Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es dürfte manchen Mitgliedern des Hohen Hauses bekannt sein, daß zur Zeit der Vermittlungsausschuß tagt, der sich mit Finanzverfassung und Finanzreform beschäftigt. Ich muß mich deswegen leider kurz fassen, um an den Beratungen dieses Ausschusses wieder teilnehmen zu können.
Ich habe die Ausführungen des Herrn Kollegen Gülich nicht selbst anhören können. Ich weiß nicht, ob ich recht unterrichtet bin. Handelte es sich nur um die Frage der Etatisierung, so wäre diese Frage wohl am besten im Zusammenhang mit dem Antrag Drucksache 1710 zu behandeln, den Herr Kollege Lindrath eben erwähnt hat. Da kann man dann darüber reden, wie die Etatisierung gestaltet werden soll, ob ein Weg gefunden werden kann, sie übersichtlicher zu machen. Dabei werden sich manche Schwierigkeiten ergeben, weil die Leistungen des Bundes nicht allein aus den unmittelbaren Ausgaben erkannt werden können, sondern zu einem großen Teil auch aus den Einnahmeverzichten erkannt werden müssen, die der Bund gegenüber Berlin hat: Umsatzsteuersenkung, Umsatzsteuerrückvergütung usf. Also darüber könnte man in Ruhe reden, wenn man sich über die Frage der Etatisierung unterhalten will.
Wenn ich davon ausgehe, daß an eine Zweckbindung gedacht ist, daran, einen Haushalt aufzustellen, der in sich ausgeglichen sein soll, in dem auf der einen Seite 1275 Millionen Berliner Notopfer stehen
— ich nehme es nur einmal an —, auf der anderen Seite 800 Millionen Bundeszuschuß, der Rest —1275 weniger 800 — dann dem Sondervermögen zugewiesen werden soll, so hätte ich die größten Bedenken und würde das für unmöglich halten.
Aber, Herr Kollege Gülich, zunächst einmal eins: Es ist ein Gedanke, der häufig vertreten worden ist, unter allen Umständen das gesamte Aufkommen aus dem Berliner Notopfer an unmittelbare Zuwendungen für Berlin zu binden. Wir haben uns häufig darüber unterhalten, und der Gesetzgeber hat bereits wiederholt über die Frage entschieden, nicht nur beim Dritten Überleitungsgesetz, sondern zuletzt auch bei dem § 1 der Neufassung des Berliner Notopfer-Gesetzes. Er hat es abgelehnt, und ich darf sagen: aus guten Gründen.
Auf einen Grund, der mir am Herzen liegt, darf ich noch einmal eingehen. Wenn ich das Berliner Notopfer in seinem Ertrag für Berlin zweckbinde, wird es politisch unmöglich werden, das Berliner Notopfer etwa einmal aus sozialen Gründen — denn es ist sozial betrachtet vielleicht das verbesserungsbedürftigste Gesetz, das wir haben — zu senken. Einer Verewigung des Berliner Notopfers möchte ich mich unter allen Umständen entgegenstellen. Ich möchte davor warnen, einen Weg einzuschlagen, der auf eine Verewigung hinausliefe.
— Wenn wir im Ausgangspunkt einig sind, freue ich mich. Aber dann sollten wir auch einig sein in den Schlußfolgerungen, die zu ziehen sind.
Zweitens. Ich habe mich immer aus wohlerwogenen Gründen gegen allzustarke Zweckbindungen von Steuern und sonstigen Einnahmen gewehrt. Meine Herren, auch Sie im Parlament müßten sich dagegen wehren; denn je mehr die Einnahmen für bestimmte Ausgaben zweckgebunden sind, um so weniger ist das Budgetrecht in den Händen des Parlaments,
weil das Parlament dann überhaupt keine Bewegungsfreiheit mehr hat. Deswegen sollten wir, meine ich, bei Zweckbindungen schon sehr vorsichtig sein. Zweckbindungen sind finanzpolitisch immer falsch. Denn derjenige, dem die Ausgaben zugute kommen, wird sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, daß die Beträge für seine Ausgaben einmal heruntergesetzt werden, weil der
andere meint, er benötige diese Ausgaben nicht mehr. Derjenige, dem sie zugute kommen, wird immer mit lauter Stimme die Meinung vertreten, daß diese Ausgaben nicht nur benötigt werden, sondern alle Jahre eher noch vergrößert werden sollen. Deswegen ist jede Zweckbindung finanzpolitisch von Gefahr. Ich möchte grundsätzlich davon abraten.
Aus den Gründen und weil sich die Wirkung nicht voraussehen läßt, bitte ich das Hohe Haus, keinen raschen Entschluß zu fassen, sondern den Antrag, nachdem er gestellt ist, noch einmal, wenn es gewünscht wird — ich sage: zum wiederholten Male —, im Ausschuß einer gründlichen Beratung zu unterziehen.