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ID0210802400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 108. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Oktober 1955 5887 108. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. Oktober 1955. Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 194 der Fraktion der SPD betr. eine Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts (Drucksachen 1714, 1810) . 5888 B Ergänzung der Tagesordnung: Rasner (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 5888 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Berliner Aufbauplan (Drucksache 1412) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Dritten Überleitungsgesetzes (Drucksache 1706) mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Änderung des Einzelplans 45 — Finanzielle Hilfe für Berlin — in den Bundeshaushaltsplänen vom Rechnungsjahr 1956 an (Drucksache 1710) mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) (Drucksache 1707 [neu] und mit der Beratung des Antrags der Abg. Wehner, Brookmann (Kiel) u. Gen. betr. Städtebaulicher Ideenwettbewerb „Hauptstadt Berlin" und Architektenwettbewerb „Wiederherstellung Reichstagsgebäude" (Drucksache 1690) 5888 C Brandt -(Berlin) (SPD): als Anfragender 5888 D als Antragsteller 5890 D Schäffer, Bundesminister der Finanzen . . . 5891 B, 5899 B, 5900 C Dr. Gülich (SPD): als Antragsteller . . . . 5894 A, 5895 D als Abgeordneter 5900 A zur Geschäftsordnung 5908 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 5895 C Stingl (CDU/CSU) 5896 C Dr. Lindrath (CDU/CSU) . 5897 C, 5903 D Klingelhöfer (SPD) 5901 A Dr. h. c. Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 5904 A Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . 5905 B Dr. Will (FDP) 5906 C Wehner (SPD) (zur Geschäftsordnung) 5908 C Ausschußüberweisung der Anträge Drucksachen 1706, 1707 [neu] und 1710 . . . 5909 A Annahme des Antrags Drucksache 1690 . 5909 D Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 1715) 5910 A Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 5910 A Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Sonderzulagen zur Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (Drucksache 1705) . . 5910 A Zühlke (SPD), Antragsteller . . . 5910 A Kuntscher (CDU/CSU) 5910 C Dr. Klötzer (GB/BHE) 5911 C Ohlig (SPD) 5912 B Überweisung an den Lastenausgleichsausschuß 5913 A Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1708) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1808) und mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1811) . 5913 B Pohle (Eckernförde) (SPD), Antragsteller 5913 B Petersen (GB/BHE), Antragsteller . 5914 D Frau Dr. Probst (CDU/CSU), Antragstellerin 5915 D, 5918 D Rasch (SPD) 5917 D Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen und an den Haushaltsausschuß . . . . 5919 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gleichstellung aller Arbeitnehmer im Krankheitsfall (Drucksache 1704) 5919 B Richter (SPD), Antragsteller . . . . 5919 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) . . . 5920 B, 5921 B Dr. Schellenberg (SPD) 5921 B Dr. Hammer (FDP) 5922 A Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 5923 A Herold (SPD) 5923 C Becker (Hamburg) (DP) 5924 B Rasner (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 5925 B Ausschußüberweisungen 5925 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesevakuiertengesetzes (Drucksache 1703) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Abg. Dr. Graf (München), Kunze (Bethel), Funk u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesevakuiertengesetzes (Drucksache 1803) 5925 C Ausschußüberweisungen 5925 C Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Renten-Mehrbetrags-Gesetzes (Drucksache 1805) . . . 5925 D Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß 5925 D Nächste Sitzung 5925 D Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5926 Die Sitzung wird um 14 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Frehsee 15. November Kühn (Bonn) 15. November Matthes 15. November Dr. Miessner 15. November Welke 15. November Hoogen 12. November Albers 5. November Dr.-Ing. E. h. Schuberth 5. November Dr. Bucerius 31. Oktober Gibbert 30. Oktober Griem 30. Oktober Dr. Baade 29. Oktober Frau Döhring 29. Oktober Dr. Greve 29. Oktober Jahn (Frankfurt) 29. Oktober Dr. Köhler 29. Oktober Kurlbaum 29. Oktober Neuburger 29. Oktober Rehs 29. Oktober Frau Rösch 29. Oktober Frau Dr. Schwarzhaupt 29. Oktober Wehr 29. Oktober Altmaier 28. Oktober Dr. Becker (Hersfeld) 28. Oktober Birkelbach 28. Oktober Fürst von Bismarck 28. Oktober Dr. Blank (Oberhausen) 28. Oktober Dr. Deist 28. Oktober Dr. Drechsel 28. Oktober Dr. Eckhardt 28. Oktober Erler 28. Oktober Even 28. Oktober Feldmann 28. Oktober Gräfin Finckenstein 28. Oktober Dr. Furler 28. Oktober Gerns 28. Oktober Haasler 28. Oktober Dr. Graf Henckel 28. Oktober Höfler 28. Oktober Dr. Horlacher 28. Oktober Jacobi 28. Oktober Kalbitzer 28. Oktober Kiesinger 28. Oktober Dr. Kopf 28. Oktober Dr. Kreyssig 28. Oktober Lemmer 28. Oktober Lenz (Brühl) 28. Oktober Dr. Lenz (Godesberg) 28. Oktober Dr. Leverkuehn 28. Oktober Lücker (München) 28. Oktober Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 28. Oktober Dr. Lütkens 28. Oktober Dr. Maier (Stuttgart) 28. Oktober Marx 28. Oktober Dr. Mommer 28. Oktober Frau Meyer-Laule 28. Oktober Dr. Oesterle 28. Oktober Ollenhauer 28. Oktober Pelster 28. Oktober Dr. Pohle (Düsseldorf) 28. Oktober D. Dr. h. c. Pünder 28. Oktober Paul 28. Oktober Frau Dr. Rehling 28. Oktober Dr. Reif 28. Oktober Sabaß 28. Oktober Dr. Schmid (Frankfurt) 28. Oktober Dr. Schöne 28. Oktober Frau Schroeder (Berlin) 28. Oktober Schütz 28. Oktober Graf von Spreti 28. Oktober Sträter 28. Oktober Struve 28. Oktober Trittelvitz 28. Oktober Unertl 28. Oktober Dr. Wahl 28. Oktober Frau Dr. h. c. Weber 28. Oktober (Aachen) Wehner 28. Oktober Frau Welter (Aachen) 28. Oktober Dr. Brühler 27. Oktober Frenzel 27. Oktober Dr. Glasmeyer 27. Oktober Kühlthau 27. Oktober Leibfried 27. Oktober Dr. Mocker 27. Oktober Dr. Schranz 27. Oktober Dr. Bartram 26. Oktober Dr. Bergmeyer 26. Oktober Berendsen 26. Oktober Elsner 26. Oktober Heix 26. Oktober Heiland 26. Oktober Dr. Hesberg 26. Oktober Dr. Keller 26. Oktober Koenen (Lippstadt) 26. Oktober Majonica 26. Oktober Margulies 26. Oktober Müser 26. Oktober Oetzel 26. Oktober Frau Praetorius 26. Oktober Rademacher 26. Oktober Frau Renger 26. Oktober Schneider (Hamburg) 26. Oktober Stauch 26. Oktober Voß 26. Oktober Winkelheide 26. Oktober Dr. Werber 26. Oktober Ziegler 26. Oktober b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 23. November Raestrup 19. November Dr. Starke 15. November Dr. Atzenroth 12. November Bals 12. November Dr. Brönner 12. November Dr. Elbrächter 12. November Illerhaus 12. November Regling 12. November Bock 5. November
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    Rede von Gustav Klingelhöfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte dem Herrn Bundesfinanzminister, obwohl ich zuerst dem Kollegen Lindrath etwas sagen wollte, ein Wort zur Entstehung des Notopfers sagen. So war es damals, 1949, nicht.


Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter! Der Herr Bundesfinanzminister teilt mir mit, daß er jetzt dringend in den Vermittlungsausschuß müsse. Ich nehme an, daß das Haus nunmehr damit einverstanden ist.
Bitte, fahren Sie fort.

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    Rede von Gustav Klingelhöfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Das Notopfer ist 1949 nicht unter dem Gesichtspunkt entstanden, daß man vorausgesehen hat, welche ungeheuren sozialen und Kriegsfolgelasten für Berlin entstehen würden, sondern in jener Zeit, als es schlechthin keinen Ausweg auf der entsetzlichen Berliner Gratwanderung gab, war Berlin gezwungen — ich will es ganz trivial ausdrücken —, Geld zu machen, verzinsliche Steuergutscheine auszugeben, weil es seine Rechnungen nicht mehr bezahlen konnte. Aus diesem Grunde gab es für Berlin keine andere Möglichkeit, als im Frankfurter Wirtschaftsrat darauf zu dringen, eine Kaffee- und Teesteuer und das Notopfer zu schaffen. Damals hat kein Mensch daran gedacht, daß der Herr Bundesfinanzminister in den Jahren 1954 und 1955 das Notopfer Berlin als sein liebstes Kind ansehen würde, weil es die einzige direkte Einkommensteuer ist, die ihm unmittelbar zugeht und bei der die Länder nichts zu sagen haben.
    Nun hören wir — Herr Lindrath hat es auch gesagt —, welche mächtigen Unterschiede zwischen dem bestehen, was etwa in Rheinland-Pfalz aufgewendet worden ist, und dem, was in Berlin hätte aufgewendet werden müssen, wenn auch in Berlin der horizontale Finanzausgleich bestanden hätte. Darüber ist gar kein Zweifel. Wer das nicht wußte, daß in Berlin höhere allgemeine, höhere politische und soziale Lasten bestehen müssen, der tut mir leid, und wenn sich der Herr Bundesfinanzminister
    darauf beruft — und er beruft sich leider darauf —, dann tut mir auch der Herr Bundesfinanzminister leid; denn das sind Dinge, die man in Berlin so zu sehen hat, wie sie gesehen werden müssen; man kann sie nicht mit normalen Verhältnissen vergleichen. Es ist unerträglich, daß Dinge — Herr Professor Gülich hat es bereits gesagt, und die anderen Herren haben ebenfalls darauf hingewiesen —, die bei den Ländern auf Grund normaler Bundesgesetze unter dem Gesichtspunkt normaler Bundeshilfe angerechnet werden, wie bei einer Buchhaltung mit doppeltem Boden Berlin unter anderen Gesichtspunkten angerechnet werden.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, ein Wort zu Herrn Kollegen L i n d r a t h. Ich war reichlich erstaunt über das, was Herr Kollege Lindrath, der sich schon mehrfach, fast möchte ich sagen, als Apologet der konservativsten Grundsätze des Herrn Bundesfinanzministers bewährt hat, uns hier geboten hat. Ich will gar nicht auf die Frage der Zweckbestimmung im einzelnen eingehen. Herr Kollege Lindrath, Sie sollten nicht übersehen, daß dieses Haus, wie Herr Kollege Gülich bereits gesagt hat, einen einstimmigen Beschluß gefaßt hat — also auch mit Ihrer Stimme, Herr Kollege Lindrath —, in dem es folgendermaßen heißt:
    Der nach Leistung des Bundeszuschusses verbleibende Ertrag des Notopfers sollte ausschließlich verwendet werden, um die wirtschaftliche und soziale Position Berlins zu sichern.
    Deshalb auch die Einfügung in den § 2 des Dritten Überleitungsgesetzes.

    (Abg. Dr. Lindrath: Auch § 1!)

    — Auch der kann bestehen; denn er stört 2 und 3 nicht!
    Weiter heißt es in der Entschließung:
    Die Zweckbestimmung des Notopfer Berlin wird bei der Neufassung des Gesetzes über das Notopfer und durch eine entsprechende Änderung des Dritten Überleitungsgesetzes festzulegen sein.
    Das haben Sie selber in diesem Hause mit beschlossen! Warum wenden Sie sich dagegen? Ich verstehe es nicht.

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Mancher begreift es nie, und dann noch unvollkommen! — Abg. Dr. Dresbach: Herr Klingelhöfer, in Geldund Finanzsachen kann man nicht konservativ genug sein!)

    — Ich habe nichts dagegen. Der Herr Bundesfinanzminister soll jedes, sogar das weitestgehende Erziehungsrecht gegenüber jedem sich schlechtführenden Empfänger von Staatsgeldern, auch eventuell den Ländern gegenüber haben, aber er möge
    — und darauf werde ich jetzt noch eingehen — sich etwas in Grenzen halten, wenn es fast an die Ehre des Landes geht.
    Herr Kollege Lindrath, Sie haben etwas gesagt, was fast an die Ehre des Landes Berlin geht. Warum nennen Sie die Kosten für die Luftbrücke eine Sache, die Berlin aus eigenem hätte aufbringen sollen und die anders angesehen werden soll als die normalen Leistungen des Bundes für Berlin?

    (Lebhafte Zurufe von der SPD.)



    (Klingelhöfer)

    Hier handelt es sich um politische Lasten, und ich würde es sehr begrüßen, wenn Herr Kollege Lindrath begreifen könnte, daß Berlin in der Tat politische Lasten hat. Es war das schlechteste Exempel, das Sie dafür anführen durften, daß der Bund Kosten für Berlin übernehmen muß und diese Kosten, die vom Notopfer gedeckt werden müßten, nun auf ein Sonderkonto schreibt, das mit dem Notopfer nichts zu tun hat.
    Aber noch etwas anderes, Herr Kollege Lindrath. Ich habe mit Erstaunen festgestellt, daß Sie es auch fertigbringen, Unterschiede zwischen Berlinern und Deutschen zu machen. Ich weiß nicht, ob Sie jetzt am Brandenburger Tor waren, aber ich glaube, in der Nähe des Brandenburger Tors wächst keine provinzielle Berliner Flora, da wachsen Deutsche, da wachsen Europäer, da wachsen freiheitsbewußte Weltbürger. Ich würde es sehr begrüßen, wenn man derartige Unterschiede in diesem Hause nicht machte. Am allerwenigsten besteht dazu ein Anlaß im Zusammenhang mit diesem Thema.

    (Abg. Stingl: Das hat er aber doch nicht gemacht, Herr Klingelhöfer!)

    — Aber ja, er hat doch Unterschiede zwischen dem, was Herr Kollege Gülich vertreten hat, der nicht Berliner sei, und den Berlinern gemacht. Das ist geschehen. Und wenn es ein Zungenlapsus gewesen ist, nehme ich ihn ganz gern hin. Es kann gar nichts schaden; ein Zungenlapsus kann manchmal mehr Wahrheit verraten als das, was uns bei wohlbemessenem Verstande 'deutlich wird.
    Ich möchte jetzt wieder etwas zum Herrn Bundesfinanzminister sagen, etwas, was ich ihm nicht verschweigen kann, und möchte ganz ausnahmsweise — mit Erlaubnis des Hauses — den Herrn Präsidenten zitieren. Der Herr Präsident hat nach Ablauf der Berliner Tagung in der Öffentlichkeit erklärt, Berlin habe bei den meisten Mitgliedern des Bundestages während der Berliner Tagung Eroberungen gemacht. Ja, ich möchte fast glauben, sogar der Bundestagsabgeordnete Herr Schäffer kann als eine solche Eroberung betrachtet werden. Aber nach dem, was Herr Schäffer uns hier über die Art, wie er den Berlin-Plan zu behandeln gedenkt, gesagt hat, habe ich den Eindruck, daß der Herr Bundesfinanzminister Schäffer sicher nicht zu den Eroberungen gehört, die Berlin gemacht hat.
    Ich darf zu dem, was der Herr Bundesfinanzminister gesagt hat, einiges bemerken. Wir haben auch da wieder den Zahlenzauber und das Nebelspiel gesehen, die gemacht worden sind. Ich muß den Herrn Bundesfinanzminister nur fragen, weshalb er, wenn aus dem Notopfer weniger aufgekommen ist, als Berlin vom Bund erhalten hat, so großen Wert darauf legt, es immer als Bundesdeckungsmittel für sich in Anspruch zu nehmen. Es steht doch fest, daß die Summe, die an Notopfer mehr aufgekommen ist, als Berlin an Bundeszuschüssen zugewiesen bekommen hat, mehr als 1200 Millionen DM beträgt. Auch weil dieses Mehr vorhanden ist, ist das Notopfer dem Herrn Bundesfinanzminister ja das liebste Kind, denn diese Summe von 1,2 Milliarden DM steht mehr zu seiner Disposition als die Summen, über die er von den anderen Ländern in seiner Buchhaltung mitbestimmen lassen muß.
    Wir haben den Herrn Bundesfinanzminister in unserer Großen Anfrage auch gar nicht gefragt, was in der Vergangenheit geschehen ist. Es ist immer sehr gut und nett, zu sagen, was schon alles geschehen ist. Aber ich habe bei dieser Gelegenheit an seine Rede in Berlin gedacht. Als wir die konjunkturpolitischen Anträge diskutierten und der Herr Bundesfinanzminister darlegen wollte, welche ungeheuren Summen dort verlangt würden und daß das den Bundeshaushalt sprengen werde, da hat der Herr Bundesfinanzminister auch eine derartige große Bemerkung vorangeschickt, und er hat — unter den Zweifeln des Hauses — gemeint: ich kann aber heute schon sagen, daß der Abschluß 1955 wieder einen recht beträchtlichen rechnerischen Fehlbetrag aufweisen wird. Bei so vollen Kassen! Das ist auch hier geschehen. Man kann dem nicht folgen, daß der Herr Bundesfinanzminister uns eine große Darlegung von dem gibt, was in der Vergangenheit alles erreicht worden ist, und dann mit einer Handbewegung — wie ich noch zeigen werde — über das hinweggeht, was in der Zukunft noch geschehen soll.
    Kaum ein Wort hat der Herr Bundesfinanzminister darüber gesagt, wie denn das, was uns im Berliner Aufbauplan wirklich interessiert — nicht der weitere Aufbau der gewerblichen Wirtschaft, der ist ohnehin bereits finanziell gesichert —, in der Zukunft finanziell gedeckt werden soll. Er spricht davon, daß man die technische Durchführbarkeit der einzelnen Projekte prüfen werde. Die technische Durchführbarkeit zu prüfen ist doch wohl eine Angelegenheit dessen, der die Projekte durchführen will. Er spricht davon, daß man den Arbeitsmarkt prüfen werde, ob da genügend Kräfte vorhanden seien. Ja, will man denn das nicht Berlin überlassen? Er spricht davon, daß man sonstige Prüfungen hinsichtlich der Durchführbarkeit vornehmen wolle. Ja, weiß man denn nicht, daß dann, wenn Projekte und Aufträge durchgeführt werden sollen, auch Wege und Mittel dazu gefunden werden und daß die Rationalisierung in der Produktion immer dann beginnt, wenn der Druck der Aufträge es erforderlich macht? Herr Kollege Stingl hat darauf hingewiesen, daß im Tiefbau noch unbegrenzte Möglichkeiten bestehen. Ich weiß, daß im Hochbau, nachdem gegenwärtig eine Kapazität von 900 Millionen DM ausgenutzt ist, eine weitere Kapazität von 100 bis 150 Millionen noch zur Verfügung steht, die wirklich noch ausgenutzt werden kann.

    (Zuruf.)

    — Das sind die Informationen der zuständigen Berliner Abteilung. Was geht denn das den Herrn Bundesfinanzminister an? Wenn Projekte gemacht werden, dann ist es doch in erster Linie die Aufgabe der Stellen, die die Projekte durchzuführen haben, festzustellen, ob diese Projekte ausgeführt werden können. Das geht den Herrn Bundesfinanzminister gar nichts an. An ihn ist in erster Linie die Frage gestellt: Wie können Mittel zur Verfügung gestellt werden, nachdem das Wirtschaftskabinett gesagt hat, es handelt sich hier um eine Aufgabe des Bundes; der Bund, die Bundesrepublik sei sich der Verpflichtung hinsichtlich dieses Aufbauplanes auch bewußt.
    Beim Wohnungsbau brauchen wir in allererster Linie nicht Geld schlechthin zu jedem beliebigen Zinssatz, sondern wir brauchen billiges und sicheres Geld. Wir brauchen nicht — was der Herr Bundesfinanzminister immer übersieht — Anleihen, für die er nachher schließlich doch die Zinsdifferenz übernehmen muß und außerdem die Tilgung, weil diese Beträge im Berliner Haushalt anwachsen werden und gedeckt werden müssen.


    (Klingelhöfer)

    Für alles, was im kulturellen, im Sozialplan, im Wohnungsbauprogramm Berlins vorgesehen ist: in nichts eine grundsätzliche Entscheidung über die Deckung, wie sie nicht nur von Berlin gewünscht wird, sondern wie sie für jeden, der vor einem großen Plan steht, eine selbstverständliche Voraussetzung ist. Können Sie sich, meine Damen und Herren, die Sie mit wirtschaftlichen oder baulichen Dingen zu tun haben, vorstellen, daß irgendein Projekt begonnen werden kann, wenn nicht von vornherein die Endfinanzierung feststeht? Ich kann ja nicht einmal ein Grundstück kaufen, ich bin nicht in der Lage, den Boden auszuheben und die Arbeit zu beginnen — sofern es sich um einen Bau handelt —, wenn das Vorhaben nicht bis zu Ende finanziert ist. Hier muß ich dem Herrn Bundesfinanzminister den schwersten Vorwurf machen. Ich habe den Eindruck, der Herr Bundesfinanzminister ist in der Tat als Bundesfinanzminister für diese Dinge, die Berlin angehen, nicht gewonnen. Der Herr Bundesfinanzminister hat in dem Punkt, wo es sich um die selbstverständliche Voraussetzung handelt, daß man nämlich die Endfinanzierung ins Auge gefaßt haben muß, nicht den Willen, der notwendig ist.
    Ganz klar und deutlich will ich sagen, was notwendig wäre. Der Herr Bundesfinanzminister möge darüber nachdenken, und vor allen Dingen muß dieses Haus selbst in den Ausschüssen prüfen, ob es so oder anders gemacht werden kann. Ich glaube nicht, daß andere Wege möglich sind. Folgendes wäre unbedingt notwendig. Erstens: 1956 müßte im ordentlichen Haushalt des Bundes jede für 1956 im Berlin-Plan vorgesehene erste Rate an Zuschüssen und zinsverbilligten Krediten für jedes bereits ausführungsreife Projekt voll veranschlagt werden. Zweitens — ich spreche in der Sprache eines Mitglieds des Haushaltsausschusses —: in den Erläuterungen zu diesen Positionen des Etats müßte das jeweilige Projekt in allen Ausführungsstufen dargelegt sein, so daß erkennbar wird, daß auch die Endfinanzierung gesichert ist. Drittens: Nachtragsbewilligungen für den ordentlichen Haushalt wären vorzusehen für alle ersten Raten jener Projekte, die im Laufe des Rechnungsjahres 1956 ausführungsreif würden. Auch hier wären dann jeweils die entsprechenden Erläuterungen notwendig. Viertens: die jährliche Rate für den Sozialen Wohnungsbau müßte ebenfalls im ordentlichen Haushalt erscheinen. Niemand sollte eine Milliardenverschuldung eines in Wirklichkeit noch nicht kreditfähigen Landes zulassen und gutheißen wollen, wie sie unvermeidlich wäre, wenn, wie der Herr Bundesfinanzminister es will, 1954 bis 1959 die Ausgaben für den Sozialen Wohnungsbau in Berlin im außerordentlichen Etat erschienen und der . Weg über den Anleihemarkt begangen werden müßte. Und endlich — hier sage ich das, was Herr Kollege Gülich schon mehrfach gesagt hat —: die Abgabe Notopfer Berlin müßte eindeutig wie für die finanzielle Hilfe Berlin überhaupt so auch für den Sozialen Wohnungsbau als Deckung dienen. Diese Abgabe Notopfer Berlin müßte im Text des Haushaltsgesetzes so zweckbestimmt sein, wie es in unseren Anträgen gefordert ist.
    Meine Damen und Herren, ich hätte noch sehr viel zu sagen — ich sage es nicht — über die Art, wie Berlin verhandeln muß; daß Berlin immer, wenn es in den letzten Jahren verhandelt hat, am ganz kurzen Hebel saß, nämlich als derjenige, der bat und bitten mußte, und der Herr Bundesfinanzminister am ganz langen Hebel saß, nämlich als der, der die ganze Finanzmacht auf seiner Seite hatte und geben konnte. Ich will nichts darüber sagen, wie bis zum letzten Blutstropfen das kassenmäßige „Non possumus", das kassenmäßige possibile" immer herausgefordert worden ist, um dann die Verhandlungen zu führen und denjenigen, der bat, auf den Punkt hinzudrängen, wo er sagen mußte: Gib um Gottes willen, was du mir geben willst; es kommt nur darauf an, daß ich nicht Pleite mache. Ich hätte über diese Dinge sehr viel zu sagen. Ich hätte gerade zu diesem Punkt im einzelnen Dinge sagen müssen und sagen wollen, die Ihnen deutlich gemacht hätten, daß dieses Haus — auch die Ausschüsse dieses Hauses — von der Art, wie verhandelt wird und wie immer unter Druck verhandelt worden ist, nichts weiß. Ich hätte das gerne gesagt, weil dieses Haus und die Ausschüsse dieses Hauses das wissen müssen; denn wenn über die Anträge, die mein Kollege Gülich begründet hat, in den Ausschüssen verhandelt wird, dann braucht Berlin, dieses Mal besonders für den Wiederaufbauplan, die Unterstützung dieses Hauses. Berlin braucht diese Unterstützung, weil es so sehr am kurzen Hebel sitzt und dem, was das Bundesfinanzministerium gerade in jenem Augenblick anordnet, wo die kassenmäßige Zahlungsunfähigkeit fast gegeben ist, hilflos ausgeliefert ist. Davon wissen wir hier nichts. Es darf aber, meine Damen und Herren, beim Wiederaufbauplan für Berlin nicht so weitergehen wie bisher, und darum habe ich konkrete Vorschläge gemacht, wie die Dinge aussehen müßten.
    Bei der Beratung dieser konkreten Vorschläge in den Ausschüssen die Unterstützung des ganzen Hauses finden zu können, das ist das, was mich in diesem Augenblick am meisten bewegt. Nur deshalb habe ich Ausführungen gemacht, die gegenüber dem Herrn Bundesfinanzminister unfreundlich scheinen könnten. Sie waren nicht unfreundlich; sie hatten nur die notwendige Offenheit, die notwendige Offenheit deshalb, weil die Verhältnisse selbst eine andere Methode verlangen, als sie bisher anzuwenden beliebt gewesen ist .

    (Beifall bei der SPD.)