den Verträgen sollen nun die Dienstgruppen innerhalb von zwei Jahren aufgelöst werden. Aber noch ist es nicht so weit. Wenn heute in Auswirkung des Finanzvertrages die Bundesrepublik an Stationierungskosten für ein Jahr 3,2 Milliarden DM an Stelle der bisherigen 7,2 Milliarden DM bezahlt, ergibt sich doch daraus, daß die Alliierten am 5. Mai dieses Jahres über einen Besatzungskostenüberhang von mehr als 4 Milliarden DM verfügt haben. Die ursprünglichen Besatzungskosten überstiegen also die finanziellen Bedürfnisse der Besatzungsmächte, denn anders hätte sich der Besatzungskostenüberhang überhaupt nicht ansammeln können. Aus dieser Überlegung ergibt sich, daß die Alliierten zumindest bis 1. Mai 1956 über dieselbe Menge Geld verfügen wie zur Zeit des Besatzungsstatuts. Deshalb können die Alliierten doch jetzt nicht sagen, sie seien aus budgetären Gründen gezwungen, Entlassungen größeren Stils bei ihren deutschen Beschäftigten vorzunehmen. Auch Eingruppierungen und Einstufungen mit solchen erheblichen Lohn- und Gehaltseinbußen, wie sie eben aufgezeigt wurden, stehen damit nicht im Einklang. Die Entlassungen in der französischen Zone zum 1. September 1955 aber wurden offiziell aus finanziellen Gründen durchgeführt. Ich bin der Meinung: da ist etwas faul, sogar oberfaul im Staate.
Alle diese eben geschilderten Maßnahmen gehen ausschließlich auf Kosten der zivilen Beschäftigten. Das hat nun mit Souveränität wirklich nichts zu tun. Deshalb erwarten wir von der Bundesregierung eine Erklärung, wie sie sich zu diesen Verhältnissen stellt. Bitte beantworten Sie in diesem Sinne unsere Große Anfrage, aber geben Sie bitte die Antwort auch unter Zugrundelegung dieser meiner hier gegebenen Begründung. Eine große Anfrage, formuliert auf dem Papier, hat meist nur in gedrängter Form und in wenigen Sätzen den Gegenstand der Beratung zum Inhalt. Die Vertreter der Bundesregierung, die heute hierzu Stellung nehmen werden, sind, hoffe ich, mit der Materie so vertraut, daß sie im Interesse der Sache eine erschöpfende, allumfassende Antwort geben können, der meine Begründung mit zugrunde liegt.
Zum Schluß noch eine kleine Randbemerkung, die Sie vielleicht als etwas zynisch empfinden werden. Anläßlich des damaligen Besuchs einer deutschen Delegation in Moskau unter der Führung des Herrn Bundeskanzlers wurde in einem Garten bei der Vorführung eines Propagandaballons, dessen Herkunft strittig war, dem Herrn Bundeskanzler gesagt, daß wir ja alliierte Streitkräfte in der Bundesrepublik hätten, und der Bundeskanzler war der Meinung, daß diese vielleicht den Ballon, der die sowjetische Luftfahrt störte, aufgelassen hätten. Der Herr Bundeskanzler wurde von Herrn Bulganin oder von Herrn Chruschtschow — genau weiß ich nicht mehr, wer es gewesen ist — gefragt: Ich denke, Herr Adenauer, Sie sind souverän? In der hier anstehenden Sache, die vielleicht nicht so wichtig ist wie die Angelegenheit in Moskau, ist man aber auch geneigt, zu fragen: Verehrte Bundesregierung, sind wir nun in dieser Sache souverän, oder sind wir es nicht?