Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gülich, ich begrüße es sehr, wenn wir im Ausgangspunkt, in den Grundsätzen einig sind. Aber Sie sehen, wie schwer es manchmal ist, von einem gemeinsamen Ausgangspunkt auch zu einer übereinstimmenden Schlußfolgerung zu kommen. Ich darf deswegen von vornherein sagen: es wäre sehr bedenklich, wenn in der Situation, wo schon wir zwei einander nicht verstehen, das Parlament einen Beschluß fassen wollte. Ich möchte noch einmal dringend bitten: überlegen wir zwei es uns und überlege es sich auch das Parlament noch einmal.
Ich möchte folgendes sagen, Herr Kollege Gülich: Sie scheinen mich mißverstanden zu haben. Ich habe davon geredet, daß ich grundsätzlich gegen Zweckbestimmungen von Steuern bin, weil sie das Parlament in seiner Bewegungsfreiheit bei der Gestaltung von Einnahmen und Ausgaben mehr und mehr einschränken und es letzten Endes zu einer Jasagemaschine machen.
— Ja, weil es sich selbst gebunden hat!
— Natürlich! Bei neuen Ausgaben und neuen Bedürfnissen hat es überhaupt nicht mehr die Einnahmen und kann nicht mehr ausweichen, sondern müßte neue Einnahmen schaffen. Nehmen wir einmal Ihr Beispiel. Das Berliner Notopfer — das Wort, daß mit ihm manipuliert worden sei, muß ich zurückweisen; ich nehme an, es war in anderem Sinne gedacht, als es vielleicht klingt —
hat in seinem Aufkommen — ich habe die Zahlen bekanntgegeben — in all den Jahren nie ausgereicht, um die Leistungen des Bundes an das Land Berlin zu erfüllen.
— Einen Moment; darf ich jetzt einmal weiterreden. Wir verstehen uns besser, wenn wir auch die Kunst des Zuhörens beherrschen und nicht nur die Kunst des Redens.
Wovor ich warne, ist, daß die Einnahmen des Bundes für bestimmte Ausgaben des Bundes in einem Übermaß gebunden werden. Wenn das geschieht, hört die Bewegungsfreiheit des Parlaments auf. Wenn hier gesagt wird — ich glaube das vorhin gehört zu haben —, die Einnahmen aus dem Notopfer Berlin sollten a) für den Bundeszuschuß verwendet werden, b) der Rest in ein Berliner Sondervermögen gehen, dann frage ich Sie: Wissen Sie denn, wie das Notopfer Berlin entstanden ist? Es ist in einer Zeit entstanden, in der man wußte, daß die sozialen Lasten, die Kriegsfolgelasten in Berlin ein ganz außergewöhnliches Ausmaß haben. Man hat es in erster Linie geschaffen, um diese Lasten zu finanzieren, die Mittel zu ihrer Bestreitung herbeizuschaffen. Das geschieht heute in den
verschiedensten Formen; es geschieht auch über Rechtsträger, die gar nicht der Bund sind, und es geschieht auch von seiten des Bundes in den verschiedensten Formen. Woher sollen, wenn der Rest in ein Berliner Sondervermögen, geht, die Mittel kommen, die über den Zuschuß von 800 Millionen DM hinaus jährlich an Berlin gegeben werden? Sie müssen dann aus allgemeinen Steuermitteln des gesamten deutschen Volkes kommen, d. h. der Etat würde aufgebläht werden, und wir hätten daneben ein Berliner Sondervermögen. Das wäre doch, wenn ich Sie richtig verstehe und wenn ich Ihrer Logik folge, die Schlußfolgerung. Deswegen bin ich der Meinung, daß wir die Debatte gar nicht fortsetzen sollten. Wir können uns in kleinerem Kreise auseinandersetzen. Ich rate, sich die Dinge zu überlegen und keinen überstürzten Beschluß zu fassen. Nachdem wir über dieses Thema schon zwei- oder dreimal in den Ausschüssen gesprochen haben, haben wir Gelegenheit, dort darüber noch einmal zu sprechen.