Rede von
Matthias
Hoogen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr erfreut, in zwei Punkten Herrn Kollegen Dr. Arndt und Herrn Kollegen Metzger zustimmen zu können, in dem Punkte nämlich, daß in der heutigen Aussprache die Frage der Gültigkeit oder Ungültigkeit des Reichskonkordats nicht zur Debatte steht, und in dem mir noch wichtiger erscheinenden Punkte, daß staatliche Gesetze, solange und in der Form, in der sie gelten, zu beachten sind.
Zu diesen staatlichen Gesetzen gehört aber auch die in Art. 4 des Grundgesetzes für unverletzlich erklärte Freiheit der Religionsausübung, von der Herr Kollege Arndt sprach, und die Unverletzlichkeit der Gewissensentscheidung. Sie ist, wie Art. 1 Abs. 3 des Grundgesetzes es vorschreibt, für den Gesetzgeber, für die Verwaltung und die Gerichte bindend. Ich glaube aber, wir sollten diese Frage hier nicht weiter vertiefen. Ich lege nur im Hinblick auf das, was ich nunmehr zu sagen habe, Wert darauf, diese Worte an die Spitze meiner Ausführungen zu stellen.
In fast allen anderen Punkten, meine Herren Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, gehe ich weitgehend nicht mit Ihnen einig. Ich muß sagen, ich muß mein Befremden darüber ausdrücken, — —
— Das ist nur zum Verfahrensmäßigen; es besteht also insoweit noch kein Grund, mir zu widersprechen. — In der Anfrage ist von dem einen Fall die Rede. In der Begründung hier war von den sechs Personen, die Herr Arndt uns genannt hat, in acht Fällen die Rede, und Herr Metzger sprach im Laufe seiner Ausführungen schon von „wer weiß wie vielen Fällen".
— Ja, meine Damen und Herren, kennen Sie denn „wer weiß wie viele" Fälle?
— Ja? Dann wundert es mich, daß Sie sie nicht genannt haben.
Jedenfalls ist auf der anderen Seite festzustellen,
daß sich in drei oder vier von rund 11 100 katholischen Pfarrbezirken in der Bundesrepublik diese Fälle ereignet haben. Wir sollten hier nicht dramatisieren. Meine Damen und Herren, wir greifen doch durch diese Debatte in schwebende Verfahren ein
— jawohl! —, eine Methode, Herr Kollege Dr. Menzel, gegen die sich zusammen mit uns die sozialdemokratische Fraktion sonst immer mit Recht gewehrt hat, weil sie eine Anhängerin der Dreiteilung der Gewalten ist.
Ich hätte nichts dagegen einzuwenden — Herr Kollege Schröter, wenn Sie mich vielleicht anhören wollen —, wenn wir nach Abschluß der gerichtlichen Verfahren, d. h. nach rechtskräftigem Abschluß, uns die Akten der Gerichte kommen lassen und dann hier gemeinsam überlegen, was wir als Parlament sowohl in seiner gesetzgebenden wie auch in seiner kontrollierenden Funktion aus diesem Anlaß zu tun gedenken.
Aber, meine Damen und Herren, jetzt darf ich mir auch eine kleine Kritik an der Erklärung der Bundesregierung erlauben. Auch in der Erklärung der Bundesregierung habe ich nur etwas von polizeilichen Ermittlungsverfahren gehört. Herr Kollege Greve, Sie lachen darüber. Aber ich glaube, Sie sind mit mir der Meinung, daß wir beide von derartigen Verfahren nicht allzuviel halten.
— Ach so, das konnte ich Ihrem Lachen nicht ansehen. Da Sie in diesem Zusammenhang lachten, Herr Kollege Greve, habe ich geglaubt, es seien die von uns beiden sicherlich nicht sehr geschätzten Verfahren der Polizei. Von einem gerichtlichen Verfahren, Herr Kollege Arndt, habe ich in Ihren ganzen Ausführungen zur Begründung nichts gehört, und auch in der Erklärung der Bundesregierung nicht.
Meine Damen und Herren! Ich will feststellen: mir liegt nichts daran, die Fälle, die Sie hier aufgeführt haben, wenn sie so sind, wie Sie sie aufgeführt haben, zu bagatellisieren. Deswegen sage ich noch einmal: ich habe nicht von ungefähr und nicht umsonst an die Spitze meiner Ausführungen gestellt, daß auch wir der Meinung sind, — — et cetera; ich brauche es nicht zu wiederholen. Aber ich glaube, wir sollten doch so verfahren. Denn wenn wir es uns angelegen sein lassen sollten, uns mit Verfahren zu befassen, die noch bei den Gerichten schweben, sogar schon zu einem Urteil gediehen sind, dann, glaube ich, sollten wir uns mit dem Urteil eines Schwurgerichts aus den letzten Wochen befassen, das mehr wert wäre, in seinen möglichen Folgen hier besprochen zu werden.
Ich gaube, da sind Sie mit mir einer Meinung.
— Auch!
Meine Damen und Herren! Der erste Teil der Anfrage ist von der Bundesregierung dahingehend beantwortet worden, daß sich dieser eine Fall ereignet hat. Ich muß, offen sagen, ich hätte es lieber gesehen, wenn wir, solange das Verfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen ist — und dasselbe gilt auch von den anderen Verfahren —, die Erörterung darüber hier zurückgestellt hätten. Denn die Staatsanwaltschaft ist durch das Pressegesetz gebunden. Es ist ihr verboten, vor Erhebung der Anklage überhaupt der Presse das Verfahren bekanntzugeben; das steht im Pressegesetz. Nun sollten wir aber nicht auf dem Umweg über das Plenum des Bundestages etwas in die Öffentlichkeit bringen, was die Staatsanwaltschaft auf anderem Wege der Öffentlichkeit nicht bekanntgeben dürfte. Ich habe nichts davon gehört, daß die Anklage erhoben worden ist, auch nicht in der Erklärung der Bundesregierung.
— Aber ich rede über das Verfahren, Herr Rehs! Sie nicht — das kann ich mir denken —, weil nämlich das Verfahren nicht in Ordnung ist! Deshalb reden Sie nicht darüber; aber ich rede darüber.
Meine Damen und Herren, damit wäre die erste Frage beantwortet.
Zu der zweiten Frage haben wir vom Herrn Bundesinnenminister gehört, daß das Päpstliche Staatssekretariat den Päpstlichen Nuntius angewiesen hat, das fragliche Schreiben an den zuständigen Diözesanbischof zu richten. Das ist geschehen. Herr Kollege Metzger und Frau Dr. Ilk haben die-
ses Schreiben als unbefriedigend bezeichnet. Meine Damen und Herren, es kommt schon einmal vor, daß man auf eine Note eine Antwort bekommt, die einen nicht befriedigt. Das ist aber nach meiner Ansicht kein Grund, nun hier so zu verfahren oder solche Ausführungen zu machen, wie Frau Dr. Ilk es getan hat. Frau Dr. Ilk, wenn ich nicht so oft Gelegenheit gehabt hätte, mit Ihnen über ernste politische Fragen zu sprechen, und wenn Ihre Ausführungen zum Schluß nicht doch einen sehr versöhnlichen Charakter gehabt hätten, als Sie das soziale Problem ansprachen, das ich in der Tat für die Hauptsache halte — deshalb darf ich gleich darauf kommen —, dann. hätte ich fast gesagt, daß der letzte Rest des deutschen Liberalismus der Antikatholizismus ist.