2. Deutscher Bundestag — 110. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1955 5973
110. Sitzung
Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1955.
Vorlage des Berichts des Bundesministers der Finanzen über die beim Institut für Raumforschung vorgekommenen Unregelmäßigkeiten (Drucksache 1818) 5974 C
Ergänzung der Tagesordnung 5974 C
Erste Beratung des von den Abg. Sabel, Schneider (Hamburg), Jahn (Stuttgart), Böhm (Düsseldorf), Odenthal, Lange (Essen), Kutschera, Becker (Hamburg) u. Gen. eingebrachten Entwurfs . eines Gesetzes über die Regelung der verkaufsoffenen Sonntage vor Weihnachten (Drucksache 1817) 5974 D
Sabel (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 5974 C
Überweisung an die Ausschüsse für Arbeit und für Wirtschaftspolitik . . . 5974 D
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs (Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl) (Drucksache 1385); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 1718) 5974 D
Beschlußfassung 5975 A
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den Internationalen Gesundheitsvorschriften vom 25. Mai 1951 (Vorschriften Nr. 2 der Weltgesundheitsorganisation) (Drucksache 1465); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (Drucksache 1756) 5975 A
Dr. Berg (FDP), Berichterstatter . 5975 B
Beschlußfassung 5975 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 98 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 1. Juli 1949 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (Drucksache 1368); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 1730) 5975 B
Scheppmann (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) . 6000 A
Beschlußfassung 5975 C
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Protokoll vom 1. Februar 1955 betr. die Verlängerung der Geltungsdauer der Erklärung vom 24. Oktober 1953 über die Regelung der Handelsbeziehungen zwischen Vertragspartnern des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT ) und Japan (Drucksache 1466); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 1719) 5975 D
Beschlußfassung 5975 D
Zweite Beratung des Entwurfs einer Dritten Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1955 (Drucksache 1683); Mündlicher und Schriftlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksachen 1784, zu 1784) . . 5976 A
Dr. Vogel (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 6000 D
Beschlußfassung 5976 A
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung zur Überlassung junger Anteile an andere Bezieher als den Bund; hier: Kapitalbeteiligung des Landes Berlin an der Gemeinnützigen Wohnungsbau AG Groß-Berlin (Gewobag) (Drucksachen 1783, 1655) 5976 B
Klingelhöfer (SPD), Berichterstatter 5976 B
Beschlußfassung 5976 C
Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Weihnachtsbeihilfen für Bedürftige (Drucksache 1747) in Verbindung mit der
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Weihnachtsbeihilfe (Drucksache 1711) 5976 C
Frau Finselberger (GB/BHE), Antragstellerin 5976 C, 5979 B
Könen (Düsseldorf) (SPD),
Antragsteller 5977 A
Ruf (CDU/CSU) 5977 B, 5980 A
Überweisung an den Haushaltsausschuß, an den Ausschuß für Fragen der öffentlichen Fürsorge und an den Ausschuß für Sozialpolitik 5979 D, 5980 A
Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Vereinfachung der Verwaltung (Drucksache 1383 [neu], Umdruck 490) 5980 C
Dr. Bergmeyer (CDU/CSU),
Antragsteller 5980 C
Dr. Vogel (CDU/CSU) 5984 C
Dr. Menzel (SPD) 5985 B
Dr. Kleindinst (CDU/CSU) 5990 C
Hübner (FDP) 5992 D
Engell (GB/BHE) 5994 D
Dr. Dresbach (CDU/CSU) 5995 A
Dr. Schröder, Bundesminister
des Innern 5995 C, 5998 B
Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5997 C
Überweisung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung, an den Haushaltsausschuß und an den Ausschuß für Kommunalpolitik . . 5999 A
Nächste Sitzung 5999 C
Berichtigung zur Liste der beurlaubten Abgeordneten im Stenographischen Bericht der 108. Sitzung 5999 C
Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5999 A
Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit über den Gesetzentwurf betr. Übereinkommen Nr. 98 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (Drucksache 1730) . . 6000 A
Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Haushaltsausschusses zum Entwurf einer Dritten Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1955 (zu Drucksache 1784) 6000 D
Anlage 4: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Antrag der Fraktion der CDU/CSU (Drucksache 1383 [neu]) betr. Vereinfachung der Verwaltung (Umdruck 490) 6001 D
Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
Berichtigung zum Stenographischen Bericht der 108. Sitzung:
In der Liste der beurlaubten Abgeordneten - Seite 5926 - ist unter „a) Beurlaubungen" nachzutragen:
Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein beurlaubt 26. Oktober.
Anlage 1
Liste der beurlaubten Abgeordneten
Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich
Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 23. November
Raestrup 19. November
Frehsee 15. November
Kühn (Bonn) 15. November
Matthes 15. November
Dr. Miessner 15. November
Dr. Starke 15. November
Welke 15. November
Dr. Atzenroth 12. November
Bals 12. November
Dr. Brönner 12. November
Dr. Elbrächter 12. November
Hc )gen 12. November
Illerhaus 12. November
Regling 12. November
Albers 5. November
Bock 5. November
Dr.-Ing. E. h. Schuberth 5. November
Dr. Bucerius 31. Oktober
Gibbert 30. Oktober
Griem 30. Oktober
Dr. Baade 29. Oktober
Frau Döhring 29. Oktober
Dr. Greve 29. Oktober
Jahn (Frankfurt) 29. Oktober
Dr. Köhler 29. Oktober
Kurlbaum 29. Oktober
Neuburger 29. Oktober
Rehs 29. Oktober
Frau Rösch 29. Oktober
Frau Dr. Schwarzhaupt 29. Oktober
Wehr 29. Oktober
Altmaier 28. Oktober
Dr. Becker (Hersfeld) 28. Oktober
Birkelbach 28. Oktober
Fürst von Bismarck 28. Oktober
Dr. Blank (Oberhausen) 28. Oktober
Dr. Bucher 28. Oktober
Böhm (Düsseldorf) 28. Oktober
Dr. Czermak 28. Oktober
Dr. Deist 28. Oktober
Dr. Drechsel 28. Oktober
Dr. Eckhardt 28. Oktober
Erler 28. Oktober
Even 28. Oktober
Feldmann 28. Oktober
Gräfin Finckenstein 28. Oktober
Dr. Furler 28. Oktober
Gems 28. Oktober
Dr. Dollinger 28. Oktober
Glüsing 28. Oktober
Graaff (Elze) 28. Oktober
Haasler 28. Oktober
Dr. Hammer 28. Oktober
Hansen (Köln) 28. Oktober
Dr. Graf Henckel 28. Oktober
Dr. Hellwig 28. Oktober
Höcherl 28. Oktober
Höfler 28. Oktober
Dr. Horlacher 28. Oktober
Jacobi 28. Oktober
Dr. Jentzsch 28. Oktober
Kalbitzer 28. Oktober
Frau Kalinke 28. Oktober
Kiesinger 28. Oktober
Dr. Kopf 28. Oktober
Dr. Kreyssig 28. Oktober
Dr. Leiske 28. Oktober
Lemmer 28. Oktober
Lenz (Brühl) 28. Oktober
Dr. Lenz (Godesberg) 28. Oktober
Dr. Leverkuehn 28. Oktober
Dr. Löhr 28. Oktober
Dr. Luchtenberg 28. Oktober
Lücker (München) 28. Oktober
Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 28. Oktober
Dr. Lütkens 28. Oktober
Dr. Maier (Stuttgart) 28. Oktober
Marx 28. Oktober
Frau Meyer-Laule 28. Oktober
Dr. Mommer 28. Oktober
Dr. Oesterle 28. Oktober
011enhauer 28. Oktober
Paul 28. Oktober
Pelster 28. Oktober
Dr. Pohle (Düsseldorf) 28. Oktober
Dr. Dr. h. c. Pünder 28. Oktober
Dr. Reif 28. Oktober
Frau Dr. Rehling 28. Oktober
Sabaß 28. Oktober
Dr. Schild (Düsseldorf) 28. Oktober
Dr. Schmid (Frankfurt) 28. Oktober
Dr. Schöne 28. Oktober
Frau Schroeder (Berlin) 28. Oktober
Schütz 28. Oktober
Graf von Spreti 28. Oktober
Sträter 28. Oktober
Struve 28. Oktober
Trittelvitz 28. Oktober
Unertl 28. Oktober
Dr. Wahl 28. Oktober
Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) 28. Oktober
Wehner 28. Oktober
Frau Welter (Aachen) 28. Oktober
Anlage 2 Drucksache 1730
(Vgl. S. 5975 C)
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Arbeit (27. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 98 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 1. Juli 1949 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (Drucksache 1368)
Berichterstatter: Abgeordneter Scheppmann
Der in der Drucksache 1368 vorliegende Gesetzentwurf betrifft die Ratifikation des Übereinkommens Nr. 98 der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf. Das Übereinkommen hat die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen zum Gegenstand. Es soll wichtige Grundsätze des Vereinigungsrechtes im Verhältnis von Arbeitgebern zu Arbeitnehmern sichern.
Der Artikel 1 des Übereinkommens behandelt den persönlichen Schutz der organisierten Arbeitnehmer gegen unterschiedliche Behandlung. Danach darf die Beschäftigung eines Arbeitnehmers nicht davon abhängig gemacht werden, daß der betreffende Arbeitnehmer keiner Gewerkschaft angehört oder aus ihr austritt. Weiter soll der Arbeitnehmer davor gesichert werden, daß er entlassen oder sonst benachteiligt wird, weil er einer Gewerkschaft angehört oder sich außerhalb der Arbeitszeit gewerkschaftlich betätigt.
Der Artikel 2 betrifft den Schutz der Organisationen sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber gegen eine Einmischung von der anderen Seite. Durch diese Vorschrift soll vor allem verhindert werden, daß sich sogenannte gelbe, d. h. von der Arbeitgeberseite abhängige Gewerkschaften bilden. Das geht deutlich aus der betreffenden Bestimmung des Übereinkommens hervor, in der es heißt, daß als Einmischung von der anderen Seite die Schaffung abhängiger Arbeitnehmerorganisationen oder die Unterstützung bestehender Arbeitnehmerorganisationen vor allen Dingen durch Geldmittel gilt.
Das sind die wesentlichsten Grundsätze, denen, wenn heute das Ratifikationsgesetz verabschiedet wird, innerstaatliche Geltung verliehen werden soll.
Eine Ratifikation dieser Grundsätze ist dann möglich, wenn sie sich mit dem bestehenden deutschen Rechtszustand decken. Die Prüfung dieser Frage hat längere Zeit die Regierungsstellen beschäftigt.
Was zunächst die Grundsätze des Übereinkommens anbetrifft, das den Arbeitnehmer davor schützen soll, daß er nicht wegen seiner gewerkschaftlichen Zugehörigkeit benachteiligt wird, so ist wohl von Anfang an kaum ein Zweifel darüber aufgetaucht, daß unser Rechtszustand ausreichend ist, um das Übereinkommen Nr. 98 zu ratifizieren. Vor allem haben nach § 51 des Betriebsverfassungsgesetzes Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, daß jede unterschiedliche Behandlung von Persosnen wegen ihrer gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung unterbleibt. Außerdem würde nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen ein Verstoß gegen die guten Sitten angenommen werden müssen, wenn z. B. ein Arbeitnehmer wegen seiner gewerkschaftlichen Zugehörigkeit entlassen würde.
Was das Verbot der Einmischung von der anderen Seite anbetrifft, so liegen die Dinge hinsichtlich einer Ratifikation etwas schwieriger. Besondere Vorschriften, welche die Bildung von gelben Gewerkschaften ausschließen oder vielleicht sogar die Unterstützung von Arbeitnehmerorganisationen durch Arbeitgeber unter Strafe stellen, sind in unserer Rechtsordnung nicht enthalten. Ein wirksamer Schutz gegen die von dem Übereinkommen Nr. 98 behandelte Einmischung von der anderen Seite liegt jedoch nach unserem arbeitsrechtlichen System darin, daß im Falle derartiger Einmischungen den betreffenden Verbänden die Tariffähigkeit aberkannt und ihnen damit die Möglichkeit genommen wird, sich auf dem Gebiet der Gestaltung der Arbeitsbedingungen über Tarifverträge zu betätigen.
Ob die Aberkennung der Tariffähigkeit als Grundlage für die Ratifikation des Übereinkomawns Nr. 98 ausreichend ist, war deshalb streitig gewesen, weil in der deutschen Übersetzung des Übereinkommens die Worte: ausreichender Schutz vor Einmischungen „zu gewähren ist" enthalten waren. Man hatte geglaubt, daraus folgern zu müssen, daß die Aberkennung der Tariffähigkeit allein nicht ausreichend sei, sondern der Staat darüber hinaus für besondere Schutzvorschriften gegen Einmischung zu sorgen hätte.
Der Ausschuß für Arbeit hat sich nun sehr eingehend mit der Frage einer möglichen Ratifikation des Übereinkommens beschäftigt; mehrfach haben Besprechungen mit Sachverständigen und den zuständigen Stellen über die Auslegung des Übereinkommens stattgefunden. Dabei hat sich die Überzeugung durchgesetzt, daß die deutsche Übersetzung in diesen Worten „zu gewähren ist" im Vergleich zu dem authentischen englischen und französischen Text ungenau ist. Richtiger müßte es in der Übersetzung heißen „sollen gebührenden Schutz genießen". Von dieser Grundlage ausgehend wird es auch nach nunmehr übereinstimmender Auffassung der Sachverständigen keiner besonderen Vorschrift mehr über das Verbot der Einmischung bedürfen, um das Übereinkommen Nr. 98 zu ratifizieren. Der Ausschuß für Arbeit hat deshalb auch in seiner Sitzung vom 14. September. 1955 einstimmig beschlossen, die Annahme des Ratifikationsgesetzes durch das Plenum zu empfehlen.
Bonn, den 29. September 1955
Scheppmann
Berichterstatter
Anlage 3 zu Drucksache 1784
(Vgl. S. 5976 A)
Schriftlicher Bericht
des Haushaltsausschusses (18. Ausschuß) über den Entwurf einer Dritten Ergänzung (gemäß § 11 RWB) zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1955 (Drucksache 1683).
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Vogel
Mit dem Entwurf einer Dritten Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1955, der Ihnen in der Drucksache 1683 vorliegt und
(Dr. Vogel)
über den ich Ihnen namens des Haushaltsausschusses zu berichten habe, hatte die Bundesregierung beabsichtigt, eine Lücke im Regierungsentwurf des Einzelplans 05 (Auswärtiges Amt) des Bundeshaushalts 1955 zu schließen. Der Regierungsentwurf enthielt nämlich im Abschnitt Personalausgaben des Haushaltskapitels 05 01, Haushalt des Auswärtigen Amts, noch keinen Stellenplan und für die einzelnen Titel des Abschnitts Personalausgaben nur Pauschalbeträge, da bei Aufstellung des Planentwurfs ein vom Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung angefordertes Gutachten über die Organisation und den Kräftebedarf des Auswärtigen Amtes noch nicht vorlag. Über dieses Gutachten, das Ende Dezember 1954 eingegangen ist, waren längere Verhandlungen zwischen den beteiligten Ressorts notwendig. Mit dem Ihnen als Drucksache 1683 vorliegenden Entwurf einer Dritten Ergänzung zum Bundeshaushalt 1955 hat die Bundesregierung nach Abschluß dieser Verhandlungen den gesetzgebenden Körperschaften einen Vorschlag für den Stellenplan und für die Bemessung der Personalausgaben beim Auswärtigen Amt für das Rechnungsjahr 1955 vorgelegt. Die Vorlage ist dem Bundesrat am 2. Juni 1955, dem Bundestag am 16. September 1955 zugegangen. Damit der Haushaltsausschuß bei Beratung des Entwurfs zum Haushalt des Auswärtigen Amts für 1955 über vollständiges Material verfügte, hatte ihm der Bundesfinanzminister im Mai dieses Jahres den Inhalt der auf dem verfassungsmäßigen Wege den gesetzgebenden Körperschaften zuzuleitenden Dritten Ergänzung zum Haushalt 1955 zu informatorischen Zwecken zugehen lassen. Da der Haushaltsausschuß seine Arbeit am Bundeshaushalt 1955 beschleunigt zum Abschluß bringen mußte und nicht warten konnte, bis die Dritte Ergänzung auf dem für die Gesetzgebung vorgeschriebenen formellen Wege an den Bundestag gelangt, hatte der Haushaltsausschuß sich noch im Mai 1955 mit dem materiellen Inhalt der Ergänzungsvorlage befaßt und auf Grund von Initiativanträgen sachlich zum Inhalt dieser Vorlage Beschluß gefaßt. Das Plenum des Bundestages ist bei Verabschiedung des Bundeshaushalts 1955 den Anträgen des Haushaltsausschusses gefolgt, so daß damit sachlich die Ergänzungsvorlage vom Bundestag bereits erledigt worden ist.
Von der sachlichen Seite gesehen hätte die Bundesregierung nunmehr davon absehen können, den Entwurf der Dritten Ergänzung noch dem Bundestag zur Beschlußfassung zuzuleiten. Sie hat dies lediglich aus dem Grunde getan, weil sie einerseits geglaubt hat, die Stellungnahme des Bundesrates zu dieser Ergänzungsvorlage dem Bundestag nicht vorenthalten zu können, und weil sie andererseits keinen anderen formal einwandfreien Weg gesehen hat, den Beschluß des Bundesrates und ihre Stellungnahme hierzu dem Bundestag zur Kenntnis zu bringen.
Der Bundesrat hatte zwar von einer sachlichen Stellungnahme zu der Ergänzungsvorlage abgesehen, da diese schon unmittelbar dem Bundestag zugeleitet worden sei und dem Haushaltsausschuß des Bundestages für seine Beratung und Beschlußfassung am 20. Mai 1955 als Unterlage gedient habe. Er hat aber in seinem Beschluß feststellen zu müssen geglaubt, daß die Bundesregierung den in Art. 76 Abs. 2 GG vorgeschriebenen Weg der Gesetzgebung nicht eingehalten habe. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme zu dem Beschluß des Bundesrates ausgeführt, daß der Dritte
Ergänzungsentwurf dem Herrn Vorsitzenden des Haushaltsausschusses lediglich zur I n f or ma t i o n des Haushaltsausschusses übersandt worden ist mit dem ausdrücklichen Bemerken, daß sie dem Bundesrat und dann dem Bundestag in der vorgeschriebenen formellen Weise vorgelegt werden solle, was inzwischen auch geschehen ist. Sie hat hierin einen Verstoß gegen Art. 76 Abs. 2 GG nicht gesehen, da Art. 76 nur den Weg der Gesetzesvorlagen vorschreibt, der Dritte Ergänzungsentwurf dem Haushaltsausschuß aber nicht als Gesetzesvorlage, sondern nur zur informatorischen Unterrichtung zugeleitet worden ist.
Da, wie ich schon erwähnt habe, der Haushaltsausschuß auf Grund von Initiativanträgen aus seiner Mitte zu den Anforderungen und Vorschlägen der dem Bundestag nunmehr formell übermittelten Ergänzungsvorlage sachlich Beschluß gefaßt hat und seine Beschlüsse vom Plenum in den Entwurf des Haushaltsplans 1955 bereits eingearbeitet sind, schlägt Ihnen der Haushaltsausschuß mit seinem Antrag — Drucksache 1784 — vor, den Dritten Ergänzungsentwurf — Drucksache 1683 — als durch die Beschlußfassung zum Haushaltsgesetz 1955 erledigt abzulehnen.
Namens des Haushaltsausschusses bitte ich, diesem Antrag zu entsprechen.
Bonn, den 26. Oktober 1955
Dr. Vogel
Berichterstatter
Anlage 4 Umdruck 490
(Vgl. S. 5988 C ff.)
Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betreffend Vereinfachung der Verwaltung (Drucksache 1383 [neu]):
Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag — Drucksache 1383 [neu] — wie folgt zu ergänzen:
Der Ausschuß hat bei seinen Arbeiten u. a. von folgenden Richtlinien auszugehen:
1. Überflüssige Bundesministerien sind noch innerhalb des Rechnungsjahres 1955 abzubauen.
2. Aufgaben, die zur Zeit in mehreren Bundesministerien oder Bundesbehörden nebeneinander durchgeführt werden, sind durch eine einzige Dienststelle zu erledigen.
3. Die vorhandenen Bundesoberbehörden sind in ihrer Zahl zu verringern oder zusammenzulegen. Jede Bundesoberbehörde darf der alleinigen Kontrolle nur jeweils eines Bundesministeriums unterliegen.
4. Bei Aufgaben, die Bund und Länder auf Grund der Gesetzgebung oder auf Grund von Verwaltungsvereinbarungen gemeinsam durchzuführen haben, sollen soweit wie möglich diese Aufgaben künftighin nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfange dem Bund oder den Ländern allein zur Durchführung übertragen werden.
5. Unnötige oder nach dem Grundgesetz dem Bund nicht zustehende Aufgaben sind abzubauen, so z. B.
a) ist die Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamtes aufzulösen,
b) sind die Paß-, Devisen- und Zollkontrollen, insbesondere an den Grenzen, zu beseitigen oder zu vereinfachen.
6. Unter Anerkennung des Grundsatzes, daß das Steueraufkommen zwischen Bund und Ländern aufzuteilen ist, ist eine ungeteilte Finanzverwaltung zu schaffen.
7. a) Auf dem Gebiete der Gesetzgebung ist eine bessere Übereinstimmung zwischen dem Bund und den Ländern herbeizuführen,
b) für eine gleichmäßige Auslegung und Anwendung der Bundesgesetze durch die nachgeordneten Behörden ist zu sorgen.
8. Eine unmittelbare Beteiligung des Bundesrechnungshofes bei der Aufstellung der Bundeshaushaltspläne ist festzulegen.
9. Für den Haushalt des Bundes und der Länder sind ein einheitliches Haushaltsschema und einheitliche Eingliederungsbestimmungen auszuarbeiten.
10. Die Verwaltungsarbeit ist durch eine Büroreform zu rationalisieren.
Bonn, den 26. Oktober 1955
Ollenhauer und Fraktion