Rede:
ID0210804800

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2108

  • date_rangeDatum: 26. Oktober 1955

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 108. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Oktober 1955 5887 108. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. Oktober 1955. Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 194 der Fraktion der SPD betr. eine Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts (Drucksachen 1714, 1810) . 5888 B Ergänzung der Tagesordnung: Rasner (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 5888 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Berliner Aufbauplan (Drucksache 1412) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Dritten Überleitungsgesetzes (Drucksache 1706) mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Änderung des Einzelplans 45 — Finanzielle Hilfe für Berlin — in den Bundeshaushaltsplänen vom Rechnungsjahr 1956 an (Drucksache 1710) mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) (Drucksache 1707 [neu] und mit der Beratung des Antrags der Abg. Wehner, Brookmann (Kiel) u. Gen. betr. Städtebaulicher Ideenwettbewerb „Hauptstadt Berlin" und Architektenwettbewerb „Wiederherstellung Reichstagsgebäude" (Drucksache 1690) 5888 C Brandt -(Berlin) (SPD): als Anfragender 5888 D als Antragsteller 5890 D Schäffer, Bundesminister der Finanzen . . . 5891 B, 5899 B, 5900 C Dr. Gülich (SPD): als Antragsteller . . . . 5894 A, 5895 D als Abgeordneter 5900 A zur Geschäftsordnung 5908 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 5895 C Stingl (CDU/CSU) 5896 C Dr. Lindrath (CDU/CSU) . 5897 C, 5903 D Klingelhöfer (SPD) 5901 A Dr. h. c. Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 5904 A Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . 5905 B Dr. Will (FDP) 5906 C Wehner (SPD) (zur Geschäftsordnung) 5908 C Ausschußüberweisung der Anträge Drucksachen 1706, 1707 [neu] und 1710 . . . 5909 A Annahme des Antrags Drucksache 1690 . 5909 D Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 1715) 5910 A Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 5910 A Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Sonderzulagen zur Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (Drucksache 1705) . . 5910 A Zühlke (SPD), Antragsteller . . . 5910 A Kuntscher (CDU/CSU) 5910 C Dr. Klötzer (GB/BHE) 5911 C Ohlig (SPD) 5912 B Überweisung an den Lastenausgleichsausschuß 5913 A Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1708) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1808) und mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1811) . 5913 B Pohle (Eckernförde) (SPD), Antragsteller 5913 B Petersen (GB/BHE), Antragsteller . 5914 D Frau Dr. Probst (CDU/CSU), Antragstellerin 5915 D, 5918 D Rasch (SPD) 5917 D Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen und an den Haushaltsausschuß . . . . 5919 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gleichstellung aller Arbeitnehmer im Krankheitsfall (Drucksache 1704) 5919 B Richter (SPD), Antragsteller . . . . 5919 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) . . . 5920 B, 5921 B Dr. Schellenberg (SPD) 5921 B Dr. Hammer (FDP) 5922 A Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 5923 A Herold (SPD) 5923 C Becker (Hamburg) (DP) 5924 B Rasner (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 5925 B Ausschußüberweisungen 5925 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesevakuiertengesetzes (Drucksache 1703) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Abg. Dr. Graf (München), Kunze (Bethel), Funk u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesevakuiertengesetzes (Drucksache 1803) 5925 C Ausschußüberweisungen 5925 C Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Renten-Mehrbetrags-Gesetzes (Drucksache 1805) . . . 5925 D Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß 5925 D Nächste Sitzung 5925 D Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5926 Die Sitzung wird um 14 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Frehsee 15. November Kühn (Bonn) 15. November Matthes 15. November Dr. Miessner 15. November Welke 15. November Hoogen 12. November Albers 5. November Dr.-Ing. E. h. Schuberth 5. November Dr. Bucerius 31. Oktober Gibbert 30. Oktober Griem 30. Oktober Dr. Baade 29. Oktober Frau Döhring 29. Oktober Dr. Greve 29. Oktober Jahn (Frankfurt) 29. Oktober Dr. Köhler 29. Oktober Kurlbaum 29. Oktober Neuburger 29. Oktober Rehs 29. Oktober Frau Rösch 29. Oktober Frau Dr. Schwarzhaupt 29. Oktober Wehr 29. Oktober Altmaier 28. Oktober Dr. Becker (Hersfeld) 28. Oktober Birkelbach 28. Oktober Fürst von Bismarck 28. Oktober Dr. Blank (Oberhausen) 28. Oktober Dr. Deist 28. Oktober Dr. Drechsel 28. Oktober Dr. Eckhardt 28. Oktober Erler 28. Oktober Even 28. Oktober Feldmann 28. Oktober Gräfin Finckenstein 28. Oktober Dr. Furler 28. Oktober Gerns 28. Oktober Haasler 28. Oktober Dr. Graf Henckel 28. Oktober Höfler 28. Oktober Dr. Horlacher 28. Oktober Jacobi 28. Oktober Kalbitzer 28. Oktober Kiesinger 28. Oktober Dr. Kopf 28. Oktober Dr. Kreyssig 28. Oktober Lemmer 28. Oktober Lenz (Brühl) 28. Oktober Dr. Lenz (Godesberg) 28. Oktober Dr. Leverkuehn 28. Oktober Lücker (München) 28. Oktober Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 28. Oktober Dr. Lütkens 28. Oktober Dr. Maier (Stuttgart) 28. Oktober Marx 28. Oktober Dr. Mommer 28. Oktober Frau Meyer-Laule 28. Oktober Dr. Oesterle 28. Oktober Ollenhauer 28. Oktober Pelster 28. Oktober Dr. Pohle (Düsseldorf) 28. Oktober D. Dr. h. c. Pünder 28. Oktober Paul 28. Oktober Frau Dr. Rehling 28. Oktober Dr. Reif 28. Oktober Sabaß 28. Oktober Dr. Schmid (Frankfurt) 28. Oktober Dr. Schöne 28. Oktober Frau Schroeder (Berlin) 28. Oktober Schütz 28. Oktober Graf von Spreti 28. Oktober Sträter 28. Oktober Struve 28. Oktober Trittelvitz 28. Oktober Unertl 28. Oktober Dr. Wahl 28. Oktober Frau Dr. h. c. Weber 28. Oktober (Aachen) Wehner 28. Oktober Frau Welter (Aachen) 28. Oktober Dr. Brühler 27. Oktober Frenzel 27. Oktober Dr. Glasmeyer 27. Oktober Kühlthau 27. Oktober Leibfried 27. Oktober Dr. Mocker 27. Oktober Dr. Schranz 27. Oktober Dr. Bartram 26. Oktober Dr. Bergmeyer 26. Oktober Berendsen 26. Oktober Elsner 26. Oktober Heix 26. Oktober Heiland 26. Oktober Dr. Hesberg 26. Oktober Dr. Keller 26. Oktober Koenen (Lippstadt) 26. Oktober Majonica 26. Oktober Margulies 26. Oktober Müser 26. Oktober Oetzel 26. Oktober Frau Praetorius 26. Oktober Rademacher 26. Oktober Frau Renger 26. Oktober Schneider (Hamburg) 26. Oktober Stauch 26. Oktober Voß 26. Oktober Winkelheide 26. Oktober Dr. Werber 26. Oktober Ziegler 26. Oktober b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 23. November Raestrup 19. November Dr. Starke 15. November Dr. Atzenroth 12. November Bals 12. November Dr. Brönner 12. November Dr. Elbrächter 12. November Illerhaus 12. November Regling 12. November Bock 5. November
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Zur Begründung des Antrags Drucksache 1811 hat Frau Dr. Probst das Wort.
    Frau Dr. Probst (CDU/CSU), Antragstellerin: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Damen! Ich habe den Auftrag, im Namen der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP den vorliegenden Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes, Drucksache 1811, zu begründen. Sämtliche Fraktionen des Hohen Hauses waren sich bei der einmütigen Verabschiedung der dritten Novelle zum Bun-


    (Frau Dr. Probst)

    desversorgungsgesetz vor etwa einem Jahre darüber einig, daß das Recht der Kriegsopfer — trotz der erheblichen Verbesserungen der dritten Novelle, die allgemeine Anerkennung gefunden haben — einer weiteren Fortentwicklung bedarf, daß es dabei aber vordringlich darauf ankommt, Härten des Gesetzes und Unebenheiten darin auszugleichen, besonderen sozialen Notständen zu begegnen und Ungleichheiten in der Behandlung verschiedener Gruppen innerhalb des Personenkreises der Kriegsopfer, die sich infolge der Novellierungen des Bundesversorgungsgesetzes herausgebildet oder verstärkt haben, zu beseitigen.
    Die Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten würden sich durch globale prozentuale Ausweitungen, wie sie in den Anträgen der SPD und des BHE vorgesehen sind, weiterhin verschärfen. Es bedarf vielmehr nach unserer Überzeugung im Augenblick eines vertieften und detaillierten Eindringens in die Gesetzesmaterie selbst, einer sorgfältigen. Überprüfung des bisher Geschaffenen, insbesondere in bezug auf die genannten Divergenzen und besonderen Notstände, die auf eine möglichst baldige Beseitigung drängen.
    Wir gehen davon aus, daß im Vordergrund aller Überlegungen zunächst die Existenzsicherung des erwerbsunfähigen Kriegsbeschädigten, der Kriegerwitwen und Waisen, also der vaterlos gewordenen Familien, stehen muß, die ausschließlich von den Renteneinkommen nach dem BVG leben müssen. Dieselbe Unterhaltsverpflichtung der Allgemeinheit gegenüber den Opfern des Krieges besteht insbesondere bei den Kriegereltern, die ihre einzigen, letzten oder alle Kinder verloren haben.
    Das Ziel, zu dem hin der vorliegende Entwurf einen weiteren Schritt bedeutet, ist die Versorgung des durch seine Kriegsbeschädigung erwerbsunfähig gewordenen Schwerbeschädigten, der ausschließlich auf seine KB-Rente angewiesen ist. Sie muß so gestaltet werden, daß sie ihm und seiner Familie nicht nur den vollen Unterhalt in befriedigender Weise gewährt, sondern darüber hinaus Anteil am kulturellen und gesellschaftlichen Leben unseres Volkes.
    Der § 25 Abs. 2, der eine wirksame Sonderfürsorge für Kriegsblinde, Ohnhänder und sonstige Empfänger einer Pflegezulage sowie für Hirnverletzte sicherstellt, soll ergänzt werden durch die Hereinnahme des Personenkreises der Querschnittsgelähmten und der Tbc-kranken Schwerbeschädigten, die erfahrungsgemäß ohne eine Sonderfürsorge nicht in der Lage sind, zu der erwünschten Wiedereingliederung in das. soziale und berufliche Leben zu gelangen.
    Wir haben die Absicht, durch unseren Gesetzesvorschlag auch die Gruppen der Schwerbeschädigten der übrigen Erwerbsminderungsgrade einzubeziehen in die Verbesserung der Ausgleichsrenten, sofern sie kein sonstiges Einkommen bzw. nur ein Einkommen haben, das innerhalb der Freigrenze liegt. In diese Fortentwicklung des Rechts sind einbezogen diejenigen, die nicht infolge ihrer Wehrdienstbeschädigung erwerbsunfähig geworden sind, unter ihnen vor allem die alten Veteranen des ersten Weltkrieges, die ihre Alterssicherung verloren haben und voll auf die Bezüge nach dem BVG angewiesen sind.
    Dabei muß gleichzeitig zum Ausdruck gebracht werden, daß die Wiedereingliederung in das gesellschaftliche und berufliche Leben durch durchgreifende und wirksame Rehabilitationsmaßnahmen nach wie vor der leitende Gesichtspunkt bei der Versorgung dieses Personenkreises bleibt. Ich stimme hier dem Kollegen Pohle vollinhaltlich zu: In diesem Zusammenhang ist die Ausgestaltung des § 30 BVG von ausschlaggebender Bedeutung. Wir behalten uns vor, dem Ausschuß eine neue Fassung des § 30 vorzuschlagen, die bei der Festsetzung der Höhe des Erwerbsminderungsgrades die Berücksichtigung des vor der Schädigung ausgeübten, begonnenen oder angestrebten Berufes verdeutlicht. Es handelt sich hier um ein Anliegen des Gesetzgebers, das gerade vom Herrn Bundesarbeitsminister Storch immer wieder vor dem Hohen Hause angesprochen wurde, das aber bis heute in der Praxis noch nicht die geforderte Berücksichtigung gefunden hat. Ebenso müssen bei der Festsetzung des Erwerbsminderungsgrades seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen, die mit der körperlichen Schädigung verbunden sind, ausreichend beachtet werden. Das gleiche gilt, wenn der Beschädigte besondere Aufwendungen für die Verwertung seiner ihm verbliebenen Erwerbsfähigkeit zu machen hat. Dies gilt insbesondere für Beschädigte mit fortschreitender Tbc oder mit chronischem Magen- und Darmleiden oder etwa bei Verlust der Kaufähigkeit. Bei kriegsbeschädigten Frauen sind die besonderen Auswirkungen der Schädigung stets individuell zu berücksichtigen.
    Ein besonderes Anliegen des BVG sind die Rehabilitationsmaßnahmen, die der Wiederherstellung der Harmonie der körperlich-geistigen Fähigkeiten und Kräfte, der Zurückgewinnung eines gesunden Selbstbewußtseins und der Stärkung des. Selbstbehauptungswillens im Existenzkampf dienen. Nach unserer Überzeugung darf die Rehabilitation nicht nur der sozialen Fürsorge nach dem BVG überlassen bleiben, sondern muß schon in der Heilbehandlung voll zum Ausdruck kommen. Die Heilbehandlung darf nicht nur am Einzelphänomen oder am Symptom allein kurieren, sondern muß von der ganzheitlichen Schau der Persönlichkeit ausgehen. Also Persönlichkeitspflege, d. h. Arbeitstherapie schon während der Heilbehandlung, etwa für die Tuberkulosekranken, körperlich-geistiges Training als Heilbehandlungsmaßnahme — ich denke hier vor allem auch an Entspannungsübungen —, sämtliche heilgymnastische und bewegungstherapeutische Maßnahmen sollen in der Heilbehandlung einbegriffen sein. Uns geht es vor allem darum, daß der Versehrtensport als Heilbehandlung anerkannt wird, wenn er unter Überwachung durch einen Arzt durchgeführt wird. Schädigungsfolgen des Versehrtensports sind als Schädigungen im Sinne des BVG zu behandeln.
    Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei legt besonderen Wert auf eine Änderung des § 22 Satz 1, wonach die zuständige Verwaltungsbehörde jederzeit eine neue Heilbehandlung anordnen kann, wenn mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht, daß sie den Gesundheitszustand oder die Arbeitskraft des Beschädigten erhält oder bessert. Dadurch soll eine Verstärkung der vorbeugenden Maßnahmen, die der Erhaltung oder Besserung des Gesundheitszustands oder der Arbeitskraft dienen, erreicht werden.
    Die Versorgung der Kriegerwitwen, die außer ihrer Rente nach dem BVG über kein sonstiges Einkommen verfügen, muß so weiterentwickelt werden, daß sie ihrer ureigensten Aufgabe, Mittelpunkt der Familie, Hausfrau und Erzieherin der


    (Frau Dr. Probst)

    Kinder zu sein, erhalten bleibt oder ihr zurückgegeben wird. Meine politischen Freunde und ich sind der Auffassung, daß die Kriegerwitwe mit Kindern nicht darauf angewiesen sein darf, den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder durch außerhäusliche Arbeit selber zu verdienen. Die bedauerliche Folge der Überanstrengung der alleinstehenden Mutter in der Doppelfunktion, Hausfrau, Mutter und Erwerbstätige sein zu müssen, zeigt sich durch die immer mehr auftretende Frühinvalidität.
    Die Gefährdung der heranwachsenden Kinder durch die Abwesenheit der Mutter ist eine weitere sehr ernst zu nehmende Folge. Nur einige Zahlen, um die Größe des Problems aufzuzeigen! Bei der Volkszählung 1950 wurden 3 Millionen Frauen, die zugleich Haushaltungsvorstände sind, gezählt. Von ihnen standen in unselbständiger Arbeit 1 445 000. Davon hatten 389 000 Frauen ein Kind oder mehrere Kinder, 24 500 drei Kinder, 6410 Frauen vier Kinder und 2137 Frauen fünf Kinder. Wir müssen dieser Gefährdung der Kinder entgegenwirken.
    Dabei ist es unsere Pflicht, einen sozialen Ausgleich herbeizuführen zwischen den Witwen, die innerhalb der Einkommensfreigrenze des Bundesversorgungsgesetzes neben voller Ausgleichsrente noch Sozialversicherungsbezüge oder sonstiges Einkommen haben, und denjenigen Witwen, die ausschließlich auf ihre BVG-Rente angewiesen sind. Hier klaffen Unterschiede zwischen zirka 180 DM und 163 DM einerseits und 118 DM Vollrente für diejenige Witwe, die Bezüge nur nach dem BVG hat. Der vorliegende Gesetzentwurf beabsichtigt, diesen Witwen durch gezielte Mehrleistungen eine Besserstellung zu gewährleisten.
    Die Heiratsabfindung soll nach unserem Wollen auf das 36fache der monatlichen Grundrente einer erwerbsunfähigen Witwe erhöht werden. Damit wird auch eine Anpassung an die RVO, die ebenfalls bei der Heiratsabfindung von einem dreifachen Jahresbetrag ausgeht, vollzogen.
    Ein besonderes Anliegen der Koalitionsparteien bei dem von ihnen eingebrachten Gesetzentwurf ist die Besserstellung der Kriegerwaisen. Es ist ihre Absicht, die Gefahr zu mildern, die gerade für die unvollständige Familie gegeben ist, unter ihren normalen Anteil am gesellschaftlichen und kulturellen Leben abzusinken. Die Versorgung der Kriegerwaisen muß so gestaltet sein, daß sie in der Atmosphäre eines geordneten Familienlebens und in der zum guten Gedeihen notwendigen, ja unerläßlichen Nestwärme heranwachsen können zur vollen Entfaltung der ihnen vom Schöpfer gegebenen Fähigkeiten und Kräfte. Schon bei der ersten Lesung des BVG im Jahre 1950 habe ich darauf hingewiesen, daß hier auch ein besonderes staatspolitisches Interesse besteht. Was im Punkte der Eiziehung und Lebensgestaltung der Kriegerwaisenkinder jetzt versäumt würde, kann nie mehr nachgeholt werden.
    Eine besondere Behandlung der schwergetroffenen Eltern, die alle oder die einzigen oder die letzten Kinder verloren haben, ist sowohl eine ethisch-moralische wie aber auch eine positivrechtlich begründete Forderung. Der Staat tritt an die Stelle der Unterhaltsverpflichtung der gefallenen Kinder. Die Antragsteller halten daher eine Weiterentwicklung der Rente bis zur vollen Unterhaltshöhe in solchen Fällen für notwendig.
    Zusammenfassend muß gesagt werden: es handelt sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um gezielte Leistungen, die einem gerechten sozialen Ausgleich dienen und infolgedessen auf eine Erhöhung der Ausgleichsrente abzielen. Wir sind dabei — ich lege Wert darauf, das ausdrücklich festzustellen — nach wie vor von der Bedeutung der Grundrente im Gefüge des BVG als eines echten Ausgleichs für die Mehraufwendungen, die aus dem anatomischen Schaden bei den Schwerbeschädigten und dem Verlust des Ernährers bei den Hinterbliebenen erwachsen, überzeugt. Wir bekennen uns erneut zu dem Charakter der Grundrente und ihrer Unantastbarkeit. Dieser Charakter der Grundrente muß unter allen Umständen erhalten bleiben.
    Der von den Fraktionen der CDU, FDP und DP eingebrachte Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des BVG hat in seiner sozialpolitischen und fachlichen Konzeption eine nachträgliche Bestätigung erfahren durch die einheitliche Auffasung über die Weiterentwicklung des Kriegsopferrechts, wie sie vom Beirat für Versorgungsrecht beim Bundesarbeitsministerium, dem die besten Kenner des Versorgungsrechts angehören, in seiner gestrigen Sitzung vertreten worden ist. Der Beirat ist davon ausgegangen, daß die Endgestaltung des BVG ein Verhältnis von zwei Fünfteln zu drei Fünfteln zwischen Grund- und Ausgleichsrente vorsehen muß. Demnach fügt sich unser Gesetzesvorschlag als Durchgangsphase in die Weiterentwicklung des Bundesversorgungsgesetzes organisch ein.
    Meine Damen und Herren, ich habe die Ehre, im Namen der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP das Hohe Haus zu bitten, den Antrag Drucksache 1811 dem Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen zu überweisen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, FDP und DP.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache. — Das Wort hat der Abgeordnete Rasch.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hugo Rasch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige Ausführungen der Frau Kollegin Dr. Probst geben mir Veranlassung, etwas zu sagen. Wenn man die Bundestagsdebatten verfolgt, die in den vergangenen Jahren zum Bundesversorgungsgesetz stattgefunden haben, dann liest man immer wieder das Wort „Relation". Es war gerade Frau Kollegin Dr. Probst, die noch im November oder Dezember vergangenen Jahres vor diesem Hause ausdrücklich erklärte, daß die Relation zwischen Grund- und Ausgleichsrente erhalten werden müsse. Wenn wir nunmehr ihrem Anliegen stattgäben, so würde das bedeuten, daß wir diese Relation verlören, es würde bedeuten, daß in Zukunft ein ganz anderer Maßstab für die Versorgung der Opfer des Krieges gelten müßte.
    Ich selbst stehe hier vor Ihnen als Schwerbeschädigter, aber ich glaube, ich rede nicht in eigener Sache. Ich fühle mich trotzdem verpflichtet, für meine Schwerbeschädigten Kameraden auch einmal zu sagen, wie die Situation heute ist. Ein voll erwerbsunfähiger Kriegsbeschädigter erhält heute an Grundrente 97 DM und an Ausgleichsrente 120 DM, zusammen 217 DM, wobei noch zu beachten ist, daß die Grundrente nach dem Willen des Gesetzgebers ausschließlich dazu dienen soll, die notwendigen Mehraufwendungen des Schwerbeschädigten zu be-


    (Rasch)

    A) gleichen. Er lebt also praktisch mit einem Betrage von 120 DM im Monat, Dasselbe trifft bei der deutschen Kriegerwitwe zu, die, wenn sie über kein weiteres Einkommen verfügt, eine Grundrente von 48 DM und eine Ausgleichsrente von 70 DM erhält. Es ist aber eine Tatsache, die nicht bestritten werden kann, daß eine Frau als Haushaltsvorstand mehr Nebenaufwendungen hat als die Ehefrau in einer Familie, wo der Vater noch da ist. Sie braucht unbedingt die 48 DM, um das zu bezahlen, was sie im Laufe der Monate und Jahre zu begleichen hat.
    In der Begründung des Antrags der Koalitionsparteien kam das Wort: Die Kriegerwitwe soll, wenn sie Kinder hat, so gestellt sein, daß sie ihren Unterhalt nicht durch Arbeit bestreiten muß, sondern von ihren Versorgungsbezügen leben kann. Stellen Sie sich aber einmal vor, meine Damen und Zerren: sie erhält jetzt 70 DM im Monat. Da möchte ich doch von jedem unter uns einmal wissen, ob denn in der jetzigen Situation eine Lebensführung mit 70 DM im Monat überhaupt möglich ist.
    Dann kommt auch noch eines hinzu — wir haben diesen Streit doch schon beim Kindergeldgesetz gehabt -: Wir haben ja fast alle Gruppen in diesem Gesetz, aber noch nicht berücksicht haben wir die Kriegerwitwen, die arbeitsunfähig sind, die über kein sonstiges Einkommen verfügen und mehr als drei Kinder zu unterhalten und zu erziehen haben. Ich glaube, das Hohe Haus sollte sich auch diese Situation baldmöglichst überlegen und sich klarmachen, daß diese Millionenzahl von Witwen und Beschädigten ein Unsicherheitsfaktor sein könnte. Sollte er einmal zur Auswirkung kommen, dann könnte es uns allen unangenehm werden.
    Frau Kollegin Dr. Probst — Sie werden es mir I) nicht übelnehmen, daß ich das noch erwähne —, Sie haben vor ungefähr einem Jahr einen Antrag eingereicht, den Antrag Drucksache 887. Ich kann mich nicht mehr genau der Zahl der Kollegen erinnern, die diesen Antrag unterschrieben haben; ich glaube, es waren 130 oder mehr. Dieser Antrag wollte vor einem Jahre schon mehr geben als das, was heute nach Ihrem Antrag Drucksache 1811 gewährt werden soll. Ich glaube, man sollte doch so einsichtsvoll sein und, wenn man schon einmal von einer überhitzten. Konjunktur spricht, diese Situation auch benutzen — das wäre meines Erachtens logisch und richtig —, um den Menschen zu helfen, die immer noch auf der Schattenseite des Lebens stehen. Dazu gehören die deutschen Kriegsbeschädigten, und dazu gehören auch die Kriegerwitwen und die Kriegerwaisen.
    Gehen wir einmal von der Situation aus — und wir müssen sogar von der Situation ausgehen —, wie sie 1950 war. Wir haben 1950 einen ganz anderen Bundeshaushalt als heute gehabt. Wir haben doch damals nur die Hälfte der Einnahmen gehabt, über die der rund heute verfügt. Wir haben im Laufe der vergangenen fünf Jahre den Kriegsopfern praktisch nur ein Mehr von 500 Millionen gegeben — ab 1. Dezember 1954 —, und wenn wir das einmal überblicken und überschauen und wenn wir wissen, daß gerade die Preise für die Lebensmittel, die Bedarfsgüter, die für diese Menschen in Frage kommen, seit 1950 um ein Erhebliches gestiegen sind, dann bringen wir mit all diesen Anträgen nicht die Vollendung des Bundesversorgungsgesetzes, sondern wir schaffen nur die Relation, den Tatbestand wieder herbei, der 1950 vorhanden war. Das ist eine Tatsache, und auf die kommt es letzten Endes an.
    Ich will die Ausführungen meiner Vorrednerin nicht noch auf weitere Einzelheiten hin untersuchen; das möge dem Ausschuß vorbehalten bleiben. Aber ich möchte dem Hohen Hause abschließend eines sagen: Wir Schwerbeschädigten werden manchmal gefragt, und gerade draußen werden die Kriegsopfer gefragt, warum sie denn noch nicht das notwendige Vertrauen in alle staatlichen Instanzen und Organe haben. Nehmen Sie es uns und diesen Menschen nicht übel, wenn sie nicht mehr an das glauben, was einmal an Versprechungen getan wurde! Nehmen Sie es uns nicht übel, wenn wir realistisch und nüchtern unsere eigene Situation übersehen und überdenken.

    (Abg. Lücke: Herr Kollege Rasch, Sie haben kein Recht, für die Kriegsbeschädigten so global zu sprechen! Das ist die Meinung Ihr er Kriegsbeschädigten! Die anderen denken anders!)

    — Da können wir uns, Herr Kollege, mal darüber unterhalten, und ich glaube, es würde ein ganz anderes Ergebnis herauskommen.

    (Abg. Lücke: Mißbrauchen Sie den Begriff Kriegsbeschädigte nicht für Ihre politischen Zwecke!)

    Ich möchte nur sagen: Man hat den deutschen Kriegsbeschädigten im ersten Weltkrieg etwas vom Dank des Vaterlandes gesagt. Dann hat man ihnen etwas von dem Ehrenbürger der Nation erzählt.

    (Abg. Lücke: Was hat das denn mit der heutigen Zeit zu tun?)

    Aber ich will Ihnen sagen: Wir wollen keine Ehrenbürger der Nation sein, sondern wir wollen Menschen innerhalb unserer Gemeinschaft sein, die auch einmal das Glück haben wollen, auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen.

    (Abg. Lücke: Schlagworte!)

    Das ist die entscheidende Tatsache, und ich bitte Sie innigst und ganz herzlichst: Überlegen Sie die Situation und geben Sie mehr als das, was Sie beantragt haben.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Lücke: Die Bundesrepublik ist sich ihrer Verantwortung für die Kriegsbeschädigten immer bewußt gewesen! — Lebhafte Rufe beim GB/BHE: Na, na! — Gegenrufe von der Mitte.)