Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe diesen Zwischenruf gerade noch mit erfaßt. Das wäre richtig. Aber ich habe das Gefühl, daß über Milch oft auch Leute reden, die davon wirklich nichts verstehen.
Man muß sich wundern, daß die Milch nicht längst sauer geworden ist vor so viel Unsinn, der manchmal über die Milch gesprochen wird.
Das, was eben der Kollege Seither hier sagen mußte, klang so wie friedliche Schalmeientöne auf einer oberbayerischen Alpe. Wenn man sich aber die Gesetzentwürfe der SPD einmal genauer besieht — verehrter Herr Kollege Seither, nehmen Sie es mir nicht übel —, dann hat man doch den Eindruck, daß Sie hier wieder einmal den Wolf im Schafspelz haben spielen müssen. Ich bedaure, daß die Urheber dieser Gesetzentwürfe nicht selbst hier hergegangen sind und sie begründet haben.
Ich bin gebeten worden, mich möglichst kurz zu fassen. Aber der Zwischenruf am Anfang meines Auftretens hat mich dazu gereizt, auch etwas Entsprechendes dazu zu sagen.
Wenn die SPD sich bei den beiden Gesetzentwürfen von der Absicht leiten ließ — und das möchte ich ihr ohne weiteres zugestehen —, den Trinkmilchverbrauch und den Verzehr von Molkereiprodukten zu fördern, um damit einen besseren Milcherzeugerpreis zu ermöglichen, so gehen wir damit durchaus einig. In dieser Zielsetzung sind wir uns einig. Nur die Wege, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, die Sie hier vorschlagen, und die Nebenabsichten, die noch nicht ganz klar hervorgetreten, die aber offensichtlich hiermit verbunden sind, können unseren Beifall nicht finden.
Lassen Sie mich nur ganz kurz einiges zu dem Gesetz zur Verbesserung der Molkereistruktur sagen. Ich erspare es mir zunächst, im einzelnen darauf einzugehen, und greife nur einige offensichtliche Mängel heraus, die hier vor diesem Hohen Hause doch auch in der ersten Lesung festgestellt werden müssen. In dem Entwurf der SPD ist wiederholt von einer Verringerung der Zahl der Molkereibetriebe die Rede. Gut, soweit das zweckmäßig und notwendig ist, gehen wir hier mit Ihnen einig. Aber, meine Damen und Herren, wo bleibt denn hier Ihr soziales Gewissen? Wenn man etwas verringert, so gibt es doch jemanden, der dabei auf der Strecke bleibt. Es gibt doch Genossenschafter von kleinen Genossenschaften, alte Molkereiver-
walter, auch Molkereibesitzer und -pächter, die bei solchen Maßnahmen auf der Strecke bleiben.
Von Ihnen als Sozialpartei hätte ich an erster Stelle erwartet, daß Sie auch die Mittel für die Entschädigung dieser Leute, die bei diesem Prozeß werden auf der Strecke bleiben müssen, von vornherein vorgesehen hätten.
Es ist eigenartig, daß im § 3 von einer Verringerung der Zahl der Molkereibetriebe gesprochen wird und andererseits im § 1 bei der Zuteilung der Bundesmittel nur von Molkereigenossenschaften. Meine Damen und Herren, Sie wissen genau, daß ich selbst Molkereibesitzer bin. Das brauche ich dem Hause gar nicht zu verschweigen, das ist keine Schande.
— Nein, Herr Kriedemann, zunächst spreche ich hier mal als Abgeordneter mit dem gleichen Recht wie Sie.
Sie haben ja auch Leute, die hinter Ihnen stehen.
— Lieber Herr Namenkollege, für welche Interessen werden Sie manchmal hier oben stehen? Danach möchte ich nicht fragen. Ich bin hier nicht Interessenvertreter.
Wenn Sie sich also schon das Ziel gesetzt haben, den Milcherzeugerpreis zu verbessern, dann frage ich Sie, mit welchem Recht Sie den Bauern, der seine Milch etwa an eine Aktiengesellschaft oder an einen Privatbetrieb oder an eine verpachtete Genossenschaftsmolkerei liefert, schlechterstellen wollen als den Genossenschaftslieferanten. Das gibt es nicht, das kann es nicht geben. Im übrigen wissen wir noch nicht, ob diese Einseitigkeit Absicht war, gegen wen sie gerichtet ist; das wird sich im Ausschuß noch ergeben.
Ich darf nun etwas über die Notwendigkeit des Gesetzes sagen. Wir haben seit zwei Jahren, seit der Verkündung des Lübke-Programms, ein Zinsverbilligungsprogramm auch zur Rationalisierung unseres Molkereiwesens. Mein Herr Vorredner hat erklärt, er und seine Parteifreuende glaubten, daß dieses Programm nicht ausreichen werde. Nun, ganz so ist dem nicht. Wir hatten 1954/55 für die Rationalisierung des Molkereiwesens 2 Millionen DM eingesetzt. Ausgeschöpft wurden davon in dem abgelaufenen Jahr 1,8 Millionen. Bei dem laufenden Programm für das Jahr 1956 ist eine weitere Million hinzugekommen. Also auch die Mittel des heurigen Jahres sind bis zum 30. September nur zur Hälfte ausgeschöpft worden.
Zweifellos weist dieses Programm der Bundesregierung — das gebe ich Ihnen zu — gewisse Mängel auf, weil auch in ihm für stillzulegende Betriebe keine Stillegungsmittel vorgesehen sind und weil nach den neuesten Kreditausleihungs-durchaus denken, daß es in den Betrieben auch Investitionen unter 100 000 Mark geben kann, die ebenso notwendig sind und die ebenfalls im Sinne unseres ursprünglichen Auftrages betreffend die Vergabe dieser Mittel liegen.
und Zinsverbilligungsbestimmungen eine 100 000-
Mark-Grenze festgesetzt wurde. Wir halten die jetzige starre Festsetzung der 100 000-Mark-Grenze nicht für richtig. Wir wollen an deren Stelle eine etwas beweglichere Regelung sehen. Wir können nicht glauben, daß nur eine Investition, die mehr als 100 000 Mark ausmacht, von der Bundesregierung als sinnvoll anerkannt wird. Wir können uns
Ich war überzeugt, daß bei der Begründung dieser Anträge der SPD wieder einmal das Land Schweden als Beispiel herhalten müßte. Lassen Sie mich deshalb auch dazu einmal etwas sagen. Schweden, ein Land von der Größe Frankreichs, aber mit der Einwohnerzahl Österreichs, mit 7 Millionen Einwohnern, hat heute noch, nach Durchführung all seiner Rationalisierungsprogramme, rund 600 Molkereien. Die Bundesrepublik Deutschland mit ihren jetzt 52 Millionen Einwohnern hat heute noch rund 3075 Molkereien. Wenn Sie einmal die Bevölkerungsziffer auf die Zahl der Molkereien abstellen — ich gebe zu, das ist eine sehr grobe Betrachtungsweise —, dann zeigt sich immerhin, daß in Schweden auf eine Molkerei rund 11 600 Menschen und in Deutschland 16 200 Menschen kommen. Es kommt hinzu, daß Schweden, das wissen wir doch alle, ein Milchwirtschaftsland ist, dessen Milchwirtschaft schwerpunktmäßig auf den Export eingestellt ist. Wir in Deutschland sind dagegen schwerpunktmäßig auf unmittelbare Versorgungsaufgaben ausgerichtet. Das unterscheidet die Verhältnisse bei uns grundsätzlich von den Verhältnissen in Schweden. Wir sollten uns deshalb davor hüten, auf irgendwo bewährte oder auch nicht bewährte Verhältnisse abzustellen. Wir werden im Ausschuß auch Gelegenheit haben, zu prüfen — ich werde dazu Material von berufener Seite vorlegen können —, wieweit man mit den Rationalisierungsergebnissen in Schweden heute zufrieden ist. Wir sollten uns davor hüten, immer nur zu kopieren.
Im übrigen können wir uns in Deutschland mit unseren Rationalisierungsergebnissen durchaus sehen lassen. Seit dem Jahre 1937, als wir noch 4500 Molkereien aller Wirtschaftsformen hatten, haben wir die Zahl der Molkereien bis 1950 auf 3321, also um 1220 Unternehmungen — das sind 26,8 % —, reduziert, d. h. immerhin um ein Viertel des Bestandes der damaligen Molkereien. Daß dieser Prozeß — auch im Sinne des Lübkeschen Programms — der weiteren Rationalisierung unserer Milchwirtschaft weitergegangen ist, beweisen uns die neuesten Zahlen vom Juli 1955, aus denen sich ergibt, daß der Bestand an Molkereibetrieben weiter zurückgegangen ist auf 3075, daß also eine nochmalige Reduzierung um 246 Betriebe erfolgt ist. Wir können immerhin feststellen, daß sich die hier erzielten Erfolge im Rahmen einer vernünftigen, natürlichen wirtschaftlichen Entwicklung durchaus sehen lassen können. Denn die Verhältnisse sind nicht gestern oder vorgestern entstanden, und sie bedürfen, sollen nicht größere Störungen auf milchwirtschaftlichem Gebiet eintreten, auch in der Zukunft einer vernünftigen, allmählichen und auf entsprechendes Tempo abgestellten Entwicklung.
Ich glaube, unsere deutsche Molkereiwirtschaft kann sich in der Welt sehen lassen. Wer von Ihnen Gelegenheit hatte, kürzlich an dem Welt-
Milchkongreß in Bonn teilzunehmen und hier die anerkennenden Worte der ausländischen Molkereifachleute zu hören, die sich deutsche Molkerei-
betriebe angesehen haben, der muß bestätigen, daß die deutsche Molkerei- und Milchwirtschaft in allen ihren Erscheinungsformen bisher durchaus neben der jedes anderen Landes bestehen kann.
Wir sollten uns hüten, von einem, ich möchte sagen, Tbc-Rummel wie im vorigen Jahre nunmehr in einen Rationalisierungsrummel zu verfallen. Die Milchmädchenrechnung stimmt nicht, die man so oft in den Zeitungen lesen kann, daß, wenn man sechs Betriebe mit durchschnittlichen Kosten von meinetwegen 6 Pf je Liter etwa auf zwei Betriebe zusammenlegt, diese zwei Betriebe dann mit durchschnittlichen Unkosten von 2 Pf auskommen. Nach jahrelangen betriebswirtschaftlichen Erfahrungen steigen mit der Größe der Betriebe stets fast automatisch auch die Kosten entsprechend an,
weil wir — der Gesetzgeber — die Anforderungen hinsichtlich der Hygiene, hinsichtlich der maschinellen Einrichtungen laufend in die Höhe schrauben. Schließlich kostet jede derartige Forderung, so begrüßenswert sie im Interesse des Verbrauchers und für die Förderung des Absatzes deutscher Molkereiprodukte ist, immer wieder neues Geld.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sollten sich einmal dafür interessieren, daß in dem so stark rationalisierten Schweden die Rationalisierung offensichtlich so weit gegangen ist, daß sich heuer im Sommer die Verbraucher geweigert haben, noch schwedischen Käse zu kaufen, weil er so schlecht geworden ist, daß man auf das Nachbarland Dänemark zurückgreifen mußte. In der Prüfung der Kosten von der Erzeugung bis zur Verteilung darf man nicht das Allheilmittel sehen. Es ist unmöglich, daß eine Buttermolkerei — d. h. ein Betrieb, der die Milch vom Bauern annimmt und nur Butter herstellt, die Magermilch jedoch zurückgibt — bei einer Kostenlage, wie wir sie auf Grund der gegebenen Verhältnisse haben, mit Durchschnittskosten von etwa 2,5 bis 4 Pf arbeitet, während auf der anderen Seite ein hochqualifizierter Camembert-Betrieb Kosten bis zu 14 und 18 Pf haben kann, weil hier die Werbungs- und Verkaufskosten sowie die Kosten der Einrichtung entsprechend steigen. Trotzdem kann es passieren, daß dieser hockqualifizierte und mit sehr erheblichen Kosten arbeitende Betrieb unter Umständen einen besseren Milchpreis zahlt als der andere.
Nach dem Wunsch der SPD soll auf die Spezialisierung und, nach Maßgabe moderner Erfahrungen, auf die Einrichtung der Betriebe nach ihrer Kapazität abgestellt werden. Ich glaube, wir sollten hier etwas mehr Vertrauen zu der Wirtschaft und zu den zuständigen Leuten in der Wirtschaft haben. Weder eine Genossenschafts- noch eine Privatmolkerei wird von sich aus geneigt sein, ihre Kapazität besonders auszuweiten oder sich besonders klein zu halten. Bei der Regelung, die von der SPD gewünscht wird, laufen wir Gefahr, von Jahr zu Jahr derart veränderte Kapazitäten in den einzelnen Betrieben zu bekommen, daß von einer sinnvollen Planung in den Betrieben überhaupt nicht mehr gesprochen werden kann.
Im übrigen darf ich auch hier darauf hinweisen: wenn wir die Spezialisierung bis zum Exzeß weitertreiben und sie den Betrieben — allein vom Gesichtspunkt der Auszahlung des höchsten Milchpreises — sozusagen zur Pflicht machen, dann wird sich jeder milchwirtschaftliche Betrieb mit Recht auf die lukrativen Produktionen stürzen. Wer stellt eines Tages dann noch jene Sorten her, die nun einmal die Leute mit dem kleineren Geldbeutel, auch in der heutigen Zeit, noch wollen, nämlich einen billigen Weichkäse oder einen billigen Schnittkäse? Auch den werden wir in der Zukunft brauchen. Ich glaube im Namen der deutschen Landwirtschaft sagen zu können, daß die Landwirtschaft ihre Aufgabe in der Zukunft mit darin sieht, auch diese billigen Nahrungsgüter zu entsprechendem Preis zur Verfügung zu stellen.
Abschließend möchte ich zu der Verbesserung der Molkereistruktur folgendes sagen. Wenn wir dem SPD-Entwurf folgen — und ich halte es für fragwürdig, ob wir hier ein eigenes Gesetz machen sollen —, dann brauchen wir unbedingt Mittel für die Leute, die auf der Strecke bleiben, und eine Ausdehnung auf alle Wirtschaftsformen. Im anderen Falle — ich hielte dies für besser — sollten wir vielleicht versuchen, im Rahmen der nächsten Haushaltsberatungen das bisherige Programm der Bundesregierung entsprechend auszubauen und auszugestalten.
Aber lassen Sie mich nun zu dem zweiten, vielleicht viel schwierigeren Teil, dem viel unverständlicheren Thema der Änderung des Milch- und Fettgesetzes etwas sagen. Der hier von der SPD eingereichte Antrag steht nach meinem Dafürhalten in einem gewissen Widerspruch zu dem anderen Antrag auf Drucksache 1587 betreffend Verbesserung der Molkereistruktur. Ich kann das, glaube ich, mit wenigen Worten beweisen. Wenn Sie auf der einen Seite die Zahl der Molkereibetriebe verringern, wenn Sie also weiter mit dem Ziel einer Verringerung der Molkereibetriebe rationalisieren — wir verstehen unter dem Wort „rationalisieren" auch noch etwas anderes —, dann bedeutet das doch eine weitere Konzentration. Und wenn wir eine weitere Konzentration haben — wie es heute schon vielfach der Fall ist; in Städten bis zu 4-, 5- und 600 000 Einwohnern ist überhaupt nur noch ein Milchversorgungsbetrieb vorhanden —, wie wollen Sie dann eigentlich einen Kleinhändler, der mit seiner Molkerei unzufrieden ist, noch umweisen? Es ist ja kein anderer Betrieb mehr da.
Hier widersprechen sich die Dinge. Ich habe vorhin interessanterweise der Rede meines Herrn Vorredners entnommen, er bedaure, daß in einer solchen Großstadt noch zusätzlich ein Betrieb gebaut worden sei. Ja, meine Damen und Herren, das eine schließt das andere aus. Entweder kann man das eine machen, oder man muß, wie wir es vorschlagen, auch hier wieder einmal den vernünftigen goldenen Mittelweg gehen.
Das gleiche gilt auch für den Wechsel der Lieferanten. Wollen Sie, wenn Sie nur noch alle 50 km eine Molkerei haben, etwa einem Bauern, der da zum anderen Betrieb hinüberschielt und sagt: Na, der zahlt einen oder anderthalb Pfennig mehr aus!, antworten: Du kannst ja bei der nächsten Jahreswende wechseln und deine Milch in die vielleicht 30 oder 40 km entfernte Molkerei fahren? Das, was er hier vielleicht bisher als lohnendes und lockendes Ziel gesehen hat, geht ihm durch zusätzliche Anfuhrkosten verloren. So einfach liegen die Dinge nun weiß Gott nicht.
— Ich habe Sie nicht verstanden, Frau Kollegin Strobel, aber ich passe das nächstemal besser auf.
Nun im einzelnen zu den Ziffern 1 und 3. Meine politischen Freunde und ich stimmen heute durchaus noch dem § 8 zu, wie ihn der Deutsche Bundestag in seiner ersten Legislaturperiode bei der Neufassung des Milch- und Fettgesetzes nach dem Einspruch der Länder im Vermittlungsausschuß gefaßt hat. In der damaligen Form lautet er:
Die obersten Landesbehörden sollen jederzeit auf Antrag der Landesvereinigung, eines Milcherzeugers, einer Molkerei oder eines Milchhändlers Bestimmungen nach §§ 1, 2, 3, 5 und 6 ändern sowie Liefer_ und Abnahmebeziehungen und Milchhandelsbezirke verändern oder aufheben, sofern eine solche Änderung oder Aufhebung im Interesse der Allgemeinheit oder, soweit keine schwerwiegenden Allgemeininteressen entgegenstehen, eines oder mehrerer Beteiligter geboten erscheint. Hierbei sind die Grundsätze eines gesunden Wettbewerbs zu beachten.
Ich muß Ihnen schon sagen, daß ich diese Formulierung des § 8 auch heute noch mit Hochachtung lese. Wir sollten etwas mehr Vertrauen zu den zuständigen Gremien der Verwaltung und der Markt- und Landesverbände haben, die wir ja selbst in unserem Gesetz geschaffen haben. Wir sollten etwas mehr Zutrauen haben, daß sie es mit der Zeit lernen, mit dem ihnen gegebenen Instrument auch so zu spielen, daß wir alle, vom Erzeuger bis zum Verbraucher, mit diesem Gesetz einverstanden sind. Sicher, auch mir sind Fälle bekannt, die nicht termingerecht, zu spät, erledigt worden sind. Aber, meine Damen und Herren, bei welchem Gesetz gibt
es letzten Endes das nicht, daß einmal etwas liegen bleibt? Dann liegt es doch wieder an uns, über die Landesregierungen dafür vorzusorgen — auch dort sitzen ja unsere Parteifreunde —, daß die Dinge dort künftig besser funktionieren.
— Auch in Bayern. Wir haben auch zu der Regierung in Bayern so viel Vertrauen, daß wir mit sachlichen Argumenten durchaus dorthin gehen können.
Ich stehe nicht an, zu erklären: die hier gestellten Forderungen gehen so weit, daß sie bei einem Wechsel der Lieferbeziehungen zwischen Erzeuger und Molkerei einerseits und Molkerei und Abnehmer andererseits praktisch einer Aufhebung des Gesetzes in der Fassung vom 10. Dezember 1952 gleichkommen.
Ich möchte noch etwas hinzufügen. Ich versage es mir, jetzt etwa dem Hohen Hause auszumalen – es ginge sehr gut —, welche Auswüchse bei dem von der SPD vorgesehenen möglichen Wechsel in unserer deutschen Milchwirtschaft eintreten würden. Meine politischen Freunde und ich sind der Meinung, daß uns die volle Konsequenz einer solchen Maßnahme, wie sie in diesem Gesetzentwurf vor uns steht, auf die Ausgangsverhältnisse der Jahre 1928 bis 1932 zurückwerfen würde. Ich empfehle jedem, der an diesem Milch- und Fettgesetz mitarbeiten will, das heilsame Studium der Reichstagsprotokolle von 1928 bis 1930. Dabei wird wieder einmal klar, aus welcher schwierigen Situation heraus damals jene Männer, die das Milchgesetz geschaffen haben, sich selber eine gewisse Selbstbeschränkung auf allen Stufen der Milchwirtschaft vom Erzeuger bis hin zum Handel auferlegt haben, um gemeinsam mit den damaligen Schwierigkeiten fertig zu werden. Das damals geschaffene Gesetz hat bewirkt, daß, wie ich schon sagen durfte, bis auf unsere Tage, vom Erzeuger bis zum Verbraucher ein Maximum an Ordnung und an Nutzen eingetreten ist.
Dabei sind auch wir uns darüber im klaren, daß jedes Marktordnungsgesetz seine Mängel aufweist. Aber wir sind der Meinung, daß es darauf ankommt, daß ein solches Gesetz der Mehrheit unseres Volkes nützen muß, und daß man auf Außenseiter hier eben keine Rücksicht nehmen kann. Wenn Sie schon so oft über den Zaun ins Ausland hinüberschauen, dann schauen Sie doch 'bitte einmal bei den Marktordnungsgesetzen über den Zaun! Nimmt sich unser heutiges Milch- und Fettgesetz gegenüber mancher Ordnung drüben in unseren Nachbarländern nicht geradezu bescheiden aus?
Meine Damen und Herren, hier wurde von einem bürokratischen Überbleibsel aus diesen Jahren gesprochen. Hier wurde auch davon gesprochen, daß man den Wettbewerb wieder verbessern wollte. Auch wir sind dieser Meinung und bekennen uns auch heute noch zu dem auch von uns gemachten Gesetz. Wir sind der Ansicht, daß es elastisch genug ist, um bei richtiger Anwendung und Auslegung allen Fällen und allen Beteiligten gerecht zu werden.
Zum Qualitätsstreben noch eine ganz kurze Bemerkung. Auch wir sind der Ansicht, daß wir immer bessere Qualitätsprodukte zum Wohle unserer Milchwirtschaft, aber auch zur Befriedigung der berechtigten Forderungen unserer Verbraucher auf den Markt bringen sollten. Aber können sich denn unsere deutschen Molkereierzeugnisse nicht wirklich überall, auch in Konkurrenz mit dem Ausland, sehen lassen? Vergessen Sie doch nicht immer wieder, daß die heute über unsere Grenzen zu uns nach Deutschland importierten milchwirtschaftlichen Erzeugnisse in jedem Fall ausgesiebte Spitzenerzeugnisse des betreffenden Exportlandes sind!
Ich meine, daß bei dieser Gelegenheit, wo so viel über die Milch politisiert wird, auch heute — ich weiß nicht, ob es in der ersten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages geschehen ist – ein Wort der Anerkennung und des Dankes all jenen Bäuerinnen zu sagen ist, die Tag für Tag morgens um 4 oder um 5 Uhr aufstehen und ihre Pflicht tun, und auch unserem Molkereipersonal und dem Handel.
Es ist an der Zeit, einmal daran zu denken, daß unsere Bevölkerung bei der Gewinnung und Verarbeitung der Milch viel Arbeit und Fleiß aufbringen muß. Man soll nicht bloß immer kritisieren und polemisieren und so tun, als ob das, was bisher geschehen ist, nichts bedeutete.
— Lesen Sie doch einmal Ihre eigenen Anträge durch!