Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte mich gern an die Anregung des Herrn Präsidenten, man möge sich kurz fassen, wäre aber dankbar, wenn mir die Damen und Herren doch einen Augenblick Aufmerksamkeit schenken wollten.
Leider ist genau das eingetreten, was wir im Ausschuß verhüten wollten. Es ist nämlich hier deutlich geworden, daß über die Zweckmäßigkeit des Renten-Mehrbetrags-Gesetzes als Grundlage für die Erhöhung der Renten offensichtlich Zweifel bestehen. Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, hatten sich, wie ich weiß, intern mehrfach dahin geäußert, daß die Anregung, die die SPD-Fraktion gegeben hatte, auch vielen von Ihnen angenehm sei. Sie hatten gespürt, daß dahinter das ernste Anliegen stand, die Punkte, in denen wir einig waren, herauszuheben und jene anderen Punkte, bei denen Einigkeit noch nicht bestand, nach Möglichkeit im Ausschuß unter uns auszuhandeln. Das war der Sinn des Antrags, den ich im Namen der der SPD-Fraktion angehörenden Mitglieder des Ausschusses am Montag abend gestellt hatte. Wir waren, wie Sie wissen, sehr bedrückt darüber, daß Sie dieser Anregung nicht gefolgt sind.
Ich erinnere daran, daß alle anderen Parteien, von der FDP bis zur SPD, einmütig der Auffassung waren, wir sollten die ruhige Atmosphäre einer Verhandlung von Mann zu Mann, von Frau zu Frau beibehalten. Meine Damen und Herren, auch Sie werden jetzt der Auffassung sein — ich zweifle nicht daran —, wir hätten uns die letzten zwei oder drei Stunden ersparen können, uns und auch der Öffentlichkeit ersparen können, wenn im Ausschuß bei der CDU-Fraktion die Bereitwilligkeit bestanden hätte, über ihren eigenen Antrag wirklich zu verhandeln. Sie wissen, daß ihr Sprecher, Herr Abgeordneter Horn, das leider versagte, indem er erklärte: „Wir können Abänderungswünsche nicht berücksichtigen" und dann in einer späteren Berichtigung seiner Darlegungen sagte: „Es entscheidet die Mehrheit". Jeder wußte, was „die Mehrheit" im Ausschuß bedeutet.
— Die Aufklärung eines Mißverständnisses, und diese Aufklärung klärte uns darüber auf, daß Sie, Herr Abgeordneter Horn, gewillt waren, mit Ihrer Mehrheit Ihren Entwurf ohne Abänderungen durchzusetzen. Das war der Inhalt der Erklärung.
Nun stehen wir, meine Damen und Herren, doch fast vor einem Trümmerhaufen. Die Gutwilligkeit, die die anderen Parteien der CDU gezeigt hatten, ist durch das Vorgehen, das wir heute erlebt haben, leider zuschanden geworden. Wir stehen vor der Frage, ob Sie gewillt sind, den Weg, den wir vorgeschlagen hatten, doch noch zu gehen, ob Sie nicht den Versuch machen wollen, mit Ihrer Mehrheit nicht gegen eine überwältigend bestätigte andere Auffassung in diesem Hause anzustehen. Das, meine Damen und Herren, ist die eigentliche Frage, vor die wir jetzt gestellt sind.
Die Abstimmung über unseren § 1 hatte Gleichheit der Stimmen ergeben, d. h. das Haus ist in genau gleich große Hälften gespalten in der Auffassung, ob wir nicht zunächst nur die Vorauszahlungen regeln und dann im Ausschuß über die hier wieder strittig gewordenen Fragen in Ruhe und Sachlichkeit — und ohne die Fenster draußen zu beachten — miteinander sprechen sollten. Wenn das Haus in dieser Weise praktisch in genau zwei Hälften gespalten ist, soll dann die — wie Ihnen zuzugeben ist — bestehende Mehrheit der CDU/ CSU-Fraktion, die faktisch mit einer Stimme die Mehrheit in diesem Hause hat, ihren Willen den anderen aufzwingen, die mit solcher Deutlichkeit gezeigt haben, daß sie Bedenken haben und daß sie gewillt sind, diese Bedenken mit Ihnen sachlich durchzusprechen?
Das ist die Frage, vor die wir jetzt in der dritten Lesung gestellt sind, und ich bitte Sie herzlich, jetzt nicht den Standpunkt „Stimmenmehrheit" durchzusetzen, sondern, ich darf einmal sagen, die Stimme der Vernunft, aber ich möchte auch gleichzeitig sagen: die Stimme des Herzens zur Geltung zu bringen, — wenn auch leider in der CDU/CSU-Fraktion über solche Worte gelacht wird.
— Ja, leider ist gelacht worden!
— Entschuldigen Sie, ich möchte den Namen des Herrn nicht nennen; es wäre peinlich für ihn.