Rede von
Dr.
Gerhard
Schröder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bitte, erschrecken Sie nicht, Dieses Buch sieht sehr dick aus. Ich brauche aus dem Buch nur eine einzige kleine Bestimmung.
— Vor Büchern nicht, fein!
Ich wollte eigentlich damit beginnen, daß ich zunächst ein Wort an die Adresse des Herrn Kollegen Hoogen richtete. Herr Kollege Hoogen hat, ich glaube, er sagte: eine kleine Kritik an der Regierungserklärung unter eins geübt. Ich möchte ihm darauf erwidern. Ich würde gar nicht auf den Punkt eingehen, wenn Herr Kollege Hoogen nicht Vorsitzender des Rechtsausschusses wäre. Die Bundesregierung hat jeden Respekt vor den Verfahrensvorschriften. Aber, Herr Kollege Hoogen, dieser Respekt vor den Verfahrensvorschriften entbindet sie nicht davon, auf der Basis amtlicher Unterlagen das zu wissen, was alle Welt sowieso weiß und was in den Zeitungen in aller Breite steht.
Mit der rechtlichen Seite dieses Problems hat sich Herr Kollege Dr. Arndt, der stellvertretende Vorsitzende des Rechtsausschusses, auseinandergesetzt. Ich möchte auf weitere rechtliche Betrachtungen zu diesem einzigen Punkt, wohlgemerkt, verzichten.
Aber nun, meine Damen und Herren, muß ich mich den Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion zuwenden. Die Bundesregierung ist hier eigentlich am intensivsten von dem Kollegen Metzger, wenn ich es richtig aufgefaßt habe, der Langmut und Gleichgültigkeit geziehen worden. Ja, er hat nicht nur gesagt: die Bundesregierung, sondern er hat das insbesondere dem Innenminister zur Last gelegt.
Nun, Langmut wäre vielleicht noch nicht schlimm;
die brauchen wir alle sehr. Aber Gleichgültigkeit
in der Wahrnehmung amtlicher Verpflichtungen, — dagegen muß ich mich natürlich, wie Sie verstehen werden, intensivst zur Wehr setzen. Deswegen möchte ich sagen: die Bundesregierung hat von Anfang an nichts versäumt, um den staatlichen Gesetzen Geltung zu verschaffen. Sie ist im frühestmöglichen Zeitpunkt in die Erörterungen mit dem Heiligen Stuhl eingetreten. Aber ich darf nun wieder auf den Kollegen Arndt zurückgehen. Er selbst hat zitiert, daß in allen diesen Fällen Strafverfahren eingeleitet worden seien. Im übrigen ist das eine Verfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen. Die Justiz ist Sache der Länder, und die Bundesregierung wird sich hüten, in die Rechte oder gar in die Justiz der Länder einzugreifen. Das, was in ihrem Sektor geschehen konnte, hat sie getan, wird sie weiter tun. Alles andere ist Sache der Durchführung der anhängigen Strafverfahren. Wir haben sicherlich keine Einwendungen dagegen, wenn diese beschleunigt auf der Basis der Rechtsgrundlage, wie ich sie vorgetragen habe, abgeschlossen werden.
Ich möchte aber eine weitere Erklärung für die Bundesregierung abgeben und betone, daß dies eine formulierte Erklärung ist:
Zur Frage der innerstaatlichen Sicherung der Bestimmungen des Personenstandsgesetzes hat die Bundesregierung eindeutig Stellung genommen. Sie hat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat bei der Strafvorschrift für Geistliche — es handelt sich um den hier häufig zitierten § 67 des Personenstandsgesetzes — betont, daß nach ihrer Ansicht die Vornahme einer kirchlichen Trauung vor der standesamtlichen Eheschließung als Straftatbestand erhalten bleiben müsse. Allerdings solle der Strafdrohung die Härte des Kulturkampfs genommen und statt einer Geldstrafe bis zu 10 000 DM oder einer Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren nur eine Geldstrafe bis zu 500 DM angedroht werden. Die Bundesregierung hält an dieser Auffassung fest. Dies gilt ganz besonders dann, wenn, wie in den Fällen Tann und Falkenstein, eine kirchliche Trauung vorgenommen wird, obwohl der Geistliche weiß, daß überhaupt keine standesamtliche Eheschließung beabsichtigt ist.
Es liegt der Antrag der Fraktion der SPD vor, durch den die Bundesregierung aufgefordert wird, dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten über den Stand und den Verlauf ihrer Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl zu berichten. Die Bundesregierung ist dazu unter Wahrung der diesbezüglichen internationalen Gepflogenheiten bereit.
Meine Damen und Herren, ich wollte aus der Strafprozeßordnung zitieren. Das ist der Punkt, den ich bereits eingangs erwähnte. Das geht auf etwas zurück, was Sie, Herr Kollege Dr. Arndt, angesprochen haben: das Verhalten der Bundesregierung in dem Strafverfahren. Die Bundesregierung hat dort die Vorlegung eines Schriftwechsels unter Berufung auf den § 96 der Strafprozeßordnung verweigert. Ich darf Ihnen den § 96 einmal vorlesen:
Die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen in amtlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken durch Behörden und öffentliche Beamte darf nicht gefordert werden, wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde.
Ich komme auf diesen Punkt nur aus einem ganz prinzipiellen Grunde zurück. Es genügt, wenn die Bundesregierung diese Erklärung abgibt; sie braucht diese Erklärung nicht zu motivieren. Müßte sie das, würde der § 96 inhaltslos werden.