Rede von
Dr.
Wilhelm
Gülich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Danke sehr, Herr Präsident! — Es ist wie gesagt, mißlich, mit jemandem streiten zu müssen, gegen jemanden polemisieren zu müssen, der nicht da ist. Denn der Herr Bundesfinanzminister ist ja um Einwände nicht verlegen. Er wird also mutmaßlich den Einwand bringen, daß eine Zweckbindung im Einzelplan 45 schon deswegen nicht gut wäre, weil bei einem Wegfall des Notopfers Berlin Berlin dann gar nichts mehr bekäme. Ich hätte gern, daß er zu diesem möglichen Einwand etwas sagt. Dazu ist zu bemerken: Wenn das Notopfer Berlin, für dessen Wegfall bisher noch keinerlei Anzeichen vorliegen, aufhört, wird es entweder Berlin so gut gehen, daß es die Zuschüsse nicht mehr benötigt, oder es wird die Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt in anderer Weise bekommen, nicht durch diese Zwecksteuer, die wir jetzt wünschen. Es wäre gut, wenn der Herr Bundesfinanzminister sich auch zu diesem Punkt äußern würde.
Der Herr Bundesfinanzminister sagt außerdem — er hat es heute wieder in einem großen Katalog von Zahlen vorgebracht —, daß der Bund auch sonst noch gewaltige Ausgaben macht, daß der Bund Opfer bringt durch die Umsatzsteuervergünstigungen, durch bestimmte Verbrauchsteuervergünstigungen, durch die Steuerpräferenzen bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer. Ich will auf diese Dinge nicht eingehen. Ich persönlich — das wissen ja die Herren aus dem Finanz- und Steuerausschuß — bin der Meinung, daß ein System von Steuerpräferenzen nicht gut ist. Aber
da wir das System haben, so will ich dazu jetzt nichts sagen.
Nur eines hierzu: Meine Fraktion hat in der vorigen Woche im Zusammenhang mit ihrem Steuersenkungsprogramm einen Antrag eingebracht, bei der Einkommensteuer die Freigrenze zu erhöhen. Es wäre erwünscht, daß diese Sache natürlich auch beim Notopfer Berlin gemacht würde und auch da derselbe Grundsatz der Erhöhung der Freigrenze angewendet würde, den wir auf die allgemeine Einkommensteuer angewendet haben möchten.
Meine Damen und Herren, ich glaube, mehr sollte ich jetzt zur Begründung dieser Dinge nicht sagen. Ich hoffe, daß der Herr Bundesfinanzminister bald kommt und sich noch äußern wird. Seine heutigen Ausführungen haben mich in der Überzeugung von der Richtigkeit unserer Auffassungen noch bestärkt, und deswegen möchte ich Ihnen folgendes vorschlagen.
Wir stehen vor der Frage — es ist eigentlich innerhalb der großen politischen Frage eine technische Frage —, ob wir die Zweckbindung wollen oder nicht. Da sollten wir sagen: Wir wollen die technische Verankerung im Einzelplan 45, wir wollen die Herausnahme aus dem Einzelplan 60, und wir wollen die Änderung des § 16 des Dritten Überleitungsgesetzes.
Aber, meine Damen und Herren, alle diese Dinge haben wir ja schon so eingehend im Ausschuß erörtert, daß ich gar nicht mehr weiß, wozu wir eigentlich noch über die Fragen dieser beiden Drucksachen weitere Ausschußerörterungen haben wollen. Ich sehe — ich darf Sie zitieren —, daß der Vorsitzende des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen, Dr. Wellhausen, hier zustimmend nickt. Ich darf also glauben, lieber Herr Wellhausen, daß auch Sie der Meinung sind, wir sollten diese Fragen nicht mehr im Ausschuß diskutieren, sondern Sie sollten den beiden Anträgen Drucksachen 1706 und 1710 heute im Plenum zustimmen. Über die Dinge ist lange genug geredet. Lassen Sie uns jetzt handeln!